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"Zwischen Erschrecken und Heiterkeit", "Orgiastisches Dasein im Zeichen der Vergänglichkeit", "unterschwellige Empörung", "(…) die mitunter bestürzende Gleichzeitigkeit von Glück und Unglück in einer medial zum Dorf geschrumpften Welt" – so lauteten einige der Presse - stimmen zu Birgit Müller-Wielands erstem Gedichtband Ruhig Blut. In ihrem neuen Band mit dem Titel Reisen Vergehen wird das Thema "Reisen" erneut in allen Facetten ausgelotet: Unterschiedliche Orte und Gegenden werden ebenso wie Erinnerungen an die Kindheit, Mutterschaft oder Ausflüge in mythische und imaginäre Zusammenhänge poetisch aufgeladen. Obwohl das Begleitpersonal dieser Reisen zuweilen aus Toten, Hexen, Fuchsfeen und unzuverlässigen bis rettenden Engeln besteht und allerlei Tiere von Eseln über Lipizzaner bis zu Seeunge - heuern die Gedichte bevölkern, geht es um unsere Wirklichkeit, um das, was uns in seiner Gleichzeitigkeit immer wieder verstört: das Schöne, das Schreckliche.
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Seitenzahl: 30
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BIRGIT MÜLLER-WIELANDREISEN VERGEHEN
BIRGIT MÜLLER-WIELAND
REISEN VERGEHEN
GEDICHTE
OTTO MÜLLER VERLAG
www.omvs.at
ISBN 978-3-7013-1240-5eISBN 978-3-7013-6240-0
© 2016 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG-WIENAlle Rechte vorbehaltenSatz: Media Design: Rizner.atDruck und Bindung: Druckerei Theiss GmbH, A-9431 St. Stefan
INHALT
Ursprung
Ursprung
Engel im Brutkasten
Heimkehr mit Schlagherz
Sommertag in Unterach
Immer wieder, überall
Milchwaldlabyrinthe
Flugschnee
Im Krieg
Mitten im August
Internat in Bad Aussee
Tschurtscherl
Besuch in Salzburg
Angstblüte
Gottesteilchen
Wach
Gartenlied
Am Attersee
Trostgebiet Wald
Warten auf den Anruf
Von Neapel nach Cuma
Olympiaberg, München
Es ist immer wieder ein Fest
Füße, maßlos
Nacht, besonders
Unreines Liebes-Sonett
Der Himmel verschwendet sich
Hochzeitsreise, Patmos
Dies also ist die wehrloseste Liebe
Klinikum Westend, Berlin
Im Hirschgarten, München
Septemberabend, Frankfurt-Dornbusch
Jahreszeiten mit Kind
Der Engel hat nicht aufgepasst
Manchmal, im Frühling
Ausgerechnet in Benediktbeuren
Küchenverschwörung, einmal im Jahr
Es ist immer wieder ein Fest
Wo der Bärlauch tobt
Wo der Bärlauch tobt
Am Wegrand, einen Maulwurf entfernt
Capri-Theater 1
Hören und Sehen
Manhattan-Flug
Capri-Theater 2
Fehlfarbe, Oktober
Schneeangriff
Fahrt nach Osten
In Drohobycz
Hermes in Transkarpatien
Lwiw/Lwow/Lemberg
Skizze: Floß der Medusa
Reisen Vergehen
Französische Meister
Stories, Rom
Vilenica/Lipica
Unter den Schirm der Melancholie
Tragödie, griechisch
Wie in Lukanien
Likithos
Spätsommer
Ursprung
Ursprung
Seit vielen Jahren also gehe ich über die Grenzen dort wo
du mich Morgen für Morgen aus dem Schlamasselschlaf
ziehst schmutzige Münzen wie Sterne wirfst vornehm
die Himmel erklärst die Finger mir badest im Mund
sie zum Wunder deutest und Namen findest für
alles und nichts treibt mich so zu mir selbst
wie dein Lachen und meine zwei Länder –
jenes aus dem ich komme das andre
in das ich geh – kleiner Krieg
kleiner Friede da wo
der Herzfluß
entspringt
mitten
im
Kopf
Engel im Brutkasten
Nachts wie man weiß
steigen die Engel
in die Brutkästen
Ich sah den kleinsten
liegen bei unserem Kind
Er zupfte an den Kabeln
ob sie auch richtig angeschlossen sind
und prüfte die Kindesnase
mit dem feinen Schlauch
Zum Monitor horchte er natürlich auch
der ihm in Rot und Gelb und Grün
in Wellen und in Zacken zeigte
wohin das Herz sich neigte Atem Gehirn
Frühmorgens schmatzte der Engel
seine Lippen auf die winzige Stirn
und flüsterte unserm Kindchen ins Ohr
Sah sich kurz um
und ging durchs Glas wie der Wind bevor
ich noch die Klappen vollständig öffnen konnte
Heimkehr mit Schlagherz
Diese Landschaft, da
vorne, nein, hinter mir, diese
zerbeulte Gegend aus Bergen, Schloten
und Seen, wir sind, kann ich sagen, befreundet
inzwischen, begegnen uns auf gewisse Weise verwegen,
tauschen Blicke und das bekannte Geheimnis –
weißt du noch, – nur du und ich
allein
Sommertag in Unterach
1Vollkommen alles
ist vollkommen hier
sehn wir weiter was leuchtet
sind unsere Beine verschwommen
zwischen freundlichen Steinen tänzeln
schmale Fische silbriges Schmatzen
an unseren Waden türkise Küßchen
wir baden im schmerzlosen Blau
2Vergessen alles
haben wir vergessen später
erst nachts werden wir wissen
das waren die langen Finger
an unseren leichten Füßen
das war das kalte Fließen
waren die Toten
Fingerspitzen die kitzeln
Immer wieder, überall
1Nachts kommen sie
steigen die Treppen hoch bleiben
stehn vor den Zimmern in denen
sich andere drehn im Traum
Sie warten wer hört
sie atmen wer hört sie gehn
wer sieht was im Finstern hier
geht nirgends ein Licht
2Nachts kommen sie
steigen die Treppen hoch gehn
weg von den Zimmern den
schlafenden Kindern und Fraun
Jetzt knacken die Dielen
Jetzt drehn wir uns
aus unserem Traum
3Jetzt
geht die Türe
auf
Milchwaldlabyrinthe