Reden reicht nicht!? - Michael Bohne - E-Book

Reden reicht nicht!? E-Book

Michael Bohne

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Beschreibung

In der täglichen Praxis beschleicht Psychotherapeuten und Berater immer wieder der Verdacht: Reden reicht nicht!?. Wenn dem so ist, was hilft dann weiter? In diesem Band stellen neun Autoren unterschiedliche, in der Mehrzahl bifokal-multisensorische Techniken vor. Dazu gehören eingeführte Methoden wie Eye Movement Integration (EMI) und Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR), Klopfen sowie Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP). Sie werden ergänzt durch hypnosystemische und verhaltenstherapeutische Ansätze sowie die Ego-State-Therapie. Das Potenzial der Ansätze wird aus verschiedenen professionellen und wissenschaftlichen Perspektiven zur Diskussion gestellt. Im Vergleich werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede sichtbar gemacht, in deren Mittelpunkt nicht Konkurrenz, sondern gegenseitige Wertschätzung steht. Mit Beiträgen von: Michael Bohne • Martin Grunwald • Evelyn Beverly Jahn • Matthias Ohler • Eva Pollani • Gary Bruno Schmid • Gunther Schmidt • Bernhard Trenkle • Matthias Wittfoth.

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Seitenzahl: 335

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Michael Bohne/Matthias OhlerGunther SchmidtBernhard Trenkle (Hrsg.)

Reden reicht nicht!?

Bifokal-multisensorische Interventionsstrategien für Therapie und Beratung

Dritte Auflage, 2022

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer ✝ (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin ✝ (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Berlin)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Umschlaggestaltung: Uwe Göbel

Umschlagmotiv: © Amadou Sow

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Dritte Auflage, 2022

ISBN 978-3-8497-0321-9 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8408-9 (ePUB)

© 2016, 2022 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: https://www.carl-auer.de/Dort können Sie auch unseren Newsletter abonnieren.

Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22

[email protected]

Inhalt

Ausrufezeichen und Fragezeichen – eine Einleitung

Prozess- und Embodimentorientierte Psychologie (PEP) – weit mehr als eine Klopftechnik

Michael Bohne

Die Klopftechniken, eine Entdeckung der Medizin

PEP – klopfen und mehr

Embodiment – die Datenflatrate zwischen Haut und Gehirn

Die Selbstakzeptanzaffirmation – ein Portfolio der gesamten Psychotherapie

Das Selbstwertgefühl – Immunsystem des Bewusstseins

Humor und Leichtigkeit als Beziehungsintervention

Der Therapeut klopft mit – Immunschutz und Prophylaxe gegen Burnout und sekundäre Traumatisierung

Konsequentes Reframing als Mittel zur Realitätsumkonstruktion

Wissenssoziologische Überlegungen

Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung wechseln kann – Explizite und implizite Musterunterbrechungstechniken

Bernhard Trenkle

Definitionen von Musterunterbrechung

Varianten der Musterunterbrechung

EMDR

Was wirkt denn da?

EMI und EMDR

Musterunterbrechung und die Schnelligkeit von Augenbewegungen bei EMI und EMDR

Zusammenfassung

Reden reicht nicht – eine fast ernste Nachbetrachtung

Neurobiologie der spontanen Selbstberührung

Martin Grunwald

Biologische Wechselwirkungen

Spontane Selbstberührungen im Experiment

Das Hirnfunken der spontanen Selbstberührungen

Selbstberührungen mit Ansage und Begleitung

Über die Wiederentdeckung des Körpers

Matthias Wittfoth

Die Leib-Seele-Trennung als Fußfessel der Entwicklung

»Einen Körper haben« als Urerfahrung des Menschen

Das Körperliche von Emotionen

Pilotstudie zum »Klopfen«

Das Spannungsfeld zwischen angewandter Therapie und theoretischer Wissenschaft

Welcher Weg beschritten werden muss

Atmosphären lesen – Vom Verstehen und Behandeln menschlicher Umgebungen

Matthias Ohler

Warum sich mit Atmosphäre befassen?

Atmosphäre – eine Metapher

Einige Möglichkeiten des Erlebens und Beschreibens zwischenmenschlicher »Gegebenheiten« über die Metapher »Atmosphäre«

Grammatische Strukturen und Atmosphäre

Grundthesen

Vorteile des Fokus »Atmosphäre«

Tipps zur Entwicklung und Anwendung atmosphärischen und atmosphärebezogenen Denkens und Handelns

Ein atmosphärischer Kompass

Eine Fallbeispielgeschichte

Eine atmophänogrammatische Übung

Empowerment

Gary Bruno Schmid

Einführung: Verkörperter Geist oder denkendes Fleisch?

Selbstheilung im Erlebnis und Empowerment (Selbstbefähigung) im Ausdruck

Die Dramaturgie zum Aufbau einer Erfolgsgeschichte

Die Methode des Empowerments

Ausklang

Embodied Emotional Master (EEM) – Mit Selbstmodifikation von der Einsicht zur Handlung

Evelyn Beverly Jahn

Einleitung

Einsicht! Fertig! Los!

Zusammenfassung

Anhang: PEP proaktiv – Embodied Emotional Mastery

Hypnose – Ego-State-Therapie – Eye Movement Integration: Drei wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeiten in der Traumatherapie

Eva Pollani

Was wirkt in der Psychotherapie?

Hypnosepsychotherapie

Theorie der emotionalen Grundbedürfnisse

Eye Movement Integration (EMI)

Trauma, Neurobiologie und Eye Movement Integration

Die vier Gedächtnisse

Integrative Fasern im Corpus callosum

Bereiche der Integration (nach Dan Siegel)

Ego-State-Therapie

Das SARI-Modell

Kombination von Hypnose, Ego-State-Therapie und EMI

Ethische Aspekte in der Anwendung und Ausblick auf die Tagung 2016

Schlusswort

Das Orchester der Sinne nutzen für erfolgreiche »Lösungssinfonien« – Hypnosystemische multisensorische Strategien für kraftvolle ganzheitliche Lösungen

Gunther Schmidt

Zunächst ein kleines Plädoyer für Verbales

Eine kleine hypnosystemische Metatheorie der Art, wie Erleben aufgebaut wird

Hypnosystemisches Verständnis von Interventionen und wie sie gestaltet werden können

Einige Beispiele praktischer sinnlicher Umsetzung

Beispiele für Interventionen mit Kombination diverser nonverbaler Komponenten

Literatur

Über die Autoren

Ausrufezeichen und Fragezeichen – eine Einleitung

»Reden reicht nicht!?« – Beim Abendessen nach dem zweiten Planungstreffen zur Organisation eines Kongresses zu bifokal-multisensorischen Interventionstechniken schlug Beate Ch. Ulrich, Geschäftsführerin des Carl-Auer Verlages, zwischen zwei Gabelfüllungen spontan diesen Kongress-Titel vor. Michael Bohne hatte zuvor beiläufig erwähnt, dass viele Seminarteilnehmer in den Vorstellungsrunden der PEP-Kurse äußerten, dass in der Praxis reden allein oft nicht reiche. Allen Anwesenden war sofort klar: Das trifft es. Über ihre Intonation hatte die Ideengeberin, ob nun bewusst oder nicht, auch unmissverständlich mit eingebracht, dass neben das Ausrufezeichen ein Fragezeichen gehöre. Es sollte von Anfang an ja nicht um profitables Marketing für irgendwelche Formen therapeutischer Interventionen und Modelle gehen, sondern um Begegnung, Austausch, Lernen und Kontroverse. Und all dies sollte sich auch durchaus konfrontativ gestalten dürfen (was die einen oder anderen Vortragenden und Teilnehmer an Podiumsdiskussionen und Themenforen dann auch nutzten). Es ging auf dem Kongress ja auch darum, die teils verdeckt, teils offen, vor allen Dingen aber teils unschön ausgetragenen Konkurrenzen einem öffentlichen Forum zuzuführen, um ihre professionellere Beobachtung zu ermöglichen und alle daran Interessierten in eine gemeinsame, zugewandtere Lernatmosphäre einzuladen. Dafür durfte der Titel aber auch eine provozierende Note haben.1

Ein erklärtes Ziel der Carl-Auer Akademie ist es, unwahrscheinliche Kommunikation wahrscheinlich zu machen: Menschen treffen sich, die sich sonst eher nicht begegnet wären – oder eine Begegnung vielleicht sogar vermieden hätten –, und es entstehen Gelegenheiten, Neues entstehen zu lassen. Dafür muss man Räume für sich strukturierende Kommunikation schaffen. In diesen soll – ein weiteres erklärtes Ziel – möglichst Nutzen entstehen für beraterische, therapeutische und medizinische Forschung und Praxis.2

Das ist im Mai 2014 unwahrscheinlich gut gelungen: Der erste Kongress »Reden reicht nicht!? – Bifokal-multisensorische Interventionstechniken«, zu dem die Carl-Auer Akademie in Kooperation mit den Milton-Erickson-Instituten Heidelberg und Rottweil sowie dem Institut für Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP) – namentlich Gunther Schmidt, Bernhard Trenkle und Michael Bohne – und der Trenkle Organisation GmbH eingeladen hatte, brachte hochinteressierte und -motivierte Menschen aus unterschiedlichen professionellen Feldern und therapeutisch-beraterischen Konzeptwelten in Heidelberg zusammen.

Teilnehmende wie Referierende konnten erfahren, wie auch ein zweites, in der Kongressankündigung erklärtes Ziel erreicht werden kann: Im Mittelpunkt steht die fachliche Kontroverse, die über die Darstellung der eigenen Positionen deutlich hinausgeht und Wege für neue Entwicklungen sowie Modelle für die Zukunft schaffen hilft. Dass es bei solchen Begegnungen auch dampft und kracht, ist in kreativen Labors gang und gäbe und muss nicht in Widerspruch zu Respekt und Wertschätzung geraten.

Thematisch gingen die Beiträge und Diskussionen des Kongresses auch über den zunächst enger gezogenen Kreis sogenannter bifokalmultisensorischer Techniken hinaus.

In dem vorliegenden Buch geben neun Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven Einblicke in Konzepte und Praxis solcher wissenschaftlicher, konzeptioneller und methodischer Ansätze zur Entwicklung eines vertieften Verständnisses beraterischer und therapeutischer Vorgehensweisen, die entweder über »bloßes« Reden teils weit hinausgehen oder die sich dem Reden in anderer, bislang weniger beobachteter Form anschließen bzw. anders zu ihm positionieren.

Michael Bohne eröffnet das Spektrum mit der kritischen Positionierung der von ihm entwickelten Prozess- und Embodimentorientierten Psychologie (PEP) in Bezug zu und Abhebung von Traditionen verschiedener körperorientierter Verfahren und Klopftechniken (wenn man es mit einem von Helm Stierlin geprägten Begriff sagen wollte: die bezogene Individuation von PEP). Besonderes Augenmerk gelten der therapeutischen Beziehung und deren möglichst großer Leichtigkeit, der kritischen Reflexion bisher angebotener wissenschaftlicher »Erklärungen« für erfolgreiche Techniken sowie, last not least, der Entmystifizierung des Märchenwaldes von Wirkhypothesen, um Raum für kritisch-offene und überraschungsfreudige Forschung zu schaffen.

Unter Bezug auf Milton H. Erickson und andere verfolgt Bernhard Trenkle die These, dem Erfolg von Techniken wie EMDR und EMI könnten sowohl explizite als auch implizite Musterunterbrechungen zugrunde liegen. Die gleichzeitige Unterbrechung alter pathologischer Problemtrance-Muster ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Wirksamkeit von Techniken, die für sich alleine angewandt sogar kontraproduktiv wirken können. Über eine Fülle praktischer Fallbeispiele wird diese Spur konsequent verfolgt. Die besondere Rolle der Einbeziehung von Mustern der Augenbewegung lässt sich auf diese Weise besser spezifizieren, nicht zuletzt in der Unterschiedlichkeit ihrer Schnelligkeit und daraus folgender Vor- und Nachteile.

Martin Grunwald beschäftigt seit langer Zeit der »homo hapticus«. Grunwalds umfangreiche und detaillierte Forschungen zur Neurobiologie spontaner Selbstberührungen gehören für ihn in das große Projekt, »in allen lebenswissenschaftlichen Disziplinen (…) die biopsychischen Grundlagen der menschlichen Körperlichkeit im Verhältnis zu Emotions- und Kognitionsprozessen besser als bisher zu verstehen«. Es liegt klar auf der Hand, welch hohe Relevanz dies für Fragen nach der Wirkung und praktischen Weiterentwicklung von u. a. auf Selbstberührung setzenden therapeutischen Methoden und Interventionen hat. Auf solche Weise könnten aus einer von Michael Bohne ebenso wie von Matthias Wittfoth – dessen Artikel dem Grunwalds folgt – geforderten Forschung nützliche Fragen und Vorgehensweisen gewonnen werden, die zum einen helfen zu entmystifizieren und zum anderen für wirksame therapeutische Praxis dienlicher sind.

Matthias Wittfoth widmet sein Kapitel dem Lob der »Wiederentdeckung des Körpers« in psychotherapeutischen Kontexten sowie der daraus resultierenden Chancen für ein nutzvolleres Verhältnis von Wirkungsforschung und therapeutischer Praxis. Allerdings bleibt die Warnung nicht aus, allzu wohlfeilen Legitimierungsmythen durch falsch oder verkürzt dargestellte Forschungsergebnisse, z. B. aus der Hirnforschung – aber nicht nur aus dieser –, auf den Leim zu gehen. Die politische Dimension der teils respektvollen, teils kungelhaften Forschung-Praxis-Beziehung scheint hier deutlich durch.

Mit zwischenmenschlichen Atmosphären thematisiert Matthias Ohler ein Phänomen, dem in der letzten Zeit eine wachsende Aufmerksamkeit zukommt. Eine konzeptionelle Klärung jenseits begrifflich schwer zugänglicher und teils doch spekulativ-esoterischer Texte ist bislang aber Desiderat geblieben. Von der Idee her, Atmosphäre als grundständig metaphorisches Konzept zu begreifen – das im alltäglichen Leben gar nicht so unzureichend verstanden ist, wie zuweilen behauptet wird – werden Grundthesen zu Struktur und Bedeutung von Atmosphäre in zwischenmenschlichen Verhältnissen entwickelt. Es folgen Argumente zu Vorteilen der atmosphärischen Perspektive und praktische Tipps für den alltäglichen Umgang damit. Den Abschluss dieses Beitrags bildet die Präsentation zweier Übungsformate für Beratung und Selbstanwendung, die an sprachlich-grammatische Formen angelegt sind.

Gary Bruno Schmid stellt in knappen, szenisch präzise bemessenen Schritten eine Empowerment-Methode vor, die dramaturgischen Vorbildern folgt. Seine Methode ist der Idee verpflichtet, Bewusstsein als im gesamten Organismus organisiertes Phänomen zu verstehen. Von dort her wird einleuchtend, inwiefern menschliche Vorstellungskraft genauso Nocebo- wie Placebo-Effekte hervorbringen kann – und auch, warum und wie sie über den »hypnosystemischen Aufbau einer individualisierten Selbstheilungsgeschichte« zu nutzen wäre, in Heilung förderndem Sinne.

Als versierte Verhaltenstherapeutin und zugleich erfahrene Nutzerin verschiedener körpertherapeutischer und bifokal-multisensorischer Techniken entwickelt Evelyn Beverly Jahn ein erweitertes praktisches Verständnis von Embodiment. Ziel sind die Selbstbefähigung und Selbstwirksamkeit von Klienten an der Schwelle von kognitiven Einsichten zu beglückenderem Tun (»mind behavior gap«). Das Verfahren wird in acht ausführlichen Schritten beschrieben, von der Entwicklung eines Ziealbildes über die würdevolle Betrachtung bisheriger Überlebensmuster und neuen, ressourcengestützten Motivationsaufbau bis hin zur durch einen mit sich selbst geschlossenen Vertrag gestützten proaktiven Phase. Viele Fallgeschichten veranschaulichen Ansatz und Wirksamkeit dieses innovativen methodischen Konzepts.

Eva Pollani wirbt für eine Integration dreier wirkungsvoller und prominenter Behandlungsmöglichkeiten in der Traumatherapie – Hypnose, Ego-State-Therapie und Eye Movement Integration (EMI) – zu flexiblen Praxismustern, die therapeutische Erfolge noch wahrscheinlicher machen. Deutlich ist der politische Hinweis darauf, dass beispielsweise in Österreich solche Integrationen bereits in manche Fort- und Weiterbildungscurricula Eingang gefunden haben.

Der Kern hypnosystemischer Modelle und praktischer Vorgehensweisen von Gunther Schmidt besteht darin, die »Struktur der auf unbewusster Ebene in unwillkürlicher Selbstorganisation immer wieder neu aufgebauten Erlebnisnetzwerke (von Klienten) systematisch zu erfassen und auf sie auftragsgemäß einzuwirken«. Für die Nutzung der vielen in seinem Beitrag vorgestellten nonverbalen Vorgehensweisen und Erlebensgeschichten in Therapie und Beratung ist es unabdingbar, sie »sehr wohl in einen verbalisierenden Rahmen zu stellen«. Dieser Rahmen dient gleichermaßen einer begleitenden und Bedacht stützenden Metatheorie wie der Notwendigkeit, die eigenen Vorgehensweisen für Klienten verstehbar und höchstmöglich transparent anzubieten.

Allen Autoren sei gedankt dafür, dass sie diesen thematischen Raum in Form eines Buches mit gestaltet haben. Man kann sich darin nun bewegen wie in einem Tagungshaus. Ein kaum zu überschätzender Vorteil gedruckter oder anderweitig veröffentlichter Texte besteht ja darin, dass man immer wieder zurückblättern oder -scrollen kann, um auf diese Weise noch einmal nachzufragen. So entsteht auch Zeit dafür zu entdecken, welche Bezüge der Beiträge untereinander – vielleicht auch manche spannungsvolle – sich zeigen, die den Autoren selbst am Schreibtisch, im Caféhaus, am Strand, in der Berghütte oder in Zug und Flugzeug gar nicht bewusst wurden und die sich über Leser wie aus sich selbst neu zeigen und organisieren dürfen. Bis sie von dort her zu neuen Texten werden. Gedachten, geschriebenen, gesprochenen, gesungenen, geklopften und getanzten oder sonst wie körperlich gezeigten. Zum Beispiel bei weiteren Tagungen und anderen Gelegenheiten zur immer wieder neuen Ermöglichung bislang eher unwahrscheinlicher Kommunikation.

Dem Carl-Auer Verlag sei von Herzen gedankt für die besondere atmosphärische Erfahrung gedeihlichen professionellen Zusammenarbeitens in einem komplexen Projekt, auch und gerade da, wo es zwangsläufig mal unterschiedliche Auffassungen zu bemerken gibt. Dieser Dank gilt allen im Verlag Arbeitenden. Es soll erlaubt sein, die Säulen des Lektorats namentlich zu erwähnen: Weronika M. Jakubowska und Ralf Holtzmann.

Heidelberg, im Januar 2016

Für die Herausgeber

Matthias Ohler

1 In ihren persönlichen Einladungsbriefen zum Kongress haben Michael Bohne, Matthias Ohler, Gunther Schmidt und Bernhard Trenkle diese Verwerfungen in der Szene ausführlicher beschrieben und ihre jeweiligen Motive zur »Ausrufung« des Kongresses ausführlich dargestellt und transparent gemacht (siehe www.reden-reicht-nicht.de.

2 Idee und Initiative zur Carl-Auer Akademie (www.carl-auer-akademie.de) kamen von Fritz B. Simon, dem dafür an dieser Stelle gedankt sei.

Prozess- und Embodimentorientierte Psychologie (PEP) – weit mehr als eine Klopftechnik

Michael Bohne

Milton Erickson und die sich auf ihn berufende Hypnotherapie gehören sicherlich zu den kreativsten Entwicklungsmotoren im Bereich Psychotherapie und Coaching. Bandler und Grinder haben die Arbeit Ericksons, Perls und Satirs systematisiert und daraus NLP entwickelt. Aus dem NLP-Umfeld sind viele andere kreative und innovative Techniken hervorgegangen, wie z. B. EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) – Francine Shapiro war NLP-Trainerin, Fred Gallo, der EDxTM (Energy Diagnostic and Treatment Methods) entwickelte, kam u. a. vom NLP – sowie viele Traumatechniken, wie die Screentechnik. Die Techniken EMDR, Brainspotting und EMI (Eye Movement Integration) beeinflussen die emotionale Verarbeitung zunächst über den visuellen Kanal, aber auch akustische sowie taktile Reize werden genutzt. Die Klopftechniken, die in der Vergangenheit auch immer wieder mit dem Begriff »Energetische Psychologie« gleichgesetzt wurden, nutzen primär taktile Stimuli, um emotionale Prozesse zu perturbieren, also zu verstören.

Als ich in einem sehr differenzierten Buch aus dem DGVT Verlag3 über verschiedenste Klopftechniken von dem Begriff »bifokalmultisensorische Interventionstechniken (BMSI)« gelesen und etwa zeitgleich einen sehr inspirierenden Austausch mit dem Hirn- und Haptikforscher Martin Grunwald (vgl. auch in diesem Band) in seinem Labor in Leipzig hatte, hat sich in mir mehr und mehr die Idee verfestigt, einen Kongress zu diesen neuen, ungewöhnlichen, die Wahrnehmung verstörenden Techniken anzuregen. Gunther Schmidt, Bernhard Trenkle, die Carl-Auer Akademie und ich organisierten also eine Tagung mit dem Titel »Reden reicht nicht!«. Als diese Tagung weit über ein Jahr im Voraus innerhalb von nur drei Wochen mit 1300 Anmeldungen ausgebucht war und in der vierten Woche noch weitere 1000 Anmeldungen eingingen, mussten wir die Warteliste schließen, und wir hatten unmissverständlich begriffen, dass wir bei einem für die psychotherapeutische Community extrem spannenden Thema gelandet waren.

Unter den Begriff »bifokal-multisensorische Interventionstechniken (BMSI)« kann man im Grunde alle jene Techniken und Methoden subsumieren, die, wie PEP (Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie) und die Klopftechniken, während einer Reizexposition eine geteilte Aufmerksamkeit herstellen und dabei gleichzeitig (multi) sensorische Stimulationen durchführen. Der Begriff »BMSI« stammt von Maarten Alberse und Servatia Geßner-van Kersbergen und hat den von dem südamerikanischen Arzt und Psychoneuroimmunologen Joaquin Andrade stammenden Begriff »BMSA (Brief Multi-Sensory Activation)« weiterentwickelt. Der Begriff »BMSI« erscheint als einender Hauptnenner für viele innovative Techniken, wie Brainspotting, EMDR, EMI, Hypnotherapie, Systemaufstellungen, Klopftechniken und PEP. Im Grunde kann man sehr viele innovative und schnell wirksame Ansätze, wie sie etwa seit Mitte der 1990er-Jahre entwickelt worden sind und die den Körper einbeziehen, unter den Hauptnenner BMSI subsumieren – das ist eine sehr spannende Beobachtung.

Der Oberbegriff »bifokal-multisensorische Interventionsstrategien (BMSI)« ist also geeigneter Hauptnenner aller Ansätze, die mit geteilter Aufmerksamkeit und sensorischen Stimulationen arbeiten. Bei aller Unterschiedlichkeit arbeiten diese Techniken zum Teil sehr ähnlich, egal ob sie Augenbewegungen – also visuell-haptische – akustische, olfaktorische, gustatorische oder taktile Stimuli nutzen. Dieser gemeinsame Hauptnenner der BMSI scheint auch geeignet, möglicherweise vorhandene Hürden und Ressentiments zwischen den erwähnten Ansätzen zu überwinden und hinsichtlich der Wirkhypothesen und praktischen Anwendungen sich gegenseitig zu inspirieren und voneinander zu lernen.

In diesem Kapitel soll ein kurzer historischer Abriss zu den Klopftechniken gegeben und primär die Weiterentwicklung zu PEP fokussiert werden, die eine Wurzel in den aus der »Applied Kinesiology« kommenden Klopftechniken haben. PEP ist ein Ansatz, der primär den haptisch-taktilen Kanal zur Veränderung emotionaler Erregungen nutzt. Darüber hinaus wurden in der PEP psychodynamische, systemische, transgenerationale, hypnotherapeutische und bindungsorientierte Aspekte sowie die Integration von Leichtigkeit und Humor vereint und zu einer radikal komplexitätsreduzierten Arbeitsweise zusammengefasst. Reden reicht zwar nicht, aber nur Klopfen, Winken oder andere neuronale Stimuli reichen schon gar nicht.

Nicht zuletzt aus zwei Gründen erscheint das Klopfen in der Praxis anderen BMSI-Ansätzen gegenüber überlegen. Zum einen stellen die Klopftechniken gute Selbsthilfetools (Klopfen zur Stressreduktion und Selbstakzeptanzaffirmationen) für Klienten zur Verfügung und erhöhen somit die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. In ihnen steckt auch ein gewisses Potenzial einer Demokratisierung von Psychotherapie. Zum anderen scheinen die taktilen Techniken aus neurobiologischer Sicht aufgrund der riesigen kortikalen Repräsentanz des haptischen Systems besonders interessant zu sein (siehe auch den Beitrag von Martin Grunwald in diesem Band). Wegen der entwicklungsbiologisch nahen Verwandtschaft von Haut und Hirn – beide entwickeln sich in der Embryogenese aus demselben Keimblatt – bestehen auch weiterhin funktionale Verbindungen. Die Tatsache, dass emotionale Erregungen sich sehr schnell in der Haut niederschlagen, wie z. B. im Falle von Erröten oder als Gänsehaut, kann als Beispiel dafür dienen, wie stark Haut und Hirn noch immer miteinander »verdrahtet« sind. Aber auch umgekehrt, von der Haut zum Gehirn, scheint es, wie die Klopftechniken eindrucksvoll belegen, besondere Beeinflussungsmöglichkeiten zu geben. Gerade auch hierzu mehr im Kapitel von Martin Grunwald.

Die Klopftechniken, eine Entdeckung der Medizin4

George Goodheart, ein innovativer Arzt, begründete in den 1960er/70er-Jahren die Applied Kinesiology (AK). Goodheart hatte beschrieben, dass das Klopfen von Akupunkturpunkten posttraumatischen Stress und Ängste zu reduzieren in der Lage ist. Er ging davon aus, dass man dazu die Anfangs- und Endpunkte der sogenannten Meridiane aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) beklopfen müsse. Er konstatierte eine energetische Wirkhypothese, die über die Beeinflussung der Meridiane funktionieren solle. Es scheint jedoch, als hätte Goodheart, der als Arzt mehr an der körperlichen Behandlung von Patienten interessiert war, noch nicht das Potenzial der Klopftechniken für die Psychotherapie gesehen.

Der Psychologe Roger Callahan und der Psychiater John Diamond, sozusagen die Großväter der Klopftechniken, hatten in den 1980er-Jahren Fortbildungskurse in AK besucht und das Potenzial der Klopftechniken für die Psychotherapie erkannt. Sie übernahmen allerdings nicht nur das Klopfen gegen Ängste und traumatischen Stress, sondern behielten den sogenannten kinesiologischen Muskeltest und die Energiehypothesen dieser Ansätze bei. Callahan war der Ansicht, dass man für jede Symptomatik eine ganz dezidierte Klopfabfolge nutzen müsse, und entwickelte somit ein recht kompliziertes System, die TFT (Thought Field Therapy). Beide beschrieben bereits, dass nur ca. 80 % der Klienten vom Klopfen profitierten. 20 % litten unter einer sogenannten psychischen Umkehrung, zu deren Überwindung man spezielle Selbstakzeptanzaffirmationen aussprechen und einen taktilen Stimulus setzen müsse.

Zwei Schüler Callahans, der Psychologe Fred Gallo und der Coach und Ingenieur Gary Craig (1990er-Jahre), kann man als die Begründer des Klopfens auch in Deutschland bezeichnen.

Fred Gallo5 untermauerte sein System mit dezidierten Muskeltests und schuf mit EDxTM eine sehr gründliche, jedoch auch sehr komplexe energetische Klopftechnik, die sich aus der Sicht vieler Anwender nur mühsam in die tägliche psychotherapeutische Praxis integrieren ließ und die auch hinsichtlich ihrer Wirkhypothesen aus psychotherapeutischer Sicht ein wenig sperrig anmutete. Craig hingegen vereinfachte das System extrem, indem er schlicht alle Punkte klopfen ließ, den Muskeltest wegließ und das System gewissermaßen entmedizinalisierte. Besonders Craig ist es vermutlich zu verdanken, dass die Klopftechniken eine weltweit so große Verbreitung fanden. Durch ihn kam es quasi zu dieser gewissen Demokratisierung solcher Formen von Psychotherapie, denn die Klopftechniken haben eine zuvor nie gesehene Menge an Selbsthilfebüchern hervorgebracht.

Viele dieser Klopftechniken standen und stehen nicht auf dem Fundament der wissenschaftlichen Medizin bzw. Psychotherapie und bemühen Wirkhypothesen, die sich bei genauer Betrachtung nicht halten lassen (Bohne 2013b, S. 24–32). Viele Interventionstechniken der Energetischen Psychologie ließen sich zunächst auch nicht mit dem Vokabular der medizinischen und psychotherapeutischen Terminologie beschreiben. Gleichzeitig steckte in diesen Ansätzen jedoch ein großes Potenzial, das ganz offensichtlich die Neugier vieler wissenschaftlich sozialisierter Anwender aus der Medizin und Psychotherapie geweckt hatte. Vor allem die teils spektakulären Verläufe mit ungeahnt schneller Angst- und Stressreduktion beeindruckten und beeindrucken die Beobachter. Ich war mit dabei, als der amerikanische Psychologe Fred Gallo auf Einladung von Gunther Schmidt seine Variation der Klopftechnik einem größeren Kreis von psychotherapeutischen Fachleuten erstmalig in Deutschland vorstellte, machte verschiedene Fortbildungen bei Fred Gallo und konnte in den darauffolgenden Jahren sehr viele Erfahrungen in der klinischen Anwendung und der Ausbildung von Kollegen sammeln. Durch diese intensiven Praxiserfahrungen schien es mir nach einigen Jahren nötig, die Klopftechniken von vielfältigem Ballast zu befreien. Es war aus psychotherapeutischer Sicht notwendig, die einzelnen Tools auf ihre Wirksamkeit und Wirkgenese hin zu untersuchen und eine neue Terminologie vorzuschlagen. Nicht nachvollziehbare Wirkhypothesen wurden über Bord geworfen, und notwendige Ergänzungen und Erweiterungen wurden implementiert. Daraus entstand PEP6, die Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie.

PEP – klopfen und mehr

PEP ist eine achtsamkeitsbasierte Methode, die die Selbstwirksamkeit aktiviert. Auf der Grundlage einer hypnosystemisch-psychodynamischen Arbeitsweise geht es ihr außer um eine gute Integrierbarkeit u. a. um eine wirksame Überwindung von para-/dysfunktionalen7 Emotionen, wie Ängsten und (posttraumatischen) Stress.

Häufig mussten die Anwender der verschiedenen Klopftechniken feststellen, dass das Klopfen von Körperpunkten bei gleichzeitiger Fokussierung auf das Problem keine oder eine nur unzureichende Stressreduktion bewirkte. Ähnliche Prozessstagnationen kann man auch bei der Arbeit mit EMDR oder EMI finden. Bei der Suche nach den Gründen, warum einige Klienten und Patienten vom Klopfen nicht profitieren konnten, ließen sich fünf verschiedene psychodynamisch-systemische Blockaden diagnostizieren,8 welche geeignet sind, Lösungsprozesse massiv zu blockieren, und das Potenzial in sich tragen, chronisches Leid zu produzieren bzw. zu konservieren. Benannt wurden sie als die Big-Five-Lösungsblockaden, da sie eine große psychodynamisch-systemdynamische Bedeutung für die Symptomatik und den Verlauf der Behandlung haben. Konkret handelt es sich um entwicklungshinderliche Selbst- und Fremdbeziehungsaspekte, die sich klinisch zeigen als:

Selbstvorwürfe

Vorwürfe anderen gegenüber

Erwartungshaltungen anderen gegenüber

Altersregression

para-/dysfunktionale Loyalitäten.

Auf der Basis dieser Muster entstehen einschränkende Kognitionen, die einer Lösung und Zielerreichung im Weg stehen können. Die Big-Five-Lösungsblockaden bilden somit eine wesentliche diagnostische Säule der PEP.

Darüber hinaus wird in der PEP eine weitere Interventionsarchitektur genutzt mit dem Ziel, vor- und unbewusste Ursachen von Blockaden aufzudecken bzw. »hochzuspülen« und mittels selbstbeziehungsverbessernder Affirmationen zu transformieren: der Kognitions-Kongruenz-Test (KKT). Wichtig ist es bei diesem diagnostischinterventorischen Tool, dass Hypothesen nicht einfach abgefragt werden, sondern in Form von diagnostischen Testsätzen im Sinne eines Stresstests ausgesprochen werden. Der Klient wird also nicht gefragt, ob er denn z. B. der Ansicht sei, dass er in Sicherheit bleibe, wenn er seine Angst überwindet oder ob seine Eltern ihm erlauben, eine glückliche Beziehung zu führen. Er wird vielmehr gebeten, in diesem Fall folgende Testsätze auszusprechen: »Ich bleibe in Sicherheit, wenn ich meine Angst überwinde.« Oder: »Meine Eltern erlauben es mir, eine glückliche Beziehung zu leben.«

Anhand dieser Satzstruktur lassen sich natürlich alle erdenkbaren Hypothesen für alle erdenklichen vor- und unbewussten Blockaden testen. Der Klient achtet darauf, ob sich der ausgesprochene Satz für ihn stimmig, also kongruent anfühlt oder nicht. Das Aussprechen solcher Testsätze aktiviert erfahrungsgemäß weit mehr unbewusstes Material als das Stellen einer Frage. Das Aussprechenlassen aktiviert einen Spürprozess, während eine Frage einen Denkprozess anregt.

Eine solche achtsamkeitsbasierte Anwendung von diagnostischen Testsätzen führt durch die Anregung des Spürprozesses zu einer sehr komplexen Aktivierung vor- und unbewussten Materials und stellt gleichzeitig ein Training intuitiver Kompetenzen dar.

Der beschriebene Kognitions-Kongruenz-Test der PEP produziert ideodynamisches Material, das in Form von somatischen Markern, inneren Bildern, spontanen Einsichten, Erinnerungen und Lösungsvisionen bewusst wird. Das aufgetauchte und bewusst gewordene Material, bei dem es sich z. B. auch um Loyalitäten zu anderen Menschen, zum Ursprungssystem, zu Wertesystemen, aber auch um Loyalitäten zwischen Persönlichkeitsanteilen handeln kann, kann nun anhand einer selbstbeziehungsverbessernden Affirmation bei gleichzeitiger Setzung eines sensorischen Stimulus (eines haptisch-taktilen Reizes durch Reiben eines Hautpunktes) bearbeitet werden.

Der Klient behält die ganze Zeit über die Kontrolle über den Prozess, da die Reaktionen in ihm ablaufen. Er hat die Wahl, ob er über seine inneren Antworten spricht oder nicht. Indem er immer wieder in sich hineinspürt, trainiert er Achtsamkeit und seine intuitiven Kompetenzen. Das passt gut zu methodentransparenten Arbeitsweisen, die die Autonomie des Klienten sowie seine Resilienz und seine salutogenetischen Fähigkeiten fördern.

Die Grundstruktur der selbstbeziehungsverbessernden Affirmationen lautet für unser Beispiel: »Auch wenn ein Teil von mir unsicher ist, ob es nicht doch gefährlich für mich wird, wenn ich meine Angst überwinde, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin.« Oder z. B.: »Auch wenn es Teile in mir gibt, die unsicher sind, ob meine Eltern es mir erlauben, eine glückliche Beziehung zu leben, achte und schätze ich mich so, wie ich bin.«

Embodiment – die Datenflatrate zwischen Haut und Gehirn

Der Hirnforscher Antonio Damasio bezeichnet den Körper als die Bühne der Gefühle. Dies ist eine inspirierende Beschreibung. Gefühle wären ohne unseren Körper nicht fassbar. Die Klopftechniken setzen nun genau dort an, wo die Gefühle ihre phänomenologische Bühne betreten: am Körper. Über den Körper wird auf das emotionale Erleben Einfluss genommen. Die Autorengruppe um den Hirnforscher Gerald Hüther (s. Storch et al. 2006) bringt es auf den Punkt, wenn sie in ihrem gemeinsamen Buch mit dem Titel Embodiment schreibt:

»Jede Fachperson, die Menschen berät, therapiert oder erforscht, ohne den Körper mit einzubeziehen, sollte eine Erklärung für dieses Manko abgeben müssen« (S. 8, Hervorh. im Orig.).

Weiter heißt es:

»Weil er ursprünglich so eng mit dem Gehirn und allem, was dort geschah, verbunden war, bietet der Körper einen besonders leichten Zugang zu allen Ebenen des Erlebens und Verhaltens, zu den im Gehirn abgespeicherten Sinneseindrücken, den Gefühlen, den unbewusst gesteuerten Verhaltensmustern und nicht zuletzt zu den frühen Erinnerungen.«

Der bereits erwähnte Psychologe und Hirnforscher Martin Grunwald, Leiter des Haptik-Forschungslabors am Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung an der Universität Leipzig (siehe auch Grunwald in diesem Band), forscht zum Thema »Tastsinn« und beschäftigt sich von daher auch mit dem Phänomen der Selbstberührung. Er beschreibt eine spannende Beobachtung:

»Probanden sollten Muster ertasten und sich das Ergebnis einprägen. Dabei wurden sie durch eine verstörende Geräuschkulisse aus Schreien und Schüssen irritiert. Am EEG war abzulesen, dass der Stress stieg und das Gehirn vollständig mit der Verarbeitung der aggressiven Töne ausgelastet war. Bis die armen Probanden sich unwillkürlich ins Gesicht fassten oder durchs Haar fuhren – in diesem Moment nahm der Stress signifikant ab und die Konzentration zu. Ein flüchtiger Hautkontakt nur, aber mit frappierenden Folgen« (Bergmann 2003).

Eine amerikanische Forschergruppe, die zum Schlaganfall forscht,9 hat im Tierversuch mit Ratten festgestellt, dass nach Unterbindung der Hauptschlagader zum Gehirn, was eigentlich zu einem künstlich gesetzten Schlaganfall führen muss, eine einmalige Stimulation von Barthaaren dazu ausreicht, den Schlaganfall zu verhindern. Die Forscher vermuten, dass die Stimulation von Fingern oder des Gesichts zu ähnlichen Effekten führt. Dies erklären sie damit, dass nach Hautstimulation die kortikale Durchblutung zunimmt. Das könnte erklären, warum das Beklopfen von Körperpunkten bei gleichzeitiger Aktivierung eines emotional belastenden Themas zu einer Stressreduktion führt. Die Erklärung würde darin liegen, dass höhere kortikale Zentren wieder einen downregulierenden Einfluss auf die emotionsverarbeitenden neuronalen Strukturen (des limbischen Systems) haben.

Aus systemischer Sicht könnte man das Prozedere beim Klopfen auch als Perturbation (Verstörung) von emotionalen Verarbeitungsprozessen beschreiben. Denn die Aktivierung eines emotional belastenden Themas bei gleichzeitiger Aktivierung verschiedener Afferenzen, das heißt zum Gehirn hinlaufender Erregungen, etwa durch Klopfen, Summen, Augenbewegungen, selbstbeziehungsverbessernde Affirmationen und andere neuronale Stimuli, führt aller Wahrscheinlichkeit nach dazu, die aktivierte emotionale Gedächtnisspur zu schwächen und eine neuronale Neuorganisation zu bewirken. Es kann vermutet werden, dass Selbst-, aber auch Fremdvorwürfe (Big Five Nr. 1 und 2) geeignet sind, das Belohnungssystem zu blockieren, da sie strafenden Charakter haben. Die Nutzung selbstbeziehungsstärkender Affirmationen und die Überwindung von Selbst- und Fremdvorwürfen dürften sich günstig auf das Belohnungssystem auswirken und den präfrontalen Kortex günstig beeinflussen, der dann wiederum regulierend auf das limbische System wirken kann. Vernunft und Einsicht können so an Bord zurückkehren.

Traumatherapeutinnen und -therapeuten beschreiben auch, dass sie selbst von der Integration des Klopfens in ihre Arbeit profitieren, da sie sich während des Prozesses ja im Sinne eines Modells selbst beklopfen. Dabei kann man bei sich selbst als Therapeut/-in möglicherweise vorhandene belastende emotionale Arousals, die zu einer sekundären Traumatisierung führen könnten, ebenso auflösen wie Gegenübertragungen, die den Prozess gegebenenfalls ungünstig beeinflussen. Das Selbstbeklopfen stellt überdies ein Pacing auf ganz basaler körperlicher Ebene dar. Bei sehr belastenden Themen scheint das Klopfen also ein Immunschutz vor zu starker Spiegelneuronenaktivierung zu sein. Dies wirkt im Sinne einer Steigerung der Psychohygiene für die professionellen Anwender. Somit stellen PEP und das Klopfen eine Burnout-Prophylaxe und eine Prophylaxe gegen die in der Traumatherapie bekannten sekundären Traumatisierung dar.

Die Selbstakzeptanzaffirmation – ein Portfolio der gesamten Psychotherapie

Die Satzstruktur der Selbstakzeptanzaffirmation (»Auch wenn ich …, achte und schätze ich mich so, wie ich bin«) mutet zunächst vielleicht etwas merkwürdig oder profan an. Wenn man sich aber verdeutlicht, welche logischen, psychodynamischen und psychotherapiegeschichtlichen Strukturen und Wurzeln in ihr enthalten sind, wird die Auseinandersetzung mit dieser Intervention sehr erhellend. Aus systemischer Sicht handelt es sich bei der Selbstakzeptanzübung um eine Sowohl-als-auch-Logik. Psychodynamisch gesehen, stellt sie eine Art Ambivalenzfähigkeitstraining dar, aus der Sicht der analytischen Psychologie nach C. G. Jung ist sie eine Integration des Schattenthemas. Diese Intervention kann auch als Reintegration eines ausgeblendeten Themas oder unliebsamen Persönlichkeitsanteils oder als Maßnahme zur Auflösung von Abspaltungs- und Dissoziationsprozessen beschrieben werden. Aus phänomenologischer Sicht handelt es sich um ein schlichtes Anerkennen, dass es so ist, um eine Würdigung des Soseins. Auf der Ebene der Selbstbeziehung kann diese Affirmation dazu beitragen, den Kampf gegen sich selbst zu beenden und in einen Friedensprozess mit sich selbst einzutreten. Bindungstheoretisch gesehen, könnte man diese Intervention auch als eine Art »Selbstbeelterungsübung« verstehen. Ganz allgemein gesprochen, handelt es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung der Selbstbeziehung. Sie ist ferner ein Modell für Selbstfürsorge, bedingungslose Selbstannahme und Achtsamkeit. Die positive Selbstaussage dürfte über den präfrontalen Kortex auch das Belohnungssystem aktivieren und auch von daher eine beruhigende Wirkung auf das Gefühlshirn ausüben. Wie schon weiter oben formuliert, könnte man sagen, dass Selbstvorwürfe (Big Five Nr. 1) und vermutlich auch Fremdvorwürfe (Big Five Nr. 2) das Belohnungssystem blockieren und somit die Erregung im limbischen System nicht reduziert werden kann, sondern aufrechterhalten bleibt.

Da die Selbstbeziehung viel mit dem Selbstwertgefühl zu tun hat, kommt dem Selbstwertgefühl in der PEP eine wichtige Bedeutung zu.

Das Selbstwertgefühl – Immunsystem des Bewusstseins

In meiner Tätigkeit als Auftrittscoach habe ich die fundamentale Bedeutung des Selbstwertgefühls bei öffentlichen Auftritten erlebt und, dadurch angeregt, festgestellt, dass ein zu geringes Selbstwertgefühl häufig auch bei anderen Problemen und Symptomen den Nährboden für anhaltende störende Symptome und Entwicklungsblockaden bildet. Neben der stress- bzw. emotionsregulierenden Funktion und der Diagnostik und Bearbeitung unbewusster Lösungsblockaden stellt somit ein dezidiertes halb standardisiertes Selbstwerttraining eine zentrale Säule der PEP dar. Während die Selbstbeziehung, wie der Name schon sagt, die Beziehung zu sich selbst betrifft, ist natürlich auch die Beziehung zu den anderen Menschen wesentlich, und sowohl in der Psychotherapie als auch im Coaching stellt die Güte der Beziehungsqualität eine hohe Wirkkomponente dar.

Humor und Leichtigkeit als Beziehungsintervention

Die Art und Weise, wie professionelle Helfer sich in der Beziehung zu einem Klienten oder Patienten verhalten, beinhaltet viele Informationen, die, auch wenn sie nicht explizit formuliert werden, dennoch mit einer recht großen Wahrscheinlichkeit vom Gegenüber entschlüsselt werden. Wenn ich als Psychotherapeut oder Arzt mein Gegenüber als rohes Ei erlebe oder ihm nichts zutraue, dann wird mein Gegenüber mit großer Wahrscheinlichkeit die Zuschreibung »rohes Ei« spüren, bzw. er wird sich so fühlen wie jemand, dem nichts zuzutrauen ist. Die innere Haltung von uns Therapeuten, so hat es der Hypnotherapeut Jeffrey Zeig einmal bezeichnet, ist eine hochwirksame Tranceinduktion und somit die Verdichtung der Aufmerksamkeit auf einen (gegebenenfalls auch schwächenden oder schädigenden) Aspekt. Somit sollte man seine innere Haltung und den Glauben an die Veränderung aufseiten des Klienten, wenn möglich, lösungs- und ressourcenorientiert ausrichten. Eine Haltung von Leichtigkeit (bei gleichzeitiger Würdigung des Leids) ist also eine Intervention, die beim Gegenüber Zuversicht zu aktivieren in der Lage ist. In der Traumatherapie oder der Depressionsbehandlung besteht immer die Gefahr, dass man, wenn man zu empathisch mit dem Klienten ist, sozusagen ins System kippt und seine Wirksamkeitszuversicht verliert. Ein erfahrener Hypnotherapeut hat einmal gesagt, dass depressive Patienten immer die besseren Hypnotherapeuten seien, da sie im Zustand der Depression eine hohe suggestive Kraft haben. Sie schaffen es mit Leichtigkeit, zu empathische Therapeuten im Handumdrehen zu hypnotisieren. Es spricht also vieles dafür, seine Empathie fein zu justieren, nicht zu empathisch zu sein, sondern mit einer professionellen Haltung der wohldosierten Empathie zu arbeiten.

Die Integration von Leichtigkeit und Humor, vor allem in Form einer inneren Haltung, kann beim Klienten, wie schon erwähnt, massiv Ressourcen aktivieren. Somit werden Humor und Leichtigkeit in der PEP auch konsequent genutzt. Durch die ohnehin schon ungewöhnliche Arbeitsweise mit Klopfen, Summen und dergleichen lassen sich humorvolle Interventionen besonders leicht integrieren. Es geht nicht um Provokation, wie etwa in anderen Ansätzen. Es geht nie darum, den Klienten zu provozieren, wenngleich die Integration von liebevollem und wertschätzendem Humor natürlich meist eine gewisse Provokation (und somit Musterunterbrechung) darstellt. Die Haltung der Leichtigkeit erscheint vor allem aus psychohygienischen Gründen für Therapie- und Beratungsprofis von fundamentaler Bedeutung zu sein. Ein weiterer Beziehungsaspekt, den Porges (2010) als »Social Engagement System« beschreibt, spricht für eine eher wohldosierte Empathie. Hohe stimmliche Varianz signalisiert dem Klienten auf vagaler Ebene, dass er in Sicherheit ist (ebd.), dies würde ich als stimmliches oder vokales Bonding beschreiben. D. h., wenn der Therapeut zu gestresst ist von dem, was der Klient erzählt, dann wird diese Form des vokalen Bondings nicht stattfinden können. Viele Patienten haben berichtet, dass sie sich durch die ruhige und Zuversicht ausstrahlende Stimme des Therapeuten gehalten und gut begleitet gefühlt haben. Darüber hinaus kann man auch eine Art visuelles Bonding nutzen, indem man den Patienten einlädt, dass er, während er an das belastende Material kommt, immer wieder den Blickkontakt zum Therapeuten suchen und auch nach Bedarf halten kann. Ist es ihm zu eng oder nah, kann er wegschauen, will er sich seines Gegenübers wieder vergewissern, kann er wieder den Blickkontakt suchen. Diese Form des visuellen Haltens erleben viele Patienten als hilfreich und beruhigend. Klopfen signalisiert vermutlich darüber hinaus auch Sicherheit, da es als eine Metapher für Spielen erlebt wird (siehe ebd., S. 31).

Unser innere Haltung (im Falle von PEP eben eine Haltung von Leichtigkeit und Offenheit für Humor) beeinflusst somit direkt die Atmosphäre des therapeutischen Kontaktes, aber darüber hinaus auch die Wahl unserer Worte und die von uns genutzten Sprachbilder. Dies wiederum dürfte eine atmosphärische Auswirkung auf die Situation haben (siehe den Beitrag von M. Ohler in diesem Band). Solche atmosphärischen Interventionen dürften nicht ohne Wirkung auf das Nervensystem unseres Gegenübers sein. Aber auch der z. B. depressive oder traumatisierte Patient oder Klient, dessen Weltsicht massiv durch den depressiven Affekt bzw. die erlebten existenziellen Bedrohungen determiniert werden, stellt eine Quelle von atmosphärischer Beeinflussung des therapeutischen Kontaktes dar. Deshalb – u. a. damit man sich nicht an einer depressiven Tranceinduktion oder einer sekundären Traumatisierung emotional infiziert – wird es aus der Sicht der PEP als wichtig erachtet, lediglich eine wohldosierte Empathie zu praktizieren. Somit hat unsere innere Haltung aus konstruktivistischer Sicht natürlich eine direkte realitätskonstruierende Auswirkung.

Der Therapeut klopft mit – Immunschutz und Prophylaxe gegen Burnout und sekundäre Traumatisierung

Die Arbeit als Psychotherapeut und vor allem als Traumatherapeut stellt ja auch ein gesundheitliches Risiko dar. Da es zur psychotherapeutischen Arbeit unabdingbar gehört, als ganze Person und vor allem mit seinen echten eigenen Gefühlen in Beziehung zu treten und empathisch zu sein, besteht auch ein gewisses Risiko, sich sozusagen an den Emotionen, den Kognitionen und an den belastenden Erlebnissen von Klienten anzustecken. Dies kann zu Burnout-Phänomenen oder, im schlimmsten Fall, zu einer sogenannten sekundären Traumatisierung führen. Im Rahmen einer explorativen Studie konnte Judith Daniels (2008) aufzeigen, dass sich tatsächlich ohne direkten Kontakt zum Ausgangstrauma eine solche übertragene Traumatisierung herausbilden kann. Sie äußert sich in Form von PTBS-ähnlichen Symptomen, kann aber in schweren Fällen auch über sie hinausgehen. Vielen Psychotherapeuten ist es vermutlich gar nicht klar, dass es die Gefahr der sekundären Traumatisierung gibt. Vermutlich fehlten den Betroffenen in der Studie eine heilsame Distanz und auch selbstwirksamkeitsaktivierende Traumatechniken, wie die Klopftechniken.

Konsequentes Reframing als Mittel zur Realitätsumkonstruktion

In systemischen Ansätze wird darauf hingewiesen, dass es keine Realität außerhalb von Beobachtern geben kann. Einer der Beobachter in einem psychotherapeutischen Prozess sind jeweils wir Psychotherapeuten. Wir definieren durch unsere Sicht auf die Dinge eine Realität, die, da wir dies in der Rolle des Experten tun, eine nicht zu unterschätzende suggestive Kraft hat. Somit erscheint es, wie bereits weiter oben angedeutet, unabdingbar, sich nicht von der zum Zeitpunkt der Krise eben häufig einseitigen und leidproduzierenden Sicht unserer Klienten hypnotisieren zu lassen. Dies bedeutet, dass die konsequente Nutzung von Reframings aus hypnotherapeutischer und systemischer Sicht unabdingbar ist. PEP arbeitet auch intensiv mit Reframings.

Wissenssoziologische Überlegungen

Die Wirkhypothesen der PEP haben die energetischen Wirkhypothesen und esoterischen Anmutungen mancher Klopftechniken überwunden bzw. gar nicht erst angenommen. Sämtliche Wirkhypothesen der PEP beziehen sich auf die neurobiologische Forschung und die Psychotherapiewirksamkeitsforschung. Manchen Anwendern gefällt eine solchermaßen entmystifizierte bzw. von den energetischen Wirkannahmen befreite Methode nicht. Ihnen fehlen gerade die exotisch anmutenden energetischen Erklärungsmodelle.

Welches die möglichen wissenschaftlich validierten Wirkkriterien sind und bei welchen Symptomen bzw. Erkrankungen welche der bifokal-multisensorischen Techniken wirksam sind, das werden zukünftige Studien zeigen müssen. Die bisherigen Studien zur Energetischen Psychologie und den Klopftechniken überzeugen den kritischen Beobachter nicht wirklich. Auch deshalb haben wir an der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH) eine fMRT-Studie zur neurobiologischen Wirkung des Klopfens durchgeführt (Näheres hierzu siehe in dem Beitrag von M. Wittfoth).

Ein wesentlicher Aspekt, der mir am Herzen liegt, ist neben der Entmystifizierung der Klopftechniken die Kombination von psychodynamisch-systemischem Wissen mit den bifokal-multisensorischen Aspekten der Klopftechniken. Dies gelingt nicht, ohne dass man auch auf die wesentliche Bedeutung der therapeutischen Beziehung und der inneren Haltung des Therapeuten eingeht. Die innere Haltung, so hat es, wie bereits erwähnt, der Hypnotherapeut Jeffrey Zeig einmal bezeichnet, ist eine hochwirksame Tranceinduktion. Somit ist PEP von einer inneren Haltung gekennzeichnet, die auf dem Fundament von Wertschätzung, Humor und Leichtigkeit steht. Ohne eine solche humanistische Grundhaltung laufen die bifokal-multisensorischen Techniken Gefahr, eine inhumane und leistungsorientierte therapeutische Atmosphäre zu erzeugen.

Wie könnte man Paracelsus im 21. Jahrhundert, also in einer Zeit, in der Effizienz, Technikorientierung, Machbarkeitswahn und Evidenzbasierungsfetischismus uns alle nicht gänzlich unbeeinflusst lassen, ergänzen? Die wichtigste Arznei für den Menschen ist (und bleibt; M. B.) der Mensch.

3 M. Aalberse und S. Geßner-van Kersbergen (2012): Die Lösung liegt in deiner Hand. Von der Energetischen Psychologie zur bifokalen Achtsamkeit. Tübingen (DGVT).

4 Zur Historie der Klopftechniken siehe auch Bohne (2008, 2010).

5 Siehe Gallo (2000, 2002, 2009).

6 PEP ist eine eingetragene Marke in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

7 Mit dem Terminus »parafunktional« in Ergänzung zu »dysfunktional« soll gewürdigt werden, dass die aktuell störenden bzw. einschränkenden Beziehungsmuster, Emotionen und Kognitionen zu einer anderen Zeit einmal Sinn gehabt haben können. Es geht um eine Würdigung der verschiedenen Persönlichkeitsanteile.

8 Siehe hierzu auch Bohne (2013b, S. 51; 2008, S. 64).

9 Studie verfügbar unter: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0011270 [29.3.2016]

Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung wechseln kann – Explizite und implizite Musterunterbrechungstechniken

Bernhard Trenkle

Auf der ersten Tagung »Bifokal-multisenorische Techniken in der Psychotherapie – Reden reicht nicht« ging es uns Initiatoren maßgeblich um die Frage: Warum und wodurch wirken Techniken wie EMDR, EMI und die Klopftechniken? Obwohl anfangs skeptisch belächelt, wirken diese Techniken offensichtlich oft magisch schnell. Was davon ist nun ein wirklicher Wirkfaktor? Was ist bloße Suggestion oder Placeboeffekt?

Auf dieser ersten Tagung habe ich als Diskussionsbeitrag die These aufgestellt, dass eine Technik, die in ericksonscher Hypno- und Psychotherapie »Musterunterbrechung« genannt wird, eine wichtige Rolle für die Wirkung spielt.