Sagen und Legenden aus Westfalen - Monika Detering - E-Book

Sagen und Legenden aus Westfalen E-Book

Monika Detering

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Beschreibung

Von Hünen, Zwergen und dem Teufel selbst: Ein wunderbares Buch zu den Mythen aus dem historisch so bedeutsamen Westfalen! Und es ist naheliegend, dass die Autorin in ihrer eigenen schönen Sprache zunächst erzählt, wie der Westfale der Sage nach überhaupt entstand! Enorm viele Sagengestalten sind überliefert und alleine ihre Nennung macht Lust, sich in dieses neue Werk zu vertiefen. Ob Sie lesen über das Täuferreich in Münster, den Schmied von Bielefeld, die Kinder von Hameln, die weiße Frau zu Detmold, den hartherzigen Bäcker aus Dortmund, ob Sie sich überraschen lassen von Wunderbrunnen, Tauben, Hünen, Zwergen, Scharfrichtern oder dem Teufel selbst – Sie werden dieses Buch so lange nicht mehr aus der Hand legen können, bis Sie es fertig gelesen haben.

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Sagen & Legenden aus Westfalen

Monika Detering

Inhalt

Vorwort

I. Westfalen – vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

1. Auch das ist Westfalen

2. Das Königreich Westfalen (Westphalen)

3. Die Provinz Westfalen

4. Hexen, Hexenverfolgungen

II. Wie der Westfale entstand

5. Der erste Westfälinger

6. Die Westfalen

III. Ostwestfalen-Lippe

7. Der Name Bielefeld

8. Der Wirt von Bielefeld

9. Der Schmied von Bielefeld

10. Der Sparrenberg

11. Der Ravensberg

12. Der Weißdornbusch zu Dornberg

13. Die Vision zu Herford

14. Die Linde auf dem Markt zu Halle

15. Der Wunderbrunnen von Blomberg

16. Die Sattelmeier

17. Widukind in der Babilonie

18. Sagen vom König Wittekind

19. Der Trompetersprung

20. Kloster Corvey

IV. Die Weser entlang

21. Wie die Westfälische Pforte entstand

22. Der Baxmann

23. Die Kinder von Hameln

24. Die Zwergenkuh

25. Taube hält den Feind ab

26. Hackelberg

27. Hackelbergs Hund

28. Hünenspiel

29. Der letzte Riese

30. Das Kieltröbchen oder Kielkröbchen

31. Der goldene Kegel

V. Teufel, Spukgeister, Hexen und die Nachtmahren aus der Senne bis zum Eggegebirge

32. Der Farrensamen

33. Der Jungfernborn

34. Pölterken

35. Hexe in Warburg

36. Das Spinnweibchen

37. Der Zwerg Anton

38. Die Unterirdischen zu Uchte

39. Zwerge auf der Hochzeit

40. Die Zwerge bei Holtensen

41. Die Hollen bei Scharfenberg

42. Der Meier zu Hiddesen und der Zwerg

43. Der Durant

44. Die Zwerge und der alte Hermann im Hermannsberge

45. Die Hexen von Speldorf

VI. Im Lippischen

46. Das Abendläuten in Bad Salzuflen

47. Der ewige Fuhrmann

48. Die weiße Frau zu Detmold

49. Die Stadt Blomberg

50. Die Stadt Lemgo

51. Die Haferstraße von Lemgo

52. Die Stadt Horn

53. Der Mäher in der Mühlenwiese

54. Der Hünenkönig und seine Tochter

55. Der Mann mit dem Salze

VII. Von Lippstadt ins Münsterland

56. Die Gründung von Lippstadt

57. Der Soester Schatz

58. Die Stiftung des Klosters zu Freckenhorst

59. Jungfer Eli

60. Das Heilige Meer

61. Der wilde Jäger und der Schneider

62. Sprengepyl in Vechta

63. Die unterirdische Glocke

64. Hexentanzplätze

65. Die reitenden Hexen

66. Das alte Schloss zu Raesfeld

67. Der Honigtopf zu Billerbeck

68. Der Ludgerus-Brunnen zu Billerbeck

69. Der Teufel in der Dawert

70. Die Plührs-Brücke

71. Der Rentmeister Schenkewald

72. Der Kärrner zu Gesicke in Westfalen

73. Die beiden heiligen Ewalde

VIII. Aus dem Paderborner Land

74. Der Dombaumeister

75. Die Domherrenuhr

76. Das Fegefeuer des westfälischen Adels

77. Der Name der Stadt Paderborn

78. Der Brunnen im Dom zu Paderborn

79. Kloster Dahlheim

80. Die arme Seele

81. Der Spuk im Seegrund

82. Spukende Nonnen

IX. Teutoburger Wald

83. Von der Pfaffenkammer und der Rethwelle

84. Die Eggester Steine

85. Die Externsteine

86. Der Wackelstein an den Externsteinen

87. Das Scharfrichterkreuz

88. Schwester Irmgard

89. Der Grenzsteinträger in der Schwerter Feldmark

90. Die strickende Nonne und der schreibende Graf im Kloster zu Gehrden

91. Der Königsberg und Heiligenkirchen

92. Das hockende Weib in den Dörenther Klippen

93. Der Schatz in Wiedenbrück

94. Der Zehn-Uhr-Hund zu Wiedenbrück

95. Von dem Abte, der in einen Raben verwandelt ward

96. Der Galgengrund

97. Die große Grete

98. Der Gräsing zu Lengerich

99. Die alten Sprüche vom Herzogthum Westphalen

100. Spukgeschichten aus Wildeshausen

101. Der Geisterschimmel

102. Der Eichbaum bei Lienen

103. Das westfälische Pumpernickel

X. Westfälisches Ruhrgebiet

104. Der Kindelsberg

105. Der hartherzige Bäcker von Dortmund oder Brot zu Stein

106. Der Glockenguss zu Attendorn

107. Wie die erste Kohlengrube entstand

108. Herr Gryn und der Löwe

109. Die Pferde aus dem Bodenloch

110. Die Heinzelmännchen zu Köln

111. Das Grubengespenst von Kupferdreh

112. Bruder Guardian und die Chorstühle in St. Agnes zu Hamm

113. Der Teufel als Onkel

114. Die falschen Richter

115. Der Knüppelhund

116. Die Geisterandacht

117. Tipps fürs Leben aus vergangener Zeit

Quellennachweis

Geheimnisvolle Schauplätze im schönen Westfalen, wo die Sagen und Legenden beheimatet sind

Vorwort

Was für ein Land! Westfalen, einst ein Königreich durch Napoleons Begünstigungen. Bis 1815 existierten ungefähr 23 selbstständige Herzogtümer, aber auch Grafschaften, Ämter, Fürstentümer und Städte. War Westfalen einmal Teil des frühmittelalterlichen Herzogtums Sachsen, so wurde es am Ende des 12. Jahrhunderts weitgehend kurkölnisch.

Der Urstamm der Bevölkerung Westfalens ist so verschieden wie diese Gegend – Kultur, Charakter und seine Sitten gehen weit auseinander. Manche Geschichten ließen sich mit den heutigen Grenzen nicht genau einordnen. So habe ich mich an jene gehalten, die vor vielen Jahren zu Westfalen gehörten.

Die Wurzeln von Sagen und Legenden führen weit zurück in Zeiten, die von Glauben und Intuition geprägt waren. Sie hatten eine wichtige Funktion im Alltag der Menschen vor vielen hundert Jahren, sie wurden erzählt und weitergegeben. Es gibt genügend Geschichten, die sich in veränderter Form ebenso in anderen Teilen Deutschlands wiederfinden. Sagen sind – anders als Märchen – Geschichten, die sich um reale Geschehnisse ranken. Fantasievoll ausgeschmückt, mit wunderbaren und fantastischen Elementen versehen, aber sprachlich einfach gehalten. Da es an Wissen um rationale Erklärungen mangelte, wurden Sagen mit Fantasie und Übernatürlichem angereichert. Gerade für das einfache Volk, das weder schreiben noch lesen konnte, waren diese Geschichten von hohem Unterhaltungs- und Informationswert.

Je tiefer ich mich in die Sagen und Legenden der Westfalen ›eingrub‹, umso mehr fand ich. Was gibt es nicht alles allein zu Widukind. Zu Hexen, Hollen und Geistern.

Ich habe versucht, den heute wichtigsten Gegenden Westfalens eine Stimme in Form dieser Geschichten zu geben. Um die altertümliche Sprache besser zu verstehen, habe ich diese neu erzählt. Die verwendete Literatur finden Sie im Anhang.

Machen Sie es wie früher. Setzen Sie sich gemütlich hin, mit Kindern und Enkeln, und lesen Sie vor, wie die Westfalen entstanden, was das Fegefeuer mit dem westfälischen Adel machte und so manch anderes mehr.

Bielefeld, im Frühjahr 2016

Monika Detering

I

Westfalen – vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

1

Auch das ist Westfalen

Der westliche Teil des alten Sachsenlandes um Sieg, Ruhr, Lippe bis zur Ems gehörte ursprünglich zum Herzogtum Sachsen. Zu diesem gehörten auch Engern und Ostfalen, die sich an der Weser und östlich bis zur Elbe erstreckten. Bei der Auflösung des Herzogtums Sachsen, nach der Ächtung Heinrichs des Löwen 1180, verloren sich die Namen Engern und Ostfalen; der Name Westfalen erhielt sich für das Gebiet der Ruhr und Lippe bis zur Berkel im Norden und umfasste auch den Gau Engern, das spätere Sauerland.

2

Das Königreich Westfalen (Westphalen)

Wurde von Napoléon Bonaparte nach dem Frieden von Tilsit per Dekret vom 18. August 1807 für seinen jüngsten Bruder Jérôme geschaffen. Das bis dahin kurhessische Kassel wurde Hauptstadt. Ein Jahr später wurde die Leibeigenschaft aufgehoben. Geographisch deckte sich das Königreich nur zum Teil mit der späteren preußischen Provinz Westfalen. Wirklich westfälische Gebiete, also mit einer westfälisch sprechenden Bevölkerung, lagen nur im äußersten Westen des Königreichs. Bis zu seinem Ende zählten hierzu diese vorher preußischen Gebiete: die ehemaligen Fürstbistümer Paderborn und Osnabrück, die Grafschaft Ravensberg (bis 1810 vollständig) und das Fürstentum Minden.

Königreich Westphalen (französisch: Royaume de Westphalie): Die zeitgenössische Schreibweise mit ph wird in der Geschichtswissenschaft zur Unterscheidung von der Landschaft Westfalen sowie dem früheren Herzogtum Westfalen und der späteren Provinz Westfalen verwendet.

3

Die Provinz Westfalen

War von 1815 bis 1918 eine Provinz des Königreichs Preußen und in den Jahren 1918 bis 1946 eine Provinz des Freistaates Preußen. Nach dem Wiener Kongress wurde der Staat Preußen durch die Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 in zehn Provinzen eingeteilt, eine davon war Westfalen. Provinzialhauptstadt wurde Münster. In der neuen Provinz waren zahlreiche ehemals eigenständige Territorien mit unterschiedlichen Traditionen und Konfessionen zusammengelegt. Zwar entwickelte sich allmählich eine Art gemeinsames ›Westfalenbewusstsein‹, aber die inneren Unterschiede blieben dennoch bestehen. Dies gilt für die verschiedenen Lebenswelten im industrialisierten, städtischen Westfalen und dem landwirtschaftlichen, dörflichen Westfalen.

Es existiert im 20. Jahrhundert kaum noch eine eigenständige westfälische Geschichte und während der Nazizeit wurde die Provinz politisch angepasst.

4

Hexen, Hexenverfolgungen

Hatten in Westfalen mit Hexen, Teufeln, Geistern und Hollen eine ziemlich große Bedeutung, die sich in vielen Sagen niederschlug. Noch im 15. Jahrhundert waren sie tief in den Vorstellungen breiter Bevölkerungsschichten verankert. Besonders auch Hexen, die einen sehr realen Hintergrund haben.

Der Glaube an Hexen war weit verbreitet und erreichte im 16. und 17. Jahrhundert seinen Höhepunkt. In der Grafschaft Lippe sowie in Lemgo (Hexenbürgermeisterhaus) fielen über 400 Personen den Hexenverfolgungen zum Opfer. In dieser Stadt fand hauptsächlich die Verfolgung zwischen 1509 und 1681 statt. Die der Hexerei Angeklagten waren ungefähr zu 80 Prozent Frauen. Unter der Folter wurde ihnen ein Geständnis abgezwungen. Ihr Todesurteil war meistens die Hinrichtung durch das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Als einzige lippische Stadt erhielt Lemgo die Blutgerichtsbarkeit vom Landesherrn Simon VI. verliehen. Damit hatte die Stadt das Recht, bei bestimmten Straftaten über das Leben und den Tod seiner Bürger zu entscheiden. Lemgo gehörte innerhalb Deutschlands zu den Orten, in denen die Hexenprozesse besonders intensiv geführt wurden.

Die letzte Angeklagte in Lemgo war Maria Rampendahl. Sie widerstand der Folter und legte kein Geständnis ab. Laut einem Universitätsgutachten wurde sie aus der Stadt und dem Land gewiesen. Sie verklagte danach die Verantwortlichen vor dem Reichskammergericht. Das Verfahren endete am 30. Oktober 1682 mit einer Niederlage für Maria Rampendahl. 1994 wurde für sie ein Denkmal an der Kirche St. Nicolai in Lemgo errichtet. Sie ist außerdem das einzige Prozessopfer, nach dem eine Straße in Lemgo (Rampendal) benannt wurde.

II

Wie der Westfale entstand

5

Der erste Westfälinger

Als Christus noch auf Erden wandelte, kam er eines schönen Tages zusammen mit St. Peter auch nach Westfalen. Damals gab es hier nur riesige Eichenwälder, in denen Schweine hausten. Aber selbst in diesem Urzustand bot das Land durchaus liebliche Gegenden, deren Reize sich erst entfalten mussten, dann, wenn die ordnende Hand der Menschen eingriff und das Chaos beseitigte. St. Peter entging dies nicht. Deshalb bat er den Herrn, Westfalen nun auch mit Menschen zu bevölkern. Er meinte, diese würden hier gut gedeihen, weil die sich selbst erhaltende Schweinezucht ihnen nicht nur ausreichende, sondern mit dem schon den alten Römern als Leckerbissen bekannten westfälischen Schinken auch eine sehr schmackhafte Nahrung liefern würde. Christus aber wollte nicht gleich diesem Wunsch entsprechen. Er fürchtete, dass die Menschen ebenso ungeschlacht wie das Land werden würden. Der Jünger hörte nicht auf mit seinen Bitten und endlich ließ sich der Herr erweichen und sagte: »Nun, ich will dir deinen Wunsch erfüllen, aber du wirst schon sehen!«

So gesagt, trat der Herr den vor ihm liegenden Schweinekot mit dem Schöpfungsworte aus dem Weg: »Werde ein Mensch!«

Und siehe, es geschah, wie er es gesagt hatte. Der schmutzige Kot belebte sich plötzlich und formte sich zu einer Menschengestalt. Als trotziger starker Mann erhob diese sich von der Erde und fuhr den Herrn mit ungeschlachten Worten an: »Wat stött he mi!«

St. Peter sah zu seinem Bedauern, dass der Meister wie so oft recht gehabt hatte. Es dauerte noch viele Jahrhunderte, ehe die Nachkommen jenes ersten Westfälingers sich der sanften Lehre ihres Schöpfers zuwandten. Aber auch dann blieb ihnen die alte Vorliebe für Schweine und Schinken. Selbst der alte westfälische Meister, der das schöne Glasgemälde in der Wiesenkirche zu Soest schuf, das das letzte Abendmahl zeigen sollte, stellte statt des Osterlamms einen Schinken auf die Tafel.

6

Die Westfalen

Als der Satan einst vor vielen Jahren vor den Herrn trat, fragte ihn dieser, woher er denn käme. Dieser antwortete, er habe sich auf der Erde herumgetrieben. Da fragte der Herr: »Hast du auch das Westfalenvolk gesehen, das harte, unbekehrbare und allen Gläubigen so lästige?«

Satan lachte. »Das habe ich wohl gesehen, o ja. Wenn du es nicht willst, gib es mir und dieses Volk wird dir nie mehr zur Last fallen.«

»Ich gebe es dir unter der Bedingung, dass du es endlich aus der Welt schaffst.«

Vergnügt ging Satan seiner Wege und bereitete einen großen Sack vor. In diesen stopfte er alle Westfalen und flog damit durch die Luft, um diese Geschöpfe aus der Welt zu schaffen.

Aber den Westfalen wurde der Flug durch die Luft äußerst verdächtig. Sie begannen zu schimpfen, zu knurren und bereiteten ihrem Träger so viel Last, dass er vor Müdigkeit den Sack auf einem Berg absetzen musste. Kaum fühlten sie wieder festen Boden unter sich, zerrissen sie den Sack und flohen davon. Keiner von ihnen dachte noch an seinen Nächsten. So kam es, dass die Westfalen in alle Welt zerstreut wurden.

Als Satan wieder einmal zum Herrn kam, machte dieser ihm Vorwürfe. »Nun? Was hast du tun wollen? Ich habe dir die Westfalen gegeben, damit du sie aus der Welt fortschaffst. Aber im Gegenteil – du hast sie in alle Himmelsrichtungen verstreut!«

»Ach Herr! Du kennst doch das Volk, du weißt, wie hartnäckig es ist. Weder auf mich noch auf dich will es hören. Schau, ich gebe es dir wieder zurück und mach du mit ihm, was du willst.«

Das Wort ›Westfalen‹ besitzt eine ethnische und auch eine räumliche Bedeutung. Im früheren Mittelalter steht zunächst die eine, später die andere im Vordergrund. Die Westfalen werden zusammen mit Engern und Ostfalen bzw. Ostsachsen als Untergruppe der Sachsen erstmalig im Jahr 775 im Zusammenhang mit dem zweiten großen Einfall Karls des Großen nach Sachsen erwähnt. Dennoch meinte ein Großteil der älteren Forschung, diese Dreiteilung der Sachsen in ›Heerschaften‹, Aufgebotsverbände, sei wesentlich älter gewesen und habe bereits im 6. Jahrhundert bestanden, als die Sachsen von der Nordseeküste aus nach Süden vorgestoßen seien.

III

Ostwestfalen-Lippe

7

Der Name Bielefeld

Über den Ursprung des Namens ist viel gerätselt worden. Früher soll die Gegend sehr waldig gewesen sein. Als die Stadt erbaut wurde, so sagt man, wurde dieser Wald mit Bielen (Beilen) gefällt. Daher soll der Name stammen. Andere wiederum sagen, das Bild des Waldgottes Biel habe genau in dem Feld gestanden, in dem die Stadt angelegt wurde, daher nannte man sie Bielevelde.

Die Volkssage erzählt: Als das Stadttor gebaut wurde, fiel einem Arbeiter plötzlich das Beil hin. Damit keiner zu Schaden kam, schrie er: »Dat Biel, dat fällt!«, und daher stamme der Name. Aber dies stimmt so nicht.

In dem Feld, wo sich heute die Stadt befindet, lagen drei Waldhöfe. Sie wurden die Bieler Höfe genannt und diese waren der Anfang der Stadt. Als sie sich in dem Bieler Felde ausbreitete, nannte man sie Bielevelde. Daraus entstand der Name ›Bielefeld‹.

Ursprünglich ist der Name Bielefeld ein Flurname und älter als die Stadt: 1150 Bylivelt, 1015 Bilivelde.

8

Der Wirt von Bielefeld

Während eines Krieges lagen bei einem Wirt zu Bielefeld in der Grafschaft Lutterbach (im westfälischen Regierungsbezirk Minden) vier Soldaten im Quartier. Sie schienen des Nachts viele Geschäfte zu erledigen und kamen meist erst am frühen Morgen heim. Es waren vier Erzspitzbuben, was auch der Wirt bemerkte. Weil er dachte, er würde wenig oder nichts gewinnen, wenn er sie anzeigte, schwieg er. Durch sein zustimmendes Lächeln gab er ihnen zu verstehen, dass sie nichts durch ihn zu befürchten hätten, er würde sie nicht verraten.

Die uniformierten Diebe wurden vertraulich und schlugen dem Wirt vor, wenn er bei ihren nächtlichen Streifzügen als Schildwache dienen würde, bekäme er von ihnen den fünften Teil der Beute.

»Die Sache lässt sich hören!«, freute sich der listige Wirt. »Mitgehen will ich wohl. Aber etwas nehmen, was mir nicht gehört, das will ich nicht .« Nur wenn er etwas von ihnen geschenkt bekäme, würde er es annehmen. Die Soldaten bewunderten die Gewissenhaftigkeit des Wirts, lobten ihn lachend, nannten ihn ihren lieben Kameraden und er stand lange Zeit bei ihren Einbrüchen als Schildwache zur Verfügung.

Aber in einer Nacht wurde die ganze Gesellschaft gefangen genommen und sollte gehenkt werden. Dies war in Bielefeld Sitte und Recht, aber den Soldaten und dem Wirt war es gar nicht recht. Jene, die bei der Tat ergriffen wurden, konnten schlecht leugnen. Und der Wirt tat sein Möglichstes, um sich vom drohenden Galgen freizureden. Er glaubte, er könne seine Unschuld mit den Worten beweisen: »Ich bin ja gar nicht zum Stehlen mitgegangen, sondern bloß, um mitzugehen!«

Die Richter lächelten und schwiegen. Als aber der Tag kam, an dem die vier Soldaten gehenkt werden sollten, da ging der Gerichtsdiener, um auch den Wirt aus dem Turm zu holen.

»Was wird mein Schicksal sein?«, rief dieser ihm erwartungsvoll entgegen.

»Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen«, erwiderte der Gerichtsdiener. Zwei Stunden später hing der Wirt als ziemlich schwankender Beweis für die Gültigkeit dieses Sprichworts bei seinen vier Diebeskameraden am Galgen.

In Bielefeld kursiert aber seitdem ein vieldeutiges Sprichwort, das da lautet:

»Er geht mit wie der Wirt von Bielefeld.«

Bielefeld auf Ostwestfälisch auch Builefeld, Beilefeld oder Builefeild – gibt es trotz vieler Unkenrufe, dass es die Stadt nicht gäbe. Diese Aussage entstand aus einem satirischen Beitrag des Informatikers Achim Held, der 1994 im Internet die Existenz der Stadt anzweifelte und ihre Vortäuschung als Verschwörung bezeichnete. Immer aber noch hält sich der Scherz in Form der erstmals formulierten Antwort hierauf als Aussage von Jörg Pechau: »Bielefeld gibt es nicht.«

Dabei ist Bielefeld die größte Stadt der Region Ostwestfalen-Lippe und deren wirtschaftliches Zentrum.

Zuerst wurde Bielefeld Mitte des 9. Jahrhunderts erwähnt, als dem Kloster Corvey ein Mansus1 in Bylanuelde übertragen wurde, und als Stadt erstmals so im Jahr 1214 bezeichnet. Bielefeld gehörte zu den zahlreichen Stadtgründungen des Hochmittelalters. Am Nordende eines Quertals des Teutoburger Waldes gelegen, sollte die Kaufmannsstadt den Handel in der Grafschaft Ravensberg fördern, deren größter Ort sie wurde. Bielefeld war lange Zeit das Zentrum der Leinenindustrie. Heute ist die Stadt ein Standort der Nahrungsmittelindustrie, von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, der Druck- und Bekleidungsindustrie und des Maschinenbaus. Überregional bekannt sind ihre Universität, die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, die Dr. August Oetker KG, das Theater Bielefeld sowie der Fußballverein Arminia Bielefeld.

1Eine Manse ist ein mittelalterliches Flächenmaß. Der Begriff tauchte erstmals im 7. Jahrhundert als mansus auf und wurde ab dem frühen 8. Jahrhundert synonym zum im ostrheinischen Teil des Frankenreiches gebräuchlichen Hufe verwendet. Der Name kommt wahrscheinlich von lateinisch mancipium, ›Besitz‹, von manus + capio, das heißt mancipo, ›ich gebe zu eigen‹, oder von mansio, ›Haus‹.

9

Der Schmied von Bielefeld

In Bielefeld lebte vor langer Zeit ein Schmied, der seine Kunst wie kein anderer verstand. Dennoch wollte sich der Mann nicht mit dem begnügen, was er leistete und konnte. Immer wieder ersann er Neues und wollte sich zuletzt mit dem Teufel verbünden, um ganz und gar in den Besitz aller geheimen Künste zu kommen. Durch dieses Bemühen kam er in Verruf, und zwar in der Weise, dass der heilige Petrus, als er aus dem Himmel in das Land hinuntermusste und fand, dass seinem Pferd die Hufeisen klapperten, die Gelegenheit nutzte, die Bekanntschaft des kunstreichen Schmiedes zu machen. Als das Ross des Heiligen neu beschlagen war und Petrus nach dem Lohn fragte, meinte der Schmied, dass er Geld nicht unbedingt nötig habe, aber er würde einen Beutel besitzen, aus dem sein Geld stets verschwinden würde. Der Heilige solle ihm diesen Beutel segnen, damit nichts mehr ohne seinen Willen verschwinden könne. Da Petrus lieber den Segen als Geld hergab, holte der Schmied wirklich einen großen Sack hervor, der gesegnet wurde.

Niemand weiß, wie lange sich der Schmied noch des Lebens freute. Es währte aber so lange, bis eines Morgens der Vertrag mit dem Teufel abgelaufen war. Dieser kam, um den Schmied zu holen.

Der aber sagte, dass er es nicht nötig habe, die Türe zu öffnen, er möge doch durch das Schlüsselloch kommen. Also sauste der Teufel dadurch und fand sich aber leider in dem geweihten Sack gefangen. Wie sehr er sich auch abmühte, er konnte weder den Sack auseinanderreißen noch sich aus diesem befreien.

Der Schmied fand das lustig, fasste den Sack mit einer scharfen Zange und bearbeitete ihn mit seinem Hammer auf dem Amboss dermaßen, dass der Teufel vor Schmerzen hell aufschrie. Er versprach ihm alles, was er zu leisten fähig war, er bat den Schmied inständig, dass er mit den Schlägen aufhören und ihn aus dem Sack herauslassen solle. Der Schmied aber wollte nur seinen Vertrag aufgelöst haben und bestand so lange darauf, bis der Teufel ihm diesen aus dem Sack heraus reichte, den er zum Vorweisen mitgebracht hatte. Jetzt hielt der Bielefelder seinen Sack wieder gegen das Schlüsselloch und ließ den Teufel hinausfahren. Der war dermaßen zugerichtet, dass er nie mehr daran dachte, die Schmiede zu besuchen. Auch mochte er dem Schmied, als der im hohen Alter starb, kein Plätzchen in seiner Hölle freimachen, so sehr fürchtete er sich vor ihm. So gab es für den Schmied aus Bielefeld keinen anderen Platz als den im Himmel.

Für den Schmied gab es einen Platz im Himmel – aber auch heute noch gibt es Schmiede in der Stadt. Für einen Ausflug lohnt sich auch das Bauernhausmuseum an der Dornberger Straße 82.

Sie können hier das ländliche Leben in der Zeit um 1850 kennenlernen. Mittelpunkt des Museums ist das Haus Möllering aus Rödinghausen von 1590. Die gesamte Museumsanlage erhielt 1999 ein neues Gesicht. 2001 wurde das Bauernhausmuseum mit einer Special Commendation des European Museum Forums ausgezeichnet. Märkte, Jahrmarktattraktionen, Hexenfeste und Ausstellungen runden den Museumsbetrieb ab.

10

Der Sparrenberg

Heinrichs des Löwen tapferer und treuer Anhänger, der Edle Bernhard von der Lippe, hatte bei Bielefeld eine Burg gebaut und diese seinem Lehnsherrn zu Ehren ›Löwenburg‹ genannt. Aber Graf Hermann von Ravensberg, ein mächtiger Gegner Bernhards, der die an der Grenze seines Landes erbaute neue Burg als Hohn und auch als Gefahr betrachtete, zog mit seinen ravensbergischen Soldaten vor die Löwenburg. Er belagerte und eroberte sie, riss das lippische Wappen und die Welfenfahne herunter, nagelte sein Wappen mit den drei toten Sparren an die eroberte Burg und nannte sie fortan ›die Sparrenburg‹. Graf Bernhard wollte seine schöne Burg aber nicht den Feinden überlassen und belagerte sie erneut mit seinen Leuten und Pferden. Er ließ dicke Steinkugeln in die Feste werfen, konnte sie aber, trotzdem er ziemliche Verwüstungen in der Burg und an den Außenmauern anrichtete, nicht wieder erobern.

Der ravensbergische Graf baute die Sparrenburg aus. Man erzählt, dass zur Zeit des Baus – um 1180 – der Scheffel Roggen drei Mariengroschen kostete und ein Tagelöhner vier Pfennige Tagelohn erhielt.

In dem Burgberg, auf dem der Sparrenberg liegt, befinden sich Höhlen und Gänge. Ein unterirdischer Gang soll bis zum Markt der Stadt Bielefeld führen.

Die Sparrenburg (früher auch Sparenburg) ist eine restaurierte Festungsanlage in Bielefeld. Die Spornburg liegt auf dem 180 Meter hohen Sparrenberg im Teutoburger Wald und überragt das nahe Stadtzentrum um gut 60 Meter. Ihr heutiges Aussehen geht zum größten Teil auf das 16. und 19. Jahrhundert zurück. Die Sparrenburg ist die nördlichste erhaltene Spornburg Deutschlands und gilt als eines der herausragenden Wahrzeichen der Stadt.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts genügte die Sparrenburg nicht mehr den Erfordernissen des Militärs. Die Burg wurde nun zum Teil als Gefängnis genutzt und zum Teil dem Verfall preisgegeben. Die Außenmauern wie auch die Gebäude auf der Burg wurden abgetragen. König Friedrich II. veranlasste, dass daraus in den 1770er-Jahren die noch heute an der Hans-Sachs-Straße vorhandene 55er-Kaserne gebaut wurde.

Im 19. Jahrhundert ließ das ›Comité zur Wiederherstellung des Thurmes auf dem Sparenberge‹ den Turm um 1842/43 wieder aufbauen.

11

Der Ravensberg

Innerhalb des Amtes Borgholzhausen liegt, von den Gemeinden Hamlingdorf, Holzfeld, Cleve und der zum Amte Halle gehörenden Gemeinde Hesseln umgeben, die kleine königliche Domäne Ravensberg mit den Ruinen der alten Bergfeste Ravensburg, dem Stammsitz der einstigen Grafen vom Ravensberge. Der Berg, auf dem sich die Burg befindet, ist der westliche, durch das schmale Clevertal ganz abgetrennte Ausläufer der südlichen Vorkette des Teutoburger Waldes. Dieser sinkt nach Westen sanft ins Tal und bildet eine halbe Stunde südlich von Borgholzhausen den östlichen Torpfeiler der Bergöffnung, der das nördlichste der drei Haupttore des Teutoburger Waldes ist.

Die Burg ist sehr alt, das bestätigt eine Stiftungsurkunde aus dem Jahr 851. Die Urkunde wird im Stift Freckenhorst im Münsterland aufbewahrt. Der Name der Burg ging auf die gesamte Grafschaft über. Die Sage leitet den Namen von einem Erbauer Rabo ab, der auch die Tecklenburg und die Iburg erbaut haben soll. Dieser Häuptling soll drei Töchter, Ravena, Ida und Thekla, gehabt und jeder eine Burg als Morgengabe geschenkt haben. Von den Töchtern bekamen die drei Burgen ihre Namen.

Da die Ritter und Vasallen des Ravenberges als Helmzeichen und Wappen einen Raben führten, bringt eine zweite Sage den Namen der Burg mit dem Vogel in Verbindung. Sie erzählt, dass Drusus, der angebliche Erbauer der Stadt Cleve am Fuße des Ravenberges, den Berg befestigt und den römischen Adler daraufgesetzt habe. Die Anwohner hätten dieses Feldzeichen für einen Raben gehalten und hiernach Berg und Burg benannt.

Die Burg Ravensberg ist die älteste und gleichzeitig die Stammburg der Ravensberger Grafen. Diese besaßen mit der Burg Ravensberg, der Sparrenburg in Bielefeld, der Burg Vlotho, der Burg Limberg zeitweise vier Höhenburgen. Von diesen Burgen wurden jedoch nur die Burg Ravensberg bei Borgholzhausen und die Burg Sparrenberg in Bielefeld von den Ravensberger Grafen selbst erbaut.

12

Der Weißdornbusch zu Dornberg

Das Dörfchen Dornberg an der Nordostseite des Osning bei Bielefeld war im 9. Jahrhundert der Wohnsitz des berühmten Grafen Waltgerus (oder Wolderus oder Walther). Wo sich heute das Pfarrhaus befindet, stand seine Burg. Die dazugehörige kleine, dem heiligen Petrus geweihte Kirche sollte eigentlich nach Großdornberg kommen, denn es war schon ein viereckiger Platz (er hieß lange Zeit ›Oberwittlers Kirchhof‹, dies war der Name des Grundstücksbesitzers) ausgesucht. Steine und Holz wurden angefahren. Zum Erstaunen aller flog eine weiße Taube herbei und zeigte den Leuten, dass gerade dieser Platz Gott nicht wohlgefällig sei. Mit dem Schnabel pickte sie Späne und kleine Splitter auf und flog damit nach dem heutigen Dornberg. Späne und Splitter legte sie an den Ort, wo jetzt die Kirche steht, und setzte sich anschließend auf den Zweig eines nahe stehenden Hagedorn- oder Weißdornbusches. Dies nun machte sie an vielen Tagen. Da merkten endlich die Bürger, welches nun der von Gott erwählte Platz sei, und bauten an diesen Platz die Kirche. Dieser Weißdornbusch wurde ab da als heilig betrachtet und sorgfältig gepflegt. Als er abstarb, pflanzte man einen neuen Busch. Dies geschieht bis zum heutigen Tag. Deshalb kann man immer noch auf dem Dornberger Kirchhof einen eingefriedeten Weißdornbusch sehen, der angeblich auch dem Ort den Namen Dörenberg oder Dornberg gegeben hat.

Eines der ältesten Bauwerke Bielefelds ist die Peterskirche in Kirchdornberg. Sie wurde ungefähr um 1050 erbaut. Das heutige Kirchenschiff im gotischen Stil stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die Peterskantorei in der Immermannstraße ist einen Besuch wert – es gibt Konzerte und Messen werden musikalisch gestaltet. Im Dornberger Heimatmuseum kann der Gast in die Vergangenheit eintauchen, Kleidung aus der Zeit von 1700 bis 1900 bestaunen, ebenso Gerätschaften zum Handwerk, Handel und der Landwirtschaft, denn gerade durch Letzteres wurde Dornberg geprägt. Vielleicht finden aufmerksame Betrachter beim Spaziergang sogar den Weißdornbusch.

13

Die Vision zu Herford

Im Sommer des Jahres 1011, am Tage des heiligen Gervasius und Protasius, ging ein armer Schäfer nach Herford und wollte im Hochstift um eine Gabe bitten. Da erschien ihm in der Nähe der Stadt, auf dem Lutterberge, die Jungfrau Maria. Sie befahl ihm, er solle der Äbtissin Godesta sagen, dass sie an dieser Stelle eine Kirche und eine Wohnung für fromme Klosterjungfrauen bauen möge. Diese sollten sich ganz besonders ihrem Dienste widmen. Der Schäfer tat, wie ihm geheißen war. Nur die kluge Äbtissin, eine Schwester Bernhards, des Herzogs zu Sachsen, nannte den Mann einen Betrüger und ließ ihn ins Gefängnis werfen. Darin sann er Tag um Tag vergeblich, wie er sich rechtfertigen und das Gebot Mariens dennoch erfüllen könne. Auch der Bischof zu Paderborn, der heilige Meinwerk, hatte geurteilt. Er sagte, wenn die Jungfrau mit dem Schäfer geredet hätte, müsse er ein Wahrzeichen bringen, anders könne man ihm nicht glauben.