Peter der Spielzeugbär - Lise Gast - E-Book

Peter der Spielzeugbär E-Book

Lise Gast

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Beschreibung

Peter der Spielzeugbär ist noch keine 10 Minuten zum Leben erweckt, als er sich auch schon auf die Reise in die große weite Welt begibt. Denn die junge Frau, die ihn soeben fertiggenäht hatte, wirft ihn im übermütigen Spiel über den Gartenzaun. Der Zufall will es, dass Peter direkt in den kleinen Puppenwagen der Nachbarskinder fällt. Von nun an beginnt für den kleinen Spielzeugbär eine abenteuerliche Reise. Rasch wechselt er seine Besitzer. Ein Hund nimmt ihn mit auf seiner nächtlichen Wanderung, Kinder spielen mit ihm und vergessen ihn im Garten oder setzen ihn versehentlich im Bach aus. So kommt es, dass Peter vieles erlebt und allerhand über das Leben erfährt. Zum Beispiel lernt er, dass der süße Honig ihm besser schmeckt als Linseneintopf. PETER DER SPIELZEUGBÄR ist ein lustiges Kinderbuch über einen kleinen Spielzeugbären, der die Welt entdeckt. Es eignet sich prima als Geschichte zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahre.Lise Gast (geboren 1908 als Elisabeth Gast, gestorben 1988) war eine deutsche Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. Sie absolvierte eine Ausbildung zur landwirtschaftlichen Lehrerin. 1933 heiratete sie Georg Richter. Aus der Ehe gingen 8 Kinder hervor. 1936 erschien ihr erstes Buch "Tapfere junge Susanne". Darauf folgen unzählige weitere Geschichten, die alle unter dem Pseudonym Lise Gast veröffentlicht wurden. Nach Ende des zweiten Weltkriegs floh Gast mit ihren Kindern nach Württemberg, wo sie sich vollkommen der Schriftstellerei widmete. Nachdem sie erfuhr, dass ihr Mann in der Tschechoslowakei in einem Kriegsgefangenenlager gestorben war, gründete sie 1955 einen Ponyhof und verwendete das Alltagsgeschehen auf diesem Hof als Inspiration für ihre Geschichten. Insgesamt verfasste Gast etwa 120 Bücher und war neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin auch als Kolumnistin aktiv.-

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Seitenzahl: 85

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Lise Gast

Peter der Spielzeugbär

Saga

Peter der Spielzeugbär

© 1952 Lise Gast

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711509852

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Peter kommt zur Welt und begibt sich auf die Wanderschaft

Mitten in ihrem Garten, auf den eine heiße, fröhliche Sommersonne herabschien, saß eine junge Frau und nähte. Um sie herum blühte es von dunkelblauem Rittersporn, weißen Margeriten, roten, hängenden Herzen und dicken, gelben Ringelrosen. Und immer wieder guckte sie in die Blütenpracht, und dabei wurden ihre Augen immer vergnügter und ihre Finger immer flinker. Es war ja auch ein Wetter, um fröhlich zu sein!

Sie nähte aber nicht, wie man wohl denken könnte, an einem weißen Hemdchen oder an einer bunten Kinderschürze. Nein, etwas ganz anderes lag auf ihrem Schoß: brauner Stoff, dick und zottig, an manchen Stellen schon ein wenig abgeschabt, an anderen wieder weich und so golden schimmernd, daß sie immer wieder darüber streichen mußte, so schön faßte er sich an. Und sie nähte und nähte und stopfte, was fertig genäht war, mit weichen, puscheligen Wollresten aus. Verschiedene Teile waren auch schon fertig. Ein dicker runder Bauch, zwei Beine mit hellen Ledersohlen, zwei Arme und ein drolliger Kopf mit einer dicken Nase. Rechts und links davon saßen zwei braune Knöpfe, das waren die Augen, unter die Nase kam ein kleines Maul mit einer Zunge aus rotem Tuch, und nun fehlten nur noch die Ohren, innen rosa und außen braun, dreieckig mit einer lustigen Spitze obendrauf. Schließlich war das Ganze fertig zusammengenäht. Und wißt ihr, was es war? Ein Bär, ein drolliger, dicker, brauner Spielzeugbär, ungefähr so groß wie eine handfeste Puppe. Nicht wie die großen, die man in den Schaufenstern sieht oder mit denen man, wenn man sie geschenkt bekommt, oft nicht spielen darf, weil sie leicht entzwei gehen. Nein, so groß wie die von euern Puppen, die alles mitmachen können, die mit essen und mit schlafen, im Garten toben und im Winter rodeln, — so groß war der Bär. Er konnte sitzen und stehen und guckte mit seinen braunen Knopfaugen so lustig in die Welt, als ob er lebendig sei. Vielleicht war er es auch?

Die junge Frau lachte und hielt ihn vor sich hin, sah ihn von allen Seiten an und gab ihm einen Kuß auf die Nase.

„Peter!“ rief sie und war so froh, daß er so hübsch geworden war, daß sie ihn nahm, hoch in die Luft hinaufwarf und wieder auffing. „Peter! Peter!“

Das gefiel dem Bären natürlich. Er drehte sich in der Luft und wedelte mit seinen Ohren, und die Sonne glänzte auf seinem Fell. Und die junge Frau lachte immer noch mehr und tanzte mit ihm herum.

„Was machst du denn da?“ fragte plötzlich eine Stimme. Die Frau blieb stehen, sie war ganz außer Atem, und hielt sich am Zaun fest. „Ach so!“ Es war ihr Mann, der gerade heimkam.

„Peter ist fertig“, sagte sie und streckte ihm den Bären entgegen. „Da, sieh ihn dir an! Ist er nicht ein Prachtkerl?“

„Peter? Das ist Peter?“ fragte der Mann und besah sich den Bären. „Ja, hübsch ist er schon, das ist wahr. Aber —“

„Er ist für das Kind, für den Jungen, für unsern Peter, weißt du?“ sagte die Frau und zupfte ein Fädchen von dem Bärenohr, „Peter muß doch ein Spielzeug haben, wenn er erst da ist. Und deshalb —“

„Ach, das wichtigste! Unser Kind ist noch nicht einmal auf der Welt, da muß es schon ein Spielzeug haben. Dabei braucht es doch erst einmal Windeln, Hemdchen und Jäckchen.“

„Denk mal an“, sagte die Frau, lachte und drückte Peter an sich, „das hab ich ja noch gar nicht gewußt.“

„Und außerdem“, sagte der Mann, indem er das Gartentor öffnete, um einzutreten, „außerdem wird es gar kein Junge sein, sondern ein Mädel, das weiß ich ganz genau.“

„Ein Mädel?“ fragte die Frau und sah ihn an. „Was du nicht alles weißt! Es wird aber doch ein Peter. Wenn es Mai wird, kommt unser Peter!“

„Ein Mädel!“

„Ein Peter!“

„Ein Mädel!“

„Ein Peter! Ein Pe-Pe-Pe-Pe-Peter!“

„Nanu“, dachte Peter, der Bär, „die zanken sich ja. Oder ist das nur Spaß?“

Es war vielleicht zur Hälfte Spaß, zur andern Hälfte aber Ernst. Der Mann hatte braune Augen, die blitzten, und man konnte sich denken, daß man ihm nicht zu widersprechen wagte. Die junge Frau drehte sich um und lief weg, Peter in der Hand, der Mann hinterher. Sie jagten sich ein bißchen um die Beete, dann aber drängte der Mann die Frau auf den kleinen Weg längs des Gartenzauns. Er kam ihr schon sehr nahe, da ließ sie den Peter fallen und rettete sich seitwärts. Peter flog über den niedrigen Zaun auf den Bürgersteig der Straße; er fiel aber nicht auf die Erde, sondern geradenwegs in einen kleinen, hölzernen Wagen mit vier Rädern, den ein Kind hier beim Spielen vergessen haben mochte. Peter sah sich sehr erstaunt um, mußte aber doch lachen.

„Nanu?“

„Du kommst ja beinahe wie vom Himmel gefallen“, sagte es neben ihm, und als er sich umdrehte, sah er einen Hund vor sich stehen, einen nicht allzugroßen, graubraunen Hund mit einem struppigen, gutmütigen Gesicht.

„Bist du erschrocken?“ fragte Peter sich entschuldigend.

„Nein, nein“, beruhigte ihn der andere, „sicher haben Kinder mit dir gespielt. Die Kinder, bei denen ich wohne, haben auch solche Bären, wie du einer bist, und mit denen bin ich gut Freund. Die spielen auch manchmal wilde Spiele.“

„Nein“, sagte Peter, „das Kind, dem ich gehöre, ist noch gar nicht auf der Welt. Es kommt erst im Mai, und es wird auch Peter heißen. Wie heißt du denn?“

„Thomas.“

„Wohnst du hier?“

„Nein, ich mache eben einen Spaziergang.“

„Wohin gehst du denn?“

„In das Haus vor der Stadt, wo wir früher wohnten. Dort heben mir die Leute manchmal Knochen auf, die will ich mir holen.“

„Nimm mich doch mit“, bat Peter. „Geht das nicht? Ich habe doch Zeit, bis mein Spielkamerad da ist. Da möchte ich mich ein bißchen in der Welt umsehen. Nimmst du mich mit?“

„Warum nicht?“ sagte Thomas gutmütig. „Der Wagen ist ja wohl nicht so schwer.“

„Sind die Kinder nett zu dir?“ fragte Peter. „Vertragt ihr euch immer?“

„Oh, großartig“, sagte Thomas. „Die Kinder wissen genau, daß sie mich gut behandeln müssen, und quälen und ärgern mich nie. Sie streicheln mich gern; aber meine Nase dürfen sie nicht anfassen, das mag ich nämlich nicht. Kein Hund mag das. Wenn sie wirklich mal zu nahe drangekommen sind, dann waschen sie sich gleich die Hände. So haben sie es gelernt.“

„Auch die Kleinen?“ fragte Peter, der sich noch nie die Hände gewaschen hatte.

„Den Kleinen waschen sie die Großen“, erklärte Thomas; „überhaupt versorgen sie ihre kleinen Geschwister brav. Und ich passe auf, daß niemand Fremdes ins Haus kommt. Das ist mein Amt.“

„Aber spielen dürfen die Kinder mit dir?“ fragte Peter.

„Nein“, sagte Thomas, „Hunde, und überhaupt Tiere, die lebendig sind, sind kein Kinderspielzeug. Zum Spielen haben die Kinder Puppen oder Bären. Aber wenn es manchmal Wurstzipfel gibt, dann geben die Kinder sie mir. Sie halten sie hoch in die Luft, und ich muß tanzen, ehe ich sie kriege. Das mögen die Kinder furchtbar gern.“

„Das glaub ich“, sagte Peter. „Tanz doch mal!“

Thomas, gutmütig wie er war, hob sich gehorsam auf die Hinterpfoten und tanzte. Peter klatschte in die Pfoten.

„Jetzt müssen wir aber los, nun gib schon her!“ sagte Thomas. Er packte einen an der Deichsel herabhängenden Strick, und Peter kletterte in den Wagen. Heidihopp, ging es fort. Das war ein Vergnügen! Peter lachte und hielt sich mit beiden Pfoten fest, denn der Wagen hoppelte und stieß, wenn es über die Bordschwelle oder über einen Stein ging. Und später, als Thomas über die Wiesen lief, die hier am Stadtrand immer einmal zwischendurch zu überqueren waren, da flog Peter bei jedem Maulwurfshügel hoch. Aber er ließ Thomas rennen und dachte an die vielen, vielen Schritte, die er sonst hätte machen müssen, und fand es herrlich, während er sich neugierig umsah. Nun ging es also in die Welt hinaus!

Elke und Götz, die Honiglecker

„Elke! Elke! Wo steckst du denn?“

„Hier!“

Das kleine Mädel mit den dicken, kurzen Stummelzöpfen rechts und links über den Ohren dachte nicht daran, aufzustehen. Es hockte auf der Wiese und drehte nicht einmal den Kopf, so sehr die Mutter auch rief. So kam diese schließlich selbst den Hang heruntergelaufen, rot und ärgerlich.

„Du sollst doch nicht so nah ans Wasser gehen! Und der Götz ist schon im Bett. Hörst du nicht?“

„Sieh mal, was ich habe“, sagte Elke und sah strahlend auf. Die Mutter beugte sich zu ihr hinunter.

„Was hast du denn da? Einen Bären? Der ist aber niedlich. Wem gehört er denn?“

„Mir. Er heißt Peter“, sagte Elke. „Fein, nicht, Mutti?“

„Peter? Und dir gehört er? Na, nun komm schon, wir nehmen ihn für heute mit.“ Morgen wird sich das Kind wohl finden, das ihn hier vergessen hat, dachte die Mutter und nahm Elke samt Peter auf den Arm. „Du mußt ins Bett, und Peter ist auch müde.“

Ja, Peter war müde, wahrhaftig. Und es war herrlich, neben Elke im weißen Bettchen zu liegen, hineingekuschelt in die Kissen, und von Elkes dicken Händchen festgehalten zu werden. Peter gefiel das so, daß er dachte: Vielleicht bleibe ich hier, hier paßt es mir sehr gut, und wer weiß, ob ich noch viele so nette Kinder treffe wie die dicke, kleine Elke. Na, er hatte ja noch Zeit zum Überlegen.

Am Morgen schien die Sonne zum Fenster herein, und als Peter, auf Elkes Arm, ins Wohnzimmer kam, saß da schon der kleine Götz am Tisch und schmauste. Es roch so wunderbar süß — was konnte das nur sein? Peter leckte sich mit der dicken roten Zunge die Lippen und schnupperte. Elke setzte ihn auf den Tisch und lief hinaus, um sich anziehen zu lassen. Sie trug noch ihr gesticktes Nachthemd und war barfuß.