Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid - Marie von Ebner-Eschenbach - E-Book
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Marie von Ebner-Eschenbach

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Beschreibung

In "Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid" entwirft Marie von Ebner-Eschenbach ein facettenreiches Porträt menschlicher Beziehungen und sozialer Konflikte. Der Roman, geprägt von einem nüchternen, aber tiefgehenden Stil, thematisiert die Komplexität von Ehre, Loyalität und persönlichem Streben in einer von gesellschaftlichen Normen geprägten Welt. Ebner-Eschenbach gelingt es, die Charaktere durch lebendige Dialoge und scharfsinnige Beobachtungen authentisch zu zeichnen, während sie gleichzeitig den Leser in die moralischen Dilemmata und inneren Kämpfe ihrer Protagonisten hineinzieht. Marie von Ebner-Eschenbach, eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, wurde in einem aristokratischen Umfeld geboren. Ihre eigene Biografie, geprägt von Herausforderungen als Frau in einer von Männern dominierten Literaturwelt, spiegelt sich in den konfliktreichen Lebenswegen ihrer Figuren wider. Ihre tiefgründige Beschäftigung mit ethischen Fragestellungen und der Gesellschaft macht sie zu einer Vorreiterin ihrer Zeit. Dieses Werk ist für alle Leser*innen von Bedeutung, die sich für historische und psychologische Romane interessieren. Ebner-Eschenbachs meisterhafte Erzählweise und die tiefen Einsichten in die menschliche Natur laden dazu ein, nicht nur die Handlung zu verfolgen, sondern auch die moralischen und sozialen Fragestellungen, die sie aufwirft, zu reflektieren. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Marie von Ebner-Eschenbach

Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid

Bereicherte Ausgabe. Zwei Erzählungen
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Einführung, Studien und Kommentare von Ivy Callahan
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2022
EAN 4064066110321

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Historischer Kontext
Synopsis (Auswahl)
Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Diese Sammlung vereint unter dem Titel Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid zwei Prosawerke von Marie von Ebner-Eschenbach, die in konzentrierter Form zentrale Anliegen ihres Schreibens sichtbar machen. Ziel ist es, einen klar umrissenen Zugang zu ihrem erzählerischen Denken zu bieten: nicht als Gesamtausgabe, sondern als sorgfältig fokussiertes Diptychon. So werden Motive, Tonlagen und erzählerische Verfahren in einer kompakten Konstellation erfahrbar, ohne den Blick durch eine Fülle heterogener Texte zu zerstreuen. Der Band versteht sich als Einladung, die Präzision der Beobachtung und die ethische Feinabstimmung dieser Autorin in einem überschaubaren, doch repräsentativen Rahmen neu zu entdecken.

Im Umfang orientiert sich die Edition an der ursprünglichen Konstellation der beiden Erzählungen, die zusammen unter dem Manteltitel Zwei Erzählungen erschienen. Sie nimmt den historischen Publikationskontext ernst: Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel, mit einer Widmung an Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Mary von Hannover. Der Auswahlcharakter ist bewusst: Es werden weder komplette Romane noch Dramen oder sonstiges paratextuelles Material geboten, sondern zwei Erzähltexte, die miteinander in leiser, aber nachdrücklicher Korrespondenz stehen. Die Zielsetzung ist eine textnahe, übersichtliche Lektüre, die die Eigenwerte der Stücke bewahrt und zugleich ihr dialogisches Verhältnis betont.

Die Sammlung konzentriert sich auf erzählende Prosa mittleren Umfangs. Sie enthält keine Gedichte, Essays, Briefe oder Tagebuchaufzeichnungen, sondern ausschließlich zwei Erzählungen, die im 19. Jahrhundert häufig zwischen Kurzgeschichte und Roman verortet wurden. Der Erzähltyp zeichnet sich durch Verdichtung, klare Linienführung und eine auf Wirkung berechnete Ökonomie aus. Die Texte sind literarisch unabhängig, jedoch in Thema und Haltung verwandtschaftlich. Wer hier nach Gattungsvielfalt sucht, findet statt dessen eine bewusst beschränkte, dafür umso profiliertere Form der Prosa, die exemplarisch zeigt, wie Ebner-Eschenbach psychologische und gesellschaftliche Fragen innerhalb eines kompakten Formats durchspielt.

Die Textsortenübersicht lässt zugleich erkennen, was diese Auswahl auszeichnet: In beiden Erzählungen wird ein geschlossenes Konfliktfeld mit präziser Figurenführung entfaltet. Der Fokus liegt auf Einzelcharakteren und ihrem moralischen Spielraum, nicht auf epischer Weite. Paratextuell rahmen der Berliner Verlagsort und die Widmung an eine hochrangige Adressatin die zeitgenössische Selbstauskunft der Autorin. Editorisch wird dieser Rahmen gewahrt, ohne den Texten zusätzliche Schichten aufzupfropfen. Damit wird die erzählerische Form in ihrer historischen Nüchternheit sichtbar: keine Abschweifungen, kein Beiwerk, sondern eine sorgfältig kalibrierte Prosa, die ihren Effekt aus Maß, Balance und gedanklicher Klarheit bezieht.

Als verbindende Themen treten Gewissen, Verantwortung und die Reibung zwischen persönlichem Empfinden und gesellschaftlichen Erwartungen hervor. Die Figuren stehen in Situationen, die Entscheidungen von Gewicht verlangen und innere Maßstäbe auf die Probe stellen. Dabei geht es weniger um spektakuläre Ereignisse als um die stille Dramatik der Haltung: Würde, Loyalität, Mitgefühl und Selbstprüfung. Ebenso präsent sind Fragen nach sozialer Wahrnehmung und dem Blick des Anderen: Wie entsteht Ansehen? Woraus bezieht eine Person ihren Wert? Ebner-Eschenbach entfaltet diese Felder ohne Thesenhaftigkeit, durch die behutsame Zuspitzung von Situationen, in denen Werte gelebt, verfehlt oder neu bestimmt werden.

Stilistisch prägen Genauigkeit, psychologische Feinzeichnung und eine diskrete, bisweilen ironische Distanz den Ton. Die Sprache ist kultiviert und unaufdringlich, mit sorgfältig gewählten Akzenten statt lautem Effekt. Dialoge dienen der Charakterbildung, nicht der Deklamation; Beschreibungen sind funktional, aber nie karg. Der erzählerische Blick wahrt Maß und Fairness, er beobachtet, wägt und legt die Motive frei, ohne sie zu kommentieren. In dieser Kontrolle der Mittel zeigt sich die Kunst der Verdichtung: Jede Szene hat Gewicht, jeder Übergang ist bedacht. So entsteht eine Prosa, die Klarheit anstrebt, aber Komplexität zulässt, und die aus ihrer Zurückhaltung nachhaltige Wirkung gewinnt.

Als Gesamtheit bleiben die beiden Erzählungen bedeutsam, weil sie in kompakter Form das ethische und ästhetische Profil der Autorin bündeln. Sie demonstrieren, wie literarische Genauigkeit und humane Neugier zusammenwirken können, um Situationen zu erhellen, die über ihre Zeit hinaussprechen. Die Paarung erlaubt, Ähnlichkeiten und Kontraste zu erkennen und so die Werkintention schärfer zu erfassen. Zugleich erinnert der gewahrte Publikationsrahmen an die historische Situiertheit dieser Stimmen. Der Band bietet damit einen konzentrierten Zugang: nicht erschöpfend, aber exemplarisch, nicht museal, sondern lebendig – ein präzises Fenster in die humane und formbewusste Prosa Ebner-Eschenbachs.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Marie von Ebner-Eschenbach (13. September 1830–12. März 1916) entstammte dem mährischen Adel (Familie Dubský) und wuchs auf Schloss Zdislawitz/Zdislavice, heute in Tschechien, auf. 1848 heiratete sie den k.k. Offizier Moritz Freiherrn von Ebner-Eschenbach und lebte fortan zwischen Wien und Mähren. Nach frühen, nur mäßig erfolgreichen Dramenversuchen an Wiener Bühnen wandte sie sich in den 1870er Jahren der Prosa zu. Ihr Werk steht im Zeichen eines psychologisch genauen Realismus, der gesellschaftliche Milieus der Habsburgermonarchie beleuchtet. Die beiden in Berlin gedruckten Erzählungen stehen in dieser Tradition und verbinden aristokratische Lebenswelten, militärisches Ethos und bürgerliche Werte mit präziser Beobachtung.

Der historische Horizont ihrer Laufbahn ist die lange Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. (1848–1916) und die Umgestaltung der Donaumonarchie zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn nach dem Ausgleich von 1867. Die Revolution von 1848, die Niederlagen von 1859 (Solferino) und 1866 (Königgrätz/Hradec Králové) sowie die Modernisierung von Verwaltung und Justiz prägten die Lebenswirklichkeit, die Ebner-Eschenbach literarisch reflektierte. In den Kronländern Böhmen und Mähren verdichteten sich nationale Spannungen zwischen deutsch- und tschechischsprachigen Bevölkerungen; zugleich erstarkte das Bürgertum. Diese Konstellation bildet den Hintergrund vieler Beobachtungen über Standesehre, Loyalität und soziale Mobilität, wie sie den Erzählband als Ganzen durchziehen.

Die im Band aufscheinende militärische und höfische Kultur wurzelt in der gesellschaftlichen Vorrangstellung des Offizierskorps, insbesondere der Kavallerie, in der k.k. Armee. Ehrenkodizes, Duellpraxis und eine spezifische Form von Kameradschaft prägten noch bis ins späten 19. Jahrhundert den Habitus der Eliten. Europaweit verschob der Deutsche Krieg von 1866 Machtverhältnisse: Das Königreich Hannover wurde von Preußen annektiert; das hannoversche Königshaus emigrierte. Prinzessin Mary von Hannover (1849–1904), der der Band gewidmet ist, lebte im Exil im Habsburgerreich. Die Widmung verweist damit auf adlige Netzwerke und Loyalitäten, die die deutschsprachige Kultur über Staatsgrenzen hinweg verbanden.

Parallel dazu wandelten sich Wien und andere Zentren der Monarchie durch Industrialisierung und Urbanisierung. 1857 ordnete Franz Joseph den Abbruch der Festungsanlagen an; die Ringstraßenepoche mit Museen, Parlament und Burgtheater schuf neue Repräsentationsräume einer liberalen Elite. Die Dezemberverfassung von 1867 kodifizierte bürgerliche Grundrechte, während das Schulgesetz von 1869 die Elementarbildung reformierte. Diese Veränderungen erzeugten neue Leserschaften, Vereinswesen und ein lebhaftes Feuilleton, in dem Fragen von Anstand, Beruf, Ehe und sozialer Verantwortung verhandelt wurden. Ebner-Eschenbachs Prosa reagiert auf diese Diskurse, indem sie private Entscheidungen als Knotenpunkte öffentlicher Moral und rechtlicher Normierung zeigt.

Zugleich verschärfte sich die sogenannte Frauenfrage. In Wien entstanden Institutionen wie der Wiener Frauen-Erwerb-Verein (1866), und bürgerliche Salons förderten Autorinnen. Ebner-Eschenbach engagierte sich philanthropisch und wurde zu einer der angesehensten Schriftstellerinnen der österreichischen Moderne. 1900 verlieh ihr die Universität Wien die philosophische Ehrendoktorwürde – ein Meilenstein der literarischen Anerkennung von Frauen im Habsburgerreich. Ihre Erzählkunst reflektiert weibliche Bildung, berufliche Selbstbehauptung und die Grenzen patriarchaler Ordnungen, ohne den sozialen Zusammenhang von Familie, Militär und Verwaltung aus dem Blick zu verlieren. Diese Konstellation ist für die in einem Band vereinigten Texte gleichermaßen konstitutiv.

Literarisch steht ihr Werk im Kontext des Poetischen Realismus und der österreichischen Erzähltradition, die mit Namen wie Adalbert Stifter (1805–1868), Ferdinand von Saar (1833–1906) und später Arthur Schnitzler (1862–1931) unterschiedliche Akzente setzte. Entscheidend war auch die Publikationspraxis in Zeitschriften: Berliner Foren wie die Deutsche Rundschau (ab 1874, Hrsg. Julius Rodenberg) und Wiener Blätter wie die Neue Freie Presse (ab 1864) bildeten transimperiale Resonanzräume. Ebner-Eschenbachs frühen Theaterambitionen folgte die Hinwendung zu Novelle und Erzählung, deren psychologische Detailarbeit und dialogische Präzision den gesellschaftlichen Diskurs über Stand, Berufsethos und Moral formten.

Die Ausgabe bei den Gebrüdern Paetel in Berlin verweist auf den verflochtenen deutschsprachigen Buchmarkt nach der Reichsgründung von 1871. Österreichische Autorinnen publizierten zunehmend in deutschen Verlagen; Lesepublika in Wien, Berlin und Prag bildeten ein weitgehend gemeinsames Kommunikationsfeld. Hinweise wie „Alle Rechte, vornehmlich das der Übersetzung, vorbehalten“ spiegeln den internationalen Schutz geistigen Eigentums, der sich im Zuge der Berner Übereinkunft von 1886 konsolidierte. Dedikationen an hochadelige Persönlichkeiten, wie Prinzessin Mary von Hannover, markierten Patronage und Prestige und verankerten die Texte in einem europäischen Netzwerk von Höfen, Salons und Verlagen.

In den 1890er und frühen 1900er Jahren traf der nüchterne Realismus Ebner-Eschenbachs auf das Wiener Fin de Siècle: die Secession (1897), die Psychoanalyse Sigmund Freuds (Die Traumdeutung, 1900) und eine zunehmend massenmediale Öffentlichkeit. Politisch führten Wahlrechtsreformen 1907 in Cisleithanien zur allgemeinen, gleichen Männerwahl, während nationale Konflikte und soziale Frage drängten. Ebner-Eschenbach blieb ihrem moralpsychologischen Zugriff treu und machte die Habsburgermonarchie – von mährischen Gütern bis zu Wiener Amtsstuben – zum Erfahrungsraum ihrer Figuren. Ihr Tod 1916 in Wien, im Kriegsjahr des zerfallenden Reiches, rahmt eine Lebensleistung, die den hier versammelten Erzählungen ihr historisches Relief verleiht.

Synopsis (Auswahl)

Inhaltsverzeichnis

Rittmeister Brand

Psychologisches Porträt eines Kavallerieoffiziers, dessen strenger Ehrenkodex durch Gerüchte und gesellschaftlichen Druck in der Garnisonswelt erschüttert wird; im Konflikt zwischen Reputation, Loyalität und Gewissen gerät seine Integrität auf eine riskante Bewährungsprobe.

Bertram Vogelweid

Entwicklungsgeschichte eines ehrgeizigen Mannes der Kunst und des Geistes, dessen Streben nach Anerkennung seine Beziehungen und moralischen Maßstäbe ins Wanken bringt; die Erzählung zeichnet seine Selbsttäuschungen und deren Folgen bis zu einer ernüchternden Einsicht nach.

Rittmeister Brand & Bertram Vogelweid

Hauptinhaltsverzeichnis
Zwei Erzählungen
von
Marie von Ebner-Eschenbach.
Berlin.
Verlag von Gebrüder Paetel.
Alle Rechte, vornehmlich das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.
Ihrer Königlichen Hoheit der durchlauchtigsten Prinzessin
Mary von Hannover
in tiefster Verehrung
Rittmeister Brand.
Bertram Vogelweid.

Zwei Erzählungen

Inhaltsverzeichnis

von

Inhaltsverzeichnis

Marie von Ebner-Eschenbach.

Inhaltsverzeichnis

Berlin.

Verlag von Gebrüder Paetel.

Inhaltsverzeichnis

1896.

Alle Rechte, vornehmlich das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis

Ihrer Königlichen Hoheit der durchlauchtigsten Prinzessin

Inhaltsverzeichnis

Mary von Hannover

Inhaltsverzeichnis

in tiefster Verehrung

Inhaltsverzeichnis

zugeeignet.

Rittmeister Brand.

Inhaltsverzeichnis

I.

Dietrich Brand entstammte einer uralten angesehenen Kaufmannsfamilie. Seit fast einem Jahrhundert bestand das Rohseidengeschäft Brand&Co. in Ehren auf dem Wiener Platze. Es hatte seine Begründer und ihre nächsten Nachfolger reich gemacht und trotz der Ungunst der Verhältnisse in den letzten Decennien keinen Rückgang erfahren. Diesen Erfolg verdankte das Haus der Tüchtigkeit seines Chefs, und Niemand zweifelte, daß sein willensstarker und energischer Sohn sein Nachfolger werden würde. Durch lange Zeit blieb das streng, sogar vor einander bewahrte Geheimniß seiner Eltern: Dietrich zeigt zum Kaufmannsstande wenig Lust und Talent.

Trotzdem war es ein Tag des Entsetzens für sie, als er kam und ihnen seinen unerschütterlichen Entschluß kund that, nichts anderes zu werden, als wozu er sich im Innersten berufen fühlte, Soldat.

Warum Soldat, um Gotteswillen? Warum nicht Beamter oder Landwirth, wenn schon durchaus nicht Kaufmann? – Ja, weil er dazu beitragen wollte, die außer Rand und Band gerathenen Menschen wieder an Zucht zu gewöhnen. Weil er erziehen wollte, wie er von klein auf gethan. Das mußten die Eltern gelten lassen. An dem Hunde und Papagei seiner Mutter, an den Tauben und Spatzen, die er mit Weißbrotkrumen auf den Fenstersims lockte, an Allen hatte er – und mit Glück – erzogen. Im Sommer, wenn die Familie in ihrer Villa in Neuwaldegg Aufenthalt nahm, kamen die Kinder dran. Da war er immer von einem Trupp umgeben, den er commandirte und der ihm gehorchte, weil es sich von selbst versteht, daß man dem Dietrich Brand gehorcht.

Dem Vater wollte das Befehlshaberische im Wesen seines Sohnes nicht gefallen: »Aus Dir wird einmal ein Schulmeister,« sprach er zu ihm.

»Nicht ein Schulmeister, ein General,« antwortete Dietrich.

Ja, sie hätten es voraus sehen können und nicht schweigen sollen. Auch nicht zu den schweren Kämpfen, die er im Stillen bestand. Den Trübsinn, der ihn seit längerer Zeit ergriffen hatte, sein übles Aussehen, die rothen, überwachten Augen, mit denen er jeden Morgen zum Frühstück kam, erklärte Vater Brand für Symptome der Übergangsjahre, die einem weiter keine Sorgen zu machen brauchen. Das sagte er freilich nur, um »die Frau« zu beruhigen, die sich wieder ihm zur Liebe beruhigt stellte; denn die wahre Liebe, die Alles kann, kann sogar ihre eigenste Natur verleugnen, kann sogar lügen, wenn’s gilt[3q].

Als Dietrich ihnen sein Vorhaben mittheilte, wußten die Beiden gar wohl: Leicht ist es ihm nicht geworden, unsere Luftschlösser nieder zu reißen und unsere Altershoffnungen bankerot zu machen.

Was ihnen anfangs ganz unauffindbar schien, war der Zusammenhang zwischen seiner Lust am Erziehen und seiner Liebe zum Militärstande. Er wies ihnen aber nach, daß kein anderer so viel Macht verleiht, auf den armen und ungebildeten Nächsten fördernden Einfluß zu nehmen. Und in diesem edelsten Stande giebt es wieder keine Waffengattung, die dem Erzieher so viel Möglichkeit bietet, sein Talent nutzbringend zu entfalten wie die Kavallerie. Das Wesen, dem ich meine Sorgfalt widme, wird zugleich angehalten, die seine einem anderen Wesen zu spenden – seinem Pferde. Da steht also der Mann gleichsam in der Mitte zwischen einer heilsamen Ursache und einer heilsamen Wirkung und erfährt zugleich zweifachen Nutzen. Deshalb wollte Dietrich Brand nicht nur Soldat, er wollte ein Reiter werden, ein schwer wiegender, ein Dragoner.

»Unser Sohn ist ein Feuergeist,« klagten die tiefbetrübten Eltern ihrem Vertrauensmanne, dem greisen Buchhalter; und er dachte bei sich: Zur Hälfte Feuergeist, zur Hälfte Pedant. Die Sorte setzt Alles durch.

Klug wie er war, befolgte er auch dieses Mal die bewährte Praxis, die ihm das Vertrauen des Herrn und der Frau Principal sicherte. Er rieth ihnen, das zu thun, was sie ohnehin gethan hätten – nachzugeben.

Der Vater versöhnte sich nie ganz mit der Berufswahl Dietrichs; aber das uneingeschränkte und einstimmige Lob, das seinem Sohne gezollt wurde, freute ihn doch. Was seine Vorgesetzten am meisten an ihm rühmten, um was seine Kameraden ihn am meisten beneideten, das war die unerschöpfliche Geduld, die ihn bei all’ seiner eisernen Strenge nie verließ.

»Hätten wir viele Offiziere wie Sie, würde unsere Armee zur grandiosesten Volkserziehungsanstalt der Welt,« hatte ein sehr hoher Herr zu Dietrich gesagt, und an diesen Ausspruch erinnerte man sich im Regimente noch lang, nachdem Brand aus ihm geschieden war.

Seine Mutter gerieth nach und nach in eine wahre Begeisterung für den Militärstand. Vom Tage der Ernennung ihres Sohnes zum Lieutenant begann sie den Militärschematismus zu studiren und fehlte bei keiner Revue auf der Schmelz. Remonte, Train, Ménage, Zug, Eskadron, Regiment, Division, in der Tour, außertourlich u.s.w. wurden für sie gebräuchliche Worte. Von allen kamen aber keine so oft über ihre Lippen wie die: »Mein Sohn, der Lieutenant.« Als sie sagen durfte: »Mein Sohn, der Oberlieutenant,« und als er in dieser Charge die Wiener Garnison bezog, da mußte Vater Brand mit ihr hinaus fahren auf den Exercirplatz zu jeder Truppenausrückung. Die Gattin an seiner Seite gerieth beim Defiliren der Regimenter in solche Extase, daß er sich fragte, ob der Sohn nicht am Ende von ihr die kriegerischen und heroischen Neigungen geerbt habe. Aber die erbliche Belastung wäre in dem Falle schwer nachweisbar gewesen, denn Frau Brand entstammte, wie ihr Gemahl, einer alten, friedfertigen Kaufmannsfamilie.

Im Winter wurde der Zug des Oberlieutenants Brand mit Puls- und Seelenwärmern, mit Socken und Flanellunterkleidern so reichlich versehen, daß die Leute sich durch ihr behagliches Aussehen vor allen Anderen auszeichneten. Frau Brand erlebte auch noch die Glückseligkeit, von ihrem Sohne, dem Rittmeister, sprechen zu können und ihren guten Alten dazu ein wenig schmunzeln zu sehen.

Zu der Kaiserrevue in dem Jahre, in dem Dietrich zum ersten Male eine Eskadron kommandirte, kam seine Mutter allein gefahren im schönen offenen Landauer. Die Pferde hatten schwarze Geschirre, und die Diener trugen schwarze Livrée, und im Wagen saß eine gebrochene Frau in Wittwentrauer. Noch ein Jahr, und der Rittmeister hatte keine Eltern mehr, er hatte auch sonst Niemanden, er hatte nur seinen Beruf.

Nein, man darf nicht sagen »nur«, wenn von einem Beruf die Rede ist, von einem vollen, ganzen. Der Beruf ist Alles, ist mehr als Eltern und Kinder, als die Geliebte, als der Freund[1q]. – So glaubte Dietrich wenigstens damals.

II.

Wenn seine Mutter ihm gesagt hatte: »Du solltest doch endlich ans Heirathen denken,« war seine Antwort gewesen: »In Gottesnamen; nur nicht zu viel, nur nicht zu oft; mein Beruf läßt mir keine Zeit zu Nebenbeschäftigungen.«

Und gerade im ersten Sommer nach dem Tode der guten alten Frau verliebte er sich. Es geschah so sachte, so allmählich, daß er’s anfangs gar nicht merkte. Die Ehe seiner Eltern hatte ihn gelehrt, von der Liebe den höchsten Begriff zu haben. Sie kommt nicht, oder im Triumphe, die unwiderstehliche, allmächtige Siegerin. Und nun war sie erschienen ohne Sang und Klang, hatte sich ihm ins Herz geschlichen unter fremdem Namen in der bescheidenen Gestalt von Sympathie, Werthschätzung und tiefem Mitleid.

Die es ihm angethan hatte, hieß Sophie von Henning, und war die Tochter eines mährischen Landedelmannes, der sich, als Brands Eskadron in der Nähe seines Gutes einquartiert wurde, eben damit beschäftigte, die Reste seines einst ansehnlichen Vermögens in alle Winde zu streuen.

So lange seine, ihm weit überlegene Frau am Leben gewesen war, hatte sie verstanden, seiner Verschwendungssucht bis zu einem gewissen Grade Einhalt zu thun. Nach ihrem Tode, den er sechs Wochen lang leidenschaftlich betrauerte, erwachte er aus seinem Grame als ein verjüngter, lebensfreudiger Mensch. Er färbte seine Haare, unterzog sich einer Entfettungskur, machte jungen Damen den Hof, stellte kostbare Pferde in den baufälligen Marstall ein, steckte seine dörfliche Dienerschaft in Livréen von falscher Eleganz, und hielt offenes Haus.

Seine Tochter sah den Augenblick des unabwendbaren Zusammenbruches immer näher heran kommen, war aber dem leichtsinnigen Vater gegenüber ohnmächtig. Sie konnte nichts thun, als mühsam und unter Entbehrungen aller Art die Lücken und Risse verkleistern, die hinter der kläglichen Herrlichkeit des zu Grunde gehenden Haushaltes klafften.

Herr von Henning nahm die Hülfe Brands, der ihn schon mehrmals aus momentaner Verlegenheit gerettet hatte, mit der größten Unbefangenheit in Anspruch. Sobald der hart gesottene Optimist die Spur einer Neigung des Rittmeisters für Sophie wahrgenommen hatte, stand es ihm auch fest: Brand wird sein Schwiegersohn und rangirt ihn. In fröhlicher Weinlaune vergaß er sich einmal so weit, daß er in Gegenwart der Beiden Anspielungen auf diesen Zukunftsplan machte.

Von Stunde an veränderte Sophiens Benehmen gegen Brand sich völlig; keine Spur mehr des unbefangenen Vertrauens, mit dem sie ihm bisher begegnet war, auch keine auffallende Zurückhaltung, die wieder auszeichnend gewesen wäre. Gleichgültigkeit schien an die Stelle der stillen, tiefen Neigung getreten zu sein, die in ihr erwacht war, ihren Ernst hold durchsonnte, ihr stilles Wesen lieblich verklärte.

Aber Dietrich ließ sich nicht täuschen: er bewunderte die Seelenstärke, mit der sie ihre Neigung verleugnete, den Stolz, aus dem diese Selbstverleugnung entsprang. Zum ersten Male erwog er die Möglichkeit, seine goldene Freiheit aufzugeben und sich fürs Leben an ein anderes Wesen zu ketten. Dann hatte er die Wahl: austreten – den Gedanken schleuderte er nur so hinweg; oder: allen seinen Überzeugungen und Grundsätzen untreu werden und als verheiratheter Mann weiter dienen. Also – thun, was er von jeher verschworen hatte: eine Frau, und weiß Gott wie bald, auch Kinder nachschleppen in kleine Kavallerie-Garnisonen, immer bereit, das eben erst errichtete Zelt wieder abzubrechen.

Militärwirthschaften – er hatte ihrer genug vor Augen – waren ihm ein Greuel. Kaum hat die Familie sich seßhaft gemacht, wohnt leidlich, schickt die Kinder in die Dorfschule oder den Dorfschullehrer zu den Kindern, und schon wieder heißt es wandern. Die richtige »ärarische Frau« sagt dann zu ihrem Manne: »Du brauchst Dich um nichts kümmern, die Übersiedlung ist meine Sache.« Der Bagagewagen steht vor der Thür und daneben sie und überwacht das Aufladen der Einrichtungsstücke, der Betten, der Kisten. Ein Kind hängt sich an ihr Kleid, ein anderes ist in Gefahr, unter die Räder zu kommen, wie der Wagen sich in Bewegung setzt, ein drittes heult um sein Schaukelpferd, das ihm davon geführt wird. Der »ahnungsvolle Engel« sieht es im Geiste schon nach dem Überladen auf den Lastzug und von da wieder auf den Fuhrmannswagen mit drei Beinen ankommen, wenn’s gut geht. Die Tische und Stühle theilen sein Schicksal. Im unbekannten Lande, im neuen Haus, das meistens eine Hütte ist, wird dann geleimt, geflickt, die Bude wieder hergerichtet – fürs Auge.

So manche unternehmende Lieutenantsgattin lädt schon am Tage des Einrückens in die Station einige Offiziere zum Thee. Auf einer umgestürzten Kiste wird er servirt, aus schartigen Tassen getrunken. Wie der Hausrath aussieht, wie die Kinder untergebracht sind, darüber geht man hinweg mit Leichtsinn und Humor. – Aber haben muß man die, ein Pedant darf man nicht sein, für den die schönste Frau allen Reiz verliert, wenn er dahinter kommt, daß sie nicht Ordnung hält in ihrem Wäscheschrank. Ein solcher Mann darf seine Frau nicht in Lagen bringen, in denen die Schönheit der äußeren Lebensform gar zu oft verletzt werden muß.