Roadtrips Frankreich - Klaus Simon - E-Book

Roadtrips Frankreich E-Book

Klaus Simon

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Beschreibung

Von der Provence bis zur Normandie, hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal. In Frankreich gibt es traumhafte Landschaften zu entdecken. Ein Roadtrip durch sanfte Hügel und Weinberge, entlang duftender Lavendelfelder und steiler Küsten ist einfach unvergesslich. Ultimative Strecken für Reisen auf vier Rädern liefert dieser Reiseführer für Auto, Van und Wohnmobil.

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Seitenzahl: 260

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INHALT

WILLKOMMEN IN FRANKREICH

BIENVENUE IN UNSEREM FELD-, WALD- UND WIESENFRANKREICH

UNSER NACHHALTIGKEITSKODEX

ROUTE 1LA ROUTE DES VINS D’ALSACE

Obernai / Jede Woche wieder

Riquewihr / Besuchermagnet mit Denkmalschutz

Colmar / Ein Platz an der Sonne

Éguisheim / Habemus papam

Les DiVINes d’Alsace / Einfach göttlich!

ROUTE 2CÔTE D’ALBÂTRE

Dieppe / Frankreichs erstes Seebad

Das idyllische Hinterland der Seine / Die Heimat der Bovary

Étretat / Die Klippen der Künstler

Le Havre / Poesie in Beton

ROUTE 3BRETAGNE – DER WILDE WESTEN FRANKREICHS

Der Golf von Saint-Malo / Zwei Buchten sollt Ihr sein!

Die Rosa-Granit-Küste / Grau ist woanders

Im Finistère / 3400 Kilometer geradeaus: Amerika!

Die Inseln der bretonischen Nordküste / Stürmisches Glück

ROUTE 4VOM MORVAN IN DIE AUVERGNE

Autun / Das Tor zum Morvan

Vichy / Welche Quelle darf’s denn sein?

Clermont-Ferrand / Reifen und Romanik

Le Puy-en-Velay / Nicht nur zu Himmelfahrt

ROUTE 5UNTERWEGS ZWISCHEN DRÔME UND ISÈRE

Vallon-Pont-d’Arc / Die Schluchten der Ardèche

Le Poët-Laval / Inspirierend!

Grenoble / Die grüne Alpenmetropole

Chambéry / Bei den Elefanten

ROUTE 6IM RHÔNE-TAL

Orange / Das Tor zur Provence

Châteauneuf-du-Pape / Wind im Glas

Avignon / Vorhang auf!

Arles / Die Stadt, die Milliardärin und der Turm

Camargue / Vögel und Folklore

ROUTE 7LA ROUTE DES GRANDES ALPES

Thonon-les-Bains / Kurbad mit Charme

Le Grand-Bornand / Almen-Glück

Briançon / Welterbe auf der Spitze

Die Wehrbauten von Vauban / Welterbe im Zeichen des Sonnenkönigs

Menton / Perle der Riviera

ROUTE 8NATIONALE 7

Aix-en-Provence / Die nobelste Flaniermeile der Provence

Provence Verte / Denn auch im Sommer bist du grün!

Massif de l’Estérel / Jede Kurve ein Genuss

Die Riviera / An der Küste des Luxus und der Moden

ROUTE 9LUBERON

Cavaillon / Hauptstadt der Melonen

Apt / Die Kunst des Kandierens

Die Nordflanke des Luberon / Immer höher hinaus

Die Südflanke des Luberon / Alles im Fluss

Le Melon de Cavaillon / Melonen für Bücher

ROUTE 10CAP CORSE

Bastia / Korsikas Tor zur Welt

Korsischer Wein / Von der Sonne verwöhnt, von den Menschen wiederbelebt

Patrimonio / Weindorf mit Vielfalt

Saint-Florent / Das Saint-Tropez von Cap Corse

ROUTE 11OKZITANIEN

Toulouse / La Ville en rose

Carcassonne / Über diese Zinnen musst du gehen!

Sète und Étang de Thau / Ein Fisch wird kommen

Cassoulet / Light geht nicht!

ROUTE 12IM FENOUILLÈDES

Saint-Paul-de-Fenouillet / Outdoor und Kultur

Süßweine / Gold im Glas

Maury / Reinster Genuss

Ansignan / Genau in der Mitte

ROUTE 13:CÔTE BASQUE

Bayonne / Die Hauptstadt der Basken

Biarritz / Von Wellen und Villen

Ciboure / Charme in Rot-Weiß

Egiategia / Wein aus dem Meer

ROUTE 14:ROUTE DES COLS

Col du Tourmalet / Die Legende

Heiße Quellen / Thermalfreuden dank Tektonik

Pic du Midi / Den Sternen so nah

Banyuls / Frankreichs südlichstes Seebad

Register

Impressum

Bildnachweis

Katalanische Barken in Collioure

Im Hochtal des Pont d’Espagne bei Cauterets sprudeln zahlreiche Quellen

Museen wie der Louvre sind von statuarischer Schönheit.

In elsässischen Weindörfern wie Riquewihr ist das Fachwerk imposant.

Von Linden gesäumt: die Allee am Champs de Mars

Denk- und Mahnmal zugleich: das Walmonument von Guéthary im Baskenland

Treffpunkt für Canyoning: die Gorges de Galamus

Fécamp ist berühmt für seinen Kräuterlikör: In der ehemaligen Brennerei befindet sich heute auch ein Museum

WILLKOMMEN IN FRANKREICH

IM LAND DER LEBENSFREUDE

Frankreich verspricht Genuss für alle Sinne: von seinen vielfältigen Landschaften bis zum Charme seiner Städte und Dörfer, vom unnachahmlichen Savoir-vivre bis zu seiner einzigartigen Esskultur, die zum Welterbe gehört. Bienvenue!

FRANKREICH QUERBEET

Frankreich ist mit 543 940 Quadratkilometern der größte Flächenstaat Europas und das einzige Land Europas, das auf drei Kontinenten vertreten ist. Mit seinen Überseegebieten in Ozeanien, Nord- und Südamerika sowie der Antarktis ist Frankreich sogar insgesamt 632 734 Quadratkilometer groß. Sein höchster Punkt ist europaweit Spitze: der Mont Blanc (4808 m). Im Süden bilden die Pyrenäen einen trutzigen Riegel zu Spanien; im Landesinnern erhebt sich das Massif Central mit Vulkanbergen, weiten Hochebenen und tiefen Schluchten. Flach oder wenig hügelig ist Frankreich nur im Westen und Norden, wo steile Klippen die Küste säumen. Mit endlosen Sandstränden lockt das Languedoc. Doch keine Küste ist so legendär wie die Côte d’Azur!

11 NATIONALPARKS

– acht in Kontinentalfrankreich und drei in den Überseedépartements – schützen acht Prozent der Landesfläche Frankreichs. Hinzu kommen 58 regionale Naturschutzgebiete sowie 1753 Natura-2000-Schutzgebiete und sieben Meeresschutzgebiete.

1500 KÄSESORTEN

soll es in Frankreich geben: darunter nussige Bergkäse, schimmelige Stinker und cremige Gaumenschmelzer. Doch nur 46 von ihnen tragen das AOP-Siegel der geschützten Herkunftsbezeichnung. Neben 28 Käsesorten aus Kuhmilch, 14 aus Ziegenmilch, drei aus Schafsmilch gehört dazu auch ein Käse aus Molke: der korsische Brocciu.

996 KILOMETER

lang ist die berühmte Route National 7. Die legendäre Fernstraße, die von Paris nach Menton führt, war in den 1950er- bis 1970er-Jahren für die Franzosen die Sprintstrecke in den Süden.

1 KILOMETER

lang ist die Veules. Frankreichs kürzester Fluss bietet Forellen beste Lebensbedingungen, bewässert eine Kresseplantage und trieb einst elf Mühlräder an. Die Mühlradwelle der Moulin de Marché wurde 1910 von einem findigen Ingenieur an einen Generator gekoppelt. Das winzige Seebad Veules-les-Roses besaß so lange vor Paris bereits eine elektrische Beleuchtung.

49 WELTERBESTÄTTEN

besitzt Frankreich – 42-mal schützt die Auszeichnung der UNESCO eine weltweit einzigartige Kultur, sechsmal die Natur sowie den Mont Perdu in den Pyrenäen als gemischtes Welterbe in Natur und Kultur. 23-mal einzigartig ist Frankreichs immaterielles Welterbe. Auch die französische Esskultur gehört dazu!

168 DÖRFER

gehören zu den plus beaux villages de France, und damit zu jenem prestigeträchtigen Club der schönsten Dörfer Frankreichs, die im Sommer die Besucherscharen anlocken.

480 000 KUNSTWERKE

birgt der Louvre. Doch nur ein Bruchteil ist im größten Kunstmuseum der Welt tatsächlich zu sehen. Das Gros des Kulturerbes ruht gut gesichert im Fundus. Andere Werke reisen um die Welt, sind in den Dependancen des Louvre in Lens oder Abu Dhabi oder als Leihgaben in anderen Museen weltweit zu sehen. Ausgestellt am Stammsitz in Paris sind rund 35 000 Gemälde, Zeichnungen, Drucke und Skulpturen.

BIENVENUE IN UNSEREM FELD-, WALD- UND WIESENFRANKREICH

… WO DAS GLÜCK IN DER WIESE LIEGT

Ein Roadtrip durch Frankreich bedeutet großes Landschaftskino. Es geht durch für Europa ungewöhnliche Weiten. Selbst in menschenleeren Gegenden sind die Sehenswürdigkeiten zahlreich. Dann wieder reiht sich Dorf an Dorf, oder es brummt in einer Stadt, die über die Jahrhunderte gewachsen ist. Anhalten und genießen! Schon geht es munter weiter. Das nächste Kultur-Highlight, das nächste Naturwunder kommt bestimmt.

Die Église Notre-Dame-des-Anges von Collioure: Glaubensfestung und Seezeichen zugleich

Der erste Roadtrip nach Frankreich führte vor vielen Jahren schnurstracks vom Bahnhof in Autun in eine Wiese. Allerdings erst nach einer Nacht auf einer Bahnhofsbank der burgundischen Kleinstadt. Die Gastgeber hatten sich glatt im Tag vertan. Ça arrive. Kommt vor. Unser Rendezvous fand folglich mit 24 Stunden Verspätung statt. Was die in beeindruckend großer Formation zum Empfang angetretene Familie der bis dahin nur aus Briefen bekannten Brieffreundin nicht daran hinderte, die übermüdeten jungen Deutschen statt ins Bett in die Wiese zu schicken. Denn dort liegt laut einem Sprichwort für jeden Franzosen das Glück: Le bonheur est dans le pré, das Glück liegt in der Wiese.

Die erste französische Wiese blieb allerdings in erster Linie als ein klammes Vergnügen in Erinnerung. Es hatte geregnet an jenem Junitag. Das Gras stand bereits hüfthoch, die Hose war bis in die entsprechende Höhe im Nu klatschnass. Die muntere Truppe von Franzosen war besser ausgerüstet. Man trug Gummistiefel, landgängige Jacken und hatte Tüten dabei. Überhaupt, der Regen sei ein Glück, weil favorable für das Unterfangen, angesichts dessen von den vorderen Sitzen bis auf die Rückbank des klapprigen Renault 4 eitel Vorfreude herrschte. Für den Rest reichten die zwei Jahre Leistungskurs Französisch nicht.

Eine Landschaft wie ein Gemälde

Wir fuhren durch eine campagne, der Flurbereinigung und Aussiedlerhöfe nicht jeglichen Charme geraubt hatten, irgendwo im tiefsten Feld-, Wald- und Wiesenfrankreich, auf der Grenze von Burgund und Auvergne. Echtes Land rollte bis an den Horizont davon, verbummelt und wie dahingemalt. Charles de Gaulle hatte von Gegenden wie dieser als France profonde geschwärmt. Gemeint ist ein Frankreich, das sich seit 2000 Jahren als resistent gegen die Vereinnahmung durch römische Legionen und angelsächsisch-germanische Globalisierungsversuche erweist.

Die schmale Route départementale schien nur zu dem Zweck angelegt zu sein, in möglichst vielen Schlenkern zur nächsten, im Zweifelsfall romanischen Dorfkirche zu führen. Sofort wurde das Gemäuer mit Ausrufen des Entzückens bedacht und dazu passende Anekdoten, Sagen, kunsthistorische Fakten ausgetauscht. Dann war das Ziel erreicht: ein Wiesenhang, in dessen regentriefendem Gras nun Schnecken gesucht werden sollten.

Auf den ersten, unfreiwilligen Roadtrip durch Frankreich folgten im Laufe vieler Jahre immer wieder Neue. Dieses Buch stellt 14 Routen vor, die besonders im Gedächtnis bleiben. Jeder einzelne Roadtrip ist eine Herzensangelegenheit, jeder vorgeschlagene Stopp ein coup de cœur, von der Elsässischen Weinstraße im Osten bis zum Fenouillèdes im Westen, von der Klippenküste der Normandie im Norden bis zur Luberon-Rundtour im Süden.

Schnecken werden noch immer in französischen Wiesen gesucht. Auf Überlandfahrten sieht man die Suchtrupps mit etwas Glück im sommerlichen Schauer ausrücken. Dicht gestreut sind zudem die zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die jeder Roadtrip durch Frankreich unweigerlich mit sich bringt. Wer etwa das Logo »der schönsten Dörfer Frankreichs« erblickt, weiß, dass ein Zwischenstopp Pflicht ist. Auf unseren Roadtrips wären etwa das elsässische Riquewihr oder das normannische Veules-les-Roses zu nennen. Anhalten empfiehlt sich auch in Orten, die die von höchstministeriellen Weihen verliehene Auszeichnung Site remarquable du goût tragen. Es handelt sich um Orte, die für einen besonderen Geschmack stehen, etwa für Austern im bretonischen Cancale oder für kandierte Früchte im provenzalischen Apt. Ganz zu schweigen von einem Grand Site de France. Zu den großen Stätten Frankreichs zählen in diesem Buch etwa die Vulkane der Auvergne oder der Golf von Saint-Florent auf der Insel Korsika.

Natürlich-dramatisch: die Alabasterküste bei Le Tilleul

Die Eleganz des Unperfekten

Vielleicht liegt es an der unglaublich hohen Zahl, aber der Umgang mit châteaux, musées und monuments bleibt in Frankreich ungezwungen. Mut zu Patina, die Größe, die Schönheit des Verfalls währen zu lassen, der Blick für die Eleganz des Unperfekten, dazu eine Prise urfranzösischen Lottercharmes bewahren die in Jahrhunderten gewachsenen Stadtbilder von Le Puy-en-Velay, Avignon, Nizza oder Grenoble vor der Musealisierung.

Auch das Neue darf sein. Mit einer Einschränkung: Le Moderne ist so lange genehm, wie es schön ist. In Colmar katapultiert der von Herzog und de Meuron entworfene Neubauflügel das zuvor nur in einem mittelalterlichen Kloster untergebrachte Musée Unterlinden ins 21. Jahrhundert. Für die Renaturalisierung der Bucht des Mont-Saint-Michel hat ein Team von Designern und Landschaftsarchitekten Hand in Hand gearbeitet. Eine auf Stelzen über Watt und Sandbänke tänzelnde hypermoderne Brücke verbindet Kontinent und Klosterberg. Oder erst der Pont de Normandie: 200 000 Tonnen Beton, 20 000 Tonnen Stahl, die an Stahlseilen hängend die Seinemündung zwischen Le Havre und Honfleur überbrücken. Harpe de l’estuaire, »Harfe der Mündung« heißt die Schrägseilbrücke in Anspielung auf die nach unten wie die Saiten einer Harfe gespreizten Stahlseile im Volksmund. Als ob man es nicht längst geahnt hätte: Der wahre Romantiker ist Franzose.

Apropos Seinemündung. Der vorerst letzte Roadtrip endete im letzten Sommer auf einer Restaurantterrasse an der Côte d’Albâtre, mit Blick auf den gegen die Kreidefelsen Amok laufenden Ärmelkanal. Wir bestellten ein plateau de fruits de mer, das in einem auf einem kleinen Eismeer thronenden, bunten Plastikschiff serviert wurde. Tranken dazu ein Glas Chablis. Wohlgemerkt, eins.

Nach ausgiebiger Pause am Strand gerieten wir Stunden später an einer Autobahnmautstelle bei Paris in eine Verkehrskontrolle. Ob wir im Laufe des Tages Alkohol getrunken hätten, wollte der streng dreinblickende Polizist wissen. Oui, lautete die ehrliche Antwort, auf die wir die Frage nachschoben, ob es vorstellbar sei, eine Meeresfrüchteplatte ohne ein Glas Chablis zu verzehren. Mais non, Monsieur, antwortete der Beamte ohne eine Sekunde des Zögerns und wünschte uns Bonne route! Genau das wünschen wir Ihnen auf unseren Roadtrips durch Frankreich auch: Gute Fahrt!

UNSER NACHHALTIGKEITSKODEX

Die Welt birgt viele Wunder, Abenteuer und spektakuläre Aussichten, die wir gerne erkunden möchten. Doch sie ist auch leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Hier ein paar Tipps, wie wir unsere Welt nachhaltig entdecken können:

Die Hauptsaison meiden: Wenn wir nicht gerade auf die Ferienzeiten angewiesen sind, können wir der Umwelt einen großen Gefallen tun, indem wir in der Nebensaison verreisen. Damit tragen wir zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Umwelt und der Infrastruktur bei und der Urlaub wird dazu auch noch wesentlich entspannter.

Die Aufenthaltsdauer dem Reiseziel anpassen: Je weiter das Reiseziel ist, desto länger sollte der Aufenthalt sein. Dadurch lernen wir die Region nicht nur intensiver kennen, sondern stärken sie ganz nebenbei noch durch unsere Ausgaben vor Ort. Anfahrtsintensive Tagesausflüge sollten besser vermieden werden, das bedeutet nur Stress, sowohl für die Umwelt als auch für uns selbst.

Umweltbewusst fahren: Reisen mit dem Auto oder Womo sind grundsätzlich umweltfreundlicher als mit dem Flugzeug, dennoch können wir noch mehr tun und zum Beispiel den Kraftstoffverbrauch minimieren, indem wir vorausschauend fahren, so wenig Last wie möglich mit uns führen und die Umgebung vor Ort mit dem Fahrrad oder zu Fuß erkunden.

Nur dort parken und campen, wo es erlaubt ist: Selbst, wenn wir uns noch so vorbildlich verhalten und unseren Aufenthaltsort so hinterlassen, wie wir ihn vorgefunden haben, stören wir den Lebensraum von Wildtieren und hinterlassen Spuren und Gerüche. Auch Lagerfeuer entzünden wir ausschließlich an den dafür vorgesehenen Stellen und achten dabei auf Waldbrandstufen und Naturschutzgebiete.

Ressourcen gewissenhaft nutzen: Manche Umweltressourcen sind bereits knapp, endlich sind auf jeden Fall alle. Um sie zu schonen, sollten wir sparsam mit ihnen umgehen, gerade in Gegenden, in denen zum Beispiel Wasser oder Strom nicht im Überfluss vorhanden sind.

Ein guter Gast sein: Nachhaltig unsere Umgebung zu erkunden bedeutet auch, der hiesigen Flora und Fauna mit Respekt zu begegnen. Pflanzen sollten auf keinen Fall gepflückt werden, doch stehen sie uns gerne Modell für das eine oder andere Foto. Das Gleiche gilt auch für wilde Tiere: Wir füttern sie nicht, halten Abstand und beobachten sie aus der Ferne.

Auf den Wegen bleiben: Wer die vorgegebenen Wege verlässt, dringt nicht nur in die Rückzugsräume heimischer Arten ein, sondern trägt auch dazu bei, dass sich neue Wege bilden, was zur Erosion des Bodens führt.

Abfall wieder mitnehmen: Plastikverpackungen jeglicher Art, Dosen, Flaschen und Papiertaschentücher (es dauert Jahre, bis sich ein einzelnes Taschentuch vollständig abgebaut hat!) gehören nicht in die Natur, sondern artgerecht entsorgt. Am besten gleich eine wiederverwendbare Brotdose oder Trinkflasche mitnehmen. Dazu zählen natürlich auch Toilettenpapier und der Inhalt von (Chemie-)Toiletten. Entsprechende Entsorgungsstationen finden sich überall.

Lokal kaufen: Dadurch lernen wir Land und Leute besser kennen und unterstützen die regionale Wirtschaft, außerdem sind regionale Produkte meist auch preisgünstiger und qualitativ hochwertiger.

So wie wir die Umwelt respektieren, wollen wir auch unseren Mitmenschen und deren Kultur Respekt entgegenbringen, gerade im Hinblick auf deren Traditionen, Religion oder typische Gebräuche. So können ein Lächeln oder ein paar Worte in der Landessprache Berge versetzen!

ROUTE 1: LA ROUTE DES VINS D’ALSACE

70 JAHRE UND KEIN BISSCHEN LEISE

1953 wurde die Route des Vins d’Alsace offiziell eröffnet. Was damals nicht in den kühnsten Träumen zu erahnen war, ist sieben Jahrzehnte später Wirklichkeit geworden. Die elsässische Weinstraße hat sich zu Frankreichs – ach was: Europas! – beliebtester Weinstraße gemausert. Darauf heben wir das Glas.

Die Luft ist lau, das Fachwerk bunt, und die Geranien blühen üppig: Willkommen im Elsass!

Start: Marlenheim

Ziel: Thann

Länge: 170 Kilometer

Dauer: 2–3 Tage

Beste Reisezeit: Mai–Oktober

Auf den Plural kommt es an: Route des Vins d’Alsace, die Straße der elsässischen Weine. Schon im Namen wird eine Vielfalt signalisiert, die sich in den sieben großen Rebsorten des Elsass, 51 Grand Cru-Spitzenlagen und fast tausend Weingütern offenbart. Vielfalt ist auch das Stichwort für die gut 70 Weindörfer, durch die sich die Weinstraße schlängelt. Darunter zählen eine ganze Reihe zum handverlesenen Kreis der »schönsten Dörfer Frankreichs« – in zwei davon, Riquewihr und Éguisheim, schauen wir uns genauer um. Ansonsten gilt: Probieren geht wie so oft über Studieren. Gelegenheit hat man dazu bei einer Weinprobe im Keller des Winzers seiner Wahl. Warum nicht gleich zu Anfang in der Crémant-Kapitale Marlenheim? Dazu gibt es eine Fülle weiterer Gelegenheiten, sich mit den elsässischen Weinen vertraut zu machen. Als da wären ein bunter Reigen von Weinfesten oder coole Events wie das »slowUp Alsace«, bei dem die Weinstraße für ein langes Wochenende auf einem jährlichen wechselnden Abschnitt zum autofreien Megapicknick mit Livekonzerten, Rad- und Wandertouren und Weinproben wird. Gäste sind immer herzlich willkommen, ganz wie es im Elsass üblich ist.

Gut möglich, dass die Offenheit das Erbe einer Region ist, die seit fast zwei Jahrtausenden mit ihrer Grenzlage gut zurechtkommt. Sich vor Fremden abschotten, vor Neuem die Augen verschließen? Ist die Sache der Elsässer nicht, und erst recht nicht die ihrer Winzer. Um zu verstehen, was damit gemeint ist, genügt es, ein beliebiges Weindorf an der Route des Vins d’Alsace zu besuchen. Man kommt leicht ins Gespräch. Ob es eine Weinstube gibt? Natürlich, gleich um die Ecke. Ebenso zuverlässig findet man einen Winzer, der sein Gut mit frischem Schwung führt, was nicht selten mit einem Zertifikat für Bio-Anbau einhergeht.

Weinbau mit Höhen und Tiefen

Die Genusskultur des Elsass hat Wurzeln, die so tief sind wie die mancher Reben. Römer haben die ersten Trauben an den sonnenverwöhnten Ausläufern der Vogesen gepflanzt. Von nun an ging’s bergauf. Bereits vor dem Jahr 1000 wurden in 160 Orten der Region Weinberge bearbeitet. Im Mittelalter dann zählten die elsässischen Weine zu den teuersten in Europa, wovon die prachtvollen Dorfbilder längs der elsässischen Weinstraße bis heute künden. Ab dem 16. Jahrhundert kam der große Einbruch. Das Elsass wurde von Kriegen heimgesucht, viele Weinberge verwüstet: Von nun an ging’s bergab. Der Neuanfang nach dem Ersten Weltkrieg war umso beeindruckender. Erst die phänomenalen Qualitätssprünge in den vergangenen Jahrzehnten aber ließen die elsässischen Weine international Furore machen. Und wieder ging’s bergauf.

Ein goldener Abend an der Route des Vins, passend zur Weinlese.

1962 wurden die Anstrengungen im Weinberg und im Keller von der kontrollierten Herkunftsbezeichnung AOC »Alsace« belohnt. 1975 folgte die AOC Alsace Grand Cru, ein Jahr darauf die AOC Crémant d’Alsace für Schaumweine. »Klasse statt Masse« lautet die Parole der elsässischen Qualitätsoffensive. Mit der Weinstraße wurde zudem bereits in den Pioniertagen des Weintourismus ein Band zwischen Winzern und Elsass-Reisenden geknüpft. Eine Traube, zu der sich ein schwungvolles Band schlängelt, dazu ein Glas, fertig ist das Logo der Route des Vins d’Alsace. Man darf den Schildern vertrauensvoll folgen. Der Rest ergibt sich. Glückliches Elsass!

Viel Fachwerk, aber kein Freilichtmuseum

Glücklich auch, weil man bei allem Erneuerungswillen das kulturelle Erbe pflegt. So hat sich auf den ersten Blick seit der Eröffnung der Weinstraße 1953 wenig am Straßenrand getan. Gut so! Trutzige Burgen lugen über den Weindörfern hervor. Die Kirchen sind mal romanisch wie Saint-Pierre-et-Saint-Paul in Rosheim, mal gotisch wie Saint-Thiébaut in Thann, der südlichen Endstation der Weinstraße, wo die Vogesen ganz nah an die Steillagen heranrücken. Manchmal glucken sie wie die Wehrkirche von Hunawihr postkartengerecht im Weinberg. In Städtchen wie Obernai machen sich stattliche Renaissancehöfe wichtig. Das Kopfsteinpflaster ist krumm und das Fachwerk mit Geranien geschmückt. Hinter der Stadtmauer berechtigen Weinstuben zu den schönsten aller Hoffnungen jedes Elsass-Reisenden: ein gutes Glas Wein und ein köstliches Essen, das dank erstklassiger regionaler Produkte den Geschmack des Elsass trägt.

Soweit die ersten Eindrücke. Von musealer Starre aber keine Spur. Vorbei sind die Zeiten, da sich der schwarzglänzende Wolfberger-Keller am Ortsrand von Colmar wie ein Fremdkörper zwischen Geranienseligkeit und Storchenidyll ausnahm. Hypermoderne Weingüter gehören heute längst zum Elsass. Eine junge Winzergeneration sendet mit lichten Probierräumen oder von Künstlern entwickelten Etiketten entschieden moderne Signale.

Noch ein Wort zum Klima: Colmar gilt dank ganzer 520 Millimeter Niederschläge im Jahresmittel als Frankreichs »trockenste« Stadt, und schlägt mit durchschnittlich 1745 Stunden pro Jahr alle Rekorde. In der Hauptstadt des elsässischen Weinbaus wird im August die größte Weinmesse der Region ausgetragen. Die »Foire aux Vins d’Alsace« ist nicht nur eine Leistungsschau der elsässischen Winzer, sondern ebenfalls eine Konzertbühne. Zur Messe traten bereits Joe Cocker, Deep Purple, Sting, Lenny Kravitz oder Marilyn Manson auf. Natürlich Open air.

www.weinstrasse.alsace

RESTAURANTS / ÜBERNACHTUNGEN

EINKEHREN

QUAI 21

Gelernt hat Frédéric Tagliani bei den großen Köchen des Elsass. Sein Traum blieb das eigene Restaurant in Colmar. Das hat er nun.

www.restaurant-quai21.fr

L’ÉPICURIEN

Das Weinbistro in Colmar hat 200 Weine im Angebot. Auf der Karte erfreuen etwa ein Salat mit in der Pfanne kurz angebratenen Jakobsmuscheln, Pilzen, eingelegten Tomaten und Sojasauce.

www.epicurien-colmar.com

AUBERGE DU CAROLA PARC

Ein Hauch Sommerfrische weht über dem Gartenrestaurant in Ribeauvillé. Serviert wird eine leichte Regionalküche, bereichert durch asiatische Einflüsse.

www.auberge-parc-carola.com

FLAMME & CO

Clubbing mit Flammkuchen – das Rezept kommt gut an. Auf der Karte des Restaurants in Kaysersberg stehen zwei Dutzend verschiedene Flammkuchen.

www.flammeandco.fr

AU VIEUX PORCHE

Regionale Klassiker in einem Gasthaus von 1707 in Éguisheim. Der Koch ist zugleich Winzer!

www.auvieuxporche.fr

A L’AGNEAU D’OR

Eine Weinstube in Obernai, wie sie im Buche steht. Aufgetischt wird klassische elsässische Küche wie Zander auf Riesling-Sauerkraut.

www.alagneaudor.e-monsite.com

ÜBERNACHTEN

JAMES

Neubau mit modern gestylten Zimmern in Colmar. Zum Rumlümmeln lädt die mit Sofas, Magazinen und Bildbänden ausgestattete Lobby ein.

www.james-hotel.com

CAMPING MUNICIPAL PIERRE DE COUBERTIN

Der städtische Campingplatz etwas außerhalb des zauberhaften Winzerstädtchen Ribeauvillé liegt hübsch im Grünen. Die Rasenplätze haben oft Schatten und sind von Hecken getrennt. Das Schwimmbad liegt um die Ecke.

https://camping-alsace.com/camping-pierre-coubertin-ribeauville

LE B. ESPACE SUITES

Zimmer in einer Mischung aus modernem Design und alten Mauern. Von der Holzgalerie um den Innenhof schaut man in die open kitchen der d’Brendelstub, dem Zweitrestaurant von Jean-Luc Brendel in Riquewihr, einem der innovativsten Köche an der Weinstraße. Wer noch mehr Hideaway möchte, mietet sich im B. Cottage in Brendels Garten vor dem Dorf oder im B. Vintage mit Fifties-Look ein.

www.jlbrendel.com

LE GOUVERNEUR

Die farbenfrohen Zimmer um einen vierflügeligen Fachwerkhof in Obernai sind heimelig. Besonders still sind die nach hinten zur Stadtmauer.

www.hotellegouverneur.com

LE VALLON DE L’EHN

Campingplatz in stiller Lage, 15 Fußminuten außerhalb der Stadt Obernai. Nette Atmosphäre, viel Grün, viele Bäume, und in der Épicerie ist das Angebot gut.

www.camping-obernai.fr

CAMPING MUNICIPAL

Der kleine Vier-Sterne-Platz an einer Schleife der Weiss in Kaysersberg bietet schattige Plätze unter Bäumen. Hecken trennen die Parzellen ab.

www.camping-kaysersberg.fr

Auf den Plural kommt es an! Die Weine des Elsass sind so verschieden wie die Rebsorten und Terroirs.

OBERNAI

JEDE WOCHE WIEDER

Es geht um die Wurst. Aber auch um Käse, Brot, Hechtklößchen und Zwetschgen. Praktisches wie Geschirrtücher und Unterhaltsames wie eine CD mit den Hits von Helene Fischer runden das Angebot ab. Auf dem Wochenmarkt von Obernai wird jeder glücklich!

Dank der alten Stadtmauer hält Obernai Figur.

Donnerstagmorgen, an einem Markttag wie so vielen anderen. Rien ne va plus zwischen dem neogotischen Gebirge der Pfarrkirche Saints-Pierre-et-Paul, der Kornhalle von 1554 und dem Sechs-Eimer-Renaissancebrunnen. Zwischen spätmittelalterlichem Rathaus und alter Kornhalle ist ebenfalls kein Durchkommen mehr. Fußgänger strömen übers Pflaster, den Einkaufskorb am Arm, einen Beutel in der Hand. Man kennt sich, schwätzt miteinander, und das ganz ungestört: Am Markttag ist die Altstadt für den motorisierten Verkehr gesperrt.

Unter den Linden vor dem Hôpital duftet es verführerisch. Grumbeerkiechle brutzeln im Fett. Die Karoffelreibekuchen schmecken am besten warm und auf der Hand. Beim Maraîcher Muhr aus Sélestat gibt es knackfrisches Gemüse: Radieschen leuchten zartrot, Karotten haben ihr Grün noch, Lauchzwiebeln glänzen seidenmatt. Ein paar Stände weiter wächst bei Metzger Schlotter die Schlange. Tourte vigneronne im Blätterteig – Fleischpastete nach Winzerinnen Art – und Saucisson sec aux noisettes – Hartwurst mit Haselnüssen – gehen weg wie warme Semmeln. Hechtklößchen und Hasenrücken gibt es hingegen beim Fisch- und Wildhändler gegenüber. Hinter dem mittelalterlichen Kappelturm ist alles bio. Die Ferme Chênesire aus Steige verkauft Munsterkäse und Bergkas aus Rohmilch. Und die Bäckerei Turlupain aus Orbey ist weit über ihren Heimatort für knusprige Bio-Brote bekannt.

STADTMAUERN

Ein Spaziergang längs der Stadtmauern führt an 31 Türmen vorbei. Die Tour (1,2 km) startet an der Kirche Saints-Pierre-et-Paul.

www.tourisme-obernai.fr/de

RIQUEWIHR

BESUCHERMAGNET MIT DENKMALSCHUTZ

Es geht hoch her in der »Perle des Weinbergs«. Plüschstörche lüpfen das Bein, Kunsthandwerker stellen aus, Wein fließt in Strömen. Noch etwas vergessen? Ja, Riquewihr ist zauberhaft, das Ensemble von Stadttoren, wuchtigen Winzerhäusern, Adelspalais – einmalig.

Und nun ein Glas auf Riquewihr – Santé!

So einmalig, dass das Dorf zum handverlesenen Kreis der plus beaux villages de France zählt. Nach Straßburg und Colmar lockt das kleine Riquewihr mit den meisten denkmalgeschützten Bauwerken des Elsass. Kurzum, das von mittelalterlichen Mauern beschützte Dorf steht quasi unter flächendeckendem Denkmalschutz.

Unter der Herrschaft der aufgeklärten Herzöge von Württemberg-Mömpelgard erlebte Riquewihr, das damals Reichenweiher hieß, im Spätmittelalter und in der Renaissance glanzvolle Zeiten. Durch den Weinbau kam Wohlstand, der sich in zahlreichen prachtvollen Bürgerhäusern längs der Rue du Général-de-Gaulle spiegelt. Das Haus Zum Schwarzen Bären ziert ein geschnitzter Eckbalken mit Manneken Pis. Zum Truchsesshof mit seiner Sonnenuhr auf der Fassade muss man eine Stichgasse betreten (Nr. 38). In Haus Nr. 16, der Maison au Nid de Cigogne verbreitet das Musée Hansi mit bunten Illustrationen Elsassfolklore.

Im 17. Jahrhundert rühmte man die Reichenweiher Tropfen als »edelsten wein dises lands«, der in die Schweiz, nach Schweden und Russland sowie ins Baltikum exportiert wurde. Apropos Wein: Voltaire war Besitzer eines Weinbergs in Riquewihr, den der Herzog von Württemberg dem Philosophen in seinen späten Jahren vermacht hatte. Bevor er von den Erträgen profitieren konnte, verstarb Voltaire allerdings.

DOLDER

Der Wehr- und Wachturm von 1291 ist das Wahrzeichen von Riquewihr. Toller Blick von der 4. Etage!

www.musee-riquewihr.fr

COLMAR

EIN PLATZ AN DER SONNE

Colmar ist nicht nur bezaubernd, sondern hat auch eine Menge mehr als klassisches Sightseeing zu bieten, und dies auf fußläufiger Fläche. Das knapp 70 000 Einwohner zählende Städtchen ist ein Paradies für Flaneure. Die freuen sich zudem über das sprichwörtlich gute Klima. Und staunen über den städtebaulichen Neustart rund ums Musée Unterlinden.

Bunt ist das Leben in der Petite Venise von Colmar. Und lauschiger sitzt man in der ganzen Stadt nicht. Spielt das Wetter dann noch mit, ist das Glück kaum auszuhalten.

Colmarianité heißt das besondere Lebensgefühl dieser Stadt. Gemeint ist ein heiteres, leicht berauschtes Lebensgefühl, das auch Reisende spätestens dann ergreift, wenn sie sich auf flachen Nachen durch die Wasserarme der Petite Venise schunkeln lassen oder bis spät in die Nacht auf dem Kopfsteinpflaster sitzen. Und elsässischen Wein trinken, am besten von einem Winzer aus Colmar. Davon gibt es tatsächlich noch ein paar, sogar mitten in der Altstadt. Auch einige der besten Lagen des Elsass reichen bis ans Zentrum.

Pack die Sonnenbrille ein!

Knapp 1800 Sonnenstunden im Jahr machen Colmars Ruf als Sonnenterrasse des Elsass aus. Bei den Niederschlägen hängt Colmar mit rekordverdächtigen Niedrigwerten sogar die südfranzösische Konkurrenz von Arles bis Nizza ab, von Straßburg ganz zu schweigen. Südliches Flair stellt sich auf den sonnenverwöhnten Trottoirs und Terrassen wie von selbst ein. Und die Nächte sind lau und viel zu lang, um früh ins Bett zu gehen. Der Rest ist Staunen über eine Stadt, die Straße für Straße, Platz für Platz mit grandiosen Baudenkmälern verblüfft.

Dabei entpuppt sich Colmar trotz des makellosen, von Kriegen und Bränden verschonten Stadtbilds als modern und aufgeschlossen. Was schon Voltaire gefiel. Der Philosoph, der hier 1753 ein Jahr verbrachte, stimmte ein Loblied auf die Einwohner und den Wein an, beanstandete jedoch, dass kein guter Kaffee in der Stadt zu bekommen sein. Fini. Schöner als mit einem perfekt geröstetem Expresso im Café 1924 kann der Tag in Colmar nicht beginnen. Das Café im ersten Stock eines schmucken Fachwerkbaus in der Rue des Têtes ist fast ein Geheimtipp, die Rösterei im Erdgeschoss eine der kleinen, feinen Art.

Nur ein paar Meter weiter erhebt sich mit der Maison des Têtes eins der prachtvollsten Palais der Altstadt. 106 skurrile Köpfe bevölkern das Paradebeispiel elsässischer Renaissancearchitektur. Hinzu kommt ein über drei Stockwerke reichender, über und über verzierter Prachterker und der mit Voluten und Obelisken beladene Giebel, auf dessen Spitze seit 1902 eine Figur des »elsässischen Fassbinders« thront – schließlich tagte die Colmarer Weinbörse einst in der Maison des Têtes. Heute dürfen Colmar-Besucher ihr Haupt im perfekt sanierten, und zum Luxushotel umgebauten Palais betten.

Dass Colmar nicht nur für die Touristen lebt, sondern sein eigenes Leben hat, zeigt sich beim Besuch in der in den 1860er-Jahren erbauten Markthalle im Süden der Altstadt. Tout Colmar macht hier seine Einkäufe. Nicht nur wegen der vielen Bioprodukte, die unter ihrem Dach angeboten werden, ist der Besuch ein Muss, sondern auch wegen der Lage am Rand des Viertels Petite Venise (Klein-Venedig). Donnerstags zum großen Wochenmarkt erweitert sich das Markttreiben bis an den Rand des ehemaligen Viertels der Fischer und Gemüsebauern.

Mitten durch die Petite Venise schlängelt sich das Flüsschen Lauch. Ein Schlenker über die Rue du Manège führt zum Boulevard Saint-Pierre. Stadtauswärts breitet sich ein nobles Gründerzeit-Villenviertel aus, stadteinwärts aber bietet sich von der Brücke am Boulevard Saint-Pierre der schönste Blick auf die verwinkelte Fachwerkheimeligkeit am Fluss. Wo früher die flachen Nachen der Gemüsebauern anlegten, steigen heute Gäste ins Boot. Im Hintergrund überragt die Stiftskirche Saint-Martin die romantische Szenerie: Colmars meistfotografiertes Postkartenmotiv.

So hoch wie ein Kirchenschiff sind die Ausstellungsräume im Ackerhof, dem Neubau des Musée Unterlinden.

Davon gibt es allerdings reichlich, die Kamera kann man also getrost in der Hand behalten. Colmar zählt nur etwas mehr als 70 000 Einwohner, was die Stadt nicht davon abhält, sich unter gezieltem Einsatz von herausgeputztem Fachwerk und überbordender Geranienflut als die heimliche elsässische Hauptstadt zu präsentieren.

Früher als in anderen Städten des Elsass wurde in Colmar saniert und sich herausgeputzt. Von 1968 bis 1974 schien die gesamte Altstadt, insbesondere das Fischer- und Gerberviertel sowie die Petite Venise, umgekrempelt zu werden. Neubauten mussten sich wie Chamäleons (edifices passe-partout) an die historische Umgebung anpassen. Selbst das preußischwilhelminische Erbe blieb bewahrt. Der 1906 begonnene Bahnhof erinnert mit seinem Ziegelbelfried an den von Danzig. Originell ist hingegen die Schauseite, deren Umrisse eine Lokomotive andeuten. Die unverkennbar wilhelminische Cour d’Appel (1902–1906) an der Avenue Raymond Poincaré erinnert an die Straßburger Universität. Im angrenzenden Park ragt ein pastellfarbener neogotisch-maurischer Turm 53 Meter empor. Es ist der älteste und zugleich höchste Wasserturm des gesamten Elsass, zwischen 1884 und 1886 von dem Baseler Ingenieur Grüner erbaut.

Es geht um die Wurst, wie das Aushängeschild dieser Metzgerei in der Altstadt von Colmar unmissverständlich kundtut. Und nebenan? Das Bretzelschild liefert die Antwort.

Die Nächte sind lau und folglich lang in Colmar. An Terrassen zum Verweilen mangelt es nicht.

Trubel und Stille

Zurück ins Herz der Altstadt. Mit der stattlichen Ancienne Douane, dem Koifhus aus dem 15. Jahrhundert, der mit Fassadenmalereien verzierten Maison Pfister und der Kathedrale Saint-Martin ist Colmars touristisches Epizentrum wieder erreicht. Feine, kleine Boutiquen, charmante Cafés und immer wieder umwerfend schöne Bauwerke wechseln auf Schritt und Tritt. Auf den Terrassen brummt es. Vor der Dominikanerkirche, wo Martin Schongauers symbolschwere Madonna im Rosenhag die Massen anzieht, nimmt die Schlange kein Ende.

Ein Schlenker in die Rue Berthe Molly aber genügt, und es herrscht eine fast dörfliche Stille. Vor der auf vins naturels spezialisierten Weinbar L’Un des Sens haben es sich ein paar Bewohner des Viertels auf der winzigen Terrasse bequem gemacht. Ein Portal steht weit auf und gibt den Blick auf eine hölzerne Renaissanceloggia frei. Schwalben schwirren um einen Erker. Eine Katze huscht durch eine Holzluke. Prompt wirkt die Stadt wie aus der Zeit gefallen.

Der ganz große städtebauliche Wurf