Romantische Bibliothek - Folge 9 - Paula Mai - E-Book

Romantische Bibliothek - Folge 9 E-Book

Paula Mai

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Beschreibung

Wann nur kommt ihre Mutti endlich nach Hause? Dorothe, Sabrina und Ulla sind verzweifelt! Jetzt ist es schon mehrere Tage her, dass ihre Mama ins Krankenhaus gekommen ist, und nun soll sie gar nicht mehr zu ihnen zurückkommen? Das können sie nicht begreifen.

Stefan Meiser sieht die Verzweiflung in den Augen seiner Töchter, und doch bringt er es nicht über sich, ihnen die ganze grausame Wahrheit zu sagen: Die Mutter der Mädchen, seine Frau Angelika, ist tot, gestorben an einem Blinddarm-Durchbruch. Und ihm bleibt nun nichts anderes übrig, als nach einer neuen Mama für seine drei kleinen Engel zu suchen. Schließlich ist er den ganzen Tag im Büro, um das Geld für die Familie herbeizuschaffen. Und wer soll in der Zwischenzeit für die Mädchen sorgen?

Bald schon lernt er zwei Frauen kennen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: die lebhafte und sehr modebewusste Anita und die stille, vertrauenerweckende Ottilie. Doch welche der beiden kann den Platz seiner geliebten Angelika einnehmen?

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Inhalt

Cover

Impressum

Sie fanden ein neues Zuhause

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/alexkatkov

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1646-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Sie fanden ein neues Zuhause

Ein herzergreifender Roman um drei bezaubernde Mädchen

Von Paula Mai

Wann nur kommt ihre Mutti endlich nach Hause? Dorothe, Sabrina und Ulla sind verzweifelt! Jetzt ist es schon mehrere Tage her, dass ihre Mama ins Krankenhaus gekommen ist, und nun soll sie gar nicht mehr zu ihnen zurückkommen? Das können sie nicht begreifen.

Stefan Meiser sieht die Verzweiflung in den Augen seiner Töchter, und doch bringt er es nicht über sich, ihnen die ganze grausame Wahrheit zu sagen: Die Mutter der Mädchen, seine Frau Angelika, ist tot, gestorben an einem Blinddarm-Durchbruch. Und ihm bleibt nun nichts anderes übrig, als nach einer neuen Mama für seine drei kleinen Engel zu suchen. Schließlich ist er den ganzen Tag im Büro, um das Geld für die Familie herbeizuschaffen. Und wer soll in der Zwischenzeit für die Mädchen sorgen?

Bald schon lernt er zwei Frauen kennen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: die lebhafte und sehr modebewusste Anita und die stille, vertrauenerweckende Ottilie. Doch welche der beiden kann den Platz seiner geliebten Angelika einnehmen?

„Du brauchst nicht auf die Uhr zu schauen“, sagte Frau Angelika. „Frühstücke in aller Ruhe.“

Ihr Mann runzelte leicht die Brauen. „Es ist doch schon …“

„Ich habe die Uhr heute Morgen eine Viertelstunde vorgestellt“, verriet Angelika Meiser lächelnd. „Iss noch ein Brötchen. Möchtest du Marmelade oder lieber Wurst darauf?“

„Marmelade“, entschied Stefan Meiser, und seine Frau belegte es prompt mit einer Scheibe Wurst.

„Die Mettwurst soll doch für die Kinder bleiben“, mahnte der junge Ehemann.

„Wir dürfen die drei nicht so verwöhnen.“ Die junge Frau hatte sich ihr Brötchen mit Marmelade bestrichen. „Ich fürchte, wir sind nicht streng genug mit ihnen.“

Stefan lachte. „Wie willst du solch reizenden Mädchen gegenüber streng sein?“, fragte er.

„Sie brauchen dich nur anzuschauen, und schon fängst du an zu lachen. Die kleinen Rangen wissen das genau. Wenn wir so weitermachen, tanzen sie uns bald auf der Nase herum. Ich bin froh, wenn sie erst zur Schule gehen. Dann suche ich mir eine Arbeit und verdiene mit.“

„Ein Haushalt mit drei Kindern lastet dich wohl nicht aus“, meinte der Mann schmunzelnd.

„Du gönnst dir nie etwas.“ Das eben noch lachende Gesicht der jungen Frau wurde ernst. „Für uns hast du immer ein bisschen Geld übrig. Aber wie lange ist es her, dass du dir einen neuen Anzug gekauft hast?“

„Der alte ist noch vollkommen in Ordnung“, behauptete der Mann.

„Niemand läuft heute noch mit so weiten Hosen herum. Der Anzug ist altmodisch.“

„Ein paar Jahre muss er noch halten. Und eine Frau habe ich schon. Oder gefalle ich dir nicht mehr in meinem besten Anzug?“

Seine Frage war selbstverständlich nicht ernst gemeint. Stefan wusste, dass er mit Angelika das große Los gezogen hatte. Er war ein Angestellter, der durchschnittlich verdiente, und das hieß, dass er sich bei drei Kindern nicht viel erlauben konnte. Am liebsten hätte er seine entzückende Frau zwar nach Strich und Faden verwöhnt, doch auch so war sie immer zufrieden.

„Es hat mal wieder wunderbar geschmeckt“, lobte er. „Wenn man in Ruhe am Frühstückstisch sitzen kann – und dann noch so ein hübsches Gegenüber hat …“ Er machte die reizendsten Komplimente, ohne dass sie übertrieben wirkten.

„Hier ist noch eine Kleinigkeit.“ Frau Angelika griff in die Tasche ihres Morgenmantels und holte eine Schachtel Zigaretten heraus.

„Zigaretten?“ Stefan Meiser schüttelte unwillkürlich den Kopf. „Wie kommst du dazu?“

„Ich habe sie gekauft. Erst wollte ich sie nicht mitnehmen, aber dann habe ich mir überlegt, dass ich sie gerade noch vom Haushaltsgeld abzweigen kann.“

„Ich wollte mir das Rauchen doch abgewöhnen …“

„Du hast so wenig Freude, Stefan.“ Angelika legte die Arme um seinen Nacken und küsste ihn. „Ich habe manchmal ein richtig schlechtes Gewissen.“

„Du bist ein Schaf“, behauptete der Mann verliebt und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. „Ich habe euch, das ist mehr wert als aller Reichtum. Aber ich glaube, jetzt muss ich wirklich gehen.“

Bevor Stefan ging, schaute er wie immer noch in das Zimmer der Kinder hinein. Alle drei waren wach und warteten auf ihn. Sie durften erst aufstehen, wenn der Vati gefrühstückt hatte.

Das Zimmer war nicht sehr groß. Die drei Betten füllten es fast ganz aus. Der Teppich zwischen den Kinderbetten war uralt und hatte sogar schon ein Loch.

Aber das alles sah Stefan Meiser nicht. Er sah drei Kindergesichter, die er mehr als alles andere auf der Welt liebte, seine Angelika natürlich ausgenommen. Wie gesund die drei aussahen! Es war eine Freude, sie anzuschauen.

„Bringst du uns heute Abend mal was mit?“, fragte Dorothe, der ältere Zwilling.

„Lakritz“, schlug ihre um eine halbe Stunde jüngere Schwester Sabrina vor.

„Ganz viel“, ergänzte Ulla. Sie war die Älteste, aber leider nicht immer die Vernünftigste.

„Simsalabim“, sagte Stefan Meiser geheimnisvoll, griff in die Jackentasche und zog eine Tüte Lakritz heraus. „Was ist das wohl?“

„Vati!“

Im Nu waren die Kinder aus den Betten und stürzten jubelnd auf ihn zu.

Angelika schüttelte den Kopf über ihren Mann, der selbst noch ein großes Kind war. Wie er sich freuen konnte! Er aß Lakritz auch gern, aber für ihn war nie etwas übrig.

„Du musst jetzt gehen“, sagte sie.

„Bleib, Vati, bleib doch einfach zu Hause und sag du wärst krank“, bat Ulla. „Und dann gehen wir alle spazieren.“

„Und kaufen Eis“, ergänzte die naschhafte Dorothe. Ihr Wunsch klang ein wenig undeutlich, denn sie hatte den Mund voller Lakritz.

„Vanille?“, ergänzte Sabrina. Sie war für das Genaue in wichtigen Dingen.

„Eine große Portion“, erklärte Ulla, sehr befriedigt über das Echo, das ihr Vorschlag gefunden hatte.

„Kinder, Kinder …“ Frau Angelika seufzte, aber es klang nicht traurig. Sie war so unendlich stolz auf ihre drei Mädelchen. „Du verpasst den Bus“, mahnte sie, an ihren Gatten gewandt.

Stefan richtete sich auf und stöhnte. „Man müsste mal im Lotto gewinnen. So eine kleine halbe Million …“

„Dann gibt es jeden Tag Fleisch“, meldete Dorothe ihre Wünsche an.

Sie verstand nicht, weshalb ihr Papi und die Mami darüber so lachten. Sie aß Fleisch nun einmal für ihr Leben gern, aber das gab es nur sonntags. Und auch nicht zum Sattessen.

Wenn ich mal groß bin, hatte sie schon oft erklärt, dann kaufe ich jeden Tag ein großes Stück Fleisch, und das esse ich ganz allein auf. Sabrina bekommt nur ein kleines Stück.

„Es ist ein Jammer, dass wir nicht etwas mehr haben“, meinte Stefan, als er sich automatisch die Hosenbeine abklopfte. „Wenn wir uns wenigstens ein Eigenheim im Grünen leisten könnten, mit einem Garten für die Kinder. Dort könnten wir unser Gemüse selbst ziehen …“

„Wenn du noch lange hier herumstehst, dann wirst du morgen zum Arbeitsamt fahren und dir eine neue Stelle suchen müssen“, schalt Frau Angelika.

„Bleib hier!“, drängte Ulla. „Es ist viel schöner, wenn du hier bist.“

„Ich komme ja bald wieder. Bleibt brav und macht eurer Mutter nicht zu viel Arbeit, hört ihr? Wie seht ihr nur wieder aus!“

Am meisten hatte Sabrina sich mit Lakritz eingeschmiert. Aber das störte ihre Eltern im Grunde genommen nicht. Die Kinderaugen strahlten, das allein sahen sie, und das allein war ihnen wichtig.

Stefan Meiser warf einen Blick auf seine Armbanduhr, gab Angelika einen Kuss und lief dann hinaus. Wie ein übermütiger Junge raste er die Treppe hinab.

Die Nachbarin, die auf dem gleichen Flur wohnte, wunderte sich wieder einmal über ihn. Es hätte sie gar nicht erstaunt, wäre Herr Meiser auf dem Geländer hinuntergerutscht.

Wie schaffen die es nur, immer so vergnügt zu sein?, fragte sie sich. Er verdient nicht viel, leisten können sie sich nichts, und doch sind sie zufrieden. Sie hätte das Rezept gern erfahren.

„So, jetzt steht ihr auf und wascht euch, dann gibt es Frühstück. Wer ist heute zuerst dran?“, fragte Angelika.

Die drei Mädchen schauten sich unschuldig an. Sie taten, als hätten sie es vollkommen vergessen, obwohl sie wussten, dass Dorothe heute diejenige war, die sich zuerst waschen musste.

„Wir sind sauber“, erklärte Ulla. „Wir haben uns gestern Abend erst gewaschen, auch den Hals.“

„Und die Ohren“, ergänzte Dorothe.

„Und überhaupt alles“, übertrumpfte Sabrina sie. „Wir sind gar nicht schmutzig.“

„Du bist heute dran, Dorothe. Los!“

„Immer ich. Warum immer ich?“, fragte die Kleine und schob verdrossen die Unterlippe vor.

„Nach Dorothe kommst du an die Reihe, Sabrina, und zum Schluss du, Ulla. Ich koche inzwischen euren Kakao.“

Aber bevor Angelika hinausging, strich sie noch rasch über die blonden Köpfe ihrer Kinder. Früher sei es ihr besser gegangen, pflegten die Leute zu sagen. Sie hatte in einem Büro gearbeitet und gut verdient, sodass sie sich oft etwas Neues hatte kaufen können. Das konnte sie seit Jahren schon nicht mehr, und doch war sie sehr zufrieden.

Aber die Leute verstanden das nicht. Sie sahen nur, dass sie ihr Sommerkleid schon im vierten Jahr trug.

„Die arme Frau, sie hat auch gar nichts von ihrem Leben“, sagten sie in heuchlerischem Mitleid.

***

„Was machen Sie am Sonntag?“, fragte Stefans Kollege ihn lässig. An einer Antwort seines Kollegen war er nicht interessiert. „Ich fahre mit meinem neuen Wagen ins Grüne“, prahlte er. „Selbstverständlich nicht allein.“ Er zwinkerte Meiser verheißungsvoll zu.

Stefan lächelte nur. Er kannte seinen Kollegen lange genug, um ihm seine Angeberei nicht übelzunehmen.

„Ich habe eine tolle Puppe kennengelernt. Also, wenn ich Ihnen erzählen würde, was die alles so macht … Die Augen würden Ihnen vor Staunen aus dem Kopf fallen.“

„Das glaube ich gern“, bestätigte Stefan freundlich. „Hoffentlich hält sich das Wetter.“

„Wenn nicht, spielt es keine Rolle, ich habe ja das Auto. Es geht nichts über ein Dach über dem Kopf, mein lieber Freund. Und was machen Sie? Mit der Familie spazieren gehen? Menschenskind, Sie in Ihrem jugendlichen Alter, und dann ein halbes Dutzend Kinder am Hals …“

„Es sind drei“, berichtigte Stefan ihn. Er hatte es schon oft gesagt, aber sein Kollege konnte es wohl nicht behalten.

„Drei Kinder sind zu viel. Wozu soll man sich überhaupt Kinder anschaffen? Sie kosten nur und binden einen an. Also, wenn ich jemals heiraten sollte, was aber absolut noch nicht feststeht, dann wird es in meiner Ehe keine Kinder geben.“

Für ihn wäre es bestimmt das Beste, dachte Stefan Meiser.

Dann wanderten seine Gedanken wieder zu seinen Lieben. Hoffentlich hielt sich das Wetter. Sie würden mit dem Bus ein Stückchen hinausfahren. Angelika bereitete für solche Gelegenheiten Kartoffelsalat vor, dazu gab es kalte Koteletts. Die Kinder bestanden nun mal auf ihrem Sonntagsfleisch. Er, Stefan, hätte sich auch mit Eiern begnügt. Ihm war es ziemlich gleichgültig, was er aß.

„Hätten Sie sich nicht so früh einfangen lassen, Meiser, dann hätten Sie sich auch einen Wagen kaufen können. Ohne Wagen findet man heute keine richtige Puppe mehr. Und seitdem ich den neuen habe, kann ich mich vor Frauen kaum noch retten.“

Wohin werden wir fahren?, fragte sich Stefan.

Er hatte bis jetzt noch nicht mit Angelika gesprochen. Vielleicht an irgendeinen kleinen See, in dem die Kinder plantschen könnten. Allerdings waren die Ufer meistens überfüllt, und aus lärmender Nachbarschaft machten weder er noch Angelika sich etwas.

Fahren wir lieber in einen Wald, beschloss er. Dort gab es zwar auch Menschen, aber nicht in solchen Massen wie an den Seen.

Zum Abschluss der Mittagspause zündete Stefan sich eine Zigarette an. Die erste heute.

Seitdem ich wenig rauche, ist jede Zigarette für mich ein Genuss, dachte er.

Was Angelika jetzt wohl machte? Sicherlich saß sie mit den Kindern beim Essen.

Hoffentlich sind die drei nicht zu lebhaft, wünschte er ihr.

Wenn er doch nur etwas mehr verdienen würde! Er hatte in einem Schaufenster ein Kleid gesehen, das ihm sehr gut gefiel. Und besonders teuer war es auch nicht.

Ob ich es kaufe?, überlegte er. Seit Tagen schon kämpfte er gegen den Wunsch an, einmal leichtsinnig zu sein. Wie würde Angelika sich über das Kleid freuen!

Andererseits waren sechsundneunzig Mark viel Geld. Sie sparten für einen neuen Teppich im Wohnzimmer. Angelika war ein Genie im Sparen.

„Kaufen wir ihn halt einen Monat später“, sagte er laut.

Sein Kollege betrachtete ihn amüsiert. „Sie sind ein armer Kerl, Meiser“, erklärte er. „Sie rackern sich ab und haben nichts von Ihrem Leben.“

Stefan wusste es besser, aber er wusste auch, dass Leute wie sein Kollege ihn nie und nimmer verstehen konnten. Der Kollege hatte viele Freundinnen, aber gewiss keinen Menschen, der so zu ihm gehörte wie Angelika und die Kinder zu Stefan.

Auf dem Nachhauseweg am Spätnachmittag betrat er das Geschäft, in dem das Kleid ausgestellt war.

„Legen Sie es mir bitte eine Woche zurück“, bat er. Er zahlte zehn Mark an. In einer Woche war der Erste, und dann konnte er das Kleid holen.

Am Gehaltstag brachte er seiner Familie jedes Mal eine Kleinigkeit mit. Den Kindern etwas zu Naschen, für Angelika ein paar Blumen, ein Fläschchen Parfüm oder eine andere Kleinigkeit. Früher hatte er ihr auch gelegentlich eine Schachtel Pralinen geschenkt, bis er merkte, dass sie nichts davon aß und die Pralinen den Kindern gab.

„Du strahlst ja so“, stellte seine Frau fest, als sie ihm die Wohnungstür öffnete, bevor er noch den Schlüssel aus der Hosentasche gezogen hatte.

„Hast du was mitgebracht?“ Dorothe drängte sich an ihr vorbei und schaute erwartungsvoll zum Vater hoch.

„Nein.“

„Gar nichts?“ Dorothe konnte es nicht glauben.

„Kinder, bedrängt euren Vati nicht so. Ihr wisst doch, dass er sparen muss.“

„Er hat gar nichts mitgebracht“, verkündete Dorothe ihren Geschwistern.

„Aber am Sonntag kaufe ich euch dafür eine Portion Eis“, tröstete Stefan sie. „Am Sonntag machen wir nämlich einen schönen Ausflug. Was hast du, Angelika?“, wandte er sich an seine Frau.

Diese schüttelte den Kopf. „Nichts, nur so einen Stich hier.“ Sie zeigte auf ihre Seite. „Mir ist das Essen nicht bekommen, glaube ich. Es hat nichts zu bedeuten.“

„Meine Mutter hat immer Tee gekocht, wenn sie sich den Magen verdorben hatte.“

„Es ist nicht schlimm, es geht schon vorüber. Setz dich, ich serviere gleich das Essen.“

„Es gibt heute bloß Bratkartoffeln“, dämpfte Dorothe eventuelle Erwartungen.

„Aber mit Ei“, tröstete Ulla ihn.

„Ein Ei für jeden“, fügte Sabrina hinzu.

„Hast du viel Hunger?“, fragte Dorothe.

„Du bekommst etwas von mir ab.“ Stefan Meiser wusste, was sie beschäftigte.

„Auch vom Ei?“

„Man sollte doch nicht glauben, dass sie gerade Abendbrot gegessen hat“, schalt Frau Angelika. „Schämst du dich gar nicht, deinem Vati etwas wegzuessen?“

„Nein“, verkündete Dorothe treuherzig, „er mag gar nicht so viel essen, Mutti. Ei schmeckt gut, findest du nicht auch, Vati?“

„Brate ihr noch eins mit“, bat Stefan seine junge Frau.

„Sie hat schon zwei gehabt. Wo sie das nur alles lässt? Dabei sieht sie gar nicht aus, als hätte sie immer Hunger.“

Frau Angelika schaute die Kleine an und wunderte sich wieder einmal. Sabrina und Dorothe sahen sehr gesund aus, weil sie sich viel an der frischen Luft aufhielten, waren aber keineswegs stämmige Mädchen, sondern eher dünn.

***

Endlich brach der Sonntag an, auf den sich alle so gefreut hatten. Frau Angelika war früher aufgestanden, um den Kartoffelsalat zu machen, und in der Zeit krochen die drei Mädchen zu ihrem Vater ins Bett.

Es war jeden Sonntag das Gleiche. Sie gaben keine Ruhe, bevor sie nicht bei ihm waren. Er konnte immer so lustige Geschichten erzählen!

Auch heute ließ er sich nicht lange bitten. Frau Angelika hörte in der Küche das Kreischen und Lachen der drei Mädchen, und manchmal auch das tiefere Lachen ihres Mannes.

Sie krümmte sich zusammen, als der stechende Schmerz wiederkehrte. Wäre heute nicht Sonntag gewesen, sie hätte einen Arzt aufgesucht.

Andererseits hoffte sie noch immer, dass die Schmerzen vergehen würden. Sie war nie im Leben krank gewesen und der Meinung, Kleinigkeiten nicht ernst nehmen zu müssen. Außerdem wollte sie ihrer Familie die Freude auf den geplanten Ausflug nicht verderben.

Schwer atmend setzte sie sich einen Moment auf den Küchenstuhl, bis sie wieder durchatmen konnte. Die Koteletts brutzelten schon in der Pfanne.

Sie werden auch jede Woche teurer, dachte Frau Angelika. Wo soll das nur hinführen?

„Ich bin so weit, ihr könnt kommen!“, rief sie, als sie den Frühstückstisch für alle gedeckt hatte.

Es wurde zwar ein bisschen eng in der Küche, aber dafür umso fröhlicher. Sonntags aßen sie immer zusammen, auch wenn es länger dauerte.

Am Dienstag bringe ich ihr das neue Kleid mit, dachte Stefan. Schade, dass ich es heute noch nicht habe.

Aber vielleicht hätte Angelika es noch nicht angezogen. Sie pflegte ihre neuen Sachen sehr zu schonen.

„Wenn ihr dann fertig seid, können wir aufbrechen“, schlug er vor.

Die Kinder erhoben ein Indianergeheul, das man im ganzen Hause hörte.

So mancher Nachbar verzog das Gesicht, wenn sie das taten. Viele fanden es einfach unanständig, in den heutigen schweren Zeiten so fröhlich zu sein. Man lebte in einer brutalen Welt, war seines Lebens nicht sicher, und diese unmöglichen Leute, die Meisers, lachten und freuten sich ihres Lebens.

Aber das Lachen wird ihnen noch vergehen, dachte mancher. Es verging schließlich allen. Man war nicht auf der Welt, um das Leben zu genießen.

Und wie zufrieden sie nun auf die Straße traten! An den Händen des Mannes sprangen die Zwillinge. Ulla ging lieber allein. Sie fühlte sich schon zu groß.

„Drei Kinder, musste das sein?“, fragte Georg Baumann, der mit seiner Frau nebenan wohnte. „Eins wäre für sie reichlich gewesen. Haben selbst nichts zu beißen, aber Kinder müssen sie sich anschaffen.“

Seine Frau schwieg. Sie hatten keine Kinder. Das Geld hatte nach Meinung ihres Mannes nie dafür gereicht. Jetzt, wo er mehr hatte, war sie zu alt geworden. Jetzt saß sie zu Hause herum und hatte nur ihren Haushalt; es blitzte überall vor Sauberkeit. Was sollte sie auch schon anderes machen, als zu putzen?

„Ich finde, die Meisers haben sich vernünftig entschieden, als sie die Kinder bekamen“, sagte sie heftig.

Ihr Mann stutzte. Er war es nicht gewohnt, dass sie ihm widersprach, und er war nicht gewillt, das hinzunehmen.

„Diese Hungerleider können sich keine Kinder erlauben! Eines Tages wird es ihnen noch leidtun, das sage ich dir, Hilde. Eines Tages werden sie es bereuen. Man muss im Leben planen, die Zukunft bedenken … aber die leben einfach so in den Tag hinein. Das kann nicht gut gehen, und das wird nicht gut gehen!“

Stefan und seiner Familie war es gleichgültig, was andere über sie sprachen. Die Sonne schien, in der Tasche waren Kartoffelsalat und Koteletts, in einem Netz trug Angelika einen Ball – was wollten sie mehr? Sie waren zufrieden. Sie wollten glücklich sein, und sie waren es auch.

„Schmeckt es euch?“, fragte Stefan seine Kinder, als sie am Mittag auf einer Waldlichtung Rast machten. Sie hatten erst lange mit dem Ball gespielt, dann wollten die Kinder endlich etwas zu essen haben.

„Ja, sehr gut.“ Dorothe zeigte ihm den säuberlich abgenagten Kotelettknochen. „Schon alle.“

„Das glaube ich nicht.“ Stefan nahm ihn ihr rasch aus der Hand und drückte ihr sein Kotelett in die Hand. Ein Stückchen hatte er für Sabrina abgeschnitten, Angelika ein Stück für Ulla.

„Du bist prima, Vati!“ Dorothe strahlte ihn an. Mit einer Geschwindigkeit, als hätte sie Angst, jemand würde ihr das Kotelett fortnehmen, aß sie es auf. „Hört ihr was?“, fragte sie dann und hob lauschend den Kopf.