Revolution 1776 - Krieg in den Kolonien 5. - Thomas Ostwald - E-Book

Revolution 1776 - Krieg in den Kolonien 5. E-Book

Thomas Ostwald

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Beschreibung

Die Jägergruppe aus dem Braunschweiger Land, Teil der großen Subsidienarmee, mit der die englischen Truppen in ihrem Kampf gegen die amerikanischen Revolutionäre unterstützt wurden, haben sich nach der Kapitulation der Armee bei Saratoga dazu entschlossen, unter allen Umständen nach Kanada zurückzukehren, wo noch immer ein Teil der Armee stationiert ist. Als sie bei den Kolonisten am Richelieu River eintreffen, kommt es erneut zu einer dramatischen Begegnung mit einer Abteilung der Green River Boys, die ein neues Ziel gefunden haben: Die einsamen Farmen im Norden…

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Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Thomas Ostwald

Revolution 1776 – Krieg in den Kolonien

Band 5 – Tod den Loyalisten!

Edition Corsar

Alle Rechte vorbehalten. Überarbeitete und ergänzte Ausgabe des

Romans „Auf unsers Carls Befehl“

© Edition Corsar Dagmar und Thomas Ostwald 2021 Braunschweig

1.

Während des Frühstücks rutschte John auf dem groben Holzstuhl unruhig hin und her. Es ging ihm wieder einmal viel zu langsam, aber sein Vater beachtete ihn nicht, reichte wortlos die Holzschale noch einmal seiner Frau und ließ sie sich erneut aus dem Kessel mit dem dicken Stew füllen. Langsam, fast bedächtig, mahlten seine kräftigen Kiefer, ein gehäufter Löffel wartete bereits in der sehnigen Hand, um gleich darauf dem anderen zu folgen. Während des Frühstücks fiel kein Wort, und Andrew Miller, Farmer am Richelieu River, konnte sich nicht erinnern, dass es jemals anders gewesen war.

Auch, als er noch Knecht auf dem Hof seines Bruders war, gab es für ihn nichts Wichtigeres, als ein ausreichendes, sättigendes Frühstück. Der heutige Tag würde nach dem gleichen Muster wie alle Tage ablaufen.

Mit dem ersten Sonnenstrahl hatten die beiden Erwachsenen ihr einfaches Lager verlassen, und während Andrew mit einer kleinen Axt das Holz spaltete, holte Ellen Wasser, hing den Kessel über die Feuerstelle und bereitete das Frühstück zu.

Auch John hatte seine festen Aufgaben. Während seine Eltern die Vorbereitungen für das Frühstück trafen, das die Grundlage für einen langen Arbeitstag bildete, deckte er den aus einfachen, gehobelten Brettern zusammengefügten Tisch. Jeder erhielt einen Tonbecher und die Holzschale mit dem Löffel an seinen Platz. Dann ging John mit einem kleinen Eimer vor das Blockhaus, um die Ziege zu melken. Sie wurde nachts in unmittelbarer Nähe des Hauses angepflockt und erst nach dem Melken freigelassen, damit sie sich ihr Futter selbst suchen konnte.

Es war ein gutmütiges Tier, das John in sein Herz geschlossen hatte. Auf dem Weg zu ihrem Schlafplatz hatte er im Vorbeigehen ein paar frische Grasbüschel gezupft, die er ihr anbot, bevor er sich zum Melken bereit machte. Dann bekam Beargrease, der große, schwarze Jagdhund, sein Futter. Er schlief nur im Winter im Haus und hatte seinen Platz sonst in der Scheune. Der Hund war ein verlässlicher Gefährte, der jeden Fremden schon von weitem vermeldete und jedes Raubwild von der Farm fern hielt.

John hatte auch an diesem Morgen seine Aufgaben wie immer schnell und gleichmütig ausgeführt, aber voller Unruhe warf er immer wieder einen Blick zur großen Scheune.

Sein Vater hatte natürlich längst gemerkt, dass John am liebsten auf das Frühstück verzichtet hätte, nur, um wieder hinauszulaufen. Er kratzte den letzten Rest Eintopf aus seiner Schüssel, schob sie von sich, nahm einen kräftigen Schluck aus dem Becher und lachte zu seinem Sohn hinüber.

„Na, John, ist es so weit bei Blacky?“

„Ja, Vater, da bin ich mir ganz sicher! Sie haben gestern ganz doll gestrampelt, ich konnte es richtig sehen!“

„Na los, dann ab mit dir, und schau nach, ob alles in Ordnung ist!“

„Danke, Daddy!“, rief ein glücklicher John, sprang auf und flitzte um den Tisch, als ihn der Arm seiner Mutter stoppte.

„Moment, junger Mann, nicht so stürmisch! Du versprichst mir, nicht wieder den ganzen Tag bei der Katze in der Scheune zu verbringen! Denk an deinen Auftrag!“

John warf einen raschen Blick in das sonnengebräunte Gesicht seiner Mutter, dann nickte er.

„Versprochen, Mum, wenn ihr vom Feld zurück seid, ist kein Unkraut mehr in deinem Garten!“

„Das will ich hoffen, John. Und dann könntest du auch zur Salzlecke gehen und nach den Kühen sehen!“

„Mach ich auch, Mum!“ John hätte in diesem Augenblick alles versprochen, wenn er nur endlich zu seiner Katze durfte, die ganz sicher ihre Jungen bekommen hatte. Ein kritischer Blick in das Gesicht des Achtjährigen, dann drückte ihn Ellen an sich und gab ihm einen Kuss auf das strohblonde Haar.

„Pass auf dich auf, John!“, sagte sie halblaut, aber da war der Junge schon aus der Hütte und lief hinüber zur Scheune. Als er wenig später glücklich auf dem Heuboden lag und die tapsigen, blinden Kätzchen beobachtete, die von ihrer Mutter abgeleckt wurden, fiel sein Blick aus der Fensteröffnung. Er sah seine Eltern, die wie jeden Morgen auf das etwas abseits liegende Feld zu ihrer mühseligen Arbeit zogen. Sie gingen am nahezu abgeerntetem Maisfeld, das bis an das Haus reichte, entlang zum fernen Waldrand.

John sah, dass sein Vater die große, doppelseitig geschliffene Axt über der Schulter trug. In der Hand hielt er die langläufige Büchse, zusammen mit Pulverhorn und Kugeltasche, ohne die er nie für längere Zeit das Anwesen verließ. Seine Mutter trug eine kleinere Axt, mit der sie bestens umgehen konnte und ihrem Mann nach dem Fällen der Bäume beim Abschlagen der Äste zur Hand ging.

John sah ihnen träumerisch nach, bis sie hinter einem sanften Hügel beim Wald verschwanden. Obwohl es schon Herbst war und ein kühler Morgen, versprach die aufgehende Sonne einen schönen Tag. Vom nahen Wald her leuchteten schon die rot verfärbten Ahornblätter, und der Herbst, den sie Indian Summer nannten, war bislang noch weitgehend trocken geblieben und ließ die Feldarbeit bis zum Einbruch der Dunkelheit zu.

Längst war die Ernte eingebracht, und die Mutter hatte beim schlechten Licht der mit Tierfett getränkten Lampen oft noch bis spät in die Nacht die Vorräte in große Tonkrüge eingelegt und für den langen Winter vorbereitet.

Andrew hatte sofort nach der Maisernte damit begonnen, ein neues Feld vorzubereiten, das dann im Frühjahr für die neue Aussaat bereit sein musste. Dazu fällte er zahlreiche Bäume so dicht wie möglich über der Erde, während die Stümpfe im Boden verlieben. Waren die Stämme zu dick, schnitt er sie an und ließ die Bäume absterben. Lange Jahre würde er mit dem Pflug den Hindernissen ausweichen müssen, aber das war egal – nur so war es den Ansiedlern mit den kleinen Farmen möglich, neuen Boden zu gewinnen.

Bei einem Klötzerollfest kamen dann die Nachbarn zusammen, um gemeinsam die gefällten Baumstämme an den Feldrand zu rücken. Das war zugleich ein großes, gesellschaftliches Ereignis in der Einsamkeit der weit auseinander liegenden Farmen, und manche Familie nahm dafür sogar mehrere Tagesritte in Kauf. Man traf sich, tauschte Klatsch und Tratsch aus, kochte und aß gemeinsam, und oft entstanden dabei durch viele geschickte Frauenhände bunte Flickendecken, die dann noch durch die besten von ihnen ein besonderes Ornamentmuster aufgenäht erhielten.

Auch Ellen liebte diese gemeinsamen Arbeiten, und ihre Quiltapplikationen fanden überall Anerkennung. Es kam sogar vor, dass Nachbarn sie baten, eine schon fertige Decke mit einem besonderen Muster zu versehen, und die gutmütige Frau saß dann oft an den langen Winterabenden bei dem schlechten, blackernden Licht, das in den flachen Schalen mit ein paar Dochten brannte, und erhielt dafür im Frühjahr einen angemessenen Gegenwert, den auch Andrew durchaus schätzte.

Ihr muntere Hühnerschar und sogar die Ziege hatten sie in den letzten beiden Jahren auf diesem Weg erhalten.

John lag auf dem Bauch im Stroh und sah träge aus der Luke zum Waldrand hinüber, wo er seine Eltern bei der Tagesarbeit wusste. Dann erinnerte er sich an seine Pflichten, warf noch einmal einen Blick auf die Katzenschar und wollte gerade an dem Balken herunterklettern, als er etwas am Waldrand bemerkte. Für einen Augenblick schien es ihm, als hätte er dort eine menschliche Gestalt gesehen, die gleich darauf wieder verschwunden war.

Seine Eltern konnten das nicht sein, sie waren erst ein paar Stunden weg.

Sollte er sich getäuscht haben?

Gerade richtete sich John erneut auf, als er wieder eine Bewegung am Waldrand bemerkte. Jetzt bestand kein Zweifel mehr, dort kamen Menschen!

Unwillkürlich duckte sich der Junge und beobachtete den Waldrand aufmerksam.

Es war nun klar erkennbar, dass dort zwei Menschen langsam aus dem Wald kamen, sich vorsichtig umsahen, ein paar Schritte weitergingen, dann sich in das hohe Gras hockten und warteten.

Johns erster Gedanke galt den Indianern, die vor einiger Zeit noch häufiger in dieser Gegend unterwegs waren. Er überlegte, ob er die Vogelflinte holen sollte, mit der er schon gut schießen konnte. Sein Vater hatte sie ihm zu seinem sechsten Geburtstag geschenkt, und seitdem hatte sich John als hervorragender Schütze erwiesen.

So manches vorwitzige Eichhörnchen war seiner Treffsicherheit zum Opfer gefallen, und stolz präsentierte er immer seine Jagdbeute der Mutter, die sie dann als willkommene Bereicherung dem täglichen Eintopf hinzufügte.

Auch Andrew war begeistert von dem jungen Jäger, denn die tägliche Arbeit ließ ihm zur Jagd selbst zu wenig Zeit, und am Sonntag duldete es seine Frau nicht.

John erkannte grüne Jacken mit flammend roten Aufschlägen bei den Männern, dazu schwarze Dreispitze.

Soldaten!

Hatte der Vater nicht oft davon gesprochen, dass Krieg im ganzen Land herrschte?

Jetzt kam er auch zu ihnen, und John hatte keine Ahnung, was diese Soldaten hier wollten. Kaum hatten sich die beiden Männer wieder erhoben, wurde es am Waldrand lebendig. Eine ganze Schar folgte den beiden genauso vorsichtig nach. Sie kamen auf ihr Haus zu, kein Zweifel.

Im nächsten Augenblick hatte John seine Füße auf den eingekerbten Leiterbalken gesetzt, war herunter und gleich darauf im Haupthaus, wo er die Flinte aus seiner Schlafecke zog und nach dem Kugelbeutel griff. Ein schneller, geübter Blick auf die Pfanne zeigte ihm, dass die Waffe, wie immer, bereit war.

John warf sich den Riemen des kleinen, hübsch verzierten Horns mit dem Pulver über und war gleich darauf mit Flinte und Kugelbeutel wieder vor dem Haus. Beargrease, der im Schatten lag, bemerkte die Waffe und kam fröhlich bellend herbeigesprungen. Zu gern begleitete er den Jungen, wenn es auf die Jagd in den Wald ging.

„Nein, Beargrease, aus! Sitz!“

Der verwunderte Hund gehorchte zwar augenblicklich, aber John sah ihm an, dass er die Welt nicht mehr verstand. Er beugte sich über den Kopf des großen Hundes und raunte ihm zu: „Hol Daddy, schnell! Lauf zu Daddy, schnell!“

Dazu schob er ihn an der abgelegenen Ecke des Maisfeldes in Richtung Waldrand. Dort würden ihn die Männer nicht so schnell entdecken. Beargrease warf noch einen prüfenden Blick auf den Jungen, und als der mit ausholendem Arm zum Waldrand wies, lief der Hund los. Wie eine schwarze Furie jagte er am Maisfeld entlang in die Richtung, in der er seinen Herrn wusste.

Nur einen Augenblick später war John wieder auf seinem Posten.

Er duckte sich tief in das Stroh und beobachtete über die Öffnung auf dem Heuboden die Männer, die sich noch immer behutsam, in gebückter Haltung und in einer weit auseinander gezogenen Linie dem Blockhaus näherten.

John hörte keinen Laut.

Die Soldaten hatten in kurzer Zeit den freien Platz vor dem Haus erreicht und verharrten mit schussbereiten Gewehren, ob ihre Ankunft vom Haus bemerkt wurde. Das Hundegebell hatten sie natürlich vernommen und rechneten damit, dass sich die Besitzer zeigen würden.

John staunte über das Aussehen der Männer.

Noch nie hatte er solche Uniformen gesehen, und auch die kurzen Gewehre, die schussbereit im Anschlag lagen, waren ihm fremd. Als vor Monaten eine Gruppe Milizionäre auf der Farm rastete, hatte er bei den schlecht ausgerüsteten Männern, von denen viele noch nicht einmal Schuhe trugen, nur die üblichen, langen Musketen gesehen.

Sein Vater hielt nichts von den Soldaten, für ihn war es eine Bande zerlumpter Revolutionäre. Das hatte er aber erst zu seiner Mutter gesagt, als der letzte von ihnen wieder hinter dem Waldrand verschwunden war. Andrew hatte ihnen finster nachgestarrt und die Faust geballt.

Ohne ein weiteres Wort zu seiner Familie stampfte er dann in das Haus und setzte sich auf seinen Platz. John beobachtete das finstere Gesicht seines Vaters, wagte aber nicht, ihn auf die Soldaten anzusprechen, und am nächsten Tag war diese Begegnung schon fast wieder vergessen.

Vom Krieg hatten sie seitdem nichts mehr gehört, ihre Farm lag abseits der Handelsstraße, die im Süden nach Albany führte und im Norden zum Lake Champlain. Andrew Miller hatte sich ganz bewusst mit seiner Frau in die Einsamkeit am Richelieu River ein Grundstück ausgesucht, fernab von seinen einstigen Reisegefährten aus Deutschland, die lieber in der Umgebung der Stadt New York siedeln wollten.

Ellen war die Entscheidung schwergefallen, sie wäre lieber in der Nähe der anderen Auswanderer geblieben, die mehr Sicherheit für sie versprach.

Aber Andrew wich von seinem einmal gefassten Plan nicht ab.

Schon gleich nach ihrer Ankunft hatte er von einem durchziehenden Pelzhändler erfahren, wie fruchtbar diese Gegend war und wie wenige Siedler sich dort erst niedergelassen hatten. Hier konnte jeder Arbeitswillige so viel Land für sich nehmen,

wie er nur wollte.

„Steck‘ einen Halm in die Erde, und er wächst sofort an, wirf ein Maiskorn aus, und du kannst schon bald eine Ernte einfahren!“, hatte ihm der Mann versichert, der diese Gegend seit vielen Jahren kannte. „Und sicher ist es dort auch, die Indianerdörfer sind weit entfernt, und sie lassen seit dem Großen Krieg die Siedler in Ruhe. Wenn die Franzosen sie nicht aufhetzen, können sie richtig gute Handelspartner sein!“

Der Pelzhändler lachte und strich über einen Stapel Biberfelle, die sich auf dem Tresen des Trading Post stapelten, in dem sie sich getroffen hatten.

Andrew hatte dort die Äxte und Saatgut gekauft, bevor sie nur mit einem kleinen Handkarren, auf dem ihre wenigen Habseligkeiten aus Deutschland lagen, den beschwerlichen Fußweg in die Wildnis auf sich nahmen.

Zu Ellens Erleichterung fanden sich noch einige andere, die mit ihnen am Richelieur River entlang zogen. Es war ein kleiner, bunter Treck mit Menschen aller Nationen, darunter zahlreiche Deutsche, die sich auf dem Sammelplatz vor der Stadt einfanden.

Ein paar Neusiedler führten sogar Vieh mit sich, ein paar Kühe, die die lange Seereise überstanden hatten, einige Hühner, sogar Ziegen und Schweine wurden mitgetrieben.

John hörte gern die Geschichten, die ihm seine Mutter manchmal vor dem Einschlagen von ihrer