Revolution 1776 - Krieg in den Kolonien 3. - Thomas Ostwald - E-Book

Revolution 1776 - Krieg in den Kolonien 3. E-Book

Thomas Ostwald

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Beschreibung

Für die Soldaten der Subsidien-Truppen wird im Verlauf der Kämpfe immer deutlicher, dass der Gegner ihre Pläne bereits kennt und sich darauf eingestellt hat. Ist es denn denkbar, dass es in ihren Reihen Verräter gibt? Premierleutnant Friedrich Oberbeck und seine Jäger sind auf der Hut. Sie beobachten ihre Umgebung genau und finden eine erste Spur...

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Thomas Ostwald

Revolution 1776 – Krieg in den Kolonien

Band 3 – Verräter in Uniform

Edition Corsar

Alle Rechte vorbehalten. Überarbeitete und ergänzte Ausgabe des

Romans „Auf unsers Carls Befehl“

© Edition Corsar Dagmar und Thomas Ostwald 2021 Braunschweig

1.

„Das war fast zu viel für mich.“

Friedrich atmete schwer und stützte sich dabei auf seine junge Frau. Glücklich lächelte sie ihn an, und eng umschlungen gingen sie zum Seeufer hinunter.

Es war ein wunderschöner Frühlingstag. Die Sonne wärmte mit ihren Strahlen Mensch und Tier, überall spross das Grün hervor, Knospen öffneten sich, Vögel jubelten. Der Winter war mild, hatte aber trotzdem viel Schnee und Eis gebracht. Jetzt war die kalte Zeit, die endlos langen Nächte und die Sorge um das Feuer in den Langhäusern vergessen. Mit Macht kündigte sich der Frühling an, und wieder einmal hatte Friedrich einen größeren Streifzug unternommen.

Wer ihn jetzt sah, konnte von der überstandenen Verletzung kaum noch etwas ahnen. Zwar lagen noch schwere Schatten unter seinen Augen, und die dicke, rote Narbe an der Stirn erinnerte an die Kugel, die ihn ins Wasser des Champlain Sees geworfen hatte. Friedrich fühlte sich wieder kräftig und stark, und Anna, seine junge Frau, wich ihm nicht mehr von der Seite, wenn er seine Kräfte im Wald probierte.

Der Jäger hatte großes Glück gehabt. Er konnte sich nur mühsam an die Ereignisse auf dem See erinnern. Da waren die Kanus, und sie waren an die Frachtboote herangefahren, um den Amerikanern die Fluchtmöglichkeit abzuschneiden. Mehr wusste er nicht. Nichts von dem Schuss und dem Sturz in das dunkle Wasser, der tiefen Bewusstlosigkeit, aus der er erst spät erwachte. Und natürlich hatte er auch keine Ahnung, dass der Schuss vom Ufer abgegeben wurde. Von einem Musketier, der glaubte, diese Chance nutzen zu können.

Armin Schulze hasste Friedrich Oberbeck abgrundtief. Umso mehr, weil der Oberjäger das Privileg hatte, von einer jungen, hübschen Frau begleitet zu werden.

Als Friedrich leblos am Ufer antrieb, hatten ihn bereits Indianer entdeckt, aus dem See geborgen und in ein Kanu gelegt. Man hatte ihn dann in das entfernte Dorf bringen müssen, weil dort ein mächtiger Schamane lebte, der schon vielen Kriegern mit Schussverletzungen das Leben gerettet hatte. Sein von den Vorvätern ererbtes Wissen rettete auch den jungen Braunschweiger. Regelmäßig kam der weise Mann, um nach seinem Patienten zu sehen. Auch wenn Anna seine Worte nicht verstand, konnte sie doch vieles nachmachen, was ihr der Schamane zeigte. Wundverbände mit heilenden Kräutern wurden von ihr gewechselt, Tee und stärkende Brühe zubereitet, und schließlich zeigte ihr der Heiler auch, wo sie einige Kräuter selbst finden konnte, die die Genesung beschleunigten.

Schon als der erste Schnee das Mohawk-Dorf mit seinem weißen Schleier bedeckte, verließ Friedrich für kurze Zeit sein Lager. Aber schnell suchte er es wieder auf, weil sich alles um ihn herum drehte. Die Kugel hatte ihn seitlich an der Stirn getroffen, als er sich umdrehen wollte. Das hatte ihm das Leben gerettet. Aus dem sonst tödlichen Schuss wurde eine schwere Verletzung. Die Kugel hatte alles Fleisch weggeschrammt und den Schädelknochen angeschlagen. Die tiefe Wunde brauchte lange Zeit, bis sie sich wieder schloss.

Leider gab es auch in dieser Dorfgemeinschaft niemand, mit dem sie sich unterhalten konnten, und darunter litten die beiden sehr. Sie bemühten sich, von den freundlichen Menschen die wichtigsten Wörter zu lernen, und besonders Anna zeigte sich dabei sehr gelehrig. Jetzt, zum Frühjahr, konnte sie sich mit einfachen Sätzen verständlich machen. Die Höflichkeit der Indianer verbot es, über sie zu lachen, wenn sie manche Wörter falsch benutzte oder aussprach. Geduldig wurde es ihr richtig vorgesprochen, und Anna nahm dankbar jede Hilfe an. Friedrich wollte ihr nicht nachstehen und bemühte sich ebenfalls sehr um Spracherfolge, aber Anna fielen die ungewohnten Laute wesentlich leichter.

Sie fühlten sich sehr wohl in der indianischen Dorfgemeinschaft. Jeder sorgte hier für sein Langhaus. Die Jagd war gut, die Vorräte ausreichend, und auch die beiden Gäste wurden wie Mitglieder der Familie behandelt. Die beiden Deutschen lebten im Haus einer kleinen Familie. Sie bestand aus einem alten Mann, der schon für die Engländer im letzten Krieg gekämpft hatte und den man den French-and-Indian-War nannte. Unter dem Namen ‚Stands-up-and-fight‘ wurde der Krieger weithin bekannt. Bei einem Überfall der Franzosen schlug ihn einer der Soldaten mit einem Gewehrkolben nieder. Aber er war nicht ohnmächtig geworden, sondern sprang wieder auf und tötete seinen Gegner mit einem einzigen Axthieb. Sein Sohn Running Elk war ein vielversprechender Krieger, der tatenhungrig auf die Fortsetzung des Krieges wartete und sein Langhaus mit viel Beute füllen wollte. Moon wurde seine Frau genannt, die freundliche, oft sehr melodisch singende und immer fröhliche Mutter zweier halbwüchsiger Mädchen und absoluter Mittelpunkt der Familie. Sie hatte spontan entschieden, dass man den Verletzten aufnahm, und sich liebevoll um seine Pflege gekümmert. Mit Anna schloss sie sofort Freundschaft und bemühte sich eifrig, ihr alles beizubringen, als wollte sie die junge Deutsche als Tochter aufnehmen. Alle erwiesen sich als ausgesprochen liebenswürdig und hatten ihre Gäste ins Herz geschlossen.

Sobald es ihm nur möglich war, unternahm Friedrich Ausflüge in die Umgebung. Zunächst nur kleine in Begleitung von Running Elk oder Anna, dann immer ausgedehntere, und bald war er sicher, seine alte Kondition wieder erlangt zu haben. Von seiner Gastfamilie lieh er sich ein Gewehr aus. Stand-up-and-fight hatte eine der langen Rifles, mit denen viele amerikanische Kolonisten ausgestattet waren. Friedrich kam damit zurecht, vermisste aber seine deutsche Büchse sehr, die auf dem Grund des Sees ruhte. Die Rifle war durchaus treffsicher und sogar rascher zu laden, als seine Büchse. Aber die Sicherheit der Jagdbüchse war durch nichts zu ersetzen. Nie hatte ihr Besitzer damit einen Fehlschuss getan, während die amerikanische Rifle bei größerer Entfernung doch sehr streute. Diese Erfahrung musste Friedrich bei seiner ersten Hirschjagd machen und stellte sich künftig darauf ein, einen sicheren Schuss erst auf kürzere Distanz zu riskieren.

Jetzt hatte er täglich Jagdglück, kehrte einmal mit einem Bock, dann mit Truthähnen oder Wildgänsen zurück. Auf diese Weise trug er nicht nur zur Abwechslung auf dem Speisezettel bei, sondern wollte auch seinen Gastgebern seine Dankbarkeit zeigen. Oft begleitete ihn Running Elk bei diesen Streifzügen, und die beiden Männer verstanden sich auch ohne viele Worte. Der Mohawk kannte einige englische Ausdrücke, die auch Friedrich inzwischen vertraut waren. Der Deutsche bemühte sich, seine Sprachkenntnisse zu verbessern und ließ sich auch im Wald alles erklären, was er sah.

Nachdem das schöne Frühlingswetter mehrere Wochen angehalten hatte, blieb Anna auch im Dorf zurück und lernte bei den Frauen, die Felle richtig zu gerben. Moon zeigte ihr, wie man dabei vorging, und gemeinsam mit den Töchtern nahmen sie sich die aufgespannten Felle vor. Es war eine mühsame Arbeit, weil die Grannen vollständig entfernt werden mussten, ehe das Fell weiter behandelt werden konnte. Sie wurden dafür auf dem Boden aufgespannt und mit einem scharfen Schaber aus Stein oder Knochen Stück für Stück abgestoßen. Erst danach kamen sie in große Kessel und wurden mit dem Hirn der erlegten Tiere aufgekocht. Das machte sie wasserabweisend und dauerhaft geschmeidig. Fertig zur Weiterverarbeitung waren die Häute aber erst nach dem Räuchern über einem heftig qualmenden Feuer.

Anna bewunderte die handwerklichen Fertigkeiten der indianischen Frauen, unter denen Moon eine wahre Meisterin war, sah ihnen begeistert zu, wenn sie mit den Knochennadeln und Sehne die Stücke verbanden und zu Bekleidungsstücken verarbeiteten. Nur wenige trugen noch diese Art der Kleidung, die meisten bevorzugten Wollstoffe, die sie gegen die gegerbten Fälle bei den umherziehenden Händlern eintauschten. Sie kamen meistens im Frühjahr und Herbst, aber bis jetzt hatte sich noch keiner von ihnen sehen lassen. Durch den Krieg wusste niemand, ob es überhaupt noch Händler gab. Aber noch war es ruhig in den Wäldern um den Champlain-See und den St.-Lorenz-Strom, die Armeen hatten die Winterquartiere bezogen und vertrieben sich die Zeit mit endlosem Exerzieren und Gefechtsübungen.

Als alle nach dem Abendessen noch um die Feuer saßen, sah Friedrich seine Anna an und seufzte tief auf. Sie warf ihm einen beunruhigten Blick zu, und er lächelte.

„Es wird Zeit, dass wir zur Armee zurückkehren, Anna. Nicht mehr lange, und sie werden die Winterquartiere verlassen, um die Amerikaner aus dem Norden zu vertreiben.“

„Schade, dass diese gute Zeit wieder vorbei ist. Von mir aus hätten wir hier noch lange bleiben können“, antwortete seine Frau und lächelte schwermütig.

„Ja, auch ich fühle mich sehr wohl. Aber ich bin Soldat, habe einen Eid geschworen, bin wieder völlig gesund und werde in der Armee gebraucht.“

„Was hast du vor? Wann wollen wir aufbrechen?“

„Wahrscheinlich in den nächsten Tagen schon. Ich habe von Running Elk erfahren, dass eine Abteilung Krieger aus den beiden Dörfern in den Norden will, um sich den Engländern anzuschließen. Wenn der Krieg wieder beginnt, wollen sie sich ihren Anteil an der Beute sichern.“

Der Mohawk kam gerade mit einer Pfeife und dem Tabakbeutel in der Hand zurück und nickte dem Jäger zu.

„Krieg den Amerikanern. Wir alle töten und gute Beute machen. Die Mohawk sind stark. Sie helfen König George.“

„Das ist gut, Running Elk. Deine Männer sind unseren Jägern bestimmt sehr willkommen. Ich habe jedenfalls in den letzten Wochen viel von dir gelernt, obwohl der Wald schon immer meine Heimat war. Wie steht es mit dir, Anna, hast du noch Vorbereitungen?“

„Ich bin abmarschbereit, wenn es erforderlich ist, Friedrich. Dann hoffe ich, dass die Rebellen so schnell wie möglich vertrieben werden, damit endlich wieder Frieden herrschen kann. Ich möchte gern den nächsten Winter wieder in der Heimat verbringen.“

Friedrich nahm seine Frau in den Arm und küsste sie zärtlich auf die Wange. Sie wehrte ihn leicht ab, denn die öffentlich gezeigten Zärtlichkeiten waren unhöflich gegenüber ihren Gastgebern. Aber ihre indianische Familie sah längst über solche Gefühlsausbrüche hinweg.

* * *

Der Tag des Aufbruchs rückte näher. Überall sah man Frauen bei Vorbereitungen für die Reise. Trockenfleisch wurde in kleine Stücken gehackt und geschnitten, mit Fett und Beeren zu einer schmackhaften und haltbaren Masse verknetet. Pemmikan nannten sie das Gemisch mit einem Wort aus der Sprache der Cree, und Friedrich sah mit Staunen zu, als die Portionen in Tierblasen abgefüllt und für die Krieger bereitgestellt wurden. Als Forstgehilfe hatte er sich oft gewünscht, etwas Ähnliches bei seinen längeren Aufenthalten im Wald dabei zu haben. Es war in jedem Fall praktischer und nahrhafter als ein Stück trockenes Brot, Käse oder harte Wurst. Und es nahm sehr viel weniger Platz in der kleinen Jagdtasche ein. Er fand den Geschmack durchaus angenehm und würzig und überlegte schon, wie er aus dieser praktischen Wegzehrung Nutzen für seine Jäger ziehen konnte.

Friedrich lernte nicht nur diese Dauernahrung kennen, sondern auch noch vieles andere, wenn er die Männer des Dorfes auf Jagdzügen begleitete. Erstaunt stellte er fest, wie geschickt die Mohawk das Wild beschlichen, sich geräuschlos selbst noch im dichten Unterholz bewegten und blitzschnell und lautlos mit Pfeil und Bogen töteten. Er hatte sich immer für einen guten Jäger gehalten und lernte doch jetzt durch Running Elk Dinge, die völlig neu für ihn waren. Das Pirschen in der Heimat hatte wenig mit dem Jagdzug eines Indianers zu tun, von dessen Geschick oft das Überleben einer ganzen Gruppe abhing.

Seitdem er das Krankenlager endlich wieder verlassen konnte, hatte er seine Uniform nicht mehr getragen. Sie hatte durch die Streifzüge und Kämpfe schon sehr gelitten. Anna sah den grünen Rock sorgfältig auf kleine Löcher und Schnitte durch, flickte und säuberte die Montur und verpackte sie dann gut zu einem handlichen Bündel. Friedrich erhielt von seinen Gastgebern Wollhemd, Leggins und Mokassins und lernte bald die Vorteile dieser bequemen Kleidung während zahlreicher Ausflüge in die Wälder der Umgebung schätzen. Als es kälter wurde, konnte er einen dicken Jagdrock gegen Felle der erlegten Hirsche tauschen. Dieser Jagdrock war ihm schon mehrfach bei den amerikanischen Truppen aufgefallen. Von gefangenen Milizionären erfuhr er, dass die Green Mountain Boys, eine Eliteeinheit der Rebellen, sie bevorzugt trugen.

Dieser Jagdrock war aus dickem Baumwollstoff gefertigt und wies als Besonderheit zwei große, übereinanderliegende Kragen auf, deren Enden gefranst waren. Händler brachten sie zu den Indianern. Es gab sie in roher, ungefärbter Ausführung und in allen möglichen Farben. Als Friedrich mit der dunkelgrün gefärbten Jacke kam, runzelte Anna für einen Moment die Brauen. Auf seinen fragenden Blick erzählte ihm seine Frau, dass diese Jagdröcke auch von den Soldaten getragen wurden, mit denen sie im Wald gekämpft hatte.

„Sie kamen mir vor wie eine gut ausgebildete militärische Gruppe“, erklärte Anna. „Keiner von ihnen wirkte so verlottert und schlecht ausgerüstet wie die meisten Rebellen, die wir bislang gesehen haben. Aber ist das die Uniform von regulären Truppen?“

„Das bezweifle ich, aber wir wissen viel zu wenig über die Rebellen. Ich habe schon davon gehört, dass es private Armeen gibt, die von reichen Pflanzern aufgestellt und bezahlt werden. Vielleicht war es Green Mountain Boys, die du erlebt hast. Jedenfalls ist dieser Rock im Wald sehr viel praktischer als unsere Montur. Man kann sich besser und leichter darin bewegen, und vor allen Dingen stören die langen Rockschöße nicht, mit denen ich oft irgendwo hängen bleibe.“

„Wem sagst du das?“, lachte ihn Anna an. „So viele Dornen und kleine Astreste, die ich schon aus deinem grünen Rock gezogen habe, bilden ja fast einen Wald!“

„Praktisch sind die Rebellen, das muss man ihnen lassen. Weil sie kaum Uniformen haben, nehmen sie diese Handelsware. So etwas müssten wir für uns haben ...“ Friedrich sah mit abwesenden Blick in die Ferne, dann drehte er sich wieder zu seiner Frau. „Was sie jetzt wohl machen, unsere Jungs?“

Anna lächelte und nahm seine Hand.

„Sie werden furchtbar um dich trauern und sicher neue Pläne schmieden, wie sie diesen Krieg ohne ihren besten Oberjäger erfolgreich beenden können!“

Friedrich lachte ebenfalls, dann wurde er wieder ernst.

„Wenn sich das milde Frühlingswetter hält, werden wir wohl morgen oder übermorgen aufbrechen. In spätestens zwei Wochen kann ich mich wieder zurückmelden.“

Anna spürte einen Stich durchs Herz, aber sie ließ sich nichts anmerken. Dass sie ihren Friedrich wiederhatte, war ein großes Glück. Aber der Krieg war noch nicht beendet, und sie musste erneut um ihren Mann bangen, bei jeder Rückkehr der Jäger ängstlich nach seinem Gesicht suchen. Nichts hatte sich geändert, die Zeit bei den Mohawk war nur ein kurzer Aufschub. Sie verdrängte die trüben Gedanken, sprang auf und griff nach einer Tasche, die am Langhaus hing.

„Hier, probier mal meine Mischung aus. Moon hat mir gezeigt, wie man Pemmikan noch verfeinern kann.“

Sie öffnete die mit kleinen, weißen Perlen reich verzierte Tasche und nahm eine Tierblase heraus. Mit zwei Fingern fasste sie in das fettige Gemisch und reichte Friedrich einen kleinen Ballen. Der roch erst vorsichtig daran, dann nahm er eine kleine Probe.

„Mmh, köstlich. Da sind ja sogar Nüsse mit drin!“, sagte er kauend. „Anna, du wirst noch eine perfekte Indianerin. Du sprichst ihre Sprache, kannst Felle wie sie bearbeiten und jetzt auch noch Pemmikan wie eine Mohawk herstellen. Phantastisch! Wir sollten uns überlegen, ob wir nicht hierbleiben und uns von Stands-up-and-fight adoptieren lassen.“

„Schlecht wäre das jedenfalls nicht. Die Mohawk haben zwar ein einfaches, aber sehr schönes Leben. Die Menschen machen einen glücklichen Eindruck. Die Jagd ist gut, der Mais wächst prächtig, und niemand leidet Not. Ich könnte mir durchaus vorstellen, hier zu leben.“

Friedrich sah sie einen Augenblick verdutzt an, dann lachte er.

„Ja, wir beide als Indianer, das wäre etwas, Anna!“

Er fasste sie an den Hüften und wirbelte sie zweimal herum. Anna lachte und fühlte sich sehr glücklich in diesem Moment. So hatte er sie das letzte Mal in der Kaserne herumgewirbelt. Was war seit dieser Zeit alles geschehen!

„Ich werde mal mit dem Hauptmann sprechen, ob er mich nach Kriegsende zu den Mohawk entlässt. Dann bauen wir uns ein Langhaus und leben nur noch in den Tag hinein. Wenn wir Hunger haben, gehe ich auf die Jagd oder fische im See. Komme ich dann nach Hause, wartet meine liebe Frau schon mit einem Kessel voller Fleisch. Eichhörnchen, Kaninchen, ein paar alte Krähen, alles liebevoll zubereitet und...“ Weiter kam er nicht, denn Anna verschloss ihm die Lippen mit einem Kuss.

* * *