Professor Zamorra 1243 - Ian Rolf Hill - E-Book

Professor Zamorra 1243 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

"Dies ist die gar furchterregende Geschichte eines blutrünstigen Weibes, der Gräfin Erzsébet Báthory, die in ihrer Gier und Grausamkeit sechshundert junge Mädchen dahinschlachtete. Wie sie ihnen die Haut in Streifen vom Leibe peitschte, ihnen die Backen und Brüste blutig biss und ihr Fleisch mit Nadeln stach. Wie sie sie an den Beinen aufhängte und schächtete, um dann in ihrem Blute zu baden.
Vernehmet nunmehr die Mär von der Comtesse Sanglante, der Hyäne von Csejte, der blutigen Gräfin Erzsébet Báthory ..."


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Inhalt

Cover

Comtesse Sanglante – Herrin des Blutes

Leserseite

Vorschau

Impressum

Comtesse Sanglante – Herrin des Blutes

von Ian Rolf Hill

Dies ist die gar furchterregende Geschichte eines blutrünstigen Weibes, der Gräfin Erzsébet Báthory, die in ihrer Gier und Grausamkeit sechshundert junge Mädchen dahinschlachtete. Wie sie ihnen die Haut in Streifen vom Leibe peitschte, ihnen die Backen und Brüste blutig biss und ihr Fleisch mit Nadeln stach. Wie sie ihre Opfer im Froste mit eisigem Wasser übergoss, sie an den Beinen aufhängte und schächtete, um dann in ihrem Blute zu baden.

Vernehmet nunmehr die Mär von der Comtesse Sanglante, der Hyäne von Csejte, der blutigen Gräfin Erzsébet Báthory.

Der Keller dort im Schlosse verhüllt ein blut'ges Grau'n,

das ist der Schrecken größter allnächtlich zu erschau'n.

Dort steht ein Eisenkessel, gefügt gar fest und gut,

der wird zu Nacht gefüllet mit warmem Jungfernblut.

Die Burgfrau von Cseitha

Johann Nepomuk Vogl (1802 – 1866)

Der Wind pfiff über die karstigen Züge der Malé Karpaty, fing sich in den Mauern und Türmen der Burgruine und erzeugte ein klagendes Heulen, das sensiblen Gemütern mehr als einen Schauer über den Rücken zu jagen vermochte.

Nachts verirrte sich jedoch selten jemand in das Gemäuer, das auf der Kuppe eines Hügels oberhalb eines kleinen Dorfes thronte. Nicht weil die Einheimischen davor gewarnt hätten, sondern schlicht und ergreifend, weil es in der Dunkelheit kaum etwas zu sehen gab. Der Aufstieg war lang und beschwerlich, die Zufahrt durch eine Schranke gesichert.

Von der einst so stolzen, trutzigen Burg waren bloß noch Reste der Festungsmauern, zweier Türme und eines Gewölbekellers übrig geblieben.

Und genau dort begann die Luft zu knistern, als wäre sie elektrisch aufgeladen. Einen Herzschlag später wurde sie durcheinandergewirbelt. Wie aus dem Nichts materialisierten sechs Personen in der Dunkelheit.

Vier Frauen und zwei Männer.

Das Pärchen, das neben einem hageren Mann mit asketischen Zügen stand, krümmte sich unter heftigen Krämpfen. Die Frau im schwarzen Lederoverall mit weißem Bolerojäckchen stützte sich am schroffen Mauerwerk ab, während sich ihr Begleiter vornüberbeugte, die Hände auf die Oberschenkel gestützt, als müsse er sich übergeben.

Er trug eine schwarze Lederjacke, Jeans und einen dünnen Pullover.

Der Hagere trat an ihn heran. »Geht's wieder?«

Der Mann nickte stumm.

»Ich hätte mir eine Kotztüte mitnehmen sollen«, sagte die Frau dagegen. Sie richtete sich auf, drückte den Rücken durch und atmete tief in den Bauch. »Verflucht und zugenäht, Dalius. Kannst du nicht einen Weg finden, damit sich der zeitlose Sprung mit dir nicht jedes Mal so anfühlt, als wäre man gerade von einer Panzerhornschrexe plattgewalzt worden?«

Die Andeutung eines spöttischen Lächelns erschien auf den strichdünnen Lippen des Hageren. »Damit ihr mich jedes Mal kontaktiert, wenn die Silbermond-Druiden verhindert sind? Ich bin doch kein Taxiunternehmen.«

In Nicoles Augen funkelten goldene Tüpfelchen. »Du entwickelst in letzter Zeit einen seltsamen Sinn für Humor. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann.«

Er zuckte mit den Achseln. »Uskugische Magie verträgt sich nun mal nicht mit menschlicher Physiologie.«

»Wir hätten die Kinder zu Hause lassen sollen, dann hätten wir bequem per Vampir-Express reisen können«, meldete sich nun der andere Mann zu Wort, bei dem es sich um keinen Geringeren als Professor Zamorra handelte, Parapsychologe und Dämonenjäger in Personalunion.

»Wen nennst du hier Kinder?«, rief eines der beiden Mädchen, die neben einer schlanken, hochgewachsenen Frau standen. Sie trug ein tief ausgeschnittenes blutrotes Kleid, das sich wie eine zweite Haut an ihren alabasterfarbenen Leib schmiegte und einen hohen Stehkragen aufwies.

»Dich!«, schnauzte Nicole die Sprecherin an, die von kräftiger Statur war. Ihre kurzen blauschwarzen Haare schimmerten wie das Gefieder eines Raben.

Auch sie trug eine schwarze Lederjacke über einem T-Shirt der deutschen Band RAMMSTEIN. Ein kurzer Rock, nietenbesetzter Gürtel, quergestreifte Leggins und Biker-Boots komplettierten das Outfit.

»Oh, okay«, erwiderte Lucia und wandte sich ihrer Freundin zu, einem schüchternen Mädchen, deren Gesichtszüge ihre mongolische Herkunft verrieten. »Dicke Luft!«, wisperte sie und deutete auf Nicole.

Elayna kicherte.

Lucia drehte sich um und zuckte zusammen, als sie die bleichen Knochen auf der Folterbank liegen sah.

»Iiih, ein Skelett!«

»Das ist bloß eine Attrappe«, erwiderte die Frau im blutroten Kleid, und seufzte theatralisch. »Eine Schande, wenn das eigene Leben auf eine plakative Ansammlung von Gräueltaten reduziert und als Vorlage für Schundfilme auf Geisterbahn-Niveau reduziert wird.«

»Wenn ich Zeit habe, bedaure ich Sie«, entgegnete Nicole Duval.

»Also ich fand July Delpys Version gar nicht schlecht«, sagte Zamorra.

Die bleiche Dame lächelte geheimnisvoll. »Ausnahmen bestätigen die Regel, werter Professor. Zum Glück leben wir in Zeiten, in denen man durch gut platzierte Publicity mehr bewirken kann, als durch sämtliche Därme der Aristokratie zu kriechen.«

»Mich dünkt, ich muss speien.« Nicole besaß schon immer eine bildhafte Vorstellungskraft.

Zamorra dagegen hatte andere Sorgen. »Moment mal, soll das bedeuten, dass Sie an der Produktion beteiligt gewesen waren?«

Die Frau im roten Kleid lächelte kryptisch, wandte sich ab und eilte auf die Treppe zu. Bleiches Mondlicht sickerte die Stufen hinab und bildete einen bläulich-silbrigen Teppich, über den sie stolz erhobenen Hauptes schritt.

Zamorra und seine Gefährten folgten ihr langsamer, wobei es sich Lucia nicht nehmen ließ, von dem Gerippe noch ein paar Schnappschüsse für Instagram zu machen.

»Willkommen auf Burg Csejte!«, rief Lisa de Somlyó et Esced, besser bekannt als Elisabeth Báthory, die Blutgräfin.

»Wieso denn Csejte?«, fragte Lucia mit gefurchter Stirn. »Zamorra sagte, die Burg und das Dorf hießen Čachtice.«

Lisa Esced ließ die Arme, die sie in einer besitzergreifenden Geste ausgebreitet hatte, sinken und wandte sich der jungen Frau zu.

»O gewiss, liebste Lucia. Čachtice ist die slowakische Bezeichnung. Aber vergiss nicht, dass die Slowakei zu meiner Zeit noch Teil des Königreiches Ungarn gewesen ist und von den Habsburgern regiert wurde. Im Ungarischen hießen das Dorf und diese Burg Csejte, so wie ich Erzsébet.«

»Comtesse Sanglante.«

»Du hast deine Vokabeln gut gelernt«, bemerkte Lisa de Somlyó.

Lucia zuckte mit den Achseln und hob das Handy. »Können wir ein Selfie machen?«

Die ehemalige Blutgräfin beugte sich vor, bis ihr Gesicht dicht vor dem des Mädchens schwebte. Die blutrot geschminkten Lippen teilten sich und entblößten zwei überlange Hauer.

»Ich fürchte, auf deinem Foto würde nicht viel zu sehen sein.« Zärtlich strich sie über Lucias Wange. »Wie schön du bist«, hauchte sie.

Mit dieser Aussage brachte sie das pummelige Mädchen offenbar aus dem Konzept. Lucia hatte ja schon einiges über sich gehört, aber noch nie, dass sie schön sei. Außer vielleicht von Nicole, doch das zählte nicht. Die war ihr gesetzlicher Vormund, ihre Freundin, sie musste so etwas sagen.

»Du bist so lebendig, so prall.«

»Äh, ja, prall bin ich wirklich.«

»Ich kann dein Blut riechen.«

»Oh, das liegt vermutlich an meiner Periode. Ich ... AUTSCH!« Lucia zuckte zurück und starrte die Vampirin entgeistert an. »Haben Sie mich gerade wirklich in die Backe gekniffen?«

Empört rieb sie sich die Wange.

Lisa de Somlyó lachte leise, erhob sich und blickte sich um. »Dieser Ort birgt Erinnerungen, mein Kind. Gute wie schlechte. Manchmal kommt es mir vor wie das Echo eines früheren Lebens.«

»Genau genommen stimmt das ja auch«, bemerkte Dalius. »Ist immerhin schon vierhundert Jahre her. Und damals warst du noch ein Mensch.« Er trat neben sie und gemeinsam ließen sie ihre Blicke an der Mauer des Hauptturmes emporgleiten.

»Der Ansicht waren damals nicht alle.«

Er nickte gedankenverloren.

»Ich störe eure traute Zweisamkeit ja nur höchst ungern«, sagte Nicole. »Aber wir sind ja wohl kaum für eine Besichtigung hergekommen. Sie meinten, die Rückführung würde am Ort des Geschehens leichter fallen.«

»So ist es ja auch.«

»Dann bitte!«, sagte die Dämonenjägerin. »Führen Sie uns zurück! Zeigen Sie uns, wie es wirklich gewesen ist. Wie aus Elisabeth Báthory die gefürchtete Comtesse Sanglante wurde, die blutige Gräfin.«

»Ähm, würdet ihr uns entschuldigen?«

Lucia hatte sich mit Elayna von ihrer Gastgeberin zurückgezogen. Das Unbehagen stand ihr ins Gesicht geschrieben. Nicole konnte es ihr nicht verdenken. Sie hegte selbst eine tief verwurzelte Abneigung gegen Vampire im Allgemeinen, speziell aber dieser Person gegenüber, die immerhin versucht hatte, Lucia das Blut abzuzapfen und sie zu manipulieren, um ihren Erzfeind Bahadur Khan zu vernichten.

Hinzu kam, dass Lucia und Elayna einige höchste verstörende Dinge in Madame Esceds Blutschule erlebt hatten, in der das Mädchen aus der Mongolei noch immer untergebracht war.

»Wo wollt ihr denn hin?«, erkundigte sich Zamorra.

Lucia schürzte die Unterlippe. »Nur ein wenig spazieren gehen.«

»Haltet ihr das für eine gute Idee?«

»Was soll denn schon passieren?«

Er warf einen knappen Blick auf die Blutgräfin. »Man kann nie wissen ...«

»Keine Sorge, den Mädchen wird nichts geschehen«, versicherte Madame Esced, und Nicole war geneigt, ihr zu glauben. Außerdem hatte sie zwischen Lucia und Elayna etwas bemerkt, dass Zamorra offenkundig entgangen war.

Dabei war es doch so offensichtlich wie die Nase in seinem Gesicht.

»Da hörst du es. Du magst es vielleicht nicht wahrhaben wollen, aber ich bin mittlerweile volljährig und kein Kind mehr.« Für einen Moment klang sie wütend und verletzt, fing sich jedoch rasch wieder. »Außerdem stünden wir euch doch sowieso nur im Wege.« Der letzte Satz war eine reine Feststellung gewesen, ohne die geringste Kränkung.

Nicole war stolz auf Lucia. Der Aufenthalt im Château Montagne, vor allem aber der Unterricht bei Gyungo, trugen unverkennbar Früchte. Sie machte sich eine gedankliche Notiz, das Lucia gegenüber bei nächster Gelegenheit zu erwähnen.

»Sie hat recht, Zamorra.«

»Schon gut, schon gut«, beschwichtigte er rasch. »Viel Spaß euch beiden.«

»Werden wir haben!« Lucia lächelte Elayna zu.

Hand in Hand schlenderten sie den sandigen Pfad hinunter, der sich zwischen den Mauern verlor.

»Zieh nicht so ein Gesicht, Zamorra«, rügte Nicole ihren Gefährten. »Du magst es vielleicht vergessen haben, aber nicht an jeder Ecke lauern Dämonen und Untote.«

»Hast du das gesehen, Ján? Da war doch ein Licht!«

Lýdia Vargová zog die Schultern hoch und fröstelte. Das Kribbeln im Bauch, hervorgerufen durch Jáns Nähe und den Nervenkitzel des Verbotenen, verwandelte sich schlagartig in ein drückendes Gefühl von Furcht.

Allein bei dem Gedanken, es zwischen den Mauern jener Burg zu treiben, in der vor über vierhundert Jahren die blutige Gräfin Erzsébet Báthory gewütet hatte, war sie vor Lust erschauert.

Jetzt aber, mitten in der Nacht, im Licht des Vollmonds, sah die Sache schon ganz anders aus.

Plötzlich hatte sie Angst vor der eigenen Courage bekommen. Die Abenteuerlust war der Siebzehnjährigen mit einem Schlag vergangen.

Und dann hatte sie das gespenstisch fahle Licht durch die Kronen der Bäume, die den Pfad zur Ruine hinauf säumten, erspäht. Genau zwischen den Mauern der alten Burg, die jedes Jahr Tausende von Besuchern aus aller Herren Länder anlockte.

Lýdia blieb stehen, entzog sich der Hand ihres Freundes und schlang die Arme um die Brust, die sich in den letzten Jahren üppig entwickelt hatte und die Blicke der Männer anzog wie ein Magnet das Eisen. Ihre Freundin Marina war der Ansicht, dass sie der einzige Grund seien, warum sich der acht Jahre ältere Ján für sie interessierte. Lýdias Meinung nach war Marina bloß eifersüchtig, dass sie noch keinen Freund gehabt hatte und immer noch Jungfrau war.

Das war Lýdia schon lange nicht mehr. Sie hatten es bereits mehrfach getan. Bei Ján zu Hause, auf dem Rücksitz seines alten Volvo und sogar hier, im Kassenhäuschen neben der Schranke, die den Parkplatz von der Straße trennte, welche sich in Serpentinen hinauf zur Burgruine schlängelte.

Als Aufseher und Kontrolleur besaß er einen Schlüssel zu dem winzigen Bretterverschlag.

Nur für die Burg selber nicht, die in der Nacht mit einem Eisengitter vor unbefugtem Eindringen geschützt wurde, aber er kannte genug Schleichwege, und mit ein wenig Geschick konnte man leicht über die Mauern hinwegklettern.

»Da ist nichts!«, behauptete Ján. Er war bereits ein paar Schritte weitergegangen und drehte sich jetzt zu Lýdia um. Sein Gesicht schimmerte wie ein bleicher Fleck in der schummerigen Finsternis.

»Aber ich hab es doch genau gesehen.«

»Wer sollte denn hier bitte schön Licht machen?«

»Vielleicht ... vielleicht sind ja noch andere hier.«

»Welche anderen?«

»Na ja, andere halt, die ... dasselbe tun wollen.« In Wirklichkeit fürchtete sie sich viel mehr vor irgendwelchen Satanisten, die dort zwischen den Mauern unheilige Riten veranstalteten. Und plötzlich musste sie wieder an Marinas Warnungen denken. Sie hatte Ján einen Loverboy genannt, einen Jungen, der Mädchen wie sie ausnutzte, um sie irgendwann für sich anschaffen zu lassen.

Nur was, wenn es noch viel schlimmer war? Wenn er ein Teufelsanbeter war, der dem Satan ein Opfer darbringen wollte? Eine blutjunge Frau wie sie eine war.

»Das ist doch Quatsch«, sagte er mit einem ungeduldigen Unterton in der Stimme. »Los, komm weiter!«

»Wollen wir nicht lieber woandershin?« Sie drehte sich zu dem Kassenhäuschen um, das wenige Meter hinter ihnen als schwarzer Kasten im Schatten der Bäume stand, die wie Gerippe bizarrer Monster über ihnen aufragten. »Wir könnten doch hierbleiben!«

Es war ein Kompromiss, denn am liebsten wäre sie auf der Stelle nach Hause gefahren.

Aber dazu brauchte sie Ján, der sie aus dem acht Kilometer entfernten Nové Mesto nad Vádhom abgeholt hatte.

Für einen Augenblick stand er wie erstarrt auf dem Fleck. Sie fürchtete bereits, dass er wütend werden und sie anschreien würde, doch schließlich zuckte er mit den Achseln und seufzte.

»Von mir aus. Wenn es dir dann besser geht!«

Er ging auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen, hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Sie roch den Duft seines Haargels und spürte die Bartstoppeln auf der Haut. Der Knoten in ihrem Magen löste sich auf und wich einem wohligen Schauer, als sie daran dachte, dass die Stoppeln gleich noch ganz woanders kratzen würden.

Seine Rechte glitt über ihren Körper, legte sich auf ihre linke Brust, die er durch den Stoff des Tops massierte. Mit der anderen nahm er ihren Arm und dirigierte die Hand in Richtung seines Schritts, der deutlich angeschwollen war.

»Lass uns ins Häuschen gehen«, wisperte sie.

»Okay«, flüsterte er rau, und zerrte sie förmlich hinter sich her. Offenbar konnte er es mal wieder nicht erwarten.

So viel zum Vorspiel, dachte sie. Vermutlich hätte es den Aufwand zur Ruine hinauf zu kraxeln gar nicht gelohnt. Sie warf einen letzten Blick über die Schulter, konnte aber nichts erkennen. Vielleicht hatte sie sich ja doch bloß getäuscht.

Egal, die Ruine lief ihnen ja nicht weg. Da konnten sie auch ein anderes Mal hingehen.

Plötzlich zuckte sie zusammen. Ein Schatten war über die Bäume geglitten. Schnell und lautlos.

Ein Vogel?

Wenn ja, dann ein verdammt großer. Vielleicht eine Eule? Lýdias Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie überlegte, ob sie Ján darauf ansprechen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie wollte ihn nicht noch mehr nerven. Sie war ja schon froh, dass er ihretwegen auf das Stelldichein in der Burgruine verzichtete.

Ján ließ ihre Hand los und zog den Schlüsselbund aus der Hosentasche. Er öffnete das Vorhängeschloss an der Tür und zog sie auf. Im Kassenhäuschen roch es immer ein wenig muffig. So wie auf einem alten Dachboden.

Die Einrichtung war spartanisch. Ein Drehstuhl mit zerschlissenem Schaumstoffpolster stand vor einem Brett, das als Tresen diente. An der hinteren Wand waren zwei Bohlen als Sitzbank angebracht, kaum breit genug um sich hinzulegen. Außerdem hatte sie keine Lust, sich noch irgendwelche Splitter einzufangen.

»Kannst du nicht eine Decke aus dem Auto holen?«, fragte sie zögernd.

Wieder seufzte er. »Auch das, mein Schatz. Auch das.« Er wandte sich ab, blieb aber noch einmal in der offenen Tür stehen. »Mach schon mal Licht, ja?«

Er drückte sich an ihr vorbei und verschwand im Dunkel der Nacht. Lýdia zog die Schultern hoch. Das Häuschen müffelte nicht nur, es war auch schweinekalt. Sie mochte gar nicht daran denken, was sich unter der Bank möglicherweise für Getier tummelte.

Lýdia ging vor dem Tresen in die Hocke und zog den Karton hervor, in dem sich nicht nur Handfeger und Kehrblech, sondern auch eine Petroleumlaterne befand, wie sie auch beim Camping benutzt wurde. Lýdia entzündete sie und fand es gleich viel behaglicher in der kleinen Hütte.

Sie zog das Haargummi aus ihrer Lockenpracht und schüttelte den Kopf, dass die Strähnen nur so flogen. Die würde sie nachher dringend auskämmen müssen.

Anschließend zückte sie das Handy und setzte sich auf die Pritsche, um auf Ján zu warten. Sie chattete ein wenig mit Marina, die natürlich versuchte, sie auszufragen. Bestimmt wäre sie jetzt gerne an Lýdias Stelle.

Nach fünf Minuten runzelte sie die Stirn.

Warum brauchte Ján eigentlich so lange? Er wollte doch nur eine Decke aus dem Auto holen?

Plötzlich musste sie an den Schatten denken, und die Furcht, die eben erst abgeflaut war, kehrte schlagartig zurück. Sie dachte daran, wo sie sich hier befand und was man sich über die Gräfin Báthory erzählte. Dabei wusste jedes Kind, dass die grausamen Geschichten reichlich übertrieben waren. Oder?

Was wenn doch mehr daran war? Was wenn die Gräfin mit dunklen Mächten im Bunde gestanden hatte und sie und ihre Helferinnen noch immer als blutgierige Gespenster ihr Unwesen trieben?

Unsinn, sagte sie sich. Jetzt fängst du auch noch an, an Vampire zu glauben. Wie alt bist du? Fünf? Reiß dich zusammen, sonst fasst dich Ján bald nicht mehr mit der Kneifzange an und tröstet sich womöglich tatsächlich mit Marina.

Ein Kratzen und Schaben über ihr auf dem Dach brachte die Gedanken ins Stocken. Wie Krallen, die über die gewellten Platten strichen. Lýdias Eingeweide verkrampften sich, der kalte Schweiß brach ihr aus.

Plötzlich ein dumpfer Schlag, gefolgt von einem rhythmischen Klopfen.