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Zum Inhalt: Basierend auf der Frage "Wer bin ich?" diskutiert Lars, ein eher unauffälliger Durchschnittsbürger, in einem geistigen Schlagabtausch mit einer virtuellen Entität die Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Mal ironisch und provozierend, mal nachdenklich und visionär, rührt ein feingesponnenes Netz aus Facts, Fantasy, Science, Fiction und Reality vom Urknall bis in die ferne Zukunft an grundlegenden Thesen und Theorien. Ob im Bereich der Philosophie oder Theologie, Astronomie oder Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften scheut sich Lars nicht, etliche der bestehenden Theorien kritisch zu hinterfragen und dafür neue, verblüffend einfache Denkansätze zu finden.
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Seitenzahl: 283
Veröffentlichungsjahr: 2014
An den Leser
Ihre Meinung interessiert mich!
Diskutieren Sie Ihre Meinung mit mir. Ob Pro oder Contra, ob begeistert oder gelangweilt, lassen Sie mich Ihre persönliche Meinung zu den einzelnen Themenblöcken wissen. Sind Sie gespannt auf eine Fortsetzung der Geschichte oder soll die Geschichte mit diesem Band enden? Ich freue mich auf einen regen Meinungsaustausch unter
www.autorenbruecke.de
The
Pitt van Duinen
Quo Vadis Menschheit?
Roman – Science - Fiction
Zum Inhalt:
Basierend auf der Frage „Wer bin ich?“ diskutiert Lars, ein eher unauffälliger Durchschnittsbürger, in einem geistigen Schlagabtausch mit einer virtuellen Entität die Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Mal ironisch und provozierend, mal nachdenklich und visionär, rührt ein feingesponnenes Netz aus Facts, Fantasy, Science, Fiction und Reality vom Urknall bis in die ferne Zukunft an grundlegenden Thesen und Theorien. Ob im Bereich der Philosophie oder Theologie, Astronomie oder Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften scheut sich Lars nicht, etliche der bestehenden Theorien kritisch zu hinterfragen und dafür neue, verblüffend einfache Denkansätze zu finden.
© 2014 Pitt van Duinen
Umschlaggestaltung: Philipp Emenet, Peter
Schmidt, Andreas Rößler
unter Verwendung eines Fotos der NGC 602 von © NASA,ESA
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN: 978-3-8495-8810-6 (e-Book)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
Wer bin ich?
Im Kosmos nicht allein!
Halluzinationen?
Und immer ruft der Alltag.
Die Formel des ewigen Lebens
Wenn du nicht Gott bist, wer bist du dann?
Endlich! Mr. Unbekannt plaudert aus dem Nähkästchen!
Weltuntergang - Finanzcrash
Die Schöpfung – unübertroffener Baumeister
Die zweite Menschheit
Willkommen im Team
Evolution – ein Selbstläufer?
Staubkorn Erde
Experimente – 3. Versuch
Eddy
Casino - Kapitalismus – to big to fall
Wozu Forschung?
Das war`s – Urlaub ade
Des Rätsels Lösung
Antworten
Nachbeben
Menetekel: Gewogen und zu leicht befunden
Eddy – das unbekannte Wesen
Überlebensstrategie Transformation
Wissenschaft – und täglich grüßt das Murmeltier
Intelligentes Leben?
Auszeit
Go Himmelwärts!
Wer bin ich?
Es war ein herrlicher Sommertag, wie geschaffen für eine ausgiebige Wanderung durch die blühenden Wälder und Wiesen des Schwarzwaldes. Die Luft war erfüllt von dem Duft der Tannensprossen, der feuchte Waldboden verbreitete einen angenehmen Geruch nach Holz und warmer Erde. Auf den mit Wildblumen übersäten Wiesen flogen Bienen emsig von Blüte zu Blüte, Hornissen überquerten summend die Waldwege. Im Hintergrund war das Murmeln eines kleinen Baches zu hören, in dessen Verlauf sich die Sonnenstrahlen spiegelten. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten angenehm auf der Haut. In der Ferne zogen sich sanft modulierte Berghänge durch die Landschaft, übersät mit einem der wenigen auch im Schwarzwald vorhandenen farbenprächtigen Mischwälder aus Tannen und den unterschiedlichsten Laubbäumen. Das Licht zeichnete komplizierte Farb- und Formmuster auf den Boden, erschuf immer neue Bilder mit den unglaublichsten Motiven. Das ganze Tal war eine Bilderbuchidylle, die tiefe Ruhe und Frieden ausstrahlte und trotzdem voller Leben war, summte, brummte und vibrierte. So seltsam es klang, für einen kurzen Moment vermeinte ich eine unwahrscheinlich belebende, unsterbliche Energie beziehungsweise Gefühlssphäre um mich herum in der Luft zu spüren, meinte ich mit meiner Umgebung eins zu werden, quasi in sie hinein zu wachsen. Doch dieser Eindruck währte nur einen Lidschlag lang, dann spürte ich wieder den Boden unter meinen Füßen und nahm wieder haarscharf jedes Detail meiner Umgebung wahr. Mein Blick fiel direkt auf eine ganz in der Nähe liegende, massive im Schatten einer uralten, hoch gewachsenen Tanne gelegene Holzbank, die schon fast lautstark zum Verweilen einlud, und förmlich zu rufen schien: Setz dich doch! Setz dich doch! Einen kurzen Moment zögerte ich, dieser Einladung nach zu kommen, doch warum eigentlich nicht? Eine kurze Verschnaufpause würde mir gut tun. Und Zeit, um mein Ziel termingerecht zu erreichen, hatte ich auch noch im Übermaß. Ohne weiter darüber nach zu denken, steuerte ich auf die Holzbank zu, setzte mich, atmete tief die würzig duftende, warme Luft ein und versuchte mich zu entspannen.
Normalerweise war dieser Platz die ideale Voraussetzung zur Meditation über sich selbst und die ganze Welt. Ein idealer Platz für den Versuch, die in der heutigen Zeit so vielfach zitierten und in fast allen Führungs- und Managementseminaren gelehrten Meditationstechniken auszuprobieren. Und dadurch zur inneren Mitte zu kommen, in Ruhe und Entspannung abzutauchen. Aber irgendwie war mir im Moment überhaupt nicht nach Meditation zumute. Trotz der idyllischen Umgebung erfüllte mich eine unerklärliche, schwer zu greifende innere Unruhe. Was war nur los mit mir? Normalerweise war ich eine Seele von Mensch, das Wort „innere Unruhe „ ein Fremdwort für mich. Doch seit mehreren Monaten schien mein ganzes Nervensystem in Unordnung geraten zu sein. Ich fühlte mich immer öfter so, als würde mein Nervensystem langsam aber sicher mit immer mehr Spannung versehen, als würden meine Nervenleiter immer stärker zwischen einer Plus/Minus Aufladung hin- und her schwingen und immer stärker und öfter trieb die Frage „Wer oder was bin ich?“ durch meine Gehirnwindungen. Seltsam! Wie war so etwas überhaupt möglich? Vor allen Dingen konnte ich auf derartige tiefschürfende Fragestellungen durchaus verzichten, wollte ich mich mit diesem Thema überhaupt nicht auseinander setzen. Denn diese im Unterbewusstsein virulent vorhandenen, nicht richtig greifbaren Eindrücke stürzten meine Gedankenwelt nur unnötigerweise in eine als unangenehm empfundene Unordnung und erzeugten eine innere Unruhe, auf die ich gerne verzichten konnte.
Meine Gedanken verloren sich im Nirgendwo und meine sensorische Wahrnehmung konzentrierte sich wieder auf meine nähere Umgebung Nach und nach wirkte das idyllische Umfeld doch stark beruhigend auf mich ein und versetzte mich doch noch in einen entspannt dahintreibenden Meditationszustand. Eine kurze Weile kämpfte ich gegen meine schwer werdenden Augenlider an, dann aber gab ich mich doch dem Gedanken an ein kurzes Nickerchen hin und stemmte mich dem Gewicht meiner Augenlider nicht länger entgegen. Ich schloss meine Augen und war hellwach! Übergangslos sah ich mich in ein riesiges Canyon Land versetzt, auf das ich wie aus der Vogelperspektive herabsah. Du meine Güte, wo war ich denn jetzt gelandet? Die Gegend, die sich vor mir ausbreitete, rief schon lange zurück liegende Erinnerungen wach. Erinnerungen an eine Reise mit bleibenden, überwältigenden Eindrücken. Dies war eindeutig der Grand Canyon in den USA. Seltsam, ich war doch gerade noch in einem einsamen Tal im Schwarzwald in Deutschland gewesen. Oder?
Mein Blick wanderte von der Weite des Horizonts zurück zu mir, ich versuchte meine Füße ins Blickfeld meiner Augen zu bekommen. Stattdessen sah ich einen tiefen Abgrund vor mir über dessen Felswand nur meine Zehenspitzen deutlich hinausragten. Was sollte ich hier, wieso stand ich so gefährlich nahe am Abgrund? Mein Leben war in Ordnung. Ich hatte nicht vor, mir das Leben zu nehmen. Und von einem publikumswirksamen Abenteuer – Kick durch „bungee jumping“ hielt ich auch nichts. Außerdem war von einer dafür erforderlichen Haltevorrichtung auch nichts zu sehen. Was sollte das dann alles? Ich schien extrem nahe am Abgrund zu stehen. Voller Angst wollte ich zurücktreten, doch vor lauter Panik tat ich genau das Gegenteil und mein Oberkörper neigte sich stattdessen unaufhaltsam nach vorne. Ich verlor das Gleichgewicht und kippte kopfüber in die Tiefe. Reflexartig nahm ich die Arme nach vorne, stieß mich noch kräftig vom Bodenrand ab, wie wenn ich vom 10m Turm ins Wasser springen würde und sauste ungebremst in die Tiefe. Mein Puls raste, Hitzewelle um Hitzewelle mäanderte durch meinen Körper. Nach und nach stabilisierte sich mein Kreislauf wieder, nahm ich trotz der hohen Fallgeschwindigkeit meine Umgebung wieder im Detail wahr. Langsam verebbte auch meine immer noch im Übermaß vorhandene Angst, ja ich begann sogar das Gefühl des freien Falls zu genießen. Plötzlich verlor sich das Gefühl des Fallens, stattdessen hatte ich den Eindruck eher in irgendeiner Art von Fluidum dahin zu treiben.
Angenehme Wärme umströmte mich, unterschiedliche Farben schienen um mich herum wechselweise aufzuleuchten und wieder zu vergehen. Leise, gleichmäßige, rhythmische Impulse durchdrangen mich – mein Herzschlag? Nein, mein Herzschlag konnte dies nicht sein, dazu fühlte es sich zu allmächtig, zu allgegenwärtig an. Trotz aller Mühe gelang es mir nicht die Schwingungen sachgerecht einzuordnen. Was war überhaupt mit mir los? Neben meinen Sinnen schienen mir auch mein Zeit – und Raumgefühl völlig abhanden gekommen zu sein. Meine Gedanken wirbelten durcheinander. Was war mit mir geschehen, wo war ich? War ich wieder einmal durch einen Kreislaufkollaps weggetreten? War dies das Ende meines Lebens, der Übergang zu Gott, ins Nirwana oder was auch immer? Weit entfernt vermeinte ich ein leises, irgendwie vertrautes Lachen zu hören. Dann erblickte ich vor meinem geistigen Auge in großen Lettern die Aussage „Ich bin du!“, die auch gleichzeitig in meinen Ohren nachhallte. Ich versuchte die in mir aufsteigende Panik zu unterdrücken, meine Gedankengänge wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Ich lauschte in mich hinein und da war es wieder. Dieses beruhigende, irgendwie weise und uralt klingende Lachen. Und dieses Mal war es nicht nur der Hauch einer Empfindung, nein es war deutlich und klar zu hören. Ein Lachen, in dem alle Facetten des menschlichen Lebens in einer derartigen Fülle mitschwangen, wie ich sie noch nie in meinem Leben empfunden hatte. Ein Lachen, welches vor meinem geistigen Auge explosionsartig die Unendlichkeit des Universums und gleichzeitig auch die Bedeutungslosigkeit des Menschseins aufblitzen ließ und dabei jede Faser meines Körpers in einer unglaublichen Gefühlspalette zum Vibrieren brachte. Werden, Sein und Vergehen, Chaos und Ordnung, Zeit und Raum, Ethik und Barbarei – alles schien auf einmal auf mich einzustürmen.
Wie ein sich automatisch zusammenfügendes Puzzles ordnete sich der Kosmos vor meinen Augen, lag mir die Struktur des Universums zu Füßen. Schon glaubte ich die letzten Geheimnisse der Schöpfung erkennen und greifen zu können. Ich sah mich bereits als den Herrn der Schöpfung, den künftigen Weltenlenker der Menschheit, des Universums. Meine Gedanken rasten, mein Hirn schien zu platzen. War dies der letzte Schritt zum Größenwahn? Wurden so Despoten wie Hitler, Stalin, Pol Pot oder Mao geboren, die in ihrem Wahn die Menschlichkeit ganzer Völker vernichteten? Ich wollte kein Despot werden! Im Gegenteil. Ich wollte ein Held sein, der für das Gute kämpfte und die Menschheit zu neuen Ufern führte, am liebsten hinauf zu den Sternen. Wieder fühlte ich riesige Angst in mir aufsteigen. Ich fühlte meinen Puls wie Hammerschläge in meinen Adern. Ich schien innerlich zu brennen. War dies der Preis für die Entschlüsselung der Geheimnisse der Schöpfung? Der Kosmos zu meinen Füßen begann sich aufzulösen, verschwand hinter einem mit Worten nicht zu beschreibenden farbigen, immer schneller werdenden wirbelnden Sternenschleier, der mich magisch in seinen Bann zog und in dem ich mit einem erlösenden Seufzer versank.
Plötzlich war meine Wahrnehmung wieder da. Zumindest mein Raumgefühl stellte sich wieder ein. Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte wie viel Zeit seit meinem Wegtreten vergangen war. Dunkelheit und Wärme umfing mich, ich fühlte mich leicht und völlig entspannt. Ich schien in einem großen Wasserbecken dahin zutreiben, die Wassertemperatur lag bei gefühlten angenehmen 28 Grad Celsius. Wenn es jetzt noch hell gewesen und in der Nähe eine hübsche Landzunge mit langem Sandstrand, mit Mittelmeer ähnlicher Vegetation, umgeben von tiefblauem Meer aufgetaucht wäre, wäre das Traumbild einer vollendeten Urlaubsidylle nicht mehr zu verbessern gewesen. Ich hatte dies alles noch nicht richtig zu Ende gedacht, da befand ich mich genau in dieser Urlaubsidylle. Ich trieb im Wasser, etwa 100 m entfernt von einem herrlichen, wunderbar gepflegten Sandstrand vor einer sanft abfallenden Küste. Überrascht von der neuen Umgebung schwamm ich, reflexartig Schutz suchend, auf den Strand zu und versuchte mich zu orientieren. Die Gegend kam mir bekannt vor, ohne dass ich wirklich einordnen konnte, wo ich mich befand. Aber ich war schon hier gewesen. Vereinzelte Erinnerungsfetzen fügten sich zu einem Ganzen zusammen. Irgendwo hier musste doch auch mein Liegeplatz sein. Der Strand war nur mäßig bevölkert. Kinder tobten im Wasser herum, etwas abseits versetzt, spielte eine Gruppe Jugendlicher Volleyball.
Nicht weit entfernt stand ein Liegestuhl mit einem nicht zu übersehenden, in grellem rot leuchtenden Badelaken. Auf dem Badetuch prangte in großen weißen Lettern der Name „LARS“. Dort musste es sein. Dass sich noch jemand anders mit meinem Vornamen und zur gleichen Zeit, am gleichen Ort herumtrieb, war äußerst unwahrscheinlich. Schnell ging ich auf den Liegestuhl zu, setzte mich und sah mich vorsichtig um. Niemand schien von mir Notiz zu nehmen beziehungsweise Anspruch auf die Liege zu erheben. Hinter dem Liegestuhl lag halbgeöffnet eine moderne Badetasche aus der die üblichen Badeutensilien wie Sonnencreme, Sonnenbrille, etc. zu erkennen waren. Bei genauerem Hinsehen sah ich auch den Touchscreen eines eleganten, federleicht aussehenden E-Books aus der Tasche herausragen. Es passte alles zusammen. Seit kurzem nutzte ich die neueste EBook Version der dritten Generation in der Hoffnung damit einen wesentlichen Zeit-, Kosten und Bearbeitungsvorteil zu erreichen. Und das natürlich ohne Verlust der einem Buch innewohnenden Leseatmosphäre. Das Gerät war nicht schlecht. Die Lesbarkeit war gut, die Vergrößerungsfunktion sehr angenehm, das Gewicht akzeptabel. Die angebotene Bear- beitungs- und Merkfunktion auch zum Lesen von wissenschaftlichen Büchern sehr gut. Deutlich störend war dagegen die nur beschränkt zur Verfügung stehende Auswahl an elektronischen Büchern im Vergleich zu gedruckten Ausgaben. Auch die Übertragungsfunktion war nicht wirklich Nutzer freundlich gelöst. Bei meinem Modell musste ich das Buch erst auf meinen Computer laden und von dort dann auf den e-reader übertragen. Auch von einer USB – Schnittstelle mit der eigene Dateien hätten gelesen werden können, war weit und breit nichts zu sehen. Und eine Softwarekompatibilität zwischen den verschiedenen Herstellern war natürlich auch nicht gegeben. Dies alles erinnerte mich an den Kampf der Systeme bei den VHS – Systemen. Die Anbieter hatten anscheinend nichts daraus gelernt. Es wäre wirklich besser sie würden den Wettbewerb über bessere Service- und Softwarefunktionen austragen als über nicht verträgliche Schnittstellen und Softwarebarrieren. Trotz allem war für mich ein e-reader durchaus eine sinnvolle Alternative zum gedruckten Buch. Doch was sollte das alles? Was für ein Blödsinn sich jetzt über Sinn und Unsinn eines E-Books Gedanken zu machen. Das war jetzt sicher nicht das Thema des Tages. Viel wichtiger war die Antwort auf die Frage, wo ich denn überhaupt war?
Ich hatte zwar das Gefühl hier zuhause zu sein, die ganze Silhouette kam mir vertraut vor, aber richtig sicher war ich mir nicht. Und auf Anhieb konkret sagen, wo ich mich befand, konnte ich auch nicht. Zögernd nahm ich das Handtuch auf, begann ich mich abzutrocknen und unauffällig meine Umgebung ganz genau zu mustern. Im Hintergrund war eine Reihe von modernen Wohnanlagen oder Hotels zu sehen. Etwas weiter im Landesinneren zeichnete sich die imposante, etwas fremdartig wirkende Skyline einer größeren Stadt ab. Ein Netz von Straßen durchzog die Landschaft, auf denen lebhafter Verkehr statt zu finden schien. Auf den ersten Blick sah alles völlig normal aus. Und doch, irgendetwas schien nicht zu stimmen.
Nicht nur dass ich mir nicht vorstellen konnte, irgendwo in Europa noch so einen idyllischen, verkehrsreichen Flecken finden zu können. Nein irgendwie ergab sich kein meinem Erfahrungshorizont entsprechendes Gesamtbild. Was war es nur, das mich irritierte? Meine im Moment nur noch rudimentär vorhandenen Instinkte wurden wach, meine inneren Alarmglocken begannen intensiv anzuschlagen. Was war nicht stimmig? Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Sicht auf die entfernt liegende Stadt war gestochen scharf. Nicht der kleinste Ansatz einer Dunstglocke war zu sehen. Überhaupt waren in dem ganzen Stadtbild sehr viele Parks und viel Baumbestand vorhanden. Bei den in der näheren Umgebung sichtbaren Gebäuden dominierte eine sehr ästhetisch und harmonisch wirkende Architektur, nahezu an allen Gebäuden war eine Komponente integriert, die gefühlsmäßig sofort eine Verbindung zur Natur herzustellen schien. Hier waren es Nischen mit blühenden Sträuchern, dort rieselte Wasser an der Außenseite herunter, dahinter schien auf dem Dach ein Weizenfeld zu blühen.
Seltsam. Diese Art von Symbiose bei der Stadtentwicklung gab es doch gar nicht. Ich hatte zwar erst vor kurzem darüber gelesen, dass über völlig neue Systeme wie zum Beispiel einer Art City Farming nachgedacht wird. Aber das in jenem Artikel geschilderte System war ganz anders aufgebaut. Auch das sonst bei allen mir bekannten Ansiedlungen vorhandene Hintergrundrauschen bedingt durch Autolärm, Stadtleben, Elektrizität oder Flugzeuge war nicht zu hören. In welcher Welt war ich denn plötzlich?
Sicher nicht in meiner bisherigen. Zumindest nicht auf der Erde Anfang des 21sten Jahrhunderts. Wir waren doch gerade dabei unsere Mutter Erde rücksichtslos und nachhaltig zu zerstören. Umweltverschmutzung, Waldsterben, Städte die wie Krebsgeschwüre wucherten, regionale Kriege in Nahost und Asien, der vergessene Kontinent Afrika, immer größer werdende Gegensätze zwischen arm und reich, das waren die ungelösten Probleme meiner Welt. Dies alles konnte nicht real sein. Etwas benommen setzte ich mich schwerfällig auf den Liegestuhl und starrte das Handtuch in meinen Händen an. Für einen Außenstehenden musste ich einen ziemlich dämlichen Eindruck machen, ging es mir durch den Kopf. Dann konzentrierte ich mich wieder auf das Handtuch. Das Handtuch fühlte sich sehr angenehm an, der Stoff schien sich gleichmäßig an meine Haut anzuschmiegen, die Nässe nahezu von der Haut abzusaugen und dabei richtig vitalisierende Energiestöße auszusenden. Trotzdem fühlte sich das Handtuch in keiner Weise feucht an. Seltsam. Ich hatte zwar von neuen aus der Raumfahrt stammenden Stoffen gelesen, mich auch intensiv mit den ungeheuren durch den Einsatz der Nanotechnologie denkbaren neuen Möglichkeiten auseinandergesetzt. Dass die Technik aber bereits so weit war, Stoffe mit derartigen Eigenschaften herzustellen, war mir nicht bekannt. Mein Eindruck des Irrealen verstärkte sich. Das Gefühl, mich auf einer anderen Welt zu befinden, drängte sich immer mehr in den Vordergrund. Oder war ich in eine Zeitspalte gefallen und dabei etliche Jahre in die Zukunft transportiert worden? Oder spielte mir nur jemand mit Hilfe eines dieser neu aufgekommenen genialen Illusionskünstler einen dummen Streich? Dies alles konnte nicht real sein.
Warum denn nicht, tönte es plötzlich leise aus dem Nichts. Natürlich ist dies alles Realität. Alles was Du siehst und fühlst ist real. Ich drehte unauffällig meinen Kopf mehrmals nach allen Seiten und versuchte den Sprecher zu ermitteln. Weit und breit war niemand zu sehen. Du kannst mich nicht sehen, ich kommunizieremit dir - vereinfacht ausgedrückt - nach einem energetischen Trägerwellenprinzip. Die Wirkung ist am ehesten mit dem Begriff Telepathie oder in deiner Technologiewelt mit drahtloser Funkübertragung zu erklären. Einzelheiten dazu erkläre ich dir später, ich will dich nicht überfordern.
Plötzlich hörte ich nur noch von allen Seiten das Verb überfordern, überfordern auf mich einprasseln. Diese Dauerberieselung trieb meinen Adrenalinspiegel immer weiter nach oben und löste rasende Wut in mir aus. „Was heißt hier überfordern. Wer oder Was bist Du überhaupt du arroganter Schwätzer?“ Ich bin Du, erinnerst Du dich nicht mehr? kam die gelassene Antwort. Allerdings habe ich wesentlich mehr Lebenseinheiten auf dem Buckel als du. In der Antwort vermeinte ich einen belustigten Unterton mitschwingen zu hören. Die Erklärung dafür ist allerdings sehr komplex und würde deine geistigen und emotionalen Verständnisgrenzen bei deinem jetzigen kosmopolitischen Wissensstand bei weitem übersteigen. Betrachte mich doch vorerst einfach als Mentor und Innovator auf dem Weg zu einer neuen höheren Bewusstseinsebene.
Im Kosmos nicht allein!
Langsam verebbte meine Wut. In meinen Unterbewusstsein formten sich die Begriffe aus dieser Unterhaltung über eine andere Welt, Zeitsprung, energetisches Trägerwellenprinzip, überfordern, kosmopolitischer Wissensstand, neue höhere Bewusstseinsebene zu einer immer stärker werdenden Strömung, die mit aller Macht an die Oberfläche meines Bewusstseins zu drängen versuchte. Mein Verstand schien sich verzweifelt dagegen zu wehren. Er schien die Gefahr für mein seelisches Gleichgewicht zu spüren. Konnten die vorhandenen Sicherungssysteme verhindern, dass diese Wahrheit meine Gehirnsynapsen sprengten, und ich damit dem Wahnsinn verfallen würde? Dies alles konnte einfach nicht wahr sein. Ich vermeinte einen tiefen Seufzer zu hören. Begreifst du denn nicht? Es gibt nicht nur die eine Wahrheit, nicht nur eine Welt. Denk an Galilei Galileo. Seine Erkenntnis: „und sie bewegt sich doch“ hat die Welt verändert, aber nicht zerstört. Im Gegenteil. Sie hat die Entwicklung der Welt angeschoben. Hab keine Angst. Die Erkenntnis über die Existenz anderer Welten ist nichts anderes. Deine Welt wird dadurch nicht zerstört, sondern wesentlich gefördert werden.
Plötzlich gab mein Verstand seinen Widerstand auf, die Strömung neuer Erkenntnisse wurde übermächtig und schwappte wie ein Wasserfall an die Oberfläche meines Verstandes. In meinem Hirn schien jemand gebetsmühlenartig immer wieder laut zu schreien: „Es gibt parallel zur Erde andere Welten, andere Lebewesen!“ Im ersten Moment klang dies überhaupt nicht überraschend oder revolutionär. Im Gegenteil! Wie oft hatte ich mir dies in Gedanken schon ausgemalt. Wie oft hatten wir im Freundeskreis in hitzigen Diskussionen über Gott und die Welt diese Frage bereits nach allen Regeln der Kunst diskutiert. Wie nicht anders zu erwarten, endete die Diskussion meistens ohne schlüssiges Ergebnis, doch erstaunlicherweise auch mit der gemeinsam akzeptierten Erkenntnis, dass dies nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden konnte. Und jetzt schien es Realität zu sein.
Nach und nach drang die Brisanz dieser Erkenntnis mit der Sprengkraft einer Atombombe in mein Bewusstsein. Jetzt behauptete der Galilei Galileo oder sonst wer des 21sten Jahrhunderts, dass wir nicht die einzigen Intelligenzen, dass wir nicht allein im Universum waren. Der Super Gau war eingetreten. Gott sei Dank nur auf metaphysischer Ebene und nur in meinem Gehirn. Ich wunderte mich noch wie gelassen diese aufregende Botschaft durch meine Gehirnwindungen drang, klopfte mir bildlich gesprochen noch anerkennend auf die Schulter wie gut ich diese revolutionäre Erkenntnis verarbeitete. Tja. Hochmut kommt vor den Fall. Ich merkte wie mein Puls wieder zu rasen begann, mein Herzschlag immer schneller wurde. Wasser schien in meine Lungen zu dringen. Ich schnappte verzweifelt nach Luft, doch je mehr ich meine Anstrengungen verstärkte, desto weniger Luft schien ich zu bekommen. Alles begann um mich herum zu verschwimmen. Wieder ergriff mich unfassbare Angst. Begann ich verrückt zu werden? War das mein Ende? Und dann völlig unerwartet senkte sich mein Adrenalinspiegel deutlich ab und ich beruhigte mich wieder.
Weshalb geriet ich eigentlich in Panik? Ich hatte doch immer voller Überzeugung behauptet keine Angst vor dem Tod zu haben. Ich wollte nur schnell und schmerzlos sterben. Na ja, um ehrlich zu sein, schmerzlos fühlte sich dies alles allerdings nicht an. Und vielleicht war ich ja doch noch zu jung zum Sterben. Vor allen Dingen jetzt, nach dieser Entdeckung. Wozu schenkst Du mir diese Erleuchtung, dachte ich – nur um mich daran ersticken zu lassen? Lieber Gott bitte lass es nicht zu. Nicht jetzt, ging es mir durch den Kopf, bitte. Entfernt schien ich wieder eine leicht belustigt, aber unüberhörbar ironisch klingende Stimme zu hören. Na so was, ich dachte du glaubst nicht an Gott. Wie kann Dir denn dann jemand helfen, den es gar nicht gibt? Dann glaubte ich wieder einen tiefen Seufzer zu hören und die Stimme sprach weiter. Verdient hast Du meine Hilfe nicht, aber nach all der Mühe, die ich mir mit Dir gemacht habe, um dich zu finden, wäre es doch schade um Dich. Wer weiß wie lange ich wieder auf ein derartiges Talent warten müsste. Hab keine Angst, du wirst dies alles unbeschadet überstehen. Wir werden uns bald wieder miteinander unterhalten. Und du wirst im Laufe unserer Gespräche auch eine Antwort auf deine Frage „Wer bin ich“ erhalten. Dieses Mal klang die Stimmer aber in keiner Weise ironisch, sondern eher sanft und väterlich, harmonisch und weise, geheimnisvoll und vielversprechend. Dann wurde es schlagartig dunkel und dann war nichts mehr.
Schritt für Schritt kehrte mein Wahrnehmungsvermögen wieder zurück. Im Unterbewusstsein vermeinte ich beruhigendes Gemurmel zu hören. Ich fühlte mich wohlig entspannt. Langsam schlug ich die Augen auf, nahm meine Umgebung nach und nach wieder in mein Bewusstsein auf. Nicht weit entfernt erkannte ich den kleinen, leise plätschernden Bach wieder und erinnerte mich, dass ich mich auf einer Holzbank zum Ausruhen nieder gelassen hatte. Ich blickte mich etwas verwirrt um und suchte nach dem Inhaber dieser sanften, uralten und doch seltsam vertraut klingenden Stimme, die ich gerade noch vernommen zu haben glaubte. Es war niemand zu sehen. Dann wurde mir alles klar. Ich musste eingenickt sein und ausgiebig geträumt haben. Die Sonne stand schon viel weiter als vorher im Westen, die Schatten im Tal waren viel länger geworden. Und doch. Mein ganzes Gehirn schien noch durch die Intensität der Stimme zu vibrieren, meine Seele in ihrem sanften, harmonischen Klang zu baden und sich an etwas altbekanntes, schon lange Vergessenes zu erinnern. Ich versuchte den Klang der Stimme festzuhalten, mich an die Details meines Traumes zu erinnern, doch mit jeder Sekunde die verging, verblasste die Erinnerung bis sie ganz verschwand.
Was für eine seltsame Empfindung. Mein Blick fiel auf meine Armbanduhr. Mein Gott, es war schon später Nachmittag. Schlagartig waren alle anderen Gedankengänge wie weggeblasen. Ich musste los, es war höchste Zeit weiter zu wandern um rechtzeitig am vereinbarten Ziel einzutreffen. Voller Energie sprang ich auf. Ich packte meine Sachen zusammen, orientierte mich kurz und nahm meine Wanderung Richtung Endstation wieder auf, wo mich meine Frau in einem netten kleinen Lokal zum Abendessen treffen wollte. Mit neu erwachter Lebensfreude nahm ich mir – trotz des aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit gegebenen Zeitdrucks - ausreichend Zeit die wunderbare Umgebung in mich aufzunehmen, genoss ich in tiefen Atemzügen die herrliche, langsam kühler werdende Luft des herrlichen Spätsommertages. Nach und nach schweiften meine Gedanken doch wieder ab zu den üblichen Alltagsproblemen und meinen aktuellen Lebensumständen. Ich gehe mit Riesenschritten auf die 60 Jahre zu, bin noch immer mit meiner ersten, bewundernswerten Frau verheiratet, habe zwei gut geratene Töchter und bin auch beruflich ziemlich erfolgreich. Auch die sonst meistens be- und gefürchtete Midlifecrisis, die ab fünfzig angeblich vor der Tür steht, ging bis jetzt problemlos an mir vorüber. Zumindest hatte ich dieses Datum nicht als Krise empfunden. Im Gegenteil, gerade einige Jahre nach dem 50sten Geburtstag begann ich mein Leben nochmals richtig umzukrempeln. Ich reduzierte meine Arbeitszeit, erarbeitete mir mehr Freiraum auch für schöpferische Tätigkeiten und nahm mir mehr Zeit für die Familie. Alles in allem ging es mir noch nie besser. Aber irgendwie hatte sich die Welt seitdem doch deutlich verändert.
Die ganzen mit dem Umkrempeln einhergehenden Diskussionen über den Sinn des Lebens, über mehr „Lebensqualität“ haben nicht nur bei mir, sondern auch bei meiner Frau zu Veränderungen geführt. Ich hatte mir schon früh als Ziel gesetzt, mit spätestens 62 Jahren aus dem aktiven Berufsleben auszuscheiden und mich dann mehr der Gesellschaftspolitik und Wissenschaft zu widmen. Allerdings mehr als Hobby und auf keinen Fall unter Einschränkung des dann gewonnenen Privilegs meiner freien Zeiteinteilung. Ich freute mich auf diesen Zeitpunkt und nun war es nicht mehr allzu lange dahin. Dementsprechend hatte ich vor einiger Zeit damit begonnen mir langsam intensiv Gedanken um die Details des Übergangs in den Unruhestand zu machen. Welchen sinnstiftenden Aktivitäten wollte ich nachgehen, wie organisierte ich meinen künftigen Unruhestand und vor allen Dingen wie brachte ich dies alles auch in Einklang mit den Interessen meiner Frau?
Es ist ganz zwangsläufig, dass diese tiefsinnigen Gedankengänge auch zu einem Rückblick auf alle wichtigen Bereiche der letzten 30 Jahre meines Lebens führten. Und klar ist auch, dass ein derartiger Rückblick und eine ehrliche Analyse nicht nur viel Schönes und Positives, sondern auch manch Negatives ans Tageslicht bringt. Trotzdem ist ein derartiger Rückblick kein Grund zum Jammern, sondern schön und belebend, wenn einem eine offene und ehrliche Bestandsaufnahme wieder deutlich macht, dass menschliche Beziehungen gehegt und gepflegt werden müssen, wenn sie nicht vor die Hunde gehen und in Gleichgültigkeit und Mittelmäßigkeit erstarren sollen. Gott sei Dank wurde mir schnell klar, dass es höchste Zeit war, den über die Jahre angesammelten Staub fort zu blasen, die eingespielten Verhaltensmuster zu hinterfragen und wieder verstärkt aus der so bequem gewordenen Komfortzone herauszutreten. Ich wollte das Leben nochmals spannender erleben, wieder öfter magische Momente durchleben, Schmetterlinge im Bauch spüren, und dergleichen mehr.
Für all dies die richtigen Antworten oder Vorgehensweise zu finden, ist alles andere als leicht. Im Berufsleben standen einem für die Lösung derart komplexer Aufgaben in der Regel mehrere Experten und Berater zur Verfügung. Aber dies auch als Privatmann zu tun war weder üblich noch angebracht. Zumindest bei uns in Deutschland nicht. In den USA war es fast selbstverständlich, dass nicht nur beruflich, sondern auch für die persönliche Lifetime Balance ein externer, kritischer Coach eingesetzt wurde. Warum sollte ich dies eigentlich nicht auch tun?
Es mochte ja ungewöhnlich sein, aber wenn man sein Leben neu ausrichten wollte, waren ungewöhnliche Maßnahmen unvermeidbar. Also beschloss ich, egal ob üblich oder nicht, mich auch externer Hilfe zu bedienen und mir einen passenden Coach zu suchen, um den Übergang in die neue Lebensphase einfacher zu bewerkstelligen. Nur wo findet man für diese Zielsetzung einen passenden Coach? Nach längerem Suchen entschied ich mich für einen Menschen Verbesserer aus der Zunft der Psychologen und Philosophen. Gott sei Dank sind wir Menschen nicht in der Lage unsere Zukunft vorauszusehen. Denn sonst würden viele gute Vorsätze nicht in die Tat umgesetzt werden. Wie oft würden wir doch vor der Mühsal der Umsetzung unserer guten Absichten kapitulieren oder aus Angst vor Veränderungen, neuen Erfahrungen und dem Risiko, dass der Schuss ja auch nach hinten losgehen könnte, lieber in unserer Komfortzone verharren.
Der von mir in mühsamer Kleinarbeit und nach einem umfangreichen Auswahlverfahren ausgesuchte Coach fand schnell besonderen Gefallen an mir und beförderte mich kurzerhand zu einem besonders reizvollen, komplexen und schwierigen Fall meiner Gattung. Weniger nett ausgedrückt, hieß dies, dass mein Coach mit mir ein besonders hartes Stück Arbeit vor sich hatte. Ich war ein Musterbeispiel für einen dieser angeblich so häufigen Fälle, der sich vor allem durch Beratungsresistenz, Carbon verstärktem Selbstbewusstsein, stark verfestigtem Sendungsbewusstsein und einer emotionalen Schutzschicht aus Panzerglas auszeichnete. Konkret hieß dies, dass es doch etliche Punkte in meiner Vergangenheit gab, die unbedingt aufgearbeitet werden mussten, wenn ich künftig gelöst, unkompliziert und souverän menschliche Beziehungen meistern wollte. Der Sachkompetenz des Therapeuten in Verbindung mit der Fürsorglichkeit meiner Frau hatte ich so viel wie nichts entgegen zu setzen. Gegenwehr gleich welcher Art, war so gut wie unmöglich. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Um ganz ehrlich zu sein, bei genauerer Betrachtung gab es natürlich einige Erlebnisse in meiner Lebensgeschichte, die ich aus Angst, Feigheit, Selbstschutz oder was auch immer, einfach aus meinem Leben verdrängt hatte. Sicherlich war es kein Fehler diese Ereignisse aufzuarbeiten, die dadurch vorhandenen Narben sanft „operativ“ zu entfernen und mich damit wieder zu einem unbeschriebenen Blatt zu machen.
Nur leider hat mich unser lieber Coach nicht auf die damit verbundenen Nebenwirkungen hingewiesen. Sie kennen sicher den so aussagefähigen, bei jedem Medikament obligatorisch mitgelieferten Zusatz: „ zu Nebenwirkungen fragen Sie bitte ihren Arzt oder ihren Apotheker.“ Wenn dieser blöde Hinweis wirklich irgendwo angebracht ist, dann sicherlich vor dem Beginn einer intensiven Coach Betreuung. Auch hier müsste unbedingt gesetzlich vorgeschrieben werden, dass diese Warnung - wie bei einer Verhaftung einem ja auch die eigenen Rechte verlesen werden - vor dem Beginn einer Beratung mindestens dreimal verlesen wird. Zusätzlich dazu die schriftliche Bestätigung, dass diese Entscheidung im Zustand der vollen geistigen Zurechnungsfähigkeit und unter freiem Willen getroffen wurde. Der Gesetzgeber hat ja gar keine Ahnung was mit einer derartigen Therapie alles vom Zaun gebrochen wird. Unter Umständen wird das ganze bisherige schöne Leben durcheinander gewirbelt, fällt man mir nichts dir nichts von seinem fest gemauerten Podest der gereiften Persönlichkeit und beschäftigt sich plötzlich mit tiefschürfenden Fragen nach dem Sinn des Lebens.
Und dies alles nur wegen den sich im Laufe einer vollziehenden Persönlichkeitsentwicklung gestellten, auf den ersten Blick doch sehr simplen Fragen: Wer oder was bin ich? Wofür stehe ich? Was ist meine Identität? Doch nun ist es zu spät für Selbstmitleid. Die Fragen sind gestellt, haben sich in meinem Unterbewusstsein eingenistet und drängen meistens in einem völlig ungeeigneten Moment an die Oberfläche meiner Gehirnwindungen. Völlig unvorhersehbar, fern jeglicher bewussten Kontrolle geht mir vor allem immer wieder die eine Frage durch den Kopf: Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wie eine blinkende Werbebanderole wandert sie dann vor meinem geistigen Auge auf und ab. Und was immer ich auch unternehme, ich bin diesem Wahnsinn hilflos ausgeliefert, habe keine Möglichkeit diese Frage wieder dahin zurück zu schicken, wo sie hergekommen ist. Kein Wunder, dass ich mich dann auch zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzte. Was bin ich denn nun eigentlich? Ein biologisches Zufallsprodukt, ein von Gott geschaffenes Wesen, Teil eines riesigen Zuchtprogramms oder die letzte der im Rahmen der Evolution entstandene Entwicklungsebene biologischen Lebens? Oder nur ein einfaches, völlig unbedeutendes Sandkorn des Kosmos, ein von seiner Gefühlswelt zerrissener geformter Mensch, der still und leise diese Welt betritt und sie ebenso leise ohne Spuren zu hinterlassen wieder verlässt? Wenn es doch nur eine einfache Antwort auf diese Frage gäbe.
Plötzlich glaubte ich ein leises Lachen hören. Eine sanfte Stimme schien leise, aber unwahrscheinlich eindringlich zu rufen, die Antwort ist ganz einfach: Du bist ich! Das Ganze kam mir irgendwie vertraut vor. Und plötzlich erinnerte ich mich wieder an diese sanfte, uralte und doch so vertraut klingende Stimme. Gleichzeitig blitzten in meinem Gehirn wieder Wortfetzen wie energetisches Trägerwellenprinzip, kosmopolitischer Wissensstand, neue höhere Bewusstseinsebene auf. In welchem Zusammenhang hatte ich diese denn schon einmal gehört? Und was sollte die Aussage: Du bist ich! Damit konnte ich im ersten Moment gar nichts anfangen. Du bist ich! Oder Moment Mal. Wenn ich du bin und du ich bist, wer bist dann du? ging es mir durch den Kopf. Ich hatte auf diese Wortspielerei keine Antwort erwartet, da ich ja eine Art Selbstgespräch führte. Umso überraschter war ich, als ich plötzlich in meinem Gehirn klar und deutlich hörte: Erinnerst du dich nicht mehr? Wir haben bereits einmal darüber gesprochen. Die Erklärung ist nicht ganz einfach, hab noch etwas Geduld, du wirst die Antwort darauf in naher Zukunft selbst herausfinden. Ich werde dir dabei selbstverständlich helfen. Wow! Irgendwie musste heute hier in der Gegend etwas Besonderes in der Luft liegen. Vielleicht flogen ja Halluzinogene in der Luft herum. Wahrscheinlich war hier irgendwo eine Pilz- oder Marihuana Plantage, die die Luft entsprechend anreicherte. Anders waren meine Hirngespinste ja wirklich nicht zu erklären. Es sind keine Hirngespinste klang die angenehme Stimme wieder auf. Versuch dich zu erinnern, dann werde ich deine Neugierde in Kürze befriedigen. Ich melde mich wieder, bis bald. Dann war Stille.