Refit leicht gemacht - Jens Feddern - E-Book

Refit leicht gemacht E-Book

Jens Feddern

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Beschreibung

Die Runderneuerung eines alten Segelboots: So gelingt die Bootsrestaurierung! Etwas handwerkliches Geschick und beherzte Freude am Abenteuer Bootsbau – damit steht dem Restaurieren eines betagteren Bootes nichts im Wege. Am praktischen Beispiel zeigt der erfahrene Wassersportler und Bordelektriker Jens Feddern, wie Sie eine alte Yacht wieder fit machen und auf den neuesten Stand der Technik bringen können. - Wassersport für alle: Geld sparen durch das Restaurieren und Refit eines alten Segelbootes - Wenig Theorie, viel Praxis: Detaillierte Beschreibungen mit etlichen Bildern und Zeichnungen - Restauration und Umbau eines älteren GFK-Bootes (Glasfaserverstärkter Kunststoff) - Do It Yourself: Geballtes Praxiswissen für Bootsbau, Bootsreparaturen und Bootspflege - Das ideale Geschenk für Bootsbesitzer und solche, die es werden wollen Keine Scheu vorm Selbermachen: Wie die Modernisierung eines alten GFK-Bootes gelingt In diesem Erfahrungsbericht lesen Sie, wie Jens Feddern Schritt für Schritt seinen 22-Fuss-GFK-Langkieler wieder auf Vordermann gebracht hat: von der Sanierung des Rumpfes, dem Innenausbau und der Installation eines Solarlüfters bis hin zur Erneuerung von Elektrik, Antrieb und Wasserversorgung sowie der Energieerzeugung mit einer Brennstoffzelle. Alles, was ein Boot braucht und zu einem komfortablen Wassersportvergnügen macht, wird bedacht. Das perfekte Geschenk für angehende Besitzer von Segelbooten, aber auch Motorbooten: So wird der Traum jedes Wassersportlers vom eigenen Boot wahr!

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PRAXISWISSEN

JENS FEDDERN

REFIT LEICHT GEMACHT

BOOTE ERFOLGREICH SELBST RENOVIEREN

Delius Klasing Verlag

Von Jens Feddern bereits im Delius Klasing Verlag erschienen:

Theorie und Praxis der Bordelektrik, ISBN: 978-3-667-12384-8

E-Mobilität auf dem Wasser, ISBN: 978-3-667-12366-4

Alle in diesem Buch enthaltenen Angaben und Daten wurden von dem Autor nach bestem Wissen erstellt und von ihm sowie vom Verlag mit der gebotenen Sorgfalt überprüft. Gleichwohl können wir keinerlei Gewähr oder Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen übernehmen.

1. Auflage

© Delius Klasing Verlag GmbH, Bielefeld

Folgende Ausgaben dieses Werkes sind verfügbar:

ISBN 978-3-667-12758-7 (Print)

ISBN 978-3-667-12779-2 (Epub)

Lektorat: Julia Knott

Coverfotos: oben: Getty Images/miracsaglam; unten: Timo Feddern (links), Jens Feddern (Mitte, rechts) Titelrückseite: Timo Feddern (links), Jens Feddern (Mitte, rechts)

Bildquellen Innenseiten: Jens Feddern außer: Timo Feddern: Seiten 6, 12 (rechts), 53, 59 (rechts), 94, 97, 99, 103; Maja Feddern: Seiten 57, 58 (links); Delius Klasing Verlag: Seite 10; PrimeSails: Seiten 55, 56; Edelstahl 2000: Seite 65 (links); SVB: Seiten 65 (rechts) und 117; Torqeedo: Seite 80 (links); ePropulsion: Seite 80 (rechts); EFOY: Seiten 135 - 138, 140 (links); Vetus: Seite: 140 (rechts); Adobe Stock: Seiten 147 (oben), 158

Illustrationen: Jens Feddern

Layout, Umschlaggestaltung und Litho: Felix Kempf, www.fx68.de

Datenkonvertierung E-Book: Bookwire - Gesellschaft zum Vertrieb digitaler Medien mbH

Alle Rechte vorbehalten! Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages darf das Werk weder komplett noch teilweise vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden.

www.delius-klasing.de

Inhalt

Prolog

1 Willkommen an Bord

1.1Hurley 700 – eine Übersicht

1.2 Eine provisorische Bootswerft

2 Der Rumpf

2.1 Das Unterwasserschiff

2.1.1 Osmose – eine schwer zu erkennende Krankheit

2.1.2 Spannungsrisse an kritischen Stellen

2.1.3 Grundierung

2.1.4 Bewuchsschutz im Unterwasserbereich

2.2 Das Überwasserschiff

2.3 Scheuerleisten

2.4 Beschriftung

3 An Deck

3.1 Nicht ganz dicht?

3.2 Schutz des Eingangsbereichs

3.3 Last abfangen

3.4 Holz an Deck

3.5 Handlauf

3.6 Reling

3.7 Deckwaschanlage und Außenduschen

4 Unter Deck

4.1 Mehr Durchblick

4.2 Frische Luft unter Deck

4.3 Innenausbau

4.3.1 Wand- und Deckenverkleidung

4.3.2 Bodenbrett

4.3.3 Rum für die Mannschaft

4.4 Kombüse

4.4.1 Der Kaffee ist fertig

4.4.2 Kochen und Grillen mit Gas

4.5 Trinkwasserversorgung

4.6 Polster und Gardinen

4.7 Kojenheizung

5 Unter Segeln

5.1 Segel aus dem Internet

5.2 Schutz der Tücher

5.2.1 Baumpersenning selbst genäht

5.3 Mast

5.3.1 Klappvorrichtung Mast

5.3.2 Abenteuer Mastbruch

5.4 Stehendes Gut: Wanten und Stagen

5.5 Laufendes Gut: Fallen und Schoten

5.6 Leinenlast

5.7 Pflege der Leinen

5.8 Winden

5.9 Vom Mast ins Cockpit

5.10 Ordnung im Cockpit

5.11 Cockpitbeleuchtung

6 Unter Motor

6.1 Motorraum

6.2 Luft für den Benzinaußenborder

6.3 Elektroantrieb

6.3.1 Dimensionierung des Antriebs

6.3.2 Strom für den Antrieb

6.3.3 Bunkerstation elektrisch

6.3.4 Bedienen und überwachen

6.3.5 Einbindung in das Bordnetzwerk

6.3.6 Installation an Bord

6.3.7 Die Betriebsphase

6.3.8 Investitionsrechnung: Lohnt sich der Aufwand?

7 Bugstrahlruder

7.1 Position des Bugstrahlruders

7.2 Montage des Tunnels

7.3 Montage der Antriebseinheit

7.4 Betrieb und praktische Erfahrungen

8 Voll unter Strom

8.1 Die Anforderungen an die Elektrik

8.2 Das Konzept in groben Zügen

8.3 Auswahl der passenden Energiespeicher

8.4 Pflege und Wartung der Batterien

8.5 Ladestrategie

8.6 Dimensionierung der Kabel und Leitungen

8.7 Die Hauptschalttafel

8.8 12-V-Hauptverteilung

8.9 Energiemessung und Batteriemanagement

8.10 12-V-Schaltpanel

8.11 Navigationslichter

8.12 LED-Suchscheinwerfer

8.13 Installation von Kabel und Leitungen

8.14 Beleuchtung unter Deck

8.15 230-V-Verteilung

9 Energieerzeugung an Bord

9.1 Geräuschlose Stromerzeugung mit der Brennstoffzelle

9.1.1 Die Direkt-Methanol-Brennstoffzelle

9.1.2 Montage der Brennstoffzelle

9.1.3 Betrieb der Brennstoffzelle

9.1.4 Lohnt sich der Einsatz?

9.2 Benzin-Stromerzeuger für alle Fälle

9.3 Photovoltaik – Strom aus der Sonne

9.4 Batterie-zu-Batterie-Lader (B2B)

10 Navigation & Co.

10.1 Navigationselektronik

10.1.1 Instrumentenserie

10.1.2 Sensoren im Mast

10.2 Netzwerke

10.2.1 Internet an Bord

10.2.2NMEA-Navigationsnetzwerk

10.2.3 Fernüberwachung mit LoRaWAN – das Internet der Dinge an Bord

10.3 Netzwerkschaltschrank

10.4 Kamera als Ausguck im Mast

10.5 Multifunktionsdisplay – Durchblick und Überblick bewahren

10.6 Pinnenpilot – der elektronische Rudergänger

10.7 Radar – wenn’s dicke kommt

10.7.1 Montage der Antenne

10.7.2 Anschluss an das Bediengerät

10.7.3 Bedienung und Betrieb

10.7.4 Zielverfolgung auf Knopfdruck

10.7.5 Radarüberlagerung

10.7.6 Fazit

Epilog

Stichwortverzeichnis

Prolog

Der Autor an Bord seiner

Hurley

.

Wassersport ist ein faszinierendes Hobby. Es gibt unendliche Möglichkeiten, diverse Boote in sämtlichen Revieren zu chartern, mit dem Vorteil, dass man nur segeln oder reisen darf und mit dem sonstigen Betrieb und Unterhalt nichts zu tun hat. Wer sich trotzdem ein eigenes Boot zulegt, verfolgt in der Regel keinen ausgeklügelten Businessplan, in dem die getätigten Investitionen eine möglichst große Rendite abwerfen. Hier ist der Weg das Ziel und insbesondere die erforderlichen Wartungsarbeiten sowie diverse Aus- und Umbauten werden nicht als Belastung, sondern als Bereicherung gesehen. Selbst wenn man es könnte, ein Neubau oder neuwertiges Boot kommt gar nicht in Frage, da man dort zu wenig selbst machen kann. Der Gebrauchtbootmarkt ist voll von geeigneten Objekten, die entdeckt und ins 21. Jahrhundert transformiert werden möchten.

So ist es auch mir ergangen, als mir durch Zufall eine knapp 40 Jahre alte Hurley 700 angeboten wurde, ein solider GFK-Langkieler, der für die britischen Küstengewässer gebaut wurde. Bei der ersten Besichtigung stand die Hurley noch im Winterlager, mit einer großen Plane abgedeckt. Der Vorbesitzer konnte sich aus gesundheitlichen Gründen kaum noch um sein Schiff kümmern, dementsprechend war der Zustand.

Der Rumpf machte einen soliden Eindruck. Er war ewig nicht poliert worden, doch es waren am Unterwasserschiff keine nennenswerten Stellen mit Verdacht auf Osmosebefall offensichtlich.

Die umlaufende Scheuerleiste aus Holz sah wie ein Sanierungsfall aus und das Oberdeck lechzte nach ein paar pflegenden Händen. Das stehende Gut, bestehend aus Wanten und Stagen, sowie das laufende Gut, bestehend aus Schoten und Fallen, stammten anscheinend aus der Erstausrüstung. Unter Deck brauchte man einiges an Vorstellungskraft, um sich an der soliden Basis zu erfreuen und die optischen Störungen auszublenden. Warum sollte ich mir Sorgen um die Wand- und Deckenverkleidung aus braunem Teppich machen, wobei nicht sicher war, ob Braun die Originalfarbe oder die Farbe der Schimmelpilze war? Wen stören schon hellbraune Kunstlederpolster, wenn sie sowieso schon gerissen sind? Und die rosa Gardinen werden sich bestimmt super in der Putzlappenkiste machen. An der Elektrik gab es praktisch nichts zu meckern, da sie nicht vorhanden war. Für viele mag das der ultimative Kick zur Selbstfindung fern ab von irgendwelchen elektrischen Feldern sein, für einen passionierten Bordelektriker jedoch ein wildes Land, das es elektrisch zu missionieren galt. Das Highlight war der Außenborder (ein 6 PS Mercury-Viertakter), denn der war erst knapp zwei Jahre alt. Die Basis war solide und geräumig, sodass sich mit etwas Geschick ein maritimes Schmuckstück daraus machen lässt.

Die größte Motivation in diesem Projekt bestand im Selbermachen. Kaufen kann jeder! Selbst Hand anzulegen, mit unterschiedlichsten Materialien Erfahrungen zu sammeln und diverse YouTube-Tutorials in die Praxis umzusetzen, haben mir besonders viel Spaß und Zufriedenheit bereitet, auch wenn man die ein oder andere Tätigkeiten mehrfach ausprobieren durfte. Dieses nennt man, glaube ich, Lernkurve.

Ich möchte Sie mit diesem Buch mitnehmen auf eine Reise durch die unterschiedlichsten Gewerke an Bord und vielleicht finden Sie die ein oder andere Anregung, um selbst Hand anzulegen. Auch wenn es sich bei meiner Hurley 700 um ein Segelschiff handelt, so sind viele Themen gleichwertig auf Motorboote übertragbar. Die bescheidene Länge von nur sieben Metern bedeutet nicht, dass man an Bord nicht fast alle Annehmlichkeiten einer Fahrtenyacht unterbringen kann. Nur der Wasserpass muss dann nach und nach ein wenig nach oben versetzt werden. Ziel dieser Reise ist es, viel Praxiserfahrung mit wenig Theorie zu teilen. Ich zeige einen möglichen Weg auf, und es gibt mit Sicherheit noch viele andere und vielleicht sogar bessere.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und noch mehr Befriedigung und Erfolg bei der praktischen Umsetzung an Bord.

Jens Feddern

1 Willkommen an Bord

1.1Hurley 700 – eine Übersicht

Wer kennt sie nicht, die Hurley 700? Die älteren YACHT Leserinnen und Leser werden sich möglicherweise erinnern, dass in der Ausgabe 18/1968 über einen ausführlichen Test dieses Bootstyps berichtet wurde.

Die Hurley 700 ist eine Variante der Hurley 22. Sie ist ein Langkieler, 6,7 x 2,2 Meter groß und bringt circa 1,9 Tonnen auf die Waage. Hiervon nimmt der Ballastkiel mehr als eine Tonne ein.

Die Hurley 22 wurde ursprünglich auf der britischen Werft Hurley Marine gebaut und war ihrerzeit mit mehr als 1.200 Exemplaren das erfolgreichste Modell dieser Werft. Ihr Konstrukteur war Ian L. Anderson, der von 1998 bis zu seinem Tod im Jahr 2013 Präsident der Hurley Owners Association in England war. Er konstruierte das GFK-Boot mit einem Breiten-Längen-Verhältnis von 1:3 für die rauen Küstengewässer in und um Großbritannien.

Diese leichtere Hurley 700, die in den achtziger Jahren in Holland von Jachtbouw Twente unter Lizenz gebaut wurde, hat eine Yardstickzahl von 116 im Gegensatz zur Hurley 22, die nur auf 127 kommt. Aus diesem Wurf kommt auch meine Hurley mit der Baunummer 1145.

Hurley 22

als Vorgänger der

Hurley 700

in der YACHT 18/1968. [Delius Klasing]

Im YACHT-Test von 1968 hatte der Bootstyp einen recht guten Eindruck hinterlassen. Im Fazit des Testberichtes heißt es:

»Die Hurley 22 ist ein gutes Boot für Segler, die einen kleinen, wartungsarmen Küstenkreuzer suchen, der in der Lage ist, eine steife Brise zu vertragen. Sie segelt gut, könnte aber durch Änderungen am Rigg und einen moderneren Rumpf verbessert werden. Das Design ist sehr solide und sollte eine lange Lebensdauer garantieren. Der Raum unter Deck ist begrenzt, bietet aber genügend Stauraum und eine geräumige Kombüse. Alles in allem sie ist ein seetüchtiges Schiff, in dem eine vierköpfige Familie eine längere Urlaubsreise machen könnte. Der Preis ist angemessen im Hinblick auf das solide Design.«

Es gibt nachweislich mehr als acht erfolgreiche Atlantiküberquerungen der Hurley 22 / Hurley 700 sowie eine im Pazifik, und das mit einem knapp sieben Meter langen Boot. Über eine Reise ist im Delius Klasing Verlag sogar ein Reisebericht mit dem Titel: Per Anhalter über den Atlantik erschienen.

Dies sollte nicht unbedingt ein Vorbild für mich sein, aber ihre Seetüchtigkeit kann die Hurley 700 kaum verbergen. Eine hohe, umlaufende Reling ermöglicht einen sicheren Gang aufs Vorschiff. Das relativ geräumige Cockpit ist selbstlenzend und der Eingang zur Kajüte durch ein hohes Süll geschützt. Als Flautenschieber dient ein Außenborder, der in einem Schacht am Achterdeck geschützt installiert ist. Diverse Backskisten bieten reichlich Stauraum für Fender, Leinen und andere Utensilien. Der über acht Meter lange Aluminium-Mast ist auf der Kajüte aufgesetzt, sodass er unter Deck nicht stören kann. Er ist klappbar und sehr solide durch diverse Wanten und Stagen aus Edelstahl abgestützt. Der hohe Ballastanteil des Langkielers führt dazu, dass er auch bei reichlich Wind eine Krängung von mehr als 35° kaum überschreiten kann. In der YACHT wurde damals angemerkt, dass die Hurley 22 eines der steifsten Boote ist, das sie bis dahin getestet hatten.

Mit einem Gewicht von 2,4 Tonnen kann meine

Hurley

noch getrailert werden.

Die Segelführung ist sehr bequem, da sich der Traveller vom Großsegel hinter der Ruderpinne befindet und somit im Cockpit nicht im Weg ist. Das Vorsegel kann über Winschen an Backbord und Steuerbord aus dem Cockpit bedient werden und verfügt über eine einfache, aber wirkungsvolle Rollreff-Einrichtung. Das Ruder ist etwas gewöhnungsbedürftig, da es sich vor dem Außenborder befindet. Unter Motor benötigt der Dampfer also erst einmal eine Schiffslänge, damit durch die Anströmung Ruderwirkung erzielt werden kann. Der erhoffte positive Effekt bei Fahrt achteraus tritt jedoch nur gelegentlich auf. Die Hurley ist mit Sicherheit keine Rennyacht. Ihre Höchstgeschwindigkeit wurde damals mit 5,9 Knoten ermittelt, was ich aus eigenen Erfahrungen bestätigen kann. Bei wenig Wind wird sie locker an Backbord und Steuerbord von moderneren Booten überholt, denn ihre Stärken kommen erst bei auffrischendem Wind oder einer steifen Brise zum Tragen: wenn andere schon lange reffen oder besser gleich die Segel streichen, fühlt sich die Hurley erst richtig wohl.

Unter Deck bietet das Schiff erstaunlich viel Platz, auch wenn ich nicht auf die Idee kommen würde, mit einer vierköpfigen Familie damit auf eine mehrtägige Tour zu gehen. Zu zweit kann man gut übernachten und hat noch genügend Stauraum für Gepäck und Proviant. Bei mehr Personen an Bord sollte man sich auf Tagestouren beschränken.

Die

Hurley

nicht auf dem Atlantik, dafür auf dem Bodensee.

Die Prognose der YACHT hat sich bestätigt, denn auch nach 40 Jahren Gebrauch auf den Schweizer Seen, ist der Rumpf nach wie vor solide und die Substanz bildet eine gute Ausgangsbasis für ein umfassendes Refit. Je nach Zustand und Alter des Schiffes, sind schon etwas Fantasie und Vorstellungsvermögen gefragt, um nach dem ersten Eindruck nicht nur den Berg an Arbeit zu sehen, der auf einen zukommt, sondern das Potenzial zu erkennen, was man alles daraus machen kann. So ging es auch mir.

Zwei Bügel aus Alurohr bilden das Gerüst für die Winterpersenning.

1.2 Eine provisorische Bootswerft

Um witterungsunabhängig an Bord arbeiten zu können, musste ich mir etwas einfallen lassen, da mein Winterliegeplatz ein Außenplatz ist. Daher habe ich eine Überdachung gebaut und dafür Elektro-Installationsrohre aus Aluminium verwendet, die sich mit einer Biegefeder aus dem Heizungsbau einfach an die Gegebenheiten an Bord anpassen ließen. Für diese Rohre gibt es 90°-Bögen, die den Abschluss nach oben gebildet haben. Mit diesem Material habe ich circa zwei Meter hohe Bügel konstruiert, die mit Kabelbindern an den Relingsstützen befestigt wurden. Vom Bug über die Bügel bis zum Heck wurde eine Leine gespannt, an der zwei LED-Feuchtraumleuchten aus dem Baumarkt befestigt wurden. Die gesamte Konstruktion wurde zum Abschluss mit einer robusten Persenning überzogen, die an den Streben des Auflagegestells verspannt wurde. Die Persenning hat ein Materialgewicht von 300 g/m2 und soll extrem reißfest, wasserdicht, frostbeständig und UV-stabilisiert sein. So habe ich im Winterlager unter der Plane Stehhöhe, um geschützt an und unter Deck arbeiten zu können.

Da die Rohre nur gesteckt sind, lassen sie sich nach dem Winterlager einfach auseinandernehmen und verstauen. Um die Persenning, die immerhin 8 x 10 Meter groß ist, im nächsten Winterlager mühelos über das Schiff zu legen, haben wir uns eine spezielle Taktik beim Zusammenlegen einfallen lassen. Zuerst werden die Längsseiten jeweils zur Mitte zusammengelegt, bis die gewünschte Breite erreicht ist. Anschließend erfolgt das Gleiche mit den Querseiten, die ebenfalls jeweils zur Mitte zusammengelegt werden. Kleine Steine werden penibel weggefegt, damit sie keine Löcher in die Plane drücken. Zum Abschluss wird alles als Postpaket verschnürt.

Im nächsten Winterlager wird die Persenning an Deck geholt und in etwa Mittschiffs nach beiden Seiten ausgebreitet. Von dort kann sie einfach nach vorn und achtern ausgezogen werden. Somit ist der Dampfer in wenigen Minuten eingepackt

80m

2

Persenning wollen so verstaut werden, dass sie im nächsten Winterlager einfach über das Schiff geworfen werden können.

2 Der Rumpf

Die Hurley ist dafür bekannt, dass der Rumpf eine extrem dicke Laminatstärke hat. Es gibt Stimmen, die sagen, dass man heute daraus mehrere Boote bauen könnte. Somit ist das Boot sehr stabil, was zu seiner Seetüchtigkeit beiträgt.

2.1 Das Unterwasserschiff

Meine Hurley 700 ist ein klassischer Langkieler. Dieses macht sich dadurch bemerkbar, dass sich der Ballastkiel praktisch über die gesamte Länge des Unterwasserschiffs vom Bug bis zum Heck erstreckt. Durch diese Konstruktion können diese Schiffe weniger Höhe am Wind laufen und sind meist langsamer als vergleichbare Kurzkieler.

Frisch ausgepackt: hier steht einiges an Arbeit an.

2.1.1 Osmose – eine schwer zu erkennende Krankheit

Das verwendete Baumaterial meiner Hurley ist GFK (Glasfaserkunststoff). Auch wenn dieses Material langlebig und pflegeleicht ist, so gibt es besonders im Unterwasserbereich bei jedem Kunststoffschiff die Gefahr der Osmose. Ein GFK-Laminat besteht aus Glasfasern, die durch Laminierharz miteinander verbunden sind. Das früher verwendete Polyesterharz ist wasserempfindlich, sodass das sogenannte Gelcoat als äußere, wasserundurchlässige Schutzschicht aufgetragen wurde. Diese ist jedoch nicht wasserdampfdicht, sodass jeder Rumpf im Laufe der Wasserliegezeit Feuchtigkeit aufnimmt. Minderwertiges Harz kann sich unter der Feuchtigkeitsbelastung auflösen und als Zersetzungsprodukt in Hohlräumen zwischen Gelcoat und Laminat eine Säure bilden. Als Osmose wird vereinfacht der Prozess bezeichnet, bei dem die Säure Wasser von außen ansaugt, sodass das Gelcoat in Form von Blasen nach außen gedrückt wird. Ein Osmoseschaden kann massive Auswirkungen auf die strukturelle Festigkeit des Rumpfes haben. Ein Experte erklärte mir, dass Feuchtigkeitsmessungen des Rumpfs für die Osmose-Erkennung ungeeignet seien. Erst durch die Blasenbildung des Gelcoats kann Osmose zuverlässig erkannt werden.

Eine Internetrecherche hat ergeben, dass auch ältere Hurleys nicht häufig durch Osmosebefall auffallen, sodass zum Glück keine systematischen Baumängel bekannt sind, die erst ab einem gewissen Alter auftreten. Ob dies auch für mein Schiff zutraf, musste sich erst noch zeigen. Das Unterwasserschiff war durch zahlreiche Schichten Primer und Antifouling verdeckt und somit unerreichbar für eine gründliche Begutachtung. Daher galt es zuerst, diese alten Farbschichten restlos zu entfernen. Als Glück hatte sich herausgestellt, dass das Gelcoat vor dem Auftragen des Unterwasseranstrichs nicht geschliffen wurde. Das Grobe des alten Anstrichs wurde mit einem Spachtel gelöst und der Rest mit einem Berg Putzlappen und einem Fünf-Liter-Kanister Nitroverdünnung in mühevoller Handarbeit abtragen. Unter dem Boot wurde eine Plane ausgelegt, um den gesammelten Altanstrich korrekt entsorgen zu können.

Nun konnte das Unterwasserschiff genauer begutachtet werden und es zeigten sich flächendeckend kleine Erhebungen. Es waren keine Blasen und beim Versuch, eine Erhebung zu öffnen, ist keine Säure ausgetreten. Das ist grundsätzlich ein gutes Zeichen. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Untersuchung erst nach mehreren Monaten Winterlager durchgeführt wurde. Daher hatte der Rumpf genügend Zeit, vollständig durchzutrocknen. Im Anschluss wurde das gesamte Unterwasserschiff mit einem Excenterschleifer und 120er Schleifpapier glattgeschliffen, bis alle kleinen Erhebungen verschwunden waren. Nirgendwo konnte ein Hohlraum mit Säurebildung entdeckt werden und unter den Blasen war das glatte, intakte Gelcoat sichtbar. Nach Rücksprache mit meinem Experten besteht die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Ablösung der Farbbeschichtung vom Gelcoat handelte und nicht um Osmose. Ohne weitere Untersuchungen lässt sich dies jedoch nicht abschließend beurteilen.

Die alte Rumpfbeschichtung musste vollständig entfernt werden. Anschließend wurde der Rumpf gründlich geschliffen.

2.1.2 Spannungsrisse an kritischen Stellen

Durch die gründliche Reinigung des Unterwasserschiffs bis auf das Originalgelcoat, konnte der Rumpf auf weitere mechanische Beschädigungen untersucht werden. Zu den besonders kritischen Bereichen zählen die Auflageflächen der Lagerböcke, die an den Rumpf drücken sowie die Ruder- und Kielkonstruktion. Die letzten beiden waren ohne Beanstandung, doch die Auflageflächen achtern an der Steuerbord- und an der Backbordseite zeigten Beschädigungen, die behandelt werden mussten. Zusätzlich wurde eine Beschädigung am Vorschiff sichtbar, wo der Rumpf anscheinend ein wenig eingedrückt und an die Kante des festeingebauten Wassertanks gestoßen war. Auch dort hatte sich ein Riss im Laminat gebildet. Diese Stellen mussten saniert werden.

Beschädigung des Rumpfs durch die Auflagestütze.

Zur Auswahl standen Polyester- und Epoxidharz-Systeme. Auch wenn der Rumpf ursprünglich aus Polyesterharz gebaut wurde, habe ich für die Sanierung Epoxidharz verwendet. Polyester hat den Vorteil, dass es leicht zu mischen und preisgünstig ist. Die Liste der Nachteile ist deutlich länger: das enthaltene Lösungsmittel Styrol sorgt für erheblichen Gestank und ist daher für den Innenbereich schlecht bis gar nicht verwendbar. Polyester ist nicht wasserdicht, muss also mit einer Schicht aus Gelcoat versehen werden. Diese Nachteile hat Epoxidharz nicht: es ist praktisch geruchlos und die Verbindung ist nach dem Aushärten wasserdicht. Es darf nicht mit Gelcoat versiegelt werden, da sonst ggf. das Laminat nicht vollständig aushärten kann. Als Nachteile kann man bei Epoxid anführen, dass das richtige Mischverhältnis zwischen Harz und Härter penibel eingehalten werden muss, dass es etwas teurer ist und dass die chemische Reaktion erhebliche Wärme (bis zur Selbstentzündung) erzeugen kann. Dieser Effekt ist mir jedoch nur bei einem Produkt aufgefallen. Epoxid hält sehr gut auf unterschiedlichen Untergründen und auf Polyester sogar besser als Polyesterharz selbst. Bei der Auswahl des passenden Epoxid-Systems stehen viele Alternativen zur Verfügung. Für mich war entscheidend, dass das System bei möglichst geringen Temperaturen verwendet werden konnte und dass es sich im Bootsbau bewährt hatte. Ich habe mich für das West-System entschieden, das die zuvor genannten Anforderungen erfüllt und für die korrekte Dosierung von Harz und Härter über passende Pumpaufsätze verfügt.

Laminat setzt sich aus Glasfasergewebe und dem angerührten Harz zusammen. Hierbei ist zu beachten, dass Glasfasermatten für Epoxid nicht verwendet werden können. Diese sind nämlich auf das erwähnte Lösungsmittel Styrol angewiesen, das zum Glück im Epoxidharz nicht enthalten ist. Wie ich von Fachleuten lernen durfte, ist das Glasfasergewebe viel besser geeignet, um die auftretenden Kräfte gleichmäßig zu verteilen. Bei den unterschiedlichen Gewebearten liegen die Fasern entweder parallel nur in eine Richtung (Gelege), oder sie sind in einem Winkel zwischen 45° und 90° gegeneinander verwebt (Gewebe). Die Richtung der Fasern bestimmt die Stabilität in Belastungsrichtung. Ich habe mir aus einem 45° Gewebe diverse Rechtecke ausgeschnitten.

Reparatur der betroffenen Stelle mit Glasfasergewebe und Epoxidharz. Nach jeweils drei Lagen wurde Abrissgewebe zum Aushärten aufgetragen.

An den betroffenen Stellen wurde das Gelcoat großflächig abgeschliffen, um das Laminat freizulegen. Die Risse im Laminat wurden ausgeschliffen. Anschließend wurden die Flächen gründlich mit Aceton gesäubert und mit Epoxidharz bestrichen. Die vorbereiteten Geweberechtecke wurden eingedrückt und mit Harz kräftig getränkt, bis das Gewebe praktisch durchsichtig war. Nachdem drei Schichten aufgetragen waren, wurden diese mit Abrissgewebe versehen und durften aushärten. Nach dem Aushärten ist die Oberfläche des Epoxidharzes sehr glatt, muss also vor jedem weiteren Bearbeitungsschritt gründlich angeschliffen werden. Um diesen Arbeitsschritt zu umgehen, bietet sich das erwähnte Abrissgewebe an, das – wie der Name sagt – nach dem Aushärten mit einem Ruck abgerissen wird. Die Oberfläche hat nun eine grobe Wabenstruktur und kann direkt mit der nächsten Schicht Laminat versehen werden. Das Programm wurde jeweils 2-mal wiederholt, sodass am Ende neun Lagen Gewebe auf den beschädigten Stellen aufgetragen waren. Zum Abschluss wurden die Stellen großflächig mit Epoxid-Spachtel überzogen und geschliffen. Dieser Prozess wiederholte sich einige Male, bis am Rumpf wieder eine harmonische Oberfläche entstanden war.

An der Steuerbordseite war der Rumpf sichtbar eingedrückt und ich machte mir ernsthafte Gedanken um seine Stabilität, zumal auch in Zukunft die Auflagefläche im Winterlager wieder an dieser Stelle ansetzen wird. Daher wollte ich diesen zusätzlich von innen verstärken. Der Bereich unter der Hundekoje war natürlich nicht zugänglich, sodass dort mit der Stichsäge erst einmal eine Öffnung geschaffen werden musste. Diese konnte hinterher mit einer kleinen Sperrholzplatte verschlossen werden. Für die nun freigelegte Innenseite des Rumpfs wurden Schablonen aus Pappe erstellt, um das Maß auf Sperrholzprofile zu übertragen. Nachdem diese angepasst waren, wurden sie von innen mit Epoxidharz eingeklebt und mit mehreren Lagen Gewebe überlaminiert.

Zur Versteifung von innen musste die Hundekoje aufgeschnitten werden. Dort wurden angepasste Holzleisten zur Versteifung mit einlaminiert.

2.1.3 Grundierung

Als Osmoseschutz wurde das Unterwasserschiff mit Zwei-Komponenten-Epoxid-Grundierung beschichtet. Als Osmose-Profilaxe hat mir mein Lieferant empfohlen, den Rumpf 5-mal damit zu überrollen. Es gibt Farbsysteme, die diese Grundierung in unterschiedlichen Farben anbieten. Das hat den Vorteil, dass man bei jedem Anstrich besser sehen kann, wo man schon gemalt hat und wo noch nicht.

Der Rumpf wurde als Osmose-Profilaxe 5-mal mit Epoxid-Primer grundiert.

Osmoseblasen soll man am besten direkt nach dem Auskranen erkennen können. Nach zwei Jahren in Folge konnte ich keinerlei Blasenbildung am Rumpf entdecken und die zuvor abgeschliffenen Erhebungen sind bisher nicht wieder aufgetreten.

2.1.4 Bewuchsschutz im Unterwasserbereich

Wir sind nicht die Einzigen, die mit unseren Booten Spaß auf und im Wasser haben. Diverse Wasserorganismen finden das Unterwasserschiff so sympathisch, dass sie auf der Oberfläche ihre neue Heimat suchen. Wasserorganismen wie Seepocken, Algen oder Muscheln setzen sich mit Begeisterung dort fest. Dadurch wird das Boot immer schwerer, der Widerstand größer und die Fahrgeschwindigkeit reduziert. Das ist nicht nur eine Erscheinung im Salzwasser, sondern auch im Süßwasser mit Trinkwasserqualität. So entern am Zürichsee in kürzester Zeit besonders Muscheln meinen Rumpf. Daher benötigt jedes Wasserfahrzeug, das sich länger als ein paar Tage im Wasser befindet, entweder ein Antifouling im Unterwasserbereich oder es muss dort alle paar Tage gereinigt werden.