Reitinternat Blossom Hill, Stürmischer Start - Babette Pribbenow - E-Book

Reitinternat Blossom Hill, Stürmischer Start E-Book

Babette Pribbenow

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Beschreibung

Für die 12-jährige Rosalie erfüllt sich ein Lebenstraum: Sie wird Stipendiatin auf dem Pferde-Internat Blossom Hill! Schnell gewinnt sie neue Freunde und verliebt sich in die schöne Stute Princess Valentine. Wenn nur ihre garstige Mitbewohnein nicht wäre! Die Spanierin Carmen hat einen reichen Vater und besitzt zwei Pferde. Warum sie trotzdem ständig schlecht gelaunt und so schweigsam ist, kann sich niemand erklären. Erst als durch Carmens Schuld ein Unfall passiert, der die ganze Klasse in Lebensgefahr bringt, kommt Rosalie dem Kummer ihrer Mitbewohnerin auf die Spur. Können die beiden ungleichen Mädchen doch Freundinnen werden

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Seitenzahl: 163

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Covergestaltung: Carolin Liepins, München unter Verwendung von Illustrationen von Anike Hage

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© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50316-4

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Für Carlotta

Blossom Hill war ein Pferdeparadies. Im Sommer leuchtete das Gras auf den weitläufigen Weiden saftig grün und große Kirschbäume spendeten an heißen Tagen wunderbar kühlen Schatten. Im Frühling erstrahlten diese Kirschbäume in weißer Blütenpracht. Sie hatten der sanften Hügellandschaft in der Grafschaft Oxfordshire ihren Namen gegeben.

Blossom Hill war ein renommiertes Internat für Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich die hohen Schulgebühren leisten konnten. Und für solche, die so gut ritten und so gut in der Schule waren, dass sie ein Stipendium bekamen. Diese Stipendien waren über alle Maßen begehrt und wer eines von den wenigen Stipendien ergattern konnte, hatte wirklich das große Los gezogen. Das Reitinternat war auf jeden Fall der perfekte Ort für alle, die Pferde liebten. Die Schülerinnen und Schüler waren in einem ehemaligen Schloss untergebracht, ein großes, in sanftem Gelb gestrichenes Gebäude mit weiß abgesetzten Erkern und Türmchen. Auf der Vorderseite führte eine breite Pappelallee bis zum imposanten Haupteingang. Auf der Rückseite befand sich eine große Terrasse. An schönen Tagen konnten dort die Mahlzeiten eingenommen werden. Das Beste daran war, dass man von dort aus einen direkten Blick auf die Stallungen und einen Teil der Weiden von Blossom Hill hatte. So konnten die Schüler mit etwas Glück ihre Lieblinge schon während des Essens sehen.

Der Unterricht fand in einem Anbau mit modernen Klassenzimmern und naturwissenschaftlichen Fachräumen statt.

Die Reitpferde von Blossom Hill hatten geräumige Boxen mit einem Paddock davor, den sich jeweils zwei Pferde teilten. Im Sommer ging es außerdem jeden Tag für einige Stunden nach draußen auf eine saftige Weide und im Winter zum Austoben auf einen großen Paddock. Die Zuchtstuten mit den Fohlen standen vom Frühjahr bis zum Herbst draußen, das war der beste Ausgangspunkt für den wertvollen Pferdenachwuchs.

Die Reitanlagen des Internats waren legendär. Es gab nicht nur eine weiträumige Halle, sondern gleich zwei. Eine zum Dressurreiten und die andere zum Springen, wenn es bei schlechtem Wetter draußen nicht möglich war. Außerdem gab es mehrere Reitplätze für Dressur, Springen, Voltigieren und für Turniere. Blossom Hill war nämlich kein bloßes Reitinternat, sondern auch ein Austragungsort für Reitturniere von nationaler Bedeutung. So war es kein Wunder, dass die meisten reitbegeisterten Mädchen und Jungen von einem Internatsaufenthalt auf Blossom Hill träumten. Nicht nur, weil hier viele erfolgreiche Reitkarrieren des Landes ihren Anfang genommen hatten, sondern auch, weil die Pferde und das Zusammenleben mit ihnen im Mittelpunkt standen. Es wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Schüler sowohl eine gute Reitausbildung genossen, als auch den richtigen Umgang mit Pferden lernten. Respekt vor dem ihnen anvertrauten Tier und der gute Umgang mit ihm wurden auf Blossom Hill großgeschrieben.

An einem strahlenden Sommertag Ende August war es wieder so weit: Das Internat hatte sich besonders herausgeputzt, um seine neuen Schülerinnen und Schüler zu begrüßen.

Rosalie stand vor dem Spiegel und bewunderte ihre neue Reituniform. Sie drehte sich von links nach rechts, lugte abwechselnd über ihre Schultern, um einen Blick auf ihre Rückseite zu erhaschen, schwang die neue Gerte und strahlte über das ganze Gesicht. Aus dem Spiegel strahlten zwei tiefblaue Augen zurück und die blonden, langen Haare wippten bei jeder Bewegung. Rosalie war sehr zufrieden mit ihrem Aussehen. Die Reituniform von Blossom Hill war wirklich chic und saß wie angegossen. Alles in Creme und Dunkelblau: helle Reithose und -bluse, dazu ein blaues Reitjackett mit Goldknöpfen und dem Wappen von Blossom Hill und sogar dunkelblaue Lederstiefel! So etwas Vornehmes hatte sie noch nie getragen.

Ihre Schwester Annabelle sah weniger glücklich aus: Sie saß auf dem kleinen Sofa in Rosalies Zimmer und weinte.

„Das ist sooo ungerecht“, schniefte sie. „Warum darfst du nach Blossom Hill und ich nicht?“

Endlich drehte sich Rosalie vom Spiegel weg und ging zu ihr, um sie zu trösten. Sie liebte ihre drei Jahre jüngere Schwester von ganzem Herzen und es tat ihr leid, dass sie so traurig war.

„Ach, komm mal her, meine Süße“, sagte Rosalie und nahm Annabelle in den Arm. „Du bist doch noch viel zu jung für Blossom Hill. Da gehen nur ältere Schüler hin und du bist noch in der Grundschule.“

„Ich will aber! Ohne dich wird es ganz blöd hier.“

Rosalie seufzte – für ihre zwölf Jahre war sie schon ziemlich reif. Und oft musste sie die Verantwortung für ihre kleine Schwester übernehmen, aber heute wollte sie sich einfach nur freuen. Natürlich hatte Annabelle Angst davor, wie es ohne Rosalie werden würde. Morgen ging es schon los. Dann war sie eine Internatsschülerin von Blossom Hill. Rosalie konnte ihr Glück immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich eines der begehrten Stipendien bekommen hatte. Einen umfangreichen Aufnahmetest hatte sie dafür machen müssen, alles war geprüft worden: Wie gut sie reiten konnte, ihre Schulnoten der letzten zwei Jahre und welche Erfolge sie bisher bei Turnieren erzielt hatte.

Ihre Gedanken wurden vom Öffnen der Wohnungstür unterbrochen. Gott sei Dank, Mama kam nach Hause! Das würde Annabelle hoffentlich ablenken.

Ihre Mutter kam in Rosalies Zimmer und blieb staunend an der Tür stehen.

„Meine Güte, Rosa, siehst du toll aus und schon ganz erwachsen!“ Stolz schaute Julia Bennett ihre Tochter an. Rosalie, die von allen Rosa genannt wurde, strahlte zurück. Rosa wusste, dass es ihrer Mutter leidtat, dass sie so wenig Zeit für sie und Annabelle hatte. Sie war alleinerziehend und musste den ganzen Tag arbeiten. Dass Rosa trotzdem so gute Noten hatte und sich um ihre kleine Schwester kümmerte, machte ihre Mutter froh, das hatte sie schon oft zu ihr gesagt.

Annabelle heulte indessen immer verzweifelter. Die Mutter löste ihre jüngere Tochter aus Rosas Armen.

„Komm, Annabelle, sei nicht traurig, Rosa möchte sich doch einfach nur freuen und das kann sie nicht, wenn du so weinst. Ich habe außerdem eine Überraschung für dich. Ich erzähle dir beim Abendessen davon.“

Tatsächlich hörte Annabelle auf zu weinen. Die beiden Mädchen deckten den Küchentisch und Rosa wurde ein bisschen wehmütig ums Herz. Die gemeinsamen Mahlzeiten würden ihr fehlen und überhaupt ihre Mutter und ihre Schwester, die sie erst in den Herbstferien wiedersehen konnte. Wie es wohl im Reitinternat werden würde? Ob die anderen Schüler nett waren? Besonders gespannt war sie auf ihre Zimmergenossin. Woher die wohl kam? Und würde sie mit den Pferden überhaupt zurechtkommen? Solche Gedanken plagten sie oft. So selbstbewusst, wie sie sich nach außen gab, war sie nämlich gar nicht. Und seit sie von dem Stipendium erfahren hatte, überkam sie immer wieder große Nervosität. Aber jetzt wischte sie diese Gedanken beiseite. Ab morgen würde sie in einem berühmten Reitinternat leben und von früh bis spät Pferde um sich haben, was konnte es eigentlich Schöneres geben?

„Neiiin! Ich geh da nicht hin. Vergiss es!“ Carmen Samantha Rodrigues spie diese Worte ihrem Vater förmlich vor die Füße. Ihre dunklen braunen Augen blitzten zornig, glänzten aber auch etwas feucht vor unterdrückten Tränen. Sie drehte sich um und rannte aus dem Zimmer. Ihre langen, rotbraunen Haare flogen hinter ihr her, als sie die Tür mit solcher Wucht zuknallte, dass die teure Schale auf der Kommode wackelte. Eine Weile war noch das wütende Klacken ihrer Schuhe auf dem Marmorboden zu hören, während sie die Treppenstufen hinunterrannte. Dann gab es einen letzten Knall, als die Tür zum Garten zuschlug. In der darauffolgenden Stille klang das Zwitschern der Vögel im Park lauter als zuvor.

Ihr Vater seufzte tief und fuhr sich durch das dichte, graue Haar, das früher pechschwarz gewesen war. Als seine Frau einen Tag nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter im Krankenhaus verstorben war, war er über Nacht ergraut.

Carmen hatte das Temperament ihrer Mutter geerbt und ebenso ihre Schönheit. Aber ihr Vater hatte es nicht leicht mit Carmen und ihre Reaktion war zu erwarten gewesen. Carlos Rodrigues war ein viel beschäftigter Mann, seine Arbeit ließ ihm nicht genug Zeit, um sich ausreichend um Carmen zu kümmern. Sie gerieten oft aneinander.

Carlos atmete tief durch und machte sich auf den Weg in den Garten, um seine Tochter zu suchen. Er fand sie an ihrem Lieblingsplatz, einem mit Rosen überwachsenen Pavillon.

Carmen sah ihn mit zusammengekniffenen Lippen an, die Augen zu wütenden Schlitzen verengt. Er setzte sich zu ihr.

„Ach, Carmen, ich verstehe dich ja, du möchtest hier nicht weg. Aber es geht einfach nicht anders. Ich bin versetzt worden und werde die nächsten Jahre in Südamerika im diplomatischen Auslandsdienst arbeiten. Ich kann dich weder dorthin mitnehmen, noch kann ich dich hier allein lassen.“

„Warum denn nicht? Warum kann ich nicht mitkommen?“ In Carmens Stimme mischten sich Wut und Verzweiflung.

„Das haben wir doch schon besprochen“, erwiderte ihr Vater geduldig. „Ich werde viel unterwegs sein. Wenn du mich begleiten würdest, dann müssten deine Pferde aber hier in England bleiben. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du ohne sie irgendwo glücklich wärst.“

Carmen zuckte zusammen, das stimmte allerdings. Ohne Ghazal und Adora würde sie nirgendwo hingehen.

„Dann bleibe ich einfach hier! Ich habe doch Maria, sie kann sich um mich kümmern.“

„Auch das haben wir bereits durchdiskutiert, Carmen! Warum machst du es so kompliziert? Du kannst nicht hierbleiben. Blossom Hill ist der perfekte Ort für dich und du darfst sogar deine beiden Pferde mitnehmen.“

„Ich will aber nicht in dieses beschissene Internat gehen!“ Carmens Augen glühten schon wieder vor Wut.

„Deine Wortwahl lässt sehr zu wünschen übrig. Es wird Zeit, dass sich endlich jemand um deine Erziehung kümmert.“

„Du bist ja nie da, um dich zu kümmern, und jetzt gehst du auch noch ganz weg!“

„Ich gehe nicht ‚ganz weg‘, sondern ich bin versetzt worden, und das kann ich nicht ändern, das weißt du ganz genau. Dieses ständige Streiten bringt uns nicht weiter. Viele Kinder wären froh, wenn ihre Eltern das teure Schulgeld für ein Internat bezahlen könnten. Blossom Hill hat den besten Ruf und du kannst dort das machen, was du sowieso am liebsten tust, nämlich reiten. Also verstehe ich diese ganze Aufregung nicht. Maria hat deine Sachen zusammengepackt. Morgen früh wird Pablo die Pferde verladen und euch nach Blossom Hill bringen, ob dir das passt oder nicht. Du bist zwölf Jahre alt und wirst dich den Anordnungen deines Vaters fügen müssen.“

„Ich will mich aber nicht fügen! Dieses Internat ist bestimmt ganz schrecklich. Dort werden nur eingebildete Ziegen sein, die mit ihren schicken Klamotten angeben. Alle werden mir dort Vorschriften machen, was ich zu tun oder zu lassen habe, und um meine Pferde darf ich mich wahrscheinlich auch nicht selbst kümmern. Ich hasse dich!“

Die Augen ihres Vaters verdunkelten sich. Er drehte sich wortlos um und ging fort. Carmen schienen ihre Worte sofort leidzutun, denn sie blickte beschämt zu Boden. Sie wollte sich ja gar nicht ständig mit ihrem Vater streiten. Aber auf dieses blöde Internat wollte sie auch nicht. Das kam überhaupt nicht infrage! Sie würde sich eben etwas einfallen lassen müssen, wie sie dafür sorgen konnte, dass sie nicht lange in diesem Internat bleiben musste. Ihr Vater würde schon sehen, was er davon hatte, dass er sie einfach so abschob. Ein trotziger Ausdruck trat in ihre Augen.

„Wer weiß, vielleicht werden unerzogene, freche Mädchen ganz schnell wieder nach Hause geschickt?“, murmelte sie leise.

Rosa fühlte sich wie in einem Traum, als ihre Mutter das Auto die lange Pappelallee bis zum großen Eingangstor von Blossom Hill hochsteuerte. Das Gebäude lag im strahlenden Sonnenschein inmitten von grünen Wiesen und Bäumen, eingebettet in die sanfte Hügellandschaft. Es sah ein bisschen aus wie das Schloss in einem Märchen. Ein großes Banner mit dem Willkommensgruß WELCOME hing über dem Eingang. Rosa klopfte das Herz vor Aufregung bis zum Hals.

Ihre Mutter legte beruhigend eine Hand auf Rosas Knie. „Das wird schon alles, Rosa.“

Dankbar sah sie ihre Mutter an, die immer sofort spürte, wie es ihr ging.

Vor dem Hauptportal standen mehrere Autos und auch Pferdetransporter. Heute war Ankunftstag, die Sommerferien waren zu Ende und der erste Term des neuen Schuljahres begann. Wer ein eigenes Pferd besaß, konnte es nach Blossom Hill mitnehmen. Rosa hatte natürlich kein eigenes Pferd, das war viel zu teuer. Sie war schon ganz gespannt darauf, welche Pferde es hier gab und welche sie reiten würde. Rosa liebte Pferde über alles und konnte Stunden damit zubringen, ein Pferd zu putzen und zu hätscheln. Das war ihr genauso wichtig wie das Reiten selbst – oder vielleicht sogar noch wichtiger.

Ihre Mutter suchte sich eine freie Lücke zum Parken, den Rest würden sie zu Fuß laufen. Die beiden holten den Koffer und die Taschen aus dem Kofferraum und bahnten sich einen Weg zwischen den Eltern und Kindern hindurch bis zum Eingang. Rosas Blick blieb an einer dicken, gemütlich aussehenden Frau hängen, die ein Klemmbrett und einen Stift in der Hand hielt und direkt neben dem großen Hauptportal stand. Die Frau lächelte sie an. „Ich bin Patricia Robinson, deine Hausmutter, und wer bist du?“

Rosa lächelte zurück. „Mein Name ist Rosalie Bennett, aber alle nennen mich Rosa.“

„Willkommen, Rosa, ich hoffe, du wirst dich bei uns wohlfühlen. Wenn du Kummer oder Sorgen hast, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich muss mal nachschauen, wer deine Zimmergenossin wird. Ah ja, du bist mit Carmen Rodrigues in einem Raum. Eine der älteren Schülerinnen wird dir dein Zimmer zeigen.“ Patricia Robinson sah sich suchend um. „Ellie, komm doch mal her und zeig Rosa ihr Zimmer, sie hat die Nummer 25.“

Ein älteres Mädchen mit einem freundlichen Grinsen löste sich aus einer Traube von Schülerinnen, die lachend und schnatternd vor dem Haus standen.

„Na, dann komm mal mit. Ich bin Ellie und Jahrgangssprecherin in Year nine. Oh, besser gesagt, war Jahrgangssprecherin der Neunten, jetzt bin ich in Year ten.“ Ellie lachte fröhlich vor sich hin, schnappte sich den Koffer, mit dem Rosas Mutter sich abgemüht hatte, und verschwand durch den Eingang.

Rosas Herz krampfte sich nervös zusammen, als sie den ersten Schritt in das Schlossgebäude machte: Jetzt gab es kein Zurück mehr!

Staunend blieben Mutter und Tochter in der beeindruckenden Eingangshalle stehen. Wow, was für eine Halle! Über ihnen wölbte sich eine große, gläserne Kuppel, durch die das Sonnenlicht hereinfiel. Eine breite Treppe wand sich nach oben in die anderen Stockwerke, das Treppengeländer war mit Ranken verziert. An vielen Stellen prangte das goldhinterlegte Wappen von Blossom Hill.

Ellie wartete geduldig, bis die beiden die Pracht bewundert hatten. Alle Menschen, die das erste Mal nach Blossom Hill kamen, staunten so. Dann lief sie weiter und Rosa und ihre Mutter hatten Mühe, ihr zu folgen. Ellie rannte samt dem schweren Koffer die Stufen in den zweiten Stock hoch, bog nach links ab, ging an einer Reihe von Türen vorbei und hielt schließlich vor einer Tür auf der linken Seite.

„Hier ist dein Zimmer. Glück gehabt, du hast Aussicht auf die Ställe. Nachher kann ich dir gerne noch alles zeigen, jetzt muss ich aber unbedingt zu meinen Freundinnen zurück.“ Mit diesen Worten ließ Ellie den Koffer fallen und war schon wieder verschwunden.

Etwas verdutzt sah Rosa ihr nach. Sie hätte ihr gerne noch ein paar Fragen gestellt, aber nun war Ellie schon wieder weg. Neugierig sah sie sich im Raum um. Ihr Blick blieb am Fenster hängen. Was für eine Aussicht!

„Schau mal, Mama, da sind die Ställe und die Reithallen.“ Rosa öffnete das Fenster und beide beugten sich hinaus. Vor ihnen lag ein großer, rechteckiger Stallkomplex, vorn und hinten mit Paddocks. An den Stirnseiten schlossen sich zwei große Reithallen an. Direkt unter dem Fenster befand sich eine große Terrasse mit Tischen, Stühlen und Sonnenschirmen. Wortfetzen und Gelächter drangen bis nach oben, denn es hatten sich bereits mehrere Schülerinnen und Schüler auf der Terrasse eingefunden, die anscheinend Ferienerlebnisse austauschten.

Rosas Blick schweifte zu den Pferden auf den Paddocks hinüber, hoffentlich konnte sie bald zu ihnen! Sie schaute sich nach ihrer Mutter um, die inzwischen das Zimmer inspizierte. Rosa gefiel der Raum sofort. Rechts und links an der Wand standen jeweils ein großes Bett und ein Schrank, vor den beiden Fenstern je ein Schreibtisch mit Drehstuhl und daneben ein Regal für Bücher. In der Mitte des Zimmers stand noch ein runder Tisch mit zwei Stühlen. Die Wände waren zartblau gestrichen und vor den Fenstern hingen farblich abgestimmte blaue Gardinen mit kleinen Blümchen. Die Betten hatten Überdecken und Kissen mit demselben Muster. Eine Tür führte in ein gemeinsames Badezimmer. Alles war modern und wirkte frisch renoviert.

„Meine Güte“, sagte ihre Mutter, „hier hast du es ja komfortabler als zu Hause!“

Rosa strahlte, das Zimmer war wirklich riesig und trotzdem gemütlich. Und immer wenn sie Hausaufgaben machte, konnte sie die Pferde beobachten. Sie fühlte sich wie im Paradies. Spontan entschied sie sich für die rechte Seite des Raumes. Irgendwie erschien ihr diese noch behaglicher. Schnell half ihre Mutter ihr, den Koffer und die Taschen auszupacken und alles im Schrank und im Regal zu verstauen. Während der Unterrichtszeiten von 9 bis 16 Uhr war die Schuluniform Pflicht. Aber in ihrer Freizeit durfte Rosa ihre eigenen Klamotten tragen. Julia Bennett hängte die eleganten dunkelblauen Blazer mit dem Schullogo auf Bügel und strich sie glatt. Auch bei den passenden Röcken und Hosen achtete sie darauf, dass sie ja keine Falten bekamen.

„So, Mama, jetzt reicht es aber. Ich möchte wissen, ob meine Zimmernachbarin schon da ist. Wollen wir wieder nach draußen gehen?“

Ihre Mutter nickte, sprach aber nicht viel. Rosa merkte, dass ihrer Mutter der bevorstehende Abschied schwerfiel – ihr selbst ging es auch nicht anders. Aber Mama hatte zu Hause ja noch Annabelle und sie selbst würde die Pferde haben.

Als sie aus dem Haus auf den belebten Vorplatz traten, mussten sie die Augen zusammenkneifen, so hell schien die Sonne. Patricia Robinson begrüßte immer noch fleißig die Neuankömmlinge. Gerade fuhr ein weißer, luxuriös aussehender Pferdetransporter vor. Der Fahrer, ein großer Mann in Uniform, stieg aus, lief um die Kühlerhaube herum und öffnete die Beifahrertür. In diesem Moment verstummten die Gespräche, denn alle wollten sehen, wem der Chauffeur so vornehm die Tür öffnete. Als Erstes sah man zwei Turnschuhe, dann zerrissene Jeans und heraussprang ein dunkelhaariges, umwerfend schönes Mädchen mit olivfarbener Haut und zerschlissenem T-Shirt. Es sah trotzig und hochmütig in die Runde. Alle starrten es sprachlos an. Es wies den Chauffeur an, die Koffer zu holen, und wendete sich an Patricia Robinson.

„Mein Name ist Carmen Samantha Rodrigues, auf welches Zimmer sollen meine Koffer gebracht werden?“

„Äh, Moment, ich sehe mal nach“, sagte die Hausmutter etwas überrumpelt und blickte auf ihr Klemmbrett. „Zimmer 25. Deine Zimmergenossin Rosa“, sie deutete auf Rosalie, „kann dir den Weg zeigen.“

Rosa stand wie zur Salzsäule erstarrt da: Dieses arrogante Mädchen sollte ihre Mitbewohnerin sein?

Carmen musterte sie von Kopf bis Fuß und sagte dann verächtlich: „Mit der werde ich wohl kaum in einem Zimmer schlafen. Mein Vater hat sicher ein Einzelzimmer für mich gebucht.“

Inzwischen hatte Patricia Robinson sich wieder gefangen und sah das Mädchen streng an.

„Meine liebe Carmen, für die jüngeren Schülerinnen und Schüler gibt es keine Einzelzimmer. Erst wenn du in die Oberstufe kommst, hast du darauf ein Anrecht. Und ich möchte dich gleich bitten, nicht so herablassend über deine Zimmernachbarin zu reden, du kennst sie doch überhaupt noch nicht.“

„Pfff“, sagte Carmen, „ich habe kein Interesse, sie näher kennenzulernen. Dafür sehe ich wirklich keinen Grund. Ich habe nämlich nicht vor, länger hierzubleiben.“

Schockiert schaute Rosa die Neue an. Was war denn mit der los? Alle waren nett und freundlich, aber ausgerechnet sie musste diese Zicke als Mitbewohnerin bekommen. In diesem Moment spürte sie einen Arm, der sich bei ihr einhakte.