Professor Zamorra 1156 - Michael Breuer - E-Book

Professor Zamorra 1156 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Auf Haiti wurde Zamorra mit dem Mysterium konfrontiert, dass offenbar mehr Stern-Amulette existieren, als er je für möglich gehalten hat. Noch immer weiß er nicht, was es damit auf sich hat - und was sie vermögen ...

In seinem neuen Fall stößt er erneut auf einen von "Merlins Sternen": Bei einer Séance kommt es zu einem grausigen Zwischenfall, und die Teilnehmer finden sich plötzlich
Gefangen im Totenhaus.

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EPUB

Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Gefangen im Totenhaus

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Razvan Ionut Dragomirescu / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6862-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Gefangen im Totenhaus

von Michael Breuer

Hermann Lenske blickte sich unbehaglich um.

In der kleinen Eingangshalle des Herrenhauses war es trotz der sommerlichen Außentemperaturen deutlich frisch.

Grabeskälte, dachte er unwillkürlich, aber irgendwie passte das ja zu dem alten Kasten.

Aus einem Nebenzimmer trat eine kahlköpfige Gestalt in die Halle und nickte Lenske zu.

»Da sind Sie ja endlich«, sagte er nicht sonderlich freundlich. Er musterte Lenske von oben bis unten, bevor er abschätzig anfügte: »EinenTotenbeschwörerhabe ich mir immer anders vorgestellt …«

Lenske räusperte sich und zog das Hemd über der Brust straff, bevor er antwortete. Er war ein hagerer Mann Mitte vierzig. Sein Gesicht zeigte scharfe, raubvogelartige Gesichtszüge. Die Augen waren tief in den Schädel zurückgesunken.

»Ich bin ein Medium«, korrigierte er mit leidenschaftsloser Stimme, »kein Totenbeschwörer!«

Lenske streckte die Hand aus.

»Paul Manteau, nehme ich an?«, fragte er.

Der Vierschrötige griff zu und schüttelte Lenskes Hand. Dieser hatte das Gefühl, der andere würde ihm die Finger zerquetschen.

»Ganz recht«, sagte Manteau. »Hören Sie, Lenske, ich habe keinen blassen Schimmer, warum mein geschätzter Vater in seinem Testament auf eine Séance bestanden hat, aber lassen Sie uns den Quatsch schnell hinter uns bringen, damit wir alle wieder nach Hause können! Der alte Kasten hier entspricht nicht ganz meinem Standard, und ich habe keine große Lust, hier übernachten zu müssen!«

Das ging Lenske allerdings ganz genau so. Er fröstelte immer noch.

Als Manteau bemerkte, dass er fror, ließ er ein leises Lachen hören. Plötzlich wirkte er etwas freundlicher.

»Kommen Sie erstmal rein und trinken was«, sagte er. »Der Schuppen ist der reinste Kühlschrank. Ein kleiner Schnaps wird Ihre Lebensgeister schon wieder in Schwung bringen!«

Das hoffte Lenske. Dankbar nickte er und folgte dem Vierschrötigen. Der durchquerte die Eingangshalle und führte den hageren Gast in einen Nebenraum.

Während Lenske ihm folgte, dachte er zurück.

Vor zwei Tagen war der Deutsche in seiner Heimat Hannover telefonisch kontaktiert worden. Ein französischer Notar wollte ihn anheuern, um in einem Nest im Elsass eine Séance durchzuführen. Dafür bot er ihm einen fünfstelligen Betrag an.

Lenske war im ersten Moment sprachlos gewesen. Dass sich seine Tätigkeit als Medium bis nach Frankreich herumgesprochen hatte, schien ihm schon unglaublich genug. Aber die fürstliche Entlohnung ließ ihn kurzzeitig blass werden.

Natürlich hatte er das Angebot sofort angenommen und sich auf den Weg in das Elsass gemacht. Das Ziel seiner Reise war ein Fünfhundert-Seelen-Ort namens Berkoff. Das Dorf lag unweit der deutsch-französischen Grenze.

Die Séance sollte im Rahmen einer Testamentseröffnung stattfinden. Der Verstorbene war ein gewisser Sebastian Manteau. Zu Lebzeiten war er steinreich gewesen. Aber genutzt hatte es ihm nichts. Der Schnitter hatte auch ihn nicht verschont, natürlich nicht.

Laut dem Notar waren sämtliche Familienmitglieder des Toten in Marsch gesetzt worden, um sich ebenfalls in Berkoff einzufinden.

Lenske seufzte innerlich. Er konnte sich schon lebhaft vorstellen, was ihn da für eine Bande von Erbschleichern erwartete!

Er hütete sich jedoch, sich seine Gefühlsregungen anmerken zu lassen. Dazu war er zu sehr Profi.

Vor seiner Abreise hatte sich Lenske über die Familie des Verstorbenen informiert. Er wusste gern, mit wem er es zu tun hatte. Sonderlich sympathisch schien ihm niemand der Hinterbliebenen zu sein.

Aber das konnte auch täuschen. Lenske war entschlossen, seinen Auftrag vorurteilsfrei anzugehen.

Paul Manteau führte ihn in ein großes Konferenzzimmer. Hohe Bücherborde reichten bis zur Decke, und unwillkürlich lächelte Lenske ein wenig. Gerne hätte er die Zeit gehabt, sich hier genauer umzusehen, aber das würde ihm wohl verwehrt bleiben. Er liebte die Welt des gedruckten Wortes. Er bevorzugte die Stille, die das Lesen mit sich brachte. Die Gesellschaft anderer Menschen mit ihrem unaufhörlichem Geschwätz war ihm zuwider.

Das lag vornehmlich in den Stimmen begründet, die Lenske tagtäglich hörte. Die Stimmen der Toten waren in seinem Kopf wie ein dumpfes Hintergrundrauschen, das niemals verstummte.

Manchmal verfluchte Lenske seine Gabe, aber er hatte gelernt mit ihr zu leben und sie in klingende Münze umzusetzen.

Der Deutsche ließ den Blick weiter durch den Raum schweifen.

An einem großen runden Eichenholztisch saß ein schlanker Mann mit grau meliertem Haar. Als er Lenske und Manteau erblickte, erhob er sich umgehend und ging den beiden Männern entgegen.

»Schön, dass Sie es geschafft haben«, begrüßte er das Medium und schüttelte ihm die Hand. »Kylian Roux mein Name, wir haben miteinander telefoniert. Ich bin der Notar.«

»Angenehm«, antwortete Lenske. Er musterte Roux von oben bis unten. Er trug einen schwarzen Anzug und wirkte durchaus seriös. Den Eindruck hatte Lenske schon am Telefon gehabt.

Der Deutsche bildete sich einiges auf seine Menschenkenntnis ein, wusste jedoch, dass er auch durchaus falsch liegen konnte.

»Möchten Sie etwas trinken, bevor wir anfangen?«, fragte Monsieur Roux freundlich. Ohne die Antwort abzuwarten, begab er sich zu einem kleinen Servierwagen, auf dem Getränke bereitstanden. »Einen Whiskey vielleicht?«, fügte der Notar an und hob eine Karaffe mit bernsteinfarbenem Inhalt.

»Sehr gern«, antwortete Lenske.

Während der Notar ein Glas füllte, wandte er sich wieder an Manteau. »Holen Sie doch bitte die anderen, Paul«, bat er ihn. »Ich bin sicher, wir alle wollen das so schnell wie möglich hinter uns bringen.«

Paul Manteau lachte heiser auf.

»Das können Sie laut sagen«, antwortete er. »Gießen Sie mir ruhig auch einen ein«, bat er dann. »Ich glaube, anders überstehe ich den Mumpitz nicht!«

Offenbar steht der gute Mann der Welt des Übernatürlichen ein wenig skeptisch gegenüber, dachte Lenske.

Manteau entfernte sich und verschwand in den Tiefen des Hauses, um den Rest seiner Familie zusammenzutrommeln.

Lenske blickte ihm kurz hinterher, als ihn die Stimme des Notars aus seinen Gedanken riss.

»Ihr Whiskey, Monsieur«, sagte er und hielt ihm das gefüllte Glas hin.

»Danke sehr«, antwortete Lenske. Vorsichtig nippte er an der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Es handelte sich um einen durchaus erlesenen Tropfen.

Der Deutsche spürte, wie die Augen des Notars auf ihm ruhten.

»Ich fragte mich, ob Sie Ihrem Ruf wohl gerecht werden, Monsieur«, sagte er. Das leutselige Lächeln war von den Lippen des Notars verschwunden. Ernst blickte er das Medium an.

Hermann Lenske lächelte knapp. Plötzlich fühlte er sich unbehaglich.

»Nun, ich nehme an, Sie werden sich gründlich informiert haben, bevor Sie mir den Auftrag erteilt haben, oder?«, fragte er. »Dann sollten Sie eigentlich wissen, dass ich kein Betrüger bin. Meine Verbindungen ins Reich des Paranormalen sind keine Fantasterei.«

Monsieur Roux nickte langsam. Für den Augenblick schien er befriedigt zu sein.

»Das hoffe ich«, erwiderte er. »Es wäre eine Sünde, wenn wir heute alle umsonst hierhergekommen wären …«

Die dunklen Augen des Notars funkelten. In seinem Blick konnte Lenske deutlich lesen, dass er sich bei der anstehenden Séance besser anstrengen sollte. Mit dem Mann war nicht zu spaßen, das spürte er.

***

Nach scheinbar endlosen Minuten kehrte Paul Manteau in Begleitung der übrigen Hinterbliebenen in den Konferenzraum zurück. Rasch füllte sich das große Zimmer.

Lenske hatte Mühe, sich die zahlreichen Namen zu merken. Er versuchte es auch gar nicht erst.

Die Gesichter zogen an ihm vorüber. Paul Manteau stellte ihm seine Frau und seinen jüngeren Bruder vor. Der Rest der anwesenden Personen verschwamm vor Lenskes Augen zu einer anonymen Masse.

Für seine Aufgabe war es auch nicht wichtig, sich weiter mit der Verwandtschaft des Verstorbenen zu beschäftigen.

»Da wären wir also alle miteinander«, verkündete Monsieur Roux. Das leutselige Lächeln war auf seine Lippen zurückgekehrt. »Nehmen wir doch Platz! Wir wollen keine unnötige Zeit verschwenden …«

»Da haben Sie völlig recht«, ließ sich Paul Manteau polternd vernehmen. »Mir geht dieser okkulte Mumpitz ganz fürchterlich auf den Zeiger!«

Er nickte Lenske zu. »Ziehen Sie endlich Ihr Ding durch, dann wird das Testament verlesen, und anschließend freuen wir uns unseres Lebens!«

Der Deutsche wechselte einen Blick mit Roux. »Das Testament des Verstorbenen ist noch gar nicht eröffnet worden?«, fragte er neugierig. Am Telefon hatte sich der Notar geheimnisvoll gegeben und versprochen, die Details vor Ort bekanntzugeben.

»In der Tat«, bestätigte Monsieur Roux. »Der letzte Wille von Sebastian Manteau sieht vor, dass zunächst eine Séance durchgeführt wird. Erst dann wird das Testament verlesen.«

Das Lächeln des Notars verbreiterte sich, als er sich an die übrigen Anwesenden wandte. »Dann werden Sie erfahren, was Sie erben werden. Vorausgesetzt, der selige Monsieur Manteau hatte überhaupt etwas zu vererben …«

Ein Kichern schloss sich an, das in Anbetracht der Situation völlig unpassend war. Lenske war der merkwürdige Notar zunehmend unsympathischer.

Dass Sebastian Manteau etwas zu vererben hatte, stand für den Deutschen außer Frage. Der alte Mann war der Patriarch einer Industriellen-Familie gewesen und musste zu Lebzeiten ein ordentliches Vermögen angehäuft haben. Ob er dies seinen Söhnen hinterlassen hatte, würde sich freilich bald zeigen.

Lenske hielt es durchaus für möglich, dass sich der Verstorbene einen bösen Scherz mit seinen Nachfahren erlaubt und seine Reichtümer anderweitig vererbt hatte. In dem Fall würde ihnen nur der Pflichtteil bleiben. Allerdings würde auch der nach französischem Recht nicht zu knapp ausfallen.

Der Deutsche blickte in die Runde. Er hielt es ebenfalls für unangebracht, weitere Zeit zu verschwenden. Lenske fühlte sich unwohl und bereute in seinem Herzen schon, den Auftrag angenommen zu haben. Die Atmosphäre in dem Haus machte ihn frösteln.

»Also schön, wollen wir?«, fragte er.

Die Anwesenden nickten.

Erst jetzt bemerkte Lenske, dass sich mit ihm und dem Notar genau dreizehn Personen im Raum befanden.

Dreizehn sind des Teufels Dutzend, dachte er unbehaglich und hoffte, dass die Zahl kein böses Omen darstellte.

»Bitte sehr«, erklärte Monsieur Roux und rückte einen Stuhl zurecht, damit Lenske Platz nehmen konnte.

»Vielen Dank«, erwiderte das Medium. Erst nachdem er sich gesetzt hatte, nahmen auch die übrigen Anwesenden ihre Plätze ein.

Rechts von Lenske hatte Paul Manteau Platz genommen, der dem Deutschen von der Seite aus immer wieder skeptische Blicke zuwarf. Der Notar saß Lenske genau gegenüber. Er musterte den Deutschen interessiert, als sei er höllisch gespannt darauf, wie die Séance wohl verlaufen würde.

Lenske beschloss, auf weitere Vorbereitungen zu verzichten, sondern gleich ans Eingemachte zu gehen. Je eher sie das hier hinter sich brachten, umso besser!

»Ich nehme an, ich muss niemanden hier erklären, was eine Séance ist«, sagte Lenske und blickte in die Runde.

Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort.

»Sehr schön«, fuhr er fort, »dann fassen Sie sich jetzt bitte an den Händen! Wir schließen jetzt den magischen Kreis. Dieser darf nicht durchbrochen werden, solange die Séance andauert. Wenn wir uns loslassen, verlieren wir die Verbindung zur anderen Seite, und damit wäre niemandem gedient.«

Dass es auch durchaus gefährlich sein konnte, den magischen Kreis zu früh aufzuheben, erwähnte Lenske nicht. Er wollte die übrigen Anwesenden nicht beunruhigen.

Die Kontaktaufnahme mit dem Totenreich war immer mit Gefahren verbunden, das wusste er nur zu gut. Wenn die Präsenz eines Verstorbenen zu mächtig war und er auf seine Hinterbliebenen nicht gut zu sprechen war, dann konnte die Situation leicht aus dem Ruder geraten.

Aber so weit wollte Lenske nicht denken. Er war ein durchaus kraftvoller, erfahrener Channel. Wenn sich Unregelmäßigkeiten zeigten, würde er die Situation zu handhaben wissen.

Jedenfalls hoffte er das.

Mit einem missmutigen Brummen legte Paul Manteau seine schwielige Hand in die des Deutschen. Freilich nicht, ohne dabei noch einmal ein leises »Mumpitz!«, hören zu lassen.

Auch der junge Mann, der zur Linken von Lenske saß, streckte jetzt die Hand aus. Es handelte sich um Pascal Manteau, einen der Neffen, wenn er sich recht erinnerte. Der Blick des Jungen flackerte. Er schien der ganzen Situation etwas respektvoller gegenüberzustehen.

Dann wollen wir mal, dachte Lenske. Der Deutsche schloss die Augen und konzentrierte sich, um die Verbindung zur anderen Seite herzustellen.

»Ich rufe Sebastian Manteau«, sagte er mit Grabesstimme. Seine Sinne tasteten hinaus ins Reich der Toten.

Es herrschte völlige Stille im Raum. Nur das leise Atmen der Anwesenden war zu hören. Das war auch gut so, denn nur so konnte Lenske seine Konzentration halten.

»Bist du dort draußen? Die Lebenden rufen nach dir!«

Lenske zuckte krampfartig zusammen, als er plötzlich eine Präsenz spürte. Seine Unterlippe begann zu zittern. Er wollte erneut sprechen, unterließ es dann aber. Erst wollte er herausfinden, womit er es zu tun hatte.

Und dann zuckte ein Schmerz durch den Schädel des Deutschen. Er fluchte in sich hinein. Jetzt erst begriff er, dass etwas ganz und gar nicht richtig lief.

Seine Finger krampften sich fester um die Hände seiner Sitznachbarn.

Verdammt, dachte er.

Er wusste nicht genau, mit wem er in Kontakt getreten war, aber er war sich ziemlich sicher, dass es nicht Sebastian Manteau war.

Irgendetwas läuft hier ganz furchtbar schief!

Wider besseren Wissens wollte Lenske die Verbindung lösen und den magischen Kreis durchbrechen, aber es war ihm nicht möglich. Er fühlte sich wie eingefroren.

Der ihm gegenübersitzende Monsieur Roux öffnete den Mund. Lenske nahm seine Worte wie durch einen dichten Nebel wahr.

»Hörst du uns?«, fragte der Notar und blickte gespannt gen Decke. »Haben wir eine Verbindung?«

Niemand im Raum schien wahrzunehmen, wie sich Lenske fühlte.

Der Deutsche spürte immer stärkere Schmerzen. Ihm schien, als würde etwas in ihm langsam zerreißen. Gleichzeitig nahm er eine uralte, böse Präsenz wahr, die ihn zu verschlingen drohte.

Lenske biss sich in die Unterlippe. Er hatte das Gefühl, ihm müsse jeden Moment der Schädel platzen. Der Druck in seinem Kopf wurde immer stärker.

Und dann platzte er tatsächlich …

***

Hannover.

Sanja stand vor dem Badezimmerspiegel und betrachtete kritisch ihr Äußeres. Sie blickte in das Gesicht einer achtundzwanzigjährigen Frau mit hohen Wangenknochen und dunklen Augen. Die blaue Kurzhaarfrisur verlieh ihr etwas Burschikoses, aber damit konnte sie leben. Lediglich ihr Teint gefiel ihr nicht. Ihre Haut wirkte wie immer ein wenig käsig.

Ich sollte mehr an die Sonne gehen, dachte sie nicht zum ersten Mal.

Sanja drehte den Wasserhahn auf und formte die beiden Handteller zu einer Schüssel, um sich gleich darauf die kalte Flüssigkeit ins Gesicht zu spritzen.

Es fühlte sich an wie kleine Nadelstiche, aber das Wasser weckte Sanjas Lebensgeister.

Gleich darauf blickte sie etwas wacher in die Welt.

Ehe Sanja jedoch ihre Körperpflege fortsetzen konnte, klingelte im Nebenraum urplötzlich das Telefon.

Sie verzog das Gesicht.

»Wer will denn um die Zeit schon was?«, brummte sie. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, den Apparat einfach klingeln zu lassen, entschied sich jedoch dagegen.

Wenn es ein Kunde war, konnte sie nicht auf ihn verzichten!

Sanja streckte ihrem Spiegelbild noch einmal demonstrativ die Zunge heraus, dann wandte sie sich mit gekonntem Hüftschwung um und verließ das Bad.

Im Wohnzimmer angekommen, schnappte sie sich das Telefon. Das Display des Geräts zeigte »Unbekannter Anrufer« an, aber das war keine Überraschung. Die meisten Klienten zogen es vor, erst einmal anonym zu bleiben.

»Sanja LaMotte«, meldete sie sich. »Außersinnliche Dienstleistungen und Channeling! Wie kann ich Ihnen helfen?«