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Dieser Roman schließt an die Ereignisse des Buches mit dem Titel HELENAS VERMÄCHTNIS von Rainer Keip an, ist aber auch als selbstständiger Roman zu lesen.
Eineinhalb Jahre sind nach den letzten Ereignissen, die das römische Imperium in ihren Grundfesten erschütterten, vergangen. Konstantin hat die Alleinherrschaft über das römische Reich angetreten und Diana Lenz lebt ein beschauliches Leben in Augusta Treverorum, dem heutigen Trier.
Die kommenden Ereignisse dieser Epoche werfen allerdings ihre Schatten voraus, von denen Diana natürlich Kenntnis hat.
Man schreibt das Jahr 326 n. Chr. und Dianas Zeit zum Aufbruch ist gekommen, um Helena Augusta auf einer beschwerlichen Reise zu begleiten. Jedoch gerät sie, zusammen mit ihren Gefährten, in die Intrigen des Kaiserpalastes und muss ihr ganzes Können aufbieten, um das Leben ihrer Lieben zu schützen, und am Ende eine Erfahrung zu erleben, die ihr ganzes Leben beeinflussen wird.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Marie Kamp
Römische Intrigen
3. Teil der Reihe: Die Rückführung
Ein historischer Fantasy-Roman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Kathrin Peschel nach Motiven, 2025
Lektorat/Korrektorat: Ines Bauer
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Römische Intrigen
Vorwort
Trier Frühjahr 326 n. Chr.
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
Aufgeflogen
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
Pannonia Inferior (Zwischenspiel)
1. Kapitel
2. Kapitel
Usurpator
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
Das Kreuz des Herrn
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
Nachwort
Glossar
Dieser Roman schließt an die Ereignisse des Buches mit dem Titel HELENAS VERMÄCHTNIS von Rainer Keip an, ist aber auch als selbstständiger Roman zu lesen.
Eineinhalb Jahre sind nach den letzten Ereignissen, die das römische Imperium in ihren Grundfesten erschütterten, vergangen. Konstantin hat die Alleinherrschaft über das römische Reich angetreten und Diana Lenz lebt ein beschauliches Leben in Augusta Treverorum, dem heutigen Trier.
Die kommenden Ereignisse dieser Epoche werfen allerdings ihre Schatten voraus, von denen Diana natürlich Kenntnis hat.
Man schreibt das Jahr 326 n. Chr. und Dianas Zeit zum Aufbruch ist gekommen, um Helena Augusta auf einer beschwerlichen Reise zu begleiten. Jedoch gerät sie, zusammen mit ihren Gefährten, in die Intrigen des Kaiserpalastes und muss ihr ganzes Können aufbieten, um das Leben ihrer Lieben zu schützen, und am Ende eine Erfahrung zu erleben, die ihr ganzes Leben beeinflussen wird.
***
Marie Kamp
3. Teil aus der Reihe »Die Rückführung«
Der vorliegende Roman, Römische Intrigen, stellt eine Fortsetzung der beiden Romane Die Rückführung und Helenas Vermächtnis, geschrieben von meinem lieben Autorenkollegen Rainer Keip, dar.
Die Storyline, der Verknüpfung von Fantasy und Historischen Begebenheiten, hat mich bereits immer fasziniert. Nach dem Lesen der beiden Bücher schrien diese förmlich nach einer Fortsetzung, nachdem ich mit Begeisterung die historischen Hintergründe zur Regierungszeit Konstantin des Großen studiert habe.
Da mich mit Rainer eine lange feste Freundschaft verbindet und er aus persönlichen Gründen zurzeit nicht schriftstellerisch tätig ist, bat ich ihn, die Geschichten um seine Protagonistin Diana Lenz fortsetzen zu dürfen, und zu meiner großen Freude stimmte er zu.
Herausgekommen ist dieser Roman, von dem ich denke, dass er ein würdiger Abschluss der Trilogie ist, wobei eine Fortsetzung weiterer Abenteuer von Diana Lenz als Zeitagentin in Planung ist.
Marie Kamp
Ein verstohlener Sonnenstrahl stahl sich durch eine Ritze der schweren Stoffe, die Dianas Schlafzimmer abdunkelten und fiel auf ihr, im Schlaf entspanntes Gesicht. Ihr rechter Augenwinkel zuckte und mit einem Gähnen blinzelte sie, immer noch schlaftrunken, in die Richtung des Störenfriedes.
Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen mummelte sie sich in ihre flauschige Lammfelldecke und öffnete nun ihre Augen. Von unten spürte sie die Wärme, welche aus dem Hypokaustum noch schwach nach oben strömte, und blickte auf die über ihr befindliche Deckenmalerei.
Ein Außenstehender hätte sich über die Motive, die sich dort stilisiert befanden, sehr gewundert. Zwischen den floralen Mustern versteckt, konnte man die Rolling Stones Zunge erblicken und etwas weiter war die Gestalt eines Satyrs zu erkennen, dessen Konterfei eindeutig die Züge von Bob Marley, dessen Rastalocken trug und der einen großen Joint in der Hand hielt.
Diana hatte diesen Raum zusammen mit Lydia gestaltet und ausstaffiert. Sie war, neben Helena, die Einzige, die um ihre wahre Herkunft wusste und niemandem sonst gewährte Diana Zutritt zu ihrem Allerheiligsten, dem Cubiculum, welches sie stets verschlossen hielt. Das bezog sich auch auf die hölzernen Fensterläden, da sich alle Räume ebenerdig befanden und Zugang zum Atrium, dem Innenhof ihrer Villa Rustica, hatten. Lediglich des Nachts öffnete sie die hölzernen Luken, um die frische Luft der doch noch kühlen Märznächte zu genießen.
In ihren Gedanken versunken, ließ nun ihren Erinnerungen freien Lauf.
Als Agentin des MAD hatte sie vor ungefähr drei Jahren im Rahmen eines psychologischen Checks an einem Experiment teilgenommen, welches Dr. Rech, einer der Psychologen, der für den Militärischen Abschirmdienst der Bundesrepublik Deutschland tätig war, an ihr durchgeführt hatte. Es handelte sich um eine Rückführung, eine Art Entspannung des Geistes, bei der sie mit Erlebnissen konfrontiert wurde, die sie in ihrem Unterbewusstsein gespeichert hatte und die von ihr seelisch verarbeitet werden sollten. Das Experiment verlief jedoch in eine Richtung, die völlig anders verlief, als man sich erhofft hatte. Ihr Bewusstsein wurde in eine andere Zeitepoche katapultiert und war dort in der Zeit Konstantins des Großen verstofflicht. Diana erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit Helena und Konstantin in Trier, der damaligen Residenzstadt des Augustus, wie sie Lydia und Arminius kennen und lieben gelernt hatte. Auch an die erlebten Abenteuer um den Herrschaftskampf Konstantins sowie die Machterlangung über das römische Imperium, welches sie mit entscheidend beeinflusst hatte.
Diana schloss für einen Augenblick ihre Augen und ein feines Lächeln stahl sich um ihre Lippen.
Fast eineinhalb Jahre befand sie sich nun in dieser Zeit, länger als je zuvor, und sie bereute keinen Augenblick, diesen Entschluss für sich selbst gefasst zu haben. Sicher, manchmal dachte sie etwas wehmütig an ihr früheres Leben zurück, an die Bequemlichkeiten und an den selbstverständlichen Luxus der Technik und der Lebensumstände, die sie in ihrer Zeit genossen hatte. Insbesondere vermisste sie ihren Bruder Georg, der im letzten halben Jahr ihrer Realzeit zu einer großen seelischen Stütze für sie geworden war. Jedoch konnte sie sich auch in dieser Zeit nicht über mangelnden Luxus beklagen.
Sie genoss den Status als COMES PRIMI ORDINI, eines ersten Gefährten Konstantins, der im römischen Imperium als einer der höchsten Ränge überhaupt galt und eigentlich hätte sie einen Anspruch auf eine territoriale Provinz gehabt. Aber Diana zog das zurückgezogene Leben vor, welches sie hier in Augusta Treverorum schon alleine aus dem Aspekt heraus führte, da das Damoklesschwert des Zeitparadoxons über sie schwebte, welches ihr und der Menschheit bereits einmal große Schwierigkeiten bereitet hatte und sie sich aus allem heraushalten wollte.
Aber noch mehr überwog die Geborgenheit, die sie insbesondere von Lydia und Arminius empfing, die sie wie ihre Familie betrachtete, von Helena einmal abgesehen, welche sie, zu ihrem großen Bedauern, seit ihrem neuerlichen Aufenthalt in dieser Zeitepoche nicht wieder zu Gesicht bekommen hatte. Sicher, beide hegten einen regen Schriftverkehr und aus Helenas Briefen las sie zwischen den Zeilen, dass die alte Dame sie ebenfalls sehr vermisste, aber die Entfernung zwischen Augusta Treverorum, wo sich Helena nach wie vor in ihrem Palast, dem Sessorium, aufhielt, und Rom war enorm. Was in ihrer Zeit einen Kurztrip in die italienische Hauptstadt darstellte, bedeutete hier eine Reise von mehreren Wochen, und außerdem war Helena mit vielen anderen Dingen beschäftigt.
Konstantin hatte in der Schlacht von Chrysopolis seinen Widersacher Licinius endgültig geschlagen und bald darauf hinrichten lassen. Er war nun der unumschränkte Herrscher des römischen Imperiums und seine Mutter war eine Art Statthalter in Rom für ihn, welches er auch dadurch zum Ausdruck gebracht hatte, dass er Helena, aber auch seine Gemahlin Fausta zur Augusta ernannt hatte.
Auch in der Glaubensfrage hatte sich nach dem Konzil von Nicäa einiges getan, was mit der, wenn man es so nennen konnte, Niederlage der Arianer endete und dem Triumph der Dreifaltigkeitslehre in diesem Disput endete, welche die Grundlage zur Römisch-Katholischen Kirche bedeutete. Helena hatte, trotz ihres unbestreitbaren Einflusses, nicht daran teilgenommen, aber ihr Wirken im Hintergrund war mit von entscheidender Bedeutung gewesen, wie Diana aus dem Inhalt ihrer zahlreichen Briefe an sie unschwer erkennen konnte. Jedoch hatte es der alten Dame viel von ihrer Physis und noch mehr von ihrer Psyche abverlangt. Sie spürte wohl, dass ihr Lebensfunke und ihre Energie, die sie zweifellos noch besaß, langsam dahinschwand, da sie auf die Achtzig zuging.
Jedoch war sie fest entschlossen, zur Pilgerreise nach Jerusalem aufzubrechen, um ihrem Glauben an Gott und die Kirche die nötigen Impulse für die Zukunft zu geben. Und natürlich war es ihr sehnlichster Wunsch, dass Diana an dieser Pilgerreise teilnehmen sollte.
Noch etwas schlaftrunken warf Diana die Bettdecke von sich und begab sich in einen kleinen Nebenraum, in dem sich die Toilette mit fließendem Wasser und eine Dusche befanden. Der Boden des Raumes war mit einem wunderschönen, farbigen Mosaik ausgestattet welches mit einer Art Glasur überzogen war, und Neptun mit einem Dreizack reitend auf einem Delfin darstellte.
Dianas Villa war direkt an das örtliche Aquädukt angeschlossen, sodass sie auf einen eigenen Brunnen verzichten konnte und ihr immer fließendes Wasser zur Verfügung stand. Den Duschkopf aus Bronze hatte sie bei Arminius Neffen Quintus in Auftrag gegeben und ihm erklärt, dass sie diesen für eine Gießkanne benötigte. Zusammen mit Lydia hatte sie diesen dann an ein Bronzerohr befestigt, sodass sie ihre gewohnte morgendliche Körperpflege genießen konnte, wenn auch nur mit kaltem Wasser, aber an diesen kleinen Makel hatte sie sich längst gewöhnt.
Das Haus befand sich oberhalb des Moseltales, fast genau dort, wo eintausendsiebenhundert Jahre später das Hotel stand, in dem sie sich ihrem Bruder Georg gegenüber offenbart hatte.
Nach Lydias Rückkehr aus Rom, der sie ihre Reichtümer anvertraut hatte, verfügte sie über genügend Barschaft, und leistete sich dieses Haus, das sie nach ihren Vorstellungen umgestaltete. So befand sich auf dem weiteren Gelände, das zu ihrem Grundstück gehörte, ein Eiskeller, dessen Prinzip bereits den Persern bekannt war und keinen technischen Eingriff in die Zeit bedeutete, im römischen Reich jedoch weitgehend unbekannt war. Die Zimmer ihrer kleinen Villa waren ausschließlich für ihren Gebrauch bestimmt, da Diana bewusst auf ständiges, am Ort befindliches Personal verzichtete. Lediglich für das Hypokaustum waren tagsüber Arbeiter mit dem Befeuern der Öfen beschäftigt, welche unterhalb der Wohnebene lagen. Diana hatte dieses um ein Etliches in der Tiefe vergrößern lassen, sodass dort menschenwürdige Zustände herrschten und sich die Männer nicht in der Enge der Gänge einer Gefahr aussetzten. Sklaven gab es, wie auch im Haushalt von Lydia nicht, sondern nur bezahlte Bedienstete, die ihren, für Dianas Selbstverständnis, geregelten Arbeitsalltag zu bewältigen hatten und dafür auch gut entlohnt wurden.
Als Protegé der Kaisermutter und des Herrschers genoss sie in Augusta Treverorum hohes Ansehen, was sie allerdings nicht allein ihrer Verbindung zum Kaiserhaus zu verdanken hatte. Ihre Taten, insbesondere derer aus jüngster Zeit, als sie Helena das Leben retten konnte, hatten sich natürlich herumgesprochen und man riss sich förmlich um ihre Anwesenheit bei zahllosen Empfängen und Gesellschaften, jedoch lehnte sie diese meist dankend ab. Lediglich zu Sulpicius Valentinus, dem alten Tuchhändler, welchen sie bereits bei ihrem ersten Aufenthalt kennengelernt und ihn vor einem Hochverratsprozess bewahrt hatte, pflegte sie ein freundschaftliches und herzliches Verhältnis und schätzte ihn als einen gebildeten und amüsanten Plauderer.
Diana verließ ihre eiskalte Dusche und rubbelte sich rasch mit einem Leinentuch trocken. In einem großen, versilberten Bronzespiegel, der neben einer Kommode stand, auf der sich ihre Toilettenartikel befanden, betrachtete sie ihre fast noch jugendliche Gestalt.
»Nicht schlecht für eine Frau von fünfundvierzig«, dachte sie und verzog dabei ihre Mundwinkel zu einem Lächeln.
Eines der Phänomene ihrer Reise durch die Zeit war, dass ihr Avatar nicht alterte. In ihrer Zeit war sie eine Frau von fünfundvierzig Jahren, aber hier hatte sie den Körper und die Konstitution einer etwa dreißig Jahre alten Frau. Ihr Körper war zwar real existent, aber unterlag scheinbar keinem Alterungsprozess, im Gegensatz zu ihrer wahren Gestalt, die an einem geheimen Ort fernab in der Zukunft, überwacht von lebenserhaltenden Geräten, unter der Obhut von Dr. Rech lag.
Diana schlüpfte in ihr Subligaculum, band sich ihr Brustband um und dachte für einen Moment an ihre alte Weggefährtin Julia, die sie oft wegen ihres kleinen Busens geneckt und die auf so tragische Weise ihr Leben verloren hatte, während ihre Augen feucht wurden. Danach warf sie sich ihre Tunika über und begab sich ins Triclinium, wo Appia, ihre Haushälterin, bereits das Frühstück für sie bereitet hatte.
»Du hast Kummer?«, fragte Appia, als sie in Dianas immer noch traurige Augen blickte.
»Nein, Appia. Alles ist gut. Ich habe nur an eine alte Freundin gedacht, die nicht mehr unter uns weilt. Du hättest sie gemocht. Sie war eine Seele von Mensch«, sagte Diana leise und nahm dankend den dampfenden Becher Malzkaffee, den ihr Appia zubereitet hatte.
Diana hatte sich auf ihren dritten Aufenthalt gründlich vorbereitet und ihre Kenntnisse, insbesondere in der Naturmedizin und Heilkunde, erheblich vertieft. Am meisten hatte sie ihren geliebten Kaffee vermisst und war, als dessen Ersatz, auf getrocknete, gekeimte Gerstenkörner, die überall problemlos zu beschaffen waren, gekommen. Natürlich konnte der Malzkaffee den richtigen Kaffee nicht ganz ersetzen, aber sein Geschmack kam diesem bereits ziemlich nahe.
»Das tut mir leid, Diana«, antwortete Appia, während sie die gebratenen Eier mit Speck bereitete und ein frisches Brot servierte, welches sie schon morgens auf einem kleinen Markt in der Nähe besorgt hatte.
»Muss es nicht, Appia«, sagte Diana. »Ist schon lange her, aber manchmal wird man von den Geistern der Vergangenheit eingeholt.«
Normalerweise wurde die Herrschaft von der Dienerschaft immer mit Herr oder Herrin angesprochen, aber Diana hatte sich diese Anrede bei allen ihren Angestellten verbeten. Ihre Einstellung gegenüber dem Dienstpersonal hatte sich schnell herumgesprochen und es war fast ein Privileg für sie zu arbeiten.
»Was hast du heute vor?«
»Ich unterrichte die kleine Diana Antonia in der körperlichen Ertüchtigung«, antwortete Diana und knurpselte an ihrem Speck herum.
»Gut, dass du sie nicht in der Schwertkunst unterrichtest«, grinste Appia, nahm sich einen Becher warmen Mulsum und setzte sich Diana gegenüber.
»Gott bewahre«, lächelte sie schief. »Diana soll etwas Anständiges lernen und sich nicht wie ich auf den Schlachtfeldern tummeln.«
Sie schaute in das fröhliche Gesicht von Appia, die in etwa in ihrem Realalter, also um die fünfzig Jahre alt war.
Appia war Witwe und so etwas wie eine Freundin und Vertraute für sie geworden. Diana hatte sie auf Empfehlung ihres Freundes Sulpicius eingestellt. Ihr Mann war einer seiner fahrenden Händler gewesen, bevor ihn die Tuberkulose dahingeraffte und er Appia so gut wie nichts hinterlassen hatte, da sein ganzes Geld seiner Leidenschaft für das Würfelspiel zum Opfer gefallen war. Sie bewohnte ein kleines Haus in der Nähe von Dianas Villa, und ihre Kochkünste hatte sie schätzen und lieben gelernt. Umso mehr fürchtete sich etwas vor dem Gespräch, das sie nun mit ihr führen musste.
Es war ein besonderer Tag und Diana hatte diese, für sie wichtige Entscheidung immer wieder vor sich hergeschoben, aber nun duldete es keinen Aufschub mehr, und das betraf insbesondere auch Arminius, Lydia und die kleine Diana Antonia.
Man schrieb das Jahr 326 und bedeutende, geschichtliche Ereignisse standen an. Helena hatte sie gebeten, an ihrer Wallfahrt nach Jerusalem teilzunehmen, und dieser Bitte wollte sie unbedingt nachkommen. Zum einen deshalb, weil sie wusste, dass Helena nicht mehr allzu lange zu leben hatte und sie fest entschlossen war, bis zu ihrem letzten Atemzug bei ihr zu bleiben und zum anderen natürlich auch, um an diesem, so historisch wichtigen Ereignis teilnehmen zu können. Aber es gab noch einen weiteren, wichtigen Grund, vor dem sie am meisten Furcht hatte.
Sie musste Arminius und Lydia davon überzeugen, dass sie ihre Heimstatt verlassen sollten.
Diana gestand sich ein, dass sie dies größtenteils aus Eigennutz tat. Ihr Abschied aus Augusta Treverorum war ein endgültiger und sie konnte sich ein Leben ohne ihre Freundin und ja, auch ihre Geliebte, nicht vorstellen. Die beiden verband weit mehr als nur eine normale Freundschaft unter Frauen.
Des Öfteren verbrachten sie ihre Nächte zusammen hier in der Abgeschiedenheit ihrer Villa, wogegen Arminius nichts einzuwenden hatte, der von der lesbischen Ader der beiden wusste.
Der zweite Grund war ihrer Kenntnis der späteren Ereignisse in der Geschichte geschuldet. In einhundertfünfzig Jahren war das Weströmische Reich Geschichte. Sicher, der Einfall der Vandalen, Alemannen und Goten würde erst in etwa siebzig Jahren erfolgen, aber es würde die Enkel und Urenkel, der beiden treffen, wohingegen das Oströmische Reich noch lange fortbestehen würde.
»Ich werde Augusta Treverorum bald verlassen und, so wie es aussieht, auch nicht zurückkehren«, eröffnete Diana das Gespräch mit Appia, die sie erschrocken anschaute. »Das Haus und die dazugehörigen Ländereien werde ich verkaufen und deshalb frage ich dich, ob du mich auf meiner Reise begleiten willst.«
»Ich soll dich begleiten? Wohin? Ich habe Augusta Treverorum noch niemals verlassen.«
»Zunächst werde ich nach Rom reisen und dann weiter nach Byzanz, wohin du dich von hier aus mit meinem Hausstand direkt begeben sollst, um für uns ein passendes Haus auszusuchen. Dafür bekommst du alle Vollmachten, die dafür nötig sind. Helena plant eine Wallfahrt und ich will sie dabei begleiten. Ich kenne ihre Reiseroute nicht, aber bestimmt wird diese über Byzanz führen.
Dort will ich mich niederlassen und ich hoffe, dass Lydia und Arminius mich dorthin begleiten werden. Die beiden wissen noch nichts davon, aber ich werde alles versuchen, sie davon zu überzeugen, mir zu folgen. Deine Aufgabe als Major Domus wird es sein, dafür zu sorgen, dass mein Hausstand dort in Ordnung gebracht wird, und du wirst das alleinige Sagen haben, solange ich unterwegs bin. Ich brauche eine vertrauenswürdige Person und ich vertraue dir voll und ganz.«
Appia schaute sie ungläubig an und zögerte keine Sekunde.
»Mich hält hier nichts. Ich habe keine Kinder und keinen Mann, dem ich gegenüber verpflichtet bin. Und was erwartet mich hier schon, wenn du nicht mehr hier bist?«
»Das dachte ich mir«, schmunzelte Diana, »und auf deine Kochkünste kann ich sowieso nicht verzichten. Also musst du schon mit mir kommen. Das neue Rom wird, so wie Konstantin es plant, gigantisch werden, und eines kann ich dir versprechen; kalte Tage werden dort eher selten sein. Das Klima ist mild und dir wird es an nichts fehlen. Aber es wird eine beschwerliche Reise werden, wobei dich allerdings die Annehmlichkeiten eines Schiffes erwarten.«
Appias Wangen glänzten vor Aufregung.
»Wann geht es los?«
»Sulpicius wird sich um den Verkauf des Anwesens kümmern, sodass wir schon sehr bald aufbrechen können.«
Appia stand auf, ging um den Tisch herum und umarmte Diana.
»Dass ich auf meine alten Tage noch mal von hier wegkomme, hätte ich nie gedacht. Und so wie du mir das Ganze schilderst, freue ich mich schon auf unser neues zu Hause.«
Diana erwiderte ihre herzliche Umarmung.
»Und jetzt muss ich meine ganze Überzeugungskraft aufwenden, um Lydia und insbesondere Arminius zu überreden.«
»Bei Lydia dürftest du keine Probleme haben«, zwinkerte Appia mit dem Auge, die über die intime Beziehung der beiden natürlich Bescheid wusste.
»Darauf baue ich. Aber ich muss Arminius ein überzeugendes Argument liefern und das wird mir schwerer fallen als alles andere.«
Da Arminius zu einem wohlhabenden und geachteten Weinhändler in der hiesigen Gesellschaft aufgestiegen war und bestimmt keinerlei Veranlassung sah, diesen Status hier aufzugeben, hatte sie sich einen Plan zurechtgelegt, von dem sie hoffte, dass dieser ihn zu überzeugen wusste. Als letztes Mittel blieb ihr nur, sich ihm gegenüber, was ihre Person betraf, zu offenbaren, aber sie hoffte, dass sie ihren letzten Trumpf nicht ziehen brauchte.
Nach dem Frühstück verließ Diana das Haus und machte sich zu den Stallungen auf, wo ihr Hengst Sheitan sie mit einem freudigen Schnauben begrüßte. Das Pferd glich von der Statur her eher einem Pony und entsprach den Züchtungen, die zu jener Zeit üblich waren und welche wesentlich kleiner waren als zu Dianas Realzeit.
Sie warf ihrem Hengst den Sattel über, der noch nicht über einen Steigbügel verfügte, da dieser erst durch den Einfall der Hunnen etwa einhundert Jahre später in Europa bekannt wurde und es bedurfte einiger Übung, sich fest im Sattel zu halten. Das stellte für Diana jedoch kein Problem mehr dar. Sie war es mittlerweile gewohnt, sich auf die Kraft ihres Schenkeldrucks zu verlassen.
Diana tätschelte Sheitans Hals und schaute in die treuen braunen Augen ihres Pferdes. Dann schwang sie sich auf das Pferd und machte sich in Richtung Augusta Treverorum auf.
Unterwegs erntete sie die teilweise erstaunten Blicke von einigen Reisenden und Händlern, die mit ihren schweren Ochsenkarren auf der staubigen Landstraße in Richtung der Stadt strömten.
Es war absolut unüblich, eine Frau auf einem Pferd, zumal noch ohne jegliche männliche Begleitung zu sehen, aber an solche Blicke hatte sie sich längst gewöhnt.
Als sie das nördliche Stadttor, die spätere Porta Nigra erreichte, salutierten die Wachen vor ihr, was ihr wieder erstaunte und neugierige Blicke der Menschen einbrachte, deren Waren eindringlich kontrolliert wurden. Ihr gesellschaftlicher Status war jedem der Wachen bekannt, und problemlos gelangte sie in die Stadt.
Nach dem Sieg über Licinius hatte Konstantin seine Garde aufgelöst, aber Dianas Rang als Comes Primi Ordinis galt nach wie vor und sie stand Rangmäßig noch über dem des Stadtpräfekten von Augusta Treverorum, obwohl sie sich im vorläufigen Ruhestand befand. Konstantin konnte seine Offiziere Jeden Augenblick in Notzeiten wieder rekrutieren, aber im Moment herrschte eine fast trügerische Ruhe im Reich, die, wie Diana aus der Geschichte wusste, bald vorbei sein würde und sie rechnete damit, bald wieder etwas von ihm zu hören. Wie sie aus den Geschichtsbüchern wusste, würde Konstantin die Stadt Rom in diesem Jahr besuchen. Lediglich das genaue Datum war nicht überliefert worden.
Dabei war es nicht so, dass sie keinen Kontakt zum Herrscher hatte. Auch mit ihm pflegte sie einen regen Schriftverkehr, der sich allerdings auf alltägliche Dinge und natürlich auch um die Gründung des Neuen Roms, so wie er es nannte, drehte. Er hatte ihr in seinen Briefen mitgeteilt, dass er bald Rom besuchen wollte und auch das war ein Aspekt ihres baldigen Aufbruchs.
Konstantin war ihr wie ein Bruder geworden und auch er hegte die gleichen Gefühle für sie, wobei sie sicher war, dass es von seiner Seite aus, doch etwas mehr war.
Damals, in Thessalonica, hatte nicht mehr viel gefehlt, dass die beiden zusammen im Bett gelandet wären, aber Diana hatte im letzten Moment die Reißleine gezogen und ihm deutlich gemacht, dass sie für ihn nur brüderliche und rein platonische Gefühle hegte, was allerdings nicht ganz der Wahrheit entsprach. Wäre er nicht der Augustus und Herrscher gewesen, der er war, hätte sie nichts gegen eine gemeinsame Nacht gehabt, aber unter den damaligen Umständen, kurz vor den entscheidenden Schlachten im Kampf um die Herrschaft über das römische Imperium, war ihr dieses Risiko zu groß gewesen und Diana war Profi genug, um ihre wahren Gefühle unterdrücken zu können.
Konstantin hatte ihre Einwände zu Dianas Erleichterung, allerdings mit einer sichtlichen Enttäuschung, angenommen und hatte ihr dies in keiner Weise nachgetragen. Im Gegenteil. Er hatte sie mit einem fürstlichen Geschenk bedacht und ihren Rang innerhalb des Reiches noch zusätzlich bestätigt, was dazu führte, dass sie ein unbeschwertes Leben, frei von allen materiellen Sorgen, führen konnte.
Diana bewegte sich zielsicher durch die, für römische Verhältnisse große Stadt, die zu ihrer zweiten Heimat geworden war. In den letzten eineinhalb Jahren hatte sich das Stadtbild verändert, was schon allein deshalb auffällig war, dass sich ein paar christliche Gotteshäuser zu den allgegenwärtigen Tempeln der römischen Götterwelt hinzugesellt hatten. Der Umbau des kaiserlichen Palastes zur späteren Konstantinbasilika war unübersehbar, und zusätzlich erfuhren die Kaiserthermen einen massiven Umbau, welcher sich fast unmittelbar an das Forum anschloss und der niemals vollständig beendet werden würde.
Das Leben pulsierte und die Einwohnerzahl näherte sich der fünfzigtausend. Augusta Treverorum war zu einer der bedeutendsten Städte und als Handelsplatz für alle möglichen Güter aus den fernen Teilen der bekannten Welt ein Knotenpunkt geworden, insbesondere denen aus Britannien und dem Teil der Welt, welche die Römer Germania nannten.
Diana fühlte sich hier pudelwohl, ungeachtet ihrer sozialen Kontakte. Lediglich Rom selbst konnte sich, was das Angebot der Waren betraf, mit dieser Stadt messen. Was die Wohnqualität und den kulturellen Bereich betraf, war Augusta Treverorum der Hauptstadt des römischen Imperiums weit voraus, da ihre geordnete Stadtplanung gegenüber den wirren Gassen der Hauptstadt und deren Slums ihren Bewohnern ein angenehmes Leben bescherte.
Diana ritt über das Forum hinweg in Richtung des südlichen Tores und nachdem sie es passiert hatte, erblickte sie nach kurzer Zeit das Gebäude ihrer alten Villa, die sie in ihrem Testament vor vierzehn Jahren Lydia und Arminius vermacht hatte. Sie näherte sich der hohen Mauer, in die eine zweitürige Holzpforte eingelassen war und welche weit offenstand. Das war nicht immer so gewesen und es gab Zeiten, wo es ratsam gewesen war, diese immer, zur Tages und zur Nachtzeit geschlossen zu halten, da sich allerlei Diebesgesindel in der Gegend herumtrieb und die Villa recht einsam gelegen war. Mittlerweile waren jedoch einige andere Landsitze entstanden, und Arminius und Lydia erfreuten sich ständig neuer Nachbarschaften.
Als sie sich dem Hauptgebäude näherte, lief ihr eine junge Frau entgegen, die, als sie Diana erreichte, nach Sheitans Zügel griff und den Hengst herzlich umarmte, während Diana aus dem Sattel glitt.
»Das war aber nicht sehr Damenhaft«, lächelte sie dem Mädchen zu und herzte sie ebenfalls.
»Pfft. Sieht mich doch keiner und ich freue mich immer, wenn du uns besuchst«, lachte sie. »Mutter ist in der Küche und Vater müsste heute von seiner Reise zurückkehren«, strahlte Antonia Diana sie an.
Sie war dreizehn Jahre alt und ein Ebenbild ihrer Mutter Lydia. Von ihr hatte sie das flachsblonde Haar und ihre weichen, runden Gesichtszüge geerbt. Ihre Statur jedoch hatte sie Arminius zu verdanken. Sie war schon fast so groß wie Diana und überragte ihre Mutter um Haupteslänge.
»Trainieren wir heute?«, fragte sie und sah Diana mit bettelndem Blick an, während sie Sheitans Zügel führte und sie sich dem Haupthaus näherten.
»Nein. Heute nicht. Ich habe Wichtiges mit deiner Mutter und deinem Vater zu besprechen. Aber morgen ganz bestimmt.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
»Dann ist es gut«, sagte das Mädchen leise und ein Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht.
Diana Antonia war völlig anders als die Mädchen in ihrem Alter. Wo diese noch mit ihren Puppen spielten und langsam anfingen mit den Jungen zu kokettieren, interessierte sie sich nur für ihre körperliche Ertüchtigung, woran die ältere Diana nicht ganz unschuldig war.
Vor etwa einem Jahr hatte sie Diana einen überraschenden Besuch abstatten wollen und sie dabei ertappt, wie sie im Atrium ihre täglichen Übungen mit dem Schwert absolvierte. Antonia war fasziniert davon, mit welch fließenden Bewegungen Diana das Katana durch die Luft bewegte, ohne dass sie irgendwelche Zeichen von Müdigkeit zeigte. Nachdem sie ihr eine Weile zugeschaut hatte, ließ Diana ihr Schwert in die Scheide gleiten und gleichzeitig hörte sie ihre Stimme.
»Du kannst herauskommen, Antonia.«
»Du hast mich bemerkt?«, fragte das junge Mädchen sie verstört und mit hochrotem Kopf wie ein ertappter Dieb.
»Natürlich«, hatte Diana geantwortet und wandte sich ihr nun zu. »Es ist eine Frage der Konzentration. Ich habe gelernt, alles im Unterbewusstsein wahrzunehmen, was um mich herum geschieht. Nur deshalb lebe ich noch«, lächelte sie nun und setzte sich neben Antonia, die mit verblüfftem Gesicht auf eine marmorne Bank gesunken war.
»Kann ich das auch lernen?«, wollte sie wissen.
Diana lacht kurz auf. »Nur durch jahrelanges Training und dazu gehört nicht nur der Umgang mit dem Schwert. Man muss auch die nötige Kondition aufbauen, um nicht zu ermüden.«
»Ich weiß von Mutter, dass du Helena einige Male zur Seite gestanden hast, aber jetzt verstehe ich erst, was sie damit gemeint hat. Du hast sie mit deinem Schwert beschützt.«
»Ja, das habe ich. Und ich habe auch unter dem Imperator gedient.«
»Kannst du mich unterrichten?«, platzte Antonia heraus.
»Das wäre deiner Mutter aber nicht recht. Und außerdem schickt es sich nicht für ein römisches Mädchen«, wandte Diana schwach ein, da sie das Funkeln in Antonias Augen sah.
»Ich bin keine Römerin. Ich bin Germanin«, stieß sie mit trotziger Stimme aus.
»Das sind die meisten deiner Freundinnen auch, und sie trainieren nicht den Schwertkampf. Aber gut. Ich werde deine Mutter fragen, aber glaube ja nicht, dass ich dich im Schwertkampf ausbilden werde.«
»Die kann dir sowieso nichts abschlagen«, grinste Antonia über das ganze Gesicht.
Lydia war verständlicherweise überhaupt nicht begeistert, als Diana ihr von dem Gespräch mit ihrer Tochter berichtete.
»Soll sie zu einer Amazone werden und sich wie du in irgendwelche Schlachten stürzen?«, fuhr sie ihre Freundin empört an.
»Training bedeutet ja nicht, dass sie auf dem Schlachtfeld Gegner niedermetzeln soll. Außerdem wird in naher Zukunft keine Schlacht mehr geschlagen werden und bis dahin ist Antonia längst verheiratet und Mutter von hoffentlich einigen Kindern. Ich dachte außerdem eher an eine körperliche Ertüchtigung und die ist auch für ihren Geist gut. Du weißt doch: Mens sana in corpore sano.
»Das gilt eigentlich nicht für Frauen«, wandte Lydia lahm ein, »aber schön. Wenn sie es denn unbedingt will«, lächelte sie schwach und nickte.
In der Folgezeit sah man des Öfteren zwei Frauen, die mit weichen Lederstiefeln ausgestattet durch die Weinberge um Augusta Treverorum liefen. Manch einer schüttelte nur den Kopf, als sie die beiden Läufer erblickten, aber schon bald gewöhnten sich die Leute an die beiden sonderbaren Gestalten. Antonia war mit einem Feuereifer bei der Sache und schon bald schaffte sie es, mit Diana mühelos Schritt zu halten und vor einem halben Jahr hatte Diana damit begonnen, sie in Aikido und Krav Maga auszubilden, wobei Antonia durch ihren Eifer enorme Fortschritte machte und Diana auf ihren Schützling mächtig stolz war.
»Was willst du mit ihnen besprechen?«, fragte sie, als sie die Villa betraten.
»Sei nicht so neugierig, junge Dame«, lächelte Diana sie an.
»Ich spüre, dass es etwas Ernstes sein wird«, blickte Antonia sie sorgenvoll an.
»Das ist es auch. Also gut. Helena möchte, dass ich sie nach Jerusalem begleite und das bedeutet, dass ich bald aufbrechen muss.«
»Und bald heißt?«, fragte Antonia sie mit einem ängstlichen Unterton.
»Dass ich nicht mehr nach Augusta Treverorum zurückkehren werde.«
Diana sah, wie sich Antonias Augen mit Tränen füllten. »Und darüber willst du mit Mutter und Vater sprechen?«
»Ja. Ich will sie davon überzeugen, dass sie mit mir gehen, was aber auch bedeutet, dass ihr von hier weggehen würdet.«
»Das wird Vater niemals zulassen«, schluchzte sie.
Diana nahm sie in ihre Arme und drückte sie fest an sich.
»Vielleicht. Und wenn nicht; Du hast es hier gut und hast deine Eltern, die dich sehr lieben. Ich habe dies alles nicht gehabt. Auf jeden Fall werde ich alles versuchen, was in meiner Macht steht, um die beiden davon zu überzeugen, sich mir anzuschließen.«
»Bei Mutter bedarf es nicht viel«, sagte Antonia trotzig und schaute sie an.
»Wie meinst du das?«, fragte Diana sie misstrauisch.
»Ich bin zwar erst dreizehn, aber meinst du, ich habe keine Augen im Kopf? Ich weiß doch genau, wie viel ihr beide euch bedeutet, und ich bin mir nicht sicher, für wen von euch beiden sie sich entscheidet. Aber ich will euch drei zusammen haben, weil ich euch alle liebe.«
Diana war wie vor den Kopf gestoßen. Sie hatte die Reife des Kindes völlig unterschätzt und nicht bedacht, dass viele Mädchen in ihrem Alter in dieser Zeit bereits verheiratet waren. Einen Vergleich zu Mädchen in ihrer Zeit zu ziehen, war völlig abstrus. Antonias Worte waren gewählt, aber sie wusste genau um ihre Beziehung zu ihrer Mutter und Diana lief rot an.
»Du brauchst dich nicht zu schämen«, hörte sie die noch kindliche Stimme an ihrem Ohr.
»Ihr beide seid seit Jahren sehr verbunden und es stört mich, und wohl auch Vater nicht im Mindesten. »Praktisch habe ich zwei Mütter«, kicherte sie nun. »Ich trage ja nicht umsonst deinen Namen.«
Diana strich ihr durch das dichte, lockige Haar.
»Wünsch mir Glück«, hauchte sie dem Mädchen zu, das ihr mit einem Lächeln zunickte und begab sich zu Lydia in die Küche.
Diana fand ihre Freundin in der Küche, wo sie zusammen mit einer Hausangestellten damit beschäftigt war, ein frisch gebackenes Brot aus dem Ofen zu holen. Wie jedes Mal, wenn sie in Lydias Küche kam und den steinernen, mit Holzkohle befeuerten Backofen sah, musste sie sofort an eine Pizza denken, aber Tomaten waren natürlich völlig unbekannt, da diese aus der neuen Welt stammten und Diana lief bei dem Gedanken daran, das Wasser im Mund zusammen.
Der Duft des Backwerkes stieg ihr sofort in die Nase während Lydia sich umwandte und ein Lächeln über ihr Gesicht huschte, als sie ihren Besuch erkannte. Sie wischte ihre, mit Mehl behafteten Hände an ihrer Schürze ab und umarmte ihre Freundin.
»Hallo Schneckchen«, sagte sie leise und hauchte Diana einen zarten Kuss auf die Wange.
»Guten Morgen, meine Liebe«, gab Diana zurück und erwiderte den Begrüßungskuss.
Lydia hatte mit der Frau, wie Diana sie damals kennengelernt hatte, nur noch wenig gemein. Aus einem schlanken jungen Mädchen war eine reife, wohlproportionierte Frau geworden, was ihrer natürlichen Schönheit keinen Abbruch geleistet hatte. Ihr nach wie vor fülliges, blondes Haar fiel bis über ihre Schultern und ihre blauen Augen strahlten Diana an.
»Wir bereiten uns gerade auf Arminius Rückkehr vor und ich will ihm ein üppiges Mal bereiten. Er war in Mogontiacum und ein Bote hat mir schon berichtet, dass seine Geschäfte glänzend verlaufen sind. Das muss gefeiert werden. Du bleibst über Nacht?«, fragte sie.
»Wie könnte ich diese Bitte abschlagen?«, lächelte Diana und schnupperte nach dem, vor Hitze noch dampfenden Brot. Lydia grinste, schnitt ihr eine Scheibe ab, bestrich sie mit Olivenöl und etwas Salz und beobachtete mit Genugtuung, wie ihre Freundin die Scheibe Brot mit Heißhunger verschlang.
»Köstlich«, murmelte Diana mit vollem Mund. »Dann bleibt ja doch noch Zeit, um mit Antonia eine kleine Runde zu drehen und ich werde heute Abend mit einer Amphore bei euch erscheinen. Du hast ja genug zu tun, wie ich sehe.«
»Das ist lieb von dir, dass du dich um sie kümmerst. Sie brennt förmlich darauf, mit dir zusammen ihre Übungen zu machen. Wenigstens kommt sie dann nicht auf dumme Gedanken.«
Diana verabschiedete sich bis zum Abend und traf Antonia an, die mit Liegestützen beschäftigt war. Als sie Diana erblickte, unterbrach sie ihre Übung und sah sie fragend an.
»Auf heute Abend verschoben«, lächelte diese. »Mit einem Becher Falerner in der Hand redet es sich besser.«
»Dann können wir doch zusammen etwas trainieren«, bettelte Antonia.
»Ist ja gut. Ja, können wir. Zuvor habe ich jedoch noch etwas zu erledigen, das keinen Aufschub duldet. Ich werde dich am späten Nachmittag abholen und danach bleibe ich ohnehin.«
Diana spürte noch lange das strahlende Gesicht Antonias in ihrem Nacken, als sie sich zurück nach Augusta Treverorum begab.
Sulpicius Valentinus Villa lag im Osten der Stadt, außerhalb der Stadtmauer, auf einem kleinen Hügel, von dem aus man eine fantastische Sicht auf das Tal der Mosel hatte. Als sich Diana mit ihrem Pferd dem Tor näherte, öffnete der Torwächter ohne jeglichen Kommentar die schwere Pforte.
»Ist dein Herr zu Hause?«, fragte sie den alten Sklaven, der als Torwächter fungierte.
»Ja, Herrin, und er wird erfreut sein, dass du ihm seine Aufwartung machst«, grinste er sie mit einem zahnlosen Lächeln im Gesicht an.
Diana ritt den Hügel hinauf bis zu Sulpicius Villa und dachte daran zurück, als sie das erste Mal in seinem Haus zu Gast war. Damals war sie als Bardin von Helena zu ihm bestellt worden, da er unter dem Verdacht gestanden hatte, eine Verschwörung gegen Konstantin angezettelt zu haben, was sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hatte. Sulpicius war immer einer seiner treuesten Gefolgsleute gewesen, und Diana hatte die eigentlichen Verschwörer entlarvt und ihrer gerechten Strafe zugeführt. Das hatte ihr der Hausherr niemals vergessen, und nach ihrer Rückkehr von den Dardanellen hatte sich zwischen den beiden eine Freundschaft entwickelt. Sie mochte den, mittlerweile in die Jahre gekommenen Mann und sie wusste auch, dass er für sie etwas mehr empfand. Er war der Einzige, dem sie außer Lydia und Arminius natürlich, ihr volles Vertrauen entgegenbrachte und deshalb sollte er sich um den Verkauf ihrer Villa kümmern.
Sie fand den alten Tuchhändler im Atrium, als er gerade sein Prandium, sein leichtes Mittagessen zu sich nahm. Als er sie bemerkte sprang er auf und eilte mit offenen Armen auf sie zu.
»Diana, welch eine schöne Überraschung. Du hast meinen Tag gerettet, lächelte er über das ganze Gesicht.
»Sulpicius. Schön dich zu sehen«, antwortete Diana und erwiderte seine herzliche Umarmung.
»Was verschafft mir die unverhoffte Ehre?«, fragte er und ließ ein zweites Geschirr auffahren.
Diana ließ sich auf die Kline nieder und hob den Becher Wein, den man ihr sofort reichte.
»Zunächst einmal Salute, Sulpicius, mein teurer Freund«, sagte sie und kam auf den Punkt ihres Besuches.
»Mein Erscheinen bei dir hat leider keinen erfreulichen Anlass«, begann sie die Konversation.
Sulpicius schaute sie etwas erschrocken an.
»Du weißt, dass Helena vorhat, bald ihre Wallfahrt nach Jerusalem anzutreten.«
»Und du willst daran teilnehmen«, seufzte er und die Enttäuschung in seinem Gesicht sprach Bände.
»Ja. Diesen Wunsch kann und will ich ihr nicht abschlagen. Du weißt, wie sie zu mir steht.«
»Ja. Du bist für sie wie eine Tochter und ich kann durchaus verstehen, dass sie dich an ihrer Seite haben möchte.«
»Es geht nicht nur darum. Sie braucht auch Schutz. Du weißt, dass man ihr des Öfteren nach dem Leben getrachtet hat und eine solch lange Reise bietet allerlei Möglichkeiten, dass ein Attentat auf sie durchaus mit Erfolg gekrönt sein könnte.«
»Du rechnest mit einem Anschlag auf ihr Leben?«, fragte er sie erschrocken.
»Nicht wirklich, aber die Möglichkeit besteht durchaus. Eigentlich sind die Zeiten relativ ruhig, aber ich könnte es mir nie verzeihen, wenn sie tatsächlich einem Anschlag zum Opfer fallen würde und ich nicht in ihrer Nähe bin, um sie zu schützen.«
»Das bedeutet, dass du Augusta Treverorum endgültig verlassen wirst.«
»Ja, und das ist der eigentliche Grund meines Besuches. Ich weiß nicht, ob ich hierhin zurückkehren werde und daher möchte ich mein Anwesen verkaufen. Ich weiß, dass sich Helena in der Nähe des neuen Roms niederlassen möchte und da sie nicht mehr die Jüngste ist, will ich nicht mehr von ihrer Seite weichen bis sie … na ja, du weißt schon. Gott möge ihr noch ein langes Leben schenken, aber den Rest ihres Lebensabends möchte ich bei ihr verweilen.«
Betroffen sah Sulpicius sie an.
»Ich werde unsere gemeinsamen Abende und unsere Gespräche sehr vermissen«, sagte er leise und in einem bedauernden Tonfall.
»Obwohl du wesentlich jünger als ich und eine Frau bist, habe ich nie solch angenehme Abende verbracht wie mit dir. Ich habe mich immer gefragt, warum du keinen Tag älter erscheinst als damals, als wir beide uns kennenlernten, aber das ist wohl dein Geheimnis«, zwinkerte er ihr zu.
Liegt wohl in unserer Familie. Meine Mutter hatte dieselben Anlagen«, versuchte Diana abzulenken, da ihr dieser Argwohn schon des Öfteren entgegengeschlagen war. »Ich möchte, dass du die Villa in meinem Namen veräußerst, da ich absolutes Vertrauen in dich hege.«
Sulpicius schaute sie überrascht an.
»Das lässt sich machen. Ich werde dein Haus übernehmen und wenn du trotz allem irgendwann zurückkehrst, kannst du mir den Verkaufspreis zurückerstatten. Betrachte es als eine Art Leihgabe, wie damals«, lächelte er sie an.
Diana runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Die letzten Worte von Sulpicius stellten sie vor ein Rätsel, da sie ihn bisher nie um irgendeine Geldgefälligkeit gebeten hatte.
»Wenn du es so möchtest, soll es mir recht sein«, sagte sie stattdessen und nannte ihm eine Summe, von der sie genau wusste, dass sie in Anbetracht der Lage der Villa fast lächerlich war.
»Das ist mehr als nur ein Freundschaftspreis, meine Liebe. Und natürlich ist damit auch die kleine Schuld zwischen uns beglichen«, zwinkerte er ihr zu.
Wieder schaute Diana in fragend an. Sie besaß ein fast eidetisches Gedächtnis und konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, in seiner Schuld zu stehen. Irgendetwas stimmte hier nicht und sie erschrak innerlich. Hatte sie wieder, ohne ihr Wissen, etwas ausgelöst, was schwere Folgen für ihre eigene Existenz hatte? Sie konnte sich nur schwer beherrschen, Sulpicius direkt danach zu fragen, und die beiden besiegelten den Verkauf mit der Abschrift auf einem Pergament. Bald darauf verabschiedete sie sich von ihrem Freund.
»Aber wir sehen uns doch sicher noch, bevor du deine lange Reise antrittst?«
»Natürlich. Ich werde zum Abschied eine Gesellschaft geben, bei der du, mein teurer Freund, der Ehrengast sein wirst«, sicherte Diana ihm zu und verließ, von inneren Zweifeln getrieben, nachdenklich das Anwesen des Tuchhändlers.
Später am Abend saß Diana zusammen mit Lydia und Arminus in der hauseigenen Therme der Villa Rustica.
Diana war am späten Nachmittag zurückgekehrt und nachdem sie zusammen mit Antonia deren Trainingseinheit absolviert hatte, trafen die beiden auf Arminius, dessen gute Laune unübersehbar war. Antonia flog ihrem Vater entgegen und warf sich ihm zur Begrüßung an den Hals, während Diana und Lydia lächelnd im Hintergrund standen.
»Sie steht ihrem Vater sehr nahe«, sagte sie leise, »fast mehr als mir.«
»Das glaube ich nicht«, antwortete Diana. »Sie liebt dich genauso, aber Töchter haben immer ein besonderes Verhältnis zu ihren Vätern, das ist in meiner Zeit nicht anders.«
»Aber du sprichst nie von deiner Familie«, wandte Lydia ein.
»Nein. Da gibt es auch nicht viel zu erzählen. Ich bin nicht so behütet aufgewachsen wie Antonia, und das hat vermutlich mein weiteres Leben geprägt. Deshalb fühle ich mich hier ja so geborgen.«
Lydia umfasste ihre Taille und zog sie fest an sich.
»Und das soll auch so bleiben«, murmelte sie. Sie schaute ihre Freundin an und merkte sofort den leichten Schatten, der über Dianas Gesicht fiel.
»Was ist? Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir. Du bist den ganzen Tag schon so einsilbig.«
»Du hast recht. Etwas bedrückt mich und deshalb muss ich dringend mit euch beiden sprechen. Ich habe das schon viel zu lange vor mir hergeschoben, weil ich einfach Angst hatte. Aber die Zeit drängt und es betrifft meine, und auch eure Zukunft.«
»Du musst uns wieder verlassen«, sagte Lydia und ihre Augen füllten sich augenblicklich mit Tränen.
»Es ist nicht ganz so«, beruhigte sie Diana. »Ich habe nicht vor, in meine Zeit zurückzukehren, wenn du das befürchtest. Meine Entscheidung diesbezüglich war und ist endgültig. Aber genug davon. Wir reden später darüber. Mach dir keine Gedanken, Schneckchen«, tröstete sie Lydia, der eine Träne aus dem Augenwinkel kullerte, die sie rasch mit dem Ärmel ihrer Tunika abwischte, da Arminius sich aus den Fängen seiner Tochter befreit und auf die beiden Frauen zukam.
»Es lief einfach großartig«, strahlte er und gab Lydia einen leidenschaftlichen Kuss. Dann wandte er sich Diana zu und herzte auch sie mit einem Kuss auf die Wange.
»Es freut mich, dass deine Geschäfte in Mogontiacum wohl recht erfolgreich waren«, lächelte sie bestätigend.
»Und wie. Unser Wein wird in der Qualität immer besser und reicht schon fast an die italienischen Weine heran. Die Germanen sind wie verrückt nach Rebensaft. Diesmal habe ich sogar Vertreter von Volksstämmen getroffen, deren Namen ich noch nie gehört habe. Sie nennen sich Ostrogothi und stammen aus dem östlichen Germanien. Hast du schon einmal von dem Volk gehört?«, fragte er Diana.
»Nein«, log diese.
»Egal. Auf jeden Fall haben sie mit purem Gold bezahlt und diese drei Kleinodien habe ich für euch zum Geschenk.«
Arminius öffnete ein kleines Stoffsäckchen und überreichte jeder der Frauen eine wunderschön gearbeitete Goldfibel, die mit kleinen, verschiedenfarbigen Edelsteinen besetzt war.
Diana erkannte die typische Art der gotischen Bügelfibel, die wesentlich breiter gearbeitet als die römischen war.
»Was für eine schöne Arbeit«, hauchte Lydia und Antonia fiel ihrem Vater vor Dankbarkeit wieder um den Hals.
Seine beiden Frauen umarmend ging Arminius, gefolgt von Diana, ins Haus, wo schon ein üppiges Mal auf sie wartete.
Die Zeit verging wie im Flug, da Arminius ihnen viel Neues zu berichten hatte. Später am Abend zogen sich die Erwachsenen in die vorgeheizte Therme zurück.
»Und nun raus mit der Sprache«, stieß Lydia aus. »Ich kann an nichts anderes mehr denken als an das, was du mir vorhin gesagt hast.«
Arminius schaute von Lydia hinüber zu Diana.
»Was habt ihr beide denn für Geheimnisse? Sind die auch für meine Ohren geeignet oder handelt es sich um Frauensachen?«, grinste er spöttisch.
»Nein. Ich habe mit euch beiden zu sprechen, und es ist ein ernstes Thema, wie ich es schon Lydia gegenüber erwähnt habe. Wo soll ich anfangen? Wie ihr beide wisst, plant Helena ihre Reise nach Jerusalem, und sie hat mich gebeten, daran teilzunehmen. Ich habe sie seit eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen und das ist eine lange Zeit. Ich kann und werde sie nicht im Stich lassen und deshalb werde ich Augusta Treverorum verlassen … für immer«, fügte sie leise hinzu.
Lydia wurde leichenblass und auch Arminius schluckte.
»Aber du kannst doch nach deiner Reise wieder hierher zurückkehren«, wandte er ein.
»Schon, aber ich will die letzten Jahre, die Helena noch verbleiben, in ihrer Nähe sein.«
»Wie kommst du darauf, dass es ihre letzten Jahre sind?«, bohrte Arminius weiter. »Ja, sie ist alt, aber keinesfalls gebrechlich. Sie kann noch etliche Jahre unter uns weilen.«
»Sie ist fast achtzig und als ich sie das letzte Mal gesehen habe, sah sie müde und erschöpft aus. Und eine solche Reise kann sie nicht unbeschadet überstehen. Weißt du, wo Jerusalem liegt und wie weit es von Rom entfernt ist? Sicher, sie könnte per Schiff reisen, aber das liegt ganz bestimmt nicht in ihrer Absicht. Sie will Propaganda für Konstantin betreiben und dazu muss sie möglichst viele Menschen erreichen, und das wiederum kann sie nur auf dem Landweg. Sie braucht Unterstützung durch Menschen die sie liebt, und die werde ich ihr nicht verwehren. Ich weiß, dass ich viel von euch verlange und ihr müsst euch auch nicht sofort heute entscheiden, aber die Zeit drängt. Mein Haus habe ich bereits an Sulipicius Valentinus verkauft und er hat mir, aus alter Freundschaft, eine Art Rückkaufsrecht gewährt, falls ich doch wieder hierher zurückkehre.«
»Wir sollen unsere gesamte Existenz hier aufgeben? Unser Ansehen? Unser Heim? Ist das dein Anliegen?«, fragte Arminius.
»Ja. Ich weiß. Ich bitte um sehr viel und deshalb habe ich dieses Gespräch auch lange hinausgezögert. Aber es hat seine Vorteile, Das alles hier aufzugeben, so wie ich es auch mache, wobei meine Gründe natürlich von anderer Art sind. Ihr beide seid wohlhabend, zudem noch recht jung und ihr könnt überall in der bekannten Welt neu anfangen. Ich spreche bewusst den Kaufmann in dir an. Konstantins Roma Nova wird zum neuen Nabel der Welt werden, das steht außer Frage und es wird der Endpunkt der Händlerroute aus Asien sein. Überlege einmal, welche Vorteile das für dich bringt. Du hast das nötige Geld und den Instinkt. Alle Güter, Stoffe, Gewürze, Weihrauch werden dort umgeschlagen. Panos, Auroras Ehemann, verfügt über eine Handelsflotte, mit der du deine Waren in alle Welt transportieren kannst. Von deinen Beziehungen zur Kaiserfamilie brauche ich gar nicht erst zu reden. Das Klima dort ist mild und du sitzt in der Nähe des Zentrums der Macht.«
Diana sah förmlich, wie es in Arminius Gehirn arbeitete, und war sehr zufrieden mit sich. Sie hatte ganz elegant eine gefährliche Klippe umschifft, nämlich Arminius die volle Wahrheit über ihre Person anzuvertrauen. Sie hatte auf seinen Unternehmergeist gesetzt und diese Trumpfkarte geschickt ausgespielt. Ein Blick zu Lydia bestätigte sie in ihren Gedanken, die das Wesen ihres Manns natürlich wesentlich besser kannte und mit einem leisen Lächeln auf den Lippen unmerklich nickte.
»Genauer betrachtet ist dein Vorschlag gar nicht so übel«, lächelte er nun, »und ich muss unser Unternehmen ja gar nicht verkaufen.«
»Du denkst an deinen Neffen Quintus, nicht wahr?«, stellte Diana mehr fest, als sie fragte.
»So ist es. Er ist nicht auf den Kopf gefallen und hat mich bereits ein paar Mal auf meinen Geschäftsreisen begleitet. Ich hatte ohnehin vor, ihn in mein kleines Unternehmen zu integrieren, und der Zeitpunkt dafür scheint jetzt gekommen zu sein. Ich bin dabei!«
Lydia sah ihn dankbar an und umarmte ihn mit feuchten Augen.
»Ach ja, und noch etwas. Appia wird mich ebenfalls nach Byzanz begleiten«, grinste Diana und Arminius Augen fingen an zu leuchten, da er ihre Kochkünste über alles schätzte.
»Das war das schlagende Argument«, rief er aus und die beiden Frauen fielen in sein schallendes Gelächter ein.
Dianas Argumente hatten Arminius letztendlich überzeugt. Hinzu kam, dass er natürlich um die besondere Beziehung seiner Frau zu Diana wusste und überhaupt nichts dagegen hatte. Zudem war er sich nicht sicher darüber gewesen, ob Lydia sich nicht gegen ihn entschieden hätte, so stark schätzte er die Bindung zu ihrer Freundin ein. Außerdem fühlte er sich Diana gegenüber verpflichtet, da sie ihm und Lydia dieses luxuriöse Leben, welches er und seine Familie führten, erst mit ihrer Hinterlassenschaft ermöglicht hatte und er deswegen ewig in ihrer Schuld stand.
Zufrieden legte er sich entspannt im warmen Wasser des Beckens zurück und schielte aus den Augenwinkeln heraus zu den beiden Frauen, die mit entspannten Gesichtszügen nebeneinandersaßen und sich an den Händen hielten.
»Du hast mir nicht alles verraten«, sagte Lydia, als sie und Diana, in Decken eingemummelt, spät am Abend im Atrium der Villa saßen und einen Becher warmen Weins zu sich nahmen.
Arminius war bereits zu Quintus geeilt, um ihm die Neuigkeiten direkt zu überbringen und sicherlich zur Feier des Tages mit ihm noch um die Häuser zog.
»Nein. Das konnte ich ja nicht, solange Arminius noch dabei war. Ich bin so froh, dass ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzählen musste, um ihn zu überzeugen.«
»Das hätte er auch nicht verstanden und ich verstehe es, zugegeben, ja auch nicht richtig. Wir sind im Grunde einfache Menschen und besitzen nicht diese Weitsicht und Klugheit wie Helena. Du weißt ja selbst, dass ich manchmal vergesse, woher du kommst und wer du eigentlich bist.«
»So soll es auch sein, weil alles andere die Sache viel zu sehr komplizieren würde. Aber du hast recht. Einen Grund habe ich bisher nicht genannt. Es betrifft euch nicht direkt, aber eure Nachkommen. Hier bleibt nicht die friedliche Landschaft die es jetzt noch ist, die Barbaren aus dem Osten werden in diesen Landstrich einfallen und ihn erobern, allen voran die Ostrogothi. Roma Nova, oder Konstantinopel, wie diese Stadt in Zukunft heißen wird, hingegen wird noch lange existieren und friedliche Zeiten erleben. Das alte Rom nicht!«
»Barbaren? Hier?«, fragte sie ängstlich.
»Ja, Schneckchen. Augusta Treverorum, und auch der Rest des Weströmischen Reiches wird in dieser Form nicht mehr existieren und was mit der römischen Bevölkerung passiert, die nicht schnell genug fliehen werden können, kannst du dir vorstellen. Es betrifft nicht Antonia und auch nicht ihre Kinder, aber die späteren, danach folgenden Generationen. Byzanz wird bis in meine Zeit bestehen und blühen und gedeihen, wenngleich auch später unter einer fremden Herrschaft. Das passiert jedoch erst in tausend Jahren.«
»Gibt es Augusta Treverorum nicht mehr?«
Diana lachte. »Doch und das nördliche Tor steht auch noch und ist in aller Welt bekannt. Imperien kommen und gehen; das ist der Lauf der Welt.«
»Ich freue mich auf unser neues Abenteuer«, sagte Lydia fast euphorisch und mit glänzenden Wangen, da ihr der warme Wein bereits zu Kopf gestiegen war. »Wie Antonia es wohl aufnehmen wird?«
»Sie weiß es schon. Ich habe bereits vor euch mit ihr gesprochen und sie hat mir sogar viel Glück gewünscht. Mache dir keine Sorgen um sie. Sie ist ein ganz besonderes Mädchen.«
Es war weit nach Mitternacht, als sich die beiden zu Bett begaben. Arminius war noch nicht wieder aufgetaucht, und Lydia hatte für Diana das Gästezimmer bereitet. Hier wurden sie, aus Rücksicht auf Diana Antonia, niemals intim.
»Schlaf gut, Schneckchen. Alles wird gut und du wirst sehen, es wird dir in Byzanz gefallen.«
»Warst du schon einmal dort?«
»Ja, aber in meiner Zeit sieht es dort ein bisschen anders aus«, lächelte Diana und gab Lydia einen Kuss auf die Wange.
In der größten Stadt des Imperium Romanum saß eine Frau mittleren Alters auf einem kurulischen Stuhl vor einem Stapel Papyrus und studierte deren Inhalt, der ihr von ihren Spionen aus aller Welt zugespielt worden war. Ihr Antlitz war wie aus Stein gemeißelt und ihr Blick hatte schon so manchem mehr als ein Frösteln eingejagt. Der Raum, in dem sie sich befand, war groß, riesengroß und dennoch erfüllte ihn eine wohlige Wärme, die aus einem großen Hypokaustum gespendet wurde. Vor einer großen Doppelflügeltür standen zwei Wachen in voller Rüstung und hielten zwei lange Speere in ihren Händen, aber die Frau nahm diese kaum wahr, genauso wenig wie die Sklavin, die ihr eine Schale mit Früchten reichte. Für sie waren diese Menschen einfach nicht existent, unbedeutend und ein kleiner Wink von ihr hätte genügt, über das Schicksal ihrer Lakaien zu entscheiden.
Aufmerksam las sie die Berichte und bei einem von ihnen runzelte sie die Stirn. Ihr Gesicht verzog sich zu einer wütenden Grimasse, und ihr Kopf lief hochrot an. Die kleine Sklavin bemerkte die Stimmungsschwankung der Frau und huschte so schnell sie konnte aus dem Raum, da sie die Vorboten ihrer Wutausbrüche nur zur Genüge kannte. Mit einem leisen Aufschrei warf sie den Papyrus auf den Tisch und sprang so heftig auf, dass der Stuhl, auf dem sie saß, mit einem Poltern zu Boden stürzte.
»Nicht schon wieder«, schrie sie und eilte mit wehenden Gewändern auf die Wachen zu, die ihr hektisch die Tür öffneten. Sie eilte durch den großen kaiserlichen Palast in einen Seitenflügel, begleitet von zwei Wachen, die Mühe hatten, mit der aufgebrachten Frau Schritt zu halten.
Die Wachen, die vor einer Tür standen, fegte sie förmlich beiseite und stürmte in den dahinterliegenden Raum, welcher der Größe ihres Arbeitszimmers in nichts nachstand.
»Sie trifft Vorbereitungen nach Rom zurückzukehren«, schrie sie außer sich vor Zorn einen jungen Mann an, der hinter einem großen schweren Eichentisch saß und sie verwundert anschaute.
»Nun beruhige dich. Wer kommt nach Rom zurück, edle Fausta?«, fragte er sie mit einem ironischen Unterton.
»Diana. Sie trifft Vorbereitungen, hierherzukommen. Meine Spione haben mir berichtet, dass sie ihr Haus an den Tuchhändler Sulpicius Valentinus verkauft hat.«
»Ah, Sulpicius. Den kenne ich seit ich, ein Kind war«, sinnierte Crispus. »Dachte, dass er längst das Zeitliche gesegnet hat. Du kennst ihn wohl auch, besser gesagt, kanntest seinen Neffen.«
»Natürlich kenne ich ihn. Hältst du mich für blöd? Ihr da! Raus hier! Ich will mit dem Princeps alleine sein«, herrschte Fausta die beiden Soldaten an, die ihr in den Raum gefolgt waren.
»Was unternehmen wir?«, fragte sie ihn nun in normalem Tonfall, da sie sich inzwischen wieder beruhigt hatte.
»Was sollen wir unternehmen? Es war abzusehen, dass Diana eines Tages wieder hier auftauchen würde, schon alleine, um die alte Schachtel wiederzusehen.«
»Hörst du mir nicht zu? Sie hat ihr Haus verkauft, was bedeutet, dass sie nicht vorhat, wieder nach Augusta Treverorum zurückzukehren.«
»Dann wird sie sicher Helena und deine Mutter Eutropia auf der Reise nach Jerusalem begleiten wollen. Wo ist das Problem?«
Fausta verdrehte die Augen. »Beim Jupiter. Wenn es nur das ist, kann sie mit Helena reisen wohin sie will. Sonst fällt dir nichts dazu ein?«
Crispus sah sie an, stand auf und sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.
»Ich bin auch nicht blöde und weiß natürlich genau was du meinst. Glaubst du, dass du die Einzige bist, die ihre Augen und Ohren überall hat? Natürlich werde ich über jeden Ihrer Schritte informiert, über jeden, hast du mich verstanden. Ich weiß bereits seit geraumer Zeit, dass Helena sie darum gebeten hat, sie zu begleiten, und ich weiß auch, dass sie ihr niemals eine Bitte abschlagen wird. Du kannst über sie sagen was du willst, aber eins ist sie; absolut loyal gegenüber Helena und absolut loyal meinem Vater gegenüber. Sie ist diejenige, der er unbedingt vertraut, auch wenn er sie schon lange nicht mehr gesehen hat. Nicht umsonst hat er sie damals an den Hellespont gesandt, um meinen Verrat an ihn zu verhindern. Und ich achte und schätze sie, weil sie etwas besitzt, das du, werte Stiefmutter, niemals besitzen wirst. EHRE. Und deshalb ist sie unsere Gegnerin, was ich durchaus bedauere und keinesfalls unterschätze ich ihre Fähigkeiten. Ich habe mich längst um dieses Problem gekümmert und nun kannst du dich wieder in deine Gemächer begeben. Es ist alles gesagt.«
Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und widmete sich scheinbar wieder seinen Papyrusrollen zu, während Fausta, vor Zorn bebend, mit einem lauten Tür knallen seine Gemächer verließ.
Crispus sah langsam auf und sein Gesichtsausdruck nahm jetzt einen Zug von Besorgnis an. Er lehnte sich schwer in seinen Stuhl zurück und schloss seine Augen. In einem hatte Fausta natürlich recht.
Er durfte sich keinen weiteren Fehler mehr erlauben, da sein Leben sonst keinen Follies mehr wert war. Sein Vater hatte ihm nach der entscheidenden Schlacht bei Chrysopolis vor eineinhalb Jahren zwar den Handschlag nicht verweigert, aber es war das letzte Mal, dass er ihn zu Gesicht bekommen hatte. Fortan protegierte er offen und für jeden erkennbar seinen Sohn Konstantin II. aus der Ehe mit Fausta, die er nach dem Sieg über Licinius, wie auch seine Mutter Helena, zur Augusta hatte ausrufen lassen. Zwar war der Junge erst acht Jahre alt, aber Crispus war klar, dass er niemals der offizielle Nachfolger seines Vaters werden würde. Ihm blieb nur noch eine letzte Chance, und wenn er diese wieder verdarb, war es um ihn geschehen.
Der einsame Reiter näherte sich aus südlicher Richtung Augusta Treverorum.
Er hatte eine lange Strecke hinter sich und war erleichtert, in der Ferne die Silhouette eine der größten Städte des römischen Imperiums zu erblicken. Er war von Rom aus vor neun Tagen aufgebrochen und nur dank des hervorragenden Zustandes des römischen Straßennetzes, des Privilegs eines kaiserlichen Boten, die Pferdewechselstation in Anspruch nehmen zu können und aufgrund der günstigen Winde, die ihn per Schiff von Ostia nach Massalia gebracht hatte, war es ihm möglich gewesen, die gewaltige Strecke in einer solch kurzen Zeit hinter sich bringen zu können.
Sein Körper allerdings hatte dafür einigen Tribut gefordert, und der Reiter rutschte unruhig im Sattel hin und her, obwohl er praktisch auf einem Pferderücken aufgewachsen war.
Die Wachen des Südtores staunten nicht schlecht, als sie in der Gestalt, die ihnen im leichten Trab entgegenkam, eine Frau mit langem schwarzem Haar, das sie offen trug und welches im lauen Wind wehte, erkannten. Sie trug ein pechschwarzes Lederwams und hohe Reiterstiefel, aber am auffälligsten war das Reiterschwert der römischen Legionen, die Spatha, welches sie auf dem Rücken trug und dessen Griff über ihre Schulter hinweg nach oben ragte. Misstrauen beschlich sie, als sie der Frau in ihr Antlitz blickten, da sie eindeutig keine römischen Züge trug. Ihre Augen waren dunkelbraun, fast schwarz, standen mandelförmig auseinander und ihre Hautfarbe war gelblich weiß.
»Wo finde ich die Edle Diana, Comes des Imperators?«, hörten sie ihre helle, fast singende Stimme, während sie den beiden Wachen ein Pergament reichte, welches sie als Sonderbeauftragten der Kaiserin Helena auswies. Dabei fiel ihr Blick auf den großen, breiten Goldring, der das Konterfei der Mutter des Herrschers trug und der am Ringfinger der exotisch schönen Frau prangte. Sofort nahmen die beiden Haltung an.
»Sie besitzt ein Haus, welches sich auf einem Hügel am anderen Ende der Stadt befindet, Herrin«, schnarrte einer der beiden Soldaten.
»Dann führt mich zu ihr«, sagte die junge Frau mit einem nun sanften, aber dennoch bestimmenden Ton.
Die beiden Wachen machten kehrt, wurden durch zwei weitere Posten ersetzt und marschierten als ihre Eskorte vorneweg.
Die Edle Diana stand auf einer Leiter in ihrem Cubiculum und sah in diesem Moment überhaupt nicht edel aus. Ihre Tunika war über und über mit weißer Kalkfarbe beschmiert, genau wie ihr Gesicht und ihre Haare. Sie schwang, zusammen mit Lydia, die sich ebenfalls auf einer Leiter befand und genauso aussah wie ihre Freundin, einen dicken groben Pinsel und übertünchte die schönen Wandmalereien.
»Es ist eine Schande, das alles unter einer Schicht Weiß verschwinden zu lassen«, seufzte Lydia und wischte sich einen Farbklecks von ihrer schweißnassen Stirn.