Projekt H.O.P.E. - Thomas Steiner - E-Book

Projekt H.O.P.E. E-Book

Thomas Steiner

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Beschreibung

PROJEKT H.O.P.E. Nach einer verheerenden Sonneneruption ist die Erdoberfläche tot. Die Menschheit hat sich in unterirdische Bunker gerettet – abgeschnitten von der Welt, voneinander und von der Natur. Dr. Anna Vellner, Botanikerin und Überlebende, ist Teil eines geheimen Projekts: H.O.P.E. – Hydroponic Operations for Planetary Emergence. Ziel war es einst, Leben auf fremden Welten zu ermöglichen. Nun soll es das Überleben unter der Erde sichern. Doch das System ist fragil – und Annas Gewissen schwer. Denn sie kennt die wahren Hintergründe von H.O.P.E., und ihr Schweigen hat Konsequenzen. Als sie dem Waisenkind Mira begegnet, beginnt sich etwas in ihr zu verändern. Während sie dem Mädchen das Wissen um Pflanzen, Kreisläufe und das Weitergeben von Leben vermittelt, wächst auch in Anna ein längst verlorenes Gefühl: Hoffnung. Doch je tiefer sie in die Schichten des Projekts vordringt, desto klarer wird: Die eigentliche Bedrohung lauert nicht draußen. Sondern in den Erinnerungen. Und in denen, die das Projekt nie aufgeben wollten.

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Seitenzahl: 89

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1 Neuanfang------------------------------4

Teil 2 Verbindung----------------------------38

Teil 3 Die Oberfläche------------------------70

Teil 4 Aufbruch-------------------------------97

PROJEKT H.O.P.E.

Autor: Thomas Steiner

Sci Fi Roman

Eine Trilogie

Band 1

Juni 2025

Teil 1 Neuanfang

Der letzte Himmel

Ich erinnere mich an den Geruch von Sonnenlicht.

Nicht an die Sonne selbst – sie ist längst ein Mythos geworden. Aber an das Gefühl, wenn Licht durch das Fenster fiel, warm und tröstlich, als könnte es alles Schlechte von der Haut waschen. Jetzt gibt es keine Fenster mehr. Nur Stahl, Finsternis und das Summen der Notstromaggregate – wenn sie überhaupt noch funktionieren.

Mein Name ist Anna. Ich war Wissenschaftlerin in einer geheimen Einrichtung unterhalb der Alpen. Ich sage war, weil nichts mehr so ist wie früher. Die Welt, wie wir sie kannten, ist zerbrochen in einem einzigen, glühenden Augenblick. Die Sonneneruption kam nicht überraschend – zumindest nicht für uns. Wir hatten die Anomalien registriert, Wochen zuvor. Die Daten waren eindeutig: etwas Gewaltiges bewegte sich auf uns zu. Doch Warnungen verhallten im Lärm der Politik, der Ignoranz, der Arroganz. Und ich… ich habe geschwiegen. Aus Angst? Vielleicht. Aus Pflicht? Vermutlich.

Als das Licht kam, war es schöner als alles, was ich je gesehen hatte. Ein letzter Tanz aus Farben und Feuer, bevor die Welt in Asche fiel. Dann kam der Stromausfall. Die Bildschirme wurden schwarz. Flugzeuge stürzten ab. Satelliten verglühten wie Sternschnuppen am Taghimmel. Die Erde verstummte.

Die Oberflächenstädte sind tot. Zu heiß, zu verseucht, zu gefährlich. Nur die, die sich rechtzeitig in die Tiefe retten konnten, leben noch. Wenn man das leben nennen kann. Ich bin eine von ihnen. Und ich trage ein Geheimnis in mir, das vielleicht der Schlüssel zur Rettung ist. Oder unser Untergang.

Ich arbeitete für das Projekt Helios. Offiziell existierte es nicht. In den Papieren der Regierung war es eine schwarze Nummer, ein Schattenbudget, irgendwo zwischen Raumfahrt und Energiepolitik versteckt. Tatsächlich ging es um etwas viel Größeres: die Vorbereitung auf einen solaren Superflare.

Sonneneruptionen sind nichts Neues. Die meisten verlaufen harmlos, ein wenig Nordlicht hier, ein Funkstörsignal da. Doch alle paar Jahrhunderte geschieht etwas Unvorhersehbares – ein sogenannter Carrington-Ereignis-Typ: ein Flare, stark genug, um das Magnetfeld der Erde aus dem Gleichgewicht zu bringen, Stromnetze zu zerstören, Technologie zu vernichten. Wir wussten, dass es wieder passieren würde. Die Frage war nur: wann?

Unser Ziel war es, ein Schutzsystem zu entwickeln – ein orbitales Netzwerk aus Ionenschilden, die sich bei Anzeichen einer massiven Eruption automatisch aktivieren sollten. Ich leitete das Spektrometrie-Team. Meine Aufgabe: Frühwarnung. Wir scannten ständig die Sonnenaktivität, berechneten Strahlungswerte, identifizierten koronale Massenauswürfe. Und genau das war das Problem.

Zehn Tage vor dem Ereignis registrierten wir eine massive Magnetfeldverzerrung in der Photosphäre der Sonne. Die Daten waren eindeutig: ein X45-Flare, der stärkste jemals aufgezeichnete. Ich meldete es an die Leitung – ein automatischer Bericht, klassifiziert als priorisiert, aber nicht als kritisch. Die Entscheidung, das Helios-System zu aktivieren, lag bei der Politik. Und die reagierte nicht.

Stattdessen wurde der Bericht als „wahrscheinlich fehlerhaft“ eingestuft. Interne

Kommunikationsprotokolle wurden eingefroren. Ich wurde in den Standby-Modus versetzt. Und dann – zwei Tage später – kam das Licht.

Es war, als hätte die Sonne selbst geschrien. Innerhalb von Minuten versagten weltweit Transformatoren, Hochspannungsleitungen gingen in Flammen auf. Flugzeuge stürzten vom Himmel. Alles mit einem Mikrochip: tot. Die Helios-Satelliten? Überhitzt, blind, funktionsunfähig.

Wir hatten das Richtige gebaut – aber niemand drückte den verdammten Knopf.

Manchmal wache ich nachts auf – wenn man in dieser ewigen Dunkelheit überhaupt von Nacht sprechen kann – und höre die Stimmen. Sie gehören nicht zu den Menschen, die noch hier unten mit mir leben. Sie gehören denjenigen, die ich im Stich gelassen habe.

Ich hätte mehr tun können. Ich hätte schreien, rufen, Alarm schlagen sollen. Ich hätte an Türen hämmern, Daten veröffentlichen, die Öffentlichkeit alarmieren können. Stattdessen… blieb ich stumm. Eine Wissenschaftlerin, erzogen zur Disziplin, gefangen in Vorschriften und Hierarchien.

Befehle befolgen.

Geheimhaltung wahren.

Keine Panik verbreiten.

Das hatten sie mir eingebläut. Und ich hatte es geglaubt.

Jetzt zahle ich den Preis. Zusammen mit Milliarden anderer.

Die Anlagen unter der Erde – ursprünglich für Forschung und Experimente gebaut – wurden in hektischen Wochen zu notdürftigen Zufluchtsorten umgebaut.

Alte Bunkeranlagen,verlassene Minen, die verfallenen Reste militärischer Komplexe aus dem letzten Jahrhundert. Nicht für langfristiges Überleben gedacht. Nicht dafür gebaut, eine Zivilisation zu tragen.

Unsere Vorräte an Lebensmitteln sind rationiert. Wasseraufbereitung funktioniert – meistens. Medizinische Versorgung? Kaum noch existent. Die alten Dieselgeneratoren, auf denen unser Leben basiert, laufen am Limit. Sobald der letzte Tropfen Treibstoff verbrannt ist, wird die Dunkelheit endgültig sein.Und ich – ich bin eine der wenigen, die wissen, was draußen passiert ist. Die die Daten hat. Die weiß, dass die Erde sich wieder beruhigen könnte – in Jahren vielleicht. Oder Jahrzehnten. Aber nur, wenn wir es bis dahin schaffen.

Jeden Tag fragen sie mich:

„Wann können wir wieder an die Oberfläche, Anna?“ „Wie lange müssen wir noch warten?“

„Gibt es Hoffnung?“

Und jeden Tag lüge ich ein bisschen mehr.

Unter der Erde

Wir leben in Kammern aus Beton und Metall, tief unter dem, was einmal blühende Städte waren.

Das unterirdische Forschungszentrum war nie für so viele Menschen gedacht. Eigentlich sollten hier nur einhundert Wissenschaftler und Techniker arbeiten. Jetzt drängen sich mehr als fünfhundert Überlebende in den engen Gängen. Familien, Kinder, Alte Gesichter, die nicht hier sein sollten.

Die Luft ist schwer von Schweiß und Angst. Jede Stunde wird das Rauschen der Belüftungslüftungen wichtiger, jede Flackerbewegung der Lampen gefährlicher.

Wir haben Hierarchien gebildet. Notgedrungen. Die Leitung des Bunkers hat Major Vaga übernommen – eine ehemalige Sicherheitschefin des Projekts. Sie spricht von Ordnung, Disziplin und dem „Erhalt unserer kleinen Gesellschaft“. Aber die Wahrheit ist: Sie regiert mit eiserner Hand.

Es gibt Regeln. Viele Regeln. Wer zu viel Wasser verbraucht, wird bestraft. Wer Vorräte stiehlt, verschwindet. Niemand fragt nach dem wohin.

Ich halte mich im Hintergrund. Ich bin zu wertvoll, um mich ganz zu ignorieren – als eine der wenigen Wissenschaftlerinnen, die noch Zugriff auf das alte Wissen hat. Aber ich bin auch gefährlich. Wer weiß, was ich sagen könnte, wenn ich reden würde.

Die Krankenstation ist ein einziger Albtraum. Krankheiten breiten sich aus – einfache Infektionen, früher leicht behandelbar, sind jetzt potenziell tödlich. Medikamente sind Mangelware. Jeder Husten, jedes Fieber wird mit panischer Angst beobachtet.

Immer wieder höre ich Gerüchte:

„Die Oberfläche soll sich langsam erholen.“

„Ein anderes Bunkerkomplex hat angeblich Kontakt aufgenommen.“

„Draußen gibt es noch Überlebende.“

Lügen, meistens. Oder Wunschträume.

In der Kantine, einem umfunktionierten Versammlungssaal, stapeln sich die Essensrationen: graue, geschmacklose Proteinwürfel, ergänzt durch das Wenige, was wir in Hydroponik-Gärten züchten können. Salat. Algen. Wurzeln.

Während ich in der Ecke sitze und an meinem dünnen Tee nippe, sehe ich die Blicke, die man mir zuwirft.

Fragen. Forderungen.

Hoffnung – oder Hass.

Sie wissen, dass ich etwas weiß. Sie spüren es.

Und irgendwann werden sie es fordern.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer in all dem Grau sind die Gärten.

Wir haben einen der ehemaligen Laborkomplexe umgebaut – eine Handvoll Räume, grell erleuchtet von Notlampen, bestückt mit allem, was wir retten konnten: Tanks, Rohre, Nährlösungen, Samen. Hydroponik – der Anbau von Pflanzen ohne Erde, nur mit Wasser und Nährstoffen – war ursprünglich nur ein Nebenprojekt, ein Experiment für Langzeitmissionen im All.

Jetzt ist es unser Überleben.

In langen Reihen wachsen Pflanzen in schmalen Rinnen. Ihre Wurzeln hängen frei im Wasser, das von Zeit zu Zeit durch ein Röhrensystem gepumpt wird. Der Strom dafür kommt von einem der ältesten Generatoren im Bunker – und jedes Mal, wenn er knatternd anspringt, hält irgendjemand den Atem an.

Wir haben gelernt, anspruchslose Sorten zu bevorzugen: Salat, Spinat, Mangold. Schnell wachsend, robust. Dazu Algenkulturen – sie sind nahrhaft und brauchen wenig Platz, auch wenn ihr Geruch manchmal unerträglich wird.

Ich helfe oft dort unten. Nicht aus Pflicht – sondern weil es ein Ort ist, an dem ich für einen Moment vergesse, was draußen passiert ist. Zwischen den schimmernden Blättern und dem rhythmischen Tropfen des Wassers fühlt sich das Leben fast… normal an.

Wir haben improvisiert, was wir konnten.

Kunststoffröhren aus dem Labor dienen als Pflanzbehälter.

Alte Lüftungsrohre transportieren Wasser.

Eine umfunktionierte Kühlanlage sorgt dafür, dass die Luftfeuchtigkeit konstant bleibt.

Licht ist unser größtes Problem. Ohne Sonne sind wir auf künstliche Beleuchtung angewiesen. Die Notstromlampen geben nicht das ideale Spektrum ab, aber es reicht. Noch. Wir haben Tests gemacht:

Pflanzen unter rein weißem LED-Licht wachsen langsamer, aber sie wachsen.

Manchmal stehen Kinder zwischen den Reihen und starren die Pflanzen an, als wären sie ein Wunder. Für sie sind sie es. Die meisten von ihnen haben draußen nie einen Baum gesehen, nie echte Erde unter ihren Füßen gespürt.

Und ich? Ich frage mich jeden Tag, wie lange wir dieses fragile Ökosystem aufrechterhalten können.

Denn eines ist klar:

Wenn das Licht einmal ausgeht, ist es nicht nur dunkel.

Dann sind wir wirklich verloren.

Ich kniete gerade neben einer der Rinnen und überprüfte die Wurzeln der Salatpflanzen, als ich kleine Schritte hinter mir hörte.

„Sind die echt?“ fragte eine leise Stimme.

Ich drehte mich um. Ein Mädchen, vielleicht sieben oder acht Jahre alt, stand da, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Ihr Haar war stumpf und verfilzt, ihre Kleidung zu groß und voller Flicken, aber ihre Augen – sie waren weit offen, neugierig.

„Ja“, sagte ich und lächelte schwach. „Sie sind echt.“

Das Mädchen trat näher, vorsichtig, als könnte sie die zarten Blätter mit ihrem Atem beschädigen.

„Ich hab noch nie echte Pflanzen gesehen“, sagte sie. „Nur auf den alten Bildern in der Schule. Da waren Bäume… und Wiesen… und Blumen.“

Ich schluckte. Bilder von einer Welt, die sie nie kennenlernen würde.

„Hier sind sie kleiner“, meinte ich. „Aber sie sind lebendig. Und wenn wir uns gut um sie kümmern, helfen sie uns.“

Das Mädchen streckte die Hand aus, zögerte, und sah mich fragend an.

„Du kannst sie ruhig anfassen“, sagte ich sanft. „Aber vorsichtig.“

Mit beinahe religiöser Ehrfurcht berührte sie ein Salatblatt. Ihre Finger glitten darüber, ganz leicht, als könnte sie es sonst zerreißen.

„Wie heißt sie?“ fragte sie plötzlich.

Ich blinzelte überrascht.

„Wer… die Pflanze?“

Sie nickte ernst.

Ich lächelte und dachte kurz nach.

„Diese hier heißt… Hoffnung“, sagte ich schließlich.

Das Mädchen strahlte, ein echtes, seltenes Lächeln in dieser Welt aus Schatten und Metall.

„Ich heiße Mira“, flüsterte sie, als wäre es ein Geheimnis.

„Schön, dich kennenzulernen, Mira“, antwortete ich.

Für einen Moment war der Lärm der Generatoren weit weg, der schale Geruch der Algen vergessen. Da war nur die Stille zwischen uns – und ein kleines grünes Wunder, das in der Dunkelheit wuchs.

Annas Gedanken über Mira:

Seit dem Gespräch in den Gärten begegnet Anna Mira immer öfter. Sie sieht, wie das Mädchen sich um die Pflanzen kümmert, anderen Kindern hilft, kleine Aufgaben übernimmt, neugierig Fragen stellt.

Während viele Erwachsene zunehmend verbittert oder apathisch werden, zeigt Mira eine erstaunliche Widerstandskraft – nicht, weil sie stark geworden ist, sondern weil sie nie verlernt hat, zu hoffen.

Für Anna wird Mira zum Symbol: