Saints of Denver – Zeb - Jay Crownover - E-Book
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Saints of Denver – Zeb E-Book

Jay Crownover

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Beschreibung

Bad Boy trifft erfolgreiche Anwältin!

Zeb hat sich nach seinem Gefängnisaufenthalt ein neues Leben als Bauunternehmer aufgebaut. Seine neueste Kundin Sayer, eine elegante und toughe Anwältin, lässt sein Herz höherschlagen. Aber egal, wie sehr Zeb sich bemüht, die zurückhaltende Blondine scheint sich nicht für ihn zu interessieren.

Doch auch Sayer kämpft mit ihren Gefühlen - denn der attraktive Handwerker ist der erste, von dem sie glaubt, dass er ihr Herz zum Schmelzen bringen könnte. Gerade als die beiden sich endlich näher kommen, wird Zeb jedoch von den Fehlern seiner dunklen Vergangenheit eingeholt ...

Ein heißes Spin-Off der Romance-Bestsellerreihe "Marked Men" von Erfolgsautorin Jay Crownover.

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Seitenzahl: 541

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Vorwort

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Epilog

Anmerkung der Autorin

Sayers und Zebs Playlist

Danksagungen

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

 

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Über dieses Buch

Zeb hat sich nach seinem Gefängnisaufenthalt ein neues Leben als Bauunternehmer aufgebaut. Seine neueste Kundin Sayer, eine elegante und toughe Anwältin, lässt sein Herz höherschlagen. Aber egal, wie sehr Zeb sich bemüht, die zurückhaltende Blondine scheint sich nicht für ihn zu interessieren.

Doch auch Sayer kämpft mit ihren Gefühlen – denn der attraktive Handwerker ist der erste, von dem sie glaubt, dass er ihr Herz zum Schmelzen bringen könnte. Gerade als die beiden sich endlich näher kommen, wird Zeb jedoch von den Fehlern seiner dunklen Vergangenheit eingeholt …

Jay Crownover

Zeb

Aus dem Amerikanischen von Nina Bellem

 

Gewidmet dem besten Vater, den sich ein Mädchen wünschen kann. Mein Dad hatte schon immer etwas an sich … eine felsenfeste Zuverlässigkeit, die ihn für immer zu meinem Helden und der Nummer eins unter den Badasses macht.

Das Leben ist nie einfach, darum waren wir nicht immer einer Meinung, aber ich weiß, dass mein Dad zur Stelle sein wird, um zu tun, was getan werden muss, wenn ich ihn brauche. Er ist echt und authentisch, und nur wenige Menschen, denen ich begegnet bin, haben es geschafft, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Das hier ist für dich, DadVo.

Vorwort

Seid ihr bereit? Ich bin so was von bereit!

Ein neues Abenteuer. Neue Charaktere. Etwas, was so anders ist und doch so vertraut und angenehm wie eine viel getragene Lieblingsjeans.

Als sich diese beiden trafen, habe ich nur eine Sekunde gebraucht, einen einzigen Moment, um zu wissen, dass sie eine Geschichte haben müssen, und dass sie episch sein muss. Sie musste etwas Besonderes sein und überlebensgroß, denn ehrlich gesagt ist Zeb Fuller beides. Ich musste meinem bärtigen Wunder gerecht werden. Ohne Sayer und Zeb und ihren unbestreitbaren Funken gäbe es keine Saints of Denver.

Als ich gerade Marked Men: In seiner Nähe schrieb, habe ich in der Sekunde, in der die beiden sich begegnet sind, auf Facebook gepostet, dass sie ein eigenes Buch brauchen. Die Chemie zwischen den beiden war in diesem winzigen Moment so strahlend, so elektrisierend, so süchtig machend, dass sie in meinem Kopf explodierte und ich einfach wusste, sie würden ein perfektes Chaos abgeben, und dass der Versuch, die beiden zusammenzubringen, eine Herausforderung sein würde, der ich nicht widerstehen konnte.

Ich habe dieses Buch mit Begeisterung geschrieben. Ich habe es geliebt, an Orte zurückzukehren, die sich wie zu Hause anfühlen, sie gleichzeitig aber auf eine ganz neue Art zu sehen und zu beschreiben. Ich weiß, dass es meine Leserinnen und Leser glücklich machen wird, ein paar bekannte Gesichter zu sehen – es ist immer schön, ab und zu alten Freunden zu begegnen –, aber ich hoffe, die neuen Gesichter werden auch euer Herz erobern. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das tun werden. :)

Falls du eine neue Leserin oder ein neuer Leser bist, der gerade erst in meine Verrücktheiten eingeführt wird, willkommen. Ich bin so froh, dass du hier bei mir bist. Mach dich bereit für eine oft unvorhersehbare süße, sexy Reise.

Wenn du zu den langjährigen Lesern gehörst, die mit der Reihe vertraut sind, mit der diese ganze Reise begann, bist du sicher neugierig, wie der zeitliche Ablauf der neuen Serie mit der Marked-Men-Serie zusammenhängt. Möglicherweise passt es nicht haargenau, aber in meinem Kopf findet der Beginn der Reihe in den sechs Monaten zwischen dem Ende von Marked Men: In seinem Lächeln und dem Epilog des letzten Buches statt. Der Herbst/Winter vor Romes und Coras Hochzeit ist also der Zeitpunkt, an dem der ganze Wahnsinn und die heiße Zeit begannen.

Wie immer danke ich euch, liebe Leser, dass ihr hier seid. Vielen Dank, dass ihr mich hier sein lasst. Es wird nie einen besseren Ort geben.

Die Tatsache, dass ich das hier weiterhin machen kann, dass dies wirklich mein Job ist, erstaunt mich immer wieder und macht mich demütig. Ihr habt mir erlaubt, so viele Geschichten zu erzählen, so viele interessante, wertvolle und wichtige Figuren mit meinen Worten zum Leben zu erwecken … Es ist ein wahr gewordener Traum, und ohne euch könnte ich das nicht machen und keine dieser Möglichkeiten nutzen.

Ihr seid die GRÖSSTEN!!!

Ich bin nicht gescheitert. Ich habe nur 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben.

Thomas A. Edison

Prolog

Ich traf sie in einer Bar.

Sie hatte eine Bierflasche in der Hand, obwohl sie aussah, als sollte sie Champagner aus einer teuren Flöte schlürfen, und das machte mich auf unerklärliche Weise an. Sie war hübsch und sah in dieser Bar ohne Namen völlig fehl am Platz aus, während sie einem meiner ältesten Freunde gegenübersaß, der zufällig auch ihr lange verschollener Bruder war. Er war der Grund, warum sie hergekommen war. In dem Sekundenbruchteil, in dem ich sie erblickte, wollte ich der Grund sein, aus dem sie blieb.

Ich wusste, dass es unhöflich war und dass die beiden Zeit füreinander brauchten, Zeit, um herauszufinden, was sie füreinander waren, nachdem sie unangekündigt in sein Leben getreten war. Wäre ich ein besserer Freund, hätte ich sie in Ruhe gelassen. So aber machte ich mich auf den Weg zu dem kleinen Tisch und setzte mich hin. Ich war mit Sägemehl bedeckt und hatte Staub von Gipskartonplatten im Haar und im Gesicht, aber sie zuckte nicht mit der Wimper, als ich die Zweiergruppe absichtlich auflöste und mich so nah wie möglich zu ihr setzte, ohne sie zu berühren.

Mein Kumpel Rowdy St. James zog die Augenbrauen hoch, während er uns einander vorstellte, weil ich sie anstarrte. Sayer Cole. Schon ihr Name klang elegant und kultiviert. Sie war ein Rätsel, diese reizende Frau, die überall hingehörte, nur nicht in diese Bar mit uns beiden.

Vor ein paar Monaten war sie aus heiterem Himmel aufgetaucht und hatte behauptet, Rowdys Halbschwester zu sein, hatte behauptet, sie hätten einen gemeinsamen Vater, hatte behauptet, alles, was sie wolle, sei, Teil seines Lebens zu sein und eine eigene Art von Familie zu haben.

Sie wirkte zu zart, um so mutig sein zu können. Sie sah aus, als wäre sie viel zu anständig, wirkte nicht so, als würde sie »Scheiß drauf« sagen und ihr Leben in die Hand nehmen, es an einen unbekannten Ort verlegen, ohne sicher zu sein, dass sie dort willkommen war. Sie sah aus wie Seide, aber wenn meine Vermutung richtig war, dann war es Seide, die um Stahl gewickelt war.

Zum Glück war Rowdy ein guter Kerl. Nach dem Schock, den er erlebte, als er entdeckte, dass er nicht allein auf der Welt war, und als er erkannte, dass er jemanden hatte, der für immer und ewig mit ihm blutsverwandt war, hatte er sich mit dem Gedanken angefreundet, eine Schwester zu haben, und er wusste zu schätzen, dass diese Schwester Sayer war.

Ich mochte Rowdy sehr. Er war ein aufrichtiger Kerl und ein guter Freund, aber ich hatte das Gefühl, dass ich seine neu gefundene große Schwester noch mehr mögen würde. In meiner üblichen taktlosen Art fragte ich ihn, ohne die umwerfende Blondine direkt anzusehen: »Du hast also eine Schwester? Eine heiße, elegante Schwester?« Eine Schwester, die auch Anwältin und so schön und klug war.

Ich erwartete ein Kichern von ihr oder ein Augenrollen angesichts des ungewöhnlichen Kompliments, aber was ich bekam, war ein ungläubiger Blick aus so blauen Augen, wie ich sie noch nie auf der Welt gesehen hatte, der zwischen mir und ihrem Bruder tanzte, als wüsste sie nicht, was sie mit sich selbst oder mit meinem offenkundigen Interesse an ihr anfangen sollte.

Ich dachte, ich wäre zu weit gegangen, hätte die schöne Fremde zu weit aus ihrer Komfortzone gedrängt. Ich bin ein großer Kerl und weiß, dass ich viel wilder und rauer aussehe, als ich tatsächlich bin. Ich dachte mir, dass es zu viel für eine Frau sein könnte, die nicht in ihrer gewohnten Umgebung war und sich bereits fehl am Platz fühlte.

Stattdessen überraschte mich Sayer, und an der Art, wie Rowdy sich verspannte, konnte ich sehen, dass sie auch ihn überraschte. Obwohl sie nicht gerade vor Herzlichkeit übersprudelte oder einem das Gefühl gab, willkommen zu sein, fragte sie mich nach dem aktuellen Projekt, an dem ich arbeitete, nachdem Rowdy erklärt hatte, dass ich Bauunternehmer war und den neuen Tattoo-Laden, in dem er arbeitete, umgebaut hatte.

Sie schien wirklich interessiert zu sein, und als ich ihr erzählte, dass es meine Spezialität ist, alte Häuser zu sanieren und ihnen neues Leben einzuhauchen, leuchteten ihre Augen förmlich auf.

Ich wollte sie berühren, um zu sehen, ob sie sich so glatt und poliert anfühlte, wie sie aussah. Ich wollte Schmutzspuren auf ihrem perfekten Gesicht hinterlassen, um zu zeigen, dass ich sie berührt hatte, dass sie sich von mir hatte berühren lassen. Es war eine urwüchsige und intuitive Reaktion, die ich nicht erklären konnte, und ich mochte dieses Gefühl. Mochte die Schwere in meinem Blut, auch wenn ich wusste, dass dieses Gefühl wahrscheinlich nicht erwidert werden würde.

Sie erzählte mir von einem fantastischen viktorianischen Haus, das sie gekauft hatte, welches in keinem guten Zustand war und das bereits um sie herum zerfiel. Sie bat mich um meine Visitenkarte, und ich sah, wie Rowdy sich auf der anderen Seite des Tisches verspannte. Ich seufzte und strich mir mit einer Hand über mein ohnehin schon unordentliches Haar.

Ihr Blick folgte der leichten Staubwolke, die meinen Haarsträhnen entwich. Ich war großartig in meinem Job, liebte, was ich tat, aber ich konnte nichts mit ihr oder für sie tun, ohne alles aufs Spiel zu setzen. Schon gar nicht, wenn Rowdy mir nur ein paar Meter entfernt den Blick des Todes zuwarf.

Ich kramte meine Karte aus der Brieftasche, und als ich sie ihr reichte, berührten sich unsere Finger. Ich sah, wie sich ihre Augen weiteten und ihre Lippen sich, wenn auch nur leicht, öffneten. Sie sah ein wenig verträumt aus, und ich grinste sie an.

»Nehmen Sie die Karte, aber Sie sollten wissen, dass der Mann, der sie Ihnen gibt, eine Vergangenheit hat.«

Sie blinzelte mich an und räusperte sich. »Was für eine Vergangenheit?«

Das war nichts, was ich einer schönen Frau gern bei unserer ersten Begegnung erzählen wollte. Es war etwas, auf was ich gern hinarbeitete, von dem ich beweisen wollte, dass es hinter mir lag, aber hier schien es, als würde ich diese Chance nicht bekommen.

»Ich erzähle jedem, für den ich arbeite oder der in Erwägung zieht, mich für ein Projekt einzustellen, dass ich eine kriminelle Vergangenheit habe. Ich war einige Jahre lang im Gefängnis, und obwohl ich nicht stolz darauf bin, kann ich nicht leugnen, dass es passiert ist. Ich war hitzköpfig, und das hat mich in Schwierigkeiten gebracht, aber ich bin der Beste in dem, was ich tue, und ich hoffe, dass Sie das nicht davon abhält, mich anzurufen.« Hoffentlich für mehr als nur ein paar Bauarbeiten.

Normalerweise erntete ich ein besorgtes Stirnrunzeln, gefolgt von Hunderten von Fragen darüber, was mich zur Haftstrafe geführt hatte. Von der umwerfenden Blondine bekam ich nichts davon zu hören. Sie neigte den Kopf zur Seite und betrachtete mich einen langen Moment schweigend, bevor sie meine Karte nahm und in ihre Handtasche steckte.

Ich hätte schwören können, Mitgefühl in ihrem Blick zu sehen, als sie mir leise sagte: »Ich erlebe das jeden Tag aus erster Hand. Manchmal versteht das System einfach etwas falsch.« Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, und ich wollte mich vorbeugen und sie küssen. »Menschen machen Fehler. Hoffentlich lernen sie daraus.«

Ich weiß nicht, ob »falsch« in meinem Fall zutreffend war, aber dass sie mich überhaupt nicht verurteilte oder mich zurechtwies, weckte den Wunsch in mir, sie in meine Arme zu ziehen und mich an ihr festzuhalten. Ich hatte einen Fehler gemacht, einen großen Fehler, einen, den ich für immer mit mir herumtragen musste, aber ich hatte daraus gelernt und lernte immer noch daraus.

Diese Art von Verständnis von einer völlig Fremden war so selten, vor allem von jemandem aus dem juristischen Bereich. Ich war es nicht gewohnt, dass mich jemand, nachdem ich erzählt hatte, wo ich gewesen war, anblickte und mich, einfach nur mich sah und keinen Verlierer, der im Knast gesessen hatte. Das war unheimlich erfrischend und anziehend.

Ich konnte nicht ganz begreifen, was in dieser Frau vor sich ging, aber ich würde jede Gelegenheit begrüßen, die sie mir gab, um es herauszufinden. Ich fand ihr äußerlich makelloses und perfektes Auftreten verlockend, wollte es mit meinen dreckigen Händen beschmutzen, und so wie sie mich betrachtete, wie sie sich mir zuwandte, als würde sie sich zu mir hingezogen fühlen, ließ mich glauben, dass nicht nur ich diese unerklärliche Anziehungskraft spürte.

Rowdy ging, und sie blieb.

Wir tranken noch ein paar Bier und sprachen weiter über ihr Haus und darüber, was sie damit machen wollte. Sie hatte bereits einen Bauunternehmer beauftragt, hatte aber das Gefühl, dass der Typ sie übers Ohr hauen wollte. Das kam in der Branche häufig vor, und es würde mich nicht wundern, wenn das tatsächlich der Fall war.

Es fiel mir leicht, Zeit mit ihr zu verbringen. Es machte Spaß, mit ihr zu reden, und es machte Spaß, sie anzuschauen. Ich wollte unbedingt ihr Haus in die Finger kriegen und natürlich auch sie, und ich hatte das Gefühl, dass es ihr vielleicht auch ein bisschen so ging, aber dann machte ich den Fehler, sie nach ihrer Vergangenheit zu fragen.

Ich fragte sie, wo sie gelebt hatte, bevor sie von Rowdy erfuhr und beschloss, nach Denver zu ziehen, um ihn kennenzulernen. Ich war neugierig, was für ein Leben sie geführt hatte, in dem sie alles hinter sich lassen konnte und niemand sie vermisste. Eigentlich wollte ich nur wissen, ob sie irgendwo einen Freund oder Ehemann versteckt hatte, aber die einfache Frage musste einen Nerv getroffen haben.

Im nächsten Augenblick hatte sie auch schon die Rechnung für uns beide bezahlt und war in der Nacht verschwunden. Innerhalb eines Herzschlags wurde sie von strahlend und hell zu abweisend und unantastbar.

Ich dachte, ich hätte meine Chance vertan, weil ich wie immer zu unverblümt gewesen war. Ich ging davon aus, dass sie wahrscheinlich einen anderen hatte und nur deshalb freundlich und höflich gewesen war, weil ich mit ihrem Bruder gut befreundet war. Ich dachte, ich würde nie wieder von ihr hören und war verblüfft, dass der Gedanke daran meine Brust schmerzen ließ und mein Herz sich anfühlte, als würde es zwei Tonnen wiegen.

Stellt euch meine Überraschung vor, als sie eine Woche später anrief und mich mit der Renovierung ihres Hauses beauftragte – ohne Kostenvoranschlag, ohne Vertrag, ohne zu wissen, ob ich auch nur halb so gut war, wie ich behauptete.

Natürlich sagte ich zu, aber ich wusste, dass ich, sobald ich drinnen war, mehr als nur die Wände des Hauses einreißen und umgestalten musste, um etwas Schönes und Dauerhaftes zu erhalten.

Liebe ist entflammte Freundschaft. Man versteht sich wortlos, teilt und vergibt. Sie ist Treue durch gute und schlechte Zeiten. Sie braucht keine Perfektion und vergibt menschliche Schwächen.

Ann Landers

Kapitel 1

Sayer

Sechs Monate später

»Kannst du nicht schlafen?«Bei der sanften Frage fiel mir das Glas Weißwein, das ich wie billiges Bier in mich hineingeschüttet hatte, aus den Fingern. Es schlug auf dem schön aufgearbeiteten Parkettboden neben meinen nackten Füßen auf.

Das Glas zersplitterte, und der Wein spritzte überall hin, als ich mir eine Hand auf die Brust legte und über meine Schulter die blasse junge Frau betrachtete, mit der ich gerade meine frisch renovierte Wohnung teilte und die aussah wie ein Geist. Ihre hellbraunen Augen wirkten in ihrem Gesicht riesig, und wie immer sah sie aus wie ein zartes Rehkitz, das bei jedem Geräusch oder jeder schnellen Bewegung, die ich machte, die Flucht ergreifen würde.

Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und hievte mich vorsichtig aus dem Minenfeld aus Glasscherben, um ein Handtuch und den Besen zu holen und die Sauerei zu beseitigen. »Warum schläfst du nicht, Poppy?«

Ich kannte die Antwort. Das alte viktorianische Haus, das ich vor ein paar Wochen nach dem Umzug nach Denver gekauft hatte, war riesig, besaß drei getrennte Stockwerke, war aus stabilem Holz gebaut, und in jedem Zimmer befanden sich schwere, solide Türen.

All das reichte nicht aus, um die Schreie der jungen Frau, die einen Albtraum nach dem anderen hatte, auszusperren. Sie schrie nicht mehr so häufig wie zu dem Zeitpunkt, als sie bei mir einzog. Tatsächlich riss sie mich kaum noch aus meinen eigenen unruhigen Träumen, aber hin und wieder hörte ich ihre Stimme durch die Wände, hörte herzzerreißende Schluchzer, die über die Dachsparren hallten, und mein brüchiges Herz zerbrach dann fast vor Mitleid.

Sie schob sich ein paar ihrer langen karamellfarbenen Haarsträhnen hinter die Ohren und hob eine Augenbraue. »Schlecht geträumt. Was ist mit dir, Sayer? Warum bist du noch wach?«

Ich räusperte mich, während ich mich bückte, um das Glas zusammenzukehren.

Es war spät.

Ich war wirklich müde.

Morgen hatte ich einen vollen Arbeitstag vor mir, und ich musste früh aufstehen, um noch im Fitnessstudio vorbeischauen zu können, bevor ich ins Büro musste. Außerdem war ich mit einem Anwaltskollegen nach meinem letzten Gerichtstermin des Tages auf einen Drink verabredet. Diesen Termin hatte ich bereits zweimal verschoben und konnte ihn nicht noch einmal verschieben, ohne dass es ziemlich unfreundlich wirken würde.

Das alles mit nur wenigen Stunden Schlaf zu schaffen, war nicht gerade ideal, aber ich hatte mich in letzter Zeit daran gewöhnt, auf Sparflamme zu laufen. Auch ich hatte Träume, die mich mitten in der Nacht aufweckten, die mich durchschüttelten, meinen Körper erhitzten und zu sehr aufwühlten, als dass ich im Bett bleiben konnte.

Nur waren meine Träume nicht schrecklich – sie waren gut.

Oh, so verdammt gut. Sie waren besser als gut. Es waren die besten Träume, die ich je gehabt hatte. Zur Hölle, die Träume waren besser als jede reale sexuelle Erfahrung, die ich jemals gemacht hatte, selbst im wachen Zustand. Es waren die Art von Träumen, die mich selbst aus dem Tiefschlaf aufschrecken ließen, während ich keuchte und schwitzte. Ich wachte auf, drehte mich in meinen Laken und berührte mich selbst, weil der Mann, der in jedem einzelnen von ihnen die Hauptrolle spielte, nicht da war.

Kontrolle war alles für mich, und Zeb Fuller brachte mich dazu, sie zu verlieren, selbst wenn er in seinem eigenen Bett auf der anderen Seite von Denver fest schlief.

Ich hatte ihm ein Vermögen dafür gezahlt, dass er dieses baufällige, heruntergekommene, erbärmliche Haus in ein stattliches, weiträumiges und prächtiges Heim verwandelte, und so hatte Zeb nicht nur meine unanständigen mitternächtlichen Träume in der Hand, sondern auch meine realen.

Vor ein paar Wochen hatte er den letzten Teil der Renovierung abgeschlossen, und seitdem vermisste ich das Hämmern und Bohren und das Grollen seiner tiefen Stimme. All die schmutzigen, sexy Dinge, die ich mir insgeheim von ihm wünschte, verfolgten mich bis ins Traumland und sorgten für unruhige Morgen und dunkle Ringe unter meinen Augen. Ich war ohnehin schon blass, daher konnte ich den Beweis für Zebulon Fullers Wirkung auf mich unmöglich verbergen.

Es war eigentlich ganz einfach. Ich war verknallt und konnte es nicht abschütteln, und das machte mir Angst.

Ich fühlte mich aus dem Gleichgewicht gebracht, unsicher und so verdammt sexuell frustriert, dass ich mir am liebsten alle meine langen blonden Haare an den Wurzeln ausgerissen hätte, nur um mich abzulenken.

Ich fluchte leise. Eine Glasscherbe hatte mir, während ich mich bückte, um den Dreck in die Kehrschaufel zu befördern, in die Fingerspitze geschnitten. Ich steckte mir den blutenden Finger in den Mund und seufzte verärgert.

Noch bevor ich laufen konnte, hatte ich gelernt, dass es eine Schwäche war, Emotionen zu zeigen. Es war ein fataler Fehler, der damit endete, dass man in Tränen ausbrach, während der Sieger über der eigenen verletzten, heulenden Gestalt thronte und einen mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu ansah.

Ich hätte nicht zusammenzucken sollen, als Poppy mich erschreckt hatte. Ich sollte aus einem kälteren Material sein als sie. Ich blieb von allem unberührt – immer. Poppy starrte mich immer noch mit großen Augen neugierig an, also zog ich meinen Finger aus dem Mund und wischte ihn an der Leggins ab, die ich immer im Bett trug.

»Ich hatte auch seltsame Träume. Ich dachte, ein Glas Wein würde mir helfen, wieder einzuschlafen.« Mein Ton war frostiger als beabsichtigt, aber alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen. Meine Coolness war mir zur Gewohnheit geworden, und sie war meine Rüstung.

Sie verlagerte ihr Gewicht ein wenig, und wieder fühlte ich mich an ein ängstliches Waldtier erinnert, das immer bereit war, vor einer Gefahr zu fliehen. Sie war so hübsch, so zart, und niemand sollte das ertragen müssen, was diese junge Frau in ihrem kurzen Leben durchgemacht hatte.

Poppy Cruz war nur ein paar Jahre jünger als ich, achtundzwanzig, aber wenn ihre bernsteinfarbenen Augen mich mit diesem Wissen musterten, das sich uralt anfühlte, schien es, als sei sie mir Äonen voraus, sowohl was das Leben als auch was die Erfahrung anging. Und das, obwohl ich von einem tyrannischen Vater großgezogen worden war und meine Mutter, die ihn liebte und bis zu ihrem letzten Atemzug versuchte, es ihm recht zu machen, hatte beerdigen müssen, bevor ich alt genug war, um Auto zu fahren.

Meine prägenden Jahre hatte ich damit verbracht, zu versuchen, einem Standard gerecht zu werden, den ich nie hatte erreichen können, und den Verlust einer Frau zu betrauern, die ich gleichermaßen liebte und verabscheute.

»Du hattest viele schlaflose Nächte, seit Zeb die Arbeiten am Haus beendet hat. Du wirkst … unruhig.«

Ich wollte vor Verärgerung über mich selbst mit den Augen rollen, hielt mich aber zurück. Niemand sollte mich so sehen. Meine Risse begannen sich zu zeigen, und das ging mir auf die Nerven.

War »unruhig« ein anderes Wort für so heiß, dass man die Wände hochklettern will? Falls ja, war ich auf jeden Fall unruhig. Und ich kam mir lächerlich dabei vor. Noch nie hatte mich der bloße Gedanke an einen Mann abgelenkt oder mich die dringend benötigte Nachtruhe gekostet. Ich sollte eigentlich mehr Selbstbeherrschung haben.

Ich schüttete die Glasscherben in eine Plastiktüte und warf alles in den Müll. Es dauerte noch ein paar Minuten, um den Wein aufzuwischen, der auf dem Boden gelandet und auf die Schränke und den unteren Teil des Kühlschranks gespritzt war.

»Ich schätze, ich habe mich daran gewöhnt, im Chaos einer Baustelle zu leben. Jetzt wirkt alles so ordentlich und aufgeräumt. So neu. Ich bin sicher, ich werde mich daran gewöhnen. Das ist mein Traumhaus; das ist, was ich immer wollte. Ich glaube, die Tatsache, dass ich es endlich habe, habe ich noch nicht ganz verarbeitet. Das ist alles.«

Ich war in einem Haus aufgewachsen, in dem das, was ich wollte oder brauchte, nicht erlaubt war. Die Tatsache, dass ich etwas hatte, was mir gehörte, das greifbar, solide und real war, etwas, was vom Makel der Vergangenheit unberührt war, raubte mir immer noch den Atem, wenn ich darüber nachdachte.

Ich vergewisserte mich, dass alles wieder makellos war, und holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, bevor ich mich erneut Poppy zuwandte. Leise sagte sie: »Ich dachte, du vermisst es vielleicht, Zeb um dich zu haben. Es ist schwer, ihn zu übersehen.«

Er war mit Sicherheit nicht zu übersehen.

Zeb war groß, tätowiert und gebaut wie ein Kerl, der schweres Zeug herumschleppt und einen Hammer schwingt, der Thor alle Ehre machen würde. Gelinde gesagt, er war beeindruckend. Aber es ging über die durch Arbeit gehärteten Muskeln, den tief hängenden Werkzeuggürtel und den lockeren Charme, den er so mühelos versprühte, hinaus.

Da war etwas Felsenfestes und so Sicheres in seinen dunkelgrünen Augen, was aufleuchtete, wenn er die Welt um sich herum und die Menschen in ihr betrachtete. Er verströmte Sicherheit, gab einem das Gefühl, ihm vertrauen zu können, wenn er einen Menschen ansah. Als wüsste er ohne jeden Zweifel, dass das, was er zu bieten hatte, tausendmal besser war als das, was die anderen im Raum anboten.

Gott, ich konnte kaum ertragen, wie heiß er war, wenn er lächelte und sich mit der Hand über seinen akkurat gestutzten Bart strich. Vor allem wenn dieses Lächeln und wissende Grinsen direkt auf mich gerichtet waren.

Ich hatte mich nie für Bärte interessiert und dachte immer, ich würde einen gepflegten, gut gekleideten Mann bevorzugen. Einen Mann, der in Anzug und Krawatte gut aussah und alles über teures Parfüm und Haarpflege wusste.

Wie sich herausstellte, war der Mann, der meine normalerweise stumme Libido wiedererwecken konnte, ein Kerl, der aussah, als könnte er einen Baum mit einem Hieb fällen, und der widerspenstiges dunkelbraunes Haar besaß, das so aussah, als hätte es selten einen Kamm oder eine Bürste gesehen, geschweige denn irgendeine Art von Haarpflegeprodukt. Es war ein Kerl, der ein verschwitztes T-Shirt und zerrissene Jeans wie High Fashion aussehen ließ.

Er hielt mich die ganze Nacht wach, während ich mir vorstellte, wie sich diese arbeitserprobten Hände anfühlen würden, wenn sie über meine nackte Haut glitten.

Ich wusste nicht, was Zeb Fuller mit mir oder meinem gesunden Menschenverstand angestellt hatte. Ich wusste nur, dass er mich nachts wach hielt, und ich ärgerte mich jedes Mal über mich selbst, wenn ich eiskalt reagierte, während er mit mir flirtete. Ich hasste es, dass ich mich in seiner Nähe nicht normal benehmen konnte, weil ich ihm am liebsten die Kleider vom Leib gerissen und mich auf ihn gestürzt hätte. Diese Gefühle waren mir fremd gewesen, also unterdrückte ich sie zu meinem eigenen Schutz.

Meine Unbeholfenheit und Ungeschicklichkeit angesichts Zebs offenkundiger Männlichkeit führten dazu, dass ich in unseren Gesprächen nie mehr als Höflichkeitsfloskeln, Klischees und Plattitüden zustande brachte, was ihm zweifellos den Eindruck vermittelte, ich sei nichts weiter als eine hochnäsige Bitch. Ich hatte nie die Absicht, ihn wie einen Untergebenen zu behandeln, aber irgendwie hatte ich genau das getan.

Und jetzt waren die Arbeiten abgeschlossen, Zeb schon lange weg, und ich hatte Phantomorgasmen, wenn ich nur daran dachte, seine Hände und seinen Mund auf mir zu spüren, während ich mich in meinem sehr leeren und sehr einsamen Bett hin und her wälzte.

Ja, ich vermisste es, ihn um mich zu haben. Ich vermisste es, ihn zu sehen, ihn zu hören und sogar diesen einzigartigen Duft zu riechen, den alle Männer, die hart für ihr Geld arbeiteten, zu haben schienen. Schweiß gemischt mit etwas, was einfach nach harter Arbeit, vollbrachter Leistung und Sexappeal schrie.

Ich schob mein langes Haar zurück und zog die Augenbrauen hoch, um Poppy einen ähnlichen fragenden Blick zuzuwerfen wie der, mit dem sie mich ansah.

»Du scheinst nichts dagegen zu haben, dass er im Haus herumstreunt, während er hier ist«, sagte ich beiläufig.

Poppy hatte schreckliche Erfahrungen mit ihrem gewalttätigen Ex-Mann gemacht, und seither scheute die schöne junge Frau jeden körperlichen Kontakt mit dem anderen Geschlecht, auch mit meinem Bruder, bei dem sie aufgewachsen war.

Es war immer schlimmer geworden, und als die Umbauarbeiten am Haus begannen, hatte ich mir Sorgen gemacht, wie Poppy damit umgehen würde, dass so viele fremde Männer in dem Haus ein und aus gingen, das ihr Zufluchtsort gewesen war, seit sie sich von ihrer Entführung erholt hatte. Anfangs verließ sie ihr Zimmer gar nicht mehr, während Zeb und seine Leute in dem viktorianischen Haus herumhämmerten. Sie verbrachte üblicherweise den ganzen Tag dort mit einer Kommode vor der Tür.

Eines Abends sollte ich früher nach Hause kommen, um mit Zeb Farbmuster durchzugehen, aber es wurde dann doch später. Als ich endlich im Haus ankam, fand ich den bärtigen Riesen und die zerbrechliche Blume mit zusammengesteckten Köpfen vor, während sie sich in meiner halb fertigen Küche Farbmuster ansahen. Ich war so verblüfft, dass ich, als Zeb sagte, Poppy bevorzuge für die Wände einen ungewöhnlichen rötlich orangenen Farbton, blind zustimmte, obwohl ein neutraler und ruhiger Farbton viel mehr meinem persönlichen Stil entsprach.

Als die schockierend bunte Farbe an den Wänden prangte, war ich überrascht, wie sehr sie mir gefiel. Es dauerte noch ein paar Tage, bis mir klar wurde, dass die Farbe an ein Mohnfeld erinnerte, und ab da gefiel sie mir noch mehr. Als Zeb ging, entlockte ich Poppy vorsichtig, wie der große Mann sie aus ihrer Festung bekommen hatte.

Eigentlich war es ganz einfach gewesen. Er hatte ihr gesagt, er brauche die Meinung einer Frau. Er wollte sichergehen, dass er das Richtige tat und hatte ihr die Wahl und die Kontrolle überlassen. Wenn ich ihn nicht schon vorher hätte küssen wollen, hätte ich mich spätestens da am liebsten auf ihn gestürzt, weil er verstanden hatte, dass Poppy die Zügel in ihrem Leben wieder in die Hand nehmen musste.

Zeb Fuller war ein netter Kerl. Ähm … ein netter Kerl, an den ich immer wieder denken musste und den ich mir nackt vorstellte. Er hatte Tätowierungen auf beiden Seiten seines Halses und einige, die unter dem Kragen seines Hemdes herausschauten. Seine Handrücken zierten Tattoos, und seine beiden Arme waren mit wilden Wirbeln und Mustern übersät. Ich wollte sehen, was sonst noch auf seiner Haut zu finden war, und dann wollte ich mit meiner Zunge über jeden einzelnen Zentimeter davon fahren.

Poppy räusperte sich und ging zum Kühlschrank, um sich eine Flasche Wasser zu holen. Sie lehnte sich neben mich an die Kücheninsel mit der schicken Marmorplatte und seufzte leise. Selbst die Geräusche, die sie machte, klangen wie eine zerbrechliche Blume, die darum kämpfte, sich im Wind aufrecht zu halten.

»Ich mag Zeb. Es hat mich überrascht, aber ich mag ihn wirklich. Er erinnert mich an Rowdy, und er hat mich nicht angesehen, als wäre ich kaputt. Nicht ein einziges Mal. Irgendwann werde ich dieses Haus verlassen müssen und wieder arbeiten gehen, und ich weiß, das bedeutet, ich muss aufhören zu denken, jeder Mann da draußen will mir wehtun. Zeb ist riesig; ich meine, er ist einfach so groß, aber nichts an ihm ist bedrohlich oder Furcht einflößend, wenn man ihn erst einmal kennengelernt hat. Ich denke, er war eine gute Übung für mich, und ich finde es toll, wie die Küche geworden ist. Ich wäre gestorben, wenn sie am Ende schrecklich ausgesehen hätte, denn es war die erste Entscheidung, die ich seit langer Zeit allein getroffen habe.«

Rowdy war mein jüngerer Bruder, von dessen Existenz ich bis vor einem Jahr nichts gewusst hatte, bis mein Vater starb und seine Geheimnisse in seinem Testament schwarz auf weiß hinterließ. Rowdy war in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen als ich, bei Poppy und ihrer älteren Schwester Salem.

Nach einiger Zeit und einigen Tragödien hatten Rowdy und Salem herausgefunden, dass sie schon immer füreinander bestimmt gewesen waren, was bedeutete, dass er sich noch mehr um Poppy und ihren derzeitigen Geisteszustand kümmerte, als er es normalerweise tun würde. Sie gehörte zur Familie, und jetzt, da ich Rowdy gefunden und mein altes Leben hinter mir gelassen hatte und durchs halbe Land gezogen war, um ihn kennenzulernen, gehörte ich auch dazu.

Der letzte Versuch meines Vaters, mich zu verletzen, seine letzte grausame Manipulation, war das beste und einzige Geschenk gewesen, das er mir je gemacht hatte.

Ich streckte meinen Arm aus und legte ihn um Poppys dünne Schultern, damit ich sie drücken konnte. Im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester fehlte Poppys Gestalt jede Art von Kurven oder Rundungen. Sie war ein Waisenkind, und manchmal glaubte ich, sie würde sich jeden Moment vor meinen Augen in Luft auflösen. Ich war auch nicht sonderlich überrascht, als sie sich aus meinem Griff befreite. Poppy war nicht der größte Fan von Berührungen, selbst wenn sie von jemandem kamen, dem sie vertraute.

»Ich kann ihn anrufen, damit … ich weiß nicht, ich ihn bitten kann, eine Terrasse oder einen Zaun zu bauen oder so, falls du mehr Übung brauchst.« Das war nur halb im Scherz gesagt. Ich hätte gern eine Ausrede dafür gehabt, um ihn wieder in meine Nähe zu holen, damit ich ihn anstarren konnte.

Poppy lachte, und es war ein so seltener und kostbarer Laut, dass sich mir das Herz zusammenzog. Ich hatte noch nie eine Mitbewohnerin gehabt, hatte meinen Wohnraum noch nie mit jemandem geteilt und hatte, außer meinen Mandanten, noch nie jemanden gehabt, dem ich meine Zeit widmen konnte.

Ich schätzte die Zeit, die ich mit dieser jungen Frau verbrachte, sogar so sehr, dass ich mich oft fragte, ob Poppy auf ihrem Weg, ihr Leben zurückzuerobern, mehr als nur sich selbst heilte.

Ich weigerte mich, die Narben und Wunden anzuerkennen, die sich tief in meine Psyche gegraben hatten und die in meiner Seele eiterten, weil ich in der Obhut meines Vaters aufgewachsen war. Aber gelegentlich sagte Poppy etwas oder berührte mich, oder mein kleiner Bruder rief an, um zu fragen, wie es mir geht, und alte Verletzungen, die ich absichtlich ignorierte, begannen zu kribbeln, weil sie versuchten, zusammenzuwachsen, obwohl ich ihre Existenz beharrlich leugnete.

»Nein, aber danke für das Angebot. Rowdy ruft mich jeden Donnerstagabend an, wenn Salem mit ihren Freundinnen ausgeht, und fragt mich, ob ich mit ihm essen gehe. Ich sage immer Nein, weil ich Panik davor habe, mit ihm allein zu sein und mich in der Öffentlichkeit all diesen Menschen stellen zu müssen, aber ich denke, wenn er das nächste Mal fragt, kann ich zusagen. Ich schaffe das.«

Ich nickte und versuchte, nicht übermäßig aufgeregt zu wirken. Ich wollte sie in keiner Weise unter Druck setzen.

»Das wird ihn sehr freuen, und ich denke, es wäre gut für euch beide.« Ich stupste sie mit meinem Ellbogen an. »Und wenn du willst, dass ich früher Feierabend mache, oder kommen soll, weil die Situation dich überfordert, sag es einfach, und ich bin da.« Rowdy würde es verstehen, falls sie mich als Puffer brauchen sollte. Er verstand es immer.

Sie schenkte mir ein winziges Grinsen. Es erinnerte mich an das Grinsen eines Kükens, das zum ersten Mal versuchte zu fliegen.

»Ich danke dir. Das bedeutet mir sehr viel.« Sie umrundete die riesige Kücheninsel und steuerte auf ihr Zimmer zu. Es lag auf der Rückseite des Hauses und befand sich so weit von meinem Schlafzimmer auf dem umgebauten Dachboden entfernt wie möglich.

Sie wusste, dass ihre Angstschreie weithin zu hören waren, und hatte deutlich gemacht, dass sie mich so wenig wie möglich stören wollte, während sie sich in meinem Haus erholte. »Gute Nacht, Sayer. Träum was Schönes.«

In ihrer Stimme lag ein Hauch von Neckerei, der mich glauben ließ, dass ich vielleicht doch nicht so gut hatte verbergen können, was – oder besser gesagt, wer – mich nachts wach hielt. Ich seufzte und machte mich auf den Weg in mein eigenes Zimmer.

Zeb hatte den heruntergekommenen Dachboden des Hauses in einen Rückzugsort verwandelt, den jeder lieben würde. Er war modern, besaß aber immer noch den nostalgischen Charme eines alten Hauses. Die Farben waren allesamt blasse Grau– und sanfte Blautöne. Es war ein Ort, an dem ich nach einem anstrengenden Tag vor Gericht oder wenn mich ein Mandant und sein Fall nicht losließen, den Rest der Welt ausblenden konnte.

Zeb hatte mir in meinem Haus ein Paradies erschaffen, und das Einzige, was ich noch besser gefunden hätte, wäre, wenn er sich ausziehen und mit mir in das riesige Himmelbett steigen würde.

Ich verfluchte mich selbst, während ich die verknoteten Laken und die in alle Richtungen geworfenen Kissen betrachtete. Mein imaginärer Zeb löste mehr Reaktionen in mir und in meinem Körper aus, als es mein realer Ex-Verlobter je getan hat.

Ich war jahrelang mit Nathan zusammen, und nicht ein einziges Mal hatte er meinen Körper zum Beben oder dazu gebracht, sich aufzubäumen, und er hatte mich auch nicht von Kopf bis Fuß zittern lassen, kurz davor, sich in einer Explosion aufzulösen, die jede nur denkbare süße Hitze in sich barg.

Das war der Grund, warum ich so lange in dieser Beziehung geblieben war. Es hatte keine Leidenschaft, keinen überwältigenden Ansturm von Lust und Verlangen gegeben. Damit hätte ich ohnehin nicht umgehen können. Nathan war sicher, einfach, und ich hatte nicht so tun müssen, als würde ich nichts empfinden, denn ich hatte tatsächlich nichts anderes empfunden als die fade Sicherheit, die mir das Zusammensein mit ihm bot.

Es war nicht so, dass mit Nathan etwas nicht gestimmt hätte. Er war nett. Er hatte einen guten Job. Er sah gut in einem Anzug aus und mochte die Dinge, die ich auch mochte … na ja, all die Dinge, von denen ich mir selbst eingeredet hatte, dass ich sie mochte, bis mein Vater starb und mein Leben auf den Kopf gestellt wurde.

Und ich glaube wirklich, dass Nathan mich geliebt hat, obwohl ich nicht sehr gefühlsbetont war und viel zu viel arbeitete. Er mochte mich sehr, obwohl wir beide wussten, dass ich ihn im Schlafzimmer nie umhauen würde, und dass er nie meine oberste Priorität sein würde.

Erst nach dem Tod meines Vaters und dem Auftauchen meines Bruders wurde mir klar, dass diese Beziehung eigentlich nichts war, was ich mir gewünscht hatte, ganz gleich, wie viel Mühe Nathan sich gab und wie sehr er behauptete, meine frostige Persönlichkeit zu akzeptieren. Es war eine Beziehung, die ich eingegangen war, um meinen Vater glücklich zu machen und um ihn mir vom Hals zu halten. Ich hatte mich für Nathan entschieden, weil es das war, was von mir erwartet wurde.

Ich wusste, dass Nathan etwas Besseres verdient hatte als jemanden, der nur das Nötigste machte, um die Beziehung am Leben zu erhalten, und so löste ich trotz seiner Proteste und seiner Beteuerungen, dass er nur mich wollte, die Verlobung, packte meine Sachen und zog nach Colorado auf der Suche nach einem neuen Leben und einer neuen Familie.

Ich bekam beides. Zudem wurde ich auch ziemlich wachgerüttelt, als sich ein schmutziger, unverschämter und schroffer Zeb Fuller mir gegenüber an einen winzigen Bartisch setzte, während ich mit Rowdy sprach.

Die Art und Weise, wie Zeb auf mich wirkte, war einer der Hauptgründe dafür, dass ich das für morgen mit Quaid Jackson vereinbarte Rendezvous nicht absagen wollte. Quaid schien die Art von Mann zu sein, der zurückhaltende Blondinen mochte, die sich vor einem Richter wohler fühlten als zwischen den Laken, und es schadete nichts, dass er auch noch verdammt gut aussah und überdurchschnittlich charmant war.

Für Typen wie Quaid war der Begriff »Ladykiller« erfunden worden, und in seiner Nähe zu sein war angenehm, fühlte sich warm an, aber im Allgemeinen blieb ich dennoch unberührt. Diese Gefühle waren mir vertraut. Bei Quaid geriet ich nicht in Panik oder wollte mich nackt ausziehen und auf ihn werfen. Quaid war sicher.

Er war ein Strafverteidiger, der in Denver einen legendären Ruf besaß. Wir hatten uns kennengelernt, als meine Kanzlei vor nicht allzu langer Zeit seine sehr chaotische und sehr öffentliche Scheidung abwickelte, also hoffte ich wirklich, dass er nur ein freundschaftliches Treffen im Sinn hatte, denn der Mann konnte auf keinen Fall schon bereit sein, sich auf etwas Ernstes einzulassen, nach dem Rosenkrieg, den er gerade durchgemacht hatte.

Ich hoffte, wenn ich Zeit mit dem blonden Anwalt verbringen und ihm meine Aufmerksamkeit schenken würde, könnte das meine Hormone dazu bringen, sich zusammenzureißen und aufhören, Zebs Namen zu schreien. Nach der heutigen Nacht war ich mir nicht mehr so sicher, ob das funktionieren würde, aber um Himmels willen, ich brauchte dringend Schlaf.

Ich strich die Laken glatt, legte die Kissen dorthin zurück, wo sie hingehörten, und machte das Licht aus. Ich starrte an die Decke und betete, dass der Rest der Nacht frei von Zeb sein würde. Sobald meine Augenlider schwer wurden und der Schlaf sich ankündigte, fragte ich mich, wie es wohl wäre, einen Mund zu küssen, der sich in einem Bart versteckte, und das führte natürlich zu Gedanken darüber, wie sich diese Gesichtsbehaarung anfühlen würde, wenn sie über andere Teile meines Körpers strich.

Meine Augen weiteten sich, ich stöhnte und gab auf. Es war entweder Zeit für eine kalte Dusche oder für meinen batteriebetriebenen Freund. Nichts davon klang so angenehm wie die Träumereien, die mich wach hielten. Aber ein Mädchen musste tun, was es tun musste. Leider hatte ich mich in letzter Zeit viel zu oft selbst um meine Bedürfnisse kümmern müssen.

Dummes, unlogisches Verliebtsein. Es war eine Qual, und mich tröstete nur der Gedanke ein wenig, dass ich in der Vergangenheit immer zu kalt, zu distanziert meinen Gefühlen gegenüber gewesen war, um so etwas zu empfinden. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich verliebte, und es fühlte sich an, als könnte es mich möglicherweise umbringen.

Kapitel 2

Zeb

Ich drehte den Kopf, als einer der Jungs aus meinem Team meinen Namen rief, und bedauerte sofort, dass ich mich so aus meiner Konzentration hatte reißen lassen. Hinter der Mundschutzmaske, die ich zum Schutz meiner Lunge vor all den tödlichen Dingen, die in diesen alten Häusern in den Wänden steckten, trug, stieß ich eine Tirade von Schimpfwörtern aus.

Der Hammer, den ich gerade geschwungen hatte, war mir voller Wucht auf den Daumen gekracht. So etwas kam in meinem Beruf vor, aber in letzter Zeit häuften sich solche dummen, vermeidbaren Unfälle, weil ich mit den Gedanken an meinem letzten Job festhing – oder vielmehr an der umwerfenden Blondine, die mich dafür angeheuert hatte.

Einer meiner jüngeren Mitarbeiter, Julio, schluckte, als er meinen mörderischen Gesichtsausdruck und die Art, wie ich meine Hand hielt, bemerkte. Er hob seine eigenen Hände in einer Geste der Kapitulation, bevor ich überhaupt ein Wort sagte.

Mein Geduldsfaden riss in letzter Zeit häufiger als sonst, und die Jungs, die meine Crew bildeten, hatten das offensichtlich bemerkt. Ich kam mir wie ein Idiot vor, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich konnte einfach nicht aufhören, an Sayer Cole und ihre endlosen Beine und ihr kühles Auftreten zu denken, und nichts, was ich tat, konnte mich von diesen Gedanken ablenken.

»Was?!« Ich zog die Schutzmaske von meinem Gesicht und zwang mich, die Frage in einem ruhigen Ton zu stellen, anstatt sie rauszubrüllen. Ich schnippte mit dem Zeigefinger über meinen pochenden Daumen und fluchte. Es brannte, als stünde er in Flammen. Ich hatte ihn gut erwischt. Unter dem Arbeitshandschuh hatte er sich bestimmt bereits hübsch schwarz-blau verfärbt, und ich konnte von Glück reden, wenn der Fingernagel nicht abfiel.

»Draußen ist eine Dame, die dich sehen will.« Ich brauchte eine Sekunde, um Julios von einem schweren Akzent unterlegte Worte zu verstehen.

Ich hob eine Augenbraue und steckte meinen Hammer in die dafür vorgesehene Stelle an meinem ledernen Werkzeuggürtel, der tief auf meiner Hüfte hing. »Weshalb will sie mich sehen? Kommt sie von der Stadt? Oder ist sie einer der Nachbarn?«

Als ich anfing, historische Häuser zu renovieren, um ihnen ihren ursprünglichen Glanz zurückzugeben, kamen immer wieder Beamte vorbei, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Ich war ziemlich gut darin, diese Häuser in etwas völlig Neues und Fantastisches zu verwandeln, aber dafür musste ich trotzdem die richtigen Lizenzen und Genehmigungen einholen.

Julio kratzte sich im Nacken und errötete ein wenig. »Ich habe nicht gefragt. Aber sie ist wirklich süß.« Der Junge war jung, noch nicht einmal aus dem Teenageralter heraus, aber er war ein verdammt harter Arbeiter und wirklich gut mit seinen Händen. Auch wenn er nicht immer das hellste Mitglied des Teams war, wusste ich, dass er sich noch entwickeln würde. Er brauchte nur eine Chance und jemanden, der an ihn glaubte.

Ich fuhr mir mit den Händen durch die Haare und schnaubte, als eine Wolke aus jahrhundertealtem Gipsstaub aufstieg. Ich war mit allen möglichen Arten von Dreck vom Bau bedeckt … das war ich immer.

»Inspektoren können weiblich und auch attraktiv sein, Julio.«

Der Junge verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und blickte auf den Fußboden, den wir gestern den ganzen Tag lang in dem traditionellen Haus im Landhausstil der 1870er Jahre – mein neuestes Renovierungsprojekt – verlegt hatten.

»Ich weiß. Sie fragte nur, ob Zebulon Fuller vor Ort sei, und ich sagte ihr, du bist es. Sie ging zur Haustür, ohne Schutzhelm oder Maske, und ich sagte ihr, dass das Haus nicht sicher sei. Ich glaube nicht, dass sie ein Inspektor ist oder so. Sie scheint ein wenig …« Er zeigte mir einen Vogel und deutete damit an, dass er die Frau für durchgeknallt hielt.

Ich seufzte. Wenn sie kein Inspektor war, war sie wahrscheinlich eine wütende Nachbarin, die sich über den Baulärm oder die Unordnung beschweren wollte. Das passierte ständig, aber im Laufe der Jahre war ich ziemlich gut darin geworden, den Frieden zu bewahren, während mein Geschäft wuchs und wuchs und gleichzeitig meinen Namen immer bekannter machte.

»In Ordnung, ich kümmere mich darum. Kannst du die Wand fertig entkernen und den Putz abschlagen, damit wir morgen die Trockenbauwand hochziehen können? Trag eine Maske. Die alte Farbe ist gefährlich.« Ich musste so oft Bleifarben aus diesen alten Häusern entfernen, dass ich mich als Bauunternehmer für die Beseitigung von Bleifarben hatte zertifizieren lassen.

Meine Arbeit war nie einfach, und es gab immer viele Hürden zu überwinden, aber ich lebte für das Gefühl der Befriedigung, das ich erhielt, wenn ich verrottete und zerfallene Gebäude vor dem Abriss oder dem Bulldozer bewahrte. Ich liebte es, etwas, was sonst niemand wollte oder an das niemand glaubte, eine zweite Chance zu geben.

Ich schüttelte den restlichen Staub aus meinen Haaren und fuhr mir mit den Händen über den Bart, um das, was sich dort festgesetzt hatte, wegzuwischen. Ich war mir sicher, dass ich aussah, als hätte ich mich in Babypuder gewälzt, aber es gab nicht viel, was ich dagegen machen konnte.

Ich steckte mitten in der Arbeit und hatte keine Zeit für ungebetene Gäste – egal, ob sie persönlich vor mir standen oder mir nicht mehr aus dem Kopf gehen wollten. Ich hatte schon genug Ablenkung in Form einer reizenden Anwältin, die meine Gedanken nicht mehr losließ. Mein immer noch schmerzender Daumen war der Beweis dafür.

Ich trat aus dem Loch in der Vorderseite des Hauses, wo die ursprüngliche Tür längst von Hausbesetzern oder Unbefugten eingetreten und unbrauchbar gemacht worden war, und erblickte sofort eine junge brünette Frau, die in der Tat sehr gut aussah und auf dem toten Rasen auf und ab ging. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wirkte so aufgeregt, dass ich wusste, worüber auch immer sie mit mir reden wollte, es würde kein Spaß werden.

Ich warf einen bösen Blick auf das Schild im Hof, auf dem »Fuller Construction« stand, zusammen mit meinem Namen und meiner Telefonnummer. Es wäre nicht allzu schwer für sie gewesen, herauszufinden, wer für das Projekt verantwortlich war. Während ich mich der Frau näherte, zügelte ich meine miese Laune und zwang mich zu einem hoffentlich angenehmen und professionellen Lächeln.

»Ich habe gehört, dass Sie mich suchen. Ich bin Zeb Fuller, was kann ich für Sie tun?«

Die Frau hielt in ihrem angespannten Herumlaufen inne, und ich sah, wie ihre Augen groß wurden, als sie mich erblickte. Diese Reaktion bekam ich oft, sowohl von Männern als auch von Frauen, also überraschte es mich nicht. Ich war ein großer Kerl – wirklich groß – und auf beiden Seiten meines Halses und auf meinen beiden Handrücken tätowiert, was mich oft viel größer und viel bedrohlicher auf die Leute wirken ließ, als ich tatsächlich war. Der Bart und die Tatsache, dass ich aussah, als könnte ich das Haus hinter mir mit bloßen Händen dem Erdboden gleichmachen, hatten die Frau offensichtlich verunsichert.

Sie hob ihre Arme und führte zitternd eine Hand zum Mund. Es war an mir, die Augen aufzureißen, als die Frau plötzlich anfing zu weinen. Es waren keine kleinen tröpfelnden Tränen, sondern große, kräftige Schluchzer, die ihren kleinen Körper von Kopf bis Fuß schüttelten. Ich machte instinktiv einen Schritt nach vorn, woraufhin sie sofort einen Schritt zurückwich. Ich hielt meine Hände vor mich, um ihr zu zeigen, dass ich ihr nichts Böses wollte, und trat ebenfalls einen Schritt zurück, um ihr etwas Raum zu geben.

»Hey, Sie haben nach mir gesucht. Sie sind auf meiner Baustelle. Ich bin nur gekommen, um herauszufinden, was Sie von mir wollen.« Ich hasste es, Frauen weinen zu sehen. Es machte mich fertig.

Als ich aufwuchs, hatte es nur mich, meine ältere Schwester und meine Mutter gegeben. Mein Vater war abgehauen, als ich klein war. Ich konnte mich nicht einmal an sein Aussehen erinnern, und daher war ich immer der Mann im Haus gewesen. Ich hatte noch nie zugelassen, dass jemand die Frau, die ich liebte, zum Weinen brachte. Als die Frau mir gegenüber also in Tränen ausbrach, schaltete ich sofort in den Beschützer-Modus.

»Es tut mir wirklich leid, wenn ich Sie erschreckt habe.«

Sie beugte sich vor und stützte ihre Hände auf die Knie, während sie hörbar tief einatmete. Ihr lockiges Haar fiel nach vorn über ihre Schulter und verdeckte ihr Gesicht. Ich konnte sehen, dass ihre Schultern immer noch zitterten. Sie hob eine Hand und würgte hervor: »Geben Sie mir eine Minute. Sie sehen genauso aus wie er, und das hat mich für eine Sekunde aus der Fassung gebracht.« Ich begann mir wirklich Sorgen zu machen. Sie atmete immer noch schwer und redete wirr.

Jetzt war ich derjenige, der die Arme vor der Brust verschränkte, während ich beobachtete, wie sie sich wieder zusammenriss. Es brauchte eine Weile.

»Ich kann Ihnen nicht folgen. Ich sehe so aus wie wer?

Sie richtete sich wieder auf und fuhr sich mit den Händen durch ihr wild gelocktes Haar. Ihr Blick wanderte von meinem Scheitel bis zu den Spitzen meiner abgetragenen Arbeitsstiefel, und als sie ihre Musterung beendet hatte, schüttelte sie den Kopf. Das war nicht die typische Reaktion, die ich bekam, wenn eine Frau mich so genau betrachtete, aber ich nahm sie hin, wenn es bedeutete, dass die Tränen versiegten.

»Ich weiß, dass ich wie eine Verrückte wirke, aber ich schwöre, das bin ich nicht. Ich habe ein paar Tage gebraucht, um Sie ausfindig zu machen, denn ich hatte keinen Namen oder irgendetwas, das als Anhaltspunkt dienen könnte. Sie haben mich aus der Fassung gebracht. Es tut mir leid, dass ich Sie so überrumpelt habe. Eigentlich wollte ich einen besseren ersten Eindruck hinterlassen.«

Ich war schon nicht besonders gut gelaunt und auch nicht besonders geduldig. Ich hatte weder die Zeit noch die Geduld, mich mit dem Gestammel zu befassen, das diese Frau von sich gab.

»Lady, ich weiß nicht, wovon Sie reden, und ich muss bald wieder an die Arbeit gehen. Dieses Haus renoviert sich nicht von selbst. Sie müssen mir sagen, womit ich Ihnen helfen kann, oder ich gehe wieder.«

Sie räusperte sich und trat einen Schritt näher an mich heran. Ich konnte sehen, dass sie die nächsten Worte sehr sorgfältig auswählte, bevor sie sagte: »Mein Name ist Echo Hemsley. Meine beste Freundin auf der ganzen Welt war eine Frau namens Halloran Bishop.« Sie hielt kurz inne, als sollte mir einer dieser Namen oder die damit verbundenen Frauen etwas sagen. Als ich nicht antwortete, sprach sie weiter, und ich konnte sehen, dass ihre Lippen und ihre Hände dabei zitterten.

»Halloran hatte ein hartes Leben. Sie hat viele schlechte Entscheidungen getroffen, hatte einen schrecklichen Männergeschmack und hat eine Menge wirklich schrecklicher Sachen benutzt, um mit ihren Problemen fertigzuwerden.« Die Frau holte tief Luft, und ich konnte sehen, wie ihr die Tränen kamen. »Sie war auch der netteste und sanfteste Mensch, den ich je kennengelernt habe, und ich habe nie die Hoffnung aufgegeben, dass sie eines Tages ihr Leben in den Griff bekommt.«

Ich runzelte die Stirn. »Okay, aber ich weiß immer noch nicht, was Sie auf meiner Baustelle wollen. Ich kenne weder Sie noch Ihre Freundin.«

Ich meine, ich kannte eine Menge Frauen … eine Menge … aber an alle konnte ich mich erinnern, und ich war nie mit einer ins Bett gegangen, ohne ihren Vornamen zu kennen. Ich genoss es, Single zu sein und kostete meine Freiheit aus, aber ich war dabei kein Trottel.

Um ehrlich zu sein, war mein Bett sehr leer und meine Nächte sehr ereignislos, seit eine gewisse langbeinige Anwältin zum Mittelpunkt meiner Fantasien und Tagträume geworden war. Ich wollte sie. Nur sie. Keine andere würde mir reichen. Es war zum Kotzen, denn egal, wie sehr ich ihr zeigte, dass ich an ihr interessiert war, sie ließ es nicht zu, schien das alles überhaupt nicht zu bemerken.

Entweder das, oder sie hielt unsere Beziehung professionell und zwanglos, weil sie wusste, dass sie weit außerhalb meiner Liga war. Mein Geschäft lief ordentlich, wenn man bedachte, wie neu es war, und ich verdiente gutes Geld. Aber trotz allem, was ich in so kurzer Zeit erreicht hatte, blieb es eine Tatsache, dass ich immer ein Ex-Sträfling und ein Arbeiter bleiben und nie Teil der High Society werden würde.

Ich war zugegebenermaßen beeindruckt und ein wenig fasziniert, dass meine Vergangenheit nicht ein einziges Mal ein Problem gewesen war – zumindest hatte ich das gedacht, bis ich versucht hatte, ihr mein Interesse an ihr zu zeigen. Aus irgendeinem Grund war ich enttäuscht, als sie mich am langen Arm verhungern ließ, nachdem sie zuvor so gelassen reagiert hatte, als ich ihr zum ersten Mal von meiner Vergangenheit erzählte.

Ich hatte gedacht, sie sei anders, verständnisvoll, nicht voreingenommen, aber wenn es darauf ankam, war Sayer genau wie alle anderen, die die Gitterstäbe nicht mehr ignorieren konnten, sobald sie wussten, dass sie da waren. Sie tat so, als würde sie nicht bemerken, wie ich jede ihrer Bewegungen beobachtete, und als würde sie nicht spüren, wie die Luft zwischen uns schwer wurde, wenn wir zusammen waren.

Sie wies jedes Kompliment von sich, das ich ihr machte, und ignorierte jede sexuelle Anspielung, die ich ihr zuwarf. Irgendwann begriff ich, dass es für sie in Ordnung war, dass ich für sie arbeitete, aber sie würde nie mit mir ausgehen, und ich würde sie nie ins Bett kriegen. Sie stand nicht so auf mich, wie ich auf sie stand, und egal, wie sehr ich sie herausforderte, sie rührte sich nicht. Darum war ich in den letzten Wochen auch ständig mies drauf.

»Sie haben recht. Sie kennen mich nicht, und es ist gut möglich, dass Sie sich nicht an Halloran erinnern, weil Sie nur eine Nacht mit ihr verbracht haben. Erinnern Sie sich an eine Bar namens Jack and Jill’s?« Als ich die Frau nur ausdruckslos anstarrte, zupfte sie an ihrer Unterlippe herum und runzelte die Stirn. »Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie sich an den Tag erinnern, an dem Sie aus dem Gefängnis entlassen wurden.«

Ich hob den Kopf, als sie das sagte, und kniff die Augen zusammen. Vor fünf Jahren war ich aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem ich zweieinhalb Jahre wegen schwerer Körperverletzung gesessen hatte. Ich hatte mich weder von meiner Mutter noch meiner Schwester Beryl am Tag meiner Entlassung abholen lassen; ich hatte meiner Familie nicht einmal den Tag meiner Entlassung mitgeteilt.

Damals war ich wütend gewesen, verbittert und hatte so viel Groll und Feindseligkeit wegen der Gründe für meine Verhaftung und der anschließenden Veränderungen in meinem Leben in mir aufgestaut, dass ich wusste, ich musste erst einmal Dampf ablassen und meinen Kopf frei bekommen, bevor ich mich mit jemandem treffen konnte, dem ich etwas bedeutete. Ich brauchte ein paar Tage, um wieder der Mann zu werden, den sie kannten, und nicht mehr der zu sein, zu dem mich das Gefängnis und das Leben darin gemacht hatten.

Ich erinnerte mich zwar nicht mehr an den Namen der Bar, aber ich wusste noch, dass ich ein paar Blocks ziellos umhergelaufen war, nachdem der Bus mich an der ersten Haltestelle in Denver abgesetzt hatte. Das Staatsgefängnis in Canon City war meilenweit entfernt, und ich schwöre bis heute, dass die Busfahrt zurück nach Hause nicht nur ein paar Stunden, sondern Tage dauerte.

»Möglich, dass ich mich daran erinnere, an diesem Tag eine Bar gefunden zu haben, aber ich kenne niemanden, der Halloran heißt.«

Mir gefiel nicht, worauf dieses Gespräch hinauslief. Ich verheimlichte meine Vergangenheit nicht, aber sie war auch nicht gerade mein Lieblingsthema. Es war beunruhigend, dass diese Fremde so viel über mich zu wissen schien.

Dieser Tag zählte nicht zu meinen besten.

Sicher, ich war freigekommen, und das hatte sich gut angefühlt, aber das Mädchen, das ich geliebt hatte, hatte mich nicht einmal sechs Monate, nachdem ich eingesperrt wurde, verlassen und war weitergezogen. In der Zwischenzeit war der Bastard, den ich fast mit bloßen Händen getötet hatte, immer noch frei und durfte machen, was ihm gefiel, selbst wenn das bedeutete, dass er seine Fäuste gegen gutgläubige Frauen einsetzte.

Die Ungerechtigkeit des Ganzen wütete noch immer in mir und machte mich zu einer tickenden Zeitbombe, die bereit war, wieder hochzugehen. Meine Lunte brannte immer und suchte nur nach einem Zünder. Um die explosive Wut zu zähmen, die immer noch in mir brodelte. Um das Verlangen zu stillen, das zwei Jahre ohne Alkohol und ohne Frauen in mir hinterlassen hatten, dachte ich mir, der beste Ort, um beides aufzutreiben, wäre die erste schäbige Bar, die ich finden konnte. Ich wollte mir einen Schuss Whiskey und eine willige Frau besorgen und dann sowohl Beryl als auch meiner Mutter gegenübertreten und wieder etwas von meinem alten Selbst wiederfinden.

»Sie war ungefähr so groß.« Die Frau hielt ihre Hand ein paar Zentimeter über ihren eigenen Kopf. »Sie war blond, blauäugig, wirklich hübsch und, wie ich schon sagte, wirklich lieb.«

Mir entging nicht, dass sie das Wort »war« benutzte. Es war das zweite Mal, dass sie so über ihre Freundin sprach. »War?«

Die Tränen kamen wieder, und die Frau schlang ihre Arme um sich, als ob sie sich selbst umarmen würde.

»Wie ich schon sagte, Halloran besaß schreckliche Angewohnheiten und hatte auch einen schrecklichen Geschmack, wenn es um Männer ging. Beides hat sie letztes Wochenende eingeholt. Sie wurde bei einem Drogendeal in East Colfax, der schiefging, angeschossen und getötet. Ihr neuer Freund war ein Drogendealer und dachte, es sei völlig sicher, sie in seinem Pick-up mitzunehmen.

Halloran hätte es besser wissen müssen, aber sie hat bei so etwas nie nachgedacht. Sie wurden von einem rivalisierenden Dealer und seiner Bande angegriffen. Auf Halloran wurde elfmal geschossen, ihr Freund wurde mehr als zwanzigmal getroffen.«

Die Frau konnte die Worte kaum herausbringen, und ich konnte nicht länger tatenlos zusehen, wie sie auf meiner Baustelle von Schluchzern geschüttelt wurde. Ich ging zu ihr und zog sie in eine feste Umarmung, obwohl sie eine Fremde war und das, was sie sagte, nicht viel Sinn ergab. Sie brauchte jemanden, der sie tröstete, und ich war der Einzige, der sie trösten konnte.

»Das mit Ihrer Freundin tut mir leid.«

Sie erwiderte meine Umarmung nicht, aber sie nickte, den Kopf gegen meine Brust gedrückt. Sie holte noch einmal tief Luft und löste sich von mir, wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen.

»Sie erinnern sich vielleicht nicht mehr an sie, aber sie hat mir an dem Abend, an dem sie Sie getroffen hat, erzählt, dass Sie sehr betrunken, sehr wütend und auch irgendwie traurig waren. Sie war in der Bar, weil ihr damaliger Freund sie gerade rausgeschmissen hatte, nachdem er sie verprügelte, und sie wusste nicht, wohin sie sonst gehen sollte. Sie sagte, dass sie beide angefangen haben, Horrorgeschichten auszutauschen; Sie haben ihr alles über den Kerl erzählt, der Ihre Schwester geschlagen hat, und dass Sie ins Gefängnis gekommen sind, weil Sie ihn aufgehalten haben. Halloran war hingerissen. Sie waren mutig, haben sich für jemanden eingesetzt, der nicht für sich selbst einstehen konnte, und nun ja … Sie wissen ja, wie Sie aussehen.«

Sie deutete in meine Richtung, während sich in meinem Gehirn Erinnerungen an diesen Tag nach vorn schoben.

Ich hatte schon immer eine Schwäche für Blondinen gehabt. Fügte man dieser Schwäche dann noch Niedergeschlagenheit und Whiskey hinzu, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich mich voll und ganz dem Alkohol und dem Sex hingegeben hatte und mich an nichts mehr erinnerte.