Ringelnatz,J.,Gesammelte Werke - Joachim Ringelnatz - E-Book

Ringelnatz,J.,Gesammelte Werke E-Book

Joachim Ringelnatz

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Beschreibung

Ein männlicher Briefmark erlebte / was Schönes, bevor er klebte. / Er war von einer Prinzessin beleckt. / Da war die Liebe in ihm erweckt.’ Wer Gedichte von Joachim Ringelnatz liest, kommt aus dem Staunen so rasch nicht wieder heraus, denn seine Verse stecken voller überraschender Reime, verblüffender Gedanken und versponnener Ideen. In ihrer Gesamtheit ergeben sie ein komisches und sehr entspanntes, ganz dem ‘Wunderland Leben’ zugewandtes Werk. Das versammelt diese edel ausgestattete Ausgabe zwischen zwei lichtblauen Leinendeckeln.Passend zum Inhalt ist diese wunderschöne Geschenk-Ausgabe in edles Iris-Leinen gebunden und mit Goldprägung versehen.

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Seitenzahl: 821

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JOACHIM RINGELNATZ Gesammelte Werke

JOACHIM RINGELNATZ

Gesammelte Werke

Gedichte und Erzählungen

Anaconda

Die Gedichte und Erzählungen dieses Bandes sind chronologisch nach den Erstausgaben geordnet. Orthografie und Interpunktion wurden behutsam auf neue deutsche Rechtschreibung umgestellt, grammatische Eigenheiten blieben gewahrt.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2015 Anaconda Verlag GmbH, Köln

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: picture-alliance/dpa

Umschlaggestaltung: Druckfrei. Dagmar Herrmann, Bonn

ISBN 978-3-7306-0224-9eISBN 978-3-7306-9147-2

www.anacondaverlag.de

[email protected]

INHALT

GEDICHTE

Kleine Wesen

Was Topf und Pfann’ erzählen kann

Gedichte

Die Schnupftabaksdose

Joachim Ringelnatzens Turngedichte

Kuttel Daddeldu oder das schlüpfrige Leid

Die gebatikte Schusterpastete

Taschen-Krümel

Turngedichte · Neue Gedichte der erweiterten Ausgabe

Kuttel Daddeldu · Neue Gedichte der erweiterten Ausgabe

Geheimes Kinder-Spiel-Buch

Reisebriefe eines Artisten

Allerdings

Flugzeuggedanken

Kinder-Verwirr-Buch

Gedichte dreier Jahre

103 Gedichte · Gedichte, Gedichte von Einstmals und Heute

ERZÄHLUNGEN

Ein jeder lebt’s. Novellen

Die wilde Miss vom Ohio

Das Gute

Zwieback hat sich amüsiert

Auf der Straße ohne Häuser

Vergebens

Sie steht doch still

Gepolsterte Kutscher und Rettiche

Durch das Schlüsselloch eines Lebens

Der tätowierte Apion

Das – mit dem »blinden Passagier«

Das Grau und das Rot

Phantasie

Die Woge. Marine-Kriegsgeschichten

Die Blockadebrecher

Die zur See

Nordseemorgen

Totentanz

Auf der Schaukel des Krieges

Der Freiwillige

Aus dem Dunkel

Flaggenparade

Nach zwei Jahren

Lichter im Schnee

Fahrensleute

Die Zeit

…liner Roma

Nervosipopel. Elf Angelegenheiten

Nervosipopel

Abseits der Geographie

Der arme Pilmartine

Vom Zwiebelzahl

Diplingens Abwesenheit

Vom Baumzapf

Eheren und Holzeren

Das schlagende Wetter

Vom Tabarz

Das halbe Märchen Ärgerlich

Die Walfische und die Fremde

GEDICHTE

 

Kleine Wesen

1910

 

EINLEITUNG

Viel passiert zu allen Zeiten

In der Welt der Kleinigkeiten.

Stimmt bald ernst und stimmt bald heiter. –

So, nun blätt’re, bitte, weiter.

DIE FEDER

Ein Federchen flog über Land;

Ein Nilpferd schlummerte im Sand.

Die Feder sprach: »Ich will es wecken!«

Sie liebte, andere zu necken.

Aufs Nilpferd setzte sich die Feder

Und streichelte sein dickes Leder.

Das Nilpferd öffnete den Rachen

Und musste ungeheuer lachen.

DER FUNKE

Es war einmal ein kleiner Funke.

Das war ein großer Erzhallunke.

Er sprang vom Herd und wie zum Spaß

Gerade in ein Pulverfass.

Das Pulverfass, das knallte sehr;

Da kam sofort die Feuerwehr

Und spritzte dann mit Müh und Not

Das Feuer und das Fünkchen tot.

DER EDELSTEIN

Der gute König Magarone

Trug einen Stein in seiner Krone.

Es war ein schöner Edelstein,

Er funkelte wie Sonnenschein.

Ein böser König kam aus Polen,

Um sich den Edelstein zu holen.

Sie stritten sich fast zehn Minuten,

Der böse König mit dem guten.

Dann kam ein fürchterlicher Krieg.

Der gute König kam zum Sieg.

Und schenkte – weil er sich so freute –

Den Edelstein an arme Leute.

DIE SEIFENBLASE

Es schwebte eine Seifenblase

Aus einem Fenster auf die Straße.

»Ach nimm mich mit dir«, bat die Spinne

Und sprang von einer Regenrinne.

Und weil die Spinne gar nicht schwer,

Fuhr sie im Luftschiff übers Meer.

Da nahte eine böse Mücke,

Sie stach ins Luftschiff voller Tücke.

Die Spinne mit dem Luftschiff sank

Ins kalte Wasser und ertrank.

DAS EI

Es fiel einmal ein Kuckucksei

Vom Baum herab und ging entzwei.

Im Ei da war ein Krokodil;

Am ersten Tag war’s im April.

DER FLOH

Herr Müller hatte einen Floh,

Der stach Herrn Müller irgendwo.

Herr Müller dankte für die Ehre,

Dann nahm er eine lange Schere

Und schnitt ihn in zwei gleiche Teile.

Jedoch, nach einer kurzen Weile,

Da wurden aus dem einen Floh

Zwei neue Flöh’ daraus. – Oho!

Da sprach der eine von den beiden:

»Man muss nicht einen Floh zerschneiden«.

DIE NADEL

Ein Schneider eine Nadel fand,

Die stach den Schneider in die Hand.

Der Schneider sprang entsetzt zurück,

Die Nadel sprach, ich bring’ dir Glück.

Der König hörte Schneiders Leid,

Und er bestellte sich ein Kleid.

Der Schneider nähe dieses gleich;

Am andern Tage war er reich.

So hat die Nadel über Nacht

Dem armen Schneider Glück gebracht.

DAS SAMENKORN

Ein Samenkorn lag auf dem Rücken,

Die Amsel wollte es zerpicken.

Aus Mitleid hat sie es verschont

Und wurde dafür reich belohnt.

Das Korn, das auf der Erde lag,

Das wuchs und wuchs von Tag zu Tag.

Jetzt ist es schon ein hoher Baum

Und trägt ein Nest aus weichem Flaum.

Die Amsel hat das Nest erbaut;

Dort sitzt sie nun und zwitschert laut.

DER WASSERTROPFEN

Ein Wassertropfen fiel vom Himmel;

Es war ein ungezog’ner Lümmel.

Im Grase schlief ein dummer Hase,

Der Tropfen fiel auf seine Nase.

Der Hase dachte sich dabei,

Dass er jetzt totgeschossen sei.

Er sprang in seinem großen Schreck

Aus seinem sicheren Versteck.

Der Jägersmann stand an der Straße

Und schoss ihn wirklich in die Nase.

DER KNOPF

Es war ein Knopf an Fritzens Mütze,

Der machte ungezogne Witze.

Erst strampelte er stundenlang,

Worauf er von der Mütze sprang.

Er fiel auf einen Kieselstein,

Dort schlief er ganz ermüdet ein.

Und eine Schlange sah den Schläfer;

Sie dachte sich, es sei ein Käfer.

Und weil der Käfer ihr gefiel,

So fraß sie ihn mit Stumpf und Stiel.

DER STEIN

Ein kleines Steinchen rollte munter

Von einem hohen Berg herunter.

Und als es durch den Schnee so rollte,

Ward es viel größer als es wollte.

Da sprach der Stein mit stolzer Miene:

»Jetzt bin ich eine Schneelawine«.

Er riss im Rollen noch ein Haus

Und sieben große Bäume aus.

Dann rollte er ins Meer hinein,

Und dort versank der kleine Stein.

DERKLEINE JUNGE

Es war ein kleiner, böser Junge,

Der zeigte jedermann die Zunge,

Ging statt zur Schule auf die Straße

Und drehte allen eine Nase.

Als seine Eltern beide tot,

Kam er in bitterliche Not.

Und lebt nun – weil er sonst nichts kann –

Als armer Leierkastenmann.

DAS KLEINE MÄDCHEN

Es war ein armes kleines Mädchen,

Das stickte nur mit kurzen Fädchen;

Ich glaube, Lina war ihr Name.

Sie wurde eine schöne Dame,

War fleißig, brav und lernte gerne,

Da kam ein Prinz aus weiter Ferne.

Der sagte: »Liebe gute Lina,

Komm mit mir auf mein Schloss nach China.«

Dort sitzen sie nun alle beide

Auf einem Thron von gelber Seide.

Was Topf und Pfann’ erzählen kann

Ein lustiges Märchen

Text von Hans Bötticher und Ferdinand Kahn 1910

 

DAS FEUER zischt mit rotem Kopf –

Am Herd – da stehet Topf an Topf.

Drin kocht und siedet dies und das;

Die Köchin geht und holt noch was!

Kaum ist sie fort die Küche leer,

Geht’s auf dem Herd lebendig her!

Das Feuer prasselt – bli! bla! blu! –

Der gute Herd – der brummt dazu.

In Topf und Töpfchen regt es sich

Und zischt und brodelt wunderlich.

Aus jedem tönt ein Stimmchen vor,

Und geht ihr hin und spitzt das Ohr,

Dann hört ihr – ei, das wird ein Spaß! –

Ein jeder Topf erzählt euch was.

Und was noch kochend drinnen liegt,

Weil ihr es erst heut’ mittag kriegt,

Sagt, was erlebt’ es wundersam,

Bevor es in den Kochtopf kam.

Drum kommt und hört – es ist nicht schwer –

Es freut bei Tisch euch sicher sehr,

Dieweil ihr mehr wie alle wisst

Von dem, was man zu Mittag isst!

ES LIEGT in seinem Topfe

Ein Braten feist und schwer

Und sagt mit rotem Kopfe:

»Allhier gefällt mir’s sehr!«

Das gute liebe Feuer

Wärmt mich so wohlig an;

Das freut mich ungeheuer,

Wär’ ich nur näher dran!«

Er hat sich immer näher

Zum Feuer hingewandt,

Da – pff! – ein Schrei, ein jäher,

Schon ist er angebrannt.

Da kommt die Köchin wieder

Und merkt sofort, was los;

Zum Braten schaut sie nieder –

O weh! – der Schreck ist groß! –

Am Fensterbrett zwei Raben,

Die plappern frech und dreist:

»Wer’s gar zu warm möcht’ haben,

Der brennt sich auch zumeist!«

»KENNT IHR die Geschichte vom Hänschen?«

Fragte aus der Pfanne das Gänschen.

»Im Garten promenierte Hänschen,

Um einen Blumenstrauß zu pflücken;

Er traf ein rundes fettes Gänschen

Und kletterte auf seinen Rücken.

›Ha!‹, rief der Hans, ›jetzt kann ich reiten.

Ich reite nach Amerika

Dort gibt es keine Schularbeiten,

In vierzehn Tagen sind wir da!‹

Ein Taschentuch nahm er als Zügel,

Der Sattel war bequem und weich,

Da plötzlich hob die Gans die Flügel

Und flog auf einen großen Teich.

Das Gänschen schwamm durchs Wasser

Hans strampelte und schrie zuletzt;

Das Gänschen tauchte dreimal unter

Und hat ihn dann ans Land gesetzt.

Hans kam nach Hause ohne Zügel

Und war vor Angst und Schrecken blass.

Denn erstens kriegt’ er arge Prügel,

und zweitens war er klitschenass.«

DIE SUPPE sprach mit leisem Mund:

»Die Kinder mach’ ich stark – gesund!

Wenn ihr’s nicht glaubt, so seid jetzt still

Und horcht, was ich erzählen will.

Im Wald, wo Wind und Wetter braust,

Hat eine Hexe einst gehaust,

Die hatte viele Kinderlein,

Die sperrte in den Wald sie ein,

Gab ihnen nichts zu essen mehr;

Die Kinder plagt’ der Hunger sehr.

Doch eine Fee, die wusste dies;

Darum sie Suppe regnen ließ.

Da kamen schnell die Kinderlein

Und fingen sie in Töpfchen ein,

Und wurden groß und kräftig sehr,

Die Hex’ konnt’ sie nicht halten mehr,

Und kamen glücklich in die Stadt –

Die Suppe sie gerettet hat!«

»DAS KOMMT von solcher Prahlerei!«

So schimpfte zornig ein Spiegelei

Und zischte über dem Feuer und wallte

Und brodelte, prustete, spritzte und knallte.

Man fragte es, warum es so zornig sei –

Und da erzählte das Spiegelei:

»Es war zum fröhlichen Osterfest;

Vier Eier lagen in einem Nest,

Das eine aus Schokoladeguss

War braun, als wie eine Haselnuss.

Die andern weißen riefen: ›Wie schade!

Ach, wären wir auch aus Schokolade!‹

›Ja‹, prahlte das braune, ›ihr armen Schlucker,

Ihr seid ja noch nicht einmal aus Zucker!‹

Da riefen die andern Eier: ›Juchhei!‹

Und schlugen einander die Köpfe entzwei.

Nun kroch aus jedem der Eier ein Küken,

Nur aus den haselnussbraunen Stücken

Kam nichts. Die waren ganz hohl und leer;

Da weinten sie nun und schämten sich sehr!«

»ACH, WAS sind die Menschen schlecht!«

jammerte im Topf der Hecht.

»Als ich noch im Fluss geschwommen,

Ist einmal ein schöner junger

Weißfisch mir entgegengekommen,

Da bekam ich großen Hunger.

Und aus Liebe und Behagen

Hab’ ich gleich ihn aufgefressen.

Aber ach! – in seinem Magen

Hat ein Häkchen festgesessen.

An dem Häkchen hing die Angel,

Und die Angel hielt der Bauer,

Und der Bauer lag schon lange

Hinterm Schilfe auf der Lauer.

Bauer packte mich am Kopfe –

Ach! da half kein Zappeln, Beißen,

Und nun koch’ ich in dem Topfe,

Und man wird mich wohl verspeisen.«

Eine Zwiebel sprach zum Hecht:

»Siehst du, das geschieht dir recht!«

»HÖRT!«, RIEF die Kartoffel, »ich weiß eine tolle

Geschichte von einer Zauberknolle,

Die einen Regenwurm in ein Blatt

Und dann in ein Heupferd verwandelt hat!«

Und die Kartoffel wollte beginnen – –

Da war kein Wasser im Topf mehr drinnen.

So platzte ihr schönes Kartoffelkleid.

»Ach!«, jammerte sie, »es tut mir so leid,

Ich würde euch gern die Geschichte erzählen,

Doch ist es zu spät – ich muss mich jetzt schälen.«

So sprach die Kartoffel und drehte sich um

Und blieb von dieser Minute an stumm!

»VERZEIHEN SIE, wenn ich störe!«

Rief ein Apfel aus der Röhre;

»Was ich erlebt, das glaubt man kaum,

Ich hing an einem Apfelbaum;

Der Baum stand dicht vor einem Haus,

Dort wohnt der Bauer Nikolaus.

Da sah ich nachts – beim Mondenschein,

Es stieg ein Dieb zum Fenster ein.

Ich aber, um ihn zu vertreiben,

Fiel ab – und pochte an die Scheiben.

Der Dieb, der dachte sich: ›Oho!‹

Er ließ das Geld im Stich und floh!

So hab’ ich Nikolaus beschützt,

Es hat mir aber nichts genützt.

Mit grober Hand griff mich der Bauer,

Besah mich lang und sagte: ›Sauer!‹ –

Nun muss ich hier im Topfe kochen,

Mir ist das Herz schon fast gebrochen.

Das eine aber ist mir klar:

Die Menschen sind oft undankbar!«

DIE GELBEN Rüben waren gar,

Darunter auch ein Zwillingspaar,

Und dieses Wurzelzwillingspärchen

Erzählte ein famoses Märchen:

»Es war einmal ein gelbes Rübchen,

Das hatte viele tiefe Grübchen

Und nicht ein einzig grünes Blättchen;

Da ging es ganz betrübt ins Bettchen.

Daneben stand ein Schwammerling,

Das war ein allerliebstes Ding;

Ein Hütchen trug der kleine Pilz

Aus feinstem dunkelbraunem Filz,

Und auch ein Röckchen weiß und nett.

Das Rübchen aber lag im Bett

Und jammerte und weinte sehr:

›Ach, wenn ich so ein Pilz doch wär’!‹

Einst kam vom Berg herab ins Tal

Der gute Erdgeist Rübezahl.

Der sah das arme gelbe Rübchen

Und fragte: ›Ei, wie geht’s, mein Liebchen?‹

Das Rübchen sagte, wie’s ihm ging,

Es sei ein gar so hässlich Ding

Und wäre gern ein Schwammerling.

Herr Rübezahl rief: ›Gut – es sei!‹

Und zählte: Eins und zwei und drei!

Da war das gelbe Rübchen fort,

Ein neuer Schwammerling stand dort!

Der Erdgeist Rübezahl verschwand.

Wohin ist leider unbekannt.

Die Schwammerlinge lachten hell

Und küssten sich und wuchsen schnell.

Da ist ein kleines Mädchen kommen,

Das hat die beiden mitgenommen.

Das kleine Mädchen, das hieß Ilse

Und aß besonders gerne Pilze!«

IN EINEM blauen Blechtopf fing

Das Wasser an zu brummen:

»Das böse Feuer macht mich heiß

Und lässt mich ganz verdummen!

Vom Berg, wo tausend Blumen blüh’n

Im lieben Sonnenscheine,

Da sprang ich einst voll Übermut

Ins Tal von Stein zu Steine.

Ich lief gar froh durch Feld und Au

Und trieb manch Mühlenrädchen;

Nach meinen Fischlein angelt’ oft

Ein Bübchen oder Mädchen.

So kam ich einst auch in die Stadt,

Da sah ich schon von ferne

Ein großes, rundes, schwarzes Loch;

Was drin ist, wüsst’ ich gerne.

Ich lief hinein – o weh, o weh!

Drin lacht kein Sonnenschimmer,

Ich war in einem dunkeln Rohr.

Zurück – das konnt’ ich nimmer!

So lief ich denn geradeaus

Und kam in viele Röhren,

Da schaut’ ich keine Kinder mehr,

Konnt’ keine Vöglein hören.

Doch plötzlich sah ich Licht – und lief

Nach vorne unverdrossen

Und bin aus meinem Brunnenrohr

In diesen Topf geflossen.

So kam ich in der Küche an

Und war schon ganz zufrieden –«

– – – – – – – – – – – – – – – –

Da ging dem Wasser der Atem aus,

Denn es begann zu sieden! –

DORT IM heißen Bad ein Hummer

Brummt erzürnt: »Schockschwerenot!

Diese Hitze färbt mein schönes

Grünes Kleid ganz purpurrot.

Ei, war das ein fröhlich Leben,

Als ich noch im tiefen Schlamm

Mit Frau Kröte, meiner Base,

Friedlich einst im Teiche schwamm.

›Vetter Hummer!‹, rief Frau Base

Da auf einmal mit Gekreisch,

›Schaut, dort unterm Weidenstamme

Schwimmt ein Happen gutes Fleisch!‹

Kaum hört das die Frau Forelle,

Schießt sie zu auf jenes Stück;

Aber ich war grad so schnelle,

Hielt sie fest am Schwanz zurück!

Schwamm dann selber rasch hinüber,

Voller Hunger, voller Gier –

Schwapp! – da lag ich schon im Grase,

Und das Fleisch lag neben mir.

Also hat man mich gefangen,

Niemand hilft mir in der Not.

Schuld an allem ist die Kröte …«

Uff! – da war der Hummer tot!

EIN PUDDING, der hat sich gebrüstet:

»Ich bin doch am besten gerüstet!

Mich schmücken Rosine und Mandel,

Ich habe Schokolade und Kandel.

Mich lieben die Großen und Kinder,

Die Alten – die Jungen nicht minder.

Und Ritter und Nixen und Drachen

Und Fürsten und Könige lachen

Und freuen sich, wenn ich geraten

Und wenn sie zum Essen geladen.

Mich isst man mit höchstem Genusse –

Und darum – drum komm’ ich zum Schlusse,

Denn wär’ ich schon vorher gekommen,

Hätt’ niemand von euch was genommen.«

Kaum hört ihn die Köchin so reden,

Da ist an den Herd sie getreten

Und schüttet die Himbeersauce

Ihm über die Zunge, die lose.

So endet’ des Puddings Geschichte;

Das freute die andern Gerichte!

SO ZISCHT es und brummt es noch allerorten,

Doch plötzlich ist es ganz still geworden,

Denn in der Küche – mit frohen Mienen –

Waren viel’ niedliche Mädchen erschienen

Mit weißen Häubchen auf blonden Zöpfchen,

Die gingen zum Herd und packten die Töpfchen,

Und was die so treulich behütet hatten,

Das legten die Mädchen auf goldene Platten,

Die Gans, den Hummer, den Pudding, den Hecht,

Den Braten, die Eier, die Äpfel erst recht –

Begannen dann eine nach der andern

Mit ihrer Platte ins Zimmer zu wandern.

Dort haben die Mädchen die Speisen serviert;

Der Tisch war mit Blättern und Blüten verziert,

Mit Essgeräten gar freundlich gedeckt,

Und alles hat ganz vorzüglich geschmeckt.

– Drum, wer damals mitgegessen hat,

Der war gewiss noch lange satt!

Gedichte

1910

ICH WERDE nicht enden zu sagen:

Meine Gedichte sind schlecht.

Ich werde Gedanken tragen

Als Knecht.

Ich werde sie niemals meistern

Und doch nicht ruhn.

Soll mich der Wunsch begeistern:

Es besser zu tun.

DER LEIERMANN

Warum sie sich wohl ans Fenster stellen,

Wenn unten der Alte die Leier dreht?

Warum sie Verstummen und mancher ergriffen

Mit glänzenden Augen vorübergeht?

Sie wissen es selbst nicht, warum sie lauschen.

Die Brust wird ihnen plötzlich so weit.

Sie lassen sich durch die Seele rauschen

Das alte Lied ihrer Jugendzeit.

SCHÖNE MUSIK

Über die Saiten gleitet der Fidelbogen,

Weckt die trüben Gedanken aus gütigem Schlummer.

Rauschende Feste sind mir vorübergezogen,

Und aus rauschenden Festen wuchs mir der Kummer.

Sing nur dein klagendes Lied, du Fidelbogen,

Sing und erzähle mir wieder die alte Geschichte,

Brauset ihr Töne in wilden, grausigen Wogen. –

Trunkene Falter schwärmen am sengenden Lichte.

WENN DIR Melodien

Liebe Stunden wiederbringen,

Lass mit freien Schwingen

Deine Sehnsucht ziehn.

Nimm das Glück wie einst,

Das dir Träume gütig spinnen,

Lass die Tränen rinnen,

Wenn du weinst.

Birg nicht Lust noch Gram.

Nur der Reine fühlt aufs Neue.

Steht doch Herzenstreue

Über aller Scham.

DORTHIN GEH, wo die andern nicht sind,

Weit hinaus in die freie Einsamkeit,

Wo dir Wolken, Berge, Bäume und Wind

Großes reden von Später und Ewigkeit.

Und dort schöpfe, fasse und füll dir die Brust,

Dass – kommt einst die Stille zu dir als Braut –

Dass du die Hand ihr gibst in tiefster Lust,

Weil du schon lange mit ihr vertraut.

STIMMUNGEN

Machtlos, ein Grashalm, blick ich manchmal gen oben

Zu den Höhen der Menschheit und suche vergebens

Klarheit in dem ewigen Brausen und Toben

Und den unbegreiflichen Kämpfen des Lebens.

Neben mir raschelt der Tod, der lauernd und kalt

Unter vermoderten Blättern grinst. – –

Meiner Wünsche flehendes Lied verhallt

Im Nebelgespinst.

Manchmal steh ich, ein Eichbaum, über der Erden,

Blicke hinab auf die tausenden Ärmlichkeiten,

Folge lächelnd dem endlosen Schwinden und Werden

Und der winzigen Menschheit kleinlichem Streiten.

Und dann ist mir, als ob ein kraftvoller Tau

Morgenkühl meine Adern durchdringt. – –

Meine Hoffnung steigt froh ins Wolkenblau,

Wo die Lerche singt.

NÄCHTE, IN DENEN WIR VIEL VERLOREN

Nächte gab es, die höhnend entwichen,

Die wir im trunkenen Taumel verkannt,

Die wir mit hohlen Namen benannt,

Nächte, die schweren Träumen glichen.

Da wir an sprühenden Feuern gefroren,

Da wir mit ernstem Herzen gelacht,

Haben Tränen für uns gewacht, – – –

Nächte, in denen wir viel verloren.

MANDOLINENKLÄNGE

Hör ich der Mandoline Klänge

Ist mir’s, als sähe ich eine der süßen,

Netten Grisetten

Freundlich mich grüßen.

Kirschen trägt sie als Ohrgehänge.

Barfuß kommt sie und lacht und lacht,

Schüttelt kindisch die blonde Mähne

Und zeigt dabei ihrer Zähne

Zartschneeige Pracht.

Und dann

Dreht sie sich um und läuft, was sie kann,

Den wirren, langen,

Steinigen Zickzackweg zurück,

Den mein Leben gegangen,

Sammelt dabei die paar verstreuten

Freundlichen Blumen, die mich erfreuten,

Bis sie ein buntes Dutzend gefunden.

Die bringt sie mir zierlich gebunden.

Ich aber küsse die Kleine,

Küsse die Blumen und lache und weine,

Bis alles verschwunden

Und die Mandoline schweigt.

BIST DU nie durch verschneite Nächte gegangen,

Durch Wald, über Land,

Allein mit dem Stock in deiner Hand?

Du bist es und bist es mit heiligem Bangen.

Wo zitternde Äste, eisig behangen,

Dir eine Kirchenstunde gaben,

Ist dein Lachen gestorben.

Da hast du dein Bestes, unverdorben,

Aus deinen tiefsten Tiefen gegraben. – – –

Auf den weiten Feldern lag schwerer Schnee.

Du schienst dir, verschollen auf hoher See,

Den menschlichen Küsten fern zu sein.

Stille lag über dem Schnee. – – –

Du warst allein, allein – ganz allein.

Flimmernde Flämmchen sahst du fliegen.

Hast du nicht viel gedacht?

Ist nicht dein Blick emporgestiegen

In die wunderdurchfunkelte Nacht,

Bis ihn unendliche Weite verwirrt?

Und ein Schatten lief still mit dir um die Wette.

Und der Schatten hat mit der endlosen Kette

Ewiger Fragen geklirrt.

Du hast dich bezwungen.

Du hast vielleicht deinen Stock geschwungen,

Du hast vielleicht ein Liedchen gesungen,

Aber das Liedchen klang nicht wie Hohn,

Und du darfst es bekennen:

Du bist voll Angst vor dem grausen Scharten geflohn,

Den wir Wahnsinn nennen.

WANDLE TRÄUMEND JEDER FÜR SICH

Meisters Violinenklänge

Führten mich aus der stieren Menge

Hoch in himmlische Fernen empor.

Wo sich im rosigen Wolkengehänge

Jeder menschliche Odem verlor,

Grüßten mich Engel im lachenden Chor.

Und auf weißem Schwanengefieder,

Weich gebettet, fand ich mich wieder,

Dort, wo die Träumenden glücklich sind.

Köstlichen Weihrauch, Lorbeer und Flieder,

Labend, lobend, liebend und lind,

Brachte in duftigen Wogen der Wind.

Und mein Mädchen, als ich erwachte,

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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