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Im Unterwasser-Internat quartiert sich ein unheimlicher Gast ein. Hat es Aquarius Grünbart auf die Prinzessin abgesehen, die im Muschelschloss wohnen soll? Pimpinella und ihre Freunde müssen sie finden und warnen! Alle Abenteuer von Pimpinella Meerprinzessin: Band 1: Ankunft im Muschelschloss Band 2: Der magische Korallenring Band 3: Reise zu den Seesternen Band 4: Das Geheimnis der Perlenhüterin Band 5: Besuch aus dem Felseninternat Band 6: Das Rätsel des Wassermanns Band 7: Tanz der Delfine Band 8: Das Unterwasser-Turnier Band 9: Der Herr der versunkenen Stadt Band 10: Die verbotene Insel Band 11: Das Tal der Haie Band 12: Das Geschenk der Königin
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Seitenzahl: 98
Veröffentlichungsjahr: 2013
Als Ravensburger E-Book erschienen 2013Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH
© 2009 Ravensburger Verlag GmbHUmschlag und Innenillustrationen: Betina Gotzen-Beek Lektorat: Petra BuckAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch
Ravensburger Verlag GmbHISBN978-3-473-47458-5www.meerprinzessin.de
www.ravensburger.de
Wie die Geschichte begann …
An ihrem zehnten Geburtstag erfährt PimpinellaOzeana Filomena Petersilie Seestern ein bisher streng gehütetes Familiengeheimnis: Ihre Mutter ist eine Meerjungfrau! Ganz schön schockierend für ein von Kopf bis Fuß normales Mädchen, das mit seinen Großeltern in einem winzigen Fischerdorf fernab von jedem Trubel lebt!
Leider kann Nella, wie ihre Freunde sie nennen, ihre Mutter nicht selbst mit den tausend Fragen löchern, die ihr auf der Zunge brennen, denn sie ist vor Jahren auf seltsame Weise verschwunden.
Dafür bekommt Nella Geburtstagsbesuch aus der Welt ihrer Mutter:
Herkules, ein Seepferdchen in Ponygröße, hilft ihr, ihren besten Freund Max zu retten, als er ins Wasser fällt. Und am selben Nachmittag schwingt sich das Meermädchen Dafne zu Nella auf den Anlegesteg des Leuchtturms, von dem aus ihr Großvater die Fischkutter um die Klippen lotst.
Dafne überredet Nella zu einem heimlichen Ausflug. Auf dem Rücken von Herkules reitet Nella in die verborgene Unterwasserwelt und stellt begeistert fest, dass sie in den Tiefen des Meeres problemlos atmen und sprechen kann und ihre Beine durch eine in wunderschönen Farben schillernde Schwanzflosse ersetzt werden.
Das Muschelinternat, in dem Dafne wohnt, entpuppt sich als prachtvolles Schloss. Spontan beschließt Nella, eine Weile mit den anderen Meermädchen die Schulbank zu drücken und alles zu lernen, was man als waschechte Meerjungfrau unbedingt wissen muss.
1
Eine Eins mit Seestern
Es war große Pause im Muschelinternat. Die Meermädchen tobten kreischend über den Schulhof. Nur Nella lümmelte in einer Hängematte, die aus grünem Seetang geflochten war, und schaukelte glücklich hin und her.
Sie hatte ihre Klassenarbeit in Korallenkunde zurückbekommen. Die Schulleiterin Frau Pataria, die das Fach unterrichtete, hatte das Lösungsblatt mit einem verächtlichen Schnauben auf Nellas Muschelbank geknallt und „null Fehler“ gezischt. Dabei waren aus ihren Augen vor Ärger rotgelbe Blitze geschossen und im Wasser verpufft, bevor sie Nellas zarte Schuppen verletzen konnten.
„Juchhu!“ Mit einem Jubelschrei war Nella aufgesprungen, hatte unter dem Applaus ihrer Mitschülerinnen einige übermütige Wasserrollen quer durch das Klassenzimmer geschlagen und dafür prompt einen ganzen Nachmittag Korallenbürsten kassiert.
Na und? Ob es Pataria nun passte oder nicht: Nella hatte eine glatte Eins mit Seesternchen geschrieben. Die allererste überhaupt, seit sie das Unterwasserinternat besuchte. Was scherte sie sich da um so ein bisschen Nachsitzen. Außerdem war sie inzwischen eine Expertin im Korallenpolieren. Die Schulleiterin ließ nämlich keine Gelegenheit aus, Nella eine Strafarbeit nach der anderen auf die Flosse zu drücken. Die beiden waren sich spinnefeind. Wasserspinnefeind!
In den ersten Wochen im Muschelschloss hatte Nella schreckliche Angst vor Frau Pataria und ihren knallorangen Schlangen gehabt, die sie wie Schmuck um ihren Hals trug. Auch den gigantischen Korallenhaarturm, den die Schulleiterin auf dem Kopf trug, fand Nella gewöhnungsbedürftig. In einem feinen Haarnetz hielt sie zudem ständig ein paar arme Fische oder Schnecken gefangen. Total fies! Seit Kurzem beherbergte sie in ihrer Haarpracht gar eine handtellergroße Meeresschildkröte mit schönen gelben Augen. Jedes Mal, wenn Pataria zu heftig mit dem Kopf wackelte, ließ die Schildkröte ihre kleine Zunge nervös herausschnellen.
Aber so schnell ließ sich ein Meermädchen mit einem Seemann als Vater nicht unterkriegen. Nellas Papa konnte ja auch nicht einfach so davonschwimmen, wenn ihm Piraten oder Haifische das Leben schwer machten. Deshalb hatte Nella mit ihrer Freundin Effi wie verrückt für Korallenkunde geübt. Die Eins war die Belohnung für ihre knallharte Büffelei. Dass sie sich von Pataria nicht einschüchtern ließ, hatte Nella bereits im ganzen Schloss Respekt eingebracht. Selbst die dümmlichen Quallenagenten, allen voran der nervige Bobo, hatten aufgehört, sie zu piesacken. Jedenfalls erst mal.
„Hallo, du Superflosse! Ich habe gehört, du bist jetzt die neue Einserschülerin des Muschelinternats?“ Acht lange Fangarme schlangen sich um Nella und quetschten sie so fest zusammen, dass ihr die Luft wegblieb. „Herzlichen Glückwunsch! Patarias Gesicht hätte ich für mein Leben gerne gesehen. Die hat doch bestimmt wie eine saure Schnecke geguckt.“
„Hilfe!“, ächzte Nella. „Ich ersticke!“ Sie zappelte in Thomas’ Tentakeln wie ein Fisch an der Angel.
Leider vergaß der Vampirtintenfisch immer mal wieder, dass Nella kein Artgenosse, sondern eine Meerjungfrau war. „Entschuldige bitte“, sagte er zerknirscht und ließ sie eilig los. „Jedes Mal, wenn ich mich doll freue, denke ich vorher nicht nach.“ Er lief krebsrot an und verknotete verlegen seine Tentakel.
„Pass auf, Thomas!“, rief Nella erschrocken.
Aber es war schon zu spät. Thomas rollte als gut verschnürtes Bündel unter den Flossen der kichernden Meerjungfrauen hindurch quer über den weichen Sandboden des Schulhofs und prallte unsanft gegen eine Ruhemuschel.
„Autsch!“, rief er anklagend. Er blieb wie eine Krabbe auf dem Rücken liegen. Seine Haut blinkte vor Schreck in allen Regenbogenfarben.
Nella ließ sich schnell mit der Schwanzflosse voran aus der Hängematte plumpsen und schwamm dem Vampirtintenfisch hinterher. „Bist du ein Dussel“, schimpfte sie. „Das ist das dritte Mal in dieser Woche.“ Sie sortierte seine Arme mit der Geschicklichkeit eines Entfesselungskünstlers auseinander. „Ohne mich wärst du echt aufgeschmissen. Wären wir oben an Land, könnten wir mit dieser Nummer glatt im Zirkus auftreten.“
Überschwänglich warf Thomas seine Tentakel erneut um Nellas Hals. Diesmal drückte er sie aber nur ganz vorsichtig. „Weiß ich“, flüsterte er beschämt.
Im selben Augenblick klopfte es so laut und fordernd am Schlosstor, dass man es sogar im Innenhof hörte. „Aufmachen! Sofort aufmachen! Was sind denn das für schlechte Manieren, einen Gast vor der Türe warten zu lassen?“
2
Die unheimliche Austernkutsche
Eine Sache, die Nella im Muschelinternat wirklich auf die Nerven ging, war, dass die Meermädchen immer gerade dann auf ihre Zimmer geschickt wurden, wenn etwas Aufregendes im Schloss vor sich ging.
Selbst als der Graue König drei Mitschülerinnen entführt hatte und der weise Riesenkrake Samu beschlossen hatte, bei Nacht und Nebel mit dem gesamten Schloss an einen geheimen Ort umzuziehen, hatten die Meerjungfrauen als Allerletzte von der Gefahr erfahren, die über ihnen schwebte.
„Die behandeln uns mal wieder wie Kaulquappen“, empörte sich auch Nellas Freundin Dafne, mit der sie sich ein Zweierzimmer teilte. Das Meermädchen kraulte aufgebracht ihr Haustier Hydra. „Wofür lernen wir denn Schwertfischfechten und Selbstverteidigung?“
Hydra war eine von Dafnes etwa eineinhalb Meter langen Seeschlangen, die meistens so harmlos wie Kaninchenfische waren, außer wenn sie zu wenig Schlaf bekamen.
Im selben Moment flog die Zimmertür auf und Effi schwamm mit Mari im Schlepptau herein.
Mari war zwar jünger als die anderen, aber mindestens genauso pfiffig. „Guckt mal hier!“, rief sie triumphierend und schwenkte eine wunderschöne Muschel über ihrem Kopf. Die Muschel war perfekt gewunden und sah aus wie ein Posthorn, nur kleiner.
„Das ist ja super! Eine Nautilusmuschel. Wo habt ihr die denn aufgetrieben?“ Dafne stürzte sich begeistert auf Mari und riss ihr die Muschel unsanft aus der Hand. Sie streichelte sie wie einen kostbaren Schatz.
„Ich dachte, Frau Süßlippe hat sämtliche Nautilusmuscheln weggeschlossen“, mischte sich Nella neugierig ein und paddelte näher. „Die bleiben in meinem Tresor, damit ihr dummen Mädchen keinen Unsinn mehr damit anstellt“, ahmte sie die Stimme der Muschelkundelehrerin Frau Süßlippe perfekt nach.
Mari kicherte und wechselte einen kurzen Blick mit Effi. „Frag lieber nicht. Außer, dass wir ein paar faule Hornschnecken fast zu Tode erschreckt haben, ging alles gut. Stimmt’s, Effi?“
Effi grinste stolz und warf sich auf Nellas Seegrasmatratze. „Leg schon los! Schließlich haben wir nicht umsonst unsere Flossen für das Ding riskiert.“ Sie sah Dafne erwartungsvoll an.
Mit der Nautilusmuschel, einer sehr seltenen Art, konnte man alle Geheimnisse erlauschen, die einen brennend interessierten. Dafür musste man sie allerdings in einem ganz bestimmten Winkel ans Ohr halten. Das war gar nicht so einfach, wie es sich anhörte. Nur wenige Mädchen im Muschelschloss beherrschten die Kunst des Horchens. Dafne konnte es nahezu perfekt. Das hatte Nella schon bei ihrem ersten Kennenlernen oben am Leuchtturm festgestellt.
Endlich legte Dafne die Muschel feierlich an ihr Ohr und verrenkte ihren Hals in eine, wie es aussah, ziemlich unbequeme Haltung. Sie schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können.
„Und?“, flüsterte Nella angespannt. „Ist etwa wieder Grauer-König-Alarm?“
Der Graue König, ein geheimnisvoller und äußerst gemeiner Zeitgenosse, den bislang niemand in der Wasserwelt zu Gesicht bekommen hatte, machte den Meerjungfrauen seit Langem das Leben schwer. Insgeheim befürchtete Nella sogar, dass er daran schuld war, dass ihre Mutter vor vielen Jahren spurlos verschwunden war.
„Ein unangemeldeter Besuch hat bestimmt nichts Gutes zu bedeuten“, vermutete Effi sorgenvoll. „Erzähl endlich, was los ist, Dafne!“
Unwirsch hob Dafne die Hand. „Pscht! Haltet doch mal eure Kiemen.“ Sie blies vor Aufregung ihre Backen auf. „Zwei Stachelrochen haben gerade eine Austernkutsche in den Innenhof gezogen. Muss wohl riesig sein, das Ding“, keuchte sie. „Pataria meckert mal wieder so laut herum, dass ich die anderen nicht verstehen kann. Gerade macht sie aus den Quallenagenten Schneckenmus, weil sie die Gepäckmuscheln nicht schnell genug ausladen und in das Turmzimmer bringen. Aua!“ Sie riss sich die Nautilusmuschel mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Ohr. „Hat die ein Organ! Mein Trommelfell platzt gleich.“
Jetzt hielt es Mari nicht länger im Zimmer aus. „Eine echte Austernkutsche? Wem gehören denn die Gepäckmuscheln? Und wieso sollen die ins Turmzimmer?“, japste sie mit vor Aufregung ganz hoher Stimme. „Das muss ich einfach sehen. Die Kutsche ist bestimmt total schick.“ Sie hastete zur Tür.
„Halt, warte auf mich!“, rief Nella schnell. „Ich komme natürlich mit.“
Sie paddelte ihr hinterher und erwischte sie gerade noch an der Flossenspitze. Mari schwamm schnurstracks ins nächste Klassenzimmer. Ganz schön schlau, dachte Nella und folgte ihr eilig. Welcher Lehrer vermutete seine Schülerinnen während einer Freistunde schon an diesem Ort? Durch die Klassenzimmerfenster hatte man aber den besten Blick in den Schlossinnenhof.
Staunend entdeckten Nella und Mari eine riesengroße, pockennarbige Auster. Sie war aufgeklappt und schillerte in allen nur erdenklichen Meeresfarben. Sie beobachteten den Quallenagenten Bobo, der eine viereckige Gepäckmuschel in der Größe eines kleinen Schranks krampfhaft mit seinen Tentakeln umklammert hielt. Im nächsten Moment stieß er ausgerechnet mit Thomas zusammen. Bobo ließ die schwere Muschel auf den Boden fallen und machte eine Bauchlandung in den feinen Sand, direkt vor Patarias Flosse.
„Vorsichtig! Vor-sich-tig! Meine kostbaren Reagenzgläser. Haben denn diese Weichtiere keine Augen in ihren hohlen Schädeln?“
Die strenge Männerstimme, die Bobo so ungehalten zurechtwies, ging Nella durch Mark und Bein. Sie hörte sich an wie ein Gewitter oder ein tosender Wasserfall. Nichts Freundliches lag in ihrem Klang.
„Ah!“, stöhnte Mari entsetzt und deutete stumm mit dem Zeigefinger auf eine furchterregende, zottelige Gestalt, die sie soeben neben der Schulleiterin entdeckt hatte. „Wer ist das denn? Der Graue König höchstpersönlich?“
3
Alte Freunde
Bis zum Mittagessen wurden die Meermädchen auf die Folter gespannt, wer der Fremde war, der mit Sack und Pack im Turmzimmer des Schlosses Einzug gehalten hatte. Pataria und die Quallenagenten ließen sich die ganze Zeit überhaupt nicht blicken und sogar die immer hungrige Frau Süßlippe schnappte sich nur hastig einen kleinen Teller mit Wasserflohkuchen und verschwand sofort wieder aus dem Speisesaal.
Der Fechtlehrer Señor Nigri, ein eleganter und immer fröhlicher Fächerfisch, hatte heute Saalaufsicht. Während er gedankenverloren an einer winzigen Wasserblüte naschte, zog er sein Maul so sehr in Runzeln, dass sich nicht einmal seine Lieblingsschülerin Effi traute, ihn nach dem unheimlichen Gast zu fragen.
Schließlich, als die Spannung unter den Mädchen kaum noch auszuhalten war, stimmten die Flötenfische, die sonst melodische Pausenklänge pfiffen, einen sirenenartigen Ton an. Die Schülerinnen wussten, dass das das Signal war, sich, ohne zu trödeln, in der Eingangshalle zu versammeln.
Wie ein Schwarm neugieriger Fische, die zum ersten Mal einen Ausflug ins weite Meer machten, schossen die Meermädchen in die Halle. Pataria wippte nervös mit ihrem Fischschwanz und wartete ungeduldig, bis sich alle Mädchen ordentlich aufgereiht hatten.