Schuld zu Schuld - Monika Detering - E-Book

Schuld zu Schuld E-Book

Monika Detering

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Beschreibung

Eine Kurzgeschichte über die Macht der Vergangenheit Auf dem Dresdener Striezelmarkt wartet die junge Christine auf ihren Freund Frank. Als sie in ein Gerangel von alkoholisierten Jugendliche gerät, wird sie zwischen die Räder der „Raupe“ gestoßen – ihr muss das Bein abgenommen werden. Nach Jahren beginnt Christine das verdrängte Unglück zu hinterfragen. Sie will wissen, wer sie einst gestoßen hat. Dabei kommt sie auf eine Spur, die so ungeheuerlich ist, dass sie es kaum glauben mag ... Über booksnacks Kennst du das auch? Die Straßenbahn kommt mal wieder nicht, du stehst gerade an oder sitzt im Wartezimmer und langweilst dich? Wie toll wäre es, da etwas Kurzweiliges lesen zu können. booksnacks liefert dir die Lösung: Knackige Kurzgeschichten für unterwegs und zuhause! booksnacks – Jede Woche eine neue Story for free!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 60

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Kurz vorab

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie schön, dass du dich für diesen booksnack entschieden hast! Wir möchten dich auch gar nicht lange aufhalten, denn sicher hibbelst du der folgenden Kurzgeschichte schon voller Freude entgegen.

Vorab möchten wir aber ganz kurz die wichtigsten Merkmale einer Kurzgeschichte in Erinnerung rufen:

Der Name ist Programm: Alle Kurzgeschichten haben ein gemeinsames Hauptmerkmal. Sie sind kurz.Kurz und knapp sind auch die Handlung und die erzählte Zeit (Zeitsprünge sind eher selten).Ganz nach dem Motto »Einleitungen werden total überbewertet« fallen Kurzgeschichten meist sofort mit der Tür ins Haus.Das zweite Motto lautet »Wer braucht schon ein Happy End?« Also bereite dich auf einen offenen Schluss und/oder eine Pointe am Ende der Geschichte vor. Das Geheimnis dahinter: Kurzgeschichten sollen dich zum Nachdenken anregen.Versuch deine Neugier zu zügeln, denn auch für die Beschreibung der Charaktere und Handlungsorte gilt »in der Kürze liegt die Würze«.Die Aussage des Textes ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Hier bist DU gefragt, um zwischen den Zeilen zu lesen und deine persönliche Botschaft aus der Geschichte zu ziehen.

Jetzt bist du gewappnet für unseren literarischen Snack. Und findest du nicht auch, dass man diesen gleich noch mehr genießen kann, wenn man weiß was drin ist?

Viel Spaß beim Booksnacken wünscht dir

Dein booksnack-Team

Über dieses E-Book

Auf dem Dresdener Striezelmarkt wartet die junge Christine auf ihren Freund Frank. Als sie in ein Gerangel von alkoholisierten Jugendliche gerät, wird sie zwischen die Räder der „Raupe“ gestoßen – ihr muss das Bein abgenommen werden. Nach Jahren beginnt Christine das verdrängte Unglück zu hinterfragen. Sie will wissen, wer sie einst gestoßen hat. Dabei kommt sie auf eine Spur, die so ungeheuerlich ist, dass sie es kaum glauben mag ...

Impressum

Erstausgabe Dezember 2016

Copyright © 2021 booksnacks, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96087-105-7

Covergestaltung: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Özer Grafik Design, Ruth Papacek unter Verwendung eines Motivs von fotolia.com: ©Sean Gladwell Korrektorat: Daniela Pusch

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Schuld zu Schuld

1

Glühweinduft mischte sich mit dem der Krapfen und der gebrannten Mandeln, an den Ständen wurden die traditionellen Striezel auf dem Dresdener Altmarkt angeboten. Japaner fotografierten in der Nussknackergasse, eine Drehorgel spielte, frierende Kinder aßen Zuckerwatte, und das kurzfristige Blau des Himmels versank in der Dämmerung alljährlicher Idylle.

Die Kreuzkirche lud zur Striezelmarktmusik ein. Danach würde der Lichterengel kommen. Unzählige rote und gelbe Glühbirnen machten Gesichter warm, und niemand sah heute kalt, bedrohlich oder irgendwie böse aus.

***

Christine Lehmann war neugierig. Auf den Striezelmarkt, das Leben und überhaupt. Mit sechzehn hatte sie genügend Gründe dafür. Sie freute sich auf Frank, der am Karussell auf sie warten würde. Sie schlenderte durch die Engelgasse, winkte Henrike zu, die verliebt grinsend auftauchte und wieder im Menschenmeer versank. Christine lachte geschmeichelt, als ihr ein Unbekannter eine Papierrose überreichte. ›Stille Nacht, heilige Nacht‹, sang ein Chor mit ernstblickenden Kindern neben dem Weihnachtsbaum.

Vor der ›Raupe‹, nostalgisches Lieblingskarussell in diesem Winter, blieb sie stehen. Wie eingepferchte Hengste standen junge Männer dort, starrten auf jedes einigermaßen attraktive Mädchen, pfiffen und sparten nicht mit Bemerkungen über Größe und Zustand ihrer unter dicken Jacken versteckten Brüste, gafften hungrig in alle Wagen, die bei jeder Umdrehung schneller fuhren. Einige sprangen mit absurden Verrenkungen im letzten Moment auf, ehe das Verdeck sich über sie und die Mädchen senkte.

Christine roch Schweiß und Energie, nahm rudernde Arme und muskulöse Schenkel wahr, wollte zum Kassenhäuschen, und versuchte, den Körpern auszuweichen. Da hinten musste Frank sein. So war es verabredet. Sie konnte sich nicht umdrehen, obwohl sie es versuchte, ihr Vor und Zurück wurde ein Schubsen und Tatschen. Wie ein Spielzeug flog sie von Hand zu Hand. Arme waren Tentakel, an ihr klebten tausend Finger. Schreie steckten in der Kehle, Christines zittriges: »Hilfe, helft mir doch!« animierte. Elvis Presleys: ›I want you, I need you, I love you‹, kroch in die Ohren und zwischen die Beine. Superoldies gehörten wie das tannengrüne Faltverdeck zum Karussell.

***

Mit schrillem Ton brach die Musik ab. Zwischen Blut und Stoff lag eine Papierrose. Letzte Schneeflocken wirbelten im Regen. 

2

Sie saß am Tisch, nippte am Kaffee und beobachtete an diesem Nachmittag Franks Verwandtschaft, die im Wohnzimmer saß. Nicht einmal die Hitze, die durch weit offene Fenster hereingezogen und sich ausgebreitet hatte, machte ihr heute etwas aus.

Tante Hedwigs Lippen und das weiche Doppelkinn glänzten von Kirschkuchenkrümeln und Sahne. Ihre Lider hingen entspannt über großen braunen Augen. Gefaltete Hände lagen lose auf dem Bauch. Tante Hedwig wog gut einhundert Kilo. Klara saß aufrecht auf einem Küchenstuhl, spitzte ihren Mund und ließ weder Hedwig, noch Christine oder Frank aus den Augen. Bestimmt zum fünfzigsten Mal hatten beide den Neffen und Bruder dafür gelobt, dass er die Wohnung hier am Torgauer Marktplatz im dritten Stock gekauft habe. Sie mahnten Christine, nicht wegen des fehlenden Aufzugs herumzukritteln. Die aber kratzte hektisch und unbeherrscht an ihrem rechten Bein. Klara schaute aufmerksam zu, während ein kleines Lächeln um ihren Mund zuckte.

»Was habt ihr es gut!«, sagte Tante Hedwig. »Ich habe mich im Seniorenheim angemeldet. Lieber wäre mir natürlich eine Wohnung mit Erker auf Schloss Hartenfels gewesen. Ist aber wohl zu viel verlangt. Und dem Frank will ich nicht lästig werden. Ein Mann kann sowas nicht, pflegen, kümmern, all das. Die Klara wohnt einfach zu weit ab.« Dabei schaute sie Christine fest an. »Du weißt schon, was ich meine.«

Es war Christine egal, was die Tante meinte.

Die Frauen redeten und redeten. Die dürre Klara mit den ebenmäßigen Gesichtszügen hatte wie so oft jeglichen Frohsinn aus ihrem Gesicht geknipst. Christine setzte einen aufmerksamen Gesichtsausdruck auf, um ihre Abwehr zu kaschieren.

Denn sie hatte Wahrheiten entdeckt, die sie verstörten, entsetzten, über die sie mit niemandem sprach. Vor Erbitterung und Zorn hatte sie gekocht, aber bis heute instinktiv den Mund gehalten.

***

Christine stand auf, ging zum Wintergarten mit den putzigen Türmchen, schaute auf das Brauereimuseum, das Rathaus und den Marktplatz, während hinter ihr die Verwandtschaft einschläfernd summte. »Am liebsten möchte ich dieses Haus ans Flussufer versetzen und dort von meinem Schreibtisch aus hinsehen können.«

Christine arbeitete als Übersetzerin. Das konnte sie auch mit einem künstlichen Unterschenkel. Frank verkaufte Immobilien und sorgte sich neuerdings um seine Gesundheit.