ROYALS - Prinz Charming gesucht - Rachel Hawkins - E-Book

ROYALS - Prinz Charming gesucht E-Book

Rachel Hawkins

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Beschreibung

Prinzessinnen kommen in den Himmel. Skandalnudeln überall hin …

Daisy ist alles andere als ins Rampenlicht verliebt. Doch als ihre Schwester Ellie ihre Verlobung mit dem Kronprinzen Alex von Schottland bekannt gibt, ist es vorbei mit der Anonymität. Zur Vorbereitung auf die Hochzeit sollen Daisy und ihre Eltern den Sommer über bei der königlichen Familie verbringen. Schottland ist kalt, das Schloss zugig und Playboy-Prinz Sebastian, Anführer der berüchtigten »Königlichen Chaoten«, macht Daisy das Leben schwer mit uncharmanten Anmachen. Zum Glück gibt es den herablassenden und zugleich irgendwie doch attraktiven Miles, der dafür sorgen soll, dass Daisy das Hofzeremoniell lernt und dabei nicht unter die royalen Räder gerät …

Alle Bände der „Royals“-Reihe:
ROYALS – Prinz Charming gesucht (Band 01)
ROYALS – Herzensprinzessin (Band 02)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 407

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Rachel Hawkins

Prinz Charming gesucht

Aus dem amerikanischen Englisch

von Claudia Max

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1. Auflage 2019

Copyright © 2018 by Rachel Hawkins

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Royals« bei G.P. Putnam’s and Sons an imprint of

Penguin Random House LLC, New York.

© 2019 für die deutschsprachige Ausgabe cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Aus dem amerikanischen Englisch von Claudia Max

Lektorat: Friederike Zeininger

Umschlagmotive: plainpicture/Millennium/Richard Heeps

he · Herstellung: UK

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN 978-3-641-23088-3V001

www.cbj-verlag.de

Für Kathie Moore, die um fünf Uhr morgens aufgestanden ist,

um sich via SMS mit mir die Hochzeit von

William und Kate anzusehen. Hab dich lieb, Mama.

Seit Prinz Alexander von Schottland

Seit Prinz Alexander von Schottland mit der blonden amerikanischen Beauty gesichtet wurde, sind wir verrückt nach Ellie! Aber wisst ihr wirklich alles über diese Vielleicht-bald-Prinzessin? Wetten, dass ein paar Infos euch überraschen werden!

1)Trotz ihres gezierten Akzents kam Eleanor Winters in Florida zur Welt!

2)Die Vorliebe fürs Rampenlicht liegt eindeutig in der Familie, Ellies Vater war früher Musiker und ihre Mutter schreibt Krimis, die in Ellies beschaulicher Kleinstadt spielen.

3)Unsere Ellie ist am 9. September ist geboren und somit eine Jungfrau! (Keine Witze, dass Prinzen nur Jungfrauen heiraten)

4)Als Rednerin bei der Abschlussfeier, Stipendiatin des National Merit Scholarship Program und Leiterin des örtlichen Schwimmteams hat Ellie das Pensum schon immer mehr als erfüllt! Hmmm, Kronen standen allerdings bislang noch nicht auf der Liste. Aber warum auch als Abschlussballkönigin antreten, wenn man eineRICHTIGE Königin sein kann.

5)Ellie hat an der exklusiven University of the Isles im Heimatland ihres Freundes – eines Tages sein Königreich – Englische Literatur studiert!

6)Ihre Lieblingsfarbe ist blau, wie euch ja vielleicht schon an ihren sexy Outfits aufgefallen ist!

7)Im letzten Jahr hat Ellie für einen kleinen Verlag in Edinburgh gearbeitet und Kinderbücher über schottische Geschichte lektoriert. Und dabei vielleicht ihre eigenen Kenntnisse ein bisschen aufgemöbelt?

8)Da Ellie seit ihrem zwölften Lebensjahr Vegetarierin ist, hat sie Prinz Alexander – einen eingeschworenen Naturburschen – dazu gebracht, ein paar seiner alten Hobbys wie Fliegenfischen und die Jagd aufzugeben! (Wie wir hören, hat sie das bei gewissen Mitgliedern seines Kreises nicht gerade beliebt gemacht!)

9)Während »Eleanor Winters« ein eindeutig vornehmer – dürfen wir königlicher sagen? – Name ist, lautet Ellies zweiter Vorname entschieden profaner »Berry«! (Es bliebe zu raten welche Art Beere?) Bestimmt ein Familienwitz!

10)Vielleicht steht bei den Winters die Botanik auch einfach hoch im Kurs – Ellie hat eine siebzehnjährige Schwester namens Daisy! Somit bekäme die schottische Königsfamilie nicht nur eine noch näher zu definierende Beere, sondern auch ein Gänseblümchen dazu!

Kapitel 1

»Irgendeine alte Schachtel hat mich gerade F… genannt!«

Ich blicke von der Zeitschrift auf, die ich gerade durchblättere. Isabel Alonso, meine beste Freundin und ebenfalls Kassiererin bei Sur-N-Sav lehnt sich an ihrer Kasse zurück und lässt ihre Kaugummiblase platzen. Ihr dunkler wirrer Zopf liegt schwarz auf ihrer grünen Schürze.

»Gerade eben?«, frage ich. Da der Laden fast leer ist – wie meistens, seit der gigantische Walmart auf der anderen Seite der Stadt geöffnet hat –, sind Isabel und ich heute die einzigen Kassiererinnen. Bei mir hat seit über einer Stunde keiner mehr bezahlt, deshalb die Zeitschrift. Trotzdem kann ich nicht glauben, dass ich so vertieft gewesen bin und etwas verpasst habe, das endlich mal aufregend war – wenn auch voll ordinär.

Isabel verdreht die Augen. »Ist ja auch meine Schuld, dass der Sauerrahm teurer geworden ist.«

»Dann ist es natürlich in Ordnung«, erwidere ich mit einem ernsten Nicken. »Schließlich bist du eine stinkreiche Molkerei-Erbin.«

Isabel dreht sich wieder zu ihrer Kasse und tippt wahllos auf die Tasten. »Wir müssen uns neue Jobs suchen, Daze. Das hier ist demütigend.«

Sehe ich auch so, aber wenn man in einer Kleinstadt in Nordflorida lebt, hat man nicht die große Wahl. Ich hatte mich im Herbst um einen Job in der Bibliothek beworben, doch daraus ist nichts geworden – die Mittel fehlten – und ein Sommer als Aushilfe in einem Ferienbibelcamp hat mich von jeglichem Wunsch kuriert, mit kleinen Kindern zu arbeiten, womit auch Babysitten oder Teilzeitarbeit im Kindergarten ausschieden. Also lief es immer wieder auf den Sur-N-Sav hinaus.

Als ich auf mein Telefon spähe, das an der Kasse lehnt, stelle ich fest, dass meine Schicht vorbei ist.

»Ach, drei Uhr nachmittags ist doch wirklich die schönste Zeit am ganzen Tag«, sage ich fröhlich und Isabel stöhnt. »Das ist nicht fair!«

»Hey, ich bin seit sieben hier«, erinnere ich sie. »Wenn du früh gehen willst –«

»Musst du die Frühschicht nehmen«, beendet sie meinen Satz und winkt ab. »Okay, Mrs. Miller, ist ja gut.«

Mrs. Miller ist die Managerin von Sur-N-Sav und Isabel und ich durften uns ihre Sprüche im letzten Jahr oft genug anhören.

Seufzend stellt Isabel den Ellbogen neben die Kasse und stützt das Kinn auf. Ihre Nägel sind in drei verschiedenen Grüntönen lackiert, ein schlichtes Perlenarmband rutscht über ihr schmales Handgelenk. »Noch vier Wochen«, sagt sie und ich wiederhole unser Lieblingsmantra.

»Noch vier Wochen.«

Ende Juni werden Isabel und ich uns ohne großes Bedauern von unserem Sur-N-Sav-Leben verabschieden und nach Key West zur Key Con fahren und danach noch eine Woche in der Stadt verbringen. Isabels Bruder lebt mit seiner Frau und Isabels supersüßem kleinen Neffen dort und so haben wir einen kostenlosen (und von den Eltern abgesegneten) Schlafplatz. Zu sagen, dass sich mein ganzes Leben nur noch um diesen Trip dreht, wäre eine maßlose Untertreibung. Allerdings werden wir nicht nur voll die Nerds sein, sondern auch coole Key-West-Sachen unternehmen. Schnorcheln, das Hemingway House besuchen und so viel Limettenpie futtern, wie in ein Mädchen reinpasst … ja, dieser Trip wird meinen ganzen Sommer retten. Isa und ich planen ihn mittlerweile schon seit fast einem Jahr – seit die Con angekündigt worden ist. Unsere Lieblingsautorin, Ash Bentley, wird dort über ihre Finnigan Sparks-Serie sprechen, außerdem gibt es mindestens zwanzig verschiedene Panels, zu denen Isabel und ich wollen – alles Mögliche von Frauen in Weltraumsagas bis zu Cosplay-Design. Es ist voll der Geek-Himmel und wir sind mehr als bereit dafür.

»Du musst am Wochenende vorbeikommen, damit wir unsere Outfits abstimmen können«, sagt Isabel und richtet sich auf, während aus den Lautsprechern Whitney Houston über die größte Liebe aller Zeiten wimmert. »Ich habe mich immer noch nicht entschieden, ob ich als Miranda aus Finnigan und der Falke oder als Jezza aus Finnigans Mond cosplaye.«

»Ben findet bestimmt Jezza besser«, sage ich. Ben ist Isas Freund, und zwar seit gefühlt Millionen von Jahren. Na gut, seit der ersten Klasse. »Weniger Klamotten.«

Isa verzieht das Gesicht und überlegt. »Stimmt, aber Ben wird nicht dort sein, und ich weiß nicht, ob ich wirklich ganz Key West ein Viertel meines Hinterns zeigen möchte.«

»Auch wieder wahr«, räume ich ein. »Außerdem kannst du als Miranda eine lila Perücke tragen.«

Sie deutet mit dem Finger auf mich. »Genau! Also wird es Miranda. Als was wirst du gehen?«

Lächelnd mache ich meinen Kassenabschluss. »Cosplay ist dein Ding«, erinnere ich sie, »ich werde einfach als ich gehen. Langweilermädchen in T-Shirt und Jeans.«

»Das enttäuscht mich echt«, erwidert Isa und ich schüttle den Kopf.

Die Türen öffnen sich und ein weiterer Rentner kommt hereingeschlurft, ich mache meine Kasse fertig, um die Geldkassette in Mrs. Millers Büro zu bringen. In den meisten Lebensmittelläden zählen die Angestellten das Geld selbst, aber viele Jahre mit jungen Aushilfen haben bei Mrs. Miller ein Vertrauensproblem hinterlassen, und von mir aus kann gern jemand anderes diese Aufgabe übernehmen.

Als ich losgehe, fällt mir auf, dass einige der Zeitschriftenständer an den Kassen umgedreht sind, sodass der Kunde die Werbung auf der Rückseite sieht, nicht das Titelbild.

Das muss Isabel gewesen sein. Ich gehe zu einem Ständer und drehe die nächstbeste Zeitschrift um. Ich nehme kurz blonde Haare und weiße Zähne wahr, dann fällt mein Blick auf die Überschrift in dicken gelben Lettern: »ZEHN DINGE, DIE SIE NICHT ÜBER ELLIE WINTERS WUSSTEN!«

Ich frage mich, ob irgendeiner der zehn Punkte mich überraschen würden. Vermutlich nicht.

Meine Schwester hat schon immer ein ziemlich skandalfreies Leben geführt, irgendwie scheint sie geahnt zu haben, dass sie eines Tages auf den Titelblättern landen würde. Ich bin fast versucht, durchzublättern, doch dann beschließe ich, dass es »A« komisch wäre und »B« Isabel sich extra die Mühe gemacht hat, die Zeitschriften vor mir zu verstecken.

»Dieses Mal war es nichts Schlimmes«, ruft sie gerade. »Aber du brauchst das trotzdem nicht zu sehen!«

Ich hebe den Daumen und gehe weiter auf die Tür am anderen Ende des Ladens zu.

Meine Sachen sind im Pausenraum, einem echt trostlosen Kabuff mit orangefarbenen Wänden, grünen Plastikstühlen und einem zerkratzten Laminattisch. Irgendwann hat jemand »BECKY LIEBT JOSH« hineingeritzt, und jedes Mal, wenn ich während meiner Pause dort sitze und lese oder lerne, frage ich mich, was aus Becky und Josh geworden sein mag. Waren sie noch ineinander verliebt? Hatte sich Becky auch so zu Tode gelangweilt wie ich?

Aber, hey, wenigstens hat sich Becky nie Bilder von ihrer Schwester auf Klatschzeitungen ansehen müssen!

Oder ist selbst darin aufgetaucht.

Argh.

Das ganze Abschlussballdebakel ist immer noch eine Mischung aus Wut und Verletztsein, ein stacheliger Ballen in meiner Brust; daran zu denken ist, wie in einem schmerzenden Zahn herumzustochern. Wie weh er tut, merkt man erst, wenn man sich darauf konzentriert, und dann kann man plötzlich an nichts anderes mehr denken.

Wenn ich nicht im Pausenraum des Sur-N-Sav losheulen will – und eine deprimierendere Kulisse gibt es nicht auf der Welt –, darf ich jetzt keinen Gedanken daran riskieren. Die Erinnerung drückt, wie diese Filme, in denen der Hund stirbt, auf die Tränendrüsen, also Schluss damit.

Und so schwinge ich mir lieber meine ramponierte Patchworktasche über die Schulter und gehe durch die Tür nach draußen.

Auf dem Parkplatz ist dieser Nachmittag Ende Mai so blendend hell und glühend heiß, dass ich die Augen zusammenkneife und in meiner Tasche nach meiner Sonnenbrille krame, in Gedanken bin ich schon bei dem, was ich den Rest des Nachmittags tun werde. Nämlich mich unter die Klimaanlage in meinem Zimmer legen und den neuen Manga lesen, den ich gestern vom Buchladen abgeholt habe.

»Dais.«

Und da ist er, der entzündete Zahn.

Juhu.

Michael lehnt lässig vor dem Laden an den gelb gestrichenen Betonpfosten, das dunkle Haar fällt ihm in die Augen. Vermutlich hat er die Pose geübt. Michael Dorset ist ein Weltmeister im Anlehnen, wirklich einer der Besten. Bei einer Olympiade Schnuckeliger Jungs würde er jedes Mal Gold für den Heißesten Anlehner abfassen.

Zum Glück bin ich gerade immun gegen den Heißesten Anlehner (Eintrag als Warenmarke ist in Arbeit).

Ich setze die Sonnenbrille auf und halte meinem Ex abwehrend die Hand entgegen.

»Vergiss es.«

Michaels Miene wird finster. Er hat diese supersanften Gesichtszüge, runde Wangen und schöne braune Augen, und ich schwöre, er hat seinen Haaren beigebracht, genau sooo in die Stirn zu fallen. Noch vor einem Monat wäre ich bei diesem Gesicht zu einem Pfützchen Daisy dahingeschmolzen und hätte ihm die Haare aus dem Gesicht streichen wollen. In Michael Dorset bin ich seit der Neunten verknallt gewesen. Er war immer mit viel cooleren Leuten zusammen als ich (ich weiß, unfassbar, dass meine Brille und meine Adventure Time-T-Shirts mich nicht zu einem besseren Fang gemacht haben), aber letztes Jahr, habe ich ihn – endlich – gekriegt.

»Ich hab’s vermasselt«, sagt er gerade und schiebt die Hände in die Hosentaschen. Er trägt die engsten Röhren aller Zeiten, Jeggings, um ehrlich zu sein, und einen meiner Haargummis ums Handgelenk. Den grünen.

Ich widerstehe dem kindischen Impuls, ihn abzureißen, und werfe die Tasche über die andere Schulter. »Das ist noch untertrieben.«

Es ist heiß und mir wird plötzlich klar, dass ich noch immer die kleine grüne Sur-N-Sav-Schürze über meinen Kleidern trage. Michael ist wie üblich ganz in Schwarz, scheint aber nicht zu schwitzen, vermutlich weil er ungefähr 0,06% Körperfett hat. Da der Parkplatz der letzte Ort ist, an dem ich diese Diskussion führen will, gehe ich an ihm vorbei zu meinem Auto.

»Ach, komm«, schleimt er und läuft mir hinterher. »Wir sollten wenigstens darüber reden.«

Als ich weitergehe, knirscht der Asphalt unter meinen Turnschuhen. Obwohl der Strand ein ganzes Stück weg ist, taucht hier auf magische Weise Sand auf und sammelt sich in den Ritzen und Schlaglöchern des Parkplatzes.

»Wir haben darüber geredet«, sage ich. »Aber es gab ja nicht viel zu sagen. Du hast versucht, unsere Abschlussballfotos zu verhökern.«

Das ist das Lustige daran, eine berühmte Schwester zu haben – man wird selbst irgendwie berühmt.

Allerdings bekommt man nur die nervigen Seiten des Ruhms ab, zum Beispiel, dass dein Freund privates Zeugs an eine Klatschzeitung vertickt.

Beziehungsweise es versucht.

Offensichtlich hatte die königliche Familie Leute losgeschickt, die derartige Aktionen im Blick haben und ziemlich schnell verhindern, doch das machte die ganze Sache irgendwie noch abartiger.

»Daisy«, fängt er an, aber ich winke nur ab. Ich hatte diese dämlichen Bilder wirklich gemocht. Uns süß gefunden. Wenn ich sie jetzt betrachte, denke ich jedes Mal daran, dass es noch etwas gibt, was wegen Ellie komisch geworden ist.

Es hat mich an der ganzen Sache eigentlich am meisten angekotzt.

»Ich habe das für uns gemacht«, redet Michael weiter, was mich stehen bleiben und herumwirbeln lässt.

»Du hast es gemacht, weil du dir eine ›voll tolle‹ Gitarre kaufen wolltest«, sage ich mit tonloser Stimme. »Über die du schon seit Ewigkeiten geredet hast.«

Als ich das sage, sieht Michael tatsächlich ein bisschen kleinlaut aus. Er zieht die Schultern hoch und wippt auf den Fersen. »Aber Musik war unser Ding«, verteidigt er sich, worauf ich bloß die Augen verdrehe.

»Die Bands, die ich mochte, haben dir nie gefallen, und du hast nie meine Musik im Auto laufen lassen, du –«

Michael greift in seine Gesäßtasche und unterbricht mich – noch etwas, worauf ich gut hätte verzichten können – mit »Stimmt, aber hör mir zu«. Er zieht sein Telefon heraus und scrollt, ich will mich schon abwenden und zu meinem Auto gehen, da höre ich plötzlich einen Aufschrei aus dem Sur-N-Sav.

»KEINE JUNGS!«, jodelt eine Stimme über den Parkplatz.

Als ich mich zum Laden umdrehe, sehe ich Mrs. Miller, die Managerin, mit in die Hüften gestemmten Händen auf dem Gehweg vor den Schiebetüren stehen. Ihre dünnen Haare sollen vermutlich rot sein, allerdings sind sie zu einer Art Pfirsichton ausgeblichen.

»KEINE JUNGS WÄHREND DER SCHICHT!«, brüllt sie noch einmal und droht mir mit dem Finger.

»Ich habe Feierabend«, rufe ich zurück, dann deute ich mit dem Daumen auf Michael. »Und das ist kein Junge. Das sind empfindungsfähige Röhrenjeans mit schönen Haaren.«

»KEINE! JUNGS!«, schreit Mrs. Miller noch einmal, und ernsthaft, Mrs. Millers Panik, dass sich Jungs ihren Mitarbeiterinnen nähern könnten, ist so neurotisch wie albern. Wie sie darauf kommt, dass dieser verdammte Sur-N-Sav ein Treibhaus für sexuelle Aktivitäten sein könnte, ist mir schleierhaft, doch an der Regel »Kein Anbandeln mit dem anderen Geschlecht« hält sie am striktesten fest.

»HIER LÄUFT ABSOLUT NICHTS EROTISCHES AUF DEM PARKPLATZ!«, rufe ich zurück, aber mittlerweile hat Michael gefunden, wonach er gesucht hat.

»Das habe ich für dich geschrieben«, sagt er und tippt auf das Display, worauf blecherne Musik aus seinem Telefon scheppert. Die Qualität ist unterirdisch, der Text ist durch das Gekreisch der elektrischen Gitarre nicht zu verstehen, aber ich bin relativ sicher, dass ich ein paarmal meinen Namen höre, gereimt auf »crazy« und »hazy«, – wundervoll, jetzt bin ich schon »verrückt« und »benebelt« –, und dann singt Michael allen Ernstes mit, bitte, Gott, lass mich auf der Stelle an einem Herzinfarkt sterben, lass ein Auto um die Ecke kommen und mich hier auf dem Parkplatz des Sur-N-Sav niedermähen. In Anbetracht der Tatsache, dass auf einer Seite mein Ex trällert, ich würde ihn verrückt machen, während Mrs. Miller auf der anderen Seite über den Asphalt auf uns zumarschiert kommt, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Nachmittag noch sehr viel schlimmer werden kann.

Doch dann blicke ich auf und sehe den schwarzen SUV, der am Rand des Platzes parkt, das Fenster ist heruntergelassen …

Und ein Teleobjektiv ist geradewegs auf mich gerichtet.

Kapitel 2

Ich gehe schnell und mit gesenktem Kopf zu meinem Auto am Ende des Parkplatzes, meine Tasche drücke ich an mich. Das Klicken der Kamera ist über Michaels dämlichen Song zwar nicht zu hören – er läuft mir immer noch hinterher und hält das Telefon wie eine Opfergabe hoch –, aber ich kann es mir trotzdem vorstellen; mein Hirn malt sich bereits aus, wie diese Bilder aussehen werden und wie die Überschrift dazu lauten wird. Sie werden mich auf jeden Fall wie ein totales Miststück dastehen lassen. Seit Ellie letztes Jahr mit Alex zusammengekommen ist, habe ich gelernt, dass in diesen Klatschgeschichten sowieso immer das Mädchen an allem schuld ist. Vor zwei Monaten sind Alex und Ellie bei irgendeiner Schiffstaufe in Schottland gewesen, und weil Alex dabei die ganze Zeit die Stirn gerunzelt hat und ständig zusammengezuckt ist, kamen Geschichten in Umlauf, dass meine Schwester ihm die Hölle heiß mache und ihre Forderung nach einem Verlobungsring die beiden entzweien würde.

Die Wahrheit? Alex hatte sich einen Zeh gebrochen, als er morgens einige Treppenstufen hinuntergestolpert war. Der gequälte Ausdruck auf seinem Gesicht war echter, reinster Schmerz, keine Traurigkeit, weil ihm seine bösartige Freundin die Stimmung vermieste.

Tja, das nennt man wohl Patriarchat.

Es ist so schräg für mich, dass Ellie sich auf dieses ganze Königsgedöns einlässt. Schließlich beruht es auf genau solchem Blödsinn. Falls sie Alex heiratet und sie haben zuerst eine Tochter und dann einen Sohn? Dreimal dürft ihr raten, wer regieren wird.

Ich reiße meine Autotür auf und drehe mich zu Michael. Der Song ist zu Ende, er wartet und blickt wieder auf sein Telefon. Ich habe das dumpfe Gefühl, dass er gleich noch mal damit anfangen wird, und da das eindeutig nicht passieren darf, lege ich meine Hand auf seine. Sein Kopf schnellt hoch, dunkle Augen blicken in meine, und argh, er zieht Das Lächeln ab, das fast so wirkungsvoll ist wie Der heißeste Anlehner – ich muss es sofort im Keim ersticken.

»Hast du damit auch etwas zu tun?«, ich deute mit einem Kopfnicken auf den SUV. Michael ist süß und so, aber er ist ein miserabler Lügner. Als er nach einem Blick auf den Wagen ehrlich überrascht aussieht und den Kopf schüttelt, stoße ich einen erleichterten Seufzer aus.

Es ändert zwar nichts daran, dass er ein Mistkerl ist, der unsere Abschlussballbilder verscherbeln wollte, aber wenigstens ruft er nicht von sich aus die Paparazzi.

»Hör zu, Michael«, sage ich nun, im vollen Bewusstsein, dass das Objektiv unverändert auf uns gerichtet ist, dass mir der Schweiß den Rücken hinunterläuft, dass mir die Haare im Gesicht kleben und jedes bisschen Make-up, das ich heute Morgen aufgelegt habe, nur noch eine entfernte Erinnerung ist.

»Wir haben geredet, okay? Ich verstehe deine Gründe und ich hoffe, die Gitarre ist toll und alles, was du dir von ihr erhofft hast. Aber wir sind fertig miteinander. Und zwar richtig, endgültig fertig miteinander.«

Nach dieser Feststellung werfe ich meine Tasche ins Auto, lasse mich auf den Fahrersitz fallen und schlage ihm die Tür vor der Nase zu. Er steht mit dem Telefon in der Hand da und ich bemerke wieder mein Haargummi an seinem Handgelenk. Ob ich es zurückverlangen soll?

Nein, das würde die ganze Sache wirklich bloß noch deprimierender machen, außerdem ist es Strafe genug, dass nun Mrs. Miller vor ihm steht. Ihre Haare zittern vor selbstgerechter Wut, und als sie ihm mit dem Finger droht, zieht Michael – obwohl er ein gutes Stück größer ist – tatsächlich den Kopf ein.

Netter Anblick.

Ich biege ohne einen Blick in den Rückspiegel vom Parkplatz ab.

Die Fahrt nach Hause dauert nicht lange, unser Viertel ist nur ein paar Meilen vom Laden entfernt. Es ist keine besonders idyllische Strecke. Als meine Eltern nach Perdido zogen, war es wirklich ziemlich cool dort. Zumindest so cool, wie irgendeine Stadt weitab vom Meer in Florida eben sein kann. Es war ein bisschen schräg und exzentrisch, viele Künstler und Schriftsteller und alte Häuser, die die Leute in abgefahrenen Farben gestrichen hatten. Limettengrün, Türkis und eine Farbe, die ich für »Prismaviolett« hielt, allesamt auf diese puppenhausähnlichen viktorianischen Villen und heimeligen Bungalows gepinselt.

Doch mit den Jahren zogen viele der cooleren Leute weg und irgendwann schlich sich Beige in Perdido ein. Es gibt jetzt auch einen Country Club mit Golfplatz und allem Drum und Dran dort – für meinen Vater Veranlassung, mit Umzug zu drohen. Aber auch wenn Perdido nicht mehr die idyllische kleine Künstlergemeinschaft sein mag, die es einmal war, ist es immer noch ein hübscher Ort. Ruhig, langweilig und wie Mom gern betont, zu weit weg vom Schuss, als dass sich ein Besuch lohnen würde. Der Fotograf heute war der Erste, den ich seit Monaten gesehen habe. Für die Paparazzi gab es bessere Ziele.

Ellie zum Beispiel.

Beige hatte in Perdido Einzug gehalten, ja, aber noch hat es unser Viertel nicht erreicht. Unser Haus ist sogar eher eines der dezenteren im Block, fröhlich gelb, nicht Magenta oder Indigo. Es ist etwas von der Straße zurückgesetzt und von Bananenstauden und Bougainvillea eingefasst, die rosa Blüten sind ein hübscher Kontrast zu der Sonnenscheinfarbe. An der Veranda hängen Windspiele aus Holz und Glas, die wie Flöten klingen, und diese kitschigen muschelbeklebten Modelle, die es hier überall in den Souvenirläden gibt. Mom hat ein Faible für Windspiele.

Aber es sind nicht die Windspiele, die mir ins Auge stechen, als ich in die Einfahrt biege, sondern der große SUV, der hinter dem meiner Mutter parkt.

Plötzlich verstehe ich, was der Fotograf bei Sur-N-Sav wollte.

Kapitel 3

Ich stelle mein Auto neben den SUV und winke beim Aussteigen den Sicherheitsleuten zu. Es sind immer dieselben zwei, die El und Alex in die Staaten begleiten, und ich habe mich an sie gewöhnt. »Hi, Malcolm!«, rufe ich. »David, wie geht’s?«

David, der Jüngere der beiden, hebt seine Wasserflasche zum Gruß, Malcolm nickt nur. Wie immer tragen sie seriöse schwarze Anzüge, trotz voll aufgedrehter Klimaanlage im Wagen müssen sie umkommen in dieser gnadenlosen Hitze. Aber Alexanders Weigerung, Leibwächter ins Haus meiner Eltern zu bringen, bedeutet für Malcolm und David eben die Einfahrt.

»Ich bin immer noch enttäuscht, dass ihr keine karierten Anzüge tragt«, ziehe ich sie im Vorbeigehen auf, Malcolm starrt stur durch seine Sonnenbrille aufs Haus, aber David verzieht den Mund zu einem Lächeln.

Als ich die Verandastufen hochsprinte, klimpern die Schlüssel in meiner Hand; die Haustür steht offen, doch die Glastür ist geschlossen. Einen Moment lang kann ich von draußen meine Schwester und ihren Freund in filmreifer Pose auf der Couch sehen. Sie sind so umwerfend und makellos wie immer, Ellie kreuzt sittsam die Fußknöchel, Alexander sitzt auf dem Blümchensofa meiner Mutter, als sei es ein Thron.

Seine übliche Haltung – vermutlich übt er schon mal.

Mir fällt der Fotograf wieder ein, der Bilder vor dem Sur-N-Sav gemacht hat, und ich frage mich, ob ich das gleich erzählen muss. Ellie war nicht sonderlich begeistert von der Aktion mit den Abschlussballfotos (genauso wenig wie ich, und, hey, ganz ehrlich, ich glaube, wenn hier jemand Grund hat, sich zu beschweren, dann ich), aber ich weiß nicht, ob ich – außer mit der Stippvisite von El und Alex klarzukommen – auch noch darauf Lust habe.

Michaels Auftritt heute schafft es vielleicht nicht mal in die Zeitungen.

Kaum bin ich im Haus, wirft El – die mich seit Weihnachten nicht gesehen hat – einen Blick auf meinen Kopf und stöhnt: »Oh, Daisy, deine Haare.« Wie immer überrascht mich ihre Stimme. Trotz unserer britischen Eltern haben weder El noch ich ihren Akzent übernommen. Doch seit Ellie auf der Uni in England war, klingt sie wie eine Figur aus Downton Abbey.

Ich hebe die Hand, um die leuchtend roten Strähnen hinters Ohr zu schieben, aber dann denke ich, was soll’s, meine Haare sind genial.

Zum Glück ist Alexander auch dieser Meinung (oder tut zumindest so), denn er sagt sofort: »Mir gefallen sie, Daisy. In meiner Familie gibt es viele Rotschöpfe.«

Als er sich lächelnd durch die eigenen rötlich-blonden Haare wuschelt, werde ich wieder daran erinnert, warum so ziemlich jeder auf der Welt in ihn verliebt ist. Prinz Alexander James Lachlan Baird, Herzog von Rothesay, Graf von Carrick, der zukünftige König von Schottland, ist nicht nur süß, sondern auch überraschend nett. Wesentlich netter als El.

»Es ist ihre Hommage an Arielle, die kleine Meerjungfrau«, sagt Mom, die mit einem Tablett aus der Küche kommt, auf dem eine Teekanne und unsere besten Porzellantassen stehen. Vor Ellie und Alexander besaßen wir nicht einmal Porzellan. Geschweige denn eine Teekanne. Wir haben – mit Wasser aus dem Wasserkocher – den Tee in Bechern aufgebrüht.

Aber irgendwie kann ich sie verstehen – als ihre älteste Tochter mit einem Prinzen zusammenkam, schien edles Porzellan das Mindeste.

Mom stellt das Tablett auf den Tisch, allerdings macht keiner Anstalten, sich Tee einzuschenken. Alexander – und nun auch El – mögen im kalten nebligen Schottland wohnen, aber wir reden hier von Florida im Mai, die bloße Vorstellung, heiße Getränke zu sich zu nehmen, scheint aberwitzig, wenn nicht sogar masochistisch.

»War es letztes Jahr nicht eine Zeitlang lila?«, erkundigt sich Ellie nun, aber ich ziehe nur die Augenbrauen hoch.

»Bist du wirklich den weiten Weg aus dem wundervollen Schottland gekommen, um mich wegen meiner Haare zu verhören?«

Ellies Nasenflügel blähen sich leicht auf und sie schiebt die Finger zwischen ihren Knien ineinander. »Irgendetwas ist einfach immer neu an dir. Mehr habe ich nicht gesagt.«

Ich zucke die Achseln. »Ich probiere gern unterschiedliche Sachen aus.«

Das ist einer der Hauptunterschiede zwischen Ellie und mir – sie war quasi von Geburt an Prinzessin Barbie. Und ich? Ich versuche immer noch … herauszufinden, wer ich bin. Als Michael auf dem Parkplatz meinte, Musik sei »unser Ding« gewesen, hatte er nicht ganz unrecht. Während unserer Beziehung hatte ich unbedingt Gitarre spielen lernen wollen, fast so sehr wie im Jahr zuvor Origami. Mit demselben Enthusiasmus hatte ich in der Neunten Malstunden genommen. Echt jetzt, wie soll man denn wissen, was man mag, wenn man es nicht ausprobiert?

Ellie hält es für »kapriziös«, aber ich finde, es macht Spaß. Bevor sie jedoch wieder mit dieser Leier anfängt, lenke ich das Gespräch lieber auf sie, wo es ja sowieso immer endet. »Ich wusste gar nicht, dass ihr kommen wolltet.«

Ich lasse mich in den verstellbaren Lehnstuhl meines Vaters fallen, was mir sofort ein leichtes Stirnrunzeln von Ellie einträgt.

Meine Schwester war schon immer nur einen Schritt davon entfernt gewesen, sich – ganz Aschenputtel – von Mäusen Kleider nähen zu lassen, aber seit sie Alexander kennt, gibt es kein Halten mehr in ihrer Disney-Prinzesslichkeit. Wir haben beide Moms helles Haar geerbt, doch Els war schon immer glänzender, goldener. Momentan fällt es ihr in weichen Wellen auf die Schultern und wird von einer Sonnenbrille zurückgehalten, die wahrscheinlich mehr gekostet hat als meine gesamte Garderobe. Sie trägt Jeans, genau wie Alexander, aber selbst das wirkt elegant an ihnen, vielleicht, weil sie sie mit teuren Lederloafers kombiniert haben. Alexander hat ein weißes Button.-down-Hemd an, dessen Ärmel er hochgekrempelt hat, El irgendeine dunkelblaue Bluse mit Wasserfallausschnitt und kleinen weißen Tupfen.

Während sie aussehen, als gehörten sie auf eine Jacht, trage ich ein T-Shirt mit der Aufschrift »EVA WURDE VERLEUMDET«.

»Es sollte eine Überraschung sein!«, antwortet Ellie fröhlich und Alexander lächelt Mom und mich an.

Das ist das Irritierende an Ellie und Alexander. Sie verbringen so viel Zeit in der Öffentlichkeit, dass sie sich manchmal privat genauso benehmen und man plötzlich das Gefühl hat, sie würden im Wohnzimmer die kleinste Pressekonferenz der Welt abhalten.

»Und zwar eine schöne«, sagt mein Vater, als er ins Zimmer kommt. Er trägt Khakishorts, die ihr Leben einmal als lange Hosen begonnen haben, über seinen knochigen Knien hängen einige lose Fäden. Els Stirn legt sich leicht in Falten, als sie seinen grau werdenden Pferdeschwanz und die Farbkleckse auf seinem Pink-Floyd-Shirt mustert. Auch wenn er nicht besonders begabt ist, hält sich Dad gerade für einen Maler. Die Musik hat er vor Jahren aufgegeben, und wie meine Mutter gern betont, ist es gut, wenn er etwas hat, das ihn beschäftigt.

Ellie ist jedenfalls nicht sonderlich beeindruckt von Dads Aufzug, dabei hat sie es eigentlich ihm zu verdanken, dass sie Alexander überhaupt begegnet ist.

Ich erzähle euch einfach, was im Star Magazine stand:

»10 DINGE, DIE SIE NICHT VON ELLIE WINTERS WUSSTEN (GENAUER GESAGT, VON IHRER FAMILIE!)«

1)Ellies Vater, Liam, war 1992 für elf Monate berühmt! Laut Liam die ungünstigste Zeitspanne, die ein Mensch berühmt sein kann – nicht lang genug, als dass sich jemand an einen erinnert, aber wiederum lang genug, um einem das Leben zu versauen.

2)Liam hat in einer Band namens Velvet mitgespielt! Sie war genauso peinlich, wie der Name – Samt! – vermuten lässt, und es waren mehr Haargel und knallenge Anzüge im Spiel, als seine Tochter Daisy wissen möchte.

3)Velvet hatte genau EINEN HIT, »Harbor Me«, auf den ersten Blick ein ganz harmloser Titel, in dem es um den »sicheren Hafen« geht, aber natürlich auch um das sinnbildliche »vor Anker gehen«. Das Video wurde jedenfalls in sieben Ländern verboten. Je weniger wir darüber sagen, desto besser.

4)Ihr zweiter Song schaffte es auf Platz 22 (»Staying the Night« ist nicht ganz so drastisch wie »Harbor Me«, enthält aber trotzdem entschieden zu viele Anspielungen auf Bettlaken und Haut, um als jugendfrei durchzugehen), der dritte gelangte nie unter die Top 100 (»Daisy Chain«, das Lied über die traditionsreiche Gänseblümchengirlande am Vassar College, war zwar nicht anstößig, aber auch nicht hörbar).

5)Zu diesem Zeitpunkt hatte Liam eine Wohnung in London, die er sich eigentlich nicht leisten konnte, einen Angeberschlitten, mit dem er zwei Unfälle baute, und ein ziemlich massives Drogenproblem. Alles in allem hatte sein Leben große Ähnlichkeit mit dieser TV-Show Behind the Music!

6)Er zog in seine Heimatstadt zurück, ein winziges Kaff in den Midlands, wo er im väterlichen Laden für Gartenbedarf zu arbeiten anfing und eine bezaubernde Journalistin namens Bess Murdock kennenlernte, die für irgendeine angesagte Zeitung in London arbeitete und den weiten Weg nach Glockenshire-on-the-Vale auf sich nahm hatte, um ein »Was ist eigentlich aus …«-Interview mit Liam zu führen.

7)Wenig überraschend für alle, die schon mal eine Liebeskomödie gesehen hat, verliebten sich die beiden ineinander und zogen für einen Neuanfang nach Florida. Zu Liams Glück wurde »Harbor Me« – oder zumindest eine Instrumentalversion davon – für eine Autowerbung ausgewählt, und da Liam der alleinige Songwriter des Titels war (eine Tatsache, die seine Familie sowohl mit Stolz als Scham erfüllt!), wurde er, wie man so schön sagt, »wohlhabend«!

8)Dieser Glücksfall erlaubte es den Winters, ihre älteste Tochter, Eleanor, nach England auf die Universität zu schicken, und genau dort traf das blonde Mädchen mit dem glänzenden Haar und den strahlend weißen Zähnen den schottischen Thronerben!

9)Dass Ellie – wie sie von der Familie und Freunden genannt wird – und Prinz Alexander mittlerweile seit fast zwei Jahren ein Paar sind, macht sie zum berühmtesten Familienmitglied, und das will etwas heißen, ihr Vater war immerhin auf der Titelseite des New Musical Express und ihre Mutter hatte mal was mit einem Bandmitglied von Oasis!

10)Ellies jüngere Schwester arbeitet in einem Lebensmittelladen und hat sich gerade eine Knallhaarfarbe zugelegt, die sie zum echten Hingucker der Winters-Familie macht.

Voilà. Jetzt seid ihr im Bild.

»Bleibt ihr lange?«, frage ich. Ihr letzter Besuch an Weihnachten war ein ziemliches Debakel. Alexander musste auf unserem Ausziehsofa schlafen, bestimmt ein Abstieg von dem Dynastien erzeugenden Bett, das er in Schottland hat (auch wenn er die ganze Zeit beteuerte, dass er sich wohl fühle und das Sofa »überraschend bequem« sei und eine »wirklich interessante Erfindung«), doch als mein Vater Ellie dann zum Scherz noch eine Plastiktiara überreichte, war sie dermaßen empört, dass sie fast den ganzen Abend auf ihrem Zimmer schmollte.

Mom war supernervös, ob es ums Tischdecken ging oder ob Alexander beleidigt sein würde, wenn wir Pizza bestellten – unsere Weihnachtstradition –, und schließlich hat sie Alexanders Leibwächter mehr oder weniger genötigt, am ersten Weihnachtsfeiertag ins Haus zu kommen und Eggnog mit uns zu trinken, was damit endete, dass sich alle unwohl fühlten und in völliger Stille dasaßen, Malcolm und David in ihren schwarzen Anzügen, El und Alexander im Kirchenstaat, Mom, Dad und ich in unseren Pyjamas, Dad noch mit einem verirrten Lamettafaden in seinem Pferdeschwanz.

Insoweit überrascht es mich nicht, dass Ellie und Alexander sich für einen »Überraschungsbesuch« entschieden haben. Je weniger Zeit meine Eltern haben, sich verrückt zu machen und sich jeweils neue Methoden auszudenken, um sich seltsam zu benehmen, desto besser.

»Nur übers Wochenende«, antwortet Alexander, er legt kurz seine Hand auf Els Knie und drückt es. Da sie normalerweise so förmlich sind, fühlt sich das an, als würden sie vor mir rummachen, was absolut nicht in Ordnung ist.

»Wir müssen Dienstag nach Edinburgh zurück«, erklärt Ellie, »aber davor wollten wir mit euch reden.«

Sie legt lächelnd ihre Hand auf Alexanders, und zum ersten Mal fällt mir der Ring mit den Smaragden und Diamanten an ihrer Hand auf.

An ihrer linken Hand.

Meine Mutter schnappt nach Luft, aber es ist Dads Reaktion, die zusammenfasst, was mir durch den Kopf geht.

»Meine Fresse, Ellie wird Prinzessin.«

Kapitel 4

»Herzogin, um genau zu sein«, korrigiert Ellie, und ich schwöre, sie sieht ein bisschen verlegen aus, als sie mit einem perfekt manikürten Finger ihre Ponyfransen beiseiteschiebt, ihre andere Hand liegt auf dem Knie.

»Trotzdem natürlich praktisch eine Prinzessin«, widerspricht Alexander und legt seine Hand auf ihre. »Aber ja, Eleanors Titel wird Herzogin von Rothesay lauten. Was aber viel wichtiger ist, sie wird meine Frau sein.«

Da lächelt El, ein richtiges Lächeln, so ein Lächeln, wie wir es nicht mehr oft zu sehen bekommen. Seit ihrer Beziehung mit Alex hat ihr Lächeln etwas Starres, leicht Gekünsteltes angenommen.

Dad fragt vom Türrahmen: »Bedeutet das, dass du uns köpfen lassen kannst? Wenn dem so sein sollte, möchte ich dich nämlich daran erinnern, dass es deine Mutter war, die dir Hausarrest aufgebrummt hat, als du dich mit fünfzehn davongeschlichen hast. Zugegebenermaßen«, fügt er für Alex hinzu, »hat sie sich davongeschlichen, um länger in der Bibliothek lernen zu können, aber es war trotzdem ein ziemlicher Aufruhr.«

»Dad«, mahnt El, aber Alex lacht nur und meine Mutter gibt meinem Vater Zeichen.

»Hör auf, Liam«, sagt sie. »Keine Frotzeleien heute.«

Mom trägt ein altes Sommerkleid und hat Tintenflecken an den Fingern, sie hat bestimmt gerade geschrieben, als Ellie und Alex aufgetaucht sind – meine Mutter ist nämlich altmodisch und schreibt die erste Fassung immer erst auf gelbe Notizblöcke –, aber sie strahlt. »Das ist alles so aufregend. Ganz bestimmt das Aufregendste, was je in unserer Familie passiert ist.«

»Entschuldige mal«, protestiert mein Vater und verschränkt die Arme vor der Brust. »Ich habe immerhin in Wembley das Stadion gefüllt«

»Liam«, mahnt meine Mutter noch einmal, aber Alex zieht nur die Augenbrauen hoch und sagt: »Sir, ich muss sagen, das schlägt eine Hochzeit vermutlich.«

Dad streckt eine Hand aus und bewegt abwägend die Hand hin und her. »Zumindest gleichwertig.«

»Wir sind hergekommen, weil wir es euch persönlich sagen wollten«, sagt Alex. Obwohl er Schotte ist, klingt er genauso britisch wie meine Eltern, allerdings wesentlich gediegener. El hat einen ähnlichen Akzent, aber zu Hause klingt sie mehr wie ich.

»Nächste Woche wird es natürlich offiziell auf Holyrood verkündet«, fährt Alex fort, »und ich gehe davon aus, dass es einen ziemlichen Presserummel geben wird. Hoffen wir, dass meine Cousins im Süden irgendeinen Skandal provozieren, der ein bisschen die Luft rausnimmt.«

Er sagt es lächelnd und sieht einen nach dem anderen an; es ist wirklich beeindruckend, wie er es fertigbekommt, alles super lässig und normal klingen zu lassen. »Holyrood«, als wäre es irgendein Haus und kein scheiß Palast. Mit »Cousins im Süden« ist die englische Königsfamilie gemeint, und, Hilfe, sie werden auch Els Cousins sein.

El wird eine königliche Hoheit sein.

»Bist du dir sicher?«, frage ich und sämtliche Köpfe drehen sichzu mir. Ich schaue Ellie an, und … oh wow, ich konnte nie etwas mit dem Ausdruck »mit Blicken töten« anfangen, aber das sind mal echt messerscharfe Augäpfel.

Vielleicht ist es nicht die hundertprozentig passende Frage, wenn deine Schwester ihre Verlobung verkündet, aber ich kann nicht anders.

»Oh, Daisy«, murmelt meine Mutter, Alex räuspert sich, als Ellies Bein zu zucken beginnt. Ich kenne dieses Zittern von früher, und zwar auf dem Rücksitz im Auto, wenn sie mir einen Rippenstoß verpasst oder meiner Mutter erklärt hat, ich sei eine Idiotin. Bevor Ellie nach Schottland ging, konnte sie manchmal ganz normal sein, mit Wutanfällen und so, und ab und zu tauchen Bruchstücke dieser Person wieder auf.

»Es tut mir leid«, entschuldige ich mich und sehe in die Runde. »Und, na ja, wir wussten ja irgendwie alle, dass es passieren würde, aber es ist einfach so …« Ich fuchtle mit den Händen herum. »Du hast uns die ganze Zeit von Alex’ Familie ferngehalten, und Alex’ Familie von uns, und jetzt willst du plötzlich« – ich deute es mit den Händen an – »alle zusammendrängen?«

Ellies Gesicht wird rot, ob aus Verlegenheit oder Wut, kann ich nicht sagen.

»Es ist eine Hochzeit, keine Drängelei«, erklärt sie schließlich, aber dann kratzt sich mein Vater den zotteligen Bart und sagt: »Wenn man es sich recht überlegt, sind Hochzeiten in der Tat nur sehr formelle und teure Drängeleien.«

»Liam«, schimpft meine Mutter, aber dann lacht sie und fügt hinzu: »Könnt ihr euch die Einladungen vorstellen? ›Wir bitten um die Ehre Ihrer Anwesenheit, wenn unsere Tochter diesen Mann bedrängt.‹«

Dad lacht schallend los. Alex’ Lippen beben ganz leicht und Ellie bohrt die Nägel in ihren Oberschenkel.

Ich deute mit großen Augen auf meine Eltern. »Seht ihr, was ihr Schottland antut? Diese Leute werden die Großeltern des zukünftigen Königs oder der zukünftigen Königin sein.«

Meine Mutter lacht noch einmal und wischt sich die Augen. »Oh mein Gott, daran habe ich ja noch gar nicht gedacht«, sagt sie. »Mein Enkelsohn, ein König!«

»Oder eine Königin, nicht sexistisch sein, Bessie«, sagt mein Vater und überlegt: »Kriegen wir dann auch einen Titel? Königlicher Großvater?«

Es ist schwer zu sagen, ob er es ernst oder als Witz meint, denn so ist Dad nun mal. Ellie ist mittlerweile ganz steif und stumm, womöglich zerbricht sie gleich vor unseren Augen in tausend Glitzerteilchen.

Alex tätschelt wieder ihr Knie und lächelt uns mit derselben aufgesetzten Miene an, die er bei irgendwelchen Verrückten zeigt, die ihm erklären, sie wären der wahre Prinz von Schottland. »Wir werden sehen, was sich da tun lässt, Sir«, erklärt er Dad, dann sieht er mich an.

»Mir ist bewusst, dass es für dich eine ziemliche Veränderung sein wird, Daisy.« Jetzt kriege ich den Blick ab, den er sonst bei kranken Kindern im Hospital aufsetzt – Kinn gesenkt, Augenbrauen zusammengezogen, mitfühlende blaue Augen. Das macht er oft, er vertraut darauf, dass die Kombination aus gutem Aussehen und königlicher Autorität uns überzeugt, dass sich alles einrenken wird. »Aber vielleicht gar nicht so sehr, wie du denkst. Wir geben uns wirklich Mühe, relativ unauffällig zu leben, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um … sämtliche Unannehmlichkeiten so gering wie möglich für dich zu halten.«

Ich lehne mich im Sessel zurück und verschränke die Arme vor der Brust. Ich mag Alex – wirklich. Er ist ein echt netter Typ, aber er schleppt eine Menge Ballast mit sich herum, und ich finde es mehr als ein bisschen ungerecht, dass ich einen Teil der Last tragen muss, damit Ellie Prinzessin sein kann.

Ich meine, ich verstehe schon, was sie daran toll findet, und sie hat weiß Gott seit ihrem dritten Lebensjahr wie eine Prinzessin ausgesehen, aber es scheint einfach … Keine Ahnung. So sinnlos. Menschenmengen zuzuwinken, Bänder durchzuschneiden, Dekoration zu sein, nur weil man zufällig hineingeboren wurde.

Oder, wie in Ellies Fall, hineingeheiratet hat.

»Und ich versichere dir«, fährt Alex fort, »letztendlich wird es eine ziemlich normale Hochzeit sein.«

»Sie wird im Fernsehen laufen«, erinnere ich ihn. »Das ist nicht normal.«

Ellies Mundwinkel wandern nach unten, und in diesem Moment sieht sie plötzlich wieder wie meine stinknormale ältere Schwester aus, die mir einmal sämtliche Buntstifte geklaut hat, weil ich mit ihrem Lieblingslippenstift ein Bild von mir ausgemalt hatte (zu meiner Verteidigung muss gesagt werden, dieses Pink ergab den Wahnsinnssonnenuntergang, die Zeichnung hängt immer noch in Moms Büro).

Da greift Alex wieder ein. »Wir verstehen, dass es ziemlich viel für euch ist«, sagt er. »Die Aufmerksamkeit, die Reise, alles. Aber wir kümmern uns schon darum, dass alles so reibungslos wie möglich läuft. Wie Ellie bereits sagte, wir möchten, dass es sich mehr wie die Familienfeier anfühlt, die es ist, als … ein Spektakel.«

Meine Mutter beugt sich aus ihrer Ecke vor. »Und das wissen wir zu schätzen, Alexander, wirklich.«

»Ich nicht«, widerspricht mein Vater, er steht immer noch im Türrahmen. »Ich steh’ auf ein bisschen Spektakel.«

Wir beachten ihn nicht weiter und Ellie spreizt ihre Finger in Alex’ Hand. »Die Hochzeit wird im Winter stattfinden«, erklärt sie uns. »An Weihnachten.«

Nun blinzelt meine Mutter, ihre Hände beginnen, an der langen Halskette herumzuspielen, die ich ihr vor zwei Jahren von einer Klassenfahrt nach Boston mitgebracht habe. Es ist ein Dreispitz aus Zinn und sie hat ihn seitdem fast jeden Tag getragen. »Dezember?«, wiederholt sie. »Das ist ja schon in sieben Monaten. Ellie, du wirst bestimmt mehr Zeit brauchen, um alles zu planen –«

»Für königliche Hochzeiten gibt es ein Protokoll«, mischt sich Alex ein. »Und aufgrund des Terminkalenders meiner Mutter und des Schulbesuchs der Zwillinge sind unsere Optionen relativ beschränkt.«

Richtig. Die Zwillinge.

Beim Gedanken an Prinz Sebastian und Prinzessin Flora sackt mir der Magen wieder bis in die Kniekehlen. Wie gesagt, an Alexander haben wir uns gewöhnt, aber ansonsten hatten wir mit Els vornehmem Leben bisher nichts zu tun, das schließt auch ein Treffen mit den Geschwistern von Alexander ein. Sie sind so alt wie ich oder vielleicht ein bisschen älter, aber Prinz Sebastian gehört, obwohl er erst siebzehn ist, zu den begehrtesten Junggesellen der Welt. Und Prinzessin Flora? Ellie mag uns nun glamourös vorkommen, aber mit Flora, die bereits mit acht auf der Titelseite der Vogue war, kann sie nicht mithalten.

Und sie werden jetzt Teil meiner Familie sein. Was bedeutet das eigentlich wirklich? Werden wir gemeinsam Urlaub machen? Uns an Weihnachten beschenken? Was schenkt man einer verdammten Prinzessin überhaupt?

Mit einem Mal ist mir schwindlig und ein bisschen übel, ich stehe schwankend auf. »Alles gut mit dir, Kind?«, fragt mein Vater, ich nicke und streiche mir die verschwitzten Haare aus dem Gesicht.

»Jaa, ich … Ich glaube, ich brauche einfach ein bisschen frische Luft.«

Auf der Veranda ist es zwar noch heißer, aber aus dem Wohnzimmer heraus zu sein, hilft schon, selbst wenn es nur für einen Moment ist. Es riecht nach Regen, und ich atme tief ein und lausche mit geschlossenen Augen dem Klimpern von Moms Windspielen.

Als sich nach einer Weile die Tür hinter mir öffnet, erwarte ich meine Mutter und dass sie mit den Händen herumfuchteln wird, wie sie es immer tut, wenn sie nervös ist. Aber als ich mich umdrehe, sehe ich Ellie.

»Könntest du das bitte unterlassen?«, fragt sie und runzelt leicht die Stirn.

Ich sehe sie fragend an. »Was denn? Schiss haben, weil alles total komisch für mich werden wird?«

Ihr Stirnrunzeln vertieft sich, und plötzlich komme ich mir wie ein Miststück vor. »El, ja, kann ich.« Ich lehne mich mit der Hüfte gegen das Verandageländer und streiche mir die Haare aus den Augen. Selbst El glänzt ein bisschen verschwitzt.

»Ich freue mich für dich«, erkläre ich ihr, aber sie schüttelt bloß den Kopf und wirft einen kurzen Blick Richtung Verandadecke.

»Vielleicht solltest du diesen Satz üben, damit du nicht jedes Mal klingst, als müsstest du sterben«, blafft sie und ich verlagere das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, meine Arme sind vor der Brust verschränkt. Trotz der aufkommenden Brise kleben mir immer noch Haarsträhnen im Gesicht und im Nacken.

»Vielleicht könnte ich glücklicher sein, wenn mein Freund nicht vor zwei Wochen versucht hätte, aus meinem Verhältnis zu dir ein bisschen Extrakohle herauszuschlagen, aber das hat er nun mal und ich bin nicht glücklich.«

»Was kann ich denn dafür, wenn du dir immer solche schrecklichen Typen aussuchst?«

»Michael war nicht schrecklich«, widerspreche ich, auch wenn ich vor einer halben Stunde ziemlich das Gegenteil gedacht habe.

»Ich weiß, es fällt dir sehr schwer zu begreifen, Daisy, dass sich nicht alles um dich dreht«, redet Ellie weiter, »aber –«