Prophezeiung des Wolfskindes: Sammelband 1 - Melanie Häcker - E-Book

Prophezeiung des Wolfskindes: Sammelband 1 E-Book

Melanie Häcker

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Beschreibung

In diesem Sammelband erlebt ihr die Reise von Tarija und Alkje die dazu bestimmt sind, eine längst vergangene Prophezeiung zu erfüllen. Ein geteiltes Reich zu einen und den rechtmäßigen König zurück auf den Thron setzen. Erlebt eine abenteuerliche Reise durch ein mittelalterliches Setting, mit ein bisschen Liebe, Schwertkämpfen und epischen Schlachten.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Prophezeiung

des

Wolfskindes

 

Band I

 

Erwachen des Wolfskindes

 

 

Melanie Häcker

 

 

1. Neuauflage

 

 

1. Auflage Erschienen Oktober 2018

 

 

Texte: Melanie Häcker

Cover & Buchsatz: Meli´s Ink Art

Lektorat: Schreibkunstwerk

 

Vertrieb durch:

Melanie´s Bücherwelt

Salierstraße 7

75417 Mühlacker

 

 

 

Webseite:

http://www.autorin-melanie-haecker.jimdosite.com

 

 

Facebook: Melanie Häcker

Instagram: melaniehaeckerautorin

 

 

Alle Rechte vorbehalten!

Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und öffentliche Zugänglichmachung.

 

 

 

 

 

Prophezeiungssaga

 

 

Band I

Erwachen des Wolfskindes

 

Band II

Die Kardianische Königin

 

Band III

Erbe des Wolfskindes

 

Band IV

Erfüllung des Schicksals

 

 

 

Prolog

 

21 Sommer zuvor

 

Ihre schlanken Finger gruben sich in das kuschelige Fell ihrer Mutter.

Nackte Glieder, die sich falsch anfühlten.

Wohin waren ihre Pfoten verschwunden? Ihr samtweicher Pelz?

Sie schmiegte sich in das Fell, suchte nach einer Antwort, warum sie kein Wolf mehr war. Die gleichmäßigen Atemzüge der Wölfin beruhigten ihre aufgewühlten Gedanken. Ebenso die Geräusche der näheren Umgebung.

Das Rascheln des Laubes unter ihr. Die Blätter vor dem Höhleneingang, die in der Sommerbrise flüsterten. Winzige Füße, die durch das Unterholz huschten. Eine Hummel brummte vorbei, auf der Suche nach Nahrung, während die Vögel ihre Lieder zwitscherten. Etwas entfernt hörte sie einen Specht klopfen, der unermüdlich für seine Kinder Futter aufspürte.

Sie zogen sich in die Höhle zurück, da die Luft von der unerträglichen Hitze flimmerte. Im Schutz der Erde und mit der Symphonie der Geborgenheit, war es zu ertragen.

Sie hoffte, der Abend brach bald an. Dann würde ihre Mutter aus ihrem dösenden Zustand erwachen und sie begaben sich auf die Jagd.

Es kribbelte in ihren Fingern, in den Zehenspitzen neben der Wölfin durch den Wald zu streifen. Sie lernte das Pirschen, welcher Hasenbau lohnenswert ist. Rannte Glühwürmchen hinterher.

Tagsüber war es ihr verboten. Es gab zu viele Räuber, die es auf sie absahen. Andere Wölfe. Fallen der Menschen. Aus diesem Grund blieb sie in der Höhle.

Ihre Gedanken schweiften an solch langweiligen Tagen ab. Sie fragte sich zum hundertsten Mal, warum sie sich in ein fellloses Wesen veränderte. Vage Erinnerungen bewiesen ihr, dass sie mit einem Pelz am Leib geboren war und auf allen vieren die Welt eroberte. Von einem Tag auf den anderen war sie kein Wolf mehr.

Der Grund war ihr schleierhaft. Selbst ihre Mutter hatte keinerlei Erklärung. Der Verlust ihrer Wolfsgestalt zwang sie, gemeinsam das Rudel zu verlassen. Man jagte das Wolfsjunge, das keines mehr war, davon. Beschimpfte es, verflucht zu sein.

Ihre Mutter war die einzige, die an ihrer Seite blieb. Die einen neuen, abgelegenen Unterschlupf fand, um sie weiter großzuziehen und zu beschützen.

Behutsam, um ihre Mutter nicht zu wecken, setzte sie sich auf, schlang ihre Beine zum Schneidersitz und legte den Kopf zur Seite.

Ein dumpfes Stampfen, vermischt mit unterschiedlichen Stimmen weckte ihre Neugierde.

Diese Geräusche gehörten nicht in den Wald. Sie kannte es vom nahe gelegenen Bauerndorf, das ihre Mutter gelegentlich aufsuchte.

Ihre winzigen Finger berührten das graue Fell ihrer Mutter. Sie drückte gegen deren Schulter, woraufhin die Wölfin erwachte. Ruckartig hob sie ihren massigen Kopf.

»Was ist Tarija, mein Schatz«, hallte die sanfte Stimme in ihrem Kopf. Tarija deutete mit ausgestrecktem Finger zum Eingang.

»Da ist ein Geräusch der Menschen. Wieso sind sie im Wald?«

Die bernsteinfarbenen Augen der Wölfin richteten sich zum Höhleneingang. Ihre Ohren stellten sich auf, um zu lauschen.

Tarija beobachtete das Muskelspiel unter dem Fell, während sich die Wölfin erhob, ausgiebig streckte, bevor sie zum Eingang trottete.

In der runden Öffnung blieb sie stehen. Sie reckte ihre Nase in den Wind, schnupperte, ehe sie kurz nach draußen trat. Ein paar Herzschläge stand sie vor der Höhle, bis sie zu Tarija hereinkam. Ein sanftes Lächeln zeigte sich in ihren wölfischen Zügen.

»Das sind Pferde, die einen Wagen der Menschen ziehen. Es braucht dich nicht zu beunruhigen. Sie sind fernab von unserer Höhle und somit keine Gefahr.«

Mit einem Seufzer ließ sich die Wölfin neben ihr nieder. Sie schleckte mit der rauen Zunge kurz über ihre Wange und bettete den Kopf auf die Vorderpfoten. Ein wenig beruhigt, jedoch immer noch von Neugierde erfüllt, lehnte sie sich an die Schulter ihrer Mutter. Tarija lauschte weiterhin diesen Geräuschen. Verträumt spielten ihre Finger mit dem langen Halsfell des Muttertieres, ehe sie sich, müde werdend an die kuschlige Flanke schmiegte.

Sie bemerkte eine Anspannung unter ihrem Kopf, blinzelte und sah in die Augen ihrer Mutter. Die betrachtete sie über die Schulter hinweg mit einem sanften Blick. Dieser veränderte sich innerhalb eines Lidschlages und wechselte zu einem bedenklichen Ausdruck.

»Man hört die Menschen nicht oft in dem Teil unseres Waldes, da sie sich fürchten, so wie wir uns vor ihnen ängstigen. Hüte dich. Du siehst aus wie sie, trotz alledem weiß keiner, wann du dich wieder zum Wolf verwandelst. Ich rate dir, meide die Menschen, wo es nur geht. In der wahren Form werde sie dich wegen deines Felles jagen, das vergiss nie!« Sanft stupste die Wölfin sie mit ihrer feuchten Nase an die Wange. »Nun versuche, zu schlafen, damit du für die Nacht ausgeruht bist.«

Müde nickte sie, schloss ihre Lider und versuchte Schlaf zu finden. Anhand der Bewegungen, die sie unter sich spürte, wusste sie, dass ihre Mutter den Kopf auf die Vorderpfoten legte. Indes horchte sie auf die Geräusche, bis sie in einen Dämmerschlaf verfiel.

Ein harsches »Brr« hallte an ihre Ohren und riss sie aus ihren Träumen. Irritiert brauchte sie einen Moment, bis sie das Vibrieren unter ihren Händen bemerkte. Sie setzte sich erschrocken auf, gleichzeitig war sie hellwach.

Ein Blick zu ihrer Mutter genügte, um zu wissen, dass etwas nicht stimmte. Die Wölfin zog ihre Lefzen hoch. Ihr Nackenfell sträubte sich und ein tiefes Knurren drang aus ihrer Kehle. Sie sah alarmiert zum Höhleneingang.

»Hinter mich«, kläffte die Stimme ihrer Mutter in ihren Gedanken. Sie kam dem ohne zu zögern nach. Auf allen vieren kletterte Tarija über den Rücken der Wölfin und drückte sich gegen die Höhlenwand.

Ihre Mutter erhob sich sofort, trat einen Schritt auf die Öffnung zu, um ihren geschmeidigen Körper vor sie zu platzieren. Ihr Knurren nahm einen dunkleren, bedrohlicheren Ton an.

Ihre Angst wuchs ins Unermessliche. Wieso versetzte dieser Laut ihre Mutter in Alarmbereitschaft?

Schwere Schritte näherten sich der Höhle. Laub raschelte, Zweige knackten und Tarijas ganzer Körper war gelähmt. Sämtliche Härchen standen ihr zu Berge.

Der Eingang verdunkelte sich. Sie versuchte, über den Rücken ihrer Mutter nach vorne zu schauen. Erschrocken starrte sie den gewaltigen Schatten an, der sich vor den Eingang der Höhle schob. Sie schlug ihre Hände auf den Mund, um nicht zu schreien. Tarija war sich im Klaren, dass sie keinen Laut von sich geben durfte.

Sie rollte sich zusammen. Oft ermahnte ihre Mutter sie und erklärte ihr, wie sie sich bei Gefahr verhielt. Egal ob es sich um ein anderes Raubtier handelte oder wie jetzt, um einen Menschen.

»Hier ist ein Wolf und … wartet! Dahinter ist irgendwas! Ich brauch einen Speer!« Der Mensch verschwand und Licht durchflutete die Höhle.

»Bleib dicht hinter mir! Vielleicht erhalten wir eine Möglichkeit zu fliehen.« Ihr entging die Panik in der Stimme ihrer Mutter nicht, die sich sofort auf sie übertrug. Als der Mensch wieder die runde Öffnung blockierte, blieb Tarijas Herz fast stehen.

In seinen Händen hielt er einen halblangen Holzstab, dessen vorderes Ende in der Sonne blitzte. Die Entscheidung ihrer Mutter, sie immer wieder zu dem nahe gelegenen Dorf mitzunehmen half ihr. Dadurch hatte sie mehr über die Menschen gelernt. Ihr Verhalten. Die Dinge, die sie benutzten, und vor allem ihre Sprache, da sie jedes Wort verstand.

»Scheiße! Da ist ein Kind hinter dem Wolf! Rasch …«

Hektik brach vor der Höhle aus. Der Mensch zielte mit dem Speer auf ihre Mutter und im gleichen Moment fing sie zu zittern an. Ihre Mutter knurrte bedrohlicher, fletschte die Zähne und schirmte sie vor den Menschen ab. Kalter Schweiß rann ihr die Wirbelsäule entlang. Mit aufgerissenen Augen beobachtete sie das Geschehen.

Das Nackenfell ihrer Mutter sträubte sich. Sie trat einen Schritt auf den Menschen zu, der sofort den Speer in ihre Richtung warf. Mit einem entsetzten Aufschrei sah Tarija ihre Mutter taumeln, nachdem sich der Speer in deren Seite bohrte.

Von Pein erfüllt, heulte ihre Mutter auf, was Tarija durch Mark und Bein fuhr.

Verzweiflung vermischte sich mit Schrecken. Die Lähmung fiel von ihrem Körper ab. Sie vollführte einen Satz nach vorne zu ihrer Mutter. Tarija sah das Zittern der Läufe, die anfingen unter dem schmerzgeplagten Leib nachzugeben.

Tränen rannen Tarija in Strömen über die Wangen. Sie schlang ihre Arme um den Hals der Wölfin und schluchzte. Tarija vergrub mit einem Wimmern ihr Gesicht in dem weichen Fell, während die Stimme des Menschen gedämpft an ihre Ohren drang.

»Verdammt helft mir, bevor dem Kind was geschieht!«

Verflucht waren die Menschen blind? Sahen sie nicht, dass sie nicht in Gefahr war? Alles um sie herum versank im Chaos. Ihre ganze Welt, zerstört innerhalb weniger Herzschläge. Aus der Symphonie der Geborgenheit entwickelte sich eine Dissonanz der Gewalt.

Die Läufe der Wölfin gaben endgültig nach und mit einem weiteren schmerzverzerrten Jaulen brach ihre Mutter zusammen. Ihr Blick fiel auf den Speer. Eine Welle der Furcht raste durch ihren Körper. Sie war gezwungen, den Speer herauszuziehen, um ihrer Mutter zu helfen. Ihre Hände umfassten das Holz und mit all ihrer Kraft, die sie aufbrachte, versuchte sie den Speer herauszuziehen. Die Spitze blieb stecken, rührte sich nicht, sondern sorgte dafür, dass ihre Mutter erneut vor Schmerzen aufheulte.

Panik durchfuhr sie. Mit geweiteten Augen ließ sie schnell den Speer wieder los.

»Ich probiere sie abzulenken, mein Kind. Versuche zu fliehen und finde deinen Vater! Er beschützt dich.« Mit diesen Worten richtete ihre Mutter sich auf und keuchte vor Schmerzen. Ihr Körper brachte die Kraft nicht mehr auf. Entsetzt sah Tarija zu, wie das Leben aus dem Leib ihrer Mutter floss.

Sie schlang erneut die Arme um den Hals der Wölfin, vergrub ihr tränennasses Gesicht im Fell. Von Neuem tastete sie nach dem Speer, fühlte etwas Warmes, Klebriges an ihren Fingern und schreckte empor. Sie schaute zu der Stelle, dort wo der Speer im Fleisch steckte. Tarija sah mit an, wie der rote Lebenssaft das Fell ihrer Mutter durchtränkte. Sie schrie. Eine krallenbewehrte Hand presste ihr Herz zusammen, als ihr klar war, was das bedeutete. Tarija bemerkte aus dem Augenwinkel, dass der Mensch bei ihrem Heulen kurz zuckte, da sie wie ein Wolf jaulte.

All den Mut, den sie tief in sich drinnen fand, sprang sie auf und packte energisch den Speer. Sie zog, während das Jaulen ihrer Mutter Tarijas Blut gefror. Der Speer bewegte sich kein Stück. Dann packten Hände sie an der Hüfte. In dem Moment erkannte Tarija, dass sie im Kampf mit dem Speer näher am Eingang kniete.

Der Mensch zerrte sie aus der Höhle.

Sie schlug und trat um sich. Ein bedrohliches Knurren, tief aus ihrer Brust, drang an die Oberfläche. Ihr Körper bebte. Der Druck um ihr Herz nahm zu, gleichermaßen die Verzweiflung über ihre Hilflosigkeit. Sie wand sich wie ein Fisch, nachdem sie bemerkte, dass der Mensch sie von ihrer Mutter wegzog. Unablässig sah Tarija zu ihr, beobachtete die Wölfin, die ihre Pfoten in den Boden stemmte und aufstand. Mit einem entkräfteten Jaulen sackte sie zusammen. Tarija hielt den Atem an. Sie biss sich auf die Lippen, während Tränen wie Sturzbäche an ihren Wangen hinab liefen.

»Flieh, mein Kind! Flieh! Such deinen Vater«, schrie ihre Mutter. Sie wehrte sich verbissener und schlug ihre Fingernägel in die Haut des Menschen, der sie mit einem Schrei losließ. Augenblicklich packte er erneut ihre Handgelenke.

Sie stemmte ihre Füße in den Boden, drückte sich weg von ihm. Jedoch hielt er sie beharrlich fest. Er zog und zerrte sie zum Eingang, weg von ihrer Mutter.

»MAMA! MAMA, hilf mir!«

Gleißendes Sonnenlicht stach wie Nadelspitzen in ihre Au-gen, ließ sie heftig blinzeln. Ihr Geschrei nahm einen schrilleren Ton an. Ihre Stimme überschlug sich.

Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, starrte sie in das Gesicht eines anderen Menschen, der sie verdattert musterte.

»Was ist mit dem Kind los? Das gebärdet sich wie ein ungebändigtes Tier.« Um dies zu bestätigen, fauchte sie den Bärtigen an, woraufhin er einen Schritt zurücktrat. Der Rothaarige neben ihm, der sie eisern festhielt, lachte kurz auf.

»Scheint es zu sein. Am besten wir bringen sie erst einmal ins Dorf.« Der Bärtige nickte, schritt um sie herum, umfasste grob ihre Oberarme und drückte ihren Leib gnadenlos an seinen. Sie strampelte, trat ihm mehrmals an die Knie, allerdings ließ sie nicht los.

»Du kleines Miststück! Halt endlich still!«

Der Griff um ihre Arme zog sich wie eine Schlinge zu. Tarija schrie ihren Schmerz hinaus.

»Ziemlich wild die Kleine.«

»Das kannst du laut sagen. Verdammter Mist! Sie hat schon wieder mein Knie getroffen. Warum muss ich sie eigentlich festhalten?«

Der Rothaarige vor ihr ließ ihre Hände los, worauf sie mit den Fingernägeln nach ihm schlug, ohne Erfolg. Der Bärtige hielt sie unnachgiebig fest. Gab ihr nicht die Gelegenheit, ihre Arme zu heben. Allein ihre Füße konnte sie nutzen. Sie fing an, heftiger zu strampeln.

»Scheiße! Hilft mir mal jemand!«

»Ach komm. Du wirst doch wohl mit einem Kind fertig.«

»Hast du überhaupt eine Ahnung, wie weh das tut, wenn sie tritt?«

»Dann bring sie zum Wagen und sperr sie ein.«

Sie erhaschte einen Blick zur Höhle. Ihr Herz geriet ins Stolpern, ihre Kehle schnürte sich zu, während sie beobachtete, wie ein Mann in die Höhle kroch.

»MAMA! MAMA!« Sie erhielt keine Antwort. Wie auch.

Mit tränenerstickter Stimme sah sie mit an, wie man ihre Mutter, mit Seilen um die Vorderpfoten, herauszerrte. Der Anblick des erschlafften Körpers, ließ Tarijas Herz in Tausende von Splitter zerbrechen.

Starr vor Entsetzten sah sie in die geöffneten bernsteinfarbenen Augen, denen jeglicher Glanz von Leben fehlte. Das graue Fell, war, um den Speer herum, durchdrängt vom roten Lebenssaft. Die Gewissheit, dass ihre Mutter Tod war, raubte ihr die Geborgenheit, die die Wölfin ihr gegeben hatte.

Wieder bäumte sie sich auf, hatte vor sich loszumachen, wegzulaufen, zu ihrem Vater zu fliehen. Was ihr nicht gelang. Sie war unfähig, einen Laut von sich zu geben. Ihre Kehle war zugeschnürt. Das hinderte sie nicht daran, ihren Peiniger mit den Füßen zu traktieren. Ihre Nägel waren nicht zu gebrauchen, aber sie besaß noch andere Möglichkeiten, sich zu wehren.

Ihre Lippen zogen sich nach oben und sie fletschte die Zähne in Richtung der Menschen, die Hand an ihre Mutter legten. Sie erhielt keine Gelegenheit, einen von ihnen zu beißen.

»Bring das Balg endlich in den Käfig!«

Ein entrüstetes Schnauben drang an ihre Ohren, dann trug man sie weg. Keiner der anderen beachtete sie mehr oder reagierte auf ihr unnatürliches Gebaren. Selbst ihr Zähnefletschen würdigten sie keines Blickes. Das Interesse der Menschen galt rein der Wölfin.

Einer riss den Speer aus dem toten Körper. Tarija jaulte auf. Ihre Wangen waren von den Tränen aufgeweicht. Sie zitterte durch die Kälte, die sich von innen heraus ausbreitete.

Ein weiteres Mal bäumte sie sich mit allem, was sie aufzubieten hatte, auf. Gleichzeitig erkannte sie, dass ihre Kraft sie verließ. Sie gab nicht auf.

Ihr Körper allerdings, ließ sie im Stich. Eine bodenlose Leere folgte der Kälte in ihr. Verdunkelte ihre Gedanken und allmählich erschlaffte sie in den Händen des Menschen. Das letzte bisschen Mut schwand aus ihr. Wieso wehrte sie sich noch? Jetzt da alles zu spät war. Es keine Möglichkeit mehr gab, sich zu befreien. Warum töteten die Menschen sie nicht ebenfalls, dann wäre sie wieder mit ihrer Mutter zusammen.

Vor ihr tauchte ein merkwürdiger Wagen auf. Sie kannte nur die Karren der Bauern, die damit Getreide und andere Lebensmittel transportierten. Auf diesem Gefährt war ein Behälter aus silbrig, dicht sitzenden Ästen. Er strahlte etwas Bedrohliches aus.

Ihre Nackenhaare richteten sich auf. Unbarmherzig schubste der Mensch sie in den Kasten hinein. Er knallte die Tür zu und verschloss sie, wobei er sich mehrmals vergewisserte, dass die Tür zu war. Unter sich fühlte sie unnachgiebiges Holz, während diese harten silberfarbenen Äste ein unheilvolles Gefühl in ihr auslösten. Sie beobachtete den Menschen, der mit beiden Händen einen schwarzen Stoff packte und diesen über den Behälter zog, bis vereinzelte Sonnenstrahlen hereindrangen. Nach einigen Lidschlägen herrschte eine erdrückende Hitze und erschwerte ihr das Atmen. Entmutigt legte sie sich hin, zog ihre Knie bis zum Kinn. Sie umschlang sie mit den Armen, um sich zu einem Knäuel zusammen zu rollen, ehe sie die Augen schloss. Das Zwielicht spiegelte ihren Zustand wider. In ihrem Inneren herrschte eine abgrundtiefe Düsternis. Das Gefühl der Liebe, der Geborgenheit war mit ihrer Mutter gestorben. Ihre Mutter. Der Gedanke an sie entlockte ihr wieder ein leises Wimmern.

Was passierte? Kam auf sie zu? Was hatten diese Menschen vor?

Ihr blieb nichts übrig, außer auszuharren und darauf zu warten, was mit ihr geschah.

Ihr idyllisches Leben, zerstört innerhalb von wenigen Augenblicken. Was für ein Leben fing nun für sie an? Würde sie weiterleben? Über ihr Winseln hinweg, nahm sie gedämpft die anderen Geräusche wahr. Sie hörte, dass mit einem feuchten Laut etwas auf den Wagen landete und fing an heftig zu schluchzen. Sie roch das Blut und ihr war klar, was es war. Der tote Körper ihrer Mutter. Gleich darauf neigte sich der Wagen dezent zur Seite.

Schwere Schritte ließen das Holz erbeben, auf die ein Seufzer, zugleich das Rascheln von Stoff folgten. Das Knallen der Peitsche, ließ sie zusammenzucken, dann schnalzte einer der Menschen und mit einem harten Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung.

Sie lauschte den Schritten der Pferde, die das Moos dämpfte. Das Knarren und Ächzen, wenn der Wagen über Unebenheiten rollte, ebenso das nervöse Schnauben der Pferde, die offenbar die tote Wölfin und sie witterten. Jedes dieser Geräusche brannte sich in ihre geschundene Seele. Durch den Spalt, unter dem Tuch hindurch, erkannte sie die Menschen, die neben dem Wagen einhergingen. Es kümmerte sie nicht, trotz allem lauschte sie den Gesprächen.

»Die Kleine ist sonderbar. Habt ihr je so ein Kind gesehen?«

»Nein. Hast du bemerkt, wie sie die Zähne gebleckt hat. Wie der Wolf …«

»Unheimlich. Hoffentlich hilft uns Baldur, wobei ich glaube, dass der Alte nicht begeistert ist, wenn er den toten Wolf sieht.«

»Ach, lass den Alten! Wir haben ein bildhübsches Fell erbeutet und einen Wolf weniger, der unsere Schafe reißt.«

Jagdbeute. Ihre Mutter und sie waren nur Jagdbeute.

Trotz der Hitze zitterte sie. Tarija schlang ihre Arme dichter um die Knie, schloss Augen und Ohren, da sie nichts mehr von dieser Welt hören wollte. Sie versank in die Leere, die sich in ihr ausgebreitet hatte, während der Wagen unaufhörlich über den Waldboden polterte. Immer wieder rissen Schmerzen sie aus dieser Gleichgültigkeit, wenn das Gefährt durch eine Unebenheit fuhr und sie gegen die harten Äste prallte. Sie fühlte den Schmerz nicht richtig, wenn sie in ihre Lethargie versank.

Nie wieder würde sie die Harmonie der Geborgenheit fühlen. Die Welt, in der sie behütet von ihrer Mutter gelebt hatte, gab es nicht mehr. Man hatte sie auf brutalste Art und Weise von ihrer Mutter getrennt. Die Wölfin vor ihren Augen getötet. Sie aus ihrer Umgebung gerissen. Man brachte sie weg. Weg von dem Ort, an dem sie aufgewachsen war. Jenem, indem sie das Jagen von ihrer Mutter, und eins mit der Natur zu sein, gelernt hatte. All das gab es nicht mehr. Aber wer half ihr jetzt?

Zum ersten Mal in ihrem Leben fragte sie sich, was nun aus ihr wurde. Wie das neue Leben in der Fremde aussah?

Ein heftiger Ruck durchfuhr den Wagen, schleuderte sie hart gegen die Äste, was sie zu einem schmerzhaften Jaulen veranlasste.

Nachdem der Schleier aus Schmerzen wieder verschwunden war, bemerkte sie, dass sie am ganzen Körper zitterte. Die Arme um die Knie geschlungen, rollte sie sich erneut ein. Sie versank in die Tiefe ihrer Seele, als ein Gewirr von Stimmen zu ihr heran wehte.

Sie hatte nicht vor zuzuhören, wenngleich ihre Neugierde obsiegte. Durch den Schlitz in Bodennähe, durch den das Sonnenlicht hereinfiel, versuchte sie etwas von der neuen Umgebung zu erkennen. Sie sah Schatten, die sich hin und her bewegten, ehe eine verärgerte Stimme zu ihr Drang.

»Wart ihr törichten Idioten wieder im Wald und habt Wölfe gejagt!« Der zornige Unterton war nicht zu überhören. Die Stimme kam näher, bis sie den dazugehörigen Schatten erspähte.

»Wie oft soll ich es euch sagen! Ihr habt die Wölfe in Ruhe zu lassen!«

Behutsam rutschte sie näher an die harten Äste, linste durch den Schlitz, dabei sah sie einen älteren Menschen mit grauem Haar und langem Bart. Er fuchtelte mit den Händen, was den dicklichen Mann zurückweichen ließ. Gleich darauf baute sich ein hünenhafter, schlanker Kerl vor dem Grauhaarigen mit vor der Brust überkreuzten Armen auf.

Der Schlanke brummte provokant: »Na und! Was weißt du schon über diesen Wald! Wenn wir nicht wieder gejagt hätten, wäre das Mädchen vielleicht tot!« Er löste seine Arme und deutete in ihre Richtung, weswegen sie mehr in die Mitte ihres Gefängnisses rutschte.

»Wir haben sie in einer Höhle gefunden, bei diesem Wolf. Was hätten wir deiner Meinung nach tun sollen? Zwar haben wir sie in den Käfig gesperrt, aber nur, weil sie sich wie ein Wolf benimmt. Hätten wir sie etwa zurücklassen sollen?«

Käfig, so nannte man das Ding. Diese Feststellung verflog in dem Moment, indem ihr Blick auf den leblosen Körper ihrer Mutter fiel. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Die Seite der Wölfin war vom Lebenssaft durchtränkt, die bernsteinfarbenen Augen starrten ins Leere. Ein Anblick der Tarijas Körper erschütterte.

Ein Schluchzer kroch in ihr empor, den sie mühsam unterdrückte, auch wenn es ihr nicht immer gelang. Zu immens saßen der Schmerz, die Angst und die Ungewissheit. Vernebelten ihre Gedanken, weswegen die Stimmen gedämpft an ihre Ohren drangen.

»Welches Mädchen? Wovon redest du?«

»Schau nach. Ein Kind, vielleicht vier Sommer, ohne jegliche Kleidung und ziemlich verwahrlost.«

Schritte, die müde über den Boden streiften, näherten sich dem Käfig. Sie schlang ihre Arme um die Knie und verbarg ihr Gesicht dazwischen. Ein Lichtstrahl kitzelte ihre Lider. Tarija hatte nicht vor hinzusehen. Allerdings ließ die Vernunft sie im Stich, weswegen sie sachte den Kopf hob. Sie blinzelte ein-, zweimal, bis sich der Schleier vor ihren Augen auflöste. Auf der anderen Seite des Käfigs stand der ältere Mensch. Sein Gesicht war von ein paar Falten überzogen und sein ergrautes Haar schimmerte im Licht, wobei rehbraune Augen sie entsetzt betrachteten. Seine Hand fuhr zu dem Schloss. Bevor er es ergriff, fing ihre Brust an zu vibrieren. Sie stieß, am ganzen Leib zitternd, ein Knurren aus, das ihre Angst zeigte. Aus diesem Grund kräuselte sie ihre Lippen, um die Zähne zu fletschen.

Der Alte hielt sofort in der Bewegung inne, wobei sie ihn fixierte. Tarija sprang blitzschnell auf die Füße. Mit einem katzenhaften Satz katapultierte sie sich in seine Richtung und prallte schmerzhaft gegen die harten Äste. Benommen schüttelte sie kurz den Kopf, um gleich darauf nach ihm zu schnappen.

»Was habt ihr dem Kind angetan?« Erschrocken wich der Alte zurück, ließ den Stoff fallen, sodass sie wieder von Zwielicht umhüllt war. In der Mitte des Käfigs legte sie sich auf die Seite und schielte durch den Schlitz hindurch. Sie beobachtete den Alten, der aufgebracht zu dem Schlanken stampfte.

Ihr ganzer Körper zitterte durch die Anspannung, die sie zum Vorpreschen veranlasst hatte.

»Ihr Narren! Was habt ihr nur angestellt?! Habt ihr die kleinste Ahnung davon, was das für ein Kind ist? Ihr hättet sie bei den Wölfen lassen sollen!«

Der Schlanke zischte ihm entrüstet entgegen: »Damit sie stirbt? Verdammt, das ist ein Kind …«

»Ist sie NICHT! Sie sieht nur aus wie ein Kind. Wenn ihr meinen Geschichten mehr Aufmerksamkeit schenken würdet, dann wüsstet ihr, was sie ist!«, bellte der Alte dem Schlanken entgegen. Seine Worte erweckten wieder ihre Neugierde. War es möglich, dass der Alte wusste, was sie war?

»Ach du mit deinen albernen Geschichten. Nur die Kinder glauben an solchen Blödsinn. Sie ist ein Kind, nicht eines deiner …«

Der Alte schnaubte.

»Wenn sie nur ein Kind ist, habt ihr euch Gedanken darüber gemacht, wer sie aufnimmt, und sie aufzieht?«

In den Gesichtern der Männer zeigte sich Ratlosigkeit.

»Natürlich! Das war mir sofort klar. Wie sollte es anders sein mit euch Idioten.« Behäbig kam er wieder auf den Käfig zu und ihr Knurren verstärkte sich mit jedem seiner Schritte. Er hielt inne, dabei drehte er sich zu den Jüngeren um. »Wenn ich einen von euch noch einmal bei der Wolfsjagd erwische, lernt ihr mich kennen. Was das Mädchen angeht. Da ihr nicht fähig seid, sie bei euch aufzunehmen, werde ich mich um sie kümmern.«

Ein paar der Jüngeren zogen die Köpfe ein, nur der Schlanke blieb aufgerichtet stehen und starrte den Alten wütend an.

»Bevor du Wurzeln schlägst, Towin! Hilf deinen Männern, den Käfig in mein Haus zu tragen. Dann macht, dass ihr nach Hause kommt!«

Die Ersten flüchteten bereits.

»HALT! Ihr bleibt mal alle schön hier«, schnauzte der Schlanken. Manch einer blieb stehen, kam zurück, während andere das Weite suchten.

»Ihr seid alle verdammte Feiglinge! Das wird noch ein Nachspiel haben! Die anderen, los! Bringen wir den Käfig rein.«

Tarija beobachtete durch einen schmalen Spalt, dass einige der Schatten auf den Käfig zukamen. Sie ergriffen die Ecken, um ihr Gefängnis über das Holz des Wagens zu schieben. Dann trugen sie ihn, mit Gestöhne und Geächze zu einem der Gebäude, wobei der Käfig heftig schwankte.

Immer wieder fiel sie gegen die Äste, spürte, wie ihr ganzer Körper ein Quell des Schmerzes war und sie einmal hart mit dem Kopf aufschlug. Sterne tanzten vor ihren Augen, ihr Blick trübte sich, woraufhin eine Ohnmacht sie überwältigte.

 

Er beobachtete zweiflerisch die Männer, die kurzerhand Bücher wahllos zur Seite schoben, damit sie den Käfig recht unsanft abstellten. Er ignorierte ihre verstohlenen Blicke und jagte sie mit harschen Handbewegungen aus seinem Haus.

Er schüttelte den Kopf und sah sich das Durcheinander an, das sie hinterlassen hatten. Es würde Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis er all die Bücher wieder sortiert hatte. Jetzt allerdings, kümmerte er sich um das Mädchen.

Behutsam trat er einen Schritt auf den Käfig zu, da bemerkte er aus dem Augenwinkel, dass diese Holzköpfe die Tür offengelassen hatten.

»Idioten«, nuschelte er. Stapfte zum Hauseingang, verschloss die Tür mit einem hörbaren Klicken, um sich wieder zum Käfig umzudrehen.

Voller Neugierde trat er an den Käfig heran, betrachtete das schwarze Tuch, das über diesen hing, ehe er erneut zögerte. Wenn sie ein Wolfskind war, dann hieß das, dass sie die Magie der Gestaltwandlung besaß. Aber wieso verwandelte sie sich nicht in einen Wolf? Ihr Gebaren deutete eindeutig darauf hin. Oder … eine uralte Prophezeiung schoss ihm durch den Kopf, von der er wusste, dass es verschiedene Wolfskinder gab. Jene die sich rein in Wölfe veränderten und jene, die andere Gestalten imstande waren anzunehmen. Wobei man Zweiteren oft Großes vorhersagte.

Zuerst benötigte er Beweise, um herauszufinden, ob sie eines dieser speziellen Wolfskinder war. Danach konnte er mit seinen Spekulationen anfangen.

Mit einem Ruck zog er an dem Tuch, streifte es von dem Käfig herunter und sah sich das Mädchen an. Sie kauerte in Seitenlage, die dünnen Ärmchen um ihre Knie geschlungen, auf dem Käfigboden. Sie hielt ihre Augen eisern geschlossen, während ein leises Wimmern ihre Lippen verließ. Ein unnatürliches Winseln. Nicht das eines Menschen. Nein. Das eines Welpen.

Dermaßen zusammengekauert, war er nicht imstande, ihr Alter zu schätzen. Sie besaß kein Gramm Fett am Leib. Eins wusste er. Sie war blutjung und gewiss traumatisiert, nachdem man sie brachial von der Mutter getrennt hatte. Sein Blick glitt über ihre langen braunen Haare, die bis zum Gesäß reichten, zerzaust und verfilzt waren. Sie trug keinerlei Kleidung. Ihr ganzer Körper war verdreckt, was für ihn bedeutete, dass sie ein Bad benötigte. Nicht dass sie Verletzungen von dieser unnötigen Aktion davongetragen hatte, die sich entzündeten.

Gleich darauf durchzuckte ihn ein Gedanke. Er besaß keine Kleidung für das Mädchen. Angestrengt grübelte er, welches Kind ungefähr in ihrer Größe war. Er warf einen raschen Blick zu dem Mädchen, vergewisserte sich, dass sie nicht aus dem Käfig konnte, ehe er aus dem Haus eilte.

Er hastete über den Dorfplatz zu einem der vielen Häuser, wo er ungestüm anklopfte.

Eine Frau öffnete verdattert die Tür.

»Baldur? Was ist los, wieso …«

»Hast du Kleidung von deiner Tochter, die du nicht mehr brauchst?«, platze er heraus. Die Frau runzelte verständnislos die Stirn.

»Ja habe ich, warte … ich hol sie dir.«

Er sah der Frau nach, die in die Stube verschwand, wobei er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.

»Hier Baldur. Für was…«

Er riss ihr die Sachen aus den Händen und hastete wieder los, zeitgleich rief er über die Schulter zurück: »Danke. Ich erkläre dir später, was los ist.«

Kaum in seinem Haus angekommen, knallte er die Tür zu, sodass das Mädchen heftig zusammenzuckte und ihn aus geweiteten Augen ansah. Sie hatte sich mittlerweile hingesetzt, doch bei seinem Anblick fing sie an zu zittern.

Er war sich bewusst, dass er behutsam mit ihr umgehen musste, wenn er ihr Vertrauen gewinnen wollte. Sachte legte er die Kleidung neben dem Käfig auf den Boden, um sich ihr mit Ruhe zu nähern.

 

Angst lähmte ihren Körper. Sie wagte nicht, sich zu bewegen. Erst die zuschlagende Tür schreckte sie auf. Hastig sah sie sich um. Von dem Mann war nichts zu sehen. Dafür entdeckte sie einen Raum mit unzähligen sonderbaren Dingen.

Alles wirkte befremdlich. Wo war sie? Was war das hier?

Direkt neben dem Käfig sah sie Gegenstände, die in rauen Mengen in unterschiedlichsten Brauntönen, gestapelt waren oder durcheinander herumlagen. Sie verströmten einen Geruch, den sie irgendwoher kannte, allerdings nicht zuordnen konnte.

Schmerzen jagten durch ihre Glieder, als sie sich aufsetzte. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, bis sie gleich darauf heftig zusammenzuckte. In ihrem Rücken knallte erneut Holz auf Holz. Eiseskälte rann ihr die Wirbelsäule hinab, ließ sie erzittern. Aus geweiteten Augen starrte sie den älteren Mann an. Der kam behutsam zu dem Käfig, legte Stoffe daneben ab und verschwand in einen anderen Raum. Sie lauschte seinen Schritten, gleich darauf hörte sie etwas Metallisches scheppern. Das bekannte Knistern eines Feuers drang an ihre Ohren. Es weckte Erinnerungen an jene, die die Menschen entfachten, wenn der Frost den Boden bedeckte und um die sie dann tanzten.

Aber die Jahreszeit war nicht. Was also tat der Mensch in dem anderen Raum? War es angebracht ihm zu vertrauen? Sie wusste zu wenig über die Menschen. Ihr blieb nichts übrig, als abzuwarten.

Ihr Blick schweifte erneut durch den Raum, bis sich ihr Schritte näherten. Ruckartig sah sie zu dem Menschen, der in seinen Händen etwas Silbernes hielt, aus dem es hörbar schwappte. Dampf stieg daraus empor, weswegen sie sachte in seine Richtung schnupperte, um herauszufinden, was drinnen war.

Wachsam verfolgte sie jede seiner Bewegungen, während er dieses Gefäß neben dem Käfig abstellte. In seinem Blick lag ein Ausdruck, den sie von ihrer Mutter kannte, wenn sie sich verletzt hatte.

Rehbraune Augen in einem von der Sonne gebräunten Gesicht. Sein ganzer Körper, bis auf die Arme, war in einen langen braunen Stoff gehüllt.

Über seine Lippen kam ein leises Ächzen, als er sich vor dem Käfig auf die Knie sinken ließ, woraufhin er sie mit sanfter Stimme ansprach.

»Hab‘ keine Angst«, sagte er. Er streckte ihr die Hände mit der Handfläche nach oben entgegen. »Ich werde dir nichts antun.«

Zwar verstand sie ihn, dennoch runzelte sie zweiflerisch die Stirn.

Er seufzte.

»Du verstehst nicht, was ich sage, oder?«

Reagierte sie darauf? Zeigte sie ihm, dass sie seiner Sprache mächtig war? Was sollte sie tun?

Wortlos saßen sie sich gegenüber, getrennt von diesen harten Ästen, bis sie es wagte, den Mund zu öffnen, um mit hoher krächzender Stimme zu antworten: »Doch.«

Verdattert starrte der Mann sie an.

»Du … du beherrschst unsere Sprache?«

Sie nickte, was ihm ein sanftes Lächeln entlockte.

»Ich bin Baldur. Von heute an werde ich mich um dich kümmern. Wie heißt du?«

Verriet sie ihm ihren Namen? Außerdem, was meinte er damit, er würde sich von heute an um sie sorgen? War er derjenige, der ihr sagte, was erlaubt war und was nicht? Ratlosigkeit breitetet sich in ihr aus. Sie biss sich auf die Unterlippe.

»Ich verstehe. Du vertraust mir nicht, was ich dir nicht verüble, nachdem, was du durchgemacht hast. Erlaubst du mir, dich von dem Schmutz zu befreien?«

Heftig schüttelte sie den Kopf. Sie rutschte sofort von ihm weg, bis sie die harten Äste eisig und unnachgiebig im Rücken wahrnahm. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie hasste Berührungen, vor allem von Menschen, egal, ob sie nett zu ihr waren. Sie benötigte einen Weg hier heraus. Raus in den Wald.

Ihr ganzer Körper erbebte vor Frucht, nachdem der Mann seine Hand anhob, um nach dem Schloss des Käfigs zu greifen. Mit einem Klicken öffnete er dieses. Er schob sich kniend mit seinem Leib in die Tür, zugleich hielt er ihr die leeren Hände hin.

»Ich werde dir nichts antun. Vertraue mir. Ich will dir helfen.«

Dichter stemmte sie sich gegen die Äste, sah ihn aus panikerfüllten Augen an und suchte hektisch nach einem Fluchtweg. Der Mann blockierte mit seinem ganzen Körper den Ausgang. Ein Winseln kam über ihre Lippen, während der Mann sich behäbig auf sie zu bewegte. Sie starrte auf seine Hände, in sein Gesicht und zurück auf die Hände. Ihr stellten sich sämtliche Haare zu Berge, allein bei dem Gedanken, dass er sie anfasste.

Aus ihrem Wimmern wurde ein angsterfülltes Fauchen. Tarija stellte sich auf alle Viere, presste ihren Leib gegen die kalten Äste, gleichzeitig krümmte sie ihre Finger zu Krallen. Der Mann kam ihr immer näher, streckte ihr weiterhin eine Hand entgegen, nach der sie panikartig schlug.

Sie spürte einen Widerstand und etwas Warmes unter ihren Nägeln.

»Verdammter Mist!« Er zog hastig seine Hand zurück. »Ich will dir nichts tun. Bitte. Ganz ruhig, Kleines. Ich will dir helfen. Du brauchst vor mir keine Angst haben.«

Sie traute ihm nicht. Sie traute keinem Menschen. Bedrohlich fletschte sie die Zähne.

Als seine Hand abermals auf sie zu schwebte, zerbrach ihr Aufbegehren. Er war so viel größer als sie. Was bildete sie sich ein, gegen ihn anzukommen. Sie kauerte sich zusammen, fiepte, während seine Hand sich ihr unaufhörlich näherte.

Ihr Herz geriet aus dem Rhythmus. Sie hielt den Atem an, ehe sie mit gebleckten Zähnen nach vorne schnellte. Blut benetzte ihre Lippen und ihre Zunge.

»Ah, du Miststück. Na warte, wenn ich mit dir fertig bin du ...«

Er drückte seine Hand gegen den Körper, während sie ihn anfauchte. Sie hoffte, dass er sie in Ruhe ließ, sich um die blutverschmierten Finger kümmerte, die er weiterhin gegen die Brust presste.

»Verdammt! Ich passe besser in deiner Nähe auf.«

Er sah kurz auf die Finger, gleich darauf schossen seine Hände nach vorne. Sein Vorpreschen kam unvermittelt, dass sie nicht rasch genug auswich. Sie gewahrte den eisernen Griff, mit dem er ihren Oberarm packte, der ihre Panik nährte.

Gellend schrie sie auf. Wand sich, um frei zu kommen, aber er zog sie unbeirrt zu sich heran.

Mit ihren Händen umschlang sie den Arm des Mannes. Sie grub ihre Nägel in seine Haut, schnappte mit ihren Zähnen immer wieder nach ihm. Ungeachtet dessen schlang er die Arme um ihren Körper und drückte sie mit sanfter Gewalt an seinen Leib. Sie schrie aus Leibeskräften, wehrte sich mit all ihrer Kraft gegen diese Umarmung. Sie wollte frei sein.

Aus ihrer schrillen Stimme, war ihre Verzweiflung deutlich zu hören. Ihr Herzschlag raste. Schweiß perlte an ihren Schläfen hinab. Übelkeit stieg in ihr hoch. Sie wehrte sich verbissen, schnappte abermals nach ihm, was ihr nicht gelang. Aber so rasch gab sie nicht auf. Noch ein-, zweimal bäumte sie sich auf, dann war ihre gesamte Kraft aufgebraucht. Erschöpft und in völliger Verzweiflung erschlaffte sie in den Armen des Mannes.

Sie erahnte, nein sie wusste, dass dies das Ende war. Mit dieser Gewissheit sackten ihre Schultern nach unten. Aus der Hoffnungslosigkeit, der Panik, der Angst, entwickelte sich eine Gefühllosigkeit, die sich stetig in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

 

Seine Unterarme brannten wie Feuer. Ihre harten Fingernägel hatten heftige Kratzer hinterlassen und sein Finger, in den sie gebissen hatte, pochte schmerzhaft im Takt seines Herzens. Trotz der Schmerzen, die sie ihm zugefügt hatte, hielt er sie eisern in den Armen.

Er bemerkte, dass ihre Gegenwehr erlahmte, bis sie in seinem Griff erschlaffte. Kritisch, ob dies ein Trick war, behielt er sie eine Weile im Arm. Stets darauf gewappnet, dass sie sich wehrte. Dann rutsche er ein wenig unbeholfen zurück, sodass er an die Metallschüssel gelangte. Behutsam löste er einen Arm um sie, griff in Zeitlupe neben sich. Hangelte nach dem weißen Tuch, tauchte es in das lauwarme Wasser und drückte es mit einer Hand aus. Sanft strich er damit über ihren Arm, entfernte vorsichtig den ganzen Schmutz.

Sie wehrte sich kein bisschen mehr, weswegen er es wagte, den anderen Arm, um sie zu lösen. Nachdem er sie zu sich herumdrehte, damit er ihr das Gesicht wusch, schaute er in ihre Iriden. Bei ihrem Anblick legte sich ein beklemmendes Gefühl um sein Herz.

Er sah in smaragdgrüne Augen, die ihren ganzen Glanz verloren hatten. Apathisch, mit in sich gekehrtem Blick, mit der Gewissheit, dass sie ihrer Freiheit beraubt worden war, saß sie vor ihm.

Es schmerzte ihn zutiefst, sie so zu sehen. Man hätte sie nie finden dürfen, geschweige denn hierherbringen sollen. Sie war kein Mensch, auch wenn sie wie einer aussah. Sie war mehr Tier und hatte in der Zivilisation nichts zu suchen.

Ein Kind der Wölfe.

Aber das wussten diese brauseköpfigen Männer nicht.

Woher auch.

Keiner von ihnen kannte die uralten Legenden aus diesem Teil des Landes. Es waren eben die Männer, die sich vor dem Zuhören gedrückt hatten, wenn er die vergessenen Geschichten und Legenden zum Besten gab. Jene Mythen der Wolfskinder von Karbada und ihrer Bedeutung, die mit der Prophezeiung zusammenhing. Alle Erzählungen kannte er, wie jeder im Land, von den Sehern aus Ulso. Einer der ältesten Seher hatte vor langer Zeit, nachdem der Kardianische König ermordet worden war, die Prophezeiung niederschreiben lassen. Erst von da an erwähnte man die Wolfskinder. Ein solches Wolfskind saß nun vor ihm.

Sanft säuberte er unaufhörlich ihre Haut, dabei fragte er sich, welche Bedeutung ihr Erscheinen hatte.

Er musterte sie geknickt, schämte sich für das, was die Männer ihr angetan hatten, wobei er das Tuch zurück in die Metallschüssel legte. Zwar war sie gesäubert, allerdings waren ihre Haare weiterhin ein heilloses Durcheinander.

Er zögerte, bevor er sich auf Knien begab, um aus dem Käfig zu rutschen. Sorgsam verschloss er ihn und stemmte sich mit einem Ächzen empor. Er schenkte ihr einen flüchtigen Blick, trat in den Baderaum, von wo er einen Kamm und eine Schere holte. Mit den beiden Dingen schritt er zurück zu ihr, kniete sich erneut vor den Käfig, wobei die Knie knackten. Er schüttelte den Kopf über seine gealterten Knochen, bevor er das Schloss öffnete.

Ihr Anblick schnürte ihm die Kehle zu. Vor ihm saß ein Mädchen, einer Marionette gleich und starrte vor sich hin. Behutsam drehte er sie, sodass sie mit dem Rücken zu ihm saß, um sachte ihre langen Haare zu kämmen. Viel zu oft blieb er an den dicken Verfilzungen hängen, doch sie zuckte nicht einmal zusammen. Mühsam arbeitete er sich vor, schnitt die heftigsten Verfilzungen kurzerhand weg, während er mit ansah, wie sie immer mehr in ihre Apathie fiel. Sie glich mehr und mehr einer seelenlosen Hülle.

Nachdem er mit ihren Haaren fertig war, rutschte er erneut aus dem Käfig. Er verriegelte zum gefühlt hundertsten Mal die Tür. Mehr zum Schutz für sie, denn in diesem Zustand wusste er nicht, ob sie sich nicht irgendetwas antun würde.

Seine in die Jahre gekommenen Knochen knackten hörbar, was ihm ein Stöhnen entlockte. Er war wie alle älteren Dorfbewohner gezeichnet von der schweren Arbeit, die sie Jahr für Jahr leisteten, um in den harten Wintern zu über-leben. Er stützte sich, den Rücken durchdrückend auf, ächzte, als es auch dort krachte, bevor er sich in die Küche begab. Mit einem Haken schürte er das Feuer unter dem Herd, um einen Kessel mit Wasser aufzusetzen. Daraufhin schlurfte er zurück zum Käfig, ergriff die Kleidung der hilfsbereiten Frau, um innezuhalten.

Auch wenn er es besser wusste, aber auf den ersten Blick sah man ein Mädchen, das die Hölle durchlebt hatte.

Keinerlei Ahnung, zum wievielten Mal er den Käfig öffnete, als er sich hineinschob, um ihr die Hose und das Hemd anzuziehen. Dabei verhielt sie sich wie eine willenlose Puppe, was sein Herz erschwerte. Es war nicht imstande, dies zu ändern, lediglich das Beste daraus zu machen.

Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.

»Es tut mir leid.«

Er verließ den Käfig und verschloss ihn. Danach wendete er sich abrupt ab und spürte, wie der Zorn auf die Männer in ihm hochstieg. Er ballte seine Hände zu Fäusten. Diesen Idioten würde er eine Lehre erteilen, dessen war er sich sicher. Zuallererst kochte er ihr etwas zu essen, in der Hoffnung, dass sie etwas zu sich nahm.

In der Küche fing er an, das Gemüse zu schnippeln, damit er ihr

einen schlichten, gehaltvollen Eintopf zubereitete. Dabei wurde ihm bewusst, welch enorme Aufgabe vor ihm lag.

Auch wenn er eine Tochter großgezogen hatte. Dies war etwas anderes, da er dem Kind zuerst klarmachen musste, dass nicht alle Menschen boshaft waren. Zwar beherrschte sie seine Sprache, nur in welchem Umfang? Zudem musste er ihr die menschlichen Gepflogenheiten beibringen. Ihr zeigen, wie man sich unter Menschen verhielt. Jetzt wo sie zivilisiert aussah, schätze er ihr Alter auf vier Sommer. Eines, das mehr als anstrengend war.

Es würde Jahre dauern, das war ihm klar. Vielleicht war es eine Aufgabe für den Rest seines Lebens.

 

21 Jahre später

 

Ein Sommer jagte den nächsten und Tarija wuchs zu einem regelrechten Wildfang heran. Sie stellte sein Haus im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf. Jedoch wenn ihn die Dorfbewohner um Rat aufsuchten, war sie wie vom Erdboden verschluckt. Sie scheute die Menschen, was ein Widerspruch in sich war. Trotz allem bescherte sie ihm jegliche Freude, aber auch jede Menge graue Haare.

War es, weil sie launisch wurde und er deswegen oft die Geduld verlor, indem er sie anschrie. Sie auf einfache Fragen mit gefletschten Zähnen und Drohgebärden reagierte, die ihren Wolf widerspiegelten. Er mehr als nur einmal ihre Zimmertür reparieren musste, weil sie diese mit Fäusten und Tritten bearbeitete, wenn sie schlechte Laune bekam. Oder sie ihren Kummer und die Trauer in sich hineinfraß, anstatt mit ihm darüber zu reden. Was hitzige Auseinander-setzungen zur Folge hatte, bei denen so manches seiner kostbaren Bücher das fliegen lernten.

Um ihrem Jähzorn und ihren Wutausbrüchen Einhalt zu gebieten, schenkte er ihr ein Fohlen, um das sie sich kümmern sollte. Eine Aufgabe, von der er hoffte, dass sie auf diesem Weg vergaß, was sie einst gewesen sei.

Ein Wolf.

Das Gegenteil trat ein.

Tarija zog sich noch mehr zurück, bis er ihr ordentlich die Leviten las, was eine Bissverletzung an seiner Hand mit sich trug.

Nach diesem schmerzhaften Zwischenfall erkannte Tarija, dass sie mit ihren Launen nicht weiterkam. Dass sie es war, die ihm damit Leid zufügte und änderte sich schlagartig. Baldur brachte das zunächst völlig aus dem Konzept, ebenso die Tatsache, dass sie freiwillig von ihm Lesen und Schreiben lernen wollte.

Wie sehr sehnte er sich danach, ihr sein Wissen zu vermitteln, das sie wie ein Schwamm in sich einsaugte. Doch eines blieb sie nach wie vor: Unberechenbar, denn der Wolf in ihr schlummerte und wartete auf den Tag gänzlich zu erwachen.

 

Kapitel 1

 

Baldur schlurfte angespannt in der Bibliothek hin und her. Seit dem Morgengrauen suchte er verzweifelt seine Niederschriften zu der Prophezeiung. Er wusste nicht mehr, wo er sie sich befanden.

In dem Raum, den er sein Arbeitszimmer, Bibliothek und Wohnraum nannte, war jede freie Fläche auf dem Boden und in den Regalen, vollgestellt. Bücher in den unterschiedlichsten Größen, mit den verschiedensten Farben stapelten sich. In jeder noch so kleinen Ritze lagen die Schriftrollen. Der eckige Tisch in der Mitte des Zimmers quoll ebenfalls über von den dicken Wälzern. Bis auf ein paar verschlungene Wege gab es kaum ein Vorankommen.

Baldur kratze sich das Kinn, schlurfte um die Bücherstapel herum und suchte überall nach seinen Aufzeichnungen. Ihm war bewusst, dass es für alle Außenstehende, wie ein Chaos wirkte. Für ihn herrschte Ordnung. Er wusste ganz genau, welches Buch sich wo befand. Nur eben nicht heute.

In der Mitte des Raumes verweilte er und runzelte die Stirn. Fieberhaft überlegte er, wohin das verdammte Buch verschwunden war. Gedankenversunken schlurfte er um einen weiteren Stapel. Schaute mal hier, mal da auf einen der Umschläge, bis er vor einem Fenster stehen blieb. Er sah nach draußen zur Koppel, wo saftiges, halbhohes Gras in der lauen Sommerbrise wiegte.

Dort war Tarija, die mit dem stattlichen Hengst ohne Sattel und Zaum ihre Runden ritt. Der graziöse Rappe, mit dem sie viel Zeit verbrachte, hörte mittlerweile auf den Namen Dragon.

Bei ihrem Anblick erinnerte sich Baldur, weshalb er seine Niederschriften suchte. Ihre Augen. Sie strahlten in den Farben eines Smaragdes, was man in diesen Landen nur noch selten sah.

Er wollte zudem mehr darüber erfahren, warum sie geboren wurde. Sie als Mensch umherwandelte, sich aber benahm wie ein Wolf.

Diese Indizien allein genügten ihm nicht, um sie endgültig zu den speziellen Wolfskindern zu zählen. Wenn er einen winzigen Hinweis fand, der ihm dabei half, Gewissheit zu bekommen, dann könnte er sie sofort zu den Sehern nach Ulso bringen. Die kannten sich besser mit diesen Wolfskindern aus. Bisher deutete jedoch nichts darauf hin.

Sie zeigte zwar das Verhalten eines Wolfes, indem sie rein mit der Körpersprache kommunizierte, oder vor dem Kamin wie ein Wolf dalag. Wenn sie wütend war, die Lippen hochzog, um die Zähne zu blecken. Doch die Wesenszüge eines anderen Tieres entdeckte er nicht.

Er konnte sich auch irren. Trotzdem gab es einen Grund für ihr Dasein und den musste er herauszufinden. Baldur war felsenfest davon überzeugt, dass sie zu etwas Großem bestimmt war. Sein Bauchgefühl trog ihn selten, ebenso ihre Aura. Eine, wie er sie nie zuvor wahrgenommen hatte.

Baldur war schon als Kind mit dem Talent gesegnet gewesen, die Aura eines Menschen zu spüren und zu deuten. Eine Gabe, die weit in seinem Familienstammbaum zurückreichte.

»Jetzt weiß ich es wieder. Die Gabe«, rief er. Statt sich umzudrehen und die Suche fortzusetzen, sah er zu Tarija und ihrem Hengst. Die zwei waren ein eingespieltes Team.

Er seufzte und riss sich von den beiden los.

»Es bringt nichts. Ich muss endlich meine Aufzeichnungen finden.« Gleich darauf suchte er weiter.

 

Eine Witterung kroch ihr in die Nase. Eine die sie viel zu gut kannte. Dragons Muskeln zwischen ihren Schenkeln spannten sich an. Seine Ohren richteten sich ruckartig in alle Richtungen. Er fing an zu tänzeln, schnaubte aufgebracht und schüttelte unwillig den Kopf. Dragon scharrte mit den Hufen. Sein kompletter Leib war angespannt wie eine Bogensehne.

Tarija presste ihre Beine fester an Dragons blanke Seite für mehr Halt, da sie wieder einmal ohne Sattel ritt. Aus einem Reflex heraus, griff sie mit einer Hand nach der wallenden Mähne.

»Ruhig mein Guter. Der Wolf ist weit weg. Ganz ruhig.«

Ein kurzes Zucken der Ohren war die einzige Warnung, die sie zu spät erkannte. Dragon schleuderte mit einem panikerfüllten Wiehern den Kopf nach hinten. Tarija wich im letzten Moment aus, um sich nicht den Kopf am Kamm des Hengstes zu stoßen.

Er bäumte sich auf, wirbelte die Vorderhufe durch die Luft, wobei seine Mähne ihr die Sicht versperrte. Hastig griff sie mit beiden Händen in die Zotteln. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Dragon machte seinen Rücken rund, schmiss die Hufe erst vorne, dann hinten in die Luft, auf das Tarija nicht gefasst war.

Sie vollführte einen Salto. Schmerz fuhr durch ihre Schulter, mit der sie zuerst aufkam, ehe sie wie ein nasser Sack auf dem Rücken liegen blieb. Die Wucht presste ihr den Atem aus den Lungen, weshalb Schwärze sie übermannte.

Zaghaft blinzelte sie. Alles drehte sich und ihr Magen rebellierte. Ein schaler Geschmack lag auf ihrer Zunge, den sie angewidert herunterschluckte.

Einen Moment lang blieb sie liegen und atmete langsam ein und aus. Kein Schmerz durchzuckte ihre Brust, der ihr einen Seufzer entlockte.

Ihr Blut rauschte, wie ein donnernder Fluss durch ihre Ohren, weswegen sie Dragons Hufe gedämpft wahrnahm. Sachte setzte sie sich auf, hielt inne, nachdem der Schwindel ihr den Blick verschleierte.

Der Druck auf ihren Ohren ließ nach und im gleichen Maße ebbte das Rauschen ab. Ihre Sicht klarte sich auf, woraufhin sie sich umsah.

Dragon war in der Zwischenzeit in seinem Stall verschwunden, weswegen sie den Waldrand absuchte.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie sich ihre linke Schulter, tastete ihren Körper nach Brüchen ab, was ihr ein Winseln entlockte. Sie war noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.

Langsam richtete sich auf und klopfte den Schmutz von der Kleidung. Feine Nadelstiche durchzuckten schmerzhaft ihren Leib, ließ sie aufstöhnen. Sie biss sich auf die Unterlippe.

»Verdammt tut das weh.«

Ihr Blick schweifte erneut über die Koppel. Sie suchte den Wolf, dessen Witterung ihren Hengst in Panik versetzte. Gleich darauf sah sie ihn. Er stand direkt am Koppelzaun. Ein grauer Kontrast zu dem schattigen Wald in seinem Rücken.

Schritt für Schritt trat sie auf den Wolf zu. Dieser stand beharrlich an Ort und Stelle, seine Augen unentwegt auf sie gerichtet.

Gänsehaut bildete sich auf ihrer Haut. In ihr befand sich keinerlei Spur von Angst. Nein. Es war eher ein Wiedererkennen.

Das silbrig graue Fell schimmerte im Licht der Sonne, wobei die Brust und die Schwanzspitze aussahen wie frisch gefallener Schnee.

Einige Armlängen stoppte sie vor dem stattlichen Tier. Ohne mit der Wimper zu zucken, begegnete sie den dunkelgelben Augen. Der Wolf hingegen duckte sich und schlüpfte unter dem Zaun zu ihr hindurch.

In diesem Augenblick erkannte sie, wer da vor ihr stand.

»Toan.«

Trotz all der unzähligen Jahre, die vergangen waren und in denen sie sich nie gesehen hatten, erkannte Tarija ihren Bruder. Sachte, wegen ihrer schmerzenden Glieder, sank sie vor dem Wolf auf die Knie.

Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. War das vor ihr tatsächlich ihr Bruder? War es nicht nur eine Einbildung?

Ihre Hände zitterten, als sie diese nach vorne ausstreckte und ehrfurchtsvoll das Fell berührte. Sie ertastete mit den Fingerspitzen den weichen seidenen Pelz, um sanft mit den Handflächen darüber zu streichen. Das Gefühl unter ihren Händen weckte Erinnerungen. Eindrücke, die lange zurücklagen und ihr innerliche Schmerzen bereitete. Sie spürte, wie Tränen an ihren Wangen herunterkullerten, die der Wolf zärtlich mit seiner feuchten Nase berührte. Eine Geste, die bei ihr alle Dämme brach.

»Toan.«

Sie schluchzte, ließ sich nach vorne fallen und schlang ihre Arme um die Schultern des Wolfes. Ihr Gesicht vergrub sie in dem kuscheligen Fell, das sie an ihre Mutter erinnerte.

»Hallo, Schwesterchen. Es ist schön, dich wiederzusehen.«

Ihr Körper erbebte. Sie presste sich dichter in den Pelz, unfähig auch nur ein Wort von sich zu geben, weswegen sie nach langer Zeit in die Gedankensprache wechselte.

»Oh, Toan … du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue. Ich vermisse euch alle. Wie geht es Vater?«

Zögerlich löste sie ihre Umarmung und sah direkt in Toans dunkelgelbe Iriden.

»Vater geht es gut. Er war es, der mich immer wieder zu dir geschickt hat, um zu sehen, wie du dich entwickelst. Wir hätten dich schon viel früher zu uns geholt, aber Vater war dagegen. Er meinte, die uralte Fila sagte ihm, dass du erst wieder ins Rudel darfst, wenn du erwachsen bist.«

Sie runzelte die Stirn.

»Der graue Wolf am Waldrand? Das warst immer du?«

Ein wölfisches Grinsen legte sich auf Toans Züge. Sie löste ihre Umarmung und sank auf ihre Fersen.

»Ja das war ich. Ich habe mich davon überzeugt, dass es dir an nichts fehlt. Nun haben die Menschen ihre Pflicht erfüllt. Es ist an der Zeit, dass du zurück in die Familie kommst. Das ganze Rudel ist damit einverstanden dich wieder aufzunehmen.«

Lange hatte sie sich danach gesehnt. Endlich nach Hause zu kommen. Trotz alledem saß ein schwerer Stein auf ihrem Herz, wenn sie an den Wald dachte. Obwohl sie wusste, dass der Wolf, den sie in all den Sommern sah, ihr Bruder war, linderte es ihr Unbehagen nicht. In diesem Wald hatte sie ihre Mutter verloren.

Toan schien das zu spüren. Seine feuchte Schnauze berührte erneut ihre Wange.

»Was haben die Menschen dir nur angetan. Noch heute frage ich mich, warum das Rudel euch nicht rechtzeitig zur Hilfe gekommen ist. Aber jetzt wird alles wieder gut meine Schwester. Heute Nacht, wenn der Mond oben steht, treffen wir uns an dieser Stelle und dann hole ich dich von den Menschen weg.«

Sie schniefte, wischte sich die Tränen von der Backe und lächelte verkniffen. Toan erhob sich, schlüpfte unter dem Zaun durch, um zum Waldrand zu trotten, wo er stehen blieb. Er sah über die Schulter zu ihr.

»Wir sehen uns heute Nacht, Schwester.« Mit allen Vieren sprang er in die Luft. »Du hast keine Vorstellung davon, wie froh ich bin, dass du wieder bei uns leben wirst. Im Rudel. In der Gemeinschaft der Familie, wo du hingehörst.«

Er vollführte einen weiteren Satz, ehe er durch die Büsche in den Wald verschwand, wo er sofort mit dem Zwielicht verschmolz.

Sie blieb einen kurzen Moment im Gras sitzen.

Die Worte formten sich in ihren Gedanken. Sie würde zurückgehen. Zurück zu ihrer Familie. Endlich, nach so langer Zeit.

Als sie sich erhob, fühlte sie einen stechenden Schmerz, der durch ihre Schulter zuckte. Sie stöhnte, biss die Zähne zusammen und stand wackelig auf den Beinen. Schwindel überfiel sie, gefolgt von einem flauen Gefühl im Magen. Angeekelt schluckte sie die bittere Galle herunter, ließ ihren Blick über den Waldrand schweifen, bevor sie sich zum Stall umdrehte.

Ein Lächeln lag um ihre Mundwinkel, vertrieb die Pein des Sturzes.

Erst galt es, nach ihrem Hengst zu schauen. Beim Näher-kommen hörte sie das unstete Schnauben. Sie betrat den Schuppen, der als Stall diente, und trat auf die Box zu, in der ihr Pferd mit bebenden Flanken stand. Mit nach vorne gestreckten Händen schritt sie auf Dragon zu, der sofort den Wolf an ihr witterte, woraufhin er zurückzuckte und schrill wieherte.

»Ruhig … ruhig mein Guter. Dir geschieht nichts.«

Sachte trat sie von der Seite her an ihn heran, legte ihre Hand auf den Hals des Rappen, um ihn zu kraulen.

»So ist es fein. Du kennst diesen Duft. Du warst nur nicht vorbereitet.« Dragon beruhigte sich, sodass sie imstande war, ihn für heute mit frischem Heu und Wasser aus dem Dorfbrunnen zu versorgen.

Ein letztes Mal überzeugte sie sich davon, dass es ihrem Hengst an nichts fehlte, ehe sie zurück zum Haus ging. Zwar war es erst Nachmittag, der kurze Blick zum Himmel verriet es ihr, trotzdem war es besser, sich ein wenig von dem Sturz zu erholen.

Ihre Schulter war weiterhin eine Pein und ihre Hüfte war der Gegenpart dazu. Sie musste fit für diese Nacht sein. Immerhin ging sie zurück in ihre Welt. In die der Wölfe.

Sie drückte den Türgriff nach unten, öffnete mit einem leisen Knarren die Tür und trat ein. Augenblicklich stand sie in der bescheidenen Küche. Diese durchquerte sie, um am Türrahmen innezuhalten. Sie schüttelte den Kopf, während sie Baldur beobachtete, der wie so oft etwas in seinem Durcheinander suchte.

Sie musterte den älteren Mann, der wie ein Vater für sie war und dem sie bisher als einzigem unter den Menschen Vertrauen entgegenbrachte.

Unbedacht lehnte sie sich mit der linken Schulter an den Türrahmen. Sofort fuhr der Schmerz wie ein Blitz durch sie hindurch, woraufhin sie das Gesicht verzog. Langsam ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen.

Sie versuchte, zu erkennen, was Baldur suchte.

Baldur schlurfte zwischen den unzähligen Bücherstapeln auf den wenigen begehbaren Pfaden umher. Er fing an, einen weiteren Stapel auf dem Boden zu begutachten. Hob hier und da eines an, las den Einband, bevor er es genervt wieder zurücklegte.

Sachte drückte sie sich vom Türrahmen weg. Sie balancierte über einen der Pfade zu dem aus Eichenholz gefertigten Lesepult. Darauf lag ein dickes Buch mit vergilbten und eingerissenen Seiten.

Von den vielen Winternächten wusste sie, dass es Baldurs Niederschriften waren, die er sich über eine Prophezeiung notierte. Etwas, das sie weiterhin nicht verstand, egal wie oft er versucht, es ihr zu erklären.

Voller Neugierde schaute sie auf die Seiten.

Das Kind geboren, um zusammenzufügen, was getrennt war. Sein Erbe tritt es an zur rechten Zeit. Hilfe erhält es, durch einen Krieger aus den Landen …

»Hast du dein Training für heute beendet?«

Baldurs kratzige Stimme hallte durch den Raum, woraufhin sie aufsah, während sein Oberkörper in einer Truhe steckte. Er wühlte unbeirrt darin, sodass einige der Bücher herausfielen.

»Ja. Dragon hat mich seit Langem wieder vom Rücken geworfen, wovon ich ein paar Blessuren davongetragen habe, die ich gleich versorge.«

Sofort richtete sich Baldur auf. Er ächzte, bevor er sich schwerfällig zu ihr umdrehte und sie musterte.

»Es ist hoffentlich nicht so heftig …«

»Nein, nur Prellungen, die rasch mit einer Salbe wieder besser werden.« Sie schielte auf das Buch neben sich, ehe sie mit dem Kinn darauf deutete.

»Sag mal Baldur? Ist das zufällig dieses Buch, das du suchst?«

Er folgte ihrem Blick und schlug sich mit der flachen linken Hand gegen die Stirn.

»Herrje. Wie vergesslich ich bin. Ich habe es schließlich dort hingelegt. Ich werde eben immer älter und mein Geist lässt allmählich nach. Danke Tarija.«

Er kam auf sie und das Lesepult zu. Sie trat indes mit einem Schmunzeln zur Seite, damit er sich unter leisem Stöhnen auf den Stuhl setzte.

»Weißt du, die Prophezeiung …«

»Ja ich weiß Baldur. Du predigst sie mir, so oft du kannst. Außerdem habe ich deine Niederschriften hin und wieder gelesen.«

Seine faltigen Hände, deren Haut wie gegerbtes Leder aussah, legten sich andächtig auf die Seiten.

»Glaube mir, du wirst damit schneller konfrontiert, als du denkst, Tarija. Nimm dein Schicksal an, es …«

»Vielleicht werde ich das. Aber warum soll ausgerechnet ich dieses Kind sein? Nur weil ich ein Wolfskind bin?«

Er lächelte sie väterlich an.

»Du bist nicht irgendein Wolfskind, Tarija. Deine Reise hat erst angefangen. Dir steht Großes bevor. Wenn das stimmt, was ich bisher gefunden habe, bist du auserkoren, die geteilten Lande Kardians wieder zu vereinen.«

Er hört nie damit auf, dachte sie verstimmt. Sie gab sich Mühe, dass er ihren Gemütszustand nicht bemerkte, bevor sie vom Thema ablenkte.

»Ich bereite uns ein Abendessen zu und versorge meine Prellungen.«

Sie hörte zwar geduldig seinen Predigten zu, hasste es allerdings, wenn er sie im gleichen Atemzug mit der Prophezeiung erwähnte. Sie hatte keinerlei Interesse daran, sah in den Worten nur dümmliches Gefasel, weswegen sie sich von ihm abwendete.

Tarija schritt zurück in die Küche und kochte etwas zu essen. Dabei ließ sie ein paar Lebensmittel in einen Jutesack verschwinden, den sie zuvor aus einem Regal holte.

Sie bereitete das Gemüse für einen schmackhaften Eintopf vor und begann zu schnippeln. Auch wenn Baldur sie immer wieder mit der Prophezeiung nervte, erklärte er ihr nebenbei viele nützliche Dinge.

Im Nu hatte sie einen deftigen Gemüseeintopf gezaubert und sich zugleich mit Proviant für die Nacht eingedeckt.

Mithilfe eines dicken Eisenhakens holte sie den gusseisernen Topf von dem Metallgitter, das über dem glimmenden Feuer stand. Sie stellte den Kessel daneben auf einen Steinsockel und hängte den Haken wieder zurück an seinen Platz. Ihre Schulter protestierte bei manchen Bewegungen, doch das Pochen ließ langsam nach.