Portfoliomanagement mit Anleihen - Frank Schneider - E-Book

Portfoliomanagement mit Anleihen E-Book

Frank Schneider

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Beschreibung

Renteninvestoren sind die Gewinner der letzten 10 Jahre. Allerdings wächst mit der andauernden Niedrigzinspolitik der EZB auch die Gefahr einer Zinswende mit Kursverlusten. Für Banken, Versicherungen und Pensionskassen gibt es zudem das Risiko einer jahrzehntelangen negativen Realrendite, solange die Inflationsrate die Renditen der Staatsanleihen übersteigt (Finanzielle Repression). Dieses Buch zeigt privaten und institutionellen Anlegern, wie man diese Risiken erkennt, misst und managed.

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Prof. Dr. Frank Schneider

Portfoliomanagementmit Anleihen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN

Paperback: 978-3-7451-0091-4

Hardcover: 978-3-7451-0092-1

e-Book: 978-3-7451-0093-8

© 2017 Prof. Dr. Frank Schneider

Business Insights by HaufeEin Imprint der Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

1. Zehn gute Gründe für dieses Buch – und für Bonds!

2. Die Basics: Was jeder Anleger über Bonds wissen sollte

2.1 Anleihen: Dasselbe wie Bonds, Festverzinsliche, Renten und Co.?

2.2 Der Anleihenkurs: Marktzinsniveau und Restlaufzeit bestimmen den Preis

2.3 Das richtige Timing: In welchen Marktphasen welche Bonds?

2.4 Die Qual der Wahl: Welche Anleihe passt zu mir?

2.5 Chance und Risiko: Was versteht man darunter?

2.6 Die objektiven Risiken: Vor jedem Bondkauf checken!

2.7 Warum Zeit wirklich Geld ist: Die Kapitalmarkttheorie

2.8 Wie Banken rechnen: Die Suche nach der wahren Rendite

2.9 Die Entscheidungskriterien: Welches Anlageziel ist wichtiger?

3. Die Grundlagen der Anleihenbesteuerung

3.1 Doppelbesteuerungsabkommen und fiktive Quellensteuer: Vorsicht bei Anlagen im Ausland

3.2 Die Fondsbesteuerung: Ein Buch mit sieben Siegeln

4. Die Bewertung von Anleihen vor dem Hintergrund Ihrer Ziele und Ihrer steuerlichen Situation.

4.1 Welche Anleihe für welchen Anlegertyp?

4.2 „Finanzinnovationen“

4.2.1 Zerobonds: Das Ende einer großen Euphorie

4.2.2 Annuitätenanleihe: Zerobond in Raten

4.2.3 Kombizinsanleihe: ein Auslaufmodell

4.2.4 Optionsanleihen: Renaissance eines Anlageinstrumentes

4.2.5 Stufenzinsanleihen: vor dem Abstieg

4.2.6 Bondstripping: nicht nur für Agenten spannend

4.3 Klassische Anleihen

4.3.1 Sparbriefe

4.3.2 Bundesschatzbrief Typ B: der krisenfeste Klassiker

4.3.1 Bundestitel: Starter-Kit

4.3.2 Straight Bonds: Die klassischen Anleihen

4.3.3 Genussscheine: Depotbeimischung für Gourmets

4.3.4 Industrieanleihen: höhere Coupons mit Corporate Bonds

4.3.5 Wandelanleihe: Come Back für Convertibles

4.3.6 Floater: alles im Fluss

4.4 Bonds für Fortgeschrittene: Aktienkursabhängige Anleihen

4.4.1 Discount-Zertifikat: Schnäppchen für Zocker

4.4.2 Aktienanleihe: Bestseller oder Bauernfänger?

4.4.3 Indexzertifikat: Kostenkiller

4.4.4 Inflationsindexierte Anleihen: TIPS und Geheimtipps

4.4.5 Exchange Traded Funds: Konservative Depotbeimischung für Kostenknechte

5. Modernes strategisches Bondmanagement: Nutzen Sie die Portfolio-Strategien professioneller Investoren

5.1 Anleihemanagement: Bestimmen Sie Ihre Strategie

5.2 Bondresearch: Anleihenbewertung für Profis

5.2.1 Ertragsanalyse: Kurs- und Renditekennzahlen

5.2.2 Risikoanalyse: Instrumente zur Messung und Begrenzung von Verlusten

5.3 Asset Allocation: Auswahl und Kombination der Anlageinstrumente in einem Portfolio

5.3.1 Risikoanalyse für Portfolios

5.3.2 Ertragsanalyse für Portfolios: Prüfen Sie die risikoadjustierte Performance der Profis

5.4 Hedging: So schützen Sie Ihr Anleihendepot vor Verlusten

5.4.1 Optionen: nichts für Spekulanten

5.4.2 Optionsscheine: Va banque mit Warrants

5.4.3 Futures, Zinsfutures und Bund-Futures

5.4.4 Hedging eines Anleihendepots

6. Operatives Bondmanagement: Praktische Vorgehensweise zum optimalen Depot

6.1 Erkenntnisse aus der Portfolio Theorie: Asset Allocation und ihre Grenzen

6.2 Die Wahrheit über (Renten-) Investmentfonds

6.2.1 Funktionsweise und Beurteilung von Fonds: Wie sinnvoll sind Rentenfonds?

6.2.2 Auswahlkriterien: Die sieben Schritte zur Fondsauswahl

6.2.3 Investmentstrategie: So werden Sie Millionär!

6.2.4 Cost-Average und andere Mythen

6.3 Musterdepots: Welche Depotstruktur für welchen Anlegertyp?

6.3.1 Musterdepot für Risikovermeider

6.3.2 Musterdepot für Einkommensorientierte

6.3.3 Modelldepot für Wachstumsorientierte

7. Die wichtigsten Praxistipps für Ihre erfolgreiche Investition in Bonds

7.1 Anlagestrategie und Bondauswahl

7.2 Bondmanagement

Literaturverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

Für Sandra und Socke

1. Zehn gute Gründe für dieses Buch – und für Bonds!

Am Anfang eines Buches zum Thema „Bonds“ stellt sich natürlich die Frage, warum man es überhaupt lesen sollte. Denn über Geldanlage, Börse und insbesondere Wertpapiere gibt es wahrlich genügend Literatur. Und: Sind „festverzinsliche Wertpapiere“ nicht vollständig selbsterklärend und daher ein überaus langweiliges Thema? Man kauft sie, lässt sie bis zur Fälligkeit liegen und kassiert in der Zwischenzeit die Zinsen. Wozu also eine seitenlange Abhandlung, gar ein ganzes Buch, über Anleihen? Ich will Sie nicht lange auf die Folter spannen, denn zehn gute Gründe sprechen für dieses Buch:

Abb. 1: Kursentwicklung von Bundesanleihen anhand des Bundfutures

© 1998-2017 OnVista Group www.onVista.de

1) Rentenanleger sind die großen Gewinner der letzten 10 Jahre!Wer vor 10 Jahren 10.000 Euro in einen ETF anlegte, der die Kurse von Bundesanleihen abbildet, hätte in 2017 ca. 16.000 Euro erzielt. Der Grund sind andauernde Zinssenkungen, die dazu führen, dass die Kurse von Bundesanleihen steigen.

2) Mit der Zinswende steigen die Gefahren für Rentenanleger.In den USA hat es bereits Zinssteigerungen durch die FED gegeben. Ob und wann es diese auch im Euroland geben wird, ist unsicher. Fakt ist, dass man dann mit festverzinslichen Wertpapieren Kursverluste erleiden. Ein Ziel dieses Buches ist daher Ihnen zu zeigen, wie Sie nach der Zinswende Risiken vermeiden und stabile Erträge aus Ihren Anleihen erzielen.

3) Die weltwirtschaftliche Situation verlangt eine Neubewertung von Anlageformen.Spätestens seit dem 11. September 2001 weiß jeder, dass die Welt sich verändert hat. Kapitalanlagen müssen systematisch vor dem Hintergrund einer Krisensicherheit abgeklopft werden. Seitdem erleben die im Börsenhype noch müde belächelten Anleihen neben Rohstoffen wie Gold und Öl eine blühende Renaissance- Trotz Niedrigzinsphase! Weil der deutsche Anleger ohnehin tendenziell konservativer ist, als seine europäischen oder amerikanischen Freunde, verwundert es nicht, dass der Rentenmarkt der größte Finanzmarkt Deutschlands ist.

4) In einer nachhaltigen Aktienbaisse gibt es kaum Alternativen zu AnleihenDie aktuelle Aktienhausse ist Resultat der Tatsache, dass die internationalen Zentralbanken die Märkte mit Liquidät fluten, allen voran die EZB. Irgendwann ist die Hausse allerdings an ihrem Ende, u.a. im Euroland, weil die Probleme der Staatschuldenkrise nicht gelöst wurden.Auch wenn sich die Aktienkurse irgendwann wieder erholen, wird der Aufschwung sehr wahrscheinlich nie mehr so nachhaltig sein, wie in der Liquiditäts-Hausse der letzten Jahre. Somit braucht jeder Investor ein Sicherheitspolster stetiger Erträge. Weil es außerdem derzeit an Alternativen zu Anleihen fehlt, gehören Bonds zukünftig mindestens gleichgewichtet in jedes Portfolio.

5) Die Volatilität von Aktienkursen wird in Zukunft eher steigen.Der Börsenguru André Kostolany hat einmal gesagt: „Wer gut essen möchte, der sollte Aktien kaufen und wer gut schlafen will, der sollte Anleihen kaufen.“ Die Schwankungen an den Aktienmärkten (Volatilität) haben sich aber seit Kostolany erheblich verstärkt. Aus diesem Grunde wird seine beliebte „buy and hold-Strategie“, also Aktien kaufen, „Schlaftabletten nehmen“ und erst nach Jahren wieder auf den (dann gestiegenen) Kurs schauen, nicht mehr wie früher funktionieren. Vielmehr kommt es nun darauf an, welche Aktien man sich ins Depot legt und wann man sie kauft und wieder verkauft. Das Aktiengeschäft ist also deutlich riskanter geworden. Bei Anleihen können Sie hingegen auch zukünftig (weitgehend) ruhig schlafen.

6) Die Abgeltungssteuer bringt Steuer- und Renditekicks für Bond-Anleger.Nach Einführung der neuen Quellensteuer auf „feste Kapitalfrüchte“ wie es im Einkommensteuerrecht heißt, werden Bonds als Kapitalanlage für immer mehr Steuerzahler attraktiv. Während früher ein steuergeplagter Anleger die Kapitalerträge mit seinem persönlichen Steuersatz (bis zu 52 Prozent) versteuern musste, beträgt die Abgeltungssteuer mit 25 Prozent weniger als halb so viel. Je höher also der persönliche Steuersatz eines Anlegers ist, um so interessanter werden Festverzinsliche für ihn.

7) Wer im Dschungel der Finanzinnovationen durchblickt, hat mehr vom Anleiheglück!Die Auswahl an Anleihen hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Während früher hauptsächlich Bundesschatzbriefe, Kommunalobligationen oder Pfandbriefe en vogue waren, haben Banken heute eine kaum noch überschaubare Fülle an anleiheartigen Finanzinnovationen im Angebot. Wer nicht auf die oftmals prozyklische Bankenwerbung hereinfallen möchte, sollte sich mit Double-Knock-Out-Hamster-Obligationen, Discount-Zertifikaten und anderen Bond-Spielarten auskennen. Als mündiger Anleger sollte man die Konstruktion dieser Produkte verstehen sowie die Chancen und Risiken neuer Anleihemechanismen nachvollziehen können. Ein wesentliches Ziel dieses Buches ist daher auch die Entmystifizierung von Bank- oder genauer Analystenwissen.

8) Moderne Anleihenanalyse ist einfacher als gedacht – auch für Einsteiger.Erfahrene Anleger haben sich auch in der Vergangenheit mit Kennzahlen, wie Restlaufzeit, Kurs oder Rendite beschäftigt. Heute reichen diese einfachen Instrumente jedoch nicht mehr aus. Denn Anleihen werden immer komplexer konzipiert, die Volatilität bestimmter Rentenmärkte nimmt zu und auch bei angesehenen (Welt-)Unternehmen wie Enron und Konsorten gibt es Pleiten. Daher sind Bonitätsanalysen, (Modified-) Duration, Total Return- und Sensitivitätsanalysen immer wichtiger. Auch wenn es sich kompliziert anhört: Bondanalyse ist deutlich einfacher und wegen der weitgehend mechanistischen und weniger psychologischen Parameter deutlich prognosesicherer als die Analyse von Aktienkursen. Außerdem kann jeder interessierte Anleger sie durchführen, da die notwendigen Unternehmens-, Markt- und Kursdaten transparent und verfügbar sind. Ich zeige Ihnen in diesem Buch, welche Kennzahlen vor jeder Investitionsentscheidung und bei der Portfolioüberwachung wichtig sind.

9) Bonds sind eine sichere Anlage und dennoch eine rentable Sparbuchalternative.Gehören Sie zu den konservativen Anlegern? Dann wissen Sie, dass Sie bei Anleiheinvestitionen nur auf drei Dinge achten müssen, um ein krisensicheres Investment zu tätigen: Erstens ein erstklassiges Rating des Anleiheschuldners, zweitens eine zu Ihrem Anlagehorizont passende Laufzeit und drittens eine auf Euro lautende feste Verzinsung. In dieser Erkenntnis wird Sie mein Buch bestätigen. Darüber hinaus können Sie nun jedoch Ihr Anlageuniversum erweitern, denn Sie erfahren alle wichtigen Vor- und Nachteile für Sparbuchalternativen wie Floater, Geldmarkt- und Reservefonds oder Commercial Papers.

10) Lernen Sie Rendite und Risiko einer Anleihe richtig einschätzen.Mal ehrlich, wissen Sie, von welchen Faktoren die Rendite einer Anleihe abhängt und wie sie berechnet wird? Wenn nicht, dann laufen Sie Gefahr, auf geschönte Renditeversprechen von Banken hereinzufallen, denn Rendite ist nicht gleich Rendite. Der Nobelpreisträger Milton Friedman hat einmal gesagt: „There is no free lunch on the capital markets.“ Es gibt also nichts umsonst auf den Kapitalmärkten. Mehr Rendite ist unweigerlich mit mehr Risiko verbunden.

Doch was ist eigentlich Risiko? Können Sie es greifen und bestimmen? Wenn Sie wissen wollen, wie man dieses „Bauchgefühl“ misst und wie man sich dagegen absichern kann, dann lesen Sie weiter. Auf der Suche nach der wahren Rendite und der bestmöglichen Einschätzung von Risiko hilft Ihnen dieses Buch.

2. Die Basics: Was jeder Anleger über Bonds wissen sollte

2.1 Anleihen: Dasselbe wie Bonds, Festverzinsliche, Renten und Co.?

Der Begriff „Anleihe“ wird häufig gleichbedeutend mit „festverzinslichen Wertpapieren“ und „Rentenpapieren“ verwendet. Dabei ist der Anleihenbegriff wesentlich weitreichender, denn er umfasst auch variabel verzinsliche Anleihen wie Floater oder bestimmte Indexanleihen. Andere ähnlich neutrale oder sogar genauere Ausdrücke für „Anleihen“ sind daher „Obligationen“, „Schuldverschreibungen“ oder eben „Bonds“. Gemeint sind immer Wertpapiere, die dem Anleger eine Zinszahlung sowie die Rückzahlung des investierten Kapitals zu einem bestimmten Zeitpunkt garantieren.

Generell dienen Anleihen den Unternehmen, den Banken und den staatlichen Einrichtungen als Instrumente zur Liquiditätsbeschaffung. Der Begriff „Anleihe“ signalisiert, dass mit der Emission eines festverzinslichen Wertpapiers zwischen dem Unternehmen und dem Anleger eine Kreditbeziehung entsteht. Der Emittent ist der Schuldner und der Anleger ist der Gläubiger dieses Kredites. Zu welchen Konditionen der Emittent bereit ist, sich an den Kapitalmärkten Geld zu leihen, wird im Emissionsprospekt angekündigt. Dort finden wir auch die Emissionsrendite, die allerdings nur für den Fall gilt, dass der Anleger bis zur Fälligkeit investiert bleibt.

Tipp:

Beim Kauf einer Anleihe sollten Sie die Ausstattungsmerkmale prüfen:

- Die Bonität des Emittenten

- Den Emissionskurs

- Den Coupon oder Nominalzins

- Den Zinstermin

- Die Tilgungsbedingungen

Die wichtigen Ausstattungsmerkmale einer Anleihe sind:

• Der Coupon oder auch Nominalzins: Beträgt dieser zum Beispiel 6 Prozent, wissen Sie, dass Ihnen der Schuldner für jedes Stück im Nennwert von 100 Euro pro Jahr 6 Euro zahlt. Normalerweise ist der Coupon umso höher, je länger ein Wertpapier läuft. Es gibt jedoch durchaus Phasen „inverser Zinsstruktur“, in denen für Kurzläufer höhere Zinsen bezahlt werden als für Langläufer.

• Die Zinstermine sind die Zeitpunkte, zu denen die Zinszahlungen erfolgen müssen. Am häufigsten sind jährliche Zinstermine.

• Die Tilgungsbedingungen beschreiben den Zeitpunkt, zu dem der Schuldner Ihnen spätestens Ihr Geld zurückzahlt, sowie den Kurs, zu dem die Rückzahlung erfolgt.

• Der Emissionskurs einer Anleihe ist nichts Anderes als der Erstausgabekurs des Papiers. Kaum ein Festverzinsliches wird zu 100 Prozent begeben. Vielfach liegt der Emissionskurs darunter. Da die Tilgung im Regelfall zu 100 Prozent erfolgt, dürfen Sie die Differenz als Gewinn verbuchen, wenn Sie bis zur Fälligkeit durchhalten. Seit Einführung der Abgeltungssteuer ist diese nicht mehr steuerfrei.

In den letzten Jahren ist die Welt der Wertpapiere deutlich bunter geworden. Mittlerweile gibt es so genannte Finanzinnovationen, die einen variablen oder gar keinen festen Zins mehr ausweisen. Oft hängt die Rückzahlung des Papiers von so abstrusen Bedingungen wie etwa Indexständen und Referenzzinssätzen ab. Aus diesem Grunde trifft der Begriff „Festverzinsliches Wertpapier“ nicht mehr den Kern dieser Kapitalanlagen. In diesem Buch ist daher auch treffender von Finanzinnovationen die Rede.

Die Vielzahl unterschiedlicher Ausprägungsformen von Anleihen ist in der folgenden Grafik dargestellt:

Gattung

Ausprägung

Wertpapiere des Bundes

Bundesschatzbriefe, Finanzierungsschätze, Anleihen von Bund/Bahn/Post, Bundesobligationen/Bundesschatzanweisungen, Kassenobligationen

Heimische Standardanleihen

Bankschuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalobligationen, Industrieanleihe

Anleihen mit Sonderrechten

Wandelanleihen, Optionsanleihen, Genussscheine

Finanzinnovationen und sonstige Anleihevarianten

Floating-Rate-Notes, Zerobonds, Annuitätenanleihen, Stufenzinsanleihen, Doppelwährungsanleihen, Indexierte Anleihen

Fremdwährungsanleihen

Unternehmensanleihen und Staatsanleihen

Abb. 2: Ausprägungsformen von Anleihen

Wer sich für Finanzinnovationen interessiert, dem gibt die folgende Grafik einen Vorgeschmack über das, was man mit Anleihen alles machen kann. Manche von diesen Wertpapieren sind riskant, einige sind sinnlos, mit anderen kann man dagegen interessante und stabile Renditen erzielen. Welche das jeweils sind, erfahren Sie an späterer Stelle.

Abb. 3: Übersicht: Konstruktionsformen von Anleihen

2.2 Der Anleihenkurs: Marktzinsniveau und Restlaufzeit bestimmen den Preis

Als ich noch in der Filiale einer großen deutschen Bank als Wertpapierberater arbeitete, gab es regelmäßig nach dem Jahresdepotauszug eine Flut von Kundenbeschwerden der Bondanleger. Tenor war in allen Fällen, dass ihnen vor einigen Jahren jemand die Anleihe mit dem Argument der Sicherheit verkauft hatte und nun sei auf dem Auszug ersichtlich, dass ein Teil des eingezahlten Kapitals verloren war. Wie konnte das geschehen?

Das Beispiel zeigt ein typisches Missverständnis in der Anlageberatung auf: nämlich eine vollkommen unterschiedliche Auffassung des Begriffes „Sicherheit“ bei Beratern und Kunden. Für den Bankberater reicht es aus, dass der Schuldner, zum Beispiel die Bundesrepublik, das investierte Geld des Kunden am Laufzeitende wieder zurückzahlt. Der konservative Kunde definiert „Sicherheit“ jedoch anders. Für ihn ist es wichtig, dass sein Kapital über die gesamte Laufzeit gleich bleibt oder anwächst, aber nicht, dass es weniger wird! Wie Sie ein solches Missverständnis in Zukunft vermeiden können, thematisieren wir in nachfolgenden Kapiteln noch ausführlich.

Doch zurück zum Anleihenkurs: Rentenpapiere werden wie Dienstleistungen oder Güter auf einem Markt gehandelt. Dieser Markt ist die Börse. Der Preis für das Rentenpapier ist der Kurs, der in Prozent des Nennwertes der Anleihe ausgedrückt wird. Wie alle Preise schwanken auch die Kurse von Rentenpapieren bis auf sehr wenige Ausnahmen in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage. Liegen die Kurse unter 100 Prozent, notieren die Anleihen „unter pari“ – entsprechend „zu pari“ oder „über pari“ bei Kursen zu oder über 100 Prozent.

Die Kursschwankungen sorgen dafür, dass die Rendite einer jeden Anleihe stets marktgerecht ist oder genauer: dem aktuellen Marktzinsniveau angepasst wird. Hört sich kompliziert an, ist aber ganz einfach. Ein Beispiel:

Heute begibt ein Unternehmen eine Anleihe zum Kurs von 100 Prozent, die mit einem Coupon von 6 Prozent ausgestattet ist. Nehmen wir einmal an, Sie kaufen diese Anleihe in Ihr Depot. Wenn das Zinsniveau ein Jahr später auf 7 Prozent gestiegen ist, werden dann die meisten Neuemissionen einen Coupon von 7 Prozent besitzen. Auf dem Kapitalmarkt, das heißt, wenn Sie Ihre Anleihe verkaufen wollten, muss Ihr Sechsprozenter mit der siebenprozentigen Anleihe konkurrieren. Da aber die Nominalverzinsung unveränderlich festgeschrieben ist, kann sie dies nur dadurch, dass ihr Kurs am Markt so lange tiefer bewertet wird, bis das Verhältnis von fester Zinszahlung zu Marktkurs der neuen Situation einer Kapitalmarktrendite von 7 Prozent entspricht. Logisch, dass der Kurs sinkt, denn wer will schon in dieser Hochzinssituation ein Papier zu 6 Prozent? Andersherum würde der Preis für den Sechsprozenter steigen, wenn der Kapitalmarktzins unter 6 Prozent gesunken wäre. Insofern wird das (Kurs-)Risiko von Festverzinslichen vornehmlich über mechanistische, rein rechnerische Gesetzmäßigkeiten bestimmt. Sie sind das Ergebnis der Informationseffzienz und der Arbitragefreiheit der Kapitalmärkte, die wir bereits kennen gelernt haben. Arbitrage bedeutet, dass es möglich wäre, eine bestimmte Rendite ohne zusätzliches Risiko zu erzielen. Das ist wegen der heutzutage unendlich schnellen Verbreitung von Informationen nicht mehr möglich. Man nennt dieses Prinzip auch die „nofree-lunch-Bedingung“ des Nobelpreisträgers Milton Friedman, wonach es auf den Kapitalmärkten nichts umsonst gibt. Dieser mechanistische Zusammenhang ist auch der Hauptgrund, warum Bonds im Vergleich zu Aktien ein geringeres Kursschwankungsrisiko bergen.

Diese komischen Gesetzmäßigkeiten brauchen Sie natürlich nicht zu kümmern, wenn Sie Ihre Anleihe ohnehin bis zur Endfälligkeit halten wollen. Dann bekommen Sie, zwischenzeitliche Marktzinsänderung hin oder her, auf jeden Fall den bekannten Nennwert zurück. Die Kursnotiz an der Börse sorgt lediglich dafür, dass man für einen bestimmten Geldbetrag immer genau das Marktzinsniveau für seine Anlage erhält. Es ist also für Ihre Renditeüberlegungen zunächst egal, ob Sie eine hochverzinsliche Anleihe zu einem hohen Kurs oder eine niedrigverzinsliche zu einem niedrigen Kurs erwerben. Die Rendite der beiden Papiere wird weitgehend identisch sein.

„Weitgehend identisch“ heißt in diesem Fall für die Rendite vor Steuern. Die Rendite nach Steuern kann von der Vorsteuerrendite abweichen, wenn z. B. die Freibeträge ausgeschöpft sind.

Neben dem Marktzinsniveau beeinflusst vor allem die Restlaufzeit einer Anleihe maßgeblich ihren Kurs. Je kürzer die Restlaufzeit der Anleihe seit dem Erwerb bis zur Rückzahlung ist, desto näher wird deren Kurs bei 100 Prozent notieren und desto weniger Einfluss werden Schwankungen des Kapitalmarktzinses haben. Weil mit kürzerer Restlaufzeit auch die Anzahl jährlicher Zinszahlungen abnimmt, nähert sich dann der Kurswert einer Anleihe immer mehr ihrem Nennwert. Andersherum schlagen Veränderungen des Kapitalmarktzinses also heftiger durch, je länger die Restlaufzeit einer erworbenen Anleihe ist.

2.3 Das richtige Timing: In welchen Marktphasen welche Bonds?

Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, hängt die Rendite einer Anleihe offensichtlich stark vom Kapitalmarktzins ab. Wenn Sie also die Frage nach der Laufzeit Ihres festverzinslichen Wertpapieres lediglich davon abhängig machen, wie lange Sie auf Ihr Geld verzichten können, vernachlässigen Sie wichtige Marktaspekte. Sie laufen Gefahr, gegen einige grundsätzliche Timing-Grundregeln des Kapitalmarktes zu verstoßen.

Die zentrale Kennzahl für das Zinsniveau des Kapitalmarktes ist die Umlaufrendite, die von der Deutschen Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank regelmäßig veröffentlicht wird.

Sicherlich sind Sie der Umlaufrendite bereits im Fernsehen begegnet. Sie taucht immer dann auf, wenn die Europäische Zentralbank oder deren amerikanisches Gegenstück, die FED, die Zinsschraube anziehen oder lockern. Neben der Notenbankpolitik wird der Kapitalmarktzins zudem beeinflusst durch die konjunkturelle Situation, internationale Entwicklungen und die Inflationsrate. Erst das – relativ komplexe – Zusammenwirken dieser Faktoren bestimmt das Marktzinsniveau.

Wenn das Marktzinsniveau steigt, sinken die Kurse der umlaufenden Anleihen, denn diese sind mit einem nicht veränderlichen, niedrigeren Zinscoupon ausgestattet. Sie sind nun weniger wert. Fällt das Marktzinsniveau aus irgendwelchen Gründen, sind bereits umlaufende Anleihen mit einem höheren Coupon plötzlich mehr wert. Der Kurs wird steigen.

Anleihen mit langen (Rest-) laufzeiten sind immer dann von Vorteil, wenn das Marktzinsniveau fällt. Denn als Anleger haben Sie sich für einen langen Zeitraum den Coupon einer höheren Zinsphase gesichert. Und damit auch regelmäßige Zinszahlungen, die über dem aktuellen Marktzinsniveau liegen. Ihre Anleihe ist nun am Markt gefragt; folglich werden der Preis und damit der Kurs der Anleihe sogar über pari steigen. Die Kursgewinne können – aber müssen Sie nicht – realisieren, indem Sie Ihr Papier an der Börse verkaufen. Von den Kursgewinnen behält die Bank zugunsten Ihres Finanzamtes allerdings die 25%ige Abgeltungssteuer ein.

Dagegen sind Bonds mit kurzen Restlaufzeiten immer dann vorteilhafter, wenn das Marktzinsniveau steigt. Denn bei solchen Kurzläufern fallen die Kursverluste aufgrund der steigenden Umlaufrendite vergleichsweise gering aus, da nur noch wenige Zinszahlungen bis zur endgültigen Rückzahlung der Anleihe anstehen.

Generell gilt: Ändern sich die Kapitalmarktzinsen, schlagen die Anleihenkurse um so stärker aus, je länger die Restlaufzeit des Wertpapiers noch andauert.

Daraus folgen drei grundsätzliche Timing-Regeln, die zwar langweilig, aber für ein Überleben als Rentenanleger notwendig sind:

• Wählen Sie bei steigendem Zinstrend Anleihen mit kurzen Restlaufzeiten. Damit binden Sie sich nicht zu lange an ein niedriges Zinsniveau und Sie halten das Verlustrisiko gering, falls Sie vorzeitig an Ihr Geld müssen.

• Bei fallenden Zinsen liegen Sie mit möglichst langen Restlaufzeiten am besten. Sie sichern sich einerseits die höheren Zinsen für längere Zeit und können gegebenenfalls Kursgewinne einstreichen, wenn Sie vorzeitig verkaufen.

• Bei unsicherer Zinsentwicklung und flacher oder inverser Zinsstruktur sind mittlere Laufzeiten angesagt. Eine flache Zinsstruktur liegt vor, wenn die Renditen von Anleihen mit unterschiedlichen Restlaufzeiten nahezu gleich sind. Bei einer inversen Zinsstruktur erhalten Sie „am langen Ende“ geringere Zinsen als kurzfristig. Wählen Sie also mittlere Restlaufzeiten, so erhalten Sie höhere Zinsen als bei Kurzläufern, während das Kursrisiko sich in Grenzen hält. Auf keinen Fall sollten Sie noch Papiere über pari erwerben.

Tipp: Beachten Sie immer die drei grundsätzlichen Timing-Regeln beim Anleihen-Kauf!

2.4 Die Qual der Wahl: Welche Anleihe passt zu mir?

Nachdem wir uns gerade mit den kapitalmarktabhängigen Faktoren der Anleihenwelt beschäftigt haben, konzentrieren wir uns hier auf Ihre persönlichen Anlageziele und Ihre Risikobereitschaft, von denen die Art des zu erwerbenen Wertpapieres maßgeblich abhängt.

Wenn Sie Ihre privaten Anlageziele für sich selbst oder mit einem Vermögensberater konkretisieren, so warne ich Sie vor weichen Pseudozielen, die Bankberater und Versicherungsvertreter gerne nutzen. Vermeiden Sie Begriffe wie „Vermögensaufbau“ oder noch schlimmer „Altersvorsorge“. Besser ist es, Sie legen eine Tabelle an, zum Beispiel mit Microsoft Excel, und schreiben für die nächsten eins bis x Jahre so konkret wie möglich auf, zu welchem Datum Sie welchen Betrag brauchen. Das kann beispielsweise so aussehen:

Anlageziele 2003 bis 2025

Abb. 4: Anlageziele

Mit dieser Planung entwickeln Sie Ihren persönlichen Ziel-Zahlungsstrom; Fachleute sprechen auch von cash-flow-basierter Planung. So können Sie den größten Vorteil von Anleihen gegenüber Aktien ausnutzen: Die hohe Sicherheit von Auszahlungen in Form von Ausschüttungen und Rückzahlungen des Kapitals. Das ermöglicht Ihnen eine relativ genaue Steuerung von Zahlungsströmen, wenn Sie Ihre Bonds entsprechend auswählen.

Der zweite wichtige Punkt bei der Auswahl von Anleihen ist Ihre eigene Risikobereitschaft. Dieser Begriff ist für eine Analyse von Kapitalanlageentscheidungen extrem schwer zu greifen und möglicherweise sogar ungeeignet. Denn allein der Wortbestandteil „Risiko“ ist so schwer zu definieren, dass wir ihm ein ganzes Kapitel gewidmet haben. Merken sollten Sie sich bis dahin folgendes:

Wer auf dem Kapitalmarkt eine überdurchschnittliche Rendite erzielen möchte, muss auch bereit sein, dafür ein höheres Risiko in Kauf zu nehmen. Dieses drückt sich meist in Sonderbedingungen bei der Ausgestaltung der Anleihe, in Währungsrisiken oder in einer schlechteren Kreditwürdigkeit des Schuldners aus.

Bevor Sie sich für eine Anleihe entscheiden, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob diese zu den Ergebnissen Ihrer privaten Zielplanung passt und Ihrem Sicherheitsbedürfnis gerecht wird. Dazu orientieren Sie sich am besten an den sieben charakteristischen Eigenschaften einer Anleihe, die wir als „Ausstattungsmerkmale“ in Kapitel 2.1 bereits kurz erwähnt haben.

Tipp:Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen und weder ein Rückzahlungsrisiko noch signifikante Kursschwankungen akzeptieren, sollten Sie sich auf Bundesschatzbriefe oder Pfandbriefe beschränken.

Abb. 5: Checkliste für den Anleihenkauf

2.5 Chance und Risiko: Was versteht man darunter?

Ohne die Betrachtung des Risikos kann auch die Anlage in (scheinbar) sichere Anleihen schnell zu einer unerfreulichen Geschichte werden. Die Welt ist voll von Privatinvestoren, die Aktienanleihen oder Equity-linked-bonds für eine sichere Sache gehalten haben und nun den gerichtlichen Klageweg beschreiten. Doch was ist eigentlich „Risiko“?

In der Umgangssprache hat Risiko immer einen negativen Beigeschmack. Von dieser Empfindung müssen wir uns lösen, denn es gibt unterschiedliche Arten von Risiken. Risiko ist schon deswegen nicht ausschließlich negativ, weil es auf dem Kapitalmarkt ohne Risiken auch keine Chancen gäbe – und an denen verdient auch der Anleiheninvestor. Für ihn ist es allerdings wichtig, Risiken zu identifizieren, zu messen, bewusst einzugehen, auszuschließen oder teilweise zu streuen. Weil nur bestimmte Risiken reduziert werden können, müssen wir uns den schwammigen Risiko-Begriff etwas näher ansehen:

Risiko ist zunächst einfach ein Begriff für die Bewertung eines unsicheren Ereignisses in der Zukunft. Die Bewertung dieses Ereignisses kann aber auch durchaus positiv sein. Deswegen sprechen Psychologen und Wirtschaftswissenschaftler, die sich mit Entscheidungs- oder Spieltheorie befassen,1 vielmehr von „Unsicherheit“ statt von Risiko. Denn dieser Begriff ist neutraler. Wir können uns das beispielhaft klarmachen, wenn wir uns zwei Schüler A und B bei einer Mathematikarbeit vorstellen. A war anders als sein Freund B schon immer ein sehr guter Rechner, so dass das Risiko für ihn, bei der Prüfung zu versagen, eher gering ist. Dagegen ist das Risiko für B, nachdem er bereits zwei Fünfer in diesem Halbjahr geschrieben hat, sehr viel höher. Im ersten Fall ist die geringe Unsicherheit für das Versagen von A eine positive Sache, so dass bereits deswegen der umgangssprachliche Begriff „Risiko“ unangemessen wäre.

Dennoch zeigt das Beispiel, dass es zwei Formen der Unsicherheit gibt. Einerseits das objektive Risiko, das als Wahrscheinlichkeit quantitativ gemessen werden kann und andererseits das vom Menschen wahrgenommene, subjektive Risiko. Während das objektive Risiko die von Wissenschaftlern untersuchte Wahrscheinlichkeit dafür angibt, mit der ein unsicheres Ereignis eintritt oder nicht, ist das subjektive Risiko vielmehr psychologischer Natur. Es entsteht oft gerade erst aus dem objektiven Risiko. Wir haben es also in unserem Beispiel mit dem subjektiven Risiko zu tun. Weil B schon öfter versagt hat, kann man bei ihm eine höhere Unsicherheit vermuten. Vielleicht ist ihm Mathe aber auch egal, dann ist die subjektive Unsicherheit wohl eher gering. Am besten übersetzt man die subjektiv wahrgenommene Unsicherheit mit „Bauchgefühl“.

Auf keinen Fall darf man die beiden Begriffe durcheinander bringen. Warum das so ist? Nun, im obigen Beispiel wäre das objektive Risiko für das Versagen des Mathefreaks A genau 50 Prozent. Es gibt nämlich nur zwei mögliche Ereignisse. Entweder A besteht die Prüfung oder nicht. Daher hat jedes dieser beiden Ereignisse die Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Das verstehen Sie nicht? Sie glauben, weil A früher immer gut in Mathe war, habe er eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Prüfung zu bestehen? Nein, das ist genau der Punkt! Ihr Bauchgefühl oder der gesunde Menschenverstand sagen Ihnen, dass jemand mit guten Leistungen in der Vergangenheit leichter die Prüfung besteht und damit eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit besitzt. Aber gerade das ist die subjektive Unsicherheit! Objektiv betrachtet spielen die Leistungen von A in der Vergangenheit keine Rolle. Jedes Mal, wenn eine Mathematikarbeit ansteht, liegt die Erfolgswahrscheinlichkeit genauso wie die Misserfolgswahrscheinlichkeit bei 50 Prozent. Weil die Vergangenheit für die objektive Unsicherheit nicht relevant ist, hat B interessanterweise dieselbe Erfolgswahrscheinlichkeit wie A.

Die Welt ist leider voll von Leuten, die dieses Prinzip nicht begreifen. Man nennt sie im Volksmund auch Lottospieler. Wie oft hört man in Annahmestellen „irgendwann muss es doch mal funktionieren“. Mein Großvater hat 50 Jahre Lotto gespielt und im Grunde nichts gewonnen. Objektiv betrachtet muss es nämlich gar nicht funktionieren. Die Wahrscheinlichkeit eines Sechsers ist für jemanden, der das erste Mal Lotto spielt, genauso groß wie für jemanden, der seit Jahrzehnten seinen Lottoschein ausfüllt.

Was hat das alles mit Anleihen zu tun? Für das Bondmanagement ist die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unsicherheit deshalb von zentraler Bedeutung, weil man die objektive Unsicherheit auf den Märkten mit bestimmten Maßnahmen reduzieren kann. Ihre persönliche subjektive Unsicherheit ist jedoch eine Wahrnehmung oder ein Bauchgefühl, dieses lässt sich technisch nicht verändern. Von dieser Einstellung aber hängt im Grunde Ihre gesamte Kapitalanlagestrategie ab. Ob Sie ausschließlich in konservative Bundesanleihen oder aber in Emerging-Market-Bonds investieren, sollten Sie nämlich nicht von der objektiven Unsicherheit, also der Eintrittswahrscheinlichkeit eines negativen Ereignisses abhängig machen. Vielmehr gilt es, Ihrem Bauchgefühl zu gehorchen.

Tipp: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl beim Anleihenkauf!

Im Klartext heißt das: Es ist im Grunde egal, welch’ tolle Rendite ein Wertpapier bietet und welche Möglichkeiten der Risikoabsicherung Ihr Berater für Ihr Depot anwendet, wenn Sie mit dieser Anleihe nicht ruhig schlafen können. Denn subjektive Unsicherheit, Ihr Bauchgefühl, lässt sich schlecht reduzieren, außer man gewöhnt sich langfristig daran. Manchmal ändern Menschen in Abhängigkeit von irgendwelchen Lebensphasen ihre Risikoneigung. Singles sind deutlich risikobereiter als Familienoberhäupter. Aber Ad-hoc-Einstellungsänderungen gibt es bei der Riskoeinschätzung nicht. Hören Sie bei der Kapitalanlage also auf Ihren Bauch und lassen Sie sich nichts von irgendwelchen Beratern oder Anlagemagazinen verkaufen!

Anders herum bedeutet eine höhere persönliche Risikoneigung, dass Sie möglicherweise zumindest für das Anleihenmanagement gar keine Berater benötigen und im Grunde alles selbst machen können. Dieses Buch soll Sie dabei unterstützen.

2.6 Die objektiven Risiken: Vor jedem Bondkauf checken!

Nachdem bisher sehr viel von subjektiven Risiken, vom Bauchgefühl des Anlegers, die Rede war, schauen wir uns nun die objektiven Risiken von Obligationen näher an. Vor jeder Kaufentscheidung sollten Sie die einzelnen Risiken analysieren und genau prüfen, ob Sie diese eingehen wollen.

1) Das MarktrisikoFür alle Anleihen, die an der Börse gehandelt werden, besteht ein Kursrisiko. Dies hängt mit dem bereits besprochenen Marktzinsniveau zusammen. Wenn der Kapitalmarktzins steigt, werden alte Anleihen weniger wert, da sie einen geringeren Coupon tragen als Neuemissionen. Die Nachfrage geht zurück, der Preis, ausgedrückt im Kurs des Papiers, sinkt. Dieser Kurs ist aber nur dann ein realer Verlust, wenn Sie die Anleihe tatsächlich verkaufen.

Tipp: Kaufen Sie in Hochzinsphasen Langläufer und in Niedrigzinsphasen Kurzläufer.

Das Marktrisiko ist um so größer, je länger die (Rest-) Laufzeit einer Anleihe ist und umgekehrt. Dieses Phänomen ist einfach zu erklären. Stellen Sie sich vor, dass Sie zwei Anleihen mit einem Coupon zu jeweils vier Prozent erwerben. Die erste Anleihe hat noch sechs Jahre Restlaufzeit, während die zweite nur noch vier Jahre läuft. Wenn das Zinsniveau auf 5 Prozent steigt, wird der Kurs des Langläufers stärker fallen als beim Kurzläufer, denn bei ersterem werden ja noch zwei Jahre länger Zinszahlungen zu dem dann relativ niedrigen Coupon fällig.

Wir haben besprochen, dass das objektive Risiko immer auch eine positive Komponente birgt. Beim Marktrisiko ergibt sich daher oft auch eine Kurschance. Wenn die Umlaufrendite nämlich auf drei Prozent sinkt, haben Sie bei Ihrem oben gekauften Vierprozenter das Recht weiterhin Coupons mit vier Prozent zu bekommen. Je länger diese Zinszahlungen in einer Niedrigzinsphase noch andauern, desto besser. Daher wird der Kurs Ihres Vierprozenters steigen und zwar umso stärker, je länger die Restlaufzeit ist. Wenn Sie das Papier in dieser Phase verkaufen, können Sie den Kursgewinn realisieren müssen diesen aber - wie die Zinserträge beim Halten der Anleihe auch - mit der 25%-Abgeltungssteuer versteuern.

Tipp: Bundesschatzbriefe, Finanzierungsschätze und Sparbriefe sind die erste Wahl für mündelsichere Anlagen.

Es gibt aber auch Bonds, die nicht an der Börse notiert sind und die Sie jederzeit zum Nennwert zurückgeben können. Dies sind zum Beispiel Bundesschatzbriefe, Finanzierungsschätze und Sparbriefe von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Nur bei diesen Papieren gehen Sie absolut sicher, dass während der Laufzeit der Anleihe kein Vermögensverlust durch das Marktrisiko eintritt.

Tipp: Anleger sollten vor einer Investition genau prüfen, ob sie für die gesamte Dauer der Restlaufzeit auf ihr Kapital verzichten können.

Für den Rest der Bondwelt, und das sind etwa 90 Prozent aller Anleihen, gilt: Nur wenn der Anleger die Restlaufzeit bis zur Rückzahlung der Anleihe „durchhält“, geht er kein Kursrisiko ein. Bei den meisten Obligationen wird ein Durchhalter am Ende der Laufzeit 100 Prozent seines eingesetzten Kapitals zurückerhalten. Zwischenzeitliche Schwankungen brauchen ihn nicht zu interessieren.

2) Das LiquiditätsrisikoDieses Risiko beschreibt, dass es schwer oder teilweise unmöglich sein kann, eine Anleihe zu einem fairen Preis zu verkaufen. In einem normalen Markt und bei einer Standardanleihe stellt die Liquidierbarkeit, die oft auch Fungibilität genannt wird, kein Problem dar. Dagegen können Bonds, die aus volumensmässig kleinen Emissionen kommen, die Sonderbedingungen enthalten oder auf eine unübliche Fremdwährung lauten, an der Börse oft nur einen geringeren als rechnerisch fairen Kurs erlösen. Viele Anleger kaufen ja gerade solche Anleihen, um einen höheren Ertrag zu erwirtschaften. Dieser ist hingegen nur die logische Konsequenz eines schwierig zu vermarktenden Bonds. Bei sinkenden Zinsen werden Obligationen mit einem kleinen Markt – oder genauer: mit einem geringeren Umsatzaufkommen – stärkere Kursverluste hinnehmen müssen als Standardpapiere. Als Durchhalter bis zur Fälligkeit des Papieres haben Sie natürlich mit dem Liquiditätsrisiko wiederum keine Schwierigkeiten.

Tipp: Wenn Sie Ihr Kapital bis zum Ende der Laufzeit nicht benötigen, kann es sich lohnen, das Fungibilitätsrisiko bewusst einzugehen, um eine Rendite oberhalb des Kapitalmarktniveaus zu erzielen.

3) Das AusfallrisikoWenn Sie im Privatleben Geld verleihen, werden Sie sich vorher über die wirtschaftliche Lage Ihres Schuldners informieren: Wie sicher können Sie sein, dass der Schuldner Ihr Geld zurückzahlen und die regelmäßigen Zinsen bedienen kann? Auch im Wirtschaftsleben gibt es Unternehmen und Staaten, die gut dastehen und andere, denen Sie lieber kein Geld leihen sollten. Letztere können auf den Kapitalmärkten kein Geld einsammeln, wenn sie nicht bessere Konditionen bieten als andere Emittenten mit besserer Zahlungsfähigkeit. Das ist die bekannte „no free lunch“-Bedingung. Auf den Kapitalmärkten gibt es eben nichts umsonst. Daher ist ein hoher Coupon immer auch ein Indiz für eine geringere Bonität eines Schuldners. Das Bonitätsrisiko