Raus aus der Tablettenfalle! - Prof. Dr. Ingo Froböse - E-Book
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Raus aus der Tablettenfalle! E-Book

Prof. Dr. Ingo Froböse

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Beschreibung

Wacher, fitter und gesünder ohne Nebenwirkungen: das Fazit wissenschaftlicher Studien Mit steigendem Lebensalter schlucken die meisten Menschen heute zunehmend mehr Pillen - mit 60 Jahren häufig fünf verschiedene täglich. Einstiegsdrogen sind oft Blutdrucksenker, Betablocker oder Medikamente wegen drohender Diabetes. Das Problem: Viele sind eigentlich unnötig, aber alle haben Nebenwirkungen, gegen die dann oft ein weiteres Medikament genommen wird – ein klassischer Teufelskreis beginnt. In diesem populärwissenschaftlich, unterhaltsam und spannend geschriebenen Buch zeigt Ihnen Prof. Dr. Ingo Froböse, einer der führenden deutschen Gesundheitsexperten, wie Sie aus der Spirale heraus – oder noch besser, gar nicht hineinkommen. Sie erfahren, was Menschen krank macht und was sie gesund erhält - und, wie Sie Ihre Ressourcen heben können. Als Alternative zu den verbreitetsten Medikamentengruppen erhalten Sie klare, wissenschaftlich geprüfte Empfehlungen und Ratschläge, wie Sie mit einem natürlichen, aktiven und bewegten Lebensstil Ihre Lebensqualität erhalten und steigern – und meist bis ins hohe Alter pillenfrei leben können.

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Seitenzahl: 281

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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Reinhard Brendli

Lektorat: Daniela Weise

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Gabriel Mlesnite

ISBN 978-3-8338-7108-5

1. Auflage 2019

Bildnachweis

Illustrationen: Claudia Lieb

Fotos: Sebastian Bahr

Syndication: www.seasons.agency

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Wichtiger Hinweis

WIE ICH ZUM THEMA TABLETTEN KAM

Wenn jemand wie ich sich beruflich mit Fitness, Sport und Gesundheit beschäftigt, enden viele Gespräche früher oder später bei genau diesen Themen. Und mit zunehmendem Alter passiert das immer öfter. Freunde und Bekannte berichten von ihren Wehwehchen oder Krankheiten und erzählen mit einem Seufzer, wie viele Tabletten sie inzwischen nehmen oder dass die Dosis schon wieder erhöht werden musste. Ich sage dazu meist nichts, weil ich nicht wie der »Herr Professor« oder der Besserwisser dastehen will.

Doch irgendwann fragt mich immer jemand: »Und wie steht’s mit dir, Ingo? Sag du auch mal was! Was nimmst du eigentlich an Tabletten?« Ich antworte dann wahrheitsgemäß: »Gar keine!«, und ernte ein ungläubiges Staunen.

Das Gleiche passiert mir auch bei Arztbesuchen, wenn mich die Sprechstundenhilfe nach meinen aktuellen Medikamenten fragt: »Das kann doch nicht sein – Sie sind doch schon über 60!« Oder wenn ich dort einen langen Anamnesebogen zu eventuell vorhandenen Krankheiten ausfüllen soll, die ganz offensichtlich in unserer Gesellschaft Standard sind: Ich muss nirgendwo ein Kreuzchen machen und werde jedes Mal überaus verwundert angeschaut.

Das wiederum wundert mich dann und ich frage mich: »Wie kann es sein, dass es normal ist, krank zu sein, und dass die Leute alle so viele Tabletten schlucken?« Deswegen habe ich einmal genauer hingeschaut und das Ergebnis meiner Recherchen entsetzt mich bis heute.

WAS LÄUFT FALSCH? FOLGE DEM GELD!

Für 2017 summiert das Statistische Bundesamt die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland zum ersten Mal auf über 1 Milliarde Euro – und jetzt kommt’s: pro Tag! Kaum ein Wachstumsmarkt der letzten 20 bis 30 Jahre war so außergewöhnlich erfolgreich wie die gesamte Medizin und hier besonders die Pharmaindustrie. Damit meine ich nicht nur die rezeptabhängigen Medikamente, die bei bestimmten Krankheiten und Diagnosen wirklich nützlich sind. Auch der Umsatz der frei verkäuflichen Medikamente steigt stetig an und zweistellige Zuwachsraten pro Jahr sind keine Seltenheit. Es gibt mittlerweile Pillen für fast alles – und anscheinend werden sie alle gekauft. Haben es die Heilsversprechen der Pharmawerbung geschafft, die gesellschaftliche Meinung so stark zu beeinflussen, dass gute, bewährte Hausmittel durch Pillen ersetzt werden? Dass jeder denkt, Gesundheit könne nur durch die passenden Tabletten erkauft werden? Anscheinend sogar nach dem Motto »Viel hilft viel«?

Ist Pillenschlucken ganz normal?

Mein Schwiegervater ist mittlerweile über 80 und nimmt regelmäßig 11 Medikamente ein. Sie wirken völlig unterschiedlich und niemand weiß, ob und wie sie sich gegenseitig beeinflussen – auch seine Ärzte nicht. Vielleicht wissen sie nicht einmal von den Arzneien, die der jeweils andere dem Schwiegervater verschrieben hat. Ihm nur ein einziges Mittel auszureden, klappt aber nicht: Tabletten gehören einfach zu seinem Leben und er will damit ausreichend versorgt sein. Hier wurde über Jahrzehnte eine Abhängigkeit geschaffen, an der viele verdienen.

Mein Schwiegervater ist kein Einzelfall, wie der Arzneimittelreport der Barmer Krankenkasse von 2018 zeigt: Menschen zwischen 60 und 65 Jahren nehmen durchschnittlich drei bis fünf Medikamente täglich.

Ebenso fatal ist ein anderer Punkt in diesem Report: Bereits Kinder und Jugendliche nehmen viel zu früh viel zu viele Arzneien. Beispielsweise um Kopfschmerzen in der Schule zu bekämpfen oder um mit der viel besprochenen Hyperaktivität überhaupt Leistung für die nächste Prüfung zu ermöglichen. In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, in der schon Teenager auf Antidepressiva zurückgreifen?!

Es scheint, als hätten wir uns daran gewöhnt, gegen und für alles eine Pille einzunehmen, als wäre dieses Verhalten schon zur gesellschaftlichen Norm geworden. Gerade das aber ist fatal, denn: keine Pille ohne Nebenwirkungen!

Die meisten Medikamente lindern nur die Symptome, gehen aber nicht ihrer Ursache auf den Grund. Wenn wir die aber nicht abstellen, kommen die Beschwerden immer wieder und wir werden zum Langzeitpatienten mit Tabletten für jeden Tag.

Nebenbei auch noch schädlich

Pillen, Tabletten und Pülverchen sind nichts anderes als hochpotente Überredungskünstler: Sie schleusen fremde Substanzen in unser ausgeklügeltes Biosystem und bringen unseren Körper zu bestimmten Reaktionen – und das sind leider nicht nur die erwünschten. So bekämpfen Antibiotika bekanntlich nicht nur die »bösen« Bakterien, die eine Krankheit verursachen, sondern nebenbei auch die »guten«, die uns im Darm helfen, unsere Nahrung aufzuspalten. Sie verscheuchen erfolgreich die Lungenentzündung, schädigen aber als Nebenwirkung nachhaltig den Verdauungstrakt.

Oder nehmen wir die Psychopharmaka mit ihren massiven Nebenwirkungen auf den gesamten Stoffwechsel (Metabolismus) und die Gewichtsregulation. Oder die weit verbreiteten Betablocker (siehe >) mit ihren starken Einflüssen auf die Vitalität und Leistungsfähigkeit oder auch die Cholesterinsenker, die sogenannten Statine (siehe >), deren massive Nebenwirkungen wissenschaftlich sehr gut beschrieben sind. Das sind nur einige wenige Beispiele von unzähligen Nebenwirkungen – bis hin zum Tod durch frei verkäufliche Schmerzmittel!

Davon redet leider selten jemand, doch das möchte ich mit diesem Buch ändern. Sie werden in den folgenden Kapiteln erfahren, wie die Pharmaforschung Medikamente entwickelt und mit Nebenwirkungen umgeht, und ich erkläre Ihnen sehr konkret, was die unterschiedlichen Arzneiwirkstoffe, die Sie gegen Schmerzen, Bluthochdruck und anderes nehmen, in Ihrem Körper anrichten können. Ich zeige Ihnen aber auch, wie es anders gehen kann.

Um größtmöglichen Nutzen aus diesem Buch zu ziehen, müssen Sie allerdings die Verantwortung für Ihre Gesundheit selbst übernehmen. Das tun Sie schon? Sind Sie sicher? Oder übernehmen Sie sie nur, wenn es bequem ist?

BEI WEM LIEGT DIE VERANTWORTUNG?

Erst kürzlich sprach ich mit einem 53-jährigen, stark übergewichtigen Mann: Er leidet unter Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 – beides sind typische sogenannte Lifestyle-Erkrankungen, die allerdings tödlich enden können. »Klar weiß ich, dass ich mein Übergewicht loswerden und mich vielleicht auch mehr bewegen müsste. Aber meine Frau kocht so unheimlich gut und auf mein Feierabendbierchen kann ich nicht verzichten. Das habe ich mir nach einem anstrengenden Arbeitstag wirklich verdient. Außerdem tun mir auch die Gelenke schnell weh, wenn ich mal eine längere Strecke spazieren gehe. Aber mit den Medikamenten gegen Bluthochdruck und Diabetes bin ich ja gut eingestellt. Läuft doch alles ganz ordentlich so …«

Dieser Herr legt seine Gesundheit vollkommen in die Hand der Medizin und der Pharmazie. Er muss nur regelmäßig Rezepte abholen und die Werte überprüfen lassen und natürlich brav seine Pillen nehmen. Nebenwirkungen? Dagegen gibt es zum Glück auch gute Medikamente. Von Eigenverantwortlichkeit kann nicht mehr die Rede sein, ganz im Gegenteil: Er hat die Verantwortung für seine Gesundheit komplett abgegeben.

Ich kann nicht beurteilen, ob er sich damit wirklich wohlfühlt. Ob ihn die Gelenkschmerzen nicht stören. Ob es ihm nichts ausmacht, dass er in seine alten Klamotten nicht mehr reinpasst oder dass er kurzatmig im Büro erscheint, wenn der Lift ausfällt und er die Treppe nehmen muss. Ich vermute, wenn er wirklich ehrlich zu sich wäre, hätte er es gern anders. Mit der richtigen Ernährung und Bewegung wäre das auch mittelfristig problemlos möglich. Allerdings bedeutet es, den eigenen Lebensstil gründlich zu durchforsten und umzustellen. Das ist gerade in den ersten Wochen unbequem, denn wir alle hängen sehr an liebgewonnenem Verhalten wie dem Feierabendbierchen oder der Belohnungsschokolade. Eine Umstellung klappt nur unter der Voraussetzung, dass Sie die Verantwortung für Ihre Gesundheit wieder übernehmen!

Es geht mir nicht um Schuld

Klar, lebensstilbedingte Erkrankungen – und das ist der Großteil der Krankheiten in westlichen Gesellschaften – entstehen, weil die Betroffenen auf eine Weise leben, die ihrem Organismus nicht zuträglich ist. Trotzdem liegt es mir fern zu sagen: »Du bist doch selbst schuld!« Ich will Ihnen kein schlechtes Gewissen machen, denn das bringt niemanden weiter. Ich will Ihnen stattdessen erläutern, warum es sich generell lohnt, sich von Tabletten zu verabschieden, und Ihnen dann an einigen weitverbreiteten Gesundheitsproblemen zeigen, wie Sie es hinkriegen.

Tatsächlich sehe ich sehr genau, dass wir es in der modernen Welt schwer haben mit den Themen Essen und Bewegung. Essen wird bei uns überall appetitanregend und günstig präsentiert und Autos nehmen uns längere, aber auch kurze Wege ab. China ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Lebensstil und Übergewicht zusammenhängen. Das explosionsartige Wirtschaftswachstum und der zunehmende Wohlstand hat auch die Chinesen träge und bequem gemacht – und dick. Zu Tai-Chi oder Tanz im Park treffen sich immer weniger Menschen, die Massen an Fahrrädern sind in den großen Städten verschwunden, stattdessen gibt es jetzt Unmengen von Autos. Dazu passt: Die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle ist deutlich gestiegen. Hier wiederholt sich, was wir bei uns schon kennen: Der »faule« Lebensstil greift um sich und ihm zu widerstehen oder ihm etwas entgegenzusetzen ist oft schwierig.

Zumal die Pharmaindustrie es uns so leicht macht. Sie liefert uns die schnellen Mittel gegen Beschwerden und macht uns kurzfristig fit. Wer will da schon nach Ursachen forschen oder sie gar direkt bekämpfen?

Die Langzeitfolgen oder Nebenwirkungen von Arzneien werden nicht wie die positiven Effekte in bunten Bildern beworben. Wäre das auf jeder Medikamentenpackung Pflicht so wie schon länger bei Zigaretten, sähe es mit dem Tablettenkonsum vielleicht anders aus.

Keine Medikamentenschelte

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich will in diesem Buch keinesfalls alle Medikamente oder die moderne Medizin insgesamt verteufeln! Ich schätze wirklich die Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte in diesem Bereich sehr und es wurde unendlich gute Forschung und Arbeit geleistet. Beispielhaft denke ich an die Erfolge bei der Bekämpfung von HI-Viren und Aids. Die Fortschritte der Medizin sind also auch aus meiner Sicht ein Segen für die Menschheit und das gilt ebenso für die Tabletten gegen Bluthochdruck, Diabetes und Schmerzen. Es ist gut, dass es diese Mittel gibt, denn sie haben schon viele Leben gerettet.

Deswegen habe ich mich zusammen mit meinem wissenschaftlichen Team daran gemacht, Studien und Forschungen aus der ganzen Welt zu den verbreitetsten Alltagsmedikamenten zu suchen und zu bewerten. Besonders aufmerksam haben wir uns den gesamten Markt der Pillen gegen Beschwerden wie Rückenschmerzen, Kopfweh oder zu hohen Cholesterinspiegel angesehen. Es fielen uns ganz schnell erstaunliche Dinge auf: So werden zum Beispiel mit nur einem einzigen Alltagsmedikament zur Behandlung von Sodbrennen, mit einem »Protonenpumpenhemmer«, pro Jahr mehr als 500 Millionen Euro umgesetzt. Sehr viel Geld zur Bekämpfung eines Phänomens, das zu 100 Prozent durch einen falschen Lebensstil verursacht wird!

Hinter die Kulissen zu blicken, hat mich sehr ernüchtert. Nach der Arbeit an diesem Buch frage ich mich nun erst recht, ob uns das Gesundheitssystem wirklich das Beste und Richtige zuteil werden lässt und ob es überhaupt darauf angelegt ist, uns gesund zu machen.

Letztlich ist unser Lebensstil die einfachste und beste Methode, viele gesundheitliche Probleme gar nicht erst auftreten zu lassen oder eben ganz schnell in den Griff zu bekommen. Wir brauchen nicht immer Medikamente, auch wenn es anfangs oberflächlich betrachtet die einfachste Lösung zu sein scheint.

Die Medikalisierung unserer Gesellschaft hat in den letzten Jahrzehnten immer stärker zugenommen, gleichzeitig stiegen genau die bekämpften Krankheiten an, die sogenannten Volksleiden. Wir bekommen diese Erkrankungen eben nicht mit Tabletten in den Griff. Stattdessen müssen wir bei den Ursachen ansetzen.

WACHSTUMSMARKT KRANKHEIT

800 Millionen Packungen frei verkäufliche Medikamente mit einem Umsatz von 14 Milliarden Euro, die zweithöchsten Ausgaben für Gesundheit in der EU und trotzdem jährlich über 150 000 Tote durch Diabetes Typ 2: Wie passt das zusammen? Was ist los mit unserer Gesundheit? Warum sind wir Pillenschlucker und doch nicht gesünder? Trotz aller medizinischen Fortschritte werden unsere Kinder immer früher krank und auch bei Erwachsenen hat sich in den letzten zehn Jahren die Einnahme von Schmerzmedikamenten verdreifacht!

JEDES JAHR MEHR

Nehmen Sie auch regelmäßig Tabletten? Sind es außerdem in den letzten 10 bis 15 Jahren immer mehr geworden? Oder wurde die Dosis eines Medikaments stetig erhöht? Dann befinden Sie sich in bester Gesellschaft, denn allein von den 8,5 Millionen Versicherten der Barmer Krankenkasse (BEK) erhielten 6,6 Millionen im Jahre 2017 eine medikamentöse Therapie. 78 Prozent der BEK-Versicherten, also mehr als drei Viertel, nahmen 2017 ein Medikament! Diese Zahlen erfassen jedoch nur die verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Dazu kommen noch die frei verkäuflichen Mittel wie Schmerztabletten, Hustensaft und Nasensprays sowie die Nahrungsergänzungsmittel. Deren Umsätze sind noch beeindruckender: Davon werden jährlich 800 Millionen Packungen verkauft mit einem Gesamtumsatz von sagenhaften 14 Milliarden Euro! Nur ein Drittel davon läuft über Apotheken, weil es von Vitaminen bis Nasenspray inzwischen all das auch in Drogerien, in Supermärkten, bei Discountern und natürlich übers Internet zu kaufen gibt. Interessant ist außerdem, dass nur 20 Produkte für 25 Prozent des Umsatzes verantwortlich sind.

TOP 20 DER MEISTVERKAUFTEN MEDIKAMENTE1

Rang

Medikament

Hersteller

Wirkstoff

Anwendung

1

Ibuflam®

Winthrop

Ibuprofen

Schmerzen, Entzündungen, Fieber

2

Nasenspray-ratiopharm®

ratiopharm

Xylometazolin

Schnupfen

3

Novaminsulfon*

Winthrop

Metamizol

Schmerzen und Fieber

4

Voltaren®

Novartis

Diclofenac

Schmerzen, Entzündungen

5

Bepanthen®

Bayer

Dexpanthenol

Wundheilung

6

Paracetamol-ratiopharm®

ratiopharm

Paracetamol

Schmerzen und Fieber

7

Sinupret®

Bionorica

pflanzl. Kombiwirkstoff

Erkältung

8

Ramilich®*

Winthrop

Ramipril

Bluthochdruck

9

L-Thyroxin Henning®*

Sanofi-Aventis

Levothyroxin

Thyroxinmangel

10

Pantoprazol

Actavis

Pantoprazol

Sodbrennen

11

Nasenspray AL

Aliud

Xylometazolin

Schnupfen

12

Ibu

1A Pharma

Ibuprofen

Schmerzen, Entzündungen, Fieber

13

Thomapyrin®

Boehringer Ingelheim

Kombiwirkstoff

Schmerzen, v. a.Kopfschmerzen

14

ACC®

Hexal

Acetylcystein

Hustenlöser

15

Nasic®

MCM Klosterfrau

Xylometazolin, Dexpanthenol

Schnupfen

16

Iberogast®

Steigerwald

pflanzl. Kombiwirkstoff

Magenbesch-werden

17

Otriven®

Novartis HC

Xylometazolin

Schnupfen

18

Prospan®

Engelhard

pflanzlich (Efeuextrakt)

Husten

19

Amlodipin*

Dexcel

Amlodipin

Bluthochdruck

20

Mucosolvan®

Boehringer Ingelheim

Aboxol

Husten

* rezeptpflichtig

GESUNDHEIT AUF HOHEM NIVEAU – ODER DOCH NICHT?

Wir haben in Deutschland ein hochklassiges Gesundheitswesen, auf das wir stolz sein können – zumindest im Großen und Ganzen. Selbst wenn wir aktuell das Thema Zweiklassenmedizin sicher zu Recht diskutieren, ist in puncto Grundausstattung die Versorgung bei uns sehr viel besser als in zahlreichen anderen Ländern um uns herum. Wir haben allerdings auch das mit Abstand teuerste Gesundheitswesen in Europa: Auf Ausgaben von 1 Milliarde Euro pro Tag kommen unsere europäischen Nachbarn längst nicht. Wie wollen wir das langfristig finanzieren? Eher noch sollten wir überlegen: Wie machen die das? Ist die Medizin in diesen Ländern wirklich schlechter?

LIEBER MÖGLICHST ALT ODER MÖGLICHST GESUND?

Was ist Ihnen wichtig: Möchten Sie möglichst lange fit und gesund Ihr Leben genießen können? Oder sagen Sie: Hauptsache, ich werde möglichst alt, egal wie ich mich dann fühle? Ich vermute, Sie denken da wie ich und die meisten Menschen, mit denen ich über dieses Thema spreche: Wir möchten auch im Alter noch etwas unternehmen können und nicht relativ unbeweglich, aber durch Medikamente schmerzfrei ans Haus oder gar ans Bett gefesselt und ständig auf Hilfe angewiesen sein.

Leider sind die Aussichten dafür bei uns längst nicht so gut wie in unseren Nachbarländern. Das belegen Statistiken der OECD von 2015 ganz eindeutig: Ein 65-jähriger Deutscher kann noch mit 19,7 Lebensjahren rechnen. Nicht schlecht, aber davon wird er nur 7 Jahre gesund sein – und damit liegen wir Deutschen unter (!) dem EU-Durchschnitt von 19,8 Lebensjahren und 8,6 gesunden Jahren. Dagegen führen die Franzosen mit 21,6 Jahren die statistische Lebenserwartung in der EU an und haben immerhin 10,3 gesunde Jahre. Das beste Verhältnis zwischen Lebenserwartung und gesunden Jahren haben die Bewohner der skandinavischen Halbinsel und die Isländer. Letztere zusammen mit den Norwegern ganz vorneweg mit jeweils 20 Lebensjahren, von denen sie drei Viertel – also mehr als doppelt so viel wie wir Deutschen! – auch gesund verbringen.

Spannend an diesen Daten ist, dass Länder wie Schweden und Großbritannien deutlich vor Deutschland liegen, obwohl sie die Kosten ihrer Gesundheitssysteme begrenzen. Auch in puncto Vorsorge gibt beispielsweise Deutschland genauso viel Geld aus wie Schweden (je 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) und sogar mehr als Norwegen (2,8 Prozent) oder gar Frankreich (2 Prozent) – doch das scheint keine positive Wirkung zu haben. Im Gegenteil: Laut OECD ist es auffällig, dass einige chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Probleme, Krebs, Diabetes und psychische sowie auch Demenz-Erkrankungen bei uns klar über dem EU-Durchschnitt liegen. »Der Anteil der Personen im Alter von 50 bis 56 Jahren mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen ist in Deutschland höher als in vergleichbaren Ländern«, so die OECD.

GESUNDHEITSAUSGABEN IN EUROPA2

Angaben in Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

LEBENSERWARTUNG IN EUROPA AB 65 JAHREN3

Land

Jahre gesamt

davon gesunde Jahre

Island

20,0

15,1

Norwegen

20,0

14,9

Schweden

20,1

13,4

Dänemark

19,1

12,2

Irland

19,5

11,5

Belgien

19,7

10,9

Luxemburg

20,6

10,7

Großbritannien

19,8

10,7

Schweiz

21,0

10,5

Frankreich

21,6

10,3

Portugal

19,9

9,4

Niederlande

19,8

9,3

Spanien

21,4

9,3

Österreich

20,0

8,8

Tschechien

17,7

8,7

Finnland

20,1

8,7

EU-Schnitt

19,8

8,6

Polen

18,0

7,5

Griechenland

20,2

7,4

Italien

20,9

7,4

Slowenien

19,5

7,4

Deutschland

19,7

7,0

Ungarn

16,8

6,1

Estland

18,2

5,5

Slowakei

17,0

3,9

Diese Zahlen sind doch sehr ernüchternd und wenn wir nicht auf die alten, sondern auf die jungen Deutschen blicken, wird das keinesfalls besser.

SCHON KINDER MIT Ü-50-ERKRANKUNGEN!

Unter so vielen gravierenden und chronischen Erkrankungen wie in den letzten zehn Jahren litten Kinder und Jugendliche noch nie. Sie zeigen Veränderungen an den Blutgefäßen, erleiden Herzinfarkte oder Schlaganfälle und mittlerweile hat auch Diabetes vom Typ 2, der bisher immer Altersdiabetes genannt wurde, Kinder und Jugendliche erreicht – alles Wohlstandserkrankungen, die früher die gestresste, überernährte und bewegungsfaule Ü-50-Generation trafen. Wenn diese jungen Menschen dann endlich ihre Berufsausbildung oder das Studium abgeschlossen haben, leiden sie oft schon unter derart vielen Krankheitssymptomen, dass es fast schon zu spät ist, das alles wieder in Richtung Gesundheit zurückzuführen und zu korrigieren.

Wie können wir Kinder und Jugendliche, die Zukunft unserer Gesellschaft, derart krank machen, dass sie ein Leben lang von einer Behandlung durch Medikamente abhängig werden? Das ist nicht nur ethisch höchst verwerflich, wir können es uns auch gesellschaftlich nicht leisten.

VIEL GELD FÜR VIEL FALSCHES

Wie gut ist unser Gesundheitssystem also wirklich? Warum schneiden wir trotz unserer enormen Ausgaben so schlecht ab im europäischen Vergleich? Für mich ist die Antwort klar: Wir haben die falschen Therapieansätze! Ganz besonders bei den vielfältigen chronischen Krankheiten gehen wir nur symptomatisch vor und verschreiben Medikamente. Die bessern zwar die Symptome, doch gehen sie auf keinen Fall an die Wurzeln der Erkrankung. Und noch viel weniger versuchen wir, diese Krankheiten durch gezielte und wirksame Maßnahmen erst gar nicht auftreten zu lassen – obwohl das möglich und gar nicht so schwierig wäre, wie das Beispiel Rauchen zeigt (siehe >).

Vom Grundgedanken der Medizin, dem Heilen, hat sich unser Gesundheitswesen weit entfernt. Stattdessen haben wir ein System der Reparatur und der Symptombehandlung aufgebaut – mit aufwendigen, ebenso kostenintensiven wie einträglichen Diagnoseapparaten und -verfahren –, das bei den lebensstilbedingten chronischen Erkrankungen langfristig und nachhaltig aber leider überhaupt keinen Effekt hat! Ganz im Gegenteil: Wer sich heute ständig auf Medikamente verlässt, wird später noch stärker unter seiner Erkrankung leiden – und vielleicht zusätzlich noch unter den Nebenwirkungen der stetig erhöhten Wirkstoffmengen. Anders als jene Menschen, die versuchen, ihre Krankheit wirklich loszuwerden.

Für die Medizin und die Pharmaindustrie ist die aktuelle Situation bei uns fast ein Paradies, denn bei immer mehr chronisch Kranken ist der Verdienst langfristig gesichert. Wir sind nur als Patienten wirtschaftlich interessant, die weiterhin leben. Aber wie dieses Leben aussieht, ist der Gesundheitsindustrie leider ziemlich egal. Es ist schließlich ein sehr lukratives Geschäft, wenn alle Symptome beim Absetzen der Pillen sofort wieder da sind und auch noch schwerwiegender als zuvor!

Das ist fatal für jeden Einzelnen von uns, aber auch für unser Prinzip der Solidargemeinschaft: Das Gesundheitssystem wird immer teurer und am Ende müssen wir alle die Zeche bezahlen – in Form von höheren Beiträgen nämlich.

Außer uns selbst hat niemand ein wirkliches Interesse daran, dass wir gesund bleiben und unser Leben möglichst lange fit und vital genießen können!

WARUM LIEBER MEDIKAMENTE?

Ein überzogenes Vertrauen in die Macht von Tabletten und Pillen ist sicher der Hauptgrund dafür, dass sich Ärzte und auch Patienten gleichermaßen eher für das Medikament als für die Änderung des Lebensstils im Sinne von gesünderer Ernährung und mehr Bewegung aussprechen. So ergab eine Befragung von 16 000 Menschen weltweit, dass mehr als 60 Prozent der Teilnehmer Medikamenten mehr vertrauen und deshalb lieber dort zugreifen, statt selbst etwas für ihre Gesundheit zu unternehmen. Die meisten Patienten glauben zum Beispiel fälschlicherweise, dass Statine das Cholesterin im Körper viel besser senken und wirkungsvoller sind, als den Lebensstil zu verändern. Sie setzen ganz viel Hoffnung in diese Medikamente und werden dann doch meistens enttäuscht, weil der Effekt eben nicht so groß ist oder sich zu viele Nebenwirkungen einstellen (siehe >).

TERROR VOLKSKRANKHEIT

Stellen Sie sich vor, Terroristen würden in Deutschland jeden Tag 400 Menschen umbringen – also 146 000 im Jahr! Eine schreckliche Vorstellung! Unsere Gesellschaft würde einstimmig aufschreien, die Politik würde massive Maßnahmen ergreifen und die Polizei mit Sondereinheiten maximal aufrüsten. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln würde nach einer Lösung gesucht. Das Ziel wäre klar: ein Ende dieser terroristischen Aktivitäten! Es würde zu dem übergeordneten politischen gesellschaftlichen Ziel werden und niemand würde dieses Ziel infrage stellen. Schließlich möchten wir alle sicher in unserem schönen Land leben.

Tatsächlich sterben bei uns jährlich über 150 000 Menschen an den Folgen von Diabetes Typ 2, wie die Forscher vom Deutschen Diabetes-Zentrum an der Universität Düsseldorf 2018 herausfanden. Haben Sie davon gehört oder gelesen? Vermutlich nicht. Wo bleibt der Aufschrei bei so vielen Toten? Selbst die 3285 Verkehrstoten, die der ADAC für 2018 meldete, haben mehr Presse bekommen! Dabei sollten uns diese Diabetes-Opfer wirklich aufrütteln. Weltweit sind es pro Jahr sogar 5,1 Millionen und die Tendenz zeigt deutlich und steil nach oben.

Diabetes wird in Zukunft in beinahe jeder Familie zu finden sein, also fast zur gesellschaftlichen Norm werden. Und was tun wir? Eine Zuckersteuer, wie sie die Deutsche Diabetes-Gesellschaft fordert, wurde erst 2018 wieder abgelehnt. Wir entwickeln Medikamente, die sicherlich durchaus ihre Wirkung entfalten und für den Einzelnen eine Hilfe sind. Doch gerade diese Diabetes-Medikamente bei Typ 2 ignorieren die Ursachen der Erkrankung völlig, nämlich den unangemessenen Lebensstil mit falscher Ernährung und viel zu wenig Bewegung. Im Gegenteil: Durch die Medikamente können die Patienten so weiterleben wie bisher. Nur leider bezahlen sie dafür später mit einer Leidenszeit, die auf jeden Fall lang und beschwerlich werden wird. Dabei lässt sich das vermeiden.

DIABETES IN EUROPA4

Land

2010

2011

2013

2015

2017

Prozent der Zu-/Abnahme (2010–2017)

Portugal

9,9

12,7

13,0

13,6

13,9

4,0 %

Malta

9,8

9,5

10,1

13,9

13,2

3,4 %

Türkei

7,4

7,4

14,6

12,5

12,8

5,4 %

Rumänien

8,4

9,2

5,1

10,6

12,4

4,0 %

Deutschland

12,0

8,0

12,0

10,6

12,2

0,2 %

Zypern

10,4

10,1

10,2

10,4

10,5

0,1 %

Slowenien

9,9

10,3

10,3

10,7

10,4

0,5 %

Spanien

8,7

8,1

10,8

10,4

10,4

1,7 %

Slowakei

7,7

6,7

10,2

9,9

9,7

2,0 %

Tschechien

8,7

6,9

9,2

9,9

9,5

0,8 %

Ungarn

8,8

7,6

7,6

9,3

9,5

0,7 %

Dänemark

7,7

7,5

8,6

9,9

9,3

1,6 %

Finnland

8,3

8,7

8,8

9,0

9,2

0,9 %

Österreich

11,2

9,1

9,3

9,5

9,1

-2,1 %

Bulgarien

9,0

9,3

7,6

8,4

7,9

-1,1 %

Niederlande

7,7

7,3

7,5

7,9

7,8

0,1 %

Italien

8,8

7,8

8,0

7,9

7,6

-1,2 %

Polen

9,3

10,6

6,5

7,6

7,6

-1,7 %

Frankreich

9,4

7,3

7,5

7,4

7,3

-2,1 %

Griechenland

8,8

7,0

7,0

7,5

7,2

-1,6 %

Kroatien

9,2

6,6

7,0

6,8

7,0

-2,2 %

Lettland

9,9

9,7

6,2

7,3

7,0

-2,9 %

Schweden

7,3

5,7

6,4

6,3

7,0

-0,3 %

Belgien

8,0

6,6

6,5

6,7

6,1

-1,9 %

Vereinigtes Königreich

4,9

6,8

6,6

6,2

5,9

1,0 %

Estland

9,9

9,1

7,7

6,0

5,7

-4,2 %

Luxemburg

7,0

5,6

5,8

5,7

5,7

-1,3 %

Litauen

9,7

9,6

4,9

5,5

5,2

-4,5 %

Irland

5,7

6,1

6,5

5,3

4,3

-1,4 %

Natürlich weisen die behandelnden Ärzte auch immer darauf hin, dass es notwendig ist, sich mehr zu bewegen und auf seine Ernährung zu achten. Aber wenn ich ein Medikament für die Behandlung verschrieben bekomme, das es jetzt unnötig macht, mein Leben zu ändern, warum soll ich es dann tun? Raus aus der Komfortzone und rein in die Veränderung ist schließlich immer unbequem und das gilt ganz besonders für grundlegende Änderungen des Lebensstils.

Warum also, wenn die Krankenkasse die Pillen bezahlt? Das gilt nicht nur für Diabetes Typ 2, sondern für alle »Volkskrankheiten«, also beispielsweise auch für Adipositas, Rückenschmerzen, Bluthochdruck und andere Stoffwechselerkrankungen.

Hier ist aber nicht nur ein Umdenken der Patienten gefordert, sondern auch in der Gesundheitspolitik: Würde sie sich so sehr gegen Volkskrankheiten einsetzen wie gegen Terroristen, sähe es sicher bald anders aus. Das hieße, den Schutz unserer Gesundheit über die Interessen der Wirtschaft zu stellen und die gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ich nenne nur die Stichwörter höhere Steuern und Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel. So etwas passiert übrigens gerade in Chile, das den unrühmlichen ersten Platz auf der Hitliste der meisten Bürger mit Adipositas besetzt und feststellen musste, dass reine Aufklärungskampagnen nichts gebracht haben. Auch bei uns gibt es Ähnliches: die Maßnahmen gegen das Rauchen. Sie zeigen, dass so etwas funktioniert. Deswegen ist es für mich umso erschreckender und unverständlicher, dass die deutsche Gesundheitspolitik nicht auch andere Bereiche wie etwa den Zucker konsequent angeht.

Es geht auch anders

Die Norweger zeigen, dass es durchaus auch anders möglich ist. Das Gesundheitsministerium in Norwegen hat in vier regionalen Gesundheitszentren das Programm »Behandlung ohne Medikamente« angeregt. In einem psychiatrischen Krankenhaus in der Stadt Tromso verzichtet man nicht nur auf Medikamente, sondern man unterstützt Patienten auch bei der Abgewöhnung. Wie? Mit körperlicher Aktivität und künstlerischer Betätigung und indem man sie auf die Rückkehr ins alltägliche Leben vorbereitet.

BEISPIEL RAUCHEN – SO GEHT KRANKHEITSVERMEIDUNG

Ein wunderbares Beispiel für die Vermeidung von Volkskrankheiten ist das Rauchen. 1953 konnte eine Langzeitstudie zu den Rauchgewohnheiten englischer Ärzte den kausalen Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs eindeutig belegen: Wer mehr als 25 Zigaretten am Tag raucht, hat ein um 25-mal höheres Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, als Nichtraucher! Diese Studie war die Basis für all das, was wir heute zum Thema Rauchen wissen und wie wir damit umgehen. Wir versuchen, den Lungenkrebs bereits im Keim zu ersticken. Zu den unterschiedlichen Maßnahmen wie Kampagnen und Aufklärung gehören auch ein Werbeverbot, Rauchverbot in Gaststätten, abschreckende Bilder und Warnungen auf den Verpackungen sowie eine über die Jahre stetig angestiegene Tabaksteuer, die inzwischen bei 75 Prozent liegt. Der Erfolg gibt gerade diesen letzten Maßnahmen recht, bei denen die Politik regelnd eingegriffen hat: 79 Prozent der Deutschen verzichten mittlerweile auf das Rauchen!

NEBENWIRKUNGEN INKLUSIVE

Studieren Sie immer den Beipackzettel, bevor Sie ein neues Medikament nehmen? Lieber nicht? Dann lesen Sie dieses Kapitel. Ich wette mit Ihnen: Danach lesen Sie jeden Beipackzettel von oben nach unten, von vorn und hinten, vom ersten bis zum letzten Wort. Oder noch besser: Vielleicht entscheiden Sie sich nach diesem Kapitel auch dafür, erst einmal ohne Tabletten gegen Ihre Beschwerden anzugehen.

EINE WIRKUNG KOMMT SELTEN ALLEIN

Neulich saß ich mit meiner Frau in der Notaufnahme, weil sie sich den Arm gebrochen hatte. Es war Wochenende, entsprechend viel los, die Wartezeit lang. Wir kamen mit anderen Patienten ins Gespräch: starker Schwindel, plötzliche Ohnmacht, schlimme Verdauungsbeschwerden – und das, obwohl man sich nicht überanstrengt, genug getrunken und auch nichts Falsches gegessen hatte. Vielleicht geht ein Virus um?

Vielleicht … vielleicht waren das aber auch Beschwerden, die durch die Einnahme von Medikamenten entstanden sind. Tatsächlich kommen 8 Prozent aller Patienten in die Notfallambulanz eines Krankenhauses, weil ihre Arzneien unerwünschte Nebenwirkungen verursacht haben. Das hat eine aktuelle Studie des Klinikums Fürth ergeben. Rechnen wir das hoch, bedeutet das für Deutschland rund 1,6 Millionen Fälle pro Jahr! Ganz abgesehen vom zusätzlichen und ja eigentlich unnötigen Leiden der Patienten: Die Kosten dafür betragen etwa 2,5 Milliarden Euro! Das sind neben den ursprünglichen Kosten für das Medikament und die falsche Behandlung also zusätzliche Kosten für die erneute Therapie. Beides muss von uns allen, von der Solidargemeinschaft, bezahlt werden.

TOD STATT LINDERUNG

Es kann aber noch viel, viel schlimmer kommen: Erinnern Sie sich noch an den Tod des King of Pop, Michael Jackson? Da gab es 2009 viele Spekulationen: War es Mord? Oder Selbstmord? Die Todesursache war eine akute Vergiftung durch Propofol, ein Narkosemittel. Der Musiker litt schon lange unter Schlaflosigkeit und nahm dagegen Benzodiazepine ein. Diese Medikamente wirken angst- und krampflösend, entspannen und fördern den Schlaf. In Kombination mit dem Narkosemittel entstand ein tödlicher Wirkstoff-Cocktail. Falls Sie jetzt denken: »Ach, das ist typisch Amerika. So was kommt doch bei uns nicht vor«, liegen Sie komplett falsch!

Professor Harald Dormann, Chefarzt der Notaufnahme der Klinik Fürth, schätzt, dass mindestens 30 000 Todesfälle pro Jahr durch Nebenwirkungen von Medikamenten in Deutschland ausgelöst werden. Fast zehnmal mehr als im Straßenverkehr! Eine sehr erschreckende Zahl, oder? Im Umkehrschluss bedeutet das: Durch die medizinische Versorgung entsteht eine Todesursache, die in den Top Ten der Todesursachen in Deutschland ganz weit oben rangiert. Allerdings taucht sie – bis jetzt – in gar keiner Statistik auf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

Wie es zu so einer Situation kommen kann, untersucht gerade eine Forschergruppe der Universität Witten/Herdecke um Professor Andreas Sönnichsen. In einer großen EU-Studie mit rund 4000 Patienten und 300 Hausärzten will er mit seinem Team herausfinden, wie sich die Verschreibung von mehreren unterschiedlichen Medikamenten auf ältere Menschen auswirkt. Erste Ergebnisse zeigen, dass fast jedes dritte Medikament für den Patienten nicht geeignet ist. Das kann unterschiedliche Gründe haben:

Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis für den Nutzen des Mittels.

Der Schaden, den das Mittel anrichtet, ist größer als sein Nutzen.

Es kommt zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln.

Das Mittel ist falsch gewählt.

Die Dosierung ist falsch.

Sind das nicht Gründe genug, um sich die Einnahme wirklich jedes Medikaments ganz genau zu überlegen und sie kritisch zu hinterfragen? Wenn Sie ganz großes Pech haben, werden die Nebenwirkungen einer Arznei sogar als eigene Krankheit diagnostiziert und wiederum mit einem weiteren Medikament behandelt. So haben Sie noch eins mehr, ohne dass die Ursache – der Lebensstil oder das falsche Zusammenspiel Ihrer Arzneien – behoben wurde!

WECHSELWIRKUNGEN VERMEIDEN MIT DEM MEDIKATIONSPLAN

Wenn Sie mehrere Medikamente mindestens für 28 Tage oder länger einnehmen sollen, fragen Sie nach einem Medikationsplan. Auf den haben Sie seit 2016 Anspruch. Er soll alle Arzneimittel aufführen, die Sie einnehmen, und zwar mit Namen, Inhaltsstoffen, Dosierung, Hinweisen zur Einnahme und dem Grund der Einnahme. Der bundeseinheitliche Plan hat einen Barcode, den Ärzte und Apotheker einlesen und aktualisieren können. Wenn Sie diesen Plan zu jedem Besuch beim Arzt oder Apotheker mitnehmen, können Wechselwirkungen von Medikamenten am besten vermieden werden.

Der Bundestag hat die Einführung eines bundeseinheitlichen Medikationsplanes mit dem sogenannten eHealth-Gesetz beschlossen, um damit alle Patienten bei der korrekten Einnahme ihrer Arzneimittel zu unterstützen. Aktuell gibt es den Medikationsplan nur in einer Papierversion. In absehbarer Zeit soll er dann auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können, wenn der Patient der Speicherung zustimmt (Datenschutz!).

BEIPACKZETTEL DURCHARBEITEN – MUSS DAS SEIN?

Lesen Sie immer den Beipackzettel, bevor Sie ein neues Medikament nehmen? Oder gehören Sie zu den Menschen, die das nicht tun, weil sie der Ansicht sind: »Da wird man ja schon krank vom Lesen«? Oder gar zu jenen, die meinen, ein Medikament, das gut wirkt, muss auch viele Nebenwirkungen haben, und hoffen: »Die werde ich schon nicht bekommen.« Ich kann Ihnen nur raten: Studieren Sie den Zettel genau, denn dadurch können Sie Nebenwirkungen eventuell selbst verhindern.

Nebenwirkungen sind gesetzlich genau definiert, und zwar als »schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel«. Seit der Überarbeitung des Arzneimittelgesetzes 2012 gelten auch solche Reaktionen als Nebenwirkungen, die etwa auf Überdosierung, falschen Gebrauch, Missbrauch oder auf andere Medikationsfehler zurückzuführen sind. Seitdem sollen alle, die im Bereich Gesundheit arbeiten, jeden auch noch so kleinen Verdacht einer Nebenwirkung melden. Ärzte sind dazu nach den Regeln der Ärztekammern verpflichtet. Zuständig sind die Bundesoberbehörden, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beziehungsweise das Paul-Ehrlich-Institut (PEI).