Relevanz - René Borbonus - E-Book

Relevanz E-Book

René Borbonus

0,0
19,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was ist Relevanz? Wie wird Relevanz gesellschaftlich konstruiert? Wie extrahiere ich, was für mich persönlich relevant ist? Wie finde ich meine eigene Relevanz? Und vor allem: Wie formuliere ich meine eigenen Botschaften so, dass sie für andere relevant werden? Das sind die zentralen Fragen, denen sich René Borbonus in diesem Buch widmet. Relevanz ist eine Grundvoraussetzung für Aufmerksamkeit. Dem Empfänger hilft sie einzuordnen und Überflüssiges auszublenden. Dem Sender hilft sie, sein Ziel zu formulieren und gehört zu werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Buch

Es gibt immer mehr Kommunikation, aber immer weniger davon kommt an. Seit wir auf mehr Kanälen kommunizieren, als wir Sinne haben, wird es immer schwieriger, überhaupt noch zu Menschen durchzudringen. Und gleichzeitig wird es immer wichtiger, dass es uns gelingt. Relevante Kommunikation ist der Kitt in den Fugen unserer Welt. Relevanz ist die kurze Antwort auf alles. Und gleichzeitig müssen wir dabei beachten, dass unsere Wahrnehmung uns immer relevanter erscheint als die Realität.

Wenn wir das Konzept Relevanz neu für uns entdecken, können wir Kommunikation neu denken und lenken. Manipulation und Indoktrination haben schlechte Karten, wo Menschen in Kontakt und in Verständigung sind.

Relevanz erzeugt Resonanz. Sie stellt eine Verbindung mit anderen Menschen her, die lange nachklingt. Kommunikation ist Leben. Relevante Kommunikation verleiht dem Leben Relevanz.

Der Autor

René Borbonus, ist Spezialist für Rhetorik und Kommunikation. Topmanager und Politiker lassen sich von ihm ausbilden und auf schwierige Gespräche vorbereiten.

Bei Econ sind von ihm folgende Bücher erschienen: Respekt! (2011) und Klarheit (2015).

René Borbonus

Relevanz

Was wann warum für wen wichtig wird

Econ

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-buchverlage.de

Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem Buch befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

ISBN: 978-3-8437-2161-5

© der deutschsprachigen AusgabeUllstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Redaktion: Michael Schickerling, schickerling.cc, MünchenUmschlaggestaltung: FHCM® Designagentur, BerlinE-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, BerlinAlle Rechte vorbehalten

Inhalt

Über dieses Buch und den Autor

Titelseite

Impressum

Prolog

Der Kitt in den Fugen der Welt:

Warum Relevanz die kurze Antwort auf alles ist

Kapitel 1

Alles, außer Kontrolle:

Warum wir uns nach Relevanz sehnen

Kapitel 2

Glauben Sie nicht, was Sie denken:

Wie Relevanz unser Leben bestimmt

Kapitel 3

Die digitalisierte Relevanz:

Wie das Internet verändert, was uns wichtig ist

Kapitel 4

Wir können doch über alles reden:

Wie Relevanz in öffentlichen Debatten entsteht

Kapitel 5

Relevanz statt Urteile:

Wie Sie Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden

Kapitel 6

Relevanz durch Wortwahl:

Die Kraft der Begriffe

Kapitel 7

Relevanz durch Sprachbewusstsein:

Wie Sie Menschen überzeugen

Kapitel 8

Relevanz durch Persönlichkeit:

Wie Sie nach außen zeigen, was von innen wirkt

Kapitel 9

Relevanz durch Resonanz:

Wie Sie eine Verbindung herstellen

Epilog

Relevanz macht Helden – und Helden machen Relevanz

Feedback an den Verlag

Empfehlungen

Prolog

Der Kitt in den Fugen der Welt:

Warum Relevanz die kurze Antwort auf alles ist

»So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.«

Lukas Podolski

Kommunikation ist keine Glückssache. Auch wenn es immer wieder Momente gibt, in denen es so scheinen mag. Und damit meine ich jetzt nicht einmal diese Momente, wenn ich nach dem Abpfiff nicht schnell genug den Fernseher ausschalte, wenn ich der Logik meiner Kinder argumentativ beim besten Willen nichts entgegenzusetzen habe oder wenn meine Frau Diskussionen ganz entspannt mit einem Blick beendet und einfach nicht verstehen will, dass ich recht habe … Ich meine etwas anderes und es ganz ernst damit: Mir tut es wirklich weh, wenn Menschen mit ihren Zielen an ihrer Kommunikation scheitern. Damit meine ich zwar weder alle Menschen noch alle Ziele, denn Blödsinn gibt es auf allen Kanälen weiß Gott schon genug. Wenn jemand keine Wirkung hat, weil seine Argumente einfach Quatsch sind, weil er keinen Sinn stiftet oder weil seine Idee niemandem nützt außer ihm selbst, dann finde ich das absolut fair.

Wenn aber jemand mit einer wichtigen Botschaft keine Relevanz findet, weil er sie nicht gut genug oder sogar falsch kommuniziert, finde ich das schade. Wenn jemand mit einer zündenden Idee trotz guter Argumente nicht gehört wird, obwohl er etwas bewegen könnte, ist das ein Drama. Und diesem Drama möchte ich, soweit es denn in meiner Macht steht, begegnen.

Wir alle – und da schließe ich mich selbst ausdrücklich ein – haben das Nachdenken über Sprache und Kommunikation dringend nötig. Wir leben in einer Welt, die mit jedem Tag komplexer wird. Wenn Sie mich fragen: im Großen und Ganzen trotz allem besser und schöner, aber eben auch schneller und anspruchsvoller. Die Ansprüche und das Tempo unserer Kommunikation steigen gleichzeitig und gefühlt täglich. Es gibt immer mehr Kommunikation, aber immer weniger davon kommt an. Seit wir auf mehr Kanälen kommunizieren, als wir Sinne haben, wird es immer schwieriger, überhaupt noch zu Menschen durchzudringen. Und gleichzeitig wird es immer wichtiger, dass es uns gelingt.

Fakt ist: Wir schulden uns selbst und einander einen bewussten Umgang mit Sprache. Wir alle können neue Sprachwerkzeuge und Kommunikationsstrategien gebrauchen, um mit der Komplexität und dem steigenden Tempo klarzukommen. Doch sei es in der Familie, unter Kollegen, beim Kunden, gegenüber dem Vorgesetzten oder vor irgendeiner Art von Öffentlichkeit: Einfach nur irgendwie kommunizieren reicht nicht mehr, um Menschen zu erreichen. Heute dringen wir nur noch mit unseren Botschaften durch, wenn wir relevant kommunizieren.

Höchstwahrscheinlich trage ich damit bei Ihnen Euros nach Athen. Eigentlich ahnen wir alle, wie wichtig das ist, wozu ich Sie bringen möchte: sich mit Kommunikation auseinanderzusetzen, mit der Wirksamkeit von Worten und den Möglichkeiten von Sprache. Wir alle tragen diese wundervolle Kompetenz in uns. Wir alle haben irgendwann erfahren, was sie bewirken kann – in einem alles verändernden Gespräch oder durch eine umwerfende Rede zum Beispiel. Doch wir machen uns selten strukturiert Gedanken darüber, wie wir sie besser nutzen können.

Denn mehr braucht es gar nicht: Wer sich mehr Relevanz wünscht, muss besser kommunizieren. Mehr nicht. Das ist alles. Echt jetzt. So ist Kommunikation: Manchmal wird der Bessere gehört.

Deshalb gibt es dieses Buch. Ich möchte Sie dabei unterstützen, relevanter zu kommunizieren. Auch ich bin in Sachen Relevanz und in Sachen Kommunikation selbst immer Lernender, und werde es immer sein: Für unsere Kommunikation bekommen wir alle lebenslänglich.

Abnehmen kann und will ich Ihnen das Nachdenken über Kommunikation zwar nicht, und ich will es auch gar nicht. Ihre Relevanz ist Ihre Relevanz, und das ist eine gute Nachricht: Niemand kann sie faken. Ein bisschen was kann ich aber doch für Sie tun. Ich kann Ihnen Impulse und ganz konkrete Werkzeuge an die Hand geben, die Ihre Relevanz stützen, fördern, steigern. Und ich kann Ihnen Inspiration schenken, die genau das macht, was auch wirkungsvolle Kommunikation macht: Spaß.

Das Beste ist: Sie müssen dafür noch nicht mal ein Sabbatical nehmen. Denn das, worum es geht, tun Sie sowieso ständig: Sie kommunizieren den ganzen Tag, und Sie wirken den ganzen Tag – ob Sie wollen oder nicht. Sie können also einfach mit Ihrem Leben weitermachen – nur besser, schöner und ganz oft tatsächlich auch einfacher. Das ist das Wunderbare an der Kommunikation: Indem wir uns die Frage stellen, wie wir relevanter kommunizieren können, finden wir die Antworten auf viele, wenn nicht sogar die meisten unserer kleinen und großen Lebensfragen.

Genau mit denen, und wie die Kommunikation uns dabei hilft, beschäftigen wir uns in diesem Buch – einen Schritt nach dem anderen.

Los geht es in Kapitel 1 mit der Frage, was Relevanz eigentlich ist, und warum wir alle uns mehr davon wünschen. Seit es Relevanz auch digital gibt, genauso wie Kommunikation, hat sich der Wunsch gehört zu werden nämlich scheinbar potenziert.

In Kapitel 2 blicken wir hinter die Benutzeroberfläche von Kommunikation. Wir schauen uns an, wie die Relevanz in unseren Köpfen entsteht – also warum wir manche Dinge wichtiger finden als andere und wie sich das auf unsere Lebensgestaltung auswirkt.

Kapitel 3 nimmt die digitale Kommunikation in den Fokus: Wie hat das Internet verändert, was wir für relevant halten und wie wir es kommunizieren?

Auch die Diskussion über die großen Gesellschaftsfragen wird im Internetzeitalter anders geführt als zuvor. Kapitel 4 widmet sich deshalb der Frage, wie wir Relevanz in öffentlichen Debatten erkennen und unseren eigenen Beitrag dazu leisten können.

Wichtig ist das auch deshalb, weil wir inzwischen in einer regelrechten Bewertungskultur leben. Es wird immer schwieriger, relevante Aussagen und bloße Urteile auseinanderzuhalten. Kapitel 5 zeigt, warum wir eher gehört werden, wenn wir urteilsfrei kommunizieren – und wie das eigentlich geht.

Damit ist ein wichtiger Grundstein für den Kern der relevanten Kommunikation gelegt: Wie wir relevant kommunizieren, indem wir Sprache bewusst einsetzen. Kapitel 6 ist der kleinsten Einheit gewidmet: der Kraft, die von der richtigen Wortwahl ausgeht.

Von dort aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zum großen Ganzen: Das Thema von Kapitel 7 ist das Sprachbewusstsein als Schlüssel zur überzeugenden Kommunikation, das in jeden Winkel unseres Alltags und unserer Beziehungen vordringt. Wenn wir Sprache bewusst wahrnehmen und einsetzen, verändert das alles.

In Kapitel 8 geht es im logischen nächsten Schritt darum, wie wir als Persönlichkeiten besser wirken können, indem wir relevant kommunizieren – sei es als Fachexperte im Job, als Familienvater oder als Redner.

Und im finalen Kapitel 9 schließen wir den Kreis mit der Frage, wie wir mit den Mitteln der Kommunikation eine Verbindung mit anderen Menschen herstellen, die lange nachklingt: Resonanz durch Relevanz.

Im Mittelpunkt steht bei alldem die gelebte Kommunikation, wie Sie und ich sie jeden Tag praktizieren. Relevanz – oder genauer: relevante Kommunikation – ist der Kitt in den Fugen unserer Welt. Wenn wir morgens am Frühstückstisch die Nachrichten konsumieren: Relevanz. Wenn wir gleichzeitig mit der Familie den Tag planen: Relevanz. Wenn wir dem Vierjährigen erklären, warum ein Batman-Kostüm nicht jeden Tag das ideale Outfit für den Kindergarten ist: Relevanz. Wenn wir versuchen, dem Chef klarzumachen, warum die Fortbildung nächsten Monat kein firmengeförderter Tourismus ist, sondern tatsächlich notwendig: Relevanz. Wenn wir überlegen, was wir abends kochen und was lieber nicht: Relevanz. Wenn wir irritiert sind, weil ein Politiker, den wir nicht leiden können, etwas Gutes sagt und einer, den wir gewählt haben, etwas Dämliches: Relevanz. Wenn wir am örtlichen Flüchtlingsheim vorbeilaufen und unser Unterbewusstsein sich irgendwo zwischen Angst und Neugier einpegelt: Relevanz. Wenn wir uns zwischen einem Wasserstoffauto und einem Benziner entscheiden müssen: Relevanz. Allein schon die Tatsache, dass der Diesel von vornherein aus dem Rennen ist: Relevanz, oder dann eben Irrelevanz.

Relevanz ist die kurze Antwort auf alles.

Ganz zu schweigen von den größten, schönsten, glücklichsten und genauso den herausfordernden, schwierigsten, einschneidendsten Momenten im Leben, wenn es um alles geht und sich alles verändert: Hochzeit, Geburt, Beförderung, Gipfelsturm – Relevanz. Scheidung, Kündigung, Krankheit, Verlust – Relevanz.

Alles ist Relevanz, und ohne Relevanz ist alles nichts.

Kapitel 2

Glauben Sie nicht, was Sie denken:

Wie Relevanz unser Leben bestimmt

»Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.«

Carl Gustav Jung

Relevanz zum Runterspülen

Erste Frage: Wussten Sie, dass konservative Politiker sich den Po eher mit der linken Hand abwischen, während linke Politiker dafür eher ihre rechte Hand bemühen?

Zweite Frage: Wollten Sie es wissen?

Dritte Frage: Fragen Sie sich gerade, wie zum Teufel man das herausgefunden hat?

Die unerhörte Information verdanken wir einer Studie des britischen Wissenschaftlers Gary Lewis.15 Sie bezieht sich auf die sogenannte Social-Priming-Theorie. Sie besagt, dass Menschen, die zuvor unbewusst für ein bestimmtes Thema sensibilisiert wurden, anschließend entsprechende körperliche Reaktionen zeigen können. So beobachteten Forscher, dass Menschen sich langsamer bewegten, wenn sie zuvor mit dem Thema Altern konfrontiert wurden – etwa durch Bilder, die ihnen gezeigt wurden.

Auf der Grundlage dieser Theorie habe er britische Abgeordnete darüber befragt, welche Hand sie nach dem großen Geschäft zur Spurenbeseitigung bevorzugten, so Lewis über seine Studie. Publiziert wurde sie in dem renommierten Magazin Psychology and Psychotherapy.16 Interessant ist, neben dem frappierenden Zusammenhang zwischen politischer Einstellung und Handgebrauch, auch die prominente Riege von Befragten, die sich dieser Studie im Dienst der Wissenschaft stellten: Teilgenommen hätten unter anderen die Parlamentarier Boris Johnski, Terese Maybe und Placido Domingo. Ein Abgeordneter namens Nigel F. Arage habe dagegen kein Interesse am Forschungsgegenstand gezeigt.17

Spätestens nach dieser Aufzählung ist Ihnen klar, dass ich Ihnen gerade einen Bären aufbinde. Das Erschütternde ist nur: Die Studie, die Gary Lewis frei erfunden hat, ist tatsächlich im besagten Fachmagazin erschienen. Und das, obwohl die Zeitschrift von sich behauptet, jeden Beitrag vor Veröffentlichung einer Qualitätsprüfung zu unterziehen, der sogenannten »Peer-Review«. Wäre das tatsächlich geschehen, wäre vermutlich irgendjemand über die fiktiven Politikernamen gestolpert – ganz zu schweigen von Lewis’ angeblichem Arbeitsplatz, dem »Institut für interdisziplinäre Politik- und Fäkalwissenschaften«.

Mit seiner Aktion wollte der Wissenschaftler allerdings nicht nur Spaß haben, sondern auf ein reales Problem aufmerksam machen: Forscher stehen heute unter enormem Druck, ihre Ergebnisse möglichst oft und breit zu publizieren. Und es gibt Magazine, die das ausnutzen und sich die Publikation bezahlen lassen – während sie gleichzeitig damit werben, durch angebliche Peer-Reviews wissenschaftliche Standards einzuhalten.18

Alles relevant, nur die Fakten nicht: ein Trend, der uns in unserer Intelligenz beleidigt und doch um sich greift. Der Grund, warum das so gut funktioniert, ist eigentlich ein erfreulicher: Menschen sind von Natur aus neugierig. Wir wollen so viel wie möglich wissen. Solange wir unter Kontrolle haben, was wir an Informationen aufnehmen, ist das eine gute Sache. Wenn wir Informationen konsumieren, die fürs Klo sind, nicht so sehr. Von letzteren gibt es leider immer mehr, die den relevanten Informationen Konkurrenz machen – ein Zustand, mit dem wir lernen müssen umzugehen. Dafür ist es hilfreich zu verstehen, wie das eigentlich funktioniert: »Wissen« beziehungsweise »Wissenserwerb«.

Relevanz und Wissen

Jeder Mensch verfügt über Wissen – die einen mehr, die anderen weniger, okay. Doch wie unterscheiden wir, welcher Teil unseres Wissens, das es in der Welt gibt, für unser Leben oder für eine bestimmte Situation relevant ist? Wie konstruieren wir uns unsere ganz persönliche Relevanz – und darauf beruhend unser Leben, Denken und Handeln?

Auf diese existenziellen Fragen suchte der Philosoph, Soziologe und Jurist Alfred Schütz (1899 bis 1959) in seiner Publikation Die Strukturen der Lebenswelt Antworten. Darin betrachtete er, wie Menschen Wissen erwerben, und warum sich das Wissen und der Umgang damit von Mensch zu Mensch unterscheidet – je nachdem, welche Erfahrungen sie im Lauf ihres Lebens machen.

Wir haben Wissen, weil wir vom Moment unserer Geburt an versuchen, Situationen zu bewältigen. Seit dem ersten Wimpernschlag ermöglichen unsere Sinne uns die Erfahrung der Realität. Legt ein Kind die Hand auf die heiße Herdplatte, empfindet es Schmerz und wird den Vorgang sicher nicht wiederholen. Das Wissen darüber, dass eine Herdplatte heiß sein kann, »sedimentiert« sich in seinem Gedächtnis. In der primären Sozialisation, also im Vorschulalter, und in der sekundären Sozialisation, also bis zum Alter von 17 bis 20 Jahren, wird Wissen vor allem auf abstraktem Weg in der Schule oder in der Familie vermittelt. Das Kind, der Jugendliche sedimentiert weiter Wissen.19

Der Begriff »Sedimentieren« geht auf die Geologie zurück: Wie der Boden besteht auch unsere Erinnerung, also unser durch Erfahrung angesammeltes Wissen, aus unterschiedlichen Schichten, die sich nach und nach durch die Bewältigung von Situationen im Leben ablagern – sowohl bewusst als auch unbewusst. Auf diesen Wissensvorrat greifen wir permanent zurück. Und wir sind als Menschen deshalb unterschiedlich, weil wir in unseren Biografien trotz vielleicht ähnlicher Voraussetzungen unterschiedliche Herausforderungen meistern mussten.

Aus genau diesem Grund sind für unterschiedliche Menschen auch unterschiedliche Informationen, Erfahrungen und Wissensbereiche interessant: Wir leben unterschiedlich, und deshalb hat verschiedenes Wissen Bedeutung dafür, wie wir unseren Alltag bewältigen. Für mich als regelmäßigen Redner etwa ist das Wissen, wie man auf der Bühne vor Tausenden Menschen mit einem Blackout umgeht, ein wichtiger Baustein für die Bewältigung meines Alltags. Wenn Sie dagegen nie vor größeren Menschenmengen sprechen, ist diese Information für Sie ziemlich nutzlos.

Die Tatsache, dass Menschen in derselben Situation völlig unterschiedlich denken, entscheiden und handeln, ist auch der Grund, warum wir unterschiedliche Prioritäten setzen – im Leben allgemein, und auch in unserem Wissenserwerb und in unserer Kommunikation. Diese Prioritäten sind gleichbedeutend mit »Relevanzen«. Verkürzt gesagt bilden die Relevanzen, die wir aufgrund unserer Lebenssituationen und Erfahrungen setzen, um unser Wissen und unser Handeln zu organisieren, unsere individuellen Relevanzstrukturen. Jeder Mensch hat also seine eigenen. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir die Welt unterschiedlich und auch selektiv wahrnehmen.

Möchten Sie gerne weiterlesen? Dann laden Sie jetzt das E-Book.