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Sind wir die letzte Generation reiner Menschen? Wir stehen an einem historischen Wendepunkt. Ohne ein tiefgreifendes Umdenken könnte unsere Generation die letzte sein, die noch vollständig menschlich ist. In wenigen Jahrzehnten könnten wir zu einer hybriden Spezies aus synthetischen Körpern, künstlicher Intelligenz (KI) und implantierten Chips werden. Doch was verlieren wir dabei? Diese Technologien bedrohen unsere Fähigkeit zu eigenständigem Denken, Liebe und emotionaler Verbundenheit. Noch gravierender: Wir könnten das verlieren, was uns als Menschen einzigartig macht – Empathie, Intuition, Intimität und Vergebung. Doch wir sind weit mehr, als man uns erzählt hat. Unsere DNA birgt eine verborgene Botschaft – eine Erinnerung an unsere wahre Natur und unser grenzenloses Potenzial. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Unsere natürlichen Fähigkeiten sind in vielen Bereichen mindestens ebenbürtig, oft sogar leistungsfähiger als KI, chemische Eingriffe oder Nanotechnologie. Doch je mehr wir uns auf künstliche Systeme verlassen, desto mehr verkümmern unsere biologischen Kräfte – bis sie eines Tages ganz verschwinden. Dieses Buch ist ein Weckruf – und eine Reise zurück zum Wesentlichen. Sie erfahren: - warum wir an der Schwelle zum Transhumanismus stehen - wie moderne Technologien unsere Menschlichkeit verdrängen - was Ihre DNA über Ihr verborgenes Potenzial verrät - weshalb Intuition, Empathie und Bewusstsein unsere wahren Superkräfte sind - wie wir den Wettlauf mit der künstlichen Intelligenz bestehen können - was es braucht, um unsere ureigene Stärke wieder zu aktivieren Sind Sie bereit, Ihr einzigartiges Menschsein zu bewahren? Die Antwort liegt in der Art und Weise, wie wir über uns selbst denken.
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Seitenzahl: 412
Veröffentlichungsjahr: 2025
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GREGG BRADEN
Menschsein als Superkraft –Die wahre Evolution beginnt in dir
Wichtige Hinweise
—Der Autor gibt keine medizinischen Ratschläge und verschreibt auch keine Techniken zur Behandlung körperlicher, emotionaler oder medizinischer Probleme ohne den Rat eines Arztes bzw. einer Ärztin, weder direkt noch indirekt. Die Absicht des Autors ist es lediglich, allgemeine Informationen anzubieten, die bei der Suche nach emotionalem, körperlichem und geistigem Wohlbefinden helfen sollen. Für den Fall, dass Leser bzw. Leserinnen die Informationen aus diesem Buch auf sich selbst anwenden, übernehmen der Autor und der Verlag keinerlei Haftung.
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Aus dem Englischen vonMaria Müller-de Haën
Titel der Originalausgabe:
Pure Human. The Hidden Truth of Our Divinity, Power, and Destiny
© 2025 by Gregg Braden
Carlsbad, California/New York City/London/Sydney/New Delhi:
Hay House LLC – www.hayhouse.com®
Deutsche Ausgabe:
© 2025 MOMANDA GmbH, Rosenheim – www.momanda.de
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Gitta Lingen; Satz, Typografie & Layout: Birgit-Inga Weber
Covergestaltung: © Guter Punkt, München; Covermotiv: © Hordieiev Roman und artacet.com/iStock/Getty Images Plus
Bildquellen: pixabay.com (S. 7: superemelka; S. 21 u.a.: Gordon Johnson; S. 110 u. 244: EvgeniT; S. 156: Ennaej; S. 206: Felix Merler; S. 356: Erik Nilsson); S. 84: Tobias Katzenberger. Die Vorlagen für die Grafiken auf S. 86, 88, 168 stammen aus der amerikanischen Originalausgabe von »Pure Human«.
Gesamtherstellung: Bernhard Keller
Druck: Friedrich Pustet GmbH & Co.KG, Regensburg – Printed in the EU
ISBN 978-3-95628-144-0
eISBN 978-3-95628-145-7
GREGG BRADEN ist ein fünffacher »New York Times«-Bestsellerautor, Wissenschaftler und Pionier des neuen Paradigmas, das Wissenschaft, Sozialpolitik und menschliches Potenzial miteinander verbindet.
Von 1979 bis 1991 arbeitete Gregg als Problemlöser in Krisenzeiten für Fortune-500-Unternehmen, darunter Cisco Systems, wo er 1991 der erste technische Betriebsleiter wurde. Seine Forschung führte 2003 zur Entdeckung intelligenter Informationen, die im menschlichen Genom kodiert sind, und 2010 zur Anwendung der fraktalen Zeit, um zukünftige Ereignisse aus der Vergangenheit vorherzusagen.
Zu den Erfolgen von Greggs Arbeit zählen 15 Filme und 12 preisgekrönte Bücher, die bislang in über 40 Sprachen veröffentlicht wurden. 2020 wurde er für den prestigeträchtigen Templeton Prize nominiert, der von Sir John Templeton ins Leben gerufen wurde, um »herausragende Persönlichkeiten zu ehren, die ihre Talente dafür eingesetzt haben, unsere Vision des menschlichen Zwecks und der ultimativen Realität zu erweitern«. Er hat seine Entdeckungen in 34 Ländern auf 6 Kontinenten präsentiert und wurde eingeladen, vor den Vereinten Nationen, Fortune-500-Unternehmen und dem US-Militär zu sprechen.
Gregg lebt mit seiner Familie in der Hochwüste im Norden New Mexicos, wo er den ländlichen Lebensstil und die Gemeinschaft genießt, wandern geht und an seinen Fähigkeiten als Singer-Songwriter feilt, wenn er nicht gerade auf Konferenzen und Live-Events als Sprecher auftritt.
Von Gregg Braden ebenfalls bei Momanda erschienen:
»Die Weisheitscodes – Uralte Energiemuster, die unser Gehirn neu vernetzen und unser Herz heilen«
(Hardcover, 256 Seiten, ISBN 978-3-95628-041-2)
Vorwort
Einleitung
Wir sind der Siegespreis
Das Ringen um unser Menschsein
Wer sind wir?
Die uralte Botschaft, die in unserer DNA verschlüsselt ist
Transhumanismus
Die Verbindung zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen zunichtemachen
Das Geheimnis
Wir sind die Zukunft, auf die wir gewartet haben
Göttlichkeit im Alltag
Unsere Bestimmung: ein Leben in Freiheit
Mensch oder Hybridwesen?
Wessen Vorstellung von Fortschritt folgen wir?
Deprogrammierung
Den Götterzauber der Technologie brechen
Pure Human – Der reine Mensch
Die Schlüssel
Dank
Endnoten
Alle Kräfte des Universums sind uns bereits zu eigen.Wir selbst haben uns die Hände vor die Augen gelegt und klagen darüber, dass es dunkel ist.
Swami Vivekananda (1863–1902), indischer Hindu-Mönch und Philosoph
Wir Menschen sind eine uralte und rätselhafte Lebensform. Gegen jede Wahrscheinlichkeit treffen bei uns unsichtbare Gedanken, Emotionen und Vorstellungen aufeinander; sie sind in das Gebilde aus Gewebe, Knochen und Blut eingebunden, das tagtäglich unsere Entscheidungen und die Folgen unserer Entscheidungen möglich macht. In unserem geheimnisvollen Zustand des Menschseins suchen wir nach Gleichgesinnten, mit denen wir unsere Freude, unsere Liebe und unsere Träume teilen können und die uns helfen, den Schmerz, die Angst und das Leid zu lindern, die unsere Reise auf der Erde mit ihren sinnlichen Wahrnehmungen mit sich bringt.
In diesem Buch geht es darum, einen Blick auf unsere Zeit in der Geschichte zu werfen und uns daran zu erinnern, dass unsere Reise dazu dient, unsere Göttlichkeit zu erwecken.
MASTERCLASS
Was macht dich im Kern wirklich menschlich?
Dieses Buch wird dich an etwas erinnern, das tief in dir schlummert: die Weisheit deines Herzens, deine schöpferische Kraft, das Menschsein jenseits von Funktionieren.
Als Begleitung zu diesem Buch lade ich dich zu einer kostenfreien Online-Masterclass ein (mehr Infos dazu auf S. 371):
»PURE HUMAN –Die Masterclass für bewusstes Menschsein«
Es gibt Momente in der Geschichte der Menschheit, da wir Entscheidungen treffen, welche die Welt und unser Leben unwiderruflich auf eine Art verändern können, die wir in der Zukunft vielleicht bereuen. Heutzutage ist einer dieser Momente.
Wir haben jetzt die Möglichkeit, uns selbst zu verändern – den Code unserer DNA und die neuronalen Netzwerke, die uns definieren, umzuschreiben –, und zwar auf eine Weise, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und die das Menschsein für immer verändern wird. Außerdem leben wir in einer Zeit, in der wir, wie uns gesagt wird, angeblich genau diese Veränderungen vornehmen müssen, um zur besten Version unserer selbst zu werden und in der Welt erfolgreich zu sein.
Es ist die Kombination dieser lebensverändernden Technologien mit dem Narrativ unserer vermeintlichen Machtlosigkeit, durch die sich unsere Zeit in der Geschichte so sehr von früheren Zeiten unterscheidet.
Die Technologien, die wir Menschen entwickelt haben, seit wir vor 200.000 Jahren zum ersten Mal auf der Erde aufgetaucht sind, haben sich bislang immer darauf beschränkt, Einfluss auf unsere Beziehung zur Welt um uns herum zu nehmen. Vor Hunderten von Jahren haben wir uns zum Beispiel dafür entschieden, Holz und Kohle zu verbrennen, um unsere Zivilisation mit Energie zu versorgen; in jüngerer Vergangenheit wurde Erdöl zum wichtigsten Brennstoff, der den Nationen der Welt Wärme, Nahrung und Energie liefern sollte. Wir haben uns dafür entschieden, das Wissen über die Atomspaltung – eine an sich relativ harmlose Technologie – zum Bau der zerstörerischsten Waffen in der Menschheitsgeschichte zu nutzen und mit der damit einhergehenden Bedrohung auch weltweit auf Politik und Wirtschaft einzuwirken.
Wir haben uns dafür entschieden, unsere Differenzen hinsichtlich Religion, Politik und Regierung unter Einsatz hochmoderner Nachrichtendienste, einer datenschutzfeindlichen Überwachung und mit Hightech-Kriegsführung zu lösen und damit international wie auch im eigenen Land die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
So mächtig und zerstörerisch diese Entscheidungen auch waren, ihre Auswirkungen bestanden in temporären, meist reversiblen Veränderungen unserer Umwelt. Bis jetzt. Und genau deshalb ist der Scheideweg, an dem wir stehen, so gefährlich beunruhigend.
Während du dieses Buch liest, werden bereits Strategien entwickelt und Technologien eingesetzt, die die Welt in uns selbst dauerhaft verändern. Die Technologien, die wir heute als Einzelpersonen und Familien akzeptieren, sowie der rechtliche Rahmen für ihre Nutzung beeinflussen schon jetzt die Funktionsweise unseres Gehirns. Sie wirken sich bereits darauf aus, wie gut unser Immunsystem auf neu auftretende Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger reagieren kann. Sie verändern schon jetzt die emotionalen Bindungen zwischen Freunden und zwischen Eltern und ihren Kindern. Sie verändern bereits unsere Fähigkeit, die subtile Energie zu erkennen, über die wir unbewusst miteinander und mit anderen Lebensformen kommunizieren.
Und was womöglich am bedenklichsten ist: Sie verändern bereits, wie wir fühlen, Emotionen teilen und die Werte bewahren, die wir als Individuen, Familien und Gemeinschaften hochhalten – also das, was unsere Gesellschaft im Kern ausmacht.
Das Ironische am Einsatz der neuen Technologie zur Veränderung unserer Körper ist: Die Fähigkeiten unserer natürlichen Biologie entsprechen bereits jenen der künstlichen Technologie, die wir angeblich brauchen, um unsere conditio humana zu verbessern, und in manchen Fällen übertreffen sie sie sogar.
Die nächsten Schritte, die wir in Bezug auf künstliche Intelligenz (KI) und die Verschmelzung unseres natürlichen Körpers mit Technologie unternehmen, indem wir Computerchips in unser Gehirn implantieren und Gentherapien in unser Blut injizieren, werden die Weichen dafür stellen, wie viel von uns selbst wir bewahren und wie viel von unserem Menschsein wir für immer an die Technologie abgeben.
Die Entscheidung liegt bei uns, und wir treffen sie bereits.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 1:
Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte setzen wir eine Technologie ein, die unseren Körper auf biologischer Ebene unwiderruflich verändert.
Wenn wir den derzeitigen technologischen Weg weiter verfolgen und uns von den aktuellen Trends im Denken leiten lassen, werden wir im Jahr 2030 die endgültige Entscheidung getroffen haben: Wir werden auf dem besten Weg zu einer von zwei Gesellschaftsformen sein:
Entweder wir werden in einer »futuristischen« Gesellschaft von Mensch-Maschine-Hybriden eingesperrt sein und unsere geschätzten Qualitäten – wie Intuition, Einfühlungsvermögen, Kreativität sowie aus dem Herzen kommende Liebesbindungen, Intimität, sexuelle Begegnung und Empfängnis – eingetauscht haben gegen die Bequemlichkeit der KI, die unsere Musik, Poesie und Kunst erschafft, sowie gegen virtuelle Realitäten, die echte Beziehungen und menschliche Kontakte ersetzen.
Oder wir werden zu der tiefen Wahrheit unserer außergewöhnlichen, aber weitgehend ungenutzten natürlichen menschlichen Potenziale erwachen und zum ersten Mal als Spezies entdecken, was es bedeutet, ganz Mensch zu sein.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 2:
Bis zum Jahr 2030 werden wir entweder zu der Wahrheit über unser ungenutztes menschliches Potenzial erwacht sein, oder wir werden in einer Gesellschaft von Hybridmenschen eingesperrt sein, die unsere Kräfte der Kreativität, Emotion, Empathie und Intuition weggezüchtet hat.
Nur wenn wir wissen, wer wir als Menschen sind, und das ganze Ausmaß dessen, was auf dem Spiel steht, begreifen, können wir fundierte und gesunde Entscheidungen dahingehend treffen, welchen dieser beiden Wege wir einschlagen.
Der amerikanische Erfinder und Futurist Ray Kurzweil hat seit Langem korrekte Voraussagen getroffen, wohin die technologischen Trends führen werden und welche Art von Welt daraus hervorgehen wird. Im Jahr 1990 prognostizierte er zum Beispiel treffsicher die flächendeckende Nutzung von Computern und Internet in gewöhnlichen Durchschnittshaushalten sowie das Aufkommen von fahrerlosen, KI-gesteuerten Elektroautos.
Schon 2005 erkannte Kurzweil, dass die Verschmelzung von Mensch und Maschine, die heute als Transhumanismus bekannt ist, am Horizont steht. Auf Basis der gesellschaftlichen Normen und der Technologie jener Zeit war dies die logische Konvergenz des Strebens nach menschlicher Unsterblichkeit und der Fortschritte in der Robotik sowie der Entwicklung von Kleinstcomputern. Er erkannte auch, dass der Übergang von Menschen zu transhumanistischen Mensch-Maschine-Hybriden schneller vollzogen sein würde, als viele Menschen erwartet hatten, wenn sich nicht etwas an unserem Selbstverständnis änderte. Es würde passieren, sagte er, und man würde es einfach als »Fortschritt« und nächsten Schritt in unserer Evolution ansehen. Außerdem würde es geschehen, ohne dass die Öffentlichkeit über die langfristigen Folgen aufgeklärt werde.
In einem Interview aus dem Jahr 2013 bekräftigte Kurzweil, wie schnell die Entwicklung hin zu Mensch-Maschine-Schnittstellen voranschreitet: »Wenn du im Jahr 2035 mit einem Menschen sprichst, wirst du mit einem Mischwesen aus biologischer und nicht-biologischer Intelligenz reden.«1 Wenn Kurzweil damit recht hatte, könnte unsere Generation die letzte reine Menschengeneration auf der Erde sein. Es bleiben uns nur noch wenige Jahre, um die Weichen für unsere Beziehung zu hoch entwickelten Robotern und KI zu stellen.
Die heutige Zeit unterscheidet sich von ähnlich kritischen Momenten in der Vergangenheit. Denn wenn wir jetzt die falschen Entscheidungen treffen, verlieren wir womöglich etwas unglaublich Wichtiges, was so noch nie passiert ist und nicht rückgängig gemacht werden kann: Wir verlieren uns selbst – unser Menschsein und die einzigartigen Eigenschaften, die uns von anderen Lebensformen unterscheiden.
Letztendlich könnten wir den Teil von uns verlieren, in dem die größten Triumphe der Geschichte wurzelten, das Gefäß, das unsere tiefsten Geheimnisse und die wertvollsten Aspekte unserer menschlichen Natur in sich trägt. Wir könnten die Quelle unserer Fantasie, Intuition, Innovationskraft und Kreativität verlieren. Was auf dem Spiel steht, ist unsere Göttlichkeit – der Teil von uns, der es uns ermöglicht, uns über unsere Umstände zu erheben und über alle Einschränkungen und Erwartungen, die wir in der Vergangenheit für uns akzeptiert haben, hinauszugehen.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 3:
Wir stehen an der Schwelle, unser Menschsein – die biologische Brücke zu unserer Göttlichkeit – aufzugeben.
Ironischerweise ist die Möglichkeit, unsere Göttlichkeit zu verlieren, nicht auf einen Zufall zurückzuführen. Es ist nicht die Folge eines schiefgelaufenen »Fortschritts«. Vielmehr ist es das Ziel einer Bewegung des 20. Jahrhunderts, die sich vornahm, den Menschen in eine neue Lebensform zu verwandeln, die über den Menschen hinausgeht – eine transhumane oder posthumane Spezies. Das erklärte Ziel des Transhumanismus ist es, Unsterblichkeit zu erlangen und die Logik, Geschwindigkeit und Effizienz von Computern und KI in den menschlichen Körper zu integrieren. Die Befürworter dieser Bewegung glauben, der Transhumanismus sei der nächste Schritt in der menschlichen Evolution.
Der hohe Preis, den wir für solche Errungenschaften zahlen werden, ist die Erschaffung emotionsloser Individuen, die von Effizienz, Logik und Algorithmen angetrieben werden und die nicht mehr das erleben, was Transhumanisten als menschliche »Makel« betrachten, nämlich unangenehme Emotionen wie Trauer, Leid, zerbrochene Liebe und Verlust.
In einer transhumanistischen Welt wird die Inspiration, die einige der größten künstlerischen Errungenschaften unserer Spezies hervorgebracht hat – wie Shakespeares romantische Tragödie »Romeo und Julia«, die tiefgründige Poesie von Rumi, die Intensität von Beethovens »Mondscheinsonate«, die Leidenschaft von Led Zeppelins »Stairway to Heaven« und die natürliche Schönheit von Leonardo da Vincis »Mona Lisa« –, zu einem Artefakt aus unserer Vergangenheit, zu einer fernen Erinnerung an eine andere Zeit für unsere Nachkommen.
Letztendlich streben Transhumanisten die vollständige Verschmelzung von Menschen und Maschinen in einer einheitlichen digitalen Landschaft (einer buchstäblich digitalen Matrix) an, die als »Singularität« bezeichnet wird. In der Singularität sind wir Menschen in das »Internet of everything« integriert und digital mit einem riesigen Informationskomplex verwoben, der durch KI-gesteuerte Algorithmen verwaltet und kontrolliert wird. Nahezu unsichtbare Nanotransmitter, von denen manche bereits heute in der Medizin eingesetzt werden, werden in unseren Blutbahnen zirkulieren, wo sie die Überwachung und Dokumentation unserer Lebenszeichen und intimen Körperfunktionen auf entfernten Servern ermöglichen.
Dieselbe Technologie wird jedoch einem doppelten Zweck dienen, denn sie wird auch unsere alltäglichen Entscheidungen und Gewohnheiten überwachen, zum Beispiel was wir essen, was wir einkaufen, wie und wohin wir reisen und sogar, was wir füreinander empfinden; und sie wird Konsequenzen festlegen, wenn wir von den gesellschaftlich akzeptierten Normen abweichen.
Nach Kurzweils Überzeugung findet diese Verschmelzung von Mensch und Technik schon heute statt, und er hat ein Datum genannt, an dem wir damit rechnen können, dass dies die vorherrschende Lebensform in unserer Zivilisation sein wird: »Ich prognostiziere, dass Singularität bis zum Jahr 2045 vollzogen ist; sie wird die menschlichen Fähigkeiten tiefgreifend und umwälzend transformieren.«2
Der Weg, den Kurzweil und andere vorhersagen, klingt nach einem richtig schlechten dystopischen Science-Fiction-Film, mit einem Thema, das wir alle schon einmal in solchen Filmen gesehen haben. Wenn wir solche düsteren Filme anschauen oder finsteren Vorhersagen lesen, empfinden die meisten von uns sofort einen Widerstand und unser Inneres schreit: »Nein!« Das ist keine Zukunft, die wir uns für uns oder für unsere Kinder wünschen.
Und warum dieser Widerstand? Weil wir tief in unserem Inneren spüren, dass das alles falsch ist. Es ist falsch, zuzulassen, dass Hightech-Gadgets in unseren unantastbaren natürlichen Körper eindringen. Es ist falsch, unsere natürlichen Fähigkeiten des Denkens, der Vorstellungskraft und der Kreativität durch die rationalisierte und emotionslose Effizienz von KI und Computerchips zu ersetzen. Die gesamte Prämisse ist falsch, denn wir wissen instinktiv, dass unsere Existenz etwas ganz Besonderes ist. Auch wenn in unserer Kultur selten darüber gesprochen wird, haben wir doch eine Kraft in uns, die wir verlieren, wenn wir uns an Maschinen ausliefern.
Und obwohl wir nicht genau sagen können, was dieses »besondere Etwas« ist, wissen wir doch, dass wir eine uralte Gabe und ein heiliges Anvertrautes verkörpern, das es zu bewahren und zu schützen gilt. So dysfunktional uns die Welt und die Menschen in ihr heute auch erscheinen mögen, wir spüren doch, dass es etwas Besonderes an unserem Dasein gibt, das durch diese Dysfunktionalität hindurchscheint. Und genau dieses Etwas ist es wert, bewahrt zu werden. Um diese kostbare Gabe geht es in diesem Buch.
Aus unseren ältesten und wertvollsten spirituellen Traditionen bis hin zu den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen der modernen Welt werden Jahr für Jahr neue Entdeckungen gemacht, die aufzeigen, dass wir Menschen einzigartig sind und dass uns sogar noch mehr »Besonderheit« zu eigen ist, als wir je geglaubt haben. Durch die fast gottähnlichen Kräfte unserer Emotionen, unserer Empathie, unserer Intuition, unserer Versöhnlichkeit und unserer Innovationskraft verkörpern wir bereits die Schöpfungskraft, die nach Überzeugung der Transhumanisten nur Mensch-Maschine-Hybriden erreichen können.
Wie wir in den folgenden Kapiteln aufdecken werden, sind menschliche Zellen und Neuronen tatsächlich mächtiger, leistungsfähiger und anpassungsfähiger als die fest verdrahteten Computerchips mit ihrer begrenzten Skalierbarkeit und die begrenzten KI-Algorithmen.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 4:
In vielerlei Hinsicht sind menschliche Zellen und spezialisierte Neuronen den fest verdrahteten Computerchips und den begrenzten Algorithmen der KI hinsichtlich ihrer Leistung, Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit überlegen.
Die Technologie, die die Transhumanisten aktiv in unser Leben zu integrieren anstreben, mag verführerisch sein; doch eigentlich ahmen diese Innovationen die natürlichen Funktionen des lebenden Gewebes unseres Körpers nach.
Um das Ausmaß dessen zu begreifen, was auf dem Spiel steht, wenn wir unser Menschsein riskieren und unsere Körper mit Maschinen verschmelzen, müssen wir uns den Konflikt bewusst machen, der seit Beginn unserer Existenz auf der Erde tobt: den zeitlosen Kampf zwischen Gut und Böse.
So uralt dieser Kampf auch ist, er findet nach wie vor statt und spielt sich auf der globalen Bühne und in unserem heutigen Leben ab. Obgleich es nicht immer leicht ist, darüber zu sprechen, und jene, die darüber sprechen, oft von ihren sozialen Kreisen dafür abgestraft, an den Pranger gestellt und »geächtet« werden, wird der Kampf zwischen Gut und Böse nach wie vor ausgetragen, ist präsent und sehr real. Er ist der Kern all der Konflikte, Kriege, Krankheiten und des sozialen Zusammenbruchs, die wir heute in Familien, Gemeinden und Nationen erleben. Das Böse ist auch das Kernstück der transhumanistischen Bewegung, die die natürliche Biologie unseres Körpers durch Maschinen ersetzen will.
Wie wir in Kapitel 1 sehen werden, ist die Göttlichkeit, die uns von der Verletzlichkeit der Angst befreit, nur durch die Kraft des natürlichen menschlichen Körpers möglich. Aus dieser Perspektive ist die Bewegung, die unsere natürlichen Körper durch synthetische Intelligenz und bearbeitete Gene ersetzen will, letztlich eine Bewegung, die uns von der Göttlichkeit trennt, durch die wir unser Menschsein in seiner ganzen Tiefe auszudrücken vermögen.
Wir stehen an der Schwelle, unser 2000 Jahrhunderte altes Erbe an menschlichem Potenzial und beachtlichen Fähigkeiten, die wir gerade erst zu erkennen beginnen, zu verschenken. Wir sind es uns selbst schuldig, diese Potenziale in unserem Leben auszuschöpfen und zu verstehen, wer wir angesichts dieser Chancen sind – bevor unsere Bestimmung sich für immer darin verliert, die Idee einer Hightech-Evolution eines anderen »voranzubringen«.
Dieses Buch soll uns alle daran erinnern, wie mächtig, wertvoll und heilig wir sind. Ich habe »Pure Human« geschrieben, um uns ein Gefühl der Orientierung und des Friedens zu geben, während wir gemeinsam bestimmen, welchen Kurs unsere Zukunft und unser Schicksal einschlagen wird.
Unser Menschsein ist es wert, bewahrt zu werden. Wenn du schon immer einmal anders über dich und deine ungenutzten Potenziale nachdenken wolltest, aber gezögert hast, weil es keine Beweise für diese Potenziale gab, dann sind die folgenden Seiten genau das Richtige für dich.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 5:
Wir sind es uns selbst schuldig, die tiefe Wahrheit darüber zu erkennen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, bevor wir uns der Technologie hingeben, die jetzt von der transhumanistischen Bewegung vorangebracht wird.
Ich hoffe, dass du durch dieses Buch die Ehre und das Privileg, jeden Tag deines Lebens den Bauplan unseres Menschseins in jeder Zelle deines Körpers zu tragen, neu wertschätzen lernst.
Mit Liebe geschrieben
Gregg Braden
Santa Fe, New Mexico
Wir sind eine Mischung aus Staub und Göttlichkeit.
Huston Smith (1919–2016), amerikanischer Religionswissenschaftler
Ein uralter Kampf spielt sich vor unseren Augen ab. Über diesen Kampf wird nicht in den Sechs-Uhr-Nachrichten oder in der Morgenzeitung berichtet. Er wird auch nicht bei einer im Fernsehen übertragenen Präsidentschaftsdebatte oder einer Pressekonferenz im Weißen Haus diskutiert werden. Das eigentliche Ringen findet hinter den Kulissen statt, im Rahmen all dessen, was das Weltgeschehen bestimmt, und zwar ständig und unerbittlich.
Man kann dieses Ringen im weitesten Sinne ganz einfach als den zeitlosen Kampf zwischen Gut und Böse betrachten, doch letztlich geht es um etwas, das über diese vertrauten Polaritäten hinausgeht. Das Ziel dieses Ringens besteht darin, eine mächtige Kraft zu beherrschen, die in uns lebt, in jedem von uns. Diese Kraft ist entscheidend, um Freude, Erfolg und Heilung in unserem täglichen Leben zu erfahren. Diese Kraft befreit uns von der Angst, die uns in dem Gefühl festhält, wir seien klein, unbedeutend und machtlos. Letztlich wird genau diese Kraft über die Zukunft und das Schicksal unserer gesamten Spezies entscheiden.
Die Kraft, von der hier die Rede ist, lässt sich in einem einfachen Wort zusammenfassen: Göttlichkeit. Genauer gesagt, die Kraft unseres Menschseins, die es uns ermöglicht, unsere Göttlichkeit im Alltag zum Ausdruck zu bringen; genau darum geht es in diesem uralten Kampf.
In den alten hinduistischen Traditionen gibt es ein Wort für eine geheimnisvolle Kraft, das keine direkte Entsprechung in der englischen oder deutschen Sprache hat: Atman. Es bedeutet »das ewig Göttliche«. Auch wenn das Wort »Atman« in den westlichen Traditionen kaum verwendet wird, ist die Göttlichkeit, die es beschreibt, den meisten Menschen im Westen vertraut.
Historisch wird die Bedeutung des Wortes »Göttlichkeit« mit Religion, religiöser Erziehung oder einer Art spiritueller Praxis in Verbindung gebracht; doch schaut man sich die Definition dieses Wortes ein wenig genauer an, zeigt sich etwas Unerwartetes und für manche Menschen auch Überraschendes, nämlich eine ermächtigende Beziehung zwischen uns und unserer heutigen Welt der Extreme.
Eine zeitgenössische Definition von Göttlichkeit (engl. divinity) lautet:
Eine göttliche Kraft oder Macht. Mächte oder Kräfte, die universell sind oder die menschlichen Fähigkeiten transzendiert.1
Untersuchen wir diese Definition etwas genauer, zeigen sich zwei Facetten der guten Nachricht. Erstens ist »das Transzendieren« einer Situation mehr als das bloße Überleben dieser Situation; vielmehr bedeutet es, sich über die Situation hinaus zu erheben und über Herausforderungen zu triumphieren. Dadurch werden wir zu etwas Größerem als die Version unserer selbst, die sich in der Vergangenheit den Herausforderungen gestellt hat.
Zweitens beschreibt der Begriff der »menschlichen Fähigkeiten« das, was wir als unsere Fähigkeiten annehmen, und ebenso deren Grenzen, sowohl heute als auch in der Vergangenheit. Oft sind diese Grenzen, die wir für uns als gegeben hinnehmen, aber gar keine echten, sondern gefühlte Grenzen; wir akzeptieren sie, weil wir darauf konditioniert und indoktriniert wurden.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 6:
Göttlichkeit wird definiert als Mächte oder Kräfte, die über die wahrgenommenen Grenzen hinausgehen.
Durch unsere familiären Überzeugungen, gesellschaftlichen Praktiken und die Informationen, die man uns in Schulen und Lehrbüchern vermittelt, werden wir alle darauf indoktriniert, zu glauben, unserer Leistungs- und Heilungsfähigkeit und unserem Vorstellungsvermögen seien Grenzen gesetzt. Doch in Wirklichkeit gibt es sie nicht. Ein perfektes Beispiel dafür ist unsere Fähigkeit, höhere Gehirnzustände zu erreichen, die zu höheren Bewusstseins- und Wahrnehmungsebenen führen, und zwar mit Intention und auf Abruf.
Noch in den 1990er-Jahren kannten Universitätslehrbücher und wissenschaftliche Abhandlungen nur vier Bewusstseinszustände des menschlichen Gehirns; sie umfassten verschiedene Arten von Wach- und Schlafbewusstsein und basierten auf den Messwerten der Gehirnwellen von Elektroenzephalographen (EEG), die die neuronale Aktivität elektrisch messen. Diese Zustände und die dazugehörigen Frequenzen, vom niedrigsten bis zum höchsten dokumentierten Gehirnzustand, waren: der Delta-Zustand des Tiefschlafs (1,5–4,0 Hertz), der Theta-Zustand des REM-Schlafs und der tiefen Meditation (5,0–8,0 Hertz), der Alpha-Zustand der Wachentspannung (9,0–14,0 Hertz) und der Beta-Zustand der aktiven Wachsamkeit (15,0–40,0 Hertz).2 Innerhalb dieser vier anerkannten Zustände wurde die höchste Frequenz des menschlichen Gehirns bei 40 Hertz im Beta-Zustand angenommen.
Die Wissenschaftler waren sich damals absolut sicher, dass das menschliche Gehirn keine Frequenzen jenseits dieses Bereichs aushalten könne und dass 40 Hertz das obere Ende unserer natürlichen Leistungsfähigkeit seien. Diese vermeintliche Grenze stand in Lehrbüchern und medizinischen Fachzeitschriften und wurde als natürliches Limit der menschlichen Erfahrung akzeptiert. Erst als die Gehirnwellen tibetischer Mönche beim Meditieren unter Laborbedingungen und mit zuverlässigen Messungen diese 40 Hertz überstiegen, mussten Wissenschaftler und Mediziner zugeben, dass wir Menschen die bislang angenommenen Grenzen überschreiten können.
Die meditierenden Mönche waren nachweislich in der Lage, die Frequenz ihrer Gehirnwellen auf das Doppelte der bisher akzeptierten Grenze zu steigern und erstaunliche 80 Hertz zu erreichen, und zwar ohne externe Katalysatoren, ohne pflanzliche Medikamente, ohne Chemie und ohne elektronische Klänge über Kopfhörer. Ein neuer Gehirnzustand mit einem neuen Namen musste definiert werden, der widerspiegelte, was diese Mönche erreicht hatten – der sogenannte Gamma-Gehirnzustand, der den Frequenzbereich zwischen 40 und 80 Hertz umfasst.
Als die Ergebnisse verifiziert wurden, mussten selbst Skeptiker zugeben, dass es sich bei der Fähigkeit der Mönche, die vermeintlich unveränderliche menschliche Grenze zu überschreiten, nicht um einen Rechenfehler handelte. Diese Entwicklung zwang die wissenschaftliche Gemeinschaft, zu akzeptieren, dass sie die Kapazität des menschlichen Gehirns falsch eingeschätzt hatte, zumindest bei manchen Menschen. Laut Aussage der tibetischen Mönche konnten sie in den Gamma-Gehirnzustand gelangen, indem sie durch eine weitere Art der Meditation die neu entdeckten Grenzen für Gehirnzustände sogar noch weiter überschreiten und die Kapazität des menschlichen Gehirns über den Gamma-Gehirnzustand hinaus in neues und unerforschtes Gebiet ausweiten konnten.
Es erforderte nicht mehr als eine Veränderung des Atems, des Fokus und des Gewahrseins, damit die Mönche die ursprünglich definierten Grenzen des neu entdeckten Gamma-Gehirnzustands auf bis zu 100 Zyklen pro Sekunde bzw. auf 100 Hertz ausweiten konnten. Mit ihren Meditationstechniken verdoppelten sie diese ohnehin schon erstaunliche Leistung dann auf verblüffende 200 Hertz und erreichten damit einen weiteren neuen Bereich der Gehirnaktivität, der heute als Hypergamma-Zustand bekannt ist.
Während ich dieses Buch schreibe, ist laut Lehrbüchern der Hypergamma-Gehirnzustand die maximal mögliche Frequenz für das menschliche Gehirn. Wie wir in späteren Kapiteln feststellen werden, wird diese Grenze jedoch höchstwahrscheinlich noch einmal überschritten, nämlich wenn wir lernen, unser Gehirn an die Herausforderungen des Lebens anzupassen, und wie das möglich ist, wird uns erst jetzt bewusst.
Was also einst als unumstößliche menschliche Grenze akzeptiert wurde, hat sich als eine nur wahrgenommene Grenze herausgestellt. Unter anderen, weiter entwickelten Bedingungen für Atem und Fokus mussten die früheren Grenzen höheren Frequenzen elektrischer Gehirnaktivität und Bewusstseinszuständen weichen, die zuvor für Menschen als unmöglich galten.
Dies ist ein Beispiel dafür, was Göttlichkeit ausmacht. Es ist unsere Fähigkeit, die Grenzen unseres Menschseins, die wir in der Vergangenheit akzeptiert bzw. uns auferlegt haben, zu transzendieren.
In unserer Göttlichkeit liegt das Geheimnis aller Geheimnisse. Durch den Ausdruck unserer göttlichen Natur erwecken wir eine außergewöhnliche Kraft, die so selten, so schön und so mächtig ist, dass bestimmte Wesen und Organisationen auf der Welt bis zum Äußersten gehen, um sie vor uns zu verbergen.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 7:
Der Kampf zwischen Gut und Böse ist letztlich der Kampf um die Göttlichkeit des Menschen.
Im Lauf der Jahrhunderte wurden Geheimgesellschaften gegründet, damit das Wissen um diese Macht – unsere menschliche Göttlichkeit – wenigen auserwählten Personen vorbehalten bliebe. Nationen haben Krieg gegen andere Nationen geführt, um uns von dem Teil von uns abzulenken, der das Geheimnis birgt. Armeen haben Armeen vernichtet, Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht, Bankensysteme zum Einsturz gebracht; Krankheiten wurden entfesselt, Gesellschaften zerstört, das Klima manipuliert und Lügen über unseren Ursprung, unsere Beziehung zur Welt, zu Gott und über unser ultimatives Schicksal zusammenfabriziert, um uns von der Wahrheit über unsere außergewöhnliche innere Macht abzulenken.
Diese Ablenkungsmanöver gehen auch heute noch weiter. Während du diese Seiten liest, spielen sie sich vor unseren Augen im aktuellen Weltgeschehen ab.
Aber nicht alles, was uns daran hindern soll, unsere Macht zu erkennen, kommt aus der Außenwelt. In vielen Fällen kommt das, was uns davon abhält, unsere eigene Macht zu erkennen und anzunehmen, aus unserem Inneren. Bewusst und manchmal auch unbewusst erschaffen wir in unserem Leben ungünstige Situationen, um die Wahrheit über unsere eigene heilige Macht vor uns selbst zu verbergen. Wir schaffen schwierige Beziehungen, finanzielle Notlagen, Gesundheitskrisen, berufliche Misserfolge und sogar lebensbedrohliche Situationen, um unser Gewahrsein zu beschäftigen und uns davon abzuhalten, das wegweisende Geheimnis zu enthüllen, das wir alle in uns tragen.
Vielleicht ist es eine der größten Ironien des Lebens, dass sich gerade diese Schwierigkeiten und Nöte oft als unsere größten Lehrer erweisen, die uns wichtige Lektionen erteilen. Sie dienen als Katalysator, um die heilige Kraft zu erwecken, die uns vor so langer Zeit anvertraut wurde.
Durch die Biologie unserer natürlichen Zellen, spezialisierter Neuronen und der DNA sind wir alle mit etwas verbunden, das jenseits unseres physischen Körpers existiert. Wir sind auf einen zeitlosen Teil unserer selbst eingestimmt, der die Quelle unserer Freude, Fantasie, Kreativität, Innovationskraft und Heilung ist. Während diese Essenz in lockeren Unterhaltungen manchmal als etwas Selbstverständliches hingenommen wird, hat die moderne Wissenschaft ihre Existenz und ihre Rolle in unserem Leben erst kürzlich anerkannt.
Ein Artikel aus dem Jahr 2004 in der wissenschaftlichen Zeitschrift »Journal of Alternative and Complementary Medicine« beschreibt unsere Beziehung zu dieser Kraft: »Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass das physische Herz mit einem Informationsfeld verbunden ist, das nicht an die klassischen Grenzen von Zeit und Raum gebunden ist.«3 In moderner Sprache beschreibt diese frei zugängliche, von Experten begutachtete Arbeit, wie die Biologie des menschlichen Herzens als direkte Leitung – sozusagen eine spirituelle Hotline – zu einem Feld aus Informationen, Wissen und Fähigkeiten fungiert, das nicht durch die Gesetze der Physik, wie wir sie heute verstehen, begrenzt oder daran gebunden ist.
Durch diese unsere Fähigkeit, über unseren natürlichen Körper – unser reines Menschsein – auf dieses Feld zuzugreifen, können wir das außergewöhnliche Potenzial unserer Göttlichkeit ausschöpfen. Und genau deshalb stellt die vorgeschlagene Verschmelzung unserer natürlichen Körper mit der Technologie aus Computerchips, KI, diversen Gentherapien und Nanopartikeln eine solche Bedrohung für unsere Existenz dar.
Die Aufnahme digitaler Technologie in unseren Körper blockiert diese heilige Verbindung und hindert uns daran, unser größtes Potenzial zu nutzen, denn dadurch wird die Kraft unserer Göttlichkeit verschleiert.
Das Göttliche ist mehr als unsere Gedanken und mehr als das, was wir glauben. Unsere Göttlichkeit ist mehr als unser bewusster Geist. Sie liegt jenseits unseres Unterbewusstseins. Das Göttliche ist Ausdruck unseres sogenannten Überbewusstseins – des Teils von uns, der ewig, uralt und zeitlos ist.
Unser Überbewusstsein ist die Quelle unseres direkten Wissens, der Schlüssel zu unserer tiefen Intuition, unserer kreativen Vorstellungs- und Ausdruckskraft. Dort nehmen unsere Selbstakzeptanz und Selbstliebe und aus dieser Akzeptanz und Liebe heraus auch unsere tiefsten Heilungsprozesse ihren Anfang.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 8:
Die Göttlichkeit ist der uralte und zeitlose Teil von uns, wo unser direktes Wissen, unsere Vorstellungskraft, Kreativität, Selbsterkenntnis und Selbstheilung beginnen.
Ein oft angeführtes, wenngleich anonymes Zitat hilft, den Unterschied zwischen subtilen Bewusstseinszuständen zu verdeutlichen: »Das Überbewusstsein ist die Seele, die Quelle, die Liebe, das authentische Du. Das Unterbewusstsein ist das, was du bist. Und das Bewusstsein ist das, was du tust.«4 Jeden Tag unseres Lebens sehen wir Ausdrucksformen der Göttlichkeit in der Welt um uns herum. Manchmal zeigen sie sich auf unerwartete Weise.
2018 ergab sich für mich die Möglichkeit, an der Verleihung der Grammy Awards teilzunehmen, die in jenem Jahr in New York City stattfand. Bei den Auftritten und Rahmenveranstaltungen nach der Preisverleihung gab es die Gelegenheit, mit den Sängern, Songwritern und Musikern zu sprechen, die geehrt worden waren.
Ich nutzte das Zusammentreffen mit diesen großartigen und talentierten Künstlerinnen und Künstlern und stellte allen, die ich traf, die gleiche Frage: »Woher kamen die Musik und die Worte, als du diesen fantastischen Song oder diesen kraftvollen Text geschrieben hast?«
Ausnahmslos alle von ihnen gaben die gleiche Antwort: Sie stellten klar, dass die Worte und die Musik nicht von ihnen stammten – sie kamen vielmehr durch sie hindurch.
Ähnliche Gespräche führte ich mit Fachleuten aus Wissenschaft und Ingenieurwesen im Rahmen meiner Tätigkeit für Unternehmen. Wenn ein Informatiker-Kollege eine schöne und effiziente Software entwickelte, die unser Arbeitsleben vereinfachte, oder ein Mathematiker eine elegante Gleichung zur Lösung eines Problems erstellte, mit dem unsere Teams konfrontiert waren, gaben sie sich oft, wie sie selbst sagten, einfach dem Prozess hin; sie traten beiseite und ließen die Inspiration durch sich hindurchfließen.
Das Gleiche gilt für bildende Künstlerinnen, Maler, Bildhauer, Autoren, Schriftstellerinnen usw., mit denen ich im Lauf der Jahre über ihre inneren kreativen Prozesse gesprochen habe.
In jedem dieser Beispiele wird deutlich, dass die Inspiration für die höchsten Ausdrucksformen unserer Kreativität an einem Punkt beginnt, der mehr ist als unsere bewussten Gedanken. Sie hat ihren Ursprung in etwas, das über uns hinausgeht: unserer Göttlichkeit, die sich durch Vorstellungskraft, Visionen und Innovationskraft zum Ausdruck bringt und bemerkbar macht. Und genau deshalb findet ein Kampf um unsere Göttlichkeit statt.
So mächtig unsere musikalischen, visuellen und technischen Kreationen auch sein mögen, unsere Göttlichkeit ist mehr als eine visuelle Inspiration oder die Lösung einer mathematischen Gleichung. Das Göttliche ist die Essenz unserer wahren Natur. Es sind die Ausdrucksformen unserer Göttlichkeit, die uns von der Angst befreien. Und Angst ist vielleicht die wertvollste »Ware« beim uralten Kampf zwischen Gut und Böse und dem Versuch, Einzelne, Familien, Gemeinschaften, Gesellschaften und sogar Nationen zu beherrschen.
Göttlichkeit befreit uns von der Angst, die uns in dem Gefühl festhält, klein, unbedeutend und machtlos zu sein. Durch sie können wir zum höchsten Ausdruck unseres Menschseins werden und ein Leben als die beste, höchste und mächtigste Version unserer selbst führen.
Dann finden wir die Freiheit, furchtlos zu lieben. Wir finden das Wissen, dass wir in unserem Leben die Wahl haben. Wir finden die Weisheit, entsprechend diesen Entscheidungen zu handeln, damit wir unsere größten Gaben und außergewöhnlichen Potenziale annehmen können. Wir entdecken die Kraft, unsere Entscheidungen zu befolgen, um zur bestmöglichen Version unserer selbst zu werden.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 9:
Unsere Göttlichkeit zum Ausdruck zu bringen, befreit uns von der Angst, die uns in dem Gefühl festhält, klein, unbedeutend und machtlos zu sein, und ermöglicht es uns, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.
Wenn wir unsere Göttlichkeit ungebunden zum Ausdruck bringen, sind wir weniger anfällig für die Angst, die andere auf uns projizieren, und letztlich auch weniger anfällig für die Macht und Kontrolle durch andere. Ob es die Angst in einer Partnerbeziehung ist, die uns daran hindert, gesunde Lebensentscheidungen zu treffen; die Angst in den Hallen der Machtstrukturen eines Unternehmens, schädigende Entscheidungen zu treffen; oder die Angst vor den konkurrierenden Visionen und Plänen unserer politischen Regierungen und wie wir von ihnen beeinflusst werden: Der Ausdruck unserer Göttlichkeit ermächtigt uns dazu, in Freude, Freiheit und Selbstbestimmtheit zu leben und die Welt zu verändern, wenn wir sehen, dass sie verändert werden muss.
Der Schlüssel zum Sieg im Ringen um unsere Freiheit liegt darin, jenseits der alten Vorstellungen von »gewinnen« und »verlieren« zu denken und dementsprechend zu leben. Denn genau wegen dieser alten Vorstellungen vom Leben stecken wir fest, kämpfen uns ab und sind ewig in Konflikten gefangen. Der Weg zum Sieg besteht darin, im Alltag unsere Göttlichkeit zu leben und uns so über das Gewinner/Verlierer-Denken zu erheben.
Wenn wir furchtlos lieben, ohne Erwartungen verzeihen, unseren Körper mit der bestmöglichen Ernährung respektvoll behandeln und lernen, der angeborenen Intelligenz unseres Immunsystems (und anderer Körpersysteme) zu vertrauen, triumphieren wir über die Unterdrückung, die wir um uns herum sehen, anstatt zu versuchen, eine Schlacht zu gewinnen, indem wir gegen sie kämpfen. Indem wir unsere Göttlichkeit feiern und als die beste Version von uns selbst leben, transzendieren wir die Polarität von Gut und Böse und bringen zum Ausdruck, was es bedeutet, ein reiner Mensch zu sein.
Im 19. Jahrhundert beschrieb der indische Philosoph Hazrat Inayat Khan in zwei kurzen Sätzen die Beziehung zwischen unserem Menschsein und unserer Göttlichkeit. Zunächst einmal erkannte er die Realität unserer wahrgenommenen menschlichen Grenzen, indem er feststellte: »Menschheit, göttliche Begrenzung.«5 Mit diesen drei Worten drückt er unser nahezu universelles Gefühl aus, dass wir Menschen begrenzte Ausdrucksformen von etwas sind, das weniger als die mögliche Göttlichkeit ist.
Der zweite Teil von Khans Aussage löst das Mysterium dieser Beziehung brillant auf: »Göttlichkeit, menschliche Vollkommenheit.«6 Damit ruft er uns in Erinnerung, dass wir uns durch das Ausleben unserer wahren Essenz in den Bereich göttlicher Qualitäten erheben, die die Gesamtheit dessen offenbaren, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.
Mit diesen sechs Wörtern wird unsere Göttlichkeit als etwas beschrieben, das mehr als nur ein optionaler Teil von uns ist, den wir, wenn wir wollen, zu bestimmten Zeiten in unserem Leben zum Ausdruck bringen können. Wir sind vielmehr diese Göttlichkeit. Sie ist unser ganzes Ich, das, was uns vollständig macht.
Durch den Zugang zu unseren göttlichen Fähigkeiten wie Vorstellungskraft, Intuition, Einfühlungsvermögen, Versöhnlichkeit und Mitgefühl öffnen wir die Tür zum vollsten Ausdruck unserer körperlichen und geistigen Heilung und dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein.
Wir nehmen unsere Göttlichkeit durch unser Selbstverständnis an, durch das, was wir über uns selbst denken – unsere Geschichte. Manche Menschen denken bei dem Wort »Geschichte« an eine lockere Unterhaltung oder ein philosophisches Gespräch, weit weg von der Realität ihres Alltags. Doch wie eine profundere Betrachtung zeigt, könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein. Denn ganz offensichtlich ist unsere persönliche Geschichte mehr als nur eine interessante Nebensache in unserem Leben.
WAHRHEIT DES REINEN MENSCHEN 10:
Die Erweckung deiner Göttlichkeit beginnt mit der Art und Weise, wie du über dich selbst – über deine Geschichte – denkst.
Unser Selbstbild ist der wesentliche Teil unseres Lebens, der den Weg zu Ganzheit und Heilung ebnet, das, was uns vollständig macht. Wir leben unser Leben, wählen unsere Partner oder Partnerinnen, heilen unseren Körper, bestimmen unsere spirituellen Werte und übernehmen politische Einstellungen auf Basis unseres erlernten Selbstwertgefühls und unserer gelebten Beziehungen mit Menschen und zum Leben.
Die Folgen unseres Selbstverständnisses bestimmen unser Handeln und die Entscheidungen, die wir in jedem Moment unseres Lebens treffen. Von der Art unserer Nahrung und unserer Tagesgestaltung bis hin zu unserer Beziehung zu Geld, Liebe, Tod und Gesundheit: Unsere individuelle Geschichte darüber, wer wir sind, bestimmt, wie wir auf die Herausforderungen des Lebens, auf andere Menschen und letztlich auch auf unsere Beziehung zu Gott reagieren.
Wenn wir die Rolle unseres Selbstbildes bzw. unserer persönlichen Geschichte aus diesem Blickwinkel betrachten, wird klar, dass unsere Geschichte die Grundlage für alles ist, was wir tun, was wir träumen, was wir erreichen wollen und was wir uns wünschen; sie ist auch die Basis für die wertvollsten und innigsten Erfahrungen im Leben.
Angesichts der Bedeutung unserer Geschichte wird klar, wie mächtig unser Selbstbild ist: Ändern wir unsere persönliche Geschichte, ändern wir unser Leben. Verändern wir unsere kollektive Geschichte, verändern wir die Welt. Und genau deshalb müssen wir uns jeden Tag eine einfache Frage stellen: Was ist das für eine Geschichte, die ich mir über mich selbst erzähle und der ich Glauben schenke?
Als ich in der ersten Woche des neuen Jahres meinen Einkaufswagen durch den Gang mit den frischen Produkten schob, meinte eine Frau, mich aus einer Videoserie auf YouTube zu erkennen. Sie sprach mich mit unsicherer Stimme an: »Sind Sie Gregg Braden?« Erfahrungsgemäß ist diese Frage manchmal schwierig zu beantworten, je nachdem, was die fragende Person über die Inhalte denkt, die ich in diesen oder anderen Videos vermittelt habe.
Ich antwortete mit einer Gegenfrage. »Ich weiß nicht«, sagte ich mit einem Lächeln. »Wenn ich Gregg Braden bin: Ist das eine gute Sache … oder eine schlechte?«
Die Frau kapierte schnell, warum ich zögerte, und teilte mir lachend mit, dass sie sich einfach für die Programme bedanken und mir sagen wollte, wie sehr sie die Klarheit schätze, die sie in die abendlichen Gespräche mit ihrer Familie am Esstisch bringen. Sie brachte ihre Gefühle über das Chaos in der heutigen Welt auf den Punkt: »Irgendetwas stimmt nicht«, sagte sie. »Die Welt fühlt sich einfach nicht richtig an. Es geht alles zu schnell. Wir suchen uns die Veränderungen in unserer Welt nicht aus; sie kommen nicht aus uns heraus, sie stoßen uns zu. Wir müssen langsamer werden, tief durchatmen und zum Wesentlichen im Leben zurückkehren. Wir müssen einfacher leben und uns wieder auf unsere Beziehung zur Natur besinnen.«
Alles, was diese Frau sagte, sprach mich auf einer tiefen Ebene an. Sie sagte mir, dass wir unsere Lebens- und Denkweise neu überdenken müssen. Das war ihre Art zu sagen, dass wir die Geschichten, die wir uns über uns selbst erzählen, umschreiben müssen.
Unsere Geschichten haben viele Ursprungspunkte. Sie setzen sich aus alten Traditionen und Perspektiven zusammen, die uns in den verschiedenen Alters- und Entwicklungsstufen unseres Lebens beigebracht wurden. Der Grundstein für unsere persönliche Geschichte beginnt schon in jungen Jahren in unserer unmittelbaren Familie. In dieser Zeit übernehmen wir die Art und Weise, wie unsere Bezugspersonen mit dem Leben umgehen. Unter anderem lernen wir von unseren Eltern, wer »die Guten« in der Welt sind und wie man »die Schlechten« erkennt. Wir beobachten ihre zwischenmenschlichen Interaktionen und lernen dadurch, wie wir Spaß mit Menschen haben können, die wir mögen, und wie wir mit Freunden und Nachbarn umgehen, mit denen wir uneins sind.
Die Blaupause für unser Selbstbild und das, was wir uns zutrauen, wird durch unsere Erfahrungen im Klassenzimmer, die in Schulbüchern vermittelten Weltbilder und unsere Erziehung in einer religiösen Gemeinschaft weiter vertieft. Auch die Gesellschaft, in die wir hineingeboren werden, spielt eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung unserer Geschichte. Unsere Freunde und Nachbarn, unsere Kultur und persönlichen Erfahrungen tragen dazu bei, unser Selbstverständnis weiterzuentwickeln und zu festigen.
Doch unsere persönliche Geschichte geht noch tiefer. Dank der Arbeit von Forschern wie der Neurowissenschaftlerin und Pharmakologin Candace Pert, die das bahnbrechende Buch »Molecules of Emotion« (dt. Ausg.: »Moleküle der Gefühle: Körper, Geist und Emotionen«) geschrieben hat, wissen wir heute, dass unsere Emotionen ständig chemische Substanzen im Körper erzeugen, sogenannte Neuropeptide, die der Wahrnehmung unserer Lebenserfahrungen entsprechen.
Einfach ausgedrückt, sind Neuropeptide chemische Botschaften, und unser Körper produziert sie aufgrund der Gefühle, die unsere Erfahrungen in uns auslösen. Ich betone hier »Gefühle« bzw. »fühlen«, denn das ist der Schlüssel zum Verständnis der Rolle, die Neuropeptide bei unserer emotionalen und körperlichen Heilung spielen können. Auch wenn die Qualität unserer Erfahrungen an sich sicherlich wichtig ist, sind die Neuropeptide im Körper weniger mit den Fakten dieser Erfahrungen verbunden als vielmehr mit den damit zusammenhängenden Gefühlen und der Bedeutung, die wir den Erfahrungen beimessen.
Die Konditionierung, die unsere Reaktionen auf die Welt prägt, beginnt sogar schon, bevor wir auf die Welt kommen, nämlich im Bauch der Mutter. Vom Moment der Zeugung an sind wir aufs Engste mit den Erfahrungen, Emotionen und dem chemischen Haushalt unserer Mutter verbunden, die uns in ihrem Körper austrägt.
Die Neuropeptide, die unsere Mutter aufgrund ihrer Lebenserfahrungen während der Schwangerschaft produzierte, flossen nicht nur durch ihr Blut, ihre Organe und ihr Gewebe, sondern auch durch uns. Ihre Chemie bereitete uns auf das vor, was wir in der Welt brauchten, in die wir geboren wurden.
Die Natur geht davon aus, dass wir uns zumindest anfangs in derselben Umgebung wie unsere Mutter aufhalten und daher in den ersten Jahren unseres Lebens mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert werden wie sie während der Schwangerschaft. Im Mutterleib begann unsere Geschichte, die uns entweder auf Heilung und Regeneration oder auf »Kampf oder Flucht« programmierte, um mit der Welt fertigzuwerden, in die wir bald geboren werden würden.
Wenn sich unsere Mutter zum Beispiel in ihrer Welt aufgehoben, unterstützt und geliebt fühlte, sandte ihr Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden ihrem Herzen und ihrem Gehirn das Signal, heilende und verjüngende chemische Substanzen zu produzieren, die ihre Gefühle widerspiegelten.
Fühlte sich die Mutter dagegen in ihrer Umwelt bedroht und verspürte Angst, Stress und Unsicherheit, dann produzierte ihr Körper die chemischen Substanzen, die diesen Wahrnehmungen entsprachen.
In beiden Fällen floss die chemische Zusammensetzung des mütterlichen Blutes im Mutterleib in uns ein und beeinflusste uns: von unserem Körpergewicht und unserer Größe bis hin zu unserer Gehirngröße und unseren kognitiven Fähigkeiten. In den letzten Jahren wurde diese Beziehung sehr gut in Flüchtlingslagern dokumentiert, die für die Aufnahme von Familien eingerichtet wurden, nachdem sie durch Katastrophen und Kriege vertrieben worden waren.
Zu den umfassendsten dieser Untersuchungen zählen Studien über den 2011 begonnenen Bürgerkrieg in Syrien. Im Zuge der daraus resultierenden humanitären Tragödie der nachfolgenden Jahre flohen etwa 5,6 Millionen Menschen aus diesem Land, auf der Suche nach Sicherheit, davon fast die Hälfte Kinder. Während ich dieses Buch schreibe, dauert die Krise noch immer an – inzwischen so lange, dass eine ganze Generation von Kindern gezeugt und geboren wurde, die nur die harten, oft bedrohlichen Lebensbedingungen eines Flüchtlingslagers kennen.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 über syrische Familien, die in die Türkei umgesiedelt wurden, belegt eindeutig den Zusammenhang zwischen dem Umfeld, also den Flüchtlingslagern, und der kognitiven Entwicklung sowohl der Eltern, die unter kriegsbedingten psychischen Problemen wie posttraumatischem Stress (PTS) leiden, als auch der emotionalen Verarbeitungsfähigkeit ihrer Kinder.
Laut Studienergebnissen »wirkt sich hoher posttraumatischer Stress der Mutter negativ auf die Entwicklung der emotionalen Verarbeitung der Kinder aus«.7 Sowohl die Väter als auch die Mütter litten unter den Auswirkungen des Krieges, aber – kaum überraschend – der Stresspegel der Mutter während der Schwangerschaft hatte die größten Auswirkungen auf die im Rahmen der Studie untersuchten Kinder.
Eine zweite Studie, die von der humanitären Organisation World Vision veröffentlicht wurde, hilft, den Mechanismus der Beziehung zwischen Stress und kognitiver Entwicklung bei Kindern zu verstehen. Der Bericht kommt zu folgendem Schluss: »Vernachlässigung und Unterforderung von Kindern in Konfliktsituationen können als Konsequenzen des Krieges dauerhaft zu schweren Beeinträchtigungen in der kognitiven, körperlichen und psychosozialen Entwicklung des Kindes führen. Das kann emotionale, kognitive und Verhaltensstörungen, Ängste und Depressionen, emotionale und zwischenmenschliche Schwierigkeiten sowie erhebliche Lernschwierigkeiten zur Folge haben.«8
Die tragischen Beispiele aus den Flüchtlingslagern lassen kaum Zweifel daran, wie wichtig unsere Erfahrungen vor der Geburt und in der frühen Kindheit für unser Selbstbild sind.
Wir haben zwar keine Kontrolle über die Welt, in der unsere Eltern vor unserer Geburt leben, aber die gute Nachricht lautet, dass ungesunde Reaktionen, die wir bei der Geburt und während unserer Kindheit geerbt haben, nicht »in Stein gemeißelt« sind. Mithilfe epigenetischer Trigger, die in diesem Buch noch erklärt werden, können sie verändert und korrigiert werden, um gesunde Geschichten, Heilung in der Gegenwart und gesunde Reaktionen auf Ereignisse in unserem Leben zu kreieren.
Diese Veränderungsfähigkeit ist wichtig, denn das heißt, dass wir uns heute nicht von schwierigen Umständen in der Vergangenheit definieren lassen müssen, es sei denn, wir entscheiden uns dafür. Die Natur hat uns die Fähigkeit verliehen, die Bedeutung zu verändern, die wir dem Verrat, dem Trauma und dem Verlust in unserer Vergangenheit zuweisen. Jedes Mal, wenn wir das tun, ändern wir unsere Geschichte – und damit auch unsere Möglichkeiten.
Aus diesem Grund spielen die neuesten Erkenntnisse über den Ursprung unserer Spezies eine so große Rolle für das uns beigebrachte Selbstverständnis.
Unsere persönliche Geschichte beginnt mit dem Geheimnis des Mutterleibs, unsere kollektive Geschichte dagegen im Schoß der Schöpfung mit dem geheimnisvollen Ursprung des Universums. Die konventionelle Wissenschaft sagt uns, wir seien das Produkt eines toten Universums, das aus steriler und träger Materie bestehe und vor etwa 13,8 Milliarden Jahren mit dem sogenannten Urknall begonnen habe. Nach dieser gewaltigen Erstfreisetzung von Energie sind angeblich eine Reihe weiterer Ereignisse aufgetreten, die so unwahrscheinlich und doch so unglaublich perfekt sind, dass sie an ein Wunder grenzen. Aber neue Entdeckungen erzählen jetzt eine ganz andere Geschichte.
Es ist immer noch ein Rätsel, was genau vor dem Urknall existierte und warum der Urknall überhaupt stattfand; doch wie aktuelle Computermodelle zeigen, die den Beginn des Universums nachahmen, hat die Energieentladung während dieses Ereignisses etwas aus heutiger Sicht fast Unvorstellbares bewirkt – schwer vorstellbar unter anderem wegen der Art und Weise, wie die Energie freigesetzt wurde.
Beim Gedanken an eine »normale« Explosion stellen wir uns in der Regel eine Art Sprengung mit Dynamit vor, wie wir sie aus Hollywood-Actionfilmen kennen. Die Explosion beginnt mit einem Knall, einem plötzlichen Lichtblitz und einem Energiestoß, der an einer zentralen Stelle entsteht und sich dann in alle Richtungen ausbreitet, wie ein Feuerwerkskörper, der in Zeitlupe explodiert.
Die Explosion beim Urknall war aber etwas ganz anderes. Die Geburt des Universums fand nicht an einem bestimmten Ort im Raum statt, sondern der Raum selbst explodierte. Der Urknall schuf buchstäblich den Raum, in den er sich ausdehnte und den er jetzt einnimmt. Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wenn die Sensoren unserer Satelliten richtig liegen, dehnt sich die Energie nach wie vor aus und schafft neuen Raum – also auch heute noch.
Obgleich der Ursprung des Urknalls nach wie vor ein Rätsel ist, sind sich die Wissenschaftler doch einig, dass in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem ersten Energiestoß die Eigenschaften von Materie, Raum und Zeit entstanden sind, die in der Physik erforscht werden. In dieser Zeit war auch die gesamte Energie, die sich schließlich zu Materie verdichtete, noch in dem vereint, was Physiker »Singularität« nennen: ein Punkt in der Geschichte des Universums, an dem alles physisch und energetisch miteinander verbunden war.
Obwohl es die moderne Mathematik nicht schafft, die unendlich hohen Temperaturen und das Volumen der Singularität zu beschreiben, geben uns die Daten der kosmischen Hintergrundstrahlung einen Eindruck von den Bedingungen während dieser Zeit. Als das junge Universum nur 10 Millionen Billionen Billionen Billionstel einer Sekunde alt war, lagen die Temperaturen im Bereich von 1032