Sammelausgabe der romantischen Sports-Romance-Dilogie! (»Catch Me«-Reihe) - Rebekka Weiler - E-Book

Sammelausgabe der romantischen Sports-Romance-Dilogie! (»Catch Me«-Reihe) E-Book

Rebekka  Weiler

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Beschreibung

Liebe zwischen Herz und Verstand  Diese E-Box enthält zwei Liebesromane voll knisternder Romantik und verbotener Gefühle – auf und abseits des Eises:  Catch My Fall  Toni staunt nicht schlecht, als sich ausgerechnet Nolan Thayer als neuer Assistenzcoach ihrer Eishockeymannschafft entpuppt. Der ehemalige NHL-Spieler, der nach einer Verletzung ans College zurückkehren musste, ist nicht nur verdammt attraktiv, sondern legt auch einen knallharten Trainingsstil an den Tag. Erst als die beiden sich während ihrer privaten Trainingsstunden verboten nahe kommen, beginnt Nolans Fassade langsam zu bröckeln …  Catch My Breath  Als Kapitänin ihrer College-Eishockeymannschaft sollte sich Sarina eigentlich ganz auf das Training und die anstehende Meisterschaft konzentrieren. Aber seit einem One-Night-Stand mit dem charmanten und immer gut gelaunten Miles geht ihr der attraktive Biologie-Student nicht mehr aus dem Kopf. Doch mehr als eine lockere Affäre ohne Gefühle kann es niemals zwischen ihnen geben, denn Miles ist der Sohn vom Erzfeind ihres Vaters …  //Beide Romane enthalten in sich abgeschlossene, voneinander unabhängige Liebesgeschichten.// 

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www.impressbooks.deDie Macht der Gefühle

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Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2021 Text © Rebekka Weiler, 2021 Coverbild: shutterstock.com / © Vasilev Evgenii / © Tomertu / © letovsegda / © Flashon Studio Covergestaltung: Ria Raven Coverdesign ISBN 978-3-646-60872-4www.carlsen.de

Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.

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Rebekka Weiler

Catch My Fall (»Catch Me«-Reihe 1)

**Funken auf dem Eis**Toni staunt nicht schlecht, als der Coach ihrer Eishockeymannschaft seinen neuen Assistenztrainer vorstellt: Nolan Thayer ist nicht nur ehemaliger NHL-Spieler, der nach einer Verletzung ans College zurückkehren musste, sondern außerdem verdammt attraktiv. Die Freude darüber, von ihm trainiert zu werden, währt allerdings nur kurz. Toni merkt schnell, dass sie neben seiner verschlossenen Art auch mit seinem knallharten Trainingsstil zu kämpfen hat. Doch obwohl sie immer wieder aneinandergeraten, müssen sie auf einmal mehr Zeit miteinander verbringen, als ihnen lieb ist. Erst nachdem sie sich während ihrer privaten Trainingsstunden verboten nahe kommen, beginnt Nolans Fassade langsam zu bröckeln …

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Vita

Playlist

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Danksagung

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© privat

Rebekka Weiler, 1986 geboren, schrieb bereits in jungen Jahren ihren ersten Roman. Er war ganze vier Seiten lang und ein Weihnachtsgeschenk für ihre Mama. Seither begleitet sie die Faszination für das geschriebene Wort und ihre Geschichten wurden länger und länger. Meistens widmet sie sich Liebesgeschichten, in denen sie ihre Protagonisten vor allerlei Herausforderungen stellt. Rebekka wohnt in Süddeutschland, reist gerne und liebt guten Kaffee.

Für Nikolas, Clarissa und Mario

Ihr seid meine Superhelden!

Hab euch lieb!

Playlist

Nicholas Wells – Empty Coffee Cups

Delta Goodrem – Paralyzed

Lifehouse – Broken

Taylor Swift feat. Bon Iver – Exile

Kevin Rudolf – Generation Maybe?

Guy Sebastian feat. Jordin Sparks – Art Of Love

Halestorm – Here’s To Us

Imagine Dragons – Rise Up

Walking On Cars – Try Again

Kings Of Leon – Over

Dermot Kennedy – Giants

James Bay – Chew On My Heart

Taylor Swift – This Love

Nicholas Wells – Thunder

Conrad Sewell – Healing Hands

Amy Shark – Sink In

Johannes Oerding – Anfassen

Alexander 23 – IDK You Yet

Wrabel – Hurts Like Hell

Delta Goodrem – Back In 84

Sara Bareilles – Gravity

Walking On Cars – Nothing’s Impossible

Kevin Rudolf – The Introvert’s Anthem

Shawn Mendes – Use Somebody (Cover)

Etham – Opposite Of Loving Me

Canyon City – Lost Sparks

James TW – Incredible

Walking On Cars – Colonize My Heart

Kapitel 1

Toni

Ich war so schnell wie nie, die Kufen meiner Schlittschuhe schienen das Eis kaum zu berühren. Immer wieder ging ich dabei in die Knie und richtete mich im Anschluss rasch auf. Die Übung war furchtbar anstrengend, aber sie war effektiv, steigerte nicht nur meine Kraft, sondern auch meine Ausdauer. Jedes Mal, wenn ich das Ende der Eishalle erreicht hatte, änderte ich die Richtung, fuhr kleinere und engere Kurven. Die Mädels taten es mir gleich – bis das laute Trillern einer Pfeife uns in unseren Bewegungen innehalten ließ.

Automatisch wanderte mein Blick in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. An der langen Seite der Eisfläche entdeckte ich Coach Peterson – und er war nicht allein. Neben ihm stand ein junger Mann auf dem Eis. Er lehnte lässig an der Bande hinter sich, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Ein Basecap war ihm tief ins Gesicht gezogen und ich hatte keine Chance zu erkennen, welche Haarfarbe er hatte. Was im Prinzip absolut keine Rolle spielte. Viel wichtiger war die Frage, was er hier wollte und wieso Peterson das Training unterbrach. Das war schon ewig nicht mehr vorgekommen.

Ein fragender Blick zu unserer Mannschaftskapitänin Sarina machte mich auch nicht schlauer. Sie sah genauso ratlos aus wie das restliche Team.

»Hast du eine Ahnung, wer das ist?«, fragte Elle neben mir Mia. Deren Antwort war ein Schulterzucken, gefolgt von einem kurzen Kopfschütteln.

Im nächsten Moment vernahmen wir die Stimme unseres Trainers. Coach Peterson trainierte die Frauen-Eishockeymannschaft des Bloomville Colleges seit Jahren und sein kräftiger Bass tönte eindrucksvoll über das Spielfeld.

»Ladys«, rief er und machte eine winkende Geste. Eine nach der anderen setzte sich in Bewegung und fuhr die paar Meter bis an den Rand der Eisfläche. In einer Art Halbkreis kamen wir auf unseren Kufen vor den beiden Männern zum Stehen und setzten die Helme ab.

Als ich freie Sicht hatte, erkannte ich ihn. Im selben Augenblick schien auch Sarina klar zu werden, wer sich an Petersons Seite befand. »Fuck!«, entfuhr es ihr leise. Mit großen Augen blickte sie mich an. »Sag mir, dass du dasselbe siehst wie ich, Toni.«

Das tat ich. Vor uns stand ein Typ, der den Titel Sexiest Man Alive selbst in seinen Trainingsklamotten locker gegen jegliche Konkurrenz gewonnen hätte. Seine kantigen Wangenknochen wirkten beinahe wie gemalt und obwohl seine Haare immer noch von einem schwarzen Basecap versteckt wurden, verriet sein Fünftagebart eindeutig, dass er dunkelhaarig war. Was ich bereits wusste, denn ich hatte sein Gesicht schon Dutzende Male im Fernsehen und auf Bildern gesehen. Ihn nun tatsächlich hier vor mir stehen zu haben, in Jogginghose, Hoodie und alten Turnschuhen, war nichts, womit ich jemals gerechnet hätte. Ich war niemand, der sich schnell von einem gewissen Bekanntheitsgrad oder einem schönen Äußeren beeindrucken ließ, doch ich konnte nicht leugnen, dass mein Herz ein paar Takte schneller schlug, als er seinen Kopf anhob und mir direkt ins Gesicht blickte.

Grün. Das war das Erste, was mir auffiel. Seine Augen hatten die Farbe von frischem Moos in einem Frühlingswald. Mein Blick hielt seinem stand und er musterte mich eingängig. Es waren nur ein paar Sekunden, aber diese kurze Zeitspanne genügte, um mich den nächsten Atemzug vergessen zu lassen.

Sarina wartete immer noch auf meine Antwort, als Coach Peterson das Wort ergriff. Automatisch sah ich zurück zu ihm. Stolz deutete er auf seine Begleitung neben sich. »Mädels, das ist Nolan Thayer. Er wird mir ab heute behilflich sein, um aus euch die Nummer eins in ganz Maine zu machen. Nolan?« Er wandte sich an den Mann zu seiner Rechten. »Die beste Mannschaft, die Bloomville seit Jahren hervorgebracht hat.« Das begeisterte Funkeln in seinen Augen spiegelte sich in den Gesichtern meiner Teamkolleginnen wider. Elle strahlte über beide Ohren, Lauren grinste und Mia schien komplett vergessen zu haben, wie man sprach. Was neu war.

»Freut mich.« Nolans Worte standen im kompletten Gegensatz zur Tonlage seiner Stimme. Es klang vielmehr so, als hätte er uns ein ironisches »Aber natürlich!« um die Ohren geknallt. Irritiert schielte ich zu Sarina, doch ihr schien der gereizte Tonfall, mit dem er gesprochen hatte, nicht aufgefallen zu sein. Sie starrte Nolan genauso unverhohlen an wie der Rest unserer Mannschaft, denn ganz eindeutig waren die Gerüchte wahr. Seit Tagen wurde getuschelt, dass die College-Leitung nach Unterstützung für Coach Peterson suchte. Nicht weil er ein schlechter Trainer und nicht mehr der Jüngste war, sondern weil wir zum ersten Mal seit Jahren eine reelle Chance auf den Gewinn der Landesmeisterschaft hatten. Bloomville war bekannt für seine Hockeyteams und offensichtlich hatten wir endlich den Zeitpunkt erreicht, an dem auch die Leitung begriff, wie gut nicht nur die Männertruppe, sondern vor allem unsere Frauenmannschaft war. Unserem Trainer einen ehemaligen Profi an die Seite zu stellen, war also nicht die schlechteste Idee. Mit Sicherheit konnten wir von seinem Insiderwissen profitieren, immerhin war Nolan Thayer eine Legende. Jeder, der sich ein bisschen für Eishockey interessierte, kannte seine Geschichte. Vor vier Jahren, während er für die Männermannschaft unseres Colleges gespielt hatte, war er gedraftet worden. Als Einziger des ganzen Teams. Ein knappes Jahr später hatte er sein Studium geschmissen und war nach New York gezogen, um dort für die Rangers zu spielen. Erst für deren Farmteam, dann für die Profis. Er war als vielversprechendes Ausnahmetalent gehandelt worden, bis ein Unfall auf dem Eis seine Karriere jäh beendet hatte.

»Vielleicht verrät er uns ein paar seiner Tricks«, murmelte Jess und blickte zwischen ihrem Schläger und unserem neuen Trainerassistenten hin und her. Ihre Gedanken gingen eindeutig in dieselbe Richtung wie meine.

»Na, wollen wir es hoffen.« Auch Mia hatte ihre Stimme wiedergefunden. »Ich will die Meisterschaft gewinnen.«

»Das wollen wir alle«, mischte sich Elle ein und ließ ihren Blick ungeniert über Nolans Körper gleiten. Es war nicht zu übersehen: Ihr gefiel, was sie sah.

»In Ordnung.« Coach Peterson beendete das Gespräch zwischen den Mädels und blickte uns auffordernd an. »Nolan wird direkt den Rest des heutigen Trainings übernehmen.«

Ein leises Raunen ging durch die Mannschaft. Überraschte Blicke wurden ausgetauscht. Offenbar fackelte Peterson nicht lange und wollte sehen, was Nolan zu bieten hatte.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie er ein paar schnelle Sätze mit ihm wechselte. Dann verließ unser Coach das Eis, setzte sich auf einen der freien Plätze auf der Tribüne und legte ein Klemmbrett auf seine Beine.

»Fangen wir an.« Nolans Stimme ließ mich zurück zu ihm sehen. Der Blick, mit dem er uns der Reihe nach bedachte, war alles andere als freundlich. Seine Lippen waren zu einer strengen Linie zusammengepresst, die Miene unbeweglich. »Seid ihr bereit?«

Mehrere der Mädels nickten, Sarina eingeschlossen. Ich dagegen runzelte die Stirn. Warum war er so schlecht gelaunt?

»Okay. Holt Pucks und stellt euch in einer Reihe auf. Dann nehmt Anlauf und schießt nacheinander aufs Tor. Alles klar?« Er wartete ein erneutes Nicken meines Teams ab. »Gut. Und los!«

Schussübungen also. Okay. Nolan wollte sehen, wo unsere Stärken lagen, und gleichzeitig würde er jede einzelne unserer Schwächen erkennen. Was Sinn und Zweck seines Jobs war und trotzdem wollte der Ehrgeiz in mir nicht zu schlecht abschneiden, auch wenn mein Verstand mir sagte, dass im Vergleich zu Nolan Thayer so ziemlich jeder und jede miserabel sein würde. Dennoch konnte ich es kaum erwarten, seine Meinung zu hören.

Sarina begann. Sie nahm Anlauf, schob den Puck vor sich her und schoss. Die Scheibe glitt blitzschnell über die Eisfläche und landete in der rechten, unteren Ecke. Es war ein guter Schuss und ich nickte ihr zufrieden zu, als sie zu uns zurückfuhr. Mein Grinsen erstarb jedoch im nächsten Augenblick, als Nolan meiner besten Freundin ein harsches »Zu langsam!« entgegenschleuderte. »Deine Geschwindigkeit muss sich dringend verbessern. Weiter!«

Er winkte mehrmals, um uns anzutreiben. Als hätte er es mit einem Haufen Hühner zu tun, die er in den Stall scheuchen musste. Zügig fuhr Mia an den Startpunkt und stellte sich in Position. Nolan gab ihr nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde, um sich zu sammeln, ehe er sie mit einem lauten »Los!« dazu aufforderte zu schießen.

Sein Urteil für Mia und ihren Schuss fiel genauso vernichtend aus wie das für Sarina. »Du brauchst definitiv mehr Tempo. Die Nächste!«

Jess bekam den unmissverständlichen Hinweis, dass sie viel mehr Kraft in ihren Beinen benötigen würde. »Tut mir leid, so gewinnst du gar nichts.«

Elle befahl er mehrfach ihr Gewicht zu verlagern. Nachdem sie ein drittes Mal geschossen hatte, sah Nolan sie schweigend und mit einem eindeutigen Kopfschütteln an.

Jede Einzelne wurde bewertet und mit strengen Blicken bedacht. Nolan war knallhart und nahm kein Blatt vor den Mund. Mit wenigen Worten brachte er auf den Punkt, was uns seiner Meinung nach fehlte.

Als ich an der Reihe war, hatte ich keine großen Hoffnungen mehr. Es schien völlig egal zu sein, für wie gut wir uns gehalten hatten. Nolan sah die Sache komplett anders. Er machte keinen Hehl daraus, dass er uns nicht einmal für ordentlichen Durchschnitt hielt.

Mit zusammengebissenen Zähnen fuhr ich an den Startpunkt. Mein Blick war starr geradeaus gerichtet und trotzdem fühlte ich, wie ich beobachtet wurde. Nicht nur von Nolan, auch von meiner Mannschaft. Ich war als Letzte dran und ob ich wollte oder nicht, ich spürte den unausgesprochenen Druck der Mädels auf mir lasten. Keine von ihnen hatte es geschafft, ihn ansatzweise zu beeindrucken. Nun lag es an mir, die Ehre des Teams wiederherzustellen. Ich hatte bloß keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.

»Heute noch«, hörte ich ihn leise drängeln. Unweigerlich verkrampften sich die Finger um meinen Schläger. Eingebildetes Arschloch. Nur weil er ein paar lächerliche Jahre bei den Profis gespielt hatte, hielt er sich für allwissend? Seine Zeit in New York hatte ihn vielleicht berühmt gemacht, aber wie weit konnte es damit schon her sein, wenn er jetzt hier war? In Bloomville in der Eishalle eines drittklassigen Colleges – Lichtjahre von jeglichem NHL-Glamour entfernt.

Willkommen in der Realität, Kumpel.

Die Wut in mir brodelte, als ich Anlauf nahm. Ich schob den Puck vor meinen Schlittschuhen hin und her und bemühte mich um eine hohe Geschwindigkeit. Ein paar Meter vor dem Tor schoss ich. Links oben. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ich diesen Schuss als fantastisch bezeichnet. Heute hielt ich den Blick gesenkt und fuhr zurück zu meinem Team. Die Mädels gaben keinen Ton von sich, als ich bei ihnen ankam. Ein paar schielten zu Nolan und warteten offenbar genauso gespannt auf sein Urteil wie ich.

Es würde nicht positiv ausfallen, das war mir klar, und dennoch war da dieser kleine Funke Hoffnung in mir, dass ich es entgegen jedweder Vernunft doch irgendwie geschafft hatte, wenigstens etwas Eindruck zu hinterlassen. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war dieser nichtssagende Ausdruck auf seinem Gesicht, als ich ihn wieder ansah. Nolan schaffte es mühelos zu verstecken, was er dachte.

Sekundenlang sagte er gar nichts und dieses Schweigen irritierte mich zutiefst. Wie wollte er Peterson dabei helfen, uns besser zu machen, wenn er mir nicht sagte, woran ich arbeiten sollte? Ich war nicht diejenige im Team, die die Landesmeisterschaft um jeden Preis gewinnen wollte. Doch auf einige Mädchen traf dies durchaus zu und ich würde ihnen dabei helfen, so gut ich konnte. Aber das würde mir nur gelingen, wenn mein Trainer mir sagte, was ich tun sollte.

Nolan schwieg immer noch und sah fast schon gelangweilt aus. Es kostete mich alle Mühe, ihm nicht an den Kopf zu werfen, dass er es einfach ausspucken sollte. Ich war mir sicher in den vergangenen zwanzig Minuten schon alles gehört zu haben, was er auch an mir hätte kritisieren können. Was immer ihm auf der Zunge lag, ich würde damit klarkommen.

Als er sich letztendlich dazu entschied, mir ein Urteil zu geben, waren es genau vier Worte.

»Passabel. Für eine Zwölfjährige.«

Meine Augen wurden groß. Wollte er mich verarschen? Dieser Schuss war weitaus mehr gewesen als das, was er mir hier gerade weismachen wollte. Am liebsten hätte ich meinen Schläger nach ihm geworfen. Dahin, wo es wehtat.

Nolan schien nicht zu bemerken, welchen Sturm er mit diesen wenigen Worten in meinem Inneren ausgelöst hatte. Oder er ignorierte meine Wut. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, gab er Anweisungen für die nächste Trainingseinheit. Dann kehrte er uns den Rücken zu und ich starrte ihm sprachlos hinterher.

War das sein gottverdammter Ernst?

Egal wie sehr ich mit meinem Blick Löcher in seine Rückseite bohrte, er sah mich nicht mehr an. Stattdessen ließ er Sarina, Sarah und Elle Runde um Runde um Runde um das Feld fahren. Jess, Linda, Sally und Gina bekamen die Aufgabe, auf Laurens Tor zu schießen. Mia und ich sollten verteidigen. Die anderen schickte er auf die untere Hälfte des Feldes, wo sie das Rückwärtsfahren üben mussten.

»Wenn ihr das Schlittschuhfahren nicht blind beherrscht, habt ihr auf dem Eis nichts verloren.«

Dass mir der Mund nicht offen stehen blieb, war auch schon alles.

Was zum Teufel hatte sich der Dekan nur dabei gedacht, Nolan als Petersons Assistenten einzustellen?

***

Als wir zwei Stunden später Holly’s Diner betraten, war ich immer noch angefressen. Ich hatte nichts gegen Anstrengung und trainierte hart für den Erfolg der Mannschaft, doch wenn ich eine Sache nicht leiden konnte, dann war es grundlose Bloßstellung. Nichts anderes hatte Nolan gerade betrieben.

»Ich hasse ihn«, verkündete Elle, als sie sich, gefolgt von den anderen, auf die mit dunkelblauem Kunstleder bezogene Sitzbank an unserem Stammtisch fallen ließ. Unser Lieblingsdiner war eines dieser alten Restaurants im Fünfziger-Jahre-Look. Sobald man durch die Tür trat, hatte man das Gefühl, Johnny Cash oder Elvis Presley könnten jeden Augenblick auf der Bildfläche erscheinen. Was sie natürlich nicht taten. Stattdessen erklangen ihre Songs für ein paar Dollar aus der alten Jukebox, die neben dem Eingang zu den Toiletten stand.

»Und ich will trotzdem Babys mit ihm haben.« Verträumt ließ sie ihren Kopf auf die Tischplatte sinken. »Er sieht in echt so viel besser aus als auf Fotos«, seufzte sie und schloss die Augen. Offenbar war sie genauso müde und kaputt wie wir. Nolan hatte ganze Arbeit geleistet. Ich rutschte neben Mia auf die Bank und schälte mich aus meiner Jacke.

»Er ist ein Sklaventreiber«, murrte Sarina, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Sie griff nach der Karte und schlug sie unnötigerweise auf. In neun von zehn Fällen bestellte sie sowieso dasselbe wie immer, nämlich den veganen Burger. Doch sie gab die Hoffnung nicht auf, dass sie irgendwann mehr Auswahl auf der Speisekarte vorfinden würde. »Das gibt morgen den Muskelkater des Todes.«

»Wie hat der Dekan es überhaupt geschafft, ihn hierherzulocken?« Mia band sich ihre langen, schwarzen Locken, deren Spitzen seit Kurzem dunkelblau gefärbt waren, zu einem Zopf zusammen. Die neue Farbe passte super zu ihrem dunklen Teint. »Allzu viel werden sie ihm bestimmt nicht bezahlen können.«

»Ich glaube nicht, dass er das Geld nötig hat.« Der Kerl hatte in der NHL gespielt. Obwohl seine Karriere nur von kurzer Dauer gewesen war, hatte es wahrscheinlich genügt, um sein Konto nun dicker sein zu lassen, als unsere es zusammen jemals sein würden.

»Wer weiß?« Sarina klappte die Karte wieder zu und schob sie mir entgegen. »Vielleicht planen sie ihn langfristig als Petersons Nachfolger. Aus reiner Herzensgüte wird er den Job nicht angenommen haben. Ich hab nur ehrlich keinen Bock auf diesen Idioten als festen neuen Trainer.« Ihre direkte Art war mit ein Grund, warum wir sie zur Mannschaftskapitänin gewählt hatten. Sarina brachte auf den Punkt, was wir alle dachten.

»Meinst du?« Mia ließ ihre Hände wieder sinken und stopfte sich die Ohrstöpsel, ohne die sie nie anzutreffen war, in die Jackentasche. »Will der Coach denn aufhören?«

»Er ist was? Anfang sechzig? Ewig wird er nicht weitermachen können«, entgegnete Sarina und stieß Elle neben sich an. »Nicht schlafen, Ms Spader. Was willst du essen?«

»Nolan«, war ihre prompte Antwort, die mich unweigerlich grinsen ließ. Nicht wegen Nolan, sondern weil das typisch Elle war. Das Küken unserer Truppe verliebte sich jede Woche neu und ich nahm ihre Worte daher nicht sonderlich ernst. Auch wenn ich zugeben musste sie in dieser einen Hinsicht verstehen zu können: Nolan war heiß. Und trotzdem war er ein blöder Mistkerl.

Blinzelnd sah Elle von ihren Armen auf, die sie wie ein Kissen unter ihr Kinn geschoben hatte. »Habt ihr gemerkt, dass er immer noch hinkt?« Sie wartete, bis Mia und Sarina genickt hatten. »Irgendwie ist das verflucht sexy, findet ihr nicht?«

»Sein Hinken?« Ich musterte sie stirnrunzelnd. Eigentlich tat mir das eher leid. Eine solche Verletzung, wie Nolan sie sich zugezogen hatte, wünschte ich niemandem.

»Ja.« Elle zuckte unbeirrt mit den Schultern und zwirbelte sich eine ihrer hellblonden Haarsträhnen um den Finger. »Kreuzbandriss, oder?« Sie verzog das Gesicht, als Mia ihre Vermutung bestätigte. »Autsch.«

»Sexy hin oder her … Das gibt ihm trotzdem nicht das Recht, uns schlechtzumachen.« Ich verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und lehnte mich auf meinem Platz nach hinten. »Was soll dieses Getue? Ich sehe ein, dass einiges an Arbeit vor uns liegt, wenn wir die Meisterschaft nicht versauen wollen, aber muss er wirklich so …« Ich stockte, als ich nach dem passenden Wort suchte.

»Anstrengend?«, warf Elle ein.

»Taktlos?« Dieser Vorschlag kam von Sarina.

»Herablassend?«, meinte Mia.

»… arrogant sein?«, beendete ich meine Frage und stieß geräuschvoll die Luft aus. »Wenn wir echt so mies sind, wie er behauptet, hätten wir es niemals so weit geschafft.«

»Vielleicht hat er heute einfach nur einen schlechten Tag gehabt?« Elle richtete sich auf und lehnte sich gegen die Fensterscheibe. »Geht uns doch allen einmal im Monat so.«

Der Blick, mit dem ich sie bedachte, sprach Bände.

»Ich meine ja nur.« Abwehrend hob sie die Hände. »Aber du hast recht. Spaß gemacht hat das heute wirklich nicht. Kein Wunder, dass die anderen gleich zurück ins Wohnheim sind. Hätten wir vielleicht auch tun sollen. Ich könnte im Stehen einschlafen.« Wie um ihre Worte zu bekräftigen, gähnte sie hinter vorgehaltener Hand. »Ich kann nicht glauben, dass wir morgen früh um halb sieben schon wieder in der Halle sein müssen.«

Das war Nolans Ansage gewesen. Ab sofort würde es kein abendliches Training mehr geben, wenn die Motivation nach einem langen Tag nicht mehr allzu groß war, sondern eines in aller Herrgottsfrüh. An sechs Tagen in der Woche. Ich seufzte, als ich daran dachte, wie furchtbar es werden würde, von nun an quasi mitten in der Nacht aufstehen zu müssen, um mich von Nolan quälen zu lassen. Danach warteten meine Kurse auf mich und im Anschluss oder zwischendurch, je nach Vorlesungsplan, musste ich im Fitnessstudio an meiner Kondition und Kraft arbeiten.

»Wir könnten schwänzen.« Mia grinste breit. Allerdings nur so lange, bis Sarina sie streng ansah.

»In meiner Funktion als Teamkapitänin muss ich dich leider darauf hinweisen, dass mutwilliges Fernbleiben Konsequenzen nach sich ziehen wird.«

»Spielverderber«, murmelte Mia und schürzte die Lippen.

»Als deine Freundin …« Sarina seufzte und strich sich eine Strähne ihrer roten Haare aus dem Gesicht. »Ihr habt keine Ahnung, wie verlockend es klingt, morgen einfach liegen zu bleiben. Aber ich glaube, dann bringen Nolan und Peterson uns um.«

Nach seinem heutigen Auftritt blieb mir nichts anderes übrig, als ihr zuzustimmen.

Im nächsten Moment wurde unser Gespräch von Josephine unterbrochen. Die ältere Dame bediente seit knapp einem Jahr hier und war die gute Seele des Diners. Sie freute sich immer sehr uns zu sehen und hatte uns mehr als einmal zwinkernd ein paar Schoko-Muffins zukommen lassen. Ihre Begründung dafür war jedes Mal dieselbe. »Ihr seid zu dünn, meine Mädchen.«

Nachdem sie unsere Bestellung notiert hatte, natürlich den veganen Gemüseburger für Sarina, Chickenburger für den Rest von uns, verschwand Josephine mit einem fröhlichen »Kommt sofort!« in Richtung Küche. Es dauerte tatsächlich keine zehn Minuten, bis sie wieder auftauchte und die vollen Teller vor uns abstellte. Das war immerhin ein Vorteil an dem vielen Sport, den wir trieben. Hin und wieder konnten wir es uns ohne schlechtes Gewissen erlauben, Fast Food zu essen. Auch wenn ich davon überzeugt war, von Nolan selbst dafür kritisiert zu werden, hätte er gewusst, was wir hier taten. Der Kerl war ein Miesepeter durch und durch.

Genüsslich biss ich in meinen Burger und schaffte es, dass ich dabei nur die Tomate verlor. Mit einem leisen Platschen landete sie auf meinem Teller. Ich schnappte sie mit den Fingern und schob sie mir in den Mund.

»Könnt ihr bei mir unten klopfen, wenn ihr morgen früh zur Halle lauft?« Mia wischte sich mit einer Serviette über den Mund. Sie war die Langschläferin unserer Truppe. Bedeutete um sechs Uhr aufstehen für mich eine Qual, war es für sie die absolute Hölle. »Wenn ich verschlafe, ist er bestimmt genauso sauer, wie wenn ich komplett schwänzen würde. Ich habe keine Lust, als Strafe beim nächsten Spiel auf der Tribüne zu sitzen.«

Womit sie durchaus recht haben könnte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn exakt so Nolans Strafe aussehen würde. Ich nickte ihr zu und schob mir eine Süßkartoffelpommes in den Mund.

»Machen wir«, versprach Sarina und klaute sich eine meiner Pommes. Wie immer hatte sie auf eine eigene Portion verzichtet und bediente sich an meinen. Seit wir vor zwei Jahren als Mitbewohnerinnen eingeteilt worden und dann beide dem Eishockeyteam beigetreten waren, war unsere Freundschaft immer inniger geworden. So innig, dass wir mittlerweile sogar unser Essen teilten. Vorausgesetzt, es entsprach Sarinas moralischem Kompass.

Grinsend biss ich erneut in meinen äußerst leckeren Burger.

Nimm das, Nolan Thayer.

Er mochte uns auf dem Eis schikanieren so viel er wollte, doch den Teamspirit würde er nicht zerstören.

Kapitel 2

Nolan

»Sie können sich wieder anziehen, Nolan.«

Nur zu gern kam ich den Worten des Arztes nach und stieg in meine Hose, während er sich an seinen Schreibtisch setzte und Notizen machte. Sein Schweigen verhieß nichts Gutes, aber mit positiven Neuigkeiten hatte ich auch nicht gerechnet. Nicht nach der vergangenen Zeit. Hätte sich mein Knie so weit erholt, dass ich tatsächlich wieder als Hockeyspieler aufs Eis durfte, wäre es schon längst so weit gewesen. Und trotzdem war da jedes Mal diese verdammte Hoffnung, ob sich nicht doch etwas getan hatte. Eine Besserung, mit der niemand gerechnet hatte. Weder die Ärzte noch mein Physiotherapeut und schon gleich gar nicht ich selbst.

Das heute war die dritte Fahrt nach Portland zu dem Spezialisten gewesen, seit ich von New York nach Bloomville zurückgekehrt war. Und wenn ich den Gesichtsausdruck von Dr. Matthews richtig deutete, würde er mir in wenigen Augenblicken die Hoffnung, die ich naiverweise immer noch hegte, in tausend Stücke zerschlagen. Wie eine Eisfläche, die zu dünn geworden war und von unzähligen Rissen durchzogen wurde.

»Spucken Sie es einfach aus, Doc«, sagte ich und schloss den Reißverschluss meiner Hose, ehe ich ihm gegenüber Platz nahm. Mein Knie schmerzte unangenehm nach all den Untersuchungen.

»Es tut mir leid.« Und da war es wieder. Dieses mitfühlende Lächeln der Halbgötter in Weiß, das mich jedes Mal aufs Neue wütend machte. Als ob er den Hauch einer Ahnung davon hätte, was es bedeutete, immer wieder mit demselben Ergebnis konfrontiert zu werden.

Sie werden nie wieder Eishockey spielen können.

Es tut mir leid, Mr Thayer.

Zwei Kreuzbandrisse sind einfach zu viel.

Ich hatte diese Worte erwartet, trotzdem waren sie jedes Mal erneut wie ein Schlag ins Gesicht. Für einen Moment ballte ich die Hände an meinen Seiten zu Fäusten und nickte einmal.

»Okay. Danke für Ihre Zeit.« Ich löste meine angespannten Finger wieder voneinander und drückte mich aus dem Sitz. Es würde wie nach den anderen beiden Malen hier ein paar Tage dauern, bis mein Knie sich von den Strapazen des heutigen Termins erholt hatte. Eventuell würde ich Robert anrufen und um einen zusätzlichen Physiotermin bitten. Falls ich es schaffte, mir meine Schwäche einzugestehen.

»Nolan …« Dr. Matthews stand ebenfalls auf. »Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen, aber vielleicht sollten Sie mit jemandem reden.«

»Sie meinen einen Psychologen?« Ich hatte wirklich Mühe, mir ein Lachen zu verkneifen. Es hätte bitter geklungen. »Ich bin nicht verrückt, Doc.«

»Nein. Das sind Sie nicht.« Er schüttelte zustimmend den Kopf. »Sie sind wütend, Nolan. Seit Monaten. Und das ist genauso ungesund.«

»Wären Sie das an meiner Stelle nicht?«

»Doch.« Er trat um den Schreibtisch herum zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. Am liebsten hätte ich sie abgeschüttelt. Mitleid war nichts, was mir weiterhalf. »Aber nicht ein dreiviertel Jahr lang. Überlegen Sie es sich. Ich empfehle Ihnen gern jemanden.«

Meine Antwort war ein unverständliches Murmeln. Wahrscheinlich hatte er recht und es würde mir guttun, über meinen Frust mit jemandem zu reden, der dafür Geld verlangte. Aber die Wahrheit war, dass ich nicht damit aufhören wollte, wütend zu sein. Meine Wut zu begraben, hätte bedeutet, die Sache zu akzeptieren, und das war etwas, was ich nicht konnte. Nicht solange ich nach wie vor diesen winzigen, irrationalen Funken Hoffnung in mir trug, dass dieser beschissene Unfall doch nicht das Ende meiner Karriere bedeutete. Scheiße, ich war zu jung für ein derart kaputtes Knie.

Vor der Praxis wartete Caleb auf mich. Ich hasste es, um Hilfe zu bitten, doch die Distanz von Bloomville nach Portland war hinter dem Steuer nach wie vor nicht machbar für mich. Kurze Strecken waren kein Problem, alles über vierzig Meilen unmöglich.

»Hey«, begrüßte er mich. Die Zuversicht auf dem Gesicht meines Kumpels war fast schlimmer als das Mitleid von Dr. Matthews.

Ich sagte nichts, während ich die Tür aufriss und in den Wagen kletterte. Und Caleb verstand. Er fragte nicht nach dem Urteil des Arztes, setzte sich schweigend neben mich und startete den Motor.

Wir hatten Portland längst hinter uns gelassen, als ich mit der Faust gegen das Armaturenbrett schlug. Einmal, zweimal, dreimal.

»Fuck. Fuck, fuck, fuck, fuck.«

Caleb ertrug meinen Ausbruch stillschweigend. Weil er wusste, dass ich verdammt noch mal nicht darüber reden wollte. Am liebsten nie wieder.

Was gab es denn noch zu sagen? Ich begrub meinen großen Traum alle paar Wochen aufs Neue und ich war mir sicher, dass es in einem Monat bei meinem nächsten Kontrolltermin nicht anders laufen würde. Daran würde selbst die Tatsache nichts ändern, dass bald Weihnachten war. Der Zauber der Heiligen Nacht würde mir garantiert ebenso wenig ein Wunder bescheren, wie die Zeit es tat.

Nach einer knappen Stunde Fahrt, in der wir keinen Ton miteinander gesprochen hatten, verließ Caleb den Freeway und bog auf den Parkplatz einer alten Raststätte ein.

»Was soll das?«, fuhr ich ihn an. Ich war unfair, das wusste ich. Er konnte nichts dafür, mein Knie war nun einmal am Arsch, aber … verdammt, ich wollte einfach nur nach Hause und die gesamte Welt verfluchen.

»Du brauchst eine Pause. Komm mit.« Er stieg aus, ohne auf eine Reaktion von mir zu warten. Vor dem Wagen blieb er stehen und wartete darauf, dass ich seiner Aufforderung nachkommen würde.

Ich hatte wenig Lust, doch Caleb war immerhin derjenige, der meine miese Laune stillschweigend ertrug und mich bereits zum wiederholten Mal nach Portland gefahren hatte. Den kleinen Gefallen, auszusteigen und ihm zu folgen, konnte ich ihm also durchaus tun. Mit der rechten Hand schob ich die Tür auf, mit der linken stützte ich mich am Sitz ab, um leichter nach unten steigen zu können.

Zu meiner Überraschung steuerte Caleb nicht das alte Gebäude mit der kaputten Neonbeschriftung an, in dem wir auf unserer ersten Fahrt nach Portland verbrannte Pizza gegessen und noch schlechterer Musik gelauscht hatten. Betont langsam marschierte er seitlich an der Holzhütte vorbei, was er nur meinetwegen tat. Und nicht wegen des bisschen Schnees, der in der Nacht gefallen war und den Kies wie Zuckerwatte bedeckte. Ihm war klar, dass ich nach dem Termin Schmerzen hatte, und er wusste genauso gut, dass ich zu stur war, um Schmerztabletten einzunehmen. Ich hatte in den vergangenen Monaten zu viel von diesen Pillen geschluckt. Wenn es nicht unbedingt notwendig war, verzichtete ich darauf. Momentan war der Schmerz eine Sechs von Zehn.

»Wohin gehen wir?« Ich hatte immer noch nicht zu ihm aufgeschlossen, als er hinter der alten Hütte stehen blieb. Schwarze Mülltonnen befanden sich an der Hauswand und eine rostige Entlüftungsanlage surrte leise.

»Aggressionen loswerden.« Caleb bückte sich und hob einen alten Fichtenzapfen auf, der auf dem Boden lag. Dann holte er aus und schleuderte das Ding mit aller Kraft in den kleinen Wald. Anschließend beugte er sich erneut nach unten, hob weitere Zapfen auf und hielt mir einen davon entgegen. »Hier. Probier’s aus.«

»Du willst, dass ich den Kram auf Bäume werfe?« Skeptisch musterte ich ihn. »Echt jetzt?«

»Hör auf zu meckern und versuch es einfach. Vertrau mir.« Kurz entschlossen drückte er mir den Zapfen in die Hand. »Das ist unglaublich befreiend.« Seinen Worten folgte ein weiterer fliegender Zapfen. Er krachte laut gegen den Stamm einer hochgewachsenen Fichte.

»Wuhu«, johlte Caleb auf, schnappte sich weitere Wurfgeschosse und vollzog sein Spiel von Neuem. Jedes Mal, wenn er einen Baumstamm traf, freute er sich wie ein kleines Kind. Unschlüssig wog ich den Zapfen in meiner Hand hin und her, ehe ich ebenfalls ausholte und ihn in Richtung der Bäume feuerte. Mit einem lauten Krachen schnellte er gegen die Fichte, die auch schon von Caleb malträtiert worden war.

»Geil, oder?« Lachend hielt er mir wieder einen Zapfen entgegen, damit ich mich nicht selbst bücken musste.

Leider musste ich ihm zustimmen. Es war tatsächlich verdammt entspannend, meiner Wut ein Ventil zu bieten. Minutenlang feuerten wir unsere Geschosse ab, warfen einen Zapfen nach dem anderen gegen die Bäume. Solange bis Caleb sich an den Bizeps fasste und verkündete, dass seine Oberarme nun genug hätten.

»Du kannst aber gern noch weitermachen. Ich hole uns solange was zu essen. Bagels, okay?«

»Klar.«

Ich ließ ihn ziehen und warf die letzten beiden Steine in meiner Hand. Ich hatte ausweichen müssen, Zapfen befanden sich in näherem Umkreis keine mehr.

Es dämmerte, als wir wieder im Wagen saßen, widerliche Bagels aßen und den restlichen Weg nach Bloomville hinter uns brachten. Dieser kleine Stopp mit Caleb war nicht geplant gewesen und hatte doch dafür gesorgt, dass ich den Kopf endlich ein bisschen freibekam. Zapfen auf Bäume zu werfen war kindisch, an diesem beschissenen Nachmittag jedoch genau das gewesen, was ich gebraucht hatte.

***

Mit einem tiefen Seufzen ließ Caleb sich auf mein Sofa fallen. Er war zwei Jahre jünger als ich, in seinem letzten Jahr am Bloomville College und ein verdammt guter Goalie. Nicht umwerfend, weshalb er es wohl nicht in die NHL schaffen würde. Aber das kümmerte ihn nicht. Er hatte Spaß am Spiel auf dem Eis und die Frauen rannten ihm in Scharen hinterher. Er war glücklich und hatte damit weitaus mehr im Leben erreicht als ich.

»Erklär mir noch mal, wieso ich nicht bei dir einziehen kann, Mann. So viel Platz braucht kein Mensch.«

Nachdem ich jahrelang allein gewohnt hatte, hätte es mich umgebracht, wieder in eine WG einziehen zu müssen. Und wenn nicht mich, dann wahrscheinlich meine Mitbewohner. Also hatte ich mir diese Zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe des Campus gesucht und es keine Sekunde bereut.

»Ich schon.« Mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser in den Händen humpelte ich zurück zu ihm und forderte ihn mit einer stummen Handbewegung dazu auf, Platz zu machen, damit ich mich neben ihn setzen konnte.

»Wozu?« Er nahm mir die Gläser ab und stellte sie auf den Tisch. »Um Frauen abzuschleppen?« Anzüglich wackelte er mit den Augenbrauen.

»Ich bin nicht wie du.« Wir hatten uns erst vor einigen Wochen kennengelernt, nachdem ich auf Wunsch des Dekans und William zuliebe nach Bloomville zurückgekehrt war, um die Frauen-Eishockeymannschaft zu trainieren. Noch an meinem ersten Abend in der Stadt hatte auch der Coach der Männer-Eishockeymannschaft mich gebeten seinen Jungs ein paar Tipps zu geben. Während viele der anderen Spieler sich von meinem Bekanntheitsgrad hatten einschüchtern lassen, hatte Caleb mich im Anschluss an dieses Treffen gefragt, ob ich ein Bier mit ihm trinken gehen würde. Seither waren wir befreundet, doch diese kurze Zeitspanne hatte genügt, um zu merken, dass Caleb ein Lebemann war. Während er nichts anbrennen ließ, hatte ich seit Monaten mit keiner Frau mehr geschlafen. Nicht weil es die Angebote nicht gegeben hätte, sondern weil ich keine Lust auf die verstörten Blicke hatte, sobald sie mein Knie sahen. Die roten Narben waren nach wie vor dick und schwülstig und kein schöner Anblick.

»Was ich nie verstehen werde.« Caleb seufzte tief. »Du wohnst hier wirklich im Luxus und trainierst ein ganzes Team an schönen Frauen. Was für eine Verschwendung, Mann.«

»Bist du jetzt fertig?« Ich schraubte die Flasche auf und goss ein.

»Noch lange nicht. Erzähl mir von den Mädels. Gestern war dein erstes Training mit ihnen, oder? Sind sie so gut, wie Peterson behauptet hat?«

»Na ja … Sie sind nicht schlecht.« In einigen sah ich definitiv Potenzial. Allerdings gab es nur eine, die wirklich gut war. Sie hatte Ehrgeiz und Biss, und mit ein bisschen Extratraining könnte sie sogar herausragend sein. Leider schien sie mir auch die dickköpfigste der Truppe zu sein. Und die hübscheste, was eine verdammt gefährliche Mischung war.

»Aber?«

»Kein Aber.« Ich zuckte mit den Schultern und zwang mich, nicht an die dunkelhaarige Spielerin zu denken. »Wir werden sehen.«

»Wann findet das nächste Training statt?«

»Morgen früh.«

»Du nimmst diese Aufgabe echt ernst, oder?« Caleb sah mich beeindruckt an.

»Du weißt, woran das liegt.«

»Peterson.« Er nickte. »Und das finde ich wirklich gut, versteh mich nicht falsch. Ich bin einfach nur nicht davon ausgegangen, dass du die Mädels so viel trainieren lässt. Sport ist nicht alles, Nol.«

Ich sagte nichts dazu. Ihm zu widersprechen hätte nur eine Diskussion nach sich gezogen, auf die ich absolut keine Lust hatte. Meiner Meinung nach konnten sich die Frauen nur verbessern, wenn sie um einiges mehr trainierten, als sie das bisher getan hatten. Der Dekan erwartete Ergebnisse und die würde ich ihm liefern, auch wenn ich dafür den Unmut der Mannschaft auf mich ziehen würde.

Mit zusammengebissenen Zähnen streckte ich mein Bein aus und befreite mein Knie von der Schiene über der Jeans, die seit Anfang des Jahres mein täglicher Begleiter war. Augenblicklich wurde der Druck etwas besser. Ich hatte nur trotzdem nach wie vor keine Ahnung, wie ich das Training morgen abhalten sollte. Wahrscheinlich würde ich auf die Schlittschuhe verzichten müssen, wenn sich die Schmerzen über Nacht nicht deutlich besserten.

»Bock auf einen Film?«, versuchte ich ihn abzulenken.

»Netflix und chillen?« Das Grinsen auf Calebs Gesicht wurde breit. »Soll ich uns ein paar Kerzen besorgen und Lichterketten aufhängen?«

»Penner.« Ich schlug ihm eins der drei Kissen, die auf meiner Couch zu finden waren, ins Gesicht. Laut lachend wehrte er meinen Angriff ab.

»Okay, okay. Nur Netflix. Und Pizza?« Er war wirklich der untypischste Sportler, der mir je begegnet war. Grinsend zog er sein Handy hervor. »Was willst du? Dann bestelle ich.«

Kapitel 3

Toni

Bloomville war eine amerikanische Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch. Überall befanden sich hübsche Familienhäuschen mit weiß umzäunten Vorgärten und es gab nur eine sehr geringe Kriminalitätsrate. Letztere könnte sich allerdings bald ändern. Nolan machte mich wahnsinnig und ich suchte in meinem Kopf bereits seit unzähligen Minuten nach einer Möglichkeit, wie ich eine Leiche unauffällig verschwinden lassen konnte.

Seit sieben Tagen leitete er das morgendliche Training und inzwischen lag die Vermutung nahe, dass er nicht nur einen schlechten Tag bei seinem Einstand gehabt hatte, sondern es sich eher um eine schlechte Woche handelte. Er bellte Befehle durch die Gegend, bemängelte fehlende Kondition oder Geschicklichkeit und kritisierte hart, wenn eine von uns seine Anweisungen nicht gut genug befolgte. Nicht ein positives Wort kam über seine Lippen und allmählich ging mir die Art und Weise, wie er mein Team behandelte, gehörig gegen den Strich.

Bemerkte er nicht, dass jede von uns ihr Bestes gab? Wir waren pünktlich, trainierten konzentriert und präzise, gingen beinahe täglich ins Fitnessstudio und trotzdem war es ihm nicht genug. Mit ihm zu trainieren war zehnmal anstrengender als mit Coach Peterson und machte nicht halb so viel Spaß. Nein, es machte überhaupt keinen Spaß mehr.

Und wenn ich gedacht hatte, das Training könnte heute nicht mehr schlimmer werden als die der vergangenen Tage, dann hatte ich mich geschnitten. Nolans Laune war seit der ersten Trainingsminute im Keller und hatte sich auch nach einer wirklich guten Schussübungsrunde nicht gebessert. Gerade hatte er Lauren sogar vorgeschlagen besser zu den Cheerleadern zu wechseln. Fassungslos ließ ich meinen Schläger auf das Eis fallen. Was zur Hölle war los mit ihm? Lauren war niemand, der empfindlich oder leicht zu kränken war, doch ich sah ihr deutlich an, dass seine Worte sie verletzten.

Mit zwei schnellen Zügen fuhr ich zu ihr.

»Ignorier den Arsch«, raunte ich ihr zu. »Wahrscheinlich ist er seit Monaten nicht mehr flachgelegt worden und ist deshalb so frustriert. Das hat nichts mit deiner Leistung zu tun.« Damit entlockte ich ihr immerhin ein halbes Lächeln. Dankbar sah sie mich an.

»Palmer!«

Als ich mich umdrehte, stand Nolan neben uns. Auf Schlittschuhen. Die ganze Woche hatte er in Turnschuhen am Rand verbracht oder war maximal ein paar Schritte auf das Eis getreten. Ihn nun so nah vor mir zu sehen, war ungewohnt. Und noch auffallender war der stoische Blick, mit dem er mich betrachtete.

»Was wird das?« Seine Stimme war leise und klang beinahe gefährlich. Falls er mich damit einschüchtern wollte, musste ich ihn leider enttäuschen. Energisch straffte ich die Schultern und hielt seinem abgeklärten Blick mühelos stand.

»Ich unterhalte mich mit Lauren«, gab ich kühl zurück.

»Das hier ist kein Kaffeeklatsch.«

»Ich weiß. Deshalb haben wir ja über unsere Taktik gesprochen«, log ich eiskalt. Ich würde mich nicht von ihm abmahnen lassen, wenn ich doch nur versucht hatte wieder auszubügeln, was er angerichtet hatte.

»Die da wäre?« Er hob spöttisch eine Augenbraue. Und verdammt, ich wollte diesen Anblick nicht sexy finden, doch da war etwas in mir, das einfach nicht auf meinen Verstand hörte. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss und mir heiß wurde. Ich war noch nie so froh über meinen Hockeyhelm gewesen wie in diesem Moment.

»Ablenkung.« Unbeeindruckt blickte ich zu Lauren, die unserem Gespräch stumm lauschte. »Wenn wir …«, begann ich, kam jedoch nicht weit, als Nolan mich auch schon unterbrach.

»Es ist mir egal, worüber ihr gesprochen habt«, keifte er. »Während des Trainings tut ihr, was ich sage. Deine Aufgabe besteht nicht darin, deine Mitspielerinnen abzulenken und ein nettes Pläuschchen zu halten. Nach dem Training wirst du hierbleiben und dich ungestört um deine eigene Schusstechnik kümmern.«

»Was?«, entfuhr es mir heftiger als geplant. »Das geht nicht.« Ich hatte nach dem Training nur eine knappe halbe Stunde, um zu duschen und zu meinem Nebenjob zu rennen. Einmal in der Woche gab ich einen Zumba-Kurs im Fitnessstudio. Ich käme niemals rechtzeitig, wenn Nolan mich tatsächlich zu einem Extratraining verdonnerte.

»Das hättest du dir vorher überlegen müssen.« Er blieb stur. »Du bleibst. Haben wir uns verstanden?« Eisern sah er mich an. Die Herausforderung in seinen Augen war nicht zu übersehen. Er wartete regelrecht darauf, dass ich wieder protestieren und herausfinden würde, was mich erwartete, sollte ich es wagen, seine Anweisung ein weiteres Mal infrage zu stellen.

Als ich nicht antwortete, wiederholte er seine Worte mit Nachdruck. »Ich frage dich nur noch ein letztes Mal, Palmer. Haben wir uns verstanden?«

»Ja.« War nicht Waschmittel eine Möglichkeit, um eine Leiche darin aufzulösen?

Ohne einen weiteren Kommentar glitt Nolan über das Eis davon. Ich mochte den Typen hassen, weil er ein elender Tyrann war, aber seine Technik war bedauerlicherweise perfekt ausgefeilt, obwohl man deutlich sehen konnte, dass sein Knie nach wie vor nicht in Ordnung war. Er glitt mit einer solchen Eleganz und Leichtigkeit über das Eis, als wäre er genau dafür geboren worden. Und wenn es schon so aussah, wenn er durch eine Verletzung gehandicapt war, wollte ich gar nicht erst wissen, wie er uns alle in Grund und Boden fahren würde, wäre er vollkommen gesund. Dieser Typ war ein herrischer Idiot und leider auch ein Gott auf Kufen.

Ich starrte immer noch hinter Nolan her, als Lauren neben mir ein »Sorry« murmelte.

»Schon gut«, hörte ich mich sagen. »Das ist nicht deine Schuld.« Der einzige Mensch, der etwas dafür konnte, dass ich meinen Sportkurs verpassen würde, stoppte gerade seine erlesene Fahrt vor Sarina und sagte etwas zu ihr. Aufmerksam hörte sie ihm zu und nickte immer wieder.

»Wir sollten weitermachen, bevor er zurückkommt.« Lauren glitt davon und fuhr am Rand der Eisfläche entlang. Mit jedem Schritt holte sie mehr Schwung und steigerte ihre Geschwindigkeit. Von wegen Cheerleader. Dieses Mädchen war eine Rakete auf dem Eis.

Wütend fuhr ich zurück zu meinem Schläger und hob ihn auf. Ich hatte keine Ahnung, wie es mir gelang, doch irgendwie schaffte ich es, in den letzten fünfundvierzig Minuten des Trainings nicht noch einmal mit Nolan aneinanderzugeraten.

Schweigend sah ich dabei zu, wie eine nach der anderen das Eis verließ und in Richtung der Umkleidekabinen stapfte.

Zurück blieben Nolan und ich.

Er wartete, bis die letzte Spielerin vom Feld gelaufen war. Dann fuhr er auf mich zu und wieder sah es aus, als flöge er über das Eis. Es war einfach nur unfair, mit wie viel Talent er gesegnet war.

Kurz vor mir hielt er an.

»Nimm Anlauf und schieß auf das Tor«, war alles, was er zu mir sagte, ehe er selbst den Platz des Torhüters einnahm. Kurz war ich versucht ihn darauf hinzuweisen, wie leichtsinnig es war, sich ohne Fanghand, Maske und zusätzlicher Schutzkleidung in das Tor zu stellen.

»Worauf wartest du, Palmer? Leg los!«

Okay. Wie er wollte. Ich war die beste Stürmerin des Teams, wenn ich Coach Petersons Meinung Glauben schenken durfte. Torschüsse, selbst mit ihm als Hindernis, waren ein Kinderspiel, auch wenn Nolan das allem Anschein nach anders sah. Mit dem Puck skatete ich in die entgegengesetzte Richtung. Als ich mich umdrehte, stand er wie eine Wand vor dem kleinen Tor. Ich atmete einmal tief durch, ehe ich mich in Bewegung setzte. Schnell schob ich den Puck nach links, nach rechts, nach links, nach rechts und deutete einen Abschuss an. Mein Ziel war es, ihn zu verwirren und das Tor zu treffen, doch dieser Mistkerl durchschaute mich. Anstatt wie von mir gewollt einen Schritt nach links zu machen, trat er nach rechts.

Mühelos stoppte er die Scheibe.

»Noch mal.« Er schoss das Teil zurück und ich fuhr erneut an das andere Ende des Felds. Vielleicht würde mir etwas mehr Anlauf den Schwung geben, den ich benötigte, um das Tor zu treffen.

Sieben Versuche später hatte es der Puck nicht einmal an Nolan vorbeigeschafft. Himmelherrgott, was war los mit mir? Und wieso war Nolan so gut im Tor? Er war kein Goalie gewesen, sondern im Sturm. Wie ich. Aber wahrscheinlich war genau das der Grund dafür, dass er jedes einzelne Mal wusste, was ich vorhatte. Tickten wir Stürmer nicht alle gleich? Genervt fuhr ich zurück an die Bande und startete einen neuen Angriff.

Nach einem weiteren Schuss meinerseits, den Nolan – natürlich – wieder auf eine Art abgewehrt hatte, die kinderleicht aussah, behielt er den Puck und winkte mich näher zu sich.

»Weißt du, was dein Problem ist?«

»Nein.«

»Du bist zu langsam in deiner Entscheidungsfindung. Man sieht dir deutlich an, wie hin- und hergerissen du bist und dich fragst, wohin du schießen sollst. Das gibt dem Gegner mehr als genug Zeit, deine Taktik zu erkennen.«

Überrascht starrte ich ihn an. Sprach er gerade tatsächlich einigermaßen … normal mit mir?

»Denk weniger über die vielen Möglichkeiten nach, die du hast. Entscheide dich für eine und halte so lange an ihr fest, wie es eine Chance gibt, dass du damit das Tor triffst.«

Und jetzt gab er mir sogar Tipps, die hilfreich waren? Es fiel mir schwer zu glauben, dass das hier gerade wirklich passierte.

»Nächste Woche beginnen wir mit den Analysen des nächsten Gegners. Sieh dir den Torhüter genau an. Jede Bewegung verrät dir etwas darüber, wie du ihn überlisten kannst.«

Ich konnte nicht anders als zu nicken. Auch Coach Peterson hatte Videoanalysen der gegnerischen Teams mit uns durchgeführt, aber ich war gespannt, wie Nolan eine solche Sitzung handhaben würde. Wenn er mich mit wenigen Sätzen konstruktiv darauf hinweisen konnte, woran ich arbeiten musste, würde er sicherlich genauso die Schwächen der gegnerischen Spieler erkennen. Mit einem Mal spürte ich sogar so etwas wie aufgeregte Vorfreude, wenn ich an den Analysentermin dachte.

»Probier’s noch einmal.« Nolan riss mich aus meinen Gedanken und reichte mir den Puck. »Und dieses Mal stellst du deinen Verstand aus, okay? Fühl den Moment für die richtige Taktik. Und dann schieß!«

Ich nickte wieder. Mit neuem Elan glitt ich zu meinem Startpunkt. Kopf ausschalten, fühlen, schießen. So schwer konnte das nicht sein. Ich zählte lautlos bis drei. Dann fuhr ich los, wurde schneller und schneller und schneller. Die Scheibe schwebte über dem Eis vor mir her, als ich auf Nolan zusteuerte. Dieses Mal sparte ich mir jegliches Antäuschen, versuchte nicht ihn zu verwirren. Sein Blick lag auf mir und ich wusste genau, dass er jedes noch so kleine Zucken meines Körpers registrierte. Also dachte ich nicht. An gar nichts. Ignorierte all die Möglichkeiten, die sich mir aufdrängten. Bis zum letzten Augenblick. Und dann fühlte ich es. Diesen einen Moment. Wie Nolan gesagt hatte.

Jetzt!

Ich schoss ins kurze Eck und war mir sicher, dass es mir gelungen war, ihn zu überlisten. Ich hatte das Tor getroffen! Meine schnelle Geschwindigkeit verhinderte einen sofortigen Stopp. Ich fuhr am Tor vorbei, bremste und machte eine ruckartige Hundertachtzig-Grad-Drehung. Als ich stand und in Nolans Augen blicken konnte, war der Ausdruck in selbigen wie ein Schlag ins Gesicht.

Ich hatte versagt.

Fassungslos ließ ich den Schläger auf das Eis fallen. Ernsthaft? Er hatte den Puck schon wieder rechtzeitig gestoppt?

»Fuck!« Das Wort war kaum mehr als ein leises Fauchen meinerseits und doch hörte Nolan es.

»Was habe ich gesagt? Nicht nachdenken.«

»Ich weiß«, zischte ich frustriert. »Ich bin nicht blöd.« Mit langsamen Zügen skatete ich zu ihm, nahm die Scheibe und fuhr wortlos durch die Halle zurück.

Versuch Nummer Zehn.

Acht weitere Male gab Nolan mir, die ich allesamt in den Sand setzte. Inzwischen kratzten wir deutlich an meiner Frustrationsgrenze. Wenn ich dieses Scheißding nicht bald in das Netz feuerte, konnte ich nicht dafür garantieren, dass ich den Schläger nicht zerlegen oder mit den Fäusten auf Nolan einprügeln würde. Momentan tendierte ich zu Letzterem.

»Komm schon, Palmer. Benutz deine Kraft. Du schlägst auf den Puck wie ein Mädchen.«

Ich war ja auch ein Mädchen, verdammt noch mal. Aber vermutlich hatte Nolan schon zu lange keins mehr gesehen. Und diese verfluchte hochgezogene Augenbraue tat ihr Übriges. Am liebsten hätte ich ihm das Grinsen aus dem Gesicht geschossen. Wenn er mich provozieren wollte, war er auf dem besten Wege dahin.

Zum wiederholten Mal fuhr ich an meinen Startpunkt.

Jetzt oder nie.

Wenn es mir nun nicht gelingen würde, den Puck zu versenken, würde ich einsehen müssen, dass Nolan recht gehabt und ich lange nicht so gut war, wie ich geglaubt hatte. Den Blick starr geradeaus gerichtet ließ ich meinen Nacken knacken. Meine Lippen waren fest aufeinandergepresst, mein Körper zum Bersten angespannt. Ich wollte das. Ich wollte diesen einen Treffer so sehr.

Das Ziel genau vor Augen fuhr ich los. Innerhalb weniger Augenblicke befand ich mich nah genug vor Nolan. Ich verlagerte mein Gewicht, holte aus und schoss. Der Puck landete im Netz, doch da war keine Erleichterung oder gar Freude, als ich abgebremst hatte und zu ihm herumwirbelte. Nolan saß mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Eis und hielt sich das Bein.

Meine Augen wurden groß. Verdammt! Hatte ich etwa ihn getroffen? Mein Schuss war heftig gewesen und wenn ihn die Scheibe blöd erwischt hatte … Ich wusste, was das bedeutete. Leider hatte ich im Laufe der Zeit mehr unschöne Begegnungen mit einem fiesen Puck gehabt, als mir lieb war.

»Alles okay?«, fragte ich atemlos, als ich neben ihm anhielt. Er hatte mich aufgeregt, und ja, ich hatte darüber nachgedacht, ihm wehzutun, aber es war nicht meine Absicht gewesen, ihn wirklich abzuschießen.

Statt einer Antwort bekam ich nur eine Hand abwehrend entgegengestreckt. Nolan hatte die Augen geschlossen und biss sich fest auf die Lippen. Gleichzeitig hörte ich ihn geräuschvoll atmen. Er schien definitiv Schmerzen zu haben.

Scheiße.

»Soll ich … Soll ich dir aufhelfen?«, fragte ich zaghaft. Ich hatte ihn nicht verletzen wollen, trotzdem war es meine Schuld, dass er nun Schmerzen hatte.

Nolan reagierte nicht auf meine Frage. Langsam ging ich neben ihm in die Hocke und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, was ich tun sollte. Es war das erste Mal, dass ich ihm so nah war und die feine Note von Zedernholz wahrnahm, die von seinem Aftershave ausging.

»Nolan?«

Wieder ignorierte er mich.

»Okay, das ist lächerlich.« Ich seufzte leise. Zu arrogant kam also auch noch stur dazu. »Gib mir deine Hand, dann ziehe ich dich hoch.«

Ich fand meinen Vorschlag vernünftig. Was auch immer mein Schuss angerichtet hatte – und ich hoffte wirklich sehr, dass ich nicht sein kaputtes Knie getroffen hatte –, wir mussten vom Eis runter.

»Ich brauche deine Hilfe nicht.« Seine Worte klangen wie ein raues Knurren. In jedem Ton, den er von sich gab, schwang sein Unwohlsein mit.

»Und ich will sie dir ehrlich gesagt nicht anbieten müssen, aber mein Dad würde sich im Grab umdrehen, wenn ich seinem Lieblingsspieler nicht behilflich wäre«, erwiderte ich trocken, als ich seinen Oberarm umfasste. Die Muskeln darunter waren trotz der dicken Jacke zu spüren. Nolan war vielleicht nicht mehr in der Form seines Lebens, doch ich fühlte unter meinen Fingern eindrücklich, dass er nach wie vor auf seinen Körper achtete. Bestimmt versteckte er ein Sixpack unter diesen vielen Lagen Stoff.

»Dein Dad ist tot?« Sein Kopf schnellte zu mir.

»Hm.« Ich nickte und sah an ihm vorbei. Ich wollte den Blick nicht sehen, mit dem er mich nun garantiert bedachte. Die Menschen reagierten immer so, wenn sie erfuhren, dass ich mit gerade einmal zwanzig Jahren keinen Vater mehr hatte: bedauernd und unsicher, wie sie nun mit mir umgehen sollten. Aber dafür war hier jetzt kein Platz. Energisch zog ich an seinem Arm, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Er bewegte sich keinen Millimeter, weshalb ich mich gezwungen sah ihn wieder anzublicken. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte mir alles, was ich wissen musste.

»Es ist lange her, okay?« Ich verkniff mir ein Seufzen. Nolan war der letzte Mensch, dem ich davon erzählen wollte. Ich sprach nur sehr selten über den Tod meines Dads und ich hatte nicht vor das nun zu ändern.

Leider sah Nolan das anders. »Wie lange?« Er blickte mich unnachgiebig an. Allem Anschein nach war es ihm auf einmal völlig egal, dass er auf dem kalten Eis saß und Schmerzen hatte. Mit seinen grünen Augen fixierte er mein Gesicht so intensiv, bis ich den Blick abwenden musste. Plötzlich rauschte das Blut in meinen Ohren. Am liebsten wäre ich aufgestanden und einfach davongefahren.

»Drei Jahre«, murmelte ich und starrte auf das Eis zwischen uns. »Kurz nachdem du gewechselt bist.« Ich hatte keine Ahnung, warum ich ihm das erzählte. Wahrscheinlich lag es an seiner plötzlichen Nähe und diesem verdammten Zedernholz, das mir immer noch in der Nase hing.

»Ist er ein Fan gewesen?«

Ich runzelte die Stirn. Das hatte ich ihm doch gerade erzählt.

»Von den Rangers«, präzisierte er seine Frage.

»Oh.« Er meinte seinen alten Verein. »Nein. Die einzigen Spiele, die er mit dir als Stürmer gesehen hat, sind die hier am College gewesen.« Zu einem Spiel der New York Rangers, bei dem Nolan von Anfang an gespielt hatte, hatte Dad es nicht mehr geschafft. Der Herzinfarkt war ihm dazwischengekommen.

»Aber es hat ihn riesig gefreut, als du gedraftet worden bist.« Ich zuckte mit den Schultern und verzog meine Mundwinkel zu einem halben Lächeln. Nur zu gut erinnerte ich mich an die Nachricht von ihm, als bekannt gegeben worden war, dass Nolan es geschafft hatte. Hockey war unser Ding gewesen. Dad war bei jedem meiner Spiele gewesen und hatte mich oft liebevoll Cammi-Toni genannt. Eine Anspielung auf Cammi Granato, die erste weibliche, amerikanische Hockeyspielerin, die in die Hall of Fame aufgenommen worden war. Mein Vater hatte immer an mich geglaubt, von der ersten Sekunde an.

»Wie alt war dein Dad?«

Zu jung, um zu sterben. »Fünfzig.« Aus dem Nichts überrollte mich eine Welle an Erinnerungen. Der Anruf aus dem Krankenhaus, der uns mitgeteilt hatte, dass Dad im OP war. Der sterile Wartebereich mit den hässlichen orangefarbenen Plastikstühlen, auf denen wir stundenlang gesessen und auf Nachricht von Dads Kollegen gewartet hatten. Und dann war Tyler gekommen und er hatte kein Wort zu sagen gebraucht. Es war ihm ins Gesicht geschrieben gewesen, was passiert war.

Es tut mir leid. Wir haben alles versucht.

Mom war schluchzend in sich zusammengesackt. Aus den Augenwinkeln hatte ich wahrgenommen, wie Tyler neben ihr in die Knie gegangen war und sie in seine Arme gezogen hatte. Ich hatte mechanisch mein Handy entsperrt und die Nummer meiner Schwester eingetippt. Alex war in Boston gewesen, wir hatten sie bisher nicht erreicht.

Als ich auf das Display gestarrt hatte, hatte ich ihre verpassten Rückrufe entdeckt. Sie hatte nach dem ersten Klingeln abgenommen. Dieser Moment war das erste und bisher einzige Mal gewesen, dass ich die schlimmsten Worte meines Lebens hatte aussprechen müssen.

Dad ist tot.

Dieses Gefühlswirrwarr aus purer Verzweiflung, Hilflosigkeit, Wut, Dunkelheit und Leere war nichts, was ich jemals vergessen würde.

»Es tut mir leid.« Nolans Worte rissen mich aus meinen Erinnerungen. Ich sah auf – und dann war es da. Das zaghafte Lächeln auf seinem Gesicht. Ich hatte nicht damit gerechnet, was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass ich meinen Blick nicht von ihm abwenden konnte. Mit Sicherheit lag es nicht am Grün seiner Augen, das auf einmal noch intensiver zu sein schien. Nein. Definitiv nicht.

Ich blinzelte und schüttelte den Kopf. Zusammenreißen, Toni! Sein Mitgefühl war nett, aber nicht nötig. Ich hatte diese Worte nach Dads Tod unzählige Male gehört und nicht ein einziges Mal hatten sie irgendetwas besser gemacht. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass mir Nolans Lächeln gefiel. Es machte ihn jünger. Sympathischer. Und verdammt noch mal, auch sexy.

Du solltest öfter lächeln.

Ich biss mir auf die Lippen, um die Worte nicht laut auszusprechen.

»Kannst du aufstehen?«, fragte ich stattdessen und richtete mich selbst auf, sodass ich einen besseren Stand hatte. Meine Hand umklammerte immer noch seinen Oberarm.

Er nickte und zusammen schafften wir es, ihn wieder auf die Beine zu hieven.

Ich ließ ihn erst los, als wir standen und ich mich umsah. Gute fünf Meter waren es bis zum Rand der Eisfläche. »Schaffst du das?«

»Ich denke schon.« Behutsam setzte Nolan einen Fuß vor den anderen. Ganz langsam fuhren wir auf die Bande zu. Von seinem vorherigen Geschick war nichts mehr zu sehen. Ich merkte ihm die Schmerzen nach wie vor deutlich an. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und eine tiefe Furche hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Ich blieb dicht an seiner Seite, um ihn im Notfall stützen zu können. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis wir das Eis verließen. Vorsichtig machte er an der Bande den Schritt über die kleine Schwelle.

»Kommst du klar?«, fragte ich, als ich ihm folgte. »Soll ich jemandem Bescheid geben?«

»Nein«, brummte er. »Geht schon.«

»Sicher?« Ich hatte nicht das Gefühl, dass er besonders gut zurechtkam. Er hinkte um einiges stärker als sonst. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht treffen, das war kei…«

»Palmer!« Ehe ich wusste, wie mir geschah, wirbelte er zu mir herum und starrte mich finster an. »Lass es gut sein, okay?«

»Aber …« Verdutzt hielt ich inne. »Dein Knie …«

»Mein Knie geht dich einen feuchten Dreck an«, unterbrach er mich. Die Knöchel an seinen Händen traten weiß hervor.

»Wow.« Das war deutlich gewesen. Perplex sah ich ihn an. Was war in den zwei Minuten passiert, die wir gebraucht hatten, um das Eis zu verlassen? »Komm wieder runter. Ich wollte nur helfen.«

»Und ich habe dir vorhin schon gesagt, dass ich deine Hilfe nicht brauche.«

»Gut. Ist angekommen.« Es fehlte nicht viel und ich hätte die Augen verdreht. Man konnte sich auch anstellen. »Falls du trotzdem einen Rat willst … Das Knie sollte sich jemand ansehen, der Ahnung davon hat.«

»Überschreite die Grenze nicht, Palmer. Du bist nur eine mittelmäßige Hockeyspielerin. Deine Meinung interessiert mich nicht.«

Und damit hatte er es geschafft. Ich war sprachlos. Es war eine Sache, dickköpfig zu sein, aber eine völlig andere, seinen Frust an mir auszulassen. Ich hatte ihn nicht absichtlich abgeschossen und wenn er glaubte mich hier beleidigen zu können, nur weil er ein Problem damit hatte, Hilfe anzunehmen, war er auf dem Holzweg. Ich war ganz sicher nicht sein persönlicher Punchingball.

»Weißt du was?« Ich funkelte ihn an. »Fahr zur Hölle.« Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, stapfte ich davon.

Sollte er doch allein klarkommen.

Kapitel 4

Nolan

Ich brauchte Fichtenzapfen. Und zwar dringend.

Es war mir ein Rätsel, wie ich es in die Umkleidekabine geschafft hatte, ohne auf eine Wand einzuschlagen. Doch offensichtlich war es mir gelungen. Ich setzte mich auf die ungemütliche Holzbank an der Wand und zerrte mit fahrigen Fingern an meinen Schlittschuhen, um sie mir von den Füßen zu ziehen.

Toni hatte nicht mein kaputtes Knie getroffen, sondern das andere. Trotzdem änderte das nichts daran, dass ich ein leichtsinniger Trottel war. Mich so kurz nach meinem Arztbesuch ohne Schutzkleidung in ein Eishockeytor zu stellen, musste in der Top Ten der dämlichsten Ideen aller Zeiten stehen. Und anstatt mir helfen zu lassen, hatte ich nichts Besseres zu tun, als Toni blöd anzumachen.

Was zur Hölle war los mit mir?

Zischend stieß ich die Luft aus, als ich mir das Knie massierte. Erst das getroffene, dann das kaputte. Ich musste Robert wohl definitiv einen Besuch abstatten und meine Knie professionell behandeln lassen, wenn ich das Team nicht ewig vom Rand aus beobachten und coachen wollte.

Hervorragend.