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Pimpinella muss die rätselhafte Perlenhüterin aufsuchen. Denn sie verwahrt die Tränen der Meerjungfrauen, die der Graue König entführt hat und nur mit diesen können sie befreit werden. Doch die Höhle, in der sie lebt, ist sehr weit weg. Um schneller ans Ziel zu kommen, heuert Pimpinella die gruselige Mannschaft eines Geisterschiffes an ... Alle Abenteuer von Pimpinella Meerprinzessin: Band 1: Ankunft im Muschelschloss Band 2: Der magische Korallenring Band 3: Reise zu den Seesternen Band 4: Das Geheimnis der Perlenhüterin Band 5: Besuch aus dem Felseninternat Band 6: Das Rätsel des Wassermanns Band 7: Tanz der Delfine Band 8: Das Unterwasser-Turnier Band 9: Der Herr der versunkenen Stadt Band 10: Die verbotene Insel Band 11: Das Tal der Haie Band 12: Das Geschenk der Königin
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Seitenzahl: 99
Veröffentlichungsjahr: 2013
Als Ravensburger E-Book erschienen 2013Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH© 2009 Ravensburger Verlag GmbHUmschlag und Innenillustrationen: Betina Gotzen-Beek Lektorat: Jo Anne BrügmannAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbHISBN 978-3-473-47456-1www. meerprinzessin.dewww.ravensburger.de
Wie die Geschichte begann …
An ihrem zehnten Geburtstag erfährt PimpinellaOzeana Filomena Petersilie Seestern ein bisher streng gehütetes Familiengeheimnis: Ihre Mutter ist eine Meerjungfrau! Ganz schön schockierend für ein von Kopf bis Fuß normales Mädchen, das mit seinen Großeltern in einem winzigen Fischerdorf fernab von jedem Trubel lebt!
Leider kann Nella, wie ihre Freunde sie nennen, ihre Mutter nicht selbst mit den tausend Fragen löchern, die ihr auf der Zunge brennen, denn sie ist vor Jahren auf seltsame Weise verschwunden.
Dafür bekommt Nella Geburtstagsbesuch aus der Welt ihrer Mutter:
Herkules, ein Seepferdchen in Ponygröße hilft ihr, ihren besten Freund Max zu retten, als er ins Wasser fällt. Und am selben Nachmittag schwingt sich das Meermädchen Dafne zu Nella auf den Anlegesteg des Leuchtturms, von dem aus ihr Großvater die Fischkutter um die Klippen lotst.
Dafne überredet Nella zu einem heimlichen Ausflug. Auf dem Rücken von Herkules reitet Nella in die verborgene Unterwasserwelt und stellt begeistert fest, dass sie in den Tiefen des Meeres problemlos atmen und sprechen kann und ihre Beine durch eine in wunderschönen Farben schillernde Schwanzflosse ersetzt werden.
Das Muschelinternat, in dem Dafne wohnt, entpuppt sich als prachtvolles Schloss. Spontan beschließt Nella, eine Weile mit den anderen Meermädchen die Schulbank zu drücken und alles zu lernen, was man als waschechte Meerjungfrau unbedingt wissen muss.
1
Die Zaubertinte
Pimpinella Seestern war eine ganz besondere Schülerin des Muschelinternats. Wer sonst konnte schon von sich behaupten, eine Meerjungfrau als Mutter und einen Seemann, der auf einem Schiff über ferne Ozeane segelte, als Vater zu haben? Trotzdem ging sie natürlich wie alle anderen Meermädchen zur Schule und lernte dabei viel Neues.
Dabei gab es allerdings ein Problem: Normale Tinte und Papier, wie man es an Land verwendete, lösten sich unter Wasser sofort auf. Kugelschreiber oder Buntstifte, sogar dicke Malblöcke und stabile Hefte, die Nella oben ganz selbstverständlich zum Schreiben und Zeichnen in der Schule benutzt hatte, waren daher als Schreibwerkzeuge im Muschelinternat unbrauchbar.
Die Meermädchen schrieben aus diesem Grund kaum etwas auf, sondern mussten sich alles mühselig merken oder auswendig lernen. Selten notierten sie ein paar Sätze auf Meersalat, denn der wurde in Windeseile weich und vergammelte. Eine andere Schreibmethode war, wichtige Sachen in die Oberfläche von Steinen oder Muscheln einzuritzen. Das wiederum war leider ziemlich mühsam!
Um mit ihrem besten Freund Max in Kontakt zu bleiben, war diese Methode jedenfalls völlig unbrauchbar. Nella hätte ewig gebraucht, um alles, was sie Max erzählen wollte, in Muscheln einzuritzen.
Nur gut, dass Nella einen besonderen Draht zu Doktor Achilles, dem Schularzt, hatte. Nach dem Unterricht machte sie gerne einen Abstecher in seine Kräuterküche. Der Doktorfisch hatte Nella ganz nebenbei ein wenig unter seine Flossen genommen, weil er spürte, dass sie öfter Heimweh nach ihren Großeltern und dem Fischerdorf hatte, als sie es zugab. Er selbst kam ja auch von ganz weit her: aus Hawaii.
Doktor Achilles braute tagein, tagaus Stärkungstränke und Salben für die zarten Meermädchen zusammen.
Vor ein paar Tagen hatte er etwas erfunden, was Nellas Schreibproblem auf einen Schlag löste. Nella hatte ihm geholfen, aus den Tentakeln von Tintenfischen dunkellila Farbe zu gewinnen. Die Farbe hatte Doktor Achilles daraufhin mit einem schwarzen Pulver und zerriebenen Haifischschuppen vermengt und sie bis zum Siedepunkt aufgekocht. Das hatte total scheußlich gestunken und Nella hatte sich voller Ekel die Nase zugehalten.
Zu ihrer großen Überraschung hatte der Doktorfisch die widerliche Mischung wie Tinte verwendet, wobei er als Schreibfeder die scharfe Seitenflosse eines Fächerfisches benutzt hatte. Als Papier hatte ihm ein Stück gepresste Wasserschlangenhaut gedient.
„Na, was hältst du davon?“, hatte er begeistert ausgerufen, als die frische Tinte kein bisschen auf der Schlangenhaut verlaufen war. „Ich glaube, ich bin ein Genie!“
Er hatte Nella anvertraut, dass er vorhatte, ein Buch über Salben und Kräutersäfte zu schreiben. Dafür brauchte er aber unbedingt ordentliches Schreibmaterial. Deshalb hatte er kurzerhand diese ganz besondere Tinte erfunden, mit der man auch unter Wasser mühelos schreiben konnte.
„Ein Kinderspiel für mich.“ Er hatte stolz gelächelt. „Seltsam, dass ich nicht schon früher darauf gekommen bin.“
Dann hatte er Nella eine bis zum Rand gefüllte Fischblase mit seiner neuen Erfindung und eine dicke Rolle feiner Wasserschlangenhaut geschenkt, die ziemlich wertvoll war.
Nella hätte vor Freude hundert Purzelbäume schlagen können, denn nun konnte sie Max so viele Briefe schreiben, wie sie wollte. Leider erlaubte ihr die strenge Schulleiterin Frau Pataria nämlich viel zu selten, einen Ausflug an Land zu machen, um ihn zu besuchen, und sie vermisste ihn schrecklich.
Mindestens so problematisch wie das Schreiben unter Wasser war allerdings zunächst die Zustellung der Briefe gewesen: Wer konnte ihre Post zwischen dem Muschelschloss und dem Fischerdorf hin- und hertransportieren?
Im Internat sahen es nämlich besonders die Quallenagenten, die für die Sicherheit der Meerjungfrauen verantwortlich waren, gar nicht gerne, wenn Schülerinnen Nachrichten zwischen oben und unten austauschten. Die Agenten hatten große Angst vor Spionen. Leider war ihre Sorge berechtigt. Denn der mächtige Graue König, der mit seiner Armee in einer verborgenen Untiefe hauste, hasste alle Meerjungfrauen. Das gefährliche Wasserwesen ließ keine Gelegenheit aus, um ihnen zu schaden.
Deshalb hatte Nella Herrn Kubus um Hilfe gebeten. Er war ein Kofferfisch und schon viele Jahre als Postfisch unterwegs. Durch seine Arbeit als Briefträger war er bekannt wie ein fliegender Fisch. Außerdem hatte er eine sehr große und aktive Verwandtschaft. So hatten sich sofort ein paar reiselustige Fische gefunden, die sich bereit erklärten, die Briefe von Nella und Max durch die geheimnisvolle Felsspalte, die das Land oben mit der Wasserwelt unten verband, zu befördern.
Postfisch Kubus und seine Verwandten spuckten Nellas Briefe an den Klippen aus. Die Wellen spülten sie bis auf den feuchten Sand, sodass Max, der bei Flut gewissenhaft den Strand ablief, sie einsammeln konnte wie Muscheln.
Max selbst schrieb seine Antworten auf besonders dickes Packpapier, das sich nicht so schnell auflöste, und benutzte einen wasserfesten Filzstift. Zusätzlich steckte er seine Blätter in durchsichtige Folie und klebte deren Ränder sorgfältig zu.
Damit seine Briefe Nella möglichst schnell erreichten, hatte sich Max etwas Besonderes einfallen lassen. Weil er im Augenblick Ferien hatte, fuhr er mit seinem Vater, der Fischer war, häufig gemeinsam hinaus auf das Meer. An einer tiefen Stelle, kurz vor dem Leuchtturm, in dem Nellas Opa als Leuchtturmwärter arbeitete, warf er seine Botschaften ins Wasser. Dabei musste er nur aufpassen, dass der Brief nicht versehentlich in das ausgelegte Fischernetz geriet. Oft konnte er sogar beobachten, wie ein flinker Fisch den Brief schnappte und damit untertauchte.
So war Nella immer bestens informiert, was an Land vorging, und Max wusste, welche spannenden Abenteuer Nella unter Wasser erlebte.
2
Frau Süßlippe wird sauer
Es war Wochenanfang und Nella saß im großen Muschelsaal von Frau Süßlippe. Die Lehrerin hielt einen muschelstaubtrockenen Vortrag über Perlen und darüber, wo sie zu finden waren. Nella konnte es kaum erwarten, dass die Flötenfische endlich zur großen Pause pfiffen. Ihre Gedanken schweiften ab.
In ihrer Flossentasche steckte gut verborgen ein noch ungelesener Brief von Max. Nella hatte Herrn Kubus kurz vor Unterrichtsbeginn im Schlosshof abgefangen. Mit geheimnisvollem Blick hatte er den Brief aus seinem Postsack hervorgeholt und Nella feierlich überreicht. Trotz seiner vielen Berufsjahre war es für den Kofferfisch immer noch etwas Besonders, Post von oben zuzustellen.
„Ich hoffe sehr, dass du mir sofort erzählst, wenn es an Land etwas Neues gibt!“, hatte er bittend gesagt. „Ich selbst werde mich dort ja leider niemals als freier Fisch umschauen können, obwohl das mein großer Traum ist. Und in einem Fischernetz will ich so kurz vor der Rente wirklich nicht landen. So alt, wie ich bin, wäre ich sicher ungenießbar.“
Er hatte die Plastikhülle, in der Max’ Brief steckte, so sehnsüchtig angesehen, als wollte er sie am liebsten selbst öffnen.
Stattdessen hatte er eilig weiterschwimmen müssen, denn die Schulleiterin wartete sicher schon dringend auf ihre Post. Dabei war es montags ohnehin meist nur ein schwerer Sack mit Muscheln, auf denen die Himmelsgucker oder die eifersüchtigen Tiefseegurken unleserliche Beschwerden eingeritzt hatten. Manchmal steckte auch die Bittschrift einer schüchternen Seeanemone dazwischen, die einen Platz auf einer neuen Muschel haben wollte, weil es ihr auf ihrer alten zu laut oder zu eng geworden war, aber das kam ziemlich selten vor.
Die Himmelsgucker, eine besonders faule Sorte Fische, waren zwar für fast alle Arbeiten zu träge, meckerten aber den ganzen Tag herum. Viele von ihnen waren mit ihren Futterstellen nicht zufrieden, die Schlafplätze waren ihnen nicht fein genug oder sie klagten über Bauchschmerzen. Nella hatte bereits herausgefunden, dass man es den Himmelsguckern einfach nie recht machen konnte. Am besten, man würdigte sie keines Blickes. Dann kam man am problemlosesten mit ihnen aus.
Der Brief, den der Postfisch gebracht hatte, juckte Nella wie Juckpulver unter der Flosse. Sie war riesig gespannt, was Max zu berichten hatte.
„He, woran denkst du denn gerade?“, wisperte Effi kichernd. „Du machst schon seit zehn Minuten das gleiche Gesicht wie ein Himmelsgucker!“ Sie saß direkt neben Nella und zwickte ihre Freundin unauffällig in die Flosse. Frau Süßlippe konnte nämlich sehr unangenehm werden, wenn sie merkte, dass man ihr nicht zuhörte.
„Die Stunde dauert heute Ewigkeiten.“ Nella stöhnte. „Kommt dir das nicht auch so vor?“ Sie sah sich im Klassenzimmer um. Die feinen Körner der Sanduhr, die vorne auf dem Pult stand, wirkten wie eingefroren.
Nella betrachtete die Uhr nervös. Was, wenn diese durch die Feuchtigkeit verstopft war und sich der Sand überhaupt nicht mehr weiter nach unten bewegte? Hoffentlich kam die Lehrerin dann nicht auf die Idee, die Pause ausfallen zu lassen.
„Und was ist das für eine seltene Muschel? Wer weiß es?“, fragte Frau Süßlippe soeben. Sie hielt eine große, spiralförmige Muschel in die Höhe, sodass alle sie gut sahen.
Nella erkannte die Muschel sofort. Es war eine Nautilusmuschel. Wenn man es schaffte, sie im richtigen Winkel ans Ohr zu halten und konzentriert hineinhorchte, konnte man mit ein bisschen Glück auch weit entfernt stattfindende Gespräche belauschen. Das erforderte allerdings etwas Geschick.
„Eine Nautilusmuschel natürlich, was sonst?“, sagte Dafne, Nellas Zimmergenossin, überheblich. Obwohl es den Meermädchen verboten war, sie ohne wichtigen Grund zu gebrauchen, hatte Dafne so eine Muschel schon selbst Dutzende Male am Ohr gehabt. Sie war nämlich außergewöhnlich neugierig!
„Richtig, Dafne. Eine geheimnisvolle Nautilusmuschel“, freute sich Frau Süßlippe über die richtige Antwort und ignorierte Dafnes frechen Unterton. „Wer von euch möchte erfahren, was es Leckeres zum Mittagessen gibt, und für uns in die Küche lauschen?“, rief sie ins Klassenzimmer.
Im großen Speisesaal des Muschelinternats gab es jeden Tag ein gemeinsames Frühstück, Mittag- und Abendessen. Leider fand Nella die Gerichte keineswegs so köstlich wie Frau Süßlippe, deren Leibesfülle man deutlich ansah, dass es ihr besonders gut schmeckte.
Fast alle Meermädchen außer Nella streckten ihre Hände in die Höhe und schnipsten verlangend mit den Fingern. „Ich, ich, ich, Frau Süßlippe!!!“
Frau Süßlippe entschied sich für ein kräftiges Mädchen namens Cora, das die ganze Zeit heimlich Wasserspinneneier-Chips unter seinem Tisch naschte. Cora nahm die Nautilusmuschel ehrfürchtig in die Hand und presste sie mit hochrotem Kopf an ihr Ohr. Sie horchte erwartungsvoll.
„Schlangensterneintopf und als Nachtisch süßen Seetangpudding!“, rief Cora schließlich begeistert und sprang vor Freude auf. „Juchuh! Mein absolutes Lieblingsessen!“
Die anderen Meermädchen trommelten mit ihren Flossen begeistert Beifall.
Nella schüttelte sich vor Abscheu. Sie hatte es geahnt. Heute gab es wieder etwas ganz besonders Scheußliches. Aus der Schlossküche roch es schon den ganzen Morgen so muffig. Der neue Koch war leider auch nicht besser als der alte. Bei ihm konnte man sich außerdem nie ganz sicher sein, ob die Zutaten, die in den Kochtöpfen des Muschelinternats schmorten, nicht plötzlich beschlossen, wieder lebendig zu werden. Erst gestern Abend hatte ein angeblich gekochter Krebs versucht, Dafne in den Zeigefinger zu beißen. Anschließend war er empört davongeschwommen. Deshalb träumte Nella beinahe jede Nacht sehnsüchtig von Oma Idas leckerem Apfelkuchen mit einem gigantischen Berg Schlagsahne darauf.