Projekt-Kompass - Mario Neumann - E-Book

Projekt-Kompass E-Book

Mario Neumann

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Beschreibung

Etwa zwei Drittel aller Projekte stecken ständig oder akut in Schwierigkeiten – weil Auftraggeber immer neue Anforderungen formulieren, Vertragspartner oder Subunternehmer nicht leisten, was vereinbart wurde, oder Zeitdruck und interne Konflikte den Projekterfolg gefährden. Ausgehend von acht wesentlichen Rollen eines Projektleiters beschreibt der »Projekt-Kompass« schwierige Situationen, mit denen Sie früher oder später konfrontiert werden, und in denen Sie mit klassischen Projektmanagement-Methoden allein nicht weiterkommen. Lernen Sie, mittlere und große Projekte auch unter kniffligen Bedingungen erfolgreich zu machen und mit Auftraggebern, Vertragspartnern und Mitarbeitern immer den richtigen Kurs einzuschlagen – auch oder gerade ohne Weisungsbefugnis.

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Mario Neumann

Projekt-Kompass

Navigationshilfen für souveräne Führung im Projekt

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Etwa zwei Drittel aller Projekte stecken ständig oder akut in Schwierigkeiten – weil Auftraggeber immer neue Anforderungen formulieren, Vertragspartner oder Subunternehmer nicht leisten, was vereinbart wurde, oder Zeitdruck und interne Konflikte den Projekterfolg gefährden.Ausgehend von acht wesentlichen Rollen eines Projektleiters beschreibt der »Projekt-Kompass« schwierige Situationen, mit denen Sie früher oder später konfrontiert werden, und in denen Sie mit klassischen Projektmanagement-Methoden allein nicht weiterkommen.Lernen Sie, mittlere und große Projekte auch unter kniffligen Bedingungen erfolgreich zu machen und mit Auftraggebern, Vertragspartnern und Mitarbeitern immer den richtigen Kurs einzuschlagen – auch oder gerade ohne Weisungsbefugnis.

Vita

Warum müssen Projektmanagement-Trainings, -Seminare und -Bücher immer trocken sein – aus Checklisten, Regeln, Methoden allein bestehen? Diese Frage stellte sich Mario Neumann bereits vor 25 Jahren, als er seinen Job als Projektleiter bei Hewlett-Packard antrat. Schnell wurde ihm klar: Für Mitarbeiter sind Projekte oft ein Abenteuer – jedes Projekt hat eigene Spielregeln, in jedem Projekt lauern andere Gefahren.

Sie suchen nach einfachen Techniken und Methoden, mit denen Sie kleinere und mittlere Projektaufgaben lösen – auch neben dem Tagesgeschäft? Sie möchten große, komplexe Projekte auch unter Zeitdruck erfolgreich machen, Konflikte im Projekt überwinden und lernen, wie Sie Projektteams auch ohne Weisungsbefugnis souverän führen?

Mit Kunden wie Microsoft, Lufthansa oder Würth und zahlreichen Auszeichnung (u. a. Deutscher Weiterbildungs-Innovationspreis) gehört Mario Neumann heute zu den profiliertesten Experten im Projektmanagement. Das vollständige Seminar-Angebot, alle Bücher, Hörbücher und Podcast rund um das »Abenteuer Projektmanagement« und die Möglichkeit, Mario Neumann als Sparringspartner für Projekte in ständigen oder akuten Schwierigkeiten zu gewinnen, finden Sie hier:

www.marioneumann.com

Inhalt

Vorwort

1.Alles hört auf mein Kommando! — Der Projektleiter als Führungskraft auf Zeit

1.1Der Sprung ins kalte Wasser — Den Führungsanspruch von Anfang an klarmachen

1.2Die Kunst zu delegieren — Wer nicht delegiert, macht am Ende alles alleine

1.3Motivier’ mich mal — Die Kollegen zur Mitarbeit bewegen

1.4Risiko Rückdelegation — Viele Projektleiter drohen im Monkey Business zu ersticken

1.5Meuterei an Bord — Wie man mit Aufrührern im Team verfährt

1.6Echte Typen sind gefragt — Wie das eigene Temperament über Erfolg und Misserfolg entscheidet

1.7Fünf gefährliche Antreiber — Wie innere Einstellungen den Projekterfolg gefährden

2.Auf dem Weg zum Dream-Team — Der Projektleiter als Teammanager

2.1Ein verheißungsvoller Start — Der erste Auftritt vor dem Projektteam

2.2Den Turbo zünden im Projekt — Mit dem Take-off-Workshop hebt das Projekt spürbar ab

2.3Alle ziehen an einem Strang — Die Zusammenarbeit ordentlich auf Touren bringen

2.4Auf die Mischung kommt es an — Niemand ist perfekt, aber ein Team kann es sein

2.5Hahnenkämpfe und Zickenkriege — Mal sehen, wer hier im Team das Sagen hat

2.6Wichtige Entscheidungen treffen — Wie Projektleiter im Team für gute Entscheidungen sorgen

2.7Mit minimaler Kraft voraus — Wie Projektleiter mit Low Performern umgehen sollten

3. Gesprächsführung – tanzen statt kämpfen — Der Projektleiter als Kommunikator

3.1Richtig gut argumentieren — Im entscheidenden Moment die richtigen Argumente finden

3.2Mein Wille geschehe — Die Projektinteressen im Gespräch durchsetzen

3.3In der Höhle der Löwen — Den Lenkungsausschuss in den Griff bekommen

3.4Richtig Kontra geben! — Schlagfertigkeit – so kontern Sie jeden blöden Spruch

3.5Rechtzeitig Grenzen setzen — Der richtige Umgang mit dem Wörtchen »Nein«

3.6Wort halten im Projektalltag — Wie Sie bei Absprachen für Verbindlichkeit sorgen

3.7Kommunikation in virtuellen Teams — Die Tücken der computergestützten Zusammenarbeit

4.Der Streit ist der Vater aller Dinge — Der Projektleiter als Konfliktlöser

4.1Gefährliche Harmonie — Wie der Hang zur Harmonie den Projekterfolg gefährdet

4.2Eskalieren statt resignieren — Wenn Teammitglieder ihre Zusagen nicht einhalten

4.3Anatomie eines Konflikts — Auf drei Stufen in den Rosenkrieg

4.4Es fing alles ganz harmlos an — Was tun, wenn es im Projekt so richtig kracht?

4.5Anheizen statt vermitteln — Mögliche Interventionen in Konfliktsituationen

4.6Keine Angst vor Managern — So klappt der Umgang mit schwierigen Führungskräften

4.7Plötzlich Sündenbock — Wie man den Schwarzen Peter wieder loswird

5. Kurs halten in gefährlichen Gewässern — Der Projektleiter als Stratege

5.1Mission impossible oder Todesmarsch? — Wie Sie mit einem aussichtslosen Projekt umgehen

5.2Auf Sand gebaut — Wie Sie für klare Ziele im Projekt sorgen

5.3Rückendeckung aus der Linie — Relevante Stakeholder rechtzeitig ins Boot holen

5.4Möge die Macht mit dir sein — Wie man sich Einfluss organisiert

5.5Freund oder Feind? — Wie man seine Pappenheimer im Blick behält

5.6Der Feind in meinem Projekt — Gefährliche Gegner erkennen und ausschalten

5.7Mikropolitik im Projekt — Mit taktischem Geschick Entscheidungen herbeiführen

6.Ängste ernst nehmen — Der Projektleiter als Change-Manager

6.1Mit Fingerspitzengefühl managen — Offen mit Unsicherheiten und Ängsten umgehen

6.2Das Geheimnis des Erfolges — Vier Bausteine für ein Management of Change

6.3Ein ständiges Auf und Ab — Die emotionale Achterbahnfahrt in Veränderungsprojekten

6.4Aufbruch zu neuen Ufern — Wie Sie den Übergang von Alt zu Neu managen

6.5Angst befeuert Widerstand — Mit Widerständen gegen das Projekt richtig umgehen

6.6Die logischen Ebenen — Brüche erkennen, Blockaden lösen, Akzeptanz schaffen

6.7Die Magie der Cover Story — Ein Zukunftsbild setzt Energien frei und gibt Orientierung

7.Verhandeln: Du gibst mir, was ich will — Der Projektleiter als Verhandlungsführer

7.1Gemeinsam sind sie unerbittlich — Erfolgreiche Verhandlungsführung im Team

7.2Die Stunde der Claim Manager — Sie (ver)handeln, wo andere zu zaghaft sind

7.3Verhandeln nach dem AVÜV-Prinzip — In vier Schritten zum guten Verhandlungsergebnis

7.4Der Strategieplaner — Zehn-Punkte-Programm für Ihre Verhandlungsstrategie

7.5Das beste Ass im Ärmel — Eine gute Alternative stärkt die Verhandlungsposition

7.6Typische Verhandlungstricks — Wie Sie taktische Spielchen aufdecken und kontern

7.7Die »Tit for Tat«-Strategie — So erhöhen Sie die Chance auf Win-win-Lösungen

8.Houston, wir haben ein Problem — Der Projektleiter als Krisenmanager

8.1Frühwarnsignale richtig deuten — Wie Sie eine Projektkrise rechtzeitig erkennen

8.2Im Auge des Sturms — Wie Sie ein Projekt aus der akuten Krise führen

8.3Der Krise ins Auge sehen — Verantwortung für den Turnaround übernehmen

8.4Wüste, Hölle oder Arktis — Wie Sie den »emotionalen Turnaround« angehen

8.5Raus aus dem Stimmungstief — Negative Emotionen erkennen und beseitigen

8.6Alles zurück auf Anfang — Regeln für ein Projekt-Reset

8.7Die Geschichte vom toten Pferd — Warum man manche Projekte besser stoppen sollte

Register

Vorwort

Wie sähe das Leben eines Projektleiters aus, wenn alle Projekte gleich wären, immer nach demselben Schema abliefen? Vermutlich müsste er lediglich einem Standard folgen und könnte so jedes seiner Projekte erfolgreich abwickeln. Doch die Realität ist eine andere: Die Welt der Projekte ist vielfältig und könnte unterschiedlicher kaum sein. Der Bogen spannt sich von Software- und IT-Projekten über Entwicklungsprojekte, Prozessverbesserungen, Umstrukturierungen und Filmproduktionen bis hin zu großen Bauprojekten. Jedes Mal hat es der Projektleiter mit unterschiedlichen Menschen und Situationen zu tun.

Da verwundert es nicht, dass manches Projekt zur echten Bewährungsprobe wird. Die Projektziele sind ehrgeizig, fast nicht zu schaffen. Das Team besteht aus Einzelkämpfern, muss dennoch gemeinsam Höchstleistungen erbringen – und kämpft gleichzeitig gegen Widerstände im Unternehmen. Termine werden verfehlt, Vertragspartner oder Subunternehmer leisten nicht, was vereinbart wurde; Kunden vernachlässigen ihre Mitwirkungspflichten. Der Projektleiter erkennt, dass ihm Standards nicht mehr weiterhelfen. Immer wieder gerät er in Situationen, in denen er sich einen Kompass wünscht, der ihm die Richtung zeigt.

Genau hier setzt der vorliegende »Projekt-Kompass« an. Ausgehend von den acht wesentlichen Rollen eines Projektleiters beschreibt das Handbuch schwierige Projektsituationen, mit denen Sie als Projektleiter früher oder später konfrontiert werden. Zu jeder Situation finden Sie Hinweise, was jetzt zu tun ist: Ein Kompass weist Ihnen den Weg. Flankierend dazu erhalten Sie bewährte Survival-Tipps, die Ihnen helfen, auch in schwierigem Gelände Wege zu finden.

Als Projektleiter kennen Sie die wichtigsten Methoden des Projektmanagements, sind womöglich sogar zertifiziert. Dennoch gibt es immer wieder Situationen, in denen Sie mit Methodik alleine nicht zurechtkommen. Vermutlich ahnen Sie auch, wo der tiefere Grund für die Probleme liegt: In einer komplexen Unternehmenswelt gilt es, Führung zu übernehmen, Konfliktstärke zu beweisen und die Zusammenarbeit im Team zu gestalten – Herausforderungen, für die das methodische Rüstzeug nicht ausreicht.

So wichtig und notwendig die methodischen Kenntnisse sind, um Aufträge zu klären, Pläne zu entwickeln und das Projekt entlang dieser Pläne zu steuern: Darüber hinaus sollte ein Projektleiter in der Lage sein, die folgenden acht Rollen zu meistern.

Der Projektleiter als Führungskraft auf Zeit Als Projektleiter sind Sie Kopf eines Teams. Das macht Sie de facto zum Vorgesetzten Ihrer Kollegen, jedoch ohne offiziell über eine Weisungsfunktion zu verfügen. Umso ernster sollten Sie von Anfang an Ihre Führungsaufgabe nehmen – denn ohne eine verlässliche Führung wird das Projektteam kaum erfolgreich arbeiten.

Der Projektleiter als Teammanager Welcher Projektleiter sehnt sich nicht nach einer schlagkräftigen Truppe, mit der er gemeinsam durch dick und dünn geht? In Ihrer Rolle als Teammanager stehen Sie vor der Aufgabe, aus einer Reihe von Einzelkämpfern ein motiviertes Team zu formen, das zudem gut zusammenarbeitet und bei dem alle Mitglieder an einem Strang ziehen. Das setzt voraus, die Dynamik des Teams richtig zu deuten und gezielt zu steuern.

Der Projektleiter als Kommunikator Projektleiter haben ihrem Team gegenüber keine Weisungsbefugnis, sodass sie in hohem Maße auf ihr Kommunikationsgeschick angewiesen sind. Um das Projekt erfolgreich voranbringen zu können, ist daher Ihre Rolle als Kommunikator gefordert. Das beinhaltet zum Beispiel eine professionelle Gesprächsführung, in der Sie ein Anliegen zügig auf den Punkt bringen, Ihren Gesprächspartner für Ihre Idee gewinnen – und sich durchsetzen können. Eine hohe Anforderung!

Der Projektleiter als Konfliktlöser Konflikte gehören zum Alltag eines Projekts. Mal streitet sich der Projektleiter mit unbequemen Lieferanten, mal reibt er sich an schwierigen Charakteren seiner Mitarbeiter. Bleiben Konflikte ungelöst, frustrieren sie das Team und gefährden den Projekterfolg. Je länger sie schwelen, desto mehr Zeit, Kraft und Geld kosten sie. Als Projektleiter kommt Ihnen daher die Rolle eines Konfliktlösers zu, der es versteht, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Der Projektleiter als Stratege Manchmal stockt ein Projekt, weil Entscheidungen verzögert, Informationsflüsse unterbrochen werden oder andere taktische Manöver den Projektalltag stören. Häufig fällt dann der Begriff »Politik«: Als Projektleiter benötigen Sie taktisches Gespür und strategisches Geschick, um die Situation wieder ins Lot zu bringen. Ihre Rolle als Stratege ist gefragt!

Der Projektleiter als Change-Manager Das Projekt ist gut geplant, erscheint technisch machbar, finanzierbar und realistisch terminiert. Das alles hilft jedoch wenig, wenn die vom Projekt betroffenen Menschen nicht mitspielen. Viele Projektleiter unterschätzen die möglichen Widerstände, die den Projekterfolg ernsthaft gefährden können. In Ihrer Rolle als Change-Manager haben Sie die Aufgabe, den Veränderungsprozess zu begleiten und die Betroffenen für das Projekt zu gewinnen. Dazu bedarf es der passenden Methoden.

Der Projektleiter als Verhandlungsführer Ob mit Auftraggebern, Lieferanten oder Kunden: Als Projektleiter müssen Sie fast täglich verhandeln. Je professioneller Sie in Verhandlungen agieren, desto mehr erreichen Sie für Ihr Projekt. Auch sehr erfahrene Projektleiter könnten hier oft deutlich mehr erreichen. In Ihrer Rolle als Verhandlungsführer geht es darum, mit vielfältigen Stakeholdern Vereinbarungen zu treffen und dabei die Projektinteressen zu wahren. Das erfordert gute Vorbereitung und das nötige Verhandlungsgeschick.

Der Projektleiter als Krisenmanager Jeder Projektleiter muss darauf gefasst sein, dass sein Projekt in eine Schieflage gerät. Meistens treffen ihn diese Katastrophen völlig unvorbereitet und mitten in einer ohnehin schwierigen Phase. Nun ist seine Rolle als Krisenmanager gefragt. Es gilt, einen kühlen Kopf zu bewahren und das Projekt mit den richtigen Methoden wieder in ein ruhiges Fahrwasser zu leiten. Panik wäre fehl am Platz – in der Regel lässt sich jede Projektkatastrophe meistern.

Hinter den genannten Rollen verbergen sich eine Vielzahl typischer Situationen, in denen ein Projektleiter gefordert ist – mal mehr, mal weniger. Um Projekte nicht nur zu überleben, sondern souverän zu führen, braucht es den professionellen Umgang mit diesen Situationen. Doch gerade diese »weichen« Themen werden bei Weiterbildungen oft vernachlässigt; der Fokus liegt in der Regel auf der Fach- und Methodenkompetenz. Viele Projektleiter sind daher auf ihre vielfältigen Rollen im Projekt nur unzulänglich vorbereitet. »Der Neue wird das schon von selbst lernen«, heißt es dazu in vielen Unternehmen. Dabei wird übersehen: In Projekten bleibt für ein Learning by doing kaum Zeit. Ohne eine gewisse Führungserfahrung kann der anfängliche »Traumjob Projektleiter« leicht zum Albtraum werden.

Dieses Handbuch versteht sich als Kompass in schwierigen Projektsituationen. Es richtet sich vor allem an Projektleiter, die schon erste Projekterfahrungen gesammelt haben. Wenn Sie darin blättern, werden Sie immer wieder auf eine Situation stoßen, bei der Sie spontan sagen: »Ja, das kenne ich auch!« Genau darin liegt ja die Idee des Situativen Projektmanagements: jene typischen Situationen aufzugreifen, die Ihnen und vielen anderen Projektleitern im Projektalltag Kopfzerbrechen bereiten. Die Beispiele und Survival-Tipps sollen Ihnen helfen, schwierige Situationen abgeklärt zu meistern und Ihr Projekt zügig weiterzuführen.

1.Alles hört auf mein Kommando!

Der Projektleiter als Führungskraft auf Zeit

Als Projektleiter sind Sie Kopf eines Teams. Das macht Sie de facto zum Vorgesetzten Ihrer Kollegen, jedoch ohne offiziell über eine Weisungsfunktion zu verfügen. Umso ernster sollten Sie von Anfang an Ihre Führungsaufgabe nehmen – denn ohne eine verlässliche Führung wird das Projektteam kaum erfolgreich arbeiten.

Vielen Projektleitern, so lässt sich beobachten, fehlt es an Führungskompetenz. Dieser Aspekt des Projektmanagements wird in seiner Bedeutung weit unterschätzt. Nur wenige Unternehmen machen sich offenbar klar, dass drei Viertel des Projekterfolgs von der Führungskompetenz des Projektleiters abhängen und nur ein Viertel von seiner Methodenkompetenz. Wie sonst lässt sich erklären, dass bei der Weiterentwicklung der Projektleiter meist nur Methoden gelehrt werden und das Thema Führung kaum stattfindet?

Sobald ein Projekt über Abteilungsgrenzen hinausgreift, stellt es die Führungskompetenz des Projektleiters auf die Probe. Anders als der Linienmanager führt er kein eingespieltes Team, sondern hat es mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe zu tun, deren Mitglieder sich gerade erst kennenlernen, aus verschiedenen Fachbereichen kommen und zudem auch noch hierarchisch ganz unterschiedlich angebunden sein können. Mehr noch: Der Projektleiter muss mit seinen Leuten Neuland betreten und deshalb mit unerwarteten Situationen rechnen, während der Linienmanager sich auf eingespielte Prozesse und Abläufe verlassen kann.

Hinzu kommt zu all dem: Ein Projektleiter verfügt im Unterschied zum Linienmanager über keine disziplinarischen Befugnisse. Viele Projektleiter fühlen sich deshalb wie ein zahnloser Tiger – und entsprechend halbherzig mutet ihr Handeln häufig an. Und es stimmt ja auch: Eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit ohne Weisungsbefugnis zu organisieren ist erheblich anspruchsvoller, als Aufgaben einfach zuweisen und Entscheidungen per Anweisung durchsetzen zu können.

Ein zusammengewürfelter Haufen, darunter schwierige Charaktere, ein anspruchsvolles Ziel, jede Menge Druck von außen und bei all dem keine disziplinarischen Befugnisse – aus dieser brisanten Mischung resultiert eine enorme Anforderung an die Führungskunst eines Projektleiters. Wie Sie dennoch Ihrer Rolle als Führungskraft auf Zeit gerecht werden können, wie Sie auch schwierige Führungssituationen souverän meistern, ist Thema dieses Kapitels.

Der Sprung ins kalte Wasser Nicht nur Politiker und Unternehmenslenker werden an ihren ersten 100 Tagen im Amt gemessen. Auch ein frisch ernannter Projektleiter steht am Anfang unter intensiver Beobachtung des Auftraggebers und der neuen Teammitglieder. Jetzt kommt es darauf an, sich in der Führungsrolle zu positionieren. Die Mitstreiter wollen gewonnen und begeistert werden. Für einen Projektleiter bedeutet das: Er muss einen Plan, aber auch Herz und Leidenschaft mitbringen – und bei seinem ersten Auftritt überzeugend auftreten. Wie das gelingen kann, zeigt Kapitel 1.1.

Die Kunst zu delegieren Viele Projektleiter tun sich schwer damit, Aufgaben oder Verantwortlichkeiten aus der Hand zu geben. Die einen denken, sie können es selbst besser erledigen, die anderen fürchten, ihre Mitarbeiter könnten Fehler machen – die Vorbehalte gegen das Delegieren sind vielfältig und weit verbreitet. Doch wer als Projektleiter das Delegieren scheut, kann schnell mächtig unter Druck geraten. Eine untragbare Situation! Kapitel 1.2 macht deutlich, warum Sie am Ende alles selbst machen müssen, wenn es Ihnen nicht gelingt, die Aufgaben professionell im Team zu delegieren.

Motivier’ mich mal Jeder Projektleiter weiß, wie sehr der Projekterfolg vom Einsatz seiner Mitarbeiter abhängt. Um die Projektziele zu erreichen, benötigt er ein Team, das engagiert mitmacht und diszipliniert in die richtige Richtung marschiert. Doch Mitarbeiter haben sehr unterschiedliche Motivstrukturen und können deshalb nur individuell motiviert werden. Konflikte und Widerstände entstehen häufig dadurch, dass sich Projektleiter an ihren eigenen Motiven orientieren, anstatt sich in die Bedürfnislage des einzelnen Projektmitarbeiters hineinzuversetzen. Kapitel 1.3 zeigt, wie Sie die Aufgaben an die richtigen Leute im Team verteilen – sodass sich Ihre Mitarbeiter motiviert an die Arbeit machen.

Risiko Rückdelegation Wenn es darum geht, sich um Arbeit herumzudrücken, können Projektmitarbeiter sehr kreativ sein. Wortreich erklären sie, warum sie eine Aufgabe nicht machen oder eine Deadline nicht einhalten können. Ehe der Projektleiter sichs versieht, landet die Aufgabe wieder bei ihm auf dem Schreibtisch – das nennt man Rückdelegation, vielen auch bekannt unter dem Namen »Monkey Business«. Wenn ein Projektleiter die Aufgaben bearbeitet, die eigentlich seine Mitarbeiter machen sollten, dann ist das fatal. Denn ganz schnell bleibt ihm keine Zeit mehr für seine eigentlichen Aufgaben. In Kapitel 1.4 erfahren Sie, wie Sie die Rückdelegation von Aufgaben vermeiden können – und was das mit Affen auf Ihren Schultern zu tun hat.

Meuterei an Bord Ein Projektleiter ahnt es oft schon bei der Zusammenstellung seines Teams: »Hier muss ich mit Störmanövern von Teilen meiner Leute rechnen.« Anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, prallen in der Gruppe unterschiedliche Interessen aufeinander. In das Projekt wird ein Konflikt hineingetragen, der eigentlich auf der Ebene der Geschäftsführung hätte entschieden werden müssen. Wie kann das Projekt unter diesen Vorzeichen noch erfolgreich sein? In Kapitel 1.5 erfahren Sie, wie Sie mit Aufrührern im Team verfahren.

Echte Typen sind gefragt Jeder Projektleiter hat seinen eigenen Stil, sein eigenes Temperament, seine eigene besondere Stärke. Das kann zu seinem Vorteil sein, ihm aber auch zum Verhängnis gereichen. Spielt ein Projektleiter sein besonderes Temperament oder seine besondere Stärke zu einseitig aus, kann er damit den Projekterfolg gefährden. In Kapitel 1.6 erfahren Sie, wie das eigene Temperament über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann – und wie sehr es deshalb darauf ankommt, seine Motive zu kennen und seine Stärken und Schwächen richtig einschätzen zu können.

Fünf gefährliche Antreiber Wie jeder Mensch wird auch ein Projektleiter von bestimmten inneren Motiven, sogenannten Antreibern, geleitet. Bis zu einem gewissen Grad können diese Einstellungen hilfreich sein. Wenn sie aber zu stark ausgeprägt sind, wirken sie in schwierigen Projektsituationen belastend, lösen enormen Stress aus und gefährden letztlich den Projekterfolg. Kapitel 1.7 beschreibt fünf innere Antreiber, die zur selbst verschuldeten Projektfalle werden können.

Inhaltsverzeichnis

1.1DER SPRUNG INS KALTE WASSER

Den Führungsanspruch von Anfang an klarmachen

1.2DIE KUNST ZU DELEGIEREN

Wer nicht delegiert, macht am Ende alles alleine

1.3MOTIVIER’ MICH MAL

Die Kollegen zur Mitarbeit bewegen

1.4RISIKO RÜCKDELEGATION

Viele Projektleiter drohen im Monkey Business zu ersticken

1.5MEUTEREI AN BORD

Wie man mit Aufrührern im Team verfährt

1.6ECHTE TYPEN SIND GEFRAGT

Wie das eigene Temperament über Erfolg und Misserfolg entscheidet

1.7FÜNF GEFÄHRLICHE ANTREIBER

Wie innere Einstellungen den Projekterfolg gefährden

1.1Der Sprung ins kalte Wasser

Den Führungsanspruch von Anfang an klarmachen

Ob im Spitzensport, in aufstrebenden Unternehmen oder im Projekt: Erfolg braucht Führungspersönlichkeiten. Die Mitstreiter wollen gewonnen und begeistert werden. Für einen Projektleiter bedeutet das: Er muss einen Plan, aber auch Herz und Leidenschaft mitbringen – und bei seinem ersten Auftritt überzeugend auftreten.

Es ist 8 Uhr. Gespannt wartet Tim K. im Besprechungsraum auf die Mitstreiter seines neuen Projekts. Die Minuten verstreichen, und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die Teilnehmer zu dieser ersten Projektsitzung eintrudeln. Tim kann es nicht fassen. Verärgert nimmt er sich den letzten Zuspätkommer vor versammelter Mannschaft zur Brust. »Ich trage hier die Verantwortung«, fährt er ihn an, »und einen solchen Schlendrian werde ich nicht dulden.«

Da er gerade am Reden ist, leitet er von seiner Standpauke direkt in seine Antrittsrede über: Er freue sich, dass er als Projektleiter nun für dieses Projekt zuständig sei. Getreu dem Motto »Neue Besen kehren gut« verkündet er, dass Projekte unter ihm anders laufen werden als so manches frühere Projekt im Unternehmen. »So, und nun lasst uns in die Hände spucken!« schließt er seinen Vortrag.

Viele Projektleiter unterschätzen die Bedeutung des ersten Eindrucks. Das Team macht sich von seinem Projektleiter in kürzester Zeit ein Bild, das für die folgenden Wochen und Monate prägend sein kann. So dämmert es Tim K. einige Tage nach der ersten Sitzung, dass er den Start vergeigt hat. Sein forsches Auftreten hatte seine Mitarbeiter nicht mitgerissen, sondern – ganz im Gegenteil – vorwiegend Ablehnung hervorgerufen.

Beispiel

Bei seinem ersten Auftritt steht der Projektleiter unter verschärfter Beobachtung. Jetzt entscheidet es sich, ob die Teammitglieder seine Führungsrolle akzeptieren und er sie als echte Mitstreiter gewinnen kann.

Mit dem ersten Auftritt die Mitarbeiter gewinnen

Ob der erste Eindruck gelingt, hängt vor allem von Ihrer Antrittsrede als neu berufener Projektleiter ab. Die Gelegenheit dazu bietet sich meist zu Beginn des Kick-off-Workshops. Kommen die Teammitglieder aus unterschiedlichen Fachbereichen, sind sie auf »den Neuen« oder »die Neue« gespannt und erwarten nun, dass er oder sie sich vorstellt.

Die Rede sollte zeigen, dass Sie Ihre Position und vor allem Ihr neues Projektteam ernst nehmen. Auch sollte deutlich werden, dass Sie gut vorbereitet sind und etwas zu sagen haben. Die Antrittsrede lässt sich durchaus als eine Art Verkaufspräsentation ansehen, in der Sie sich Ihren Mitarbeitern erfolgreich »verkaufen« und von Anfang an Ihren Führungsanspruch klarmachen.

Ein gutes Gefühl vermitteln

Versuchen Sie, mit Ihren Worten ein »gutes Gefühl« zu schaffen, also die Basis dafür zu legen, dass im Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern Vertrauen und Sympathie entstehen. Dabei hilft es, die Perspektive der Mitarbeiter einzunehmen und zu überlegen, welche Fragen sie bewegen (siehe Abbildung).

Die Mitarbeiter können zu diesem Zeitpunkt noch nicht einschätzen, was im Projekt auf sie zukommt. Dementsprechend gespannt werden sie den Ausführungen lauschen. Sie möchten herausfinden, wie der neue Projektleiter denkt und handelt und wie er das Projekt leiten wird.

Deshalb sollten Sie in Ihrer Antrittsrede sowohl auf Ihren beruflichen Werdegang als auch auf Ihr Führungsverständnis eingehen. Und noch etwas: Zeigen Sie, dass Sie sich auf Ihre Aufgabe freuen!

Auf die ersten Worte kommt es an

Schon Ihre ersten Worte sprechen Bände. Ein »Hallo, Leute!« wirkt völlig anders als »Liebe Kolleginnen und Kollegen!« oder gar »Meine sehr verehrten Damen und Herren!«. Wenn Sie es richtig angehen, können Sie schon mit wenigen Sätzen Ihre Mitarbeiter gewinnen, vielleicht sogar für sich begeistern.

Fragt sich nur: Wie? Noch stehen Sie einander fremd gegenüber. Bewährt hat es sich, Gemeinsamkeiten aufzeigen. Gemeinsamkeiten zwischen Menschen mindern anfängliche Distanz und bauen Sympathien auf. Schon indem Sie ein Minimum an Gemeinsamkeit herstellen, schaffen Sie eine gute Ausgangsbasis. Das ist nicht schwer: Auf fachlicher Ebene lässt sich immer Verbindendes finden. Mehr Charme hat es jedoch, wenn Sie auch Gemeinsames jenseits des Fachlichen herausstellen.

Junge Projektleiter fühlen sich bei ihrer Antrittsrede oft unsicher und versuchen, mit aufgesetztem Selbstbewusstsein die eigene Unsicherheit zu überspielen. Warum eigentlich? Über seine Gefühle zu sprechen macht menschlich und sympathisch. In Ihrer Antrittsrede dürfen Sie gerne durchschimmern lassen, dass Sie sich in Ihrer neuen Position erst noch zurechtfinden müssen.

Zeigen Sie sich in Ihrem besten Licht

Wie gesagt: Bei Ihrem Antritt können Sie sich der Aufmerksamkeit Ihrer Mitarbeiter gewiss sein. Es ist der Augenblick, sich im besten Licht zu zeigen. Jetzt kommt es darauf an, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass Sie für die Rolle des Projektleiters genau der richtige Mann oder die richtige Frau sind.

Hierzu ist es weder erforderlich, Ihren kompletten Lebenslauf darzulegen, noch sollten Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen. Es genügt, einige Stationen Ihrer beruflichen Karriere oder einige spezielle Kenntnisse herauszustellen – um so auch deutlich zu machen, was Sie selbst zum Erfolg des Projekts beitragen können. Notwendig ist dabei ein gewisses Fingerspitzengefühl, denn Mitarbeiter reagieren empfindlich auf Eigenlob.

Tipp

SURVIVAL-TIPPS

Beginnen Sie Ihr Projekt mit einer gelungenen Rede! Zeigen Sie damit, dass Sie Ihre Rolle und vor allem Ihre Mitarbeiter ernst nehmen und dass Sie gut vorbereitet sind.

Bereiten Sie Ihre Antrittsrede sorgfältig vor. Sie können in fünf Minuten Herz und Kopf Ihrer Mitarbeiter gewinnen – oder sich um Kopf und Kragen reden.

Schon die ersten Worte wirken wie ein Signal an Ihre Mitarbeiter. Achten Sie auf Ihre Körpersprache und treten Sie mit sicherem Schritt vor Ihre Leute.

Besuchen Sie am Anfang häufiger Ihre Mitarbeiter. Sie gewinnen dadurch nicht nur einen guten Eindruck über die Arbeit in Ihrem Team, sondern zeigen auch Präsenz.

Versuchen Sie die Atmosphäre in Ihrem neuen Projekt zu erspüren. Finden Sie heraus, ob Ihre Mitarbeiter motiviert bei der Sache sind – oder ob sie nur widerwillig mitziehen.

Nehmen Sie sich in den ersten Tagen öfter Zeit für einen kurzen Small Talk. So bekunden Sie Ihr persönliches Interesse und erleichtern das gegenseitige Kennenlernen.

1.2Die Kunst zu delegieren

Wer nicht delegiert, macht am Ende alles alleine

Die Arbeitspakete sind klar definiert, doch das Projekt läuft nicht rund: Die Mitarbeiter versäumen Termine oder liefern fehlerhafte Ergebnisse ab. Die Gründe dafür können verschieden sein, aber in vielen Fällen hat sich der Projektleiter den Schlamassel selbst eingebrockt: durch unprofessionelles Delegieren.

Anette F. leitet in einem Softwarekonzern ein großes Entwicklungsprojekt. Der Projekt-Coach, der sie begleitet, macht schon nach wenigen Tagen eine interessante Beobachtung: Immer wenn die Projektleiterin ein Arbeitspaket an einen Mitarbeiter delegiert, klingt das so, als würde sie ihn um einen Gefallen bitten. Darauf angesprochen, rechtfertigt sich Anette F., dass sie doch gar nicht die Position habe, einem Mitarbeiter Anweisungen zu geben: »Ich bin doch nur eine Kollegin.«

Wie Anette F. scheuen sich viele Projektleiter davor, eine Aufgabe klar und verbindlich zu delegieren. Stattdessen bitten sie ihre »Kollegen« um einen »Gefallen« – mit der Folge, dass wichtige Aufgaben liegen bleiben: Wenn ein Projektleiter einen Kollegen um einen Gefallen bittet, sagt dieser zwar in aller Regel zu. Warum auch nicht? Aber es stört ihn auch nicht weiter, wenn er die Aufgabe nicht rechtzeitig erledigen kann. Es war ja nur ein Gefallen! Vielleicht verspürt er für kurze Zeit ein schlechtes Gewissen. Fakt ist jedoch, dass er sich mit einem kurzen »Tut mir leid!« der Verantwortung entledigt hat.

Beispiel

Wer als Projektleiter eine »Kultur der Gefälligkeiten« pflegt, kann schnell mächtig unter Druck geraten. Er ist für das Projekt verantwortlich, weiß aber nicht, ob die Aufgabenpakete zuverlässig erledigt werden. Entscheidend ist es deshalb, professionell zu delegieren.

Delegieren – eine Frage der Haltung

Delegieren ist zunächst eine Frage der Haltung und des Selbstverständnisses. Es gilt, Bedenken und Befürchtungen abzuschütteln. Man muss delegieren wollen. Der Projektleiter muss aber auch delegieren dürfen und können.

Mit dem »Wollen« ist das bei Projektleitern oft so eine Sache. Ein Blick in den Projektalltag verrät, dass sich Projektleiter beim Delegieren oft selbst im Wege stehen. Sie sind überzeugt, die Aufgabe selbst am besten zu lösen, haben Angst davor, der Mitarbeiter könnte Fehler machen, oder fürchten, die Kontrolle über das Projekt zu verlieren – um nur einige Gründe zu nennen.

Was legitimiert mich, Aufgaben zu delegieren?

Das Thema »Dürfen« ist dagegen eine Frage der Projektkultur im Unternehmen. Die Rolle des Projektleiters sollte mit ausreichend legitimer Macht ausstattet sein, sodass alle Projektbeteiligten wissen: Der Projektleiter besitzt die Befugnis, Arbeitspakete zu verteilen und Aufgaben zu delegieren. Existiert diese Regelung nicht, müssen Sie sich notfalls auf eigene Initiative die notwendige Macht organisieren und sich die entsprechenden Befugnisse von der Führungsetage geben lassen.

Die Kunst, Aufgaben klar und eindeutig zu delegieren

Um erfolgreich zu delegieren, reichen Wollen und Dürfen allein nicht aus. Es kommt auch auf das Können an, also darauf, die Sache richtig anzupacken. Dabei spielen Kommunikation und eine gute Gesprächsatmosphäre eine große Rolle. Versuchen Sie, einen ungezwungenen Einstieg in das Gespräch zu finden, und achten Sie vor allem auf folgende Aspekte:

Sinn und Zweck der Aufgabe Viele halten es für unnötig, ihre Mitarbeiter oder Kollegen darüber zu informieren, warum eine Aufgabe erledigt werden soll. Wer aber Sinn und Zweck einer Aufgabe versteht, tut sich viel leichter, sie zu erledigen. Zeigen Sie dem Mitarbeiter den Gesamtkontext auf, in dem die Aufgabe steht.

Klare Formulierung der Aufgabe Der Erfolg des Delegierens hängt davon ab, dass der Mitarbeiter die Aufgabe verstanden hat. Formulieren Sie die Arbeitsaufgabe so konkret und eindeutig wie möglich – und versichern Sie sich durch Rückfragen, dass der Mitarbeiter Sie richtig verstanden hat. Was für Sie klar ist, muss es für einen anderen noch lange nicht sein.

Klare Formulierung des Ziels Eine Aufgabenbeschreibung beinhaltet in der Regel noch keine konkrete Zielformulierung. Für den Erfolg ist es entscheidend, neben der Aufgabe auch das Ziel klar zu formulieren. In der Praxis ist das leider nicht so selbstverständlich, wie es sich anhört. Wer aber das Ziel kennt, kann es leichter erreichen.

Einholen der Zustimmung Definieren Sie nicht nur die Aufgabe und das Ziel, sondern holen Sie auch die Zustimmung des Mitarbeiters ein. Prüfen Sie, ob der Mitarbeiter wirklich bereit ist, das Arbeitspaket zu erledigen.

Abklären der Vorgehensweise Klären Sie die Vorgehensweise mit dem Mitarbeiter, auch wenn er die Verantwortung dafür trägt. Das ist aus zwei Gründen sinnvoll: Zum einen erkennen Sie, ob der Mitarbeiter weiß, wie er das Ziel erreichen will – und zum anderen erfahren Sie, ob die Ideen Ihres Mitarbeiters grundlegend von Ihren Vorstellungen abweichen.

Treffen einer Vereinbarung Legen Sie am Ende des Gesprächs dar, auf welche Punkte Sie sich geeinigt haben. Lassen Sie sich am besten auch gleich eine Terminzusage geben.

Wer als Projektleiter bereits unter Druck steht, tut sich schwer, Aufgaben klar und eindeutig zu delegieren. Es fehlt schlicht die Zeit, darüber nachzudenken, was wem delegiert werden kann. Deshalb empfiehlt es sich, das Vorhaben früh zu durchdenken und die Arbeitspakete rechtzeitig zu schnüren.

Tipp

SURVIVAL-TIPPS

Machen Sie sich klar, dass Sie als Projektleiter eine Führungsfunktion übernehmen – und dass hierzu auch die verbindliche Delegation von Aufgaben zählt.

Bereiten Sie die Delegation wichtiger Arbeitsaufträge sorgfältig vor. Formulieren Sie Aufgabe und Ziel präzise, und wählen Sie den geeigneten Mitarbeiter aus.

Vergessen Sie nicht: Der Mitarbeiter kann nur das ausführen, was Sie ihm gesagt, nicht aber, was Sie sich dabei gedacht haben!

Übertragen Sie dem Mitarbeiter gleichzeitig mit der Aufgabe oder Tätigkeit die zu ihrer Ausführung erforderlichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse.

Bedenken Sie: Delegieren ist mehr als nur eine Arbeitsanweisung zu geben. Es bedeutet immer auch, ein Stück Kontrolle abzugeben.

Geben Sie dem Mitarbeiter die Gewissheit, dass sie ihn mit Rat und Tat unterstützen werden, falls er bei der Ausführung der Aufgabe in Schwierigkeiten gerät.

1.3Motivier’ mich mal

Die Kollegen zur Mitarbeit bewegen

Jeder Projektleiter weiß, wie sehr der Projekterfolg vom Einsatz seiner Mitarbeiter abhängt. Um die Projektziele zu erreichen, benötigt er ein Team, das engagiert mitmacht und diszipliniert in die richtige Richtung marschiert. Doch was tun, wenn einige Mitarbeiter nicht mitziehen oder, schlimmer noch, sich widersetzen?

Ein großer Fahrzeughersteller hat Clemens K. berufen, ein in Verzug geratenes Entwicklungsprojekt zu übernehmen. Dem Mann eilt der Ruf voraus, ein guter Organisator zu sein. Also genau der Richtige, um das Prestigeprojekt wieder auf Kurs zu bringen?

Clemens K., der sehr strukturiert denkt und handelt, trifft auf ein kreativ-chaotisches Projektteam. Er empfindet die Situation als das reinste Chaos – und setzt genau da den Hebel an: Er sorgt für Pläne, Checklisten, Klarheit und Stabilität. Doch die Teammitglieder ignorieren die neuen Strukturen, verweigern die Zusammenarbeit. Clemens K. wittert Sabotage und versucht, der Lage mit Sanktionen Herr zu werden. Damit jedoch bringt er das Team erst recht gegen sich auf.

Was seine Diagnose angeht, hat sich Clemens K. getäuscht: Hinter der ablehnenden Haltung seiner Mitarbeiter stehen weder Sabotage noch böser Wille. Ihm ist es schlicht nicht gelungen, sich auf sein Team einzustellen und die Teammitglieder für das Projekt zu gewinnen. Mit seinem Ansinnen, im Projekt für Ordnung und Struktur zu sorgen, hat er seine kreativ veranlagten Mitarbeiter vor den Kopf gestoßen.

Das Beispiel führt drastisch vor Augen, wie wichtig es für einen Projektleiter ist, seine Mitarbeiter zu motivieren. Andernfalls fehlen ihm die einsatzbereiten Mitstreiter, die mitziehen, ihr Bestes geben – und die er für den Projekterfolg so dringend benötigt.

Bei seinem ersten Auftritt steht der Projektleiter unter verschärfter Beobachtung. Jetzt entscheidet sich, ob die Teammitglieder seine Führungsrolle akzeptieren und er sie als echte Mitstreiter gewinnen kann.

Beispiel

Ein Projektleiter sollte darauf achten, die Projektarbeit mit den Motiven der einzelnen Mitarbeiter in Einklang zu bringen. Denn die individuellen Einstellungen sind ausschlaggebend dafür, ob sich ein Mitarbeiter wirklich engagiert oder nicht.

Sechzehn Lebensmotive bestimmen unser Verhalten

Um ein motiviertes Team zu erhalten, kommt es vor allem auf eines an: die Projektaufgaben richtig zu verteilen, sprich dem richtigen Mitarbeiter die richtige Aufgabe zu übertragen. Doch wie erkennen Sie, welche Aufgaben ein Mitarbeiter motiviert angehen wird, welche dagegen eher nicht zu ihm passen? Schließlich wissen Sie ja nicht, was in den Köpfen der Mitarbeiter vor sich geht. Oder vielleicht doch?

In gewisser Weise geht das, und zwar mithilfe eines Modells des amerikanischen Psychologen Steven Reiss. Der Wissenschaftler fand heraus, dass es insgesamt 16 verschiedene Lebensmotive gibt, die einen Menschen antreiben können: Macht, Unabhängigkeit, Neugier, Anerkennung, Ordnung, Sparen, Ehre, Idealismus, Beziehungen, Familie, Status, Rache, Eros, Essen, körperliche Aktivität und emotionale Ruhe. Diese Lebensmotive sind tief in der Persönlichkeit eines Menschen verwurzelt, bestimmen seine Wünsche, Werte und Einstellungen – und haben damit auch Einfluss darauf, wie er die Welt sieht und sich verhält.

Wir ahnen nun schon, welches Kernproblem dem Projektleiter Clemens K. zum Verhängnis wurde: Sein Verhalten ist in hohem Maß vom Motiv »Ordnung« geprägt, das mit einem sehr niedrigen Ordnungsmotiv der kreativ veranlagten Entwickler kollidierte. Da er diese psychologischen Hintergründe nicht kannte, beharrte er auf der Einhaltung der von ihm eingeführten Strukturen und Regeln – und provozierte so den Widerstand seiner Mitarbeiter.

Für Ihre Arbeit als Projektleiter heißt das: Achten Sie auf die Lebensmotive der einzelnen Teammitglieder! Berücksichtigen Sie beim Umgang mit ihnen und bei der Verteilung der Projektaufgaben, welche Lebensmotive das jeweilige Projektmitglied antreibt. Geht es beispielsweise um die Auswahl eines entscheidungsstarken Teilprojektleiters, sollten Sie auf einen Mitarbeiter mit hoher Ausprägung beim Lebensmotiv »Macht« setzen.

Die Lebensmotive im Projektalltag entschlüsseln

Steven Reiss’ Modell der Lebensmotive erklärt, warum ein Mensch in einer Aufgabe hoch motiviert aufgeht, ein anderer mit derselben Aufgabe zutiefst unglücklich ist. So gibt es Menschen, die sich unmöglich vorstellen können, als Pflegerin oder Pfleger in einem Altenheim zu arbeiten, während das für andere ein Traumberuf ist. Deutlich wird: Um motivorientiert zu führen, müssen Sie die Motive der einzelnen Mitarbeiter kennen.

Nun stehen die Lebensmotive natürlich niemandem auf der Stirn geschrieben. Doch können Sie die Motivstruktur eines Mitarbeiters zumindest ansatzweise erschließen, indem Sie ihn beobachten und ihm gezielte Fragen stellen. So kann beispielsweise die Frage »Wie haben Sie Ihren letzten Urlaub verbracht?« Hinweise darauf geben, wie stark die Lebensmotive Neugier, emotionale Ruhe und Beziehungen ausgeprägt sind. Die Frage »Wie wichtig ist es für Sie, Kontakt zu Ihren Kollegen zu haben?« zielt auf die Lebensmotive Beziehungen und Unabhängigkeit ab.

Darüber hinaus hilft es, einen Mitarbeiter zu beobachten: Auf welche Weise und über welche Themen redet ein Mitarbeiter mit seinem Projektleiter und seinen Kollegen? Welche Tätigkeiten übt er bevorzugt aus? Wie exakt plant er seine Arbeit? Trifft er gern und schnell Entscheidungen oder holt er erst die Meinungen anderer ein und wägt genau ab? Arbeitet er sich schnell und bereitwillig in neue Gebiete ein oder bleibt er lieber beim Alten? Das Verhalten eines Mitarbeiters kann durchaus Aufschluss darüber geben, welche Lebensmotive für ihn prägend sind.

Die Kunst, motivorientiert zu führen

Für alle 16 Lebensmotive und ihre verschiedenen Ausprägungen gibt es konkrete Ansätze, die Ihnen als Projektleiter helfen können, motivorientiert zu führen. Zur Erklärung beschränken wir uns an dieser Stelle auf das Lebensmotiv »Macht«, das den Wunsch nach Einflussnahme und Gestaltung beschreibt.

Schwache Ausprägung

Lebensmotiv

Starke Ausprägung

Geführt werden, keine Verantwortung tragen

Macht

Einfluss, Erfolg, Leistung, Führung, Verantwortung

Teamorientierung, Wir-Gefühl, Verbundenheit

Unabhängigkeit

Freiheit, Autonomie, Selbstbestimmung

Praktisch, Umsetzen, Anwenden, Machen

Neugier

Wissen, Wahrheit, Dingen auf den Grund gehen

Selbstbewusstsein, Kritikfähigkeit

Anerkennung

Kritiksensibel, Wunsch nach Zugehörigkeit/Akzeptanz

Flexibilität, Spontanität, Offenheit für Abweichungen

Ordnung

Struktur, Klarheit, Ordnung, Prozesse, Organisation

Großzügigkeit, Wegwerfen, kein Interesse am Sammeln

Sparen/Sammeln

Anhäufung materieller Güter, Aufheben, Archivieren

Ziel- und Zweckorientierung, Flexibilität

Ehre

Prinzipientreue, Loyalität, Tradition, Regeleinhaltung

Realismus, soziale Selbstverantwortung

Idealismus

Fairness, soziale Gerechtigkeit, Altruismus

Zurückgezogenheit, Ernsthaftigkeit, Intraversion

Beziehungen

Freundschaft, Geselligkeit, Extraversion, Nähe zu anderen

Partnerschaftlicher Umgang, keine Abhängigkeit von Kindern

Familie

Familienleben, Fürsorglichkeit, Erziehung eigener Kinder

Bescheidenheit, Genügsamkeit, egalitär

Status

Prestige, Reichtum, Titel, Image, öffentliches Ansehen

Harmonie, Kooperation, Konfliktvermeidung, Ausgleich

Rache/Kampf

Konkurrenz, Aggression, Kampf, Vergeltung

Askese, Zurückhaltung

Eros

Sexualität, Lust, Leidenschaft, Schönheit, Ästhetik

Hunger stillen

Essen

Genuss und/oder Menge bei Nahrung und Speisen

Körperliche Ruhe

Körperliche Aktivität

Bewegung, Fitness

Stressrobustheit, Risikobereitschaft

Emotionale Ruhe

Entspannung, emotionale Sicherheit, Stressvermeidung

Menschen mit einem stark ausgeprägten Machtmotiv streben nach Erfolg, Leistung, Führung und Verantwortung. Demzufolge ist ein Projektmitarbeiter mit einem hoch ausgeprägten Machtmotiv vor allem dann motiviert und leistungsbereit, wenn sein Projektleiter ihm Einfluss und Gestaltungsspielräume bietet. Das kann durch folgende Maßnahmen geschehen:

Der Projektleiter zeigt dem Mitarbeiter seinen Entscheidungsspielraum auf: »Sie kennen das Ziel, treffen Sie die dafür notwendigen Entscheidungen.«

Der Projektleiter setzt durch Wörter wie »Vorbild«, »Leistungsträger« oder »Aktivposten« gezielte Anreize und weckt den Ehrgeiz des Mitarbeiters.

Der Projektleiter kommt dem Wunsch nach Eigenverantwortung nach, indem er Ziele vorgibt, die Vorgehensweise jedoch dem Mitarbeiter überlässt.

Natürlich erfordert eine motivorientierte Führung mehr, als stur diesen und ähnlichen Tipps zu folgen. Wichtig sind auch eine gute Menschenkenntnis, vor allem aber Offenheit für die Werte und Prioritäten anderer Menschen.

Tipp

SURVIVAL-TIPPS

Klären Sie Ihre eigene Motivlage. Besonders stark ausgeprägte eigene Motive bergen die Gefahr, Mitarbeiter zu demotivieren, die durch andere Motive geprägt sind.

Folgen Sie nicht der irrigen Annahme, dass Aufgaben und Maßnahmen, die Sie selbst motivierend finden, auch Ihre Mitarbeiter motivieren.

Identifizieren Sie die Lebensmotive Ihrer Mitarbeiter. Entwickeln Sie im Laufe der Zeit ein Gespür dafür, was Ihre Mitarbeiter antreibt.

Schärfen Sie Ihre Beobachtungsgabe, um herauszubekommen, was Ihren Mitarbeitern wichtig ist. Beobachten Sie, wie sie sich verhalten und über was sie gerne reden.

Stimmen Sie Ihre Kommunikationsweise auf die Motivlage Ihrer Mitarbeiter ab: Überlegen Sie, mit welchen Worten Sie Ihre Mitstreiter zur Mitarbeit bewegen.

Übertragen Sie jedem Mitarbeiter möglichst die Aufgaben, die ihn motivieren – und gestalten Sie sein Umfeld so, dass es ihn motiviert.

1.4Risiko Rückdelegation

Viele Projektleiter drohen im Monkey Business zu ersticken

Wenn es darum geht, sich um Arbeit herumzudrücken, können Projektmitarbeiter sehr kreativ sein. Wortreich erklären sie, warum sie eine Aufgabe nicht machen oder eine Deadline nicht einhalten können. Hier sollte der Projektleiter auf der Hut sein: Meist wird mit solchen Spielchen versucht, Aufgaben und Verantwortung zurückzudelegieren.

»Steffen, wir haben da ein Problem.« Ein Mitarbeiter fängt den Projektleiter auf dem Weg zur nächsten Besprechung ab und schildert kurz, womit er vermeintlich nicht weiterkommt. Er sagt gerade so viel, dass sein Projektleiter weiß, worum es geht, aber doch so wenig, dass eine Lösung nicht offensichtlich ist. Steffen, ziemlich in Eile, verspricht, sich darum zu kümmern. Und schon ist passiert, was vielen Projektleitern das Leben so schwer macht: Rückdelegation – auch bekannt als »Monkey Business«.

Vielen Mitarbeitern gelingt es immer wieder, gerade in Projekten: Sie winden sich aus einer Aufgabe heraus und sorgen dafür, dass der Chef am Zuge ist. Unversehens bearbeiten Sie als Projektleiter Aufgaben, die Sie eigentlich Ihren Mitarbeitern übergeben hatten. Unterdessen bleibt Ihre eigentliche Arbeit liegen.

Beispiel

Als Projektleiter sollten Sie sich der Gefahr der Rückdelegation bewusst sein und grundsätzlich jeden Versuch abwehren: Es gilt hart zu bleiben – und niemals die Aufgaben der Mitarbeiter zu lösen.

Who’s got the Monkey!

Der Begriff Monkey Business wurde von den Managementberatern William Oncken und Donald L. Wass geprägt. Sie trafen 1974 mit ihrem Artikel »Management Time: Who’s got the Monkey!« ins Schwarze. Noch heute wird die Ausgabe nachgedruckt; es gibt kaum ein Buch zum Thema Delegation, das sich nicht auf die beiden Autoren beruft. Im Kern behaupten sie: Mitarbeiter haben ein natürliches Bedürfnis, die ihnen übertragenen Aufgaben ganz oder teilweise wieder an ihren Vorgesetzten zurückzugeben.

Die vielen kleinen Arbeitsaufgaben, die auf diese Weise erneut bei der Führungskraft landen, bezeichneten Oncken und Wass als »Monkeys«, als Äffchen, die vom Mitarbeiter auf die Schultern des Chefs springen.

Gründe für die Rückdelegation …

Gründe für die Rückdelegation …

Der Projektleiter hat die Aufgabe nicht angemessen delegiert. Dem Mitarbeiter ist unklar, was genau bis wann erledigt werden soll.

Der Projektleiter kann es nur schwer ertragen, wenn seine Mitarbeiter in Schwierigkeiten oder hilflos sind – typisch Helfersyndrom.

Dem Projektleiter ist es wichtig, als fachlicher Experte wahrgenommen zu werden. Eine Möglichkeit, das zu beweisen, besteht darin, die Aufgaben lieber selbst zu erledigen.

Der Mitarbeiter ist nicht in der Lage, die Aufgabe zu erledigen. Ihm fehlt es an Know-how oder der notwendigen Erfahrung.

Der Mitarbeiter kommt nicht voran, weil er wichtige Informationen braucht. Ihm ist nicht klar, dass er sich diese selbst beschaffen muss.

Der Mitarbeiter kommt nicht weiter, weil zunächst eine Entscheidung getroffen werden muss, die er nicht selbst treffen kann.

Ein Affe per E-Mail

Projektleiter kennen das Phänomen nur zu gut, das Oncken und Wass in ihrem Artikel beschreiben. Da gibt es im Team Mitarbeiter, die sich aufs Rückdelegieren verlegt haben. Sie tauchen mit einem Affen auf der Schulter beim Projektleiter auf und verleiten ihn dazu, sich des Problemes anzunehmen.

Und was passiert? Der Affe springt über. Besonders clevere Mitarbeiter schicken den Affen sogar per E-Mail. Und ehe der Projektleiter sichs versieht, verwandelt sich sein Büro in ein Tollhaus. Am Montag waren es noch zwei kleine, niedliche Äffchen, doch am Freitag kämpft er bereits gegen eine Horde aufmüpfiger Primaten. Einige besonders widerspenstige Tiere nimmt er am Wochenende sogar mit nach Hause.

Ein Affe kommt selten allein

Auch wenn Ihnen die Affen zwischenzeitlich kaum noch eine ruhige Minute lassen, wird Ihnen als Projektleiter schnell klar:

Hat es ein Affe erst einmal auf Ihre Schultern geschafft, so bleibt er dort nicht allein: Affen sind Herdentiere und vermehren sich rasend schnell.

Sobald der Affe die Schultern wechselt, haben Sie eine verkehrte Welt: Fortan kommt Ihr Mitarbeiter zu Ihnen und fragt, ob es Neuigkeiten gibt, wie der Stand der Dinge ist und wann er mit Fortschritten rechnen kann.