Pressefreiheit? - Walter Brendel - E-Book

Pressefreiheit? E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Zum Höhepunkt des Kalten Krieges veröffentlichte der "Spiegel" unter dem Titel "Bedingt abwehrbereit" die Resultate des NATO-Manövers Fallex 62. In der Spiegel-Ausgabe 41/1962 vom 10. Oktober erschien der Artikel, gestützt auf die Einschätzung des Nato-Oberkommandos, die Bundeswehr aufgrund ihrer mangelhaften Ausstattung als untauglich zur Vorwärtsverteidigung und kritisierte damit Bundesverteidigungs-minister Franz Josef Strauß. Der Verteidigungsminister Franz Josef Strauß ließ daraufhin mehrere Redakteure wegen Landesverrats inhaftieren. Diese Polizeimaßnahmen führten in Teilen der Bevölkerung, insbesondere von Studenten, sowie bei der übrigen Presse, die sie als Angriff auf die Pressefreiheit kritisierte, zu Protesten. Der Ausgang der Affäre, in deren Verlauf kein Hauptverfahren eröffnet wurde, war, dass zwei Staatssekretäre entlassen wurden und der damalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß aus dem Kabinett Adenauer ausscheiden musste und wird heute als Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland angesehen.

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Walter Brendel

Pressefreiheit?

Pressefreiheit

Der Skandal um den SPIEGEL

Walter Brendel

Ernestine gewidmet

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:© Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2022

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Vorwort

Wie alles begann

Die Aktion beginnt

Protestwelle

Der Film

Fazit

Quellen

Vorwort

Wir schreiben das Jahr 1962. Die alte Bundesrepublik wurde von einer politischen Affäre erschüttert, die die Pressefreiheit des Landes bedrohte. Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ sahen sich aufgrund eines Artikels über die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik einem Ermittlungsverfahren wegen möglichen Landesverrats ausgesetzt. Weite Teile der westdeutschen Öffentlichkeit sahen darin einen Versuch, eine missliebige Publikation zum Schweigen zu bringen.

Die "Spiegel-Affäre" im Oktober 1962 zählt zu den Meilensteinen in der demokratischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Sie ereignete sich auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, als die Welt durch die Errichtung der Berliner Mauer und die Kubakrise an den Rand eines Atomkriegs geriet. Die Angst vor einem drohenden Dritten Weltkrieg war der Hintergrund dieser Affäre, die die Bundesrepublik erschütterte, in der die Bundesanwaltschaft wegen des angeblichen Verrats von Staatsgeheimnissen die Büros des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" besetzte und dessen Herausgeber Rudolf Augstein sowie mehrere Redakteure verhaften ließ. Inhaltlich drehte sich die Affäre nicht nur um die Fehde zwischen dem damaligen Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß und dem streitbaren Publizisten Rudolf Augstein. Vielmehr ging es um die Frage: Wie kann der Westen sich verteidigen, ohne den atomaren Weltuntergang zu riskieren? Innerhalb der westlichen Bündnisse war es zum Streit um die atomare Aufrüstung der nur wenige Jahre zuvor gegründeten Bundeswehr gekommen. Nach der Wahl Kennedys zum US-Präsidenten wurde zudem zum ersten Mal über Entspannungspolitik nachgedacht. Dies galt vielen, darunter auch Strauß, als Verrat am westlichen Bündnis. Hinzu kam, dass Ende der 1960er Jahre auf bundesdeutschem Boden über 7.000 Atomwaffen stationiert waren, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Damit sollte die NATO im Fall eines Angriffs die Rote Armee zurückschlagen.

Das NATO-Manöver "Fallex 62", über das "Der Spiegel" in der Ausgabe 41/1962 vom 8. Oktober berichtete, war das erste Manöver, das einen Großangriff des Warschauer Pakts auf Westeuropa simulierte. Das Ergebnis des militärischen Planspiels: Nach wenigen Tagen wären erhebliche Teile Englands und der Bundesrepublik völlig zerstört gewesen. Auch ein sofortiger Gegenschlag der NATO hätte in diesem Szenario die sowjetische Aggression nicht stoppen können. Sieben Jahre nach der deutschen Wiederbewaffnung erhielt die Bundeswehr die niedrigste Note: zur Abwehr "bedingt geeignet".

Mit dieser Note titelte der damalige "Spiegel": "Bedingt abwehrbereit". Der Artikel zog die Durchsuchung der Redaktionsräume nach sich, Augstein kam in der Folge für 103 Tage ins Gefängnis. Als jedoch später klar wurde, dass der Verteidigungsminister nicht nur überreagiert, sondern auch den Bundestag belogen hatte, war er nicht mehr zu halten: Strauß musste gehen.

Der Auslöser war also, die Spiegel-Ausgabe 41/1962 vom 10. Oktober, wo ein Artikel erschien unter dem Titel Bedingt abwehrbereit. Der von Conrad Ahlers und Hans Schmelz verfasster Artikel kam zu den Resultaten des NATO-Manövers Fallex 62. Der Artikel beschrieb, gestützt auf die Einschätzung des Nato-Oberkommandos, die Bundeswehr aufgrund ihrer mangelhaften Ausstattung als untauglich zur Vorwärtsverteidigung und kritisierte damit Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß.

Die Informationen, die zum Artikel führten, wurden dem Spiegel vom Leiter des Führungsreferats im Führungsstab des Heeres, Oberst Alfred Martin, zur Verfügung gestellt.

Bundesanwalt Albin Kuhn vermutete am 10. Oktober 1962 Landesverrat und bat das Verteidigungsministerium um ein Gutachten. Der Würzburger Staatsrechtler und damalige Oberst der Reserve Friedrich August Freiherr von der Heydte erstattete am 11. Oktober Anzeige wegen Landesverrates gegen die Redaktion des Spiegels.

Wie alles begann

Wir begeben uns nach Hamburg, genauer gesagt Hamburg, Speersort und schreiben den 26. Oktober 1962. Im Redaktionshaus des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ wird gearbeitet. Der Herausgeber Rudolf Augstein verlässt das Gebäude. Unbemerkt von ihm bereiten sich Beamte des MAD, des Verfassungsschutzes und der Polizei sowie der Bundesanwaltschaft auf seine Festnahme vor. Kurz nach Augstein verlassen weitere Mitarbeiter der Redaktion das Haus. Keiner ahnt, dass sie auf einer vorbereiteten Liste für eine Festnahme stehen. Die Aktion wird von dem späteren Generalbundesanwalt Siegfried Buback geleitet und koordiniert.

Bereits am 23. Oktober hat der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof die beantragten Haftbefehle und Durchsuchungsanordnungen erlassen. Die Haftbefehle betrafen mehrere Spiegel-Redakteure, darunter Conrad Ahlers, die Chefredakteure Claus Jacobi und Johannes K. Engel sowie den Herausgeber Rudolf Augstein. Und jetzt wird zugeschlagen, Polzisten stürmen das SPIEGEL-Gebäude. Alle Büroräume werden durchsucht, die Personalien aller Mitarbeiter aufgenommen. Der Chefredakteur Claus Jacobi wird als erster verhaftet, weitere werden folgen. Telefonisch wird der Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß von Siegfried Buback darüber informiert, dass sich der Redakteur Conrad Ahlers im Urlaub in Spanien befindet. Das alles, nachdem bereits gemutmaßt, dass sich Conrad Ahlers mir einem Flugzeug nach Marokko absetzen will und Rudolf Augstein sich irgendwo auf dem Atlantik in einem sowjetischen U-Boot befindet soll, was ihm nach Kuba bringen würde. Strauß tobt und verlangt eine sofortige Großfandung und die Festnahme Ahlers und Augstein.

Conrad Ahlers

Drehen wir das Rad dieser Geschichte um fünf Jahre zurück. Strauß hält eine kriegerische Rede über die Bedrohung durch den „Warschauer Pakt“1, der längst seine Atomraketen auf die Bundesrepublik gerichtet haben soll und nun fordert, dass sich die Bundesrepublik befähigt, darauf zu reagieren.

Zu dieser Rede gab es von zahlreichen Zeitungen Anfragen an den Minister, darunter auch eine von Rudolf Augstein. Strauß liebäugelt bereits damit, der nächste Bundeskanzler zu sein.

Wechseln wir die Gegend und kommen zur Villa von Rudolf Augstein in Hamburg, die einst Max Schmeling gehörte. Ein Taxi fuhr vor und aus dem stieg Franz-Josef Strauß, der sich in die Villa begab. Man kannte sich bereits vom letzten Bundespresseball des letzten Jahres. Auch Frau Katharina wurde dem Minister vorgestellt, der sogleich plumpe Komplimente von sich gab. Das anschließende Gespräch drehte sich um die atomare Aufrüstung und die Stellung der Bundesrepublik als Atommacht und die atomare Abschreckung. Auf die Frage Augsteins, ob Strauß dafür die Verantwortung übernehmen würde, erklärte sich Strauß bereit, auch den roten Knopf zu drücken. Augstein zeigte deutlich seine Missbilligung gegenüber den Plänen des Ministers und Straß verließ wutentbrannt und zornig mit den Worten „Saubande“ die Villa. Nun hatte Augstein einen Feind mehr.

Augstein mit Willy Brandt, 1970