Roland -  - E-Book

Roland E-Book

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Beschreibung

Der Band beinhaltet die Familiengeschichte Westermann aus Groß-Holthausen, sowie die Geschichte der Familie Westermann aus Lütgendortmund. Die Familiengeschichten sind in eingebettet in ausführliche historische Berichte zur Geschichte der jeweiligen Region.

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Seitenzahl: 169

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Roland zu Dortmund e.V.

Postfach 10 33 41, 44033 Dortmund

E-Mail:[email protected]

Homepage:www.roland-zu-dortmund.de

Vorsitzende: Angela Sigges, Krinkelweg 203, 44267 Dortmund – Stellv. Vorsitzender: Walter Nabrotzky, Gabelstr. 10, 44287 Dortmund – Schriftführer: Fred Murawski, Luegstraße 9 44267 Dortmund – Stellv. Schriftführerin: Nancy Myers, Flözweg 9, 59174 Kamen – Schatzmeisterin: Elke Mehlmann, Schwarzdrosselweg 6, 44225 Dortmund – Stellv. Schatzmeisterin: Charlotte Albers, Dresdner Str. 15, 44139 Dortmund – Beisitzer: Christian Loefke, Dorothea-Petersmann-Weg 10, 48147 Münster – Rainer Minnerop, Kornharpener Straße 128, 44791 Bochum – Georg Palmüller, Flözweg 9 59174 Kamen

Schriftleitung: Christian Loefke

Jahresbeitrag für Einzelpersonen € 30,- (Ehepaare € 35,-)

Konto: Sparkasse Schwerte, BLZ 441 524 90, Kto.-Nr. 68 569

fällig im 1. Quartal des Jahres. Der Verein ist vom Finanzamt Dortmund-West als gemeinnützig anerkannt.

Der Bezugspreis der Zeitschrift (Roland) ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. – Arbeitssitzungen: Am zweiten Dienstag im Monat um 19.00 Uhr im Hotel Drees, Hohe Straße 107, 44139 Dortmund.

Bibliothek: Im Stadtarchiv Dortmund, Küpferstr. 3. – Öffnung auf Anfrage 01 76 – 51 25 10 29 oder unter [email protected]

Inhalt

Udo Westermann

Die Familien-Chronik Westermann. Unsere Heimat, unsere Familie

Die historische Entwicklung von Groß-Holthausen

Der Hof Westermann in Groß-Holthausen

Westermann in Dortmund – ab 1696

Westermann in Lütgendortmund

Quellen- und Literaturliste (Auswahl)

ROLAND-Wappenrolle (Wappen Westermann)

Bericht von der Jahreshauptversammlung am 11. Februar 2014

Bericht von der Jahreshauptversammlung am 10. Februar 2015

Orts- und Namenregister

Mitarbeiter des Bandes

Christian Loefke

Dorothea-Petersmann-Weg 1, 48145 Münster – [email protected]

Udo Westermann

Volksgartenstr. 94, 44388 Dortmund – [email protected]

Udo Westermann

Die Westermann-Chronik

Unsere Heimat, unsere Familie

Vorwort

Meine Mutter hat auf meine Frage:

„Wer sind eigentlich unsere Vorfahren?“ gesagt:

„Unsere Familie ist eine ganz alte Dortmunder Familie.“

Womit sie nach meinen bisherigen Untersuchungen mehr als Recht hatte. Zum damaligen Zeitpunkt gab es aber leider nur Informationen, die sich auf zwei Generationen bezogen, welche mein Vater für seine militärische Laufbahn gebrauchte.

Die vorhandenen Unterlagen haben mich allerdings neugierig gemacht. Nachdem ich in den Kirchenbüchern der St. Marien- und Reinoldi-Kirche gesucht hatte, wurde ich fündig.

Bis 1729 konnte ich die Westermann-Linie direkt zurückverfolgen. Vor Hermann Westermann hatte ich leider keine weiteren Ahnen in Dortmund finden können. Jedoch hinterließ dieser Hermann Westermann eine Notiz:

„aus Große-Holthausen stammend“.

Um ältere Ahnen zu finden, machte ich mir zur Aufgabe, die Kirchenbücher der umliegenden Vororte Dortmunds zu durchsuchen. Das waren in der Hauptsache die Kirchenbücher in Kirchlinde, Barop und Eichlinghofen.

Hermann Westermann habe ich dabei nicht gefunden. Wohl aber, und das ist ein riesen Glücksfall, die eingetragene Taufe eines unehelichen Kindes im Kirchenbuch der evang. Kirchengemeinde Eichlinghofen.

Dieses Kind, dessen Vater Heinrich Westermann hieß, wurde 1696 geboren und ist der Hermann Westermann, der mir in der Ahnenreihe fehlte. In den Unterlagen, die mir 100-prozentige Gewissheit verschafften, steht immer der Vermerk „aus Großen Holthausen stammend“.

Die Eintragung in die Bürgerliste der Freien- und Reichsstadt Dortmund am 12. Februar 1729.

1

Die Hochzeit in der evang. Marien-Kirche am 27.2.1729 mit Elisabeth Westhoff.

Die Patenschaften seines Vaters (Hofbesitzers aus Groß-Holthausen) bei 4 seiner Kinder (Kopien St. Marien-Kirche).

Durch diesen Glücksfall konnte ich den Stammbaum um weitere Jahrhunderte zurückverfolgen. Begleitend habe ich von der Westermann-Linie einen Stammbaum angelegt.

Es gibt mit Sicherheit, noch vieles in den Unterlagen nachzutragen, eventuell auch zu korrigieren. Einige Dinge werde ich vielleicht zu ausführlich dargestellt haben, aber die vielen schönen Texte und Bilder kann man einfach nicht ignorieren.2

Während der Niederschrift ist mir aufgefallen, dass es in dem Auszug aus dem „Schatzbuch der Grafschaft Mark von 1486“

3

noch viele Höfe – vom Namen her „Westermann“ abgeleitet – gab, die sich „ter West“ oder „ter Westen“ nannten. Hier könnte man noch weitere Nachforschungen anstellen, denn es könnten sich doch noch andere verwandtschaftliche Verzweigungen ergeben.

Eine Urkunde vom 19.1.1397 (aus dem Staatsarchiv Düsseldorf)

4

muss noch transkribiert werden. Die Urkunde wurde von einem Diedrich Schulte, dem damaligen Hofesrichter verfasst, in der ein Westermann als Zeuge auftrat.

Bei meinen heimatgeschichtlichen Recherchen und auf der Suche nach meinen Ahnen bin ich auf viel Verständnis und große Hilfsbereitschaft gestoßen, für die ich sehr dankbar bin. Insbesondere gilt mein Dank für die Einsicht und Kopien aus folgenden Kirchenbüchern: Evang. Kirchengemeinde Dortmund-Eichlinghofen, Evang. St. Marien-Gemeinde Dortmund, Evang. St.Reinoldi-Gemeinde Dortmund, Evang. Pfarramt zu Beneficii Langensalza, Röm. Kath Pfarrgemeinde v.d. Hl. Schutzengeln in Waldenburg und Kath. Kirche St. Magdalena Dortmund-Lütgendortmund. Ebenso danke ich den Mitarbeitern des Landeskirchliche Archivs der Ev. Kirche Westfalen in Bielefeld, des Staatsarchivs Münster5 und des Stadtarchivs Dortmund. Schließlich gilt mein besonderer Dank folgenden Damen und Herren, die mich mit Unterlagen und Bildmaterial tatkräftig unterstützt haben: Die Herren Rudolf Grobosch, Friedhelm Oehmchen, Friedrich Wilhelm Ostermann, Frau Marianne Epke und Frau Rechtanwältin Ulrike Kulp. Die Arbeit des Schriftsetzens6 leistete Frau Birgit Bujok. Hierfür möchte ich ihr nochmals meinen herzlichsten Dank aussprechen.

Dortmund, Dezember 2007 / 2016

Udo Westermann

1 RÜBEL, Karl: Die Bürgerlisten der Frei- und Reichsstadt Dortmund 1411-1511 und 1557-1803, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 12 (1903), S. 33-212, hier: S. 172.

2 Im Folgenden wird häufig – fast wörtlich – aus dem Buch von Wilhelm HÜCKER (Die Entwicklung der ländlichen Siedlung zwischen Hellweg und Ardey. Münster 1939 [Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, XXII: Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung, 2]) zitiert. Dank an die Historische Kommission für die Abdruckgenehmigung.

3 TIMM, Willy (Bearb): Schatzbuch der Grafschaft Mark 1486. Unna 1986 (Quellen zur Geschichte Unnas und der Grafschaft Mark, 1).

4 Jetzt LA NRW Abt. Rheinland.

5 Jetzt LA NRW Abt. Westfalen.

6 Schriftsatz der dieser Veröffentlichung zugrunde liegenden Chronik in 3 Bänden.

Die historische Entwicklung von Groß-Holthausen

1. Frühgeschichte7

Die ältesten Spuren menschlichen Wirkens im Bereich unserer engeren Heimat könnten vielleicht schon zwölf Jahrtausende alt sein. Doch wenn wir uns mit den steinernen Fundstücken befassen, deren zeitliche Einordnung sicher ist, erkennen wir ein Alter von vier bis sechs Jahrtausenden.

Mit der Jungsteinzeit begann eine Zeit sesshafter Lebensweise und einer landwirtschaftlichen Entwicklung. Menschen, die den meisten heutigen Europäern bereits recht ähnlich waren, blieben in ihren Siedlungen bereits so lange, wie der Boden sie ernähren konnte. Sie hielten als Haustiere Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine. Sie kannten den vierrädrigen Wagen und den Pflug, Zugtiere sowie kleine Herden. Es entstand durch Arbeitsteilung auch schon Gewerbe.

Als Jungsteinzeit (Neolithikum) werden vorrangig die letzten Jahrtausende der auf rund 600 000 Jahre bemessenen Steinzeit bezeichnet (ca. 6 500 bis 3 800 vor Chr.). Sie war die „Zeit der Keramik und der Stein- Holz- und Knochenwerkzeuge“. Menschen verschiedener Kulturgemeinschaften besiedelten große Teile Europas. Die Bandkeramiker des donauländischen Kulturkreises stießen in ihren nördlichsten Ausläufern bis zur Lippe vor. Die bandförmigen Verzierungen an ihren Töpferarbeiten begründen diesen Namen. An der Wende zur späteren Bronzezeit breitete sich in Mitteldeutschland die Kultur der Schnurkeramiker gleichzeitig mit der von Norden kommenden Kultur der Streitaxtleute aus.

Abb. 1: Schnurkeramik aus einem Grab in Kötzschen,

Sachsen-Anhalt; Museum für Vor und Frühgeschichte Berlin

(Foto: Einsamer Schütze - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16318127)

Im Bereich unserer weiteren Heimat, nördlich und südlich der Ruhr, konnten Funde von bearbeiteten Steinen gemacht werden, die in jener Zeit als Werkzeuge, Waffen und in einigen Fällen als Schmuck verwendet worden waren. Einige Fundstücke werden dem westlichen Kulturkreis, andere dem norddeutschen Kulturkreis zugeordnet, besonders häufig ist jedoch die Rössener Kultur vertreten, die den Bandkeramikern des Südostens nahe stand. Hier gibt der Ort des ältesten Fundes den Namen für Stücke, welche auch in Westhofens Umkreis ausgegraben wurden. Die Zuordnung ist nicht immer leicht.

2. Die Zeit der Kelten, Germanen und Römer

Die Ausbreitung der „Indoeuropäer“ als Begründer der meisten europäischen Sprachen von Island bis Indien kann im Zusammenhang mit dem Vordringen der Schnurkeramiker und der Streitaxtleute vor fast vier Jahrtausenden gesehen werden. Denn an der Wende von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit (letztere ca. 1750-700 vor Chr.) überströmten Indoeuropäer auf schnellen Pferden und mit schnellen Streitwagen das Gebiet der alten steinzeitlichen Kulturen Europas. Sie wandelten sich durch deren Unterwerfung zu neuen Völkern wie den Kelten, Germanen, Italikern und anderen.

Den Kelten werden in unserer weiteren Heimat zahlreiche Namen von Flüssen und Bächen zugeschrieben, auch der Name der Ruhr und der Lippe. Am Ende der Bronzezeit drängen von Norden kommende Germanen in die keltischen Randgebiete ein. Mehrere Bronzeschwerter sind am Karlsberg (südlich des Harkortsees) gefunden worden, ein Lappenbeil im Jahre 1935 in Ergste und ein Beil mit Öse in Hagen-Helfe.

In der Eisenzeit (seit ca. 700 vor Chr.) überschichteten die Germanen die Bevölkerung Nordwestdeutschlands und beherrschten im 3. Jahrhundert auch das heutige Westfalen. Die Stämme der Sigambrer und der Chattuarier durchzogen oder besiedelten das Ruhrgebiet. Eine Rauhtopfschüssel aus jener Zeit konnte aus den Scherben ergänzt werden, die 1935 in einem Lehmhang beim Bodellenbach etwas westlich der Wannebachstraße sichtbar wurden. Auch die Herkunft einer Grube liegt über 2000 Jahre zurück, die genau an dem Hohlweg erkennbar war. Ebenfalls in die Zeit vom 4. bis 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gehört die dünnwandige zweite Rauhtopfschüssel der vorrömischen Eisenzeit. Sie hat einen einziehenden geglätteten Rand und wurde 1959 an der Einmündung Schlossstraße/Hohlweg vor den Autobahnarbeiten gerettet.

An die Zeit der Römerkriege vor fast zwei Jahrtausenden erinnert die 1934 in Ergste gefundene bedeutende kleine Goldfigur der römischen Siegesgöttin. Im Kampf gegen die Römer schlossen sich nach Südwesten vorstoßende Sigambrer mit einigen germanischen Stämmen zum „Bund der Franken“ (d. h. Freie) zusammen, um die Unabhängigkeit zu bewahren. Die Franken überschwemmten in den späteren Jahrhunderten (bis etwa 300 nach Chr.) vom Rheinland ausgehend das gallische Land („Frankreich“).

Einen anderen Stammesverband bildeten später die Sachsen, die in der Völkerwanderungszeit von ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet in Holstein ausgehend sich mit anderen germanischen Stämmen wie den Chauken an der Wesermündung und den Angrivariern an der unteren Weser vereinigten, nach Süden vorstießen und im 6. und 7. Jahrhundert zum Rhein hin drängten. Um 700 n. Chr. haben sie auch die zwischen Ruhr und Lippe wohnenden Germanen vom Stamme der Boruktuarier (Brukterer) ihrer Herrschaft untergeordnet. Jetzt standen sie an allen erreichbaren Toren des großen fränkischen Machtbereiches.

3. Die Brukterer8

Abb. 2: Germanische Siedlungsgebiete

(nach: http://www.clades-variana.com/die_geschichtliche_ausgangslage.htm)

Die Brukterer waren ein bedeutender germanischer Volksstamm und siedelten anfangs zwischen mittlerer Ems und oberer Lippe. Zur damaligen Zeit war das Land dünn besiedelt, entsprechend in weiten Gebieten mit dichten Wäldern bewachsen. Die Brukterer lebten teils von der Jagd, vor allem aber von Ackerbau und Viehzucht.

Sie wurden im Jahre 12 vor Chr. von Drusus besiegt und gehörten zu den germanischen Stämmen, die sich im Jahre 9 nach Chr. in der Varusschlacht erfolgreich gegen die römische Expansion gewehrt haben. In den Jahren 69/70 n. Chr. haben sie am Bataveraufstand teilgenommen.

L. Stertinius schlug im Sommer 15. n. Chr. mit einer Abteilung Leichtbewaffneter im Auftrag des Germanicus die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten. Zwischen den Leichen der Gefallenen und der Beute fand Stertinius das Feldzeichen der 19. Legion, welches in der Varusschlacht erbeutet worden war. Von dort wurde der Heereszug in die abgelegensten Gebiete der Brukterer (wohl im Nordosten) geführt und alles Land zwischen Ems und Lippe verwüstet („nicht weit vom Teutoburger Wald“), wo die sterblichen Überreste des Varus und der Legionen noch unbestattet liegen sollten.

Die bekannteste Persönlichkeit aus dem Stamm der Brukterer war die bei den Germanen hoch geachtete Seherin Veleda. Im Jahre 77 n. Chr. führte der niedergermanische Statthalter Rutilius Gallicus Krieg gegen die Brukterer. Bei diesem Feldzug wurde Veleda gefangen genommen.

Ende des 1. Jahrhunderts (98 n. Chr.) wurden die Brukterer von den Angrivariern und Chamaven vernichtend geschlagen und fast ausgerottet. Reste flüchteten in das Gebiet der mit ihnen verbündeten Tenkterer und ließen sich südlich der Lippe nieder. Im 3. Jahrhundert haben sie sich rechtsrheinisch von etwa Köln, aber nicht nördlicher als Neuss, bis südlich Koblenz ausgebreitet.

Die Brukterer zählen ab dem 3. Jahrhundert zum Stammesverband der Franken. Ein großer Teil der im 4. und 5. Jahrhundert überlieferten Frankeneinfälle ist von den Brukterern ausgegangen. Sie werden um die Mitte des 5. Jahrhunderts auch Köln und einen großen Teil des linken Rheinufers in Besitz genommen haben. Nach ihrem Aufgehen im fränkischen Reichsverband lebte ihr Namen in ihrem alten Stammesgebiet zwischen Lippe und Ruhr in dem Gaunamen Boratra fort. Dass er im 7. und 8. Jahrhundert noch lebendig war, geht auch daraus hervor, dass der Heilige Suitbert bei den Boructuarii im Bereich Recklinghausen / Dortmund missionierte. Beda Venerabilis zufolge vertrieben die Sachsen bei einem Einfall im Jahr 695 diese christianisierten Bevölkerungsteile. Papst Gregor III. richtete 738 einen Brief an die Borthari. In den Sachsenkriegen des Frankenkaisers Karls des Großen gerieten die Borchter (jüngste Schreibweise für Brukterer, Boeuctuarii, Boruakter) zwischen die Franken und Sachsen. Einige Indizien sprechen dafür, dass sie nach Beendigung der Kriege auf Geheiß Karls das Sauerland und große Teile des Bergischen Landes besiedelten.

Von dem Kirchenlehrer Beda Venerabilis († 731 n. Chr.) gibt es noch eine weitere überlieferte Legende, nämlich die vom Weißen und Schwarzen Ewald. Im 19. Jahrhundert hatte die Legende diese Form angenommen:

„Um 700 kamen der Schwarze und der Weiße Ewald (nach der Haarfarbe benannt) von England herüber, um unsere heidnischen Vorfahren zu bekehren. Auch in Aplerbeck wollten sie predigen. Aber kaum angelangt, wurden sie hier von den Mannsleuten des Bauernhofes, auf welchem sie Quartier genommen, meuchlings überfallen. Der Weiße ward sofort noch im Hause erschlagen. Der Schwarze nahm die Flucht, gelangte jedoch nur zum Hause hinaus auf den Hof, wo er von den nacheilenden Mördern ergriffen wurde. Es kamen jedoch die Weiber, die gerade mit dem Flachsbrechen beschäftigt waren, herzugelaufen und baten, dass man den Gottesmann schonen möge. Allein die rasenden Männer waren nicht zu erweichen; sie entrissen den Weibern vielmehr die Flachsbraken und schlugen mit denselben den Schwarzen Ewald jämmerlich zu Tode. worauf die Leichen der beiden Märtyrer über Potthoffs Gründen – wo seitdem kein Tau noch Regen fallen soll – in die Emscher geschleppt wurden. Bevor jedoch der Schwarze Ewald seinen Geist aufgegeben, hat er neben einen Segen über das weibliche Hofgeschlecht auch den Fluch ausgesprochen, dass jener Hof niemals auf einen männlichen Erben kommen sollte. Und dieser Fluch hat sich erfüllt bis auf die heutige Generation; es ist niemals ein männlicher Sproß jenes frevlen Geschlechts auf diesen Hof gekommen. Der Hof selbst aber hat zum ewigen Andenken an jene grausige Tat den Namen Mordmannshof (Mertmann) erhalten.“9

Die Reliquien der Brüder Ewaldi wurden nach Köln überführt. Erzbischof AnnoII. verbrachte sie 1074 in die Kirche St. Kunibert. In den Bistümern Paderborn und Münster werden sie am 3. Oktober verehrt, in Köln am 22. Oktober. Am 4. Juli 1987 wurde der neue Altar, nach Grundrenovierung unserer Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Dortmund-Lütgendortmund, durch Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt eingeweiht und ein Teil der Reliquien der Brüder Ewaldi beigesetzt.

4. Die Sigiburg und die Sachsen10

Nach Erlangung der Herrschaft über die Brukterer und einen Teil der Chattuarier sind die Sachsen durch das fränkische Heer bei ihrer weiteren Ausdehnung behindert worden. Die altsächsischen Teilstämme der Westfalen, Engern, Angrivarier und Ostfalen, die nur einmal jährlich nahe der Weser mit den hervorragenden Männern aller drei Stände zur gemeinsamen Volksversammlung von Marklo zusammentraten, bauten zur Befestigung ihres Machtbereiches die Volksburgen. Zu den bedeutendsten gehörten die Eresburg (Obermarsberg) im Lande der Engern und in Westfalen die Sigiburg über der Ruhr in Hohensyburg, die eine alte keltische Fliehburg war.

Auf dem Syburger Berg hatte wahrscheinlich auch vorher schon eine germanische Volksburg im Lande der Brukterer bestanden. Die strategische Lage im Grenzbereich zwischen Volksstämmen und auch zwischen verschiedenen Völkern war über Jahrhunderte immer hervorragend. Ihr Name Sigiburg könnte sogar von den Sigambrern abgeleitet werden, die seit der Römerzeit zwischen Ruhr und Sieg gelebt haben. Eine andere mögliche Erklärung führt zu dem Begriff Quellenberg. Als wasserspeichernder „Berg der Brunnen“ unterstützt der Syberg auf erstaunliche Weise auch die zweite Deutung.

5. Karl der Große und die Sachsenkriege

Die Sachsen, seit 695 Herren über unser Land, bildeten die größte germanische Völkerschaft außerhalb des fränkischen Königreiches. Sie beharrten bei ihrer heidnischen Religion, während die Franken sich längst zum Christentum bekannten. Für ihre Kriege wählten sie drei Stammesherzöge (aus West-, Ostfalen u. Engern) zu Führern ihrer Streitmacht, einer ständigen Bedrohung der fränkischen Reichsgrenze.

An die Spitze des Frankenreiches kam im Jahre 768 ein Mann, der später einer der bedeutendsten Gestalten unserer deutschen und europäischen Geschichte werden sollte: König Karl. Er setzte die Sachsenpolitik seiner Vorgänger fort und beschloss 772 auf dem Reichstag zu Worms den Krieg gegen die unruhige Völkerschaft an seiner Grenze. Als der Reichstag beendet war, rückte er im ersten seiner Sommerfeldzüge durch das fränkische Hessen an. Mit einem starken Heer eroberte er die Eresburg, zog weiter und ließ die heilige Säule der Sachsen, die Irminsul (wahrscheinlich in Obermarsberg), zerstören. So ließ dieser Krieg auch religiöse Ziele erkennen, die die Eroberungspolitik rechtfertigen sollten, nämlich die Eingliederung der Sachsen in das große fränkische Reich. Zunächst haben heftige sächsische Gegenschläge viele verlorene Gebiete zurückerobert. Dieser Krieg dauerte ca. 30 Jahre und wurde sehr grausam geführt.

Doch dann, nach dem Dürener Reichstag von 775, griffen die Franken erneut an, diesmal von Südwesten. König Karl führte sein mächtiges Heer von Düren aus über den Rhein nach Westfalen, bis zu der steilen Höhe über dem Zusammenfluss von Ruhr und Lenne. Hier eroberte er die Festung Sigiburg, die nur nordöstlich einen flacheren Zugang hatte.

Dieses Ereignis belegen die fränkischen Jahresberichte. Somit ist damals mit Syburg unsere engere Heimat in den Bereich der geschriebenen Geschichte aufgenommen worden.

Die Truppen des Königs waren auf diesen Feldzug erheblich besser vorbereitet als drei Jahre vorher. Sie ließen eine starke Besatzung auf der Sigiburg zurück und zogen weiter zur Eresburg. Nach deren Erneuerung und einer gewonnenen Schlacht bei der Weser am Brunisberg setzten sie ihren Marsch fort. Nach den fränkischen Erfolgen westlich der Weser stieß Karl schnell ins Land der Ostfalen vor, die überrascht ganz auf Widerstand verzichteten. Doch die westfälischen Sachsen überfielen den westlich der Weser verbliebenen zweiten fränkischen Heeresteil. Dort fanden bei Hildbeki (Lübbecke) sehr viele Franken den Tod, der Rest musste fliehen. Führer der westlichen Angreifer ist dabei wahrscheinlich schon Herzog Widukind gewesen, dessen Name bald danach zum erstenmal erwähnt wurde. Karls Karl erster Heeresteil eilte nun hinzu, brachte jenen Sachsen nun eine Niederlage bei und beendete den zweimonatigen Feldzug. Zuvor hatte er sie zu Untertanen erklärt und auch Worte der Unterwerfung gehalten.

Abb. 3: Statue Karls des Großen

in der Reinoldikirche, Dortmund

(Mitte 15. Jahrhundert)

Doch schon im folgenden Jahr 776 erhoben sich erneut die Sachsen und verjagten die Franken von der Eresburg. Der Angriff auf die Syburg hatte dagegen keinen Erfolg. Die Angreifer wurden selbst bis zur Lippe zurückgeschlagen. Zur alten Überlieferung gehört dazu die Sage von einem furchterregenden Flammenschild über der Sigiburg.

Wieder brach Karl zu einem Feldzug auf. Als sich daraufhin mit den Abmachungen von Lippspringe große Teile des sächsischen Adels zum Gehorsam verpflichteten, verlangte der König auch die Bereitschaft zur christlichen Taufe. Darin sah er eine bessere Gewähr, dass die Versprechungen eingehalten würden. Außerdem forderte er ihr Grundeigentum als Pfand für ihren Gehorsam (Beginn der Lehnsherrschaft). Unter allen sächsischen Ständen ließ der Adel schon vorher eine Neigung zur christlichen Religion erkennen. Und tatsächlich fanden sich große Scharen sächsischer Familien zur Taufe an der Karlsburg ein, deren Standort vielleicht im Paderborner Raum gewesen ist. Die Planmäßige Missionierungsarbeit nahm nun ihren Anfang.

Angesichts des Fortschritts berief der Frankenkönig die alljährlich stattfindende Reichsversammlung für das folgende Jahr 777 nach Paderborn ein, – erstmalig in das Land der Sachsen. Diese waren auch eingeladen und nahmen teil. Ebenso wurden die Reichsversammlungen von 780 und 782 auf sächsischem Boden durchgeführt, beide Mal an den Lippequellen (Lippspringe). Dort führte Karl für das ganze Land eine Verwaltung nach fränkischem Muster ein. An die Spitze eines jeden Gaues wurde ein Graf gestellt (Grafenhof in Dortmund), der dem König verantwortlich war. Den Grafen unterstanden die Verwaltung, das hohe Gericht und das Heer. Auf heftige Empörung waren die Pflicht zur Heeresfolge und das harte Standrecht gestoßen, das viele Handlungen gegen staatliche und kirchliche Vorschriften mit dem Tode bestrafte. Auch die Besteuerung zu Gunsten der Kirche konnte gewiss keine Begeisterung erzeugen. Die regte sich eher bei dem Gedanken an Aufstand, insbesondere bei den Freien und Abhängigen (Liten). Diese beiden Stände hatten von der fränkischen Herrschaft größere Einbußen ihrer bisherigen Rechte zu erwarten als der Adel. Verboten war auch die Volksversammlung.

In den Jahren zwischen den drei Reichsversammlungen hat König Karl sein Heer nach Norditalien und nach Spanien geführt, um dort seine Machtstellung zu festigen. Die heidnischen Sachsen schienen sich Karls Abwesenheit herbeigewünscht zu haben – und einen starken Mann an der Spitze.