Sammelband der gefühlvollen Urban Fantasy Serie für Drachenfans (The Dragon Chronicles) - Solvig Schneeberg - E-Book
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Sammelband der gefühlvollen Urban Fantasy Serie für Drachenfans (The Dragon Chronicles) E-Book

Solvig Schneeberg

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Beschreibung

»Drachenwandler Deluxe!« (Leserstimme auf Amazon)  Raven kehrt nach Jahren in ihre Geburtsstadt zurück. Doch statt wie erhofft in ihrem alten Zuhause Ruhe zu finden, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt: Plötzlich zeigen sich in Raven ungeahnte Kräfte, von denen sie nie etwas geahnt hat. An einer magischen Akademie soll sie ihre Fähigkeiten zu beherrschen lernen – doch ihr geheimnisvoller Mentor Elion bringt sie immer wieder an den Rand des Wahnsinns. Prickelnde Urban Fantasy vom Feinsten Solvig Schneeberg entführt ihre Leserinnen in der düster-romantischen Buchserie »The Dragon Chronicles« in die verborgene Welt der Drachen. Eine großartige Fantasy-Liebesgeschichte in vier Bänden voller magischer Wesen und atemberaubender Wendungen. Folge dem Drachen in dir und entdecke deine Macht! //Dies ist der Sammelband zur atmosphärischen Drachen-Fantasy. Er enthält alle Bände der Serie: -- The Dragon Chronicles 1: A Dragon's Love -- The Dragon Chronicles 2: A Dragon's Soul -- The Dragon Chronicles 3: A Dragon's Fall -- The Dragon Chronicles 4: A Dragon's Home// Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

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Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2020 Text © Solvig Schneeberg, 2019 Lektorat: Pia Praska Coverbild: shutterstock.com / © BLACKDAY / © LALS STOCK / © artdock / © Sabphoto / © detchana wangkheeree / © Chamille White Covergestaltung der Einzelbände: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck / Derya Yildirim Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-30197-7www.carlsen.de

Solvig Schneeberg

The Dragon Chronicles 1: A Dragon’s Love

**Lass den Drachen in dir frei**Raven kehrt nach Jahren endlich in ihre Geburtsstadt zurück. Hier hofft sie das Zuhause zu finden, das sie immer vermisst hat. Aber stattdessen muss sie erkennen, dass Chris, ihr einziger Vertrauter und bester Freund, sie jahrelang belogen hat. Bei einer Party verliert Raven die Kontrolle über ihren Körper, ungeahnte Kräfte steigen in ihr empor – und Chris scheint besser zu wissen, was mit ihr geschieht, als sie selbst. Von einem Tag auf den anderen findet sich Raven an einer magischen Akademie wieder und muss ab jetzt auch mit dem unergründlichen Elion klarkommen. Geheimnisvoll, aber sexy übt ihr neuer Mentor eine unwiderstehliche Faszination auf sie aus …

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Vita

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© Foto Studio Carl

Solvig Schneeberg studierte Literaturwissenschaften in ihrer Heimatstadt Erfurt, bevor sie beschloss, sich einzig dem Schreiben zu widmen. Bereits in jungen Jahren entdeckte sie die Liebe zum geschriebenen Wort und fing bald an, ihre eigenen Geschichten aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Sie ist eine verträumte Romantikerin, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass ihr ganzer Fokus auf Fantasy- und Liebesromanen liegt. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten, einem Hund und vier Katzen lebt sie in der beschaulichen Altstadt von Erfurt.

Prolog

18 Jahre früher

Ihre Mutter hatte gesagt, dass es lediglich alte Freunde waren, die sie nachts besuchen kamen. Warum sie immer nachts kamen, wusste Raven nicht und sie hatte irgendwann auch aufgehört zu fragen.

Jedes Mal musste sie sich verstecken und durfte erst wieder herauskommen, wenn ihre Mutter sie holen kam. Manchmal hörte sie laute Stimmen. Dinge, die kaputtgingen und Geräusche, die wie das Knurren eines wütenden Tieres klangen. Manchmal blieb alles still. Aber jedes Mal zogen sie und ihre Mutter noch in derselben Nacht weg, ohne dass Raven erfuhr, was dieses Mal der Grund gewesen war oder wohin es ging.

Gerade an diesem einen Morgen war eine alte Frau an ihrer Tür erschienen. Raven hatte sie kurz gesehen, bevor sie sich wieder verstecken musste.

Dieses Mal blieb alles ruhig.

Raven hoffte, dass sie vielleicht doch länger in dieser Stadt bleiben konnten. Denn manchmal, wenn die Unterhaltung mit den alten Freunden leise blieb, zogen Raven und ihre Mutter erst später weg. Aber als sie aus ihrem Versteck unter einer losen Bodendiele wieder hervorkommen durfte, packte ihre Mutter schon die wenigen Sachen zusammen.

Wütend ging Raven in den Garten, ohne ein Wort zu sagen. Sie setzte sich in den alten Reifen, der an einem Ast der alten Eiche befestigt war, und schaukelte. Sie waren doch erst vor wenigen Wochen hierhergezogen. Raven mochte das Mädchen, das nebenan wohnte. Ihre Mutter hatte ihr sogar erlaubt mit dem Mädchen zu spielen.

Sie hörte, wie in der Küche ein Glas zu Bruch ging, aber sie machte sich nicht die Mühe hineinzugehen. Ein Glas weniger, das ihre Mutter zusammenpacken musste. Dann hielt sie in der Bewegung inne. Ihre Mutter packte nie Gläser oder Geschirr ein, wenn sie umzogen.

Raven blieb ganz still und lauschte.

Der laue Sommerwind, der noch bis vor einigen Sekunden die Blätter zum Rascheln gebracht hatte, war verstummt. Erst jetzt fiel ihr auf, dass auch die Vögel ruhig waren. Sie kannte die Zeichen, auf die sie achten sollte. Ihre Mutter hatte es ihr beigebracht. Die Nummer, die sie in so einem Moment anrufen sollte, kannte sie auswendig, hatte sie immer und immer wieder aufsagen müssen.

Sie wusste, dass sie sofort weglaufen sollte, wenn etwas nicht stimmte. So wie jetzt. Aber sie floh nicht.

Stattdessen hüpfte sie leise von der Schaukel und schlich zur hinteren Häuserwand. Sie hatte vorgehabt durch das Fenster in die Küche zu spähen, aber die Tür, die von dort in den Garten führte, flog mit einem lauten Knall auf, gerade als sie sich an die Hauswand gedrückt hatte. Sie duckte sich instinktiv in die dichten Büsche und verhielt sich so ruhig sie konnte.

Ein großer Mann, ein Riese, trat in den Garten und sah sich aufmerksam um. Jetzt, wo die Tür offen war, hörte sie das leise Schluchzen ihrer Mutter.

Das war der Moment, vor dem ihre Mutter sie gewarnt hatte. Das war der Mann, der sie nicht finden sollte. Raven wusste: Sie musste hier weg! Jemanden finden. Jemanden anrufen. Genau. Die Nummer!

Aber sie konnte sich nicht rühren. Nicht nur, weil sie den Mann dann auf sich aufmerksam gemacht hätte, sondern auch, weil sie Angst hatte. Richtige Angst.

Sie konnte sich nicht bewegen.

Der Riese drehte sich einmal um sich selbst. Sie erkannte helle blonde Haare aus ihrem Versteck. Seine Augen glühten fast, als er grinsend den Garten absuchte. Nach ihr, dachte sie und schauderte. Sie musste ein Geräusch gemacht haben, denn der Mann richtete seinen goldenen Blick direkt auf sie.

»Da bist du ja.« Seine Stimme war dunkel und sein Grinsen jagte ihr eine Gänsehaut über die Arme. Als er die Hände nach ihr ausstreckte, wehrte sie sich nicht, obwohl sie gelernt hatte, wie sie sich in so einer Situation zu verhalten hatte. Aber sie war wie gelähmt.

»NEIN! Tu das nicht! Bitte, lass sie gehen! Du willst sie doch gar nicht!« Das panische Kreischen ihrer Mutter wurde von einem dumpfen Knall unterbrochen.

Der Griff des Riesen wurde fester und spitze Krallen bohrten sich in ihren Oberarm. Er zerrte sie grob zurück in die Küche.

Ihre Mutter lag rücklings auf dem Boden. Zwei Männer hielten sie fest; einer hatte ein Messer gegen ihre Kehle gedrückt, der andere hielt ihre Arme in einem komisch aussehenden Winkel nach hinten gestreckt. Aus ihrer Unterlippe tropfte Blut und ein Auge war zugeschwollen.

Sobald sie ihre Tochter sah, wehrte sie sich gegen die Männer, aber der Größere drückte das Messer nur tiefer in ihr Fleisch. Mit einer schnellen Bewegung brachte der andere sie in eine sitzende Position. Ein spitzer Schrei kam aus ihrer Kehle, als ihr rechter Arm nur noch nutzlos an ihrer Seite hing. Sie stemmte sich dennoch weiter gegen die Männer, ungeachtet der Konsequenzen.

Der Riese, der Raven festhielt, lachte laut und schüttelte sie so heftig, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Sie biss sich auf die Zunge und schmeckte Blut.

»Dachtest du wirklich, ich würde dich anrühren?« Er sah zu ihrer Mutter. »Noch lange nicht, meine Liebste. Du weißt, es gibt schlimmere Wege jemanden zu bestrafen, als ihn nur zu schlagen.«

Dann fiel sein harter Blick auf Raven, weil sie sich in seinem festen Griff wand. Eine Faust traf sie in den Magen. Sie wollte sich zusammenkrümmen, doch die Krallen in ihrem Oberarm hielten sie aufrecht. Der Schmerz nahm ihr für einen Moment die Luft zum Atmen. Tränen, die sie tapfer wegblinzelte, brannten in ihren Augen.

»Bitte verschone sie!«

Eiskaltes Lachen antwortete den Worten ihrer Mutter, bevor die Faust ein weiteres Mal in Ravens Magen krachte. Dann warf er das Kind mit dem Kopf gegen die gläserne Küchentür. Das Glas zerbarst. Schnitt Raven ins Gesicht und in den Hals. Ihr wurde schwarz vor Augen, aber noch klammerte sie sich an ihr Bewusstsein.

»Lass sie gehen«, flehte ihre Mutter mit krächzender Stimme. Das Messer des Mannes hatte sich tiefer in ihre Kehle gebohrt und behinderte sie beim Sprechen. Der Riese hielt Raven mit einem Arm weiterhin gegen das zerbrochene Glasfenster der Tür gepresst, während er sie wieder und wieder in die Seite boxte. Raven glaubte etwas brechen zu spüren. Ihr nächster Atemzug klang selbst in ihren Ohren falsch. So flach und röchelnd. Und so schmerzvoll.

»Sie ist doch auch dein Kind!«

Doch die Worte ihrer Mutter drangen längst nicht mehr zu ihr durch. Jeder weitere Atemzug war eine Qual. Ihre Lungen brannten und stachen. Ihr Kopf schmerzte fürchterlich und ihr war übel.

»Sie war nie mein Kind!« Erneut schlug der Mann zu.

Womit hatte sie das verdient? Warum half ihr denn niemand?

»Du hast sie mir genommen, bevor ich die Gelegenheit dazu hatte, ihr Vater zu sein.«

Ein weiterer Treffer in ihre Seite. Dieselbe Stelle. Dieselben Schmerzen. Derselbe röchelnde Atemzug.

»Bitte, lass sie gehen.«

Sie hörte ihre Mutter kaum noch. Ein dumpfes Summen hatte sich in ihrem Kopf ausgebreitet. Die Worte ihrer Mutter verschwammen mit dem Lachen des Riesen. Als sich die Dunkelheit ihrer bemächtigen wollte, warf er sie achtlos zur Seite. Sie prallte mit dem Kopf gegen die Kante des Tisches, der über ihr zusammenbrach. In den Trümmern des Tisches und den Glasscherben blieb sie regungslos liegen.

1. Kapitel

Raven

September, 2015

Es war wieder einer dieser Tage: Der Wecker klingelte für ihren Geschmack zu zeitig, die Sonne blieb hinter einer dichten Wolkendecke verborgen und Raven spielte mit dem Gedanken, einfach den Kopf unter ihren Kissen zu vergraben. Aber auch, wenn ihr Handy nach ein paar Sekunden automatisch in den Schlummermodus fiel, tat ihre Mitbewohnerin Mildred das genaue Gegenteil. Sie klopfte wild gegen die Tür.

»Steh auf oder willst du schon wieder zu spät kommen!«

Manchmal war es wirklich anstrengend, mit Mildred zusammenzuwohnen, dachte Raven seufzend. Aber ein freies Zimmer im Wohnheim war eben ein freies Zimmer. Ihre anderen sechs Mitbewohner in dem großen Appartement im Ty Beck House konnte sie sich nicht aussuchen und hatte auch kaum Kontakt mit ihnen. Mit denen teilten sich Mildred und sie aber auch nur die Küche, das kleine Bad gehörte nur ihnen beiden.

Besser, als sich in Swansea eine eigene Wohnung zu nehmen oder gar im Hendrefoelon Student Village am anderen Ende der Stadt zu wohnen.

Sie und Milli waren keine Freundinnen, die jeden Abend zusammen den neuesten Klatsch und Tratsch austauschten, trotzdem wünschte Raven sich manchmal einen besseren Draht zu ihrer Mitbewohnerin zu haben.

Sie warf eines ihrer Kissen von innen gegen die Tür, als das Klopfen von vorne begann.

»Ich bin doch schon wach!«

Die Klopfarie verstummte und Mildred schimpfte leise, obwohl sie das nur selten tat. Kurz darauf hörte Raven das Knallen der Tür, die zur Küche führte.

Stöhnend drehte sie sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Sie hatte schon wieder nicht gut geschlafen und war von ihren Albträumen heimgesucht worden. Kein Wunder, dass sie erneut starke Kopfschmerzen hatte. Dabei wollte sie den heutigen Tag keinesfalls in ihrem dunklen Zimmer verbringen.

Ein von Raven sehr bewunderter bereits pensionierter Professor sollte an diesem Tag eine seiner seltenen Gastvorlesungen an der Swansea University halten. Sie wollte seine Darstellung der Literatur des 19. Jahrhunderts keinesfalls verpassen. Dieser Professor war die letzten Jahre schon nicht mehr für eine Gastvorlesung am College gewesen. Für Raven, die Literaturgeschichte studierte, war heute also eine vielleicht einmalige Chance, ihr Vorbild persönlich kennenzulernen. Nur wegen seiner Facharbeiten hatte sie sich entschieden in Swansea, England, Literaturgeschichte zu studieren. Und weil sie hier, in dieser typisch englischen Kleinstadt, geboren worden war.

Das laute Klopfen an ihrer Tür begann von Neuem und riss Raven aus ihren Gedanken.

»Ich stehe ja schon auf, verdammt noch mal!«, rief sie entnervt und warf ihre Decke beiseite.

Sie hatte versucht die wenigen Quadratmeter ihres Zimmers gemütlich einzurichten. Der Großteil wurde von einem bequemen Doppelbett eingenommen, auf dem sich eine Menge heller Kissen stapelten. Der breite Schreibtisch auf der anderen Seite des Raumes war mit Unterlagen und Büchern ihrer Vorlesungen und Kurse belegt. Ein paar historisch-romantische Bücher hatten ihren Weg in das kleine Bücherregal gefunden, das hoffnungslos überfüllt war. Bisher hatte sie nur weder Lust noch Zeit gefunden, sich ein neues anzuschaffen. Lieber stapelte sie ihre Bücher auf dem Boden, in greifbarer Nähe zum Bett.

Sie roch frisch gebrühten Kaffee und bewunderte einmal mehr, wie fürsorglich Milli sein konnte, selbst wenn Raven sie so anfuhr wie gerade eben. Mildred selbst trank keinen Kaffee, sie bevorzugte Tee, aber für Raven, die ihre Jugend in Amerika verbracht hatte, kochte sie jeden Morgen eine Tasse und stellte sie auf die Kommode in dem kleinen Flur.

Als Raven frisch geduscht und mit ihrem Kaffee in der Hand wieder in ihr Zimmer kam, hatte ihr Handy gerade aufgehört zu klingeln. Sie unterdrückte den Fluch, der ihr auf der Zunge lag und sah nach, wessen Anruf sie verpasst hatte: Chris.

Ihr bester Freund hatte bestimmt nur angerufen, um sie ebenfalls zu wecken, damit sie wirklich nicht verschlief.

Während sie sich die blonden Haare trocken rubbelte, tippte sie eine schnelle Nachricht für ihn, dass sie bereits wach war und ihn wie sonst auch in der Mittagspause treffen würde. Sie wollte keine unnötige Zeit damit verschwenden, ihn anzurufen, dann wäre sie definitiv zu spät gekommen.

Nachdem sie ihre dunkle Bluejeans und einen schwarzen Pulli angezogen hatte, spülte sie mit dem letzten Schluck Kaffee noch eine Tablette gegen ihre Kopfschmerzen hinunter. Sie schnappte sich ihre Tasche mit den Unterlagen für die ersten Kurse des Tages. Ihre schulterlangen Haare waren immer noch ein wenig feucht, würden aber in den nächsten Minuten von selbst trocknen.

Obwohl die Sonne nicht schien, waren die Temperaturen in diesem Herbst noch angenehm warm und zur Uni war es nicht weit. Da ihr Wohnheim direkt auf dem Campus lag, hatte sie keine langen Wege.

Im Flur begegnete sie Mildred, die ihr kurz zuwinkte, bevor sie die Tür hinter sich zuzog. Sie verließ immer vor Raven die kleine Wohneinheit, auch wenn ihre Vorlesungen zur selben Zeit anfingen. Raven hatte sich schon vor einigen Wochen damit abgefunden. Auf eine SMS von Chris antwortend bemühte sie sich, auf einem Bein hin und her hüpfend ihre dunkelroten Ankle Boots anzuziehen, die er ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie liebte diese Stiefel ebenso wie die schwarze Lederjacke, die noch aus Amerika stammte. Als sie vor etwas über zwei Jahren, nach dem Tod ihrer Tante, wieder nach England gezogen war, hatte sie den Großteil ihrer Sachen in Florida einlagern lassen und sich stattdessen in London neu eingerichtet. Dabei war die Lederjacke, neben einigen wenigen persönlichen Gegenständen, so ziemlich das Einzige, was sie mitgenommen hatte.

Sie machte sich wie so oft gar nicht erst die Mühe, ihre leere Tasse in die Gemeinschaftsküche zu bringen, sondern stellte sie auf der Kommode ab. Sie würde sie später aufräumen.

Mit einem Blick auf die Uhr, die im Flur hing, stellte sie fest, dass sie unter der Dusche wohl doch mehr Zeit gebraucht hatte als eingeplant. Jetzt wäre sie wirklich zu spät dran, wenn sie sich nicht ranhielt. Sie riss ihre Lederjacke vom Haken und stürmte aus der Tür.

***

Ihr einziges Glück war, dass ihre Freundin Cora zum großen Teil die gleichen Vorlesungen wie sie besuchte und ihr daher immer einen Platz freihielt. Das kam ihr besonders an Tagen wie diesen zugute, an denen sie sonst nur in der hinteren Reihe einen freien Platz gefunden hätte.

»Na, mal wieder verschlafen?« Die kleine Blondine grinste frech, als Raven sich neben sie setzte.

»Du wirst es kaum glauben, meine Liebe, aber ich bin pünktlich aufgestanden«, wehrte sich Raven und sah sich mehr oder weniger unauffällig im Hörsaal um. Da Professor Hastings eine Koryphäe auf seinem Gebiet war, überraschte es sie nicht sonderlich, dass der Hörsaal komplett besetzt war. Der eigentliche Grund dafür, warum sie sich umsah, war das merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden. Mal wieder.

Schon in ihrer Kindheit hatte ihre Mutter sie gelehrt aufmerksam auf ihre Umgebung zu achten und zu erkennen, ob sie beobachtet wurden. Die beiden waren so oft umgezogen, dass sie kaum mehr als ein Jahr an demselben Ort verbracht hatten. Raven hatte sich nie merken können, an welchem Ort sie gerade waren und es war ihr irgendwann auch egal gewesen. Als sie nach dem Tod ihrer Mutter zusammen mit deren Schwester Rhegan nach Amerika zog, hatte sie sich längst daran gewöhnt, dauernd auf der Flucht zu sein. Mit ihrer Tante war es nicht anders gewesen.

Seit sie in Swansea wohnte, übernahm ihre antrainierte Paranoia allerdings öfter die Oberhand, als ihr lieb war. Aber wahrscheinlich lag es auch einfach nur daran, dass sie nach fast fünfundzwanzig Jahren wieder hierhergezogen war und sich erst wieder daran gewöhnen musste, längerfristig an ein und demselben Ort zu bleiben. Vorher hatte sie eine Weile in London gelebt und war auch dort nicht glücklich geworden.

Nach all den Wochen war sie immer noch nicht vertraut damit, mit so vielen fremden Leuten in einem Saal zu sitzen. Bis zu ihrem Highschool-Abschluss hatte sie stets nur Unterricht zu Hause gehabt. Erst bei ihrer Mutter, dann bei ihrer Tante. Zu viele Menschen machten sie einfach immer noch nervös.

Seufzend drehte sie sich wieder um und wandte sich der grauhaarigen Person am Lehrerpult zu.

»Hey, heute Abend bist du doch dabei, oder?«, fragte Cora und Raven zuckte innerlich zusammen. Ihr fiel sofort ein, wovon Cora sprach. Ihre gemeinsame Freundin Susan feierte heute ihren zweiundzwanzigsten Geburtstag. Raven hatte versprochen zu der Party zu kommen und sich am Geschenk zu beteiligen.

Sie lächelte so aufrichtig, wie es eben ging, um nicht dabei ertappt zu werden, dass sie es vergessen hatte.

»Aber natürlich komme ich. Schließlich habe ich es versprochen. Hat Susan denn den Partyraum bekommen, von dem sie gesprochen hat?«

Cora schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr Vater weigert sich zu bezahlen. Mal im Ernst, wenn der Kerl schon mit der besten Freundin der Mutter durchbrennt und die daraufhin in die Klapse wandert, dann kann er seiner Tochter doch wohl wenigstens den Geburtstag bezahlen.«

Cora machte ein angewidertes Gesicht und suchte ein leeres Blatt in ihrem Block, um sich später Notizen machen zu können. »Zerstört die ganze Familie und schert sich einen Dreck um die Konsequenzen.«

Raven mochte die aufrichtige und ungehemmte Art ihrer Freundin. Cora sagte immer, was sie dachte. Ungeachtet ihres Publikums. So wie jetzt, als sich einige ihrer Kommilitonen in der Reihe vor ihnen empört zu ihnen umdrehten. Zweifellos wollten sie etwas zu Coras lautem Ton sagen, aber diese streckte ihnen nur die Zunge raus, bevor sie sich wieder zu Raven drehte und sie angrinste. Genau deshalb mochte sie Cora so.

»Sie hat den VIP-Bereich der Sunsetlounge reserviert«, flüsterte sie jetzt, weil Professor Hastings gerade dreimal gegen das Mikrophon geklopft hatte, um zu testen, ob es angeschaltet war. Dann räusperte er sich und lächelte, bevor er das Licht im Saal herunterregelte, um mit der Diashow zu beginnen.

Obwohl die Menge beinahe augenblicklich still war und gebannt an den Lippen des Professors hing, sah Raven mehrmals über ihre Schulter. Sie hatte das starke Gefühl, dass ein paar Augen nur auf sie gerichtet waren, anstatt auf den Mann, der die Vorlesung hielt. Aber egal, wie oft sie sich umdrehte, sie konnte im Dämmerlicht des Saals niemanden erkennen, der auf sie den Eindruck machte, nicht aufmerksam der Vorlesung zu folgen.

Trotz des langen Pullovers kroch Kälte über ihre Arme, die ihr bis in die Knochen zu dringen schien. Ihr Puls beschleunigte sich und mehrmals musste sie sich zwingen wieder ruhiger zu atmen. Sie hatte das Gefühl, etwas übte einen gewaltigen Druck auf ihren Brustkorb aus und hinderte sie daran, genügend Sauerstoff in ihre Lungen zu bekommen. Ihre Hände fingen an zu zittern. Sie versuchte es zu verbergen, indem sie mit ihrem Kugelschreiber spielte. Was aber nur noch mehr zu ihrer Unsicherheit beitrug. Deshalb ignorierte sie auch Coras besorgte Blicke. Ihre antrainierten Instinkte rieten ihr zur Flucht. Nur ihr Stolz veranlasste sie dazu zu bleiben. Die Vorlesung war ihr wichtig und der Fakt, dass sie eh niemanden erkennen konnte, ließ sie glauben, dass sie sich das alles nur einbildete. Aber das drängende Gefühl, beobachtet zu werden, blieb.

Nach dem Ende der zweistündigen Vorlesung, in denen sie mehr oder weniger erfolgreich versucht hatte ihre Panik zu verdrängen, verließ sie schweißgebadet den Hörsaal, ohne darauf zu achten, wen sie dafür zur Seite stoßen musste.

Cora kam kaum hinterher.

»Was ist denn los?«, fragte sie atemlos, als sie Raven endlich eingeholt hatte. »Ich dachte, du wolltest noch mit Hastings sprechen?«

Raven hörte ihr kaum zu. Ihr Blick war auf die Schwingtüren des Saals gerichtet. Sie hoffte den mysteriösen Beobachter zu finden. Aber bei keinem der Studenten überkam sie dieses merkwürdige Gefühl – bis der Saal irgendwann leer und das Gefühl verschwunden war.

Als sie sich zu Cora umdrehte, um ihr zu antworten, umwehte sie der Geruch von frisch gefallenem Schnee. Sie hatte dieses Geruchserlebnis schon längst als Spinnerei ihrer Sinne abgetan, seit sie es zum ersten Mal vor ein paar Wochen wahrgenommen hatte. Trotzdem beruhigte sie sich beinah augenblicklich.

»Hallo? Erde an Raven?« Cora wedelte mit ihrer Hand vor Ravens Gesicht herum.

»Was?«

Raven erwachte aus ihrer Starre und sah zu ihrer Freundin hinunter. Cora war fast einen Kopf kleiner als Raven, aber sie hatte ein großes Herz. Ihre braunen Augen blickten sie voller Mitgefühl an.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie, Sorge in ihrer Stimme. Raven bemühte sich ihre Verwirrung nicht zu zeigen und lächelte, obwohl ihr alles andere als danach zumute war. Sie war müde und erschöpft.

»Ja, klar, alles in Ordnung. Ich werde später mit ihm reden. Er ist ja sicher noch für ein paar Tage in der Stadt. Ich frage einfach meinen Mentor, ob er mir einen Termin bei Hastings besorgen kann«, versicherte Raven. Cora schien besänftigt.

Gemeinsam verließen sie den Gang und traten in das helle Licht des Tages. Obwohl hier alles friedlich zu sein schien, drehte sich Raven noch mehrmals unauffällig um, nur um ihre Nerven zu beruhigen. Das beängstigende Gefühl, verfolgt zu werden, kehrte in den nächsten Vorlesungen nicht zurück. Dafür blieb der Geruch von frischem Schnee in ihrem Geist, bis sie in der Mittagspause zu dem kleinen Café kam, in dem ihr bester Freund, Chris, bereits auf sie wartete. Erst dann war es verschwunden und Raven war, als hätte man ihr einen Teil ihres Selbst genommen. Plötzlich fiel ihr selbst das Atmen wieder schwerer.

Sie versuchte ihre Gedanken zu sammeln, während sie Chris durch die Fenster des Cafés winken sah, und ihn anzulächeln.

Bei ihm hatte sie verschiedene Kampfsportarten trainiert, als sie in London gewohnt hatte. Sein muskelbepackter Körper war ein wesentlicher Teil seines Erfolgs.

Er trug wie üblich eine abgewetzte Jeans und ein dunkles Shirt, mit irgendeinem verschlungenen Tribalmuster. Seine braunen Haare widerstanden jedem Zähmungsversuch und gemeinsam mit den grünen Augen war er eine Augenweide für jedes weibliche Wesen in seiner Umgebung – und das wusste er auch. Nur interessierte er sich dummerweise nicht für andere Frauen. Schade für die Kellnerin, die in diesem Augenblick schamlos mit ihm flirtete. Ihre roten Haare standen im krassen Gegensatz zu ihrer hellen Haut und waren zu kräftig, um naturbelassen zu sein. Ihr Make-up war zu stark, um auch nur ansatzweise natürlich zu wirken. Sie war nicht dick, aber die gepunktete Leggins, die sie unter ihrer rosa Kellneruniform trug, hätten auch einem Pariser Magermodel nicht geschmeichelt.

Seufzend näherte sich Raven dem Tisch. Im Gepäck ihre beiden Freundinnen Cora und das Geburtstagskind Susan, mit der sie das Seminar vor der Mittagspause besucht hatten.

Die Kellnerin warf sich kokett die langen Haare über die Schulter. Der doppeldeutige Ton, als sie Chris’ breiten Brustkorb lobte, war keiner der drei Frauen entgangen. Aber Chris lächelte die Kellnerin nur wissend an und ging auf ihre Bemerkung nicht ein. Stattdessen erhob er sich, um Raven zu begrüßen. Pikiert zog sich die Rothaarige zurück, während die vier sich an ihren angestammten Platz am Fenster setzten.

2. Kapitel

Chris

Dass das Café direkt an der Swansea Bay lag, war einer der Gründe, warum sie hier alle so gerne ihre Mittagspausen verbrachten.

Chris arbeitete offiziell, wie auch in London, als Fitnesstrainer. Inoffiziell jedoch hatte er einen anderen Auftrag und hielt sich seit einer Weile nur noch in dem Fitnessstudio auf, wenn Raven trainieren wollte.

Dadurch fiel es ihm nicht schwer, jeden Tag mit Raven und ihren Freundinnen mittags zu essen.

Als die Kellnerin wiederkam, hatte sie zwei Tassen Kaffee in der Hand. Chris bedeutete ihr die zweite Tasse vor Raven abzustellen. Sofort versuchte sie zu erfassen, ob Raven eine Konkurrentin für sie darstellte. Stolz betrachtete er seine Freundin.

Lange honigblonde Haare, die so aussahen, als hätte sie sich nicht die Mühe gemacht, sie heute Morgen zu föhnen. Wie sonst auch. Sie frisierte ihre Haare nur selten aufwendig. Das war auch gar nicht nötig, denn sie fielen ihr in sanften Wellen über den Rücken. Ihre hellen braunen Augen wiesen vereinzelt schwarze Sprenkel auf. Aber das sah nur jemand, der ihr nah genug kam und ihr lang genug in die Augen sah. Nicht, dass er das jemals zulassen würde. Durch das jahrelange Kampftraining hatte sie eine sportliche Figur, doch unter dem schwarzen Pullover ließen sich die Rundungen ihres Busens mehr als nur erahnen. Mit Befriedigung bemerkte er, dass sie die roten Stiefel trug, die er ihr geschenkt hatte und die ihre langen Beine betonten.

Ja, Raven Benetton war eine wunderschöne junge Frau und zu diesem Schluss kam anscheinend auch die Kellnerin, die den Kaffee wortlos vor Raven abstellte und sich dann den anderen beiden Gästen zuwandte, um deren Bestellungen entgegenzunehmen. Er bemerkte die interessierten Blicke, die sowohl Susan als auch Cora ihm zuwarfen, aber das interessierte ihn nicht.

Während sie aßen, blieb er stets Raven zugewandt und schweifte nur kurz zu Susan oder Cora, wenn diese ihn direkt ansprachen. Er wusste, was sie dachten. Und damit könnten sie nicht falscher liegen. Susan hatte anfangs noch ziemlich schamlos mit ihm geflirtet. Sie war mit ihren langen schwarzen Haaren und den blauen Augen wirklich eine Schönheit. Mit ihrer kurvigen Figur, die sie außerdem gekonnt in Szene zu setzen wusste, hatte sie mehr als nur einen Verehrer. Er war keiner davon. Nachdem sie das begriffen hatte, war sie dazu übergangen, ihn wie eine ihrer Freundinnen zu behandeln. Frauengespräche am Mittagstisch inklusive.

»Wirklich. Ich verstehe es einfach nicht. Dieser Kerl, ja«, begann sie und spießte eine Tomate ihres Tomaten-Mozzarella-Salates auf. »Ständig will der mich einladen, dann sage ich irgendwann zu und was ist? Ein totales Desaster!«

Cora warf Raven einen wissenden Blick zu, den diese mit einem Augenrollen quittierte, was Susan aber nicht sah. Es ging mal wieder um den mysteriösen Verehrer, von dem Susan schon einige Male geredet hatte, dessen Namen sie aber partout geheim hielt. Ob sie es tat, weil sie sich für ihn oder für ihre Freundinnen schämte, war dabei nie wirklich geklärt worden.

Chris war sich allerdings fast sicher, dass es nur darum ging, den gutaussehenden Mann von ihren Freundinnen fernzuhalten, bevor sie sich selber sicher war, ob sie ihn überhaupt haben wollte oder nicht. Welche Frau wird schon gerne für eine ihrer Freundinnen abserviert?

»Was ist denn passiert?«

Erneut spießte Susan eine Tomate auf, dieses Mal so heftig, dass die zarte Hülle zerplatzte und der Inhalt über den Teller spritzte.

Chris wischte die Sauerei mit einer Serviette weg.

»Er ist ja so ein Idiot! Wirklich, ich will eigentlich überhaupt nicht darüber reden.«

Gerade wollte Raven etwas dazu sagen, als Susan schon weitersprach.

»Da redet dieser Kerl die ganze Zeit irgendeinen Blödsinn und verschwendet keinen Blick an mich. Da brauche ich auch gar nicht mit ihm ausgehen, versteht ihr, was ich meine?«

»Manche Männer sind eben nicht für Frauen gemacht«, warf er ein.

Susan ignorierte seinen Einwand. »Ach quatsch. Der ist nicht schwul, glaub mir. Das ist nicht sein Problem. Sein Problem war, dass er alle anderen Frauen im Club angesehen hat, aber nicht mich.«

»Schwul sein würde ich jetzt nicht unbedingt als Problem bezeichnen, aber davon abgesehen gibt es tatsächlich Männer, die mit nur einer Frau nicht glücklich sein können.«

»Der sollte lieber seine dämliche Studentenverbindung vögeln, wirklich. Der hat die ganze Zeit nur von diesen Kerlen geredet.«

Er sah zu Raven, die ebenfalls mit einem Vertreter dieser super elitären Studentenverbindungen Erfahrungen sammeln durfte. Sie vermied seinen Blick mit Absicht. Schließlich hatte er ihr seine Meinung diesbezüglich schon oft mitgeteilt. Aber er sagte nichts weiter dazu, besonders weil das Thema auch für Susan damit beendet war.

Nachdem Susan und Cora zu ihrer nächsten Vorlesung verschwunden waren, blieben nur Raven und er zurück.

Kaum hatten ihre Freundinnen das Café verlassen, brach sie in lautes Gelächter aus. Er wartete geduldig, bis sie sich wieder beruhigt hatte.

»Du weißt doch, was die beiden denken?«, fragte sie und verkniff sich ein weiteres Lachen.

Er rechnete es ihr hoch an. »Natürlich weiß ich das. Ich habe vielleicht nicht studiert, aber dumm bin ich nicht.«

Er grinste und sie verdrehte die Augen. »Dass du das immer wieder rauskramen musst. Ich habe nie gesagt, dass du dumm bist«, beschwerte sie sich. »Und du kannst doch deinen Abschluss nachholen und dann ebenfalls studieren.«

Er hatte ihr vorgelogen keinen Schulabschluss zu haben, weil seine Noten zu schlecht gewesen wären. Dabei wollte er sein Geheimnis nur nicht preisgeben. Sie war diejenige gewesen, die nach wenigen Monaten in London unruhig wurde und weiterziehen wollte. Als ob sie es nicht lange an einem Ort aushalten würde.

»Aber ich konnte nicht ewig in London bleiben und nichts tun. Und ein Studium erschien mir sinnvoll«, sagte sie gerade, als er seine Hand auf ihre legte.

»Ganz ruhig, Kleines. Ich mach doch nur Spaß, das weißt du.«

Schließlich hatte er dafür gesorgt, dass sie zurück nach Swansea ging. Das war sein Auftrag gewesen. Es hatte länger gedauert als geplant. Raven war sehr eigensinnig und allmählich waren ihm die Hinweise ausgegangen.

Aber er wusste nicht, was sie so belastete. Es war ihm beim Essen schon aufgefallen. Sie sah müde und abgespannt aus, als hätte sie die Nacht nicht geschlafen. Und die davor. Seufzend lehnte sie sich zurück, ließ aber ihre Hand unter seiner. »Tut mir leid, ich hab nicht gut geschlafen«, bestätigte sie seine unausgesprochene Ahnung und fuhr sich mit der freien Hand durch die Haare. Für einen Moment schloss sie die Augen und atmete tief durch.

»Schon wieder?«, fragte er leise und drückte ihre Hand. Nickend lehnte sie sich wieder vor. »Schon wieder.«

»Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber seit wir hier sind, ist es schlimmer geworden, oder?«

Raven hatte auch in London mit Schlafproblemen zu kämpfen gehabt, aber seit sie in Swansea lebten, war es häufiger. Raven korrigierte ihn nicht.

»Kleines, vielleicht sollten wir in Betracht ziehen, dass …«

»Nein!« Abrupt entzog sie ihm ihre Hand, legte sie aber beinah augenblicklich wieder auf seine. »Tut mir leid, ich wollte nicht schreien. Aber ich werde diese Unterhaltung nicht noch einmal mit dir führen. Ich werde hierbleiben und damit fertigwerden. Wenn du unbedingt möchtest, kannst du ja zurück nach London.«

Sie machte eine ausholende Handbewegung, die ihre Umgebung mit einschloss. »Ich habe sowieso nie wirklich verstanden, warum du mitgekommen bist.«

»Du bist meine beste Freundin. Die Einzige, die ich seit langer Zeit hatte. Glaubst du, da lasse ich dich einfach wieder aus meinem Leben verschwinden?«

Wenn sie jemals die Wahrheit erfahren würde, warum er mit ihr umgezogen war, würde sie nie wieder ein Wort mit ihm reden. Zeit für Ausrede Nummer zwei.

»Außerdem habe ich dringend einen Ortswechsel gebraucht und glücklicherweise kann ich überall arbeiten. Ob ich nun in London als Fitnesstrainer arbeite« – Ausrede Nummer drei – »oder hier, ist mir völlig egal. Es geht mir um dich«, sagte er leise. Und das war das Einzige in seiner kleinen Rede, das nicht gelogen war. Was war er nur für ein Arschloch.

Er beugte sich zu ihr hinüber. Vorsichtig küsste er sie auf die Stirn. »Du bist mir verdammt wichtig, Kleines. Ich will nicht, dass du leidest.«

Seufzend lehnte sie sich zurück und Chris wagte einen weiteren Versuch.

»Vielleicht solltest du wirklich mal mit …«

Bevor er weiterreden konnte, unterbrach sie ihn.

»Komm mir jetzt ja nicht wieder mit deinem komischen Seelenklempner«, warnte sie ihn.

»Kinsley ist kein Seelenklempner, Raven. Das habe ich dir schon einmal gesagt. Aber wenn du nicht mit mir reden möchtest …. Es ist normal, dass es dir schwerfällt, wieder in deiner Heimat zu sein, nach dem, was mit deiner Mutter passiert ist.«

»Das hier hat nichts mit meiner Mutter zu tun«, knurrte sie leise. Chris ließ sie in dem Glauben. Denn dummerweise wusste er es besser. Er wusste, woher ihre Symptome kamen. Und er schaffte es nicht, mit ihr darüber zu reden. Deshalb brachte er immer wieder seinen Mentor George Kinsley ins Spiel. Sollte sie ruhig glauben, dass er ein Psychologe war, aber George war so viel mehr! Und in sehr naher Zukunft würde er der Einzige sein, der ihr noch helfen konnte.

Als sie nichts mehr sagte, winkte er der Kellnerin zu, um zu bezahlen. Obwohl sie zwischendurch so unhöflich gewesen war, gab er ein großzügiges Trinkgeld.

Obwohl sie normalerweise zu Fuß zurück zum Wohnheim gingen, winkte er jetzt ein Taxi heran und begleitete sie zum Ty Beck House. Er versprach am Abend wieder da zu sein, um sie zu Susans Party zu begleiten, wenn sie dann immer noch dahin wollte.

3. Kapitel

Raven

Sie war ihm dankbar für die Fürsorge und Liebe, die er ihr entgegenbrachte. Nicht zuletzt, weil sie wusste, dass er nie etwas dafür verlangen würde, da er nun einmal nicht auf sie stand. Dieses wohlgehütete Geheimnis war der Grund, weshalb sie so offen mit seiner Zuneigung umgehen und sie zurückgeben konnte.

Anfangs hatte sie sogar für ihren sexy Trainer geschwärmt und als er Einzeltraining vorgeschlagen hatte, war sie sich sicher, dass da was laufen würde. Zumindest ein wenig Spaß hätte sie sich ja schließlich verdient, wenn sie in den letzten Jahren schon keine richtige Beziehung eingehen hatte können, dachte sie. Aber schnell hatte sie gemerkt, dass Chris keine erotischen Fantasien in ihr auslöste. Und bald war klar warum. Gott sei Dank. Zwischen ihnen herrschte keinerlei sexuelle Begierde und das war auch gut so. Sie hatten einander schon nackt unter der Dusche gesehen, wenn sie verschwitzt vom Training kamen. Oder mit ungewaschenen Haaren, im Jogginganzug und dem Eisbecher in der Hand auf der Couch, wenn Raven keine Lust hatte, irgendetwas zu tun, und stattdessen lieber faulenzen wollte, um einen kitschigen Liebesfilm zu schauen. Sie hatten sich um einander gekümmert, wenn einer von ihnen krank gewesen war und aussah wie der lebende Tod. Wobei das bisher bei beiden nur einmal der Fall gewesen war; sie hatte sich bei Chris angesteckt. Raven wurde sonst nie krank und hielt das in ihrer Jugend immer für seltsam, bis sie Chris kennengelernt hatte, der ebenfalls nie krank wurde. Oder eben nur extrem selten.

Mit Chris verband sie eine ehrliche Freundschaft. Die erste, die sie je gehabt hatte.

Während sie in Gedanken verschiedene Outfits für den Abend durchging, fühlte sie dieses seltsame Ziehen in ihrem Kopf. Noch hatte sie Chris nichts von den anhaltenden Kopfschmerzen erzählt, die sie seit ein paar Wochen hatte. Er würde sie nur wieder zu einem Arzt schaffen wollen, der dann ohnehin nichts feststellen könnte. Das war in den letzten Monaten schon zu oft vorgekommen. Meistens gingen die Schmerzen ja auch nach ein paar Minuten von allein wieder weg. Nur manchmal blieben sie auch trotz Medikamenten hartnäckig.

Sie überlegte, ob sie die Feier heute Abend nicht vielleicht doch lieber absagen sollte, aber das konnte sie ihren Freundinnen nicht antun. Also stellte sie ihren Handywecker und ging dann zum Fenster hinüber, um die Vorhänge zu schließen, weil sie wenigstens versuchen wollte sich noch ein bisschen auszuruhen. Sie hielt kurz inne, als die altbekannte Paranoia wieder zuschlug – nur dass Raven dieses Mal deutlich einen Schatten auf der anderen Straßenseite wahrnahm.

Das laute Klopfen ihrer Mitbewohnerin holte sie aus ihrem Schock. In dem einen Augenblick, in dem sie reflexartig zur Tür sah und wieder zurück auf die Straße, war der dunkle Schatten verschwunden. Aber er war da gewesen, dessen war sie sich sicher.

»Raven?!« Widerwillig wandte sie sich vom Fenster ab und ging zur Tür. Mildred würde niemals ihr Zimmer ohne Erlaubnis betreten, das schätzte Raven so an ihrer Mitbewohnerin.

»Was ist denn?«, fragte sie und selbst in ihren Ohren klang ihre Stimme seltsam hohl. Für einen Moment war auch Milli verwirrt, fing sich aber schnell wieder.

»Du gehst doch heute Abend weg, oder?«

Mildred hatte bisher eher selten Interesse an Ravens abendlichen Aktivitäten gezeigt, sich stattdessen in ihrem eigenen Zimmer verkrochen und für die Uni gelernt. Zumindest nahm Raven an, dass sie das tat, schließlich hatte Mildred nur die besten Noten in allen Kursen, Seminaren und Vorlesungen.

»Ja, wieso?« Sie versuchte nicht allzu neugierig und verwirrt zu klingen.

Mildred überging ihren merkwürdigen Tonfall freundlicherweise erneut. »Ich bekomme Besuch«, antwortete sie ausweichend und errötete leicht. Es fiel ihr eindeutig schwer, nicht zu lächeln, aber Raven bemerkte es trotzdem. Milli hatte heute Abend also Besuch? Sehr wahrscheinlich männlichen, und sie wollte nur sichergehen, dass ihre Mitbewohnerin nicht zu Hause war.

»Oh. Na, ich weiß auch noch nicht, wann ich wiederkomme. Vielleicht schlafe ich bei einem der Mädels«, erwiderte Raven nonchalant, um Mildred die Sache zu erleichtern. Und in der Tat schien sich Milli sofort zu entspannen.

»Ah gut, also ähm, dann wünsche ich dir nachher viel Spaß.«

»Mhm, ich dir auch.«

Jetzt konnte sie ihr Grinsen nicht mehr verstecken, aber Milli ging nicht darauf ein, sondern drehte sich wortlos um und verschwand in ihrem Zimmer.

***

Es fiel Raven danach wirklich schwer, sich die erhoffte Ruhe zu gönnen. Es war nicht Millis mysteriöser Verehrer, der sie wach hielt. Auch wenn sie ehrlicherweise eine Weile darüber nachdachte. Mildred war ihr bisher nicht als Frau vorgekommen, die an der Universität ihren Spaß haben wollte. Eher wie jemand, der nur ans Lernen dachte. Und wo hatte sie diesen Kerl dann kennengelernt?

Seufzend stand sie auf und ging noch einmal zum Fenster. Nur um sicherzugehen, dass draußen niemand stand. Obwohl sie unten nichts Ungewöhnliches mehr entdecken konnte, ließen sich ihre angespannten Nerven nicht beruhigen. Nicht nachdem sie wusste, dass dort tatsächlich jemand vor ihrem Haus gestanden hatte.

Kopfschüttelnd setzte sie sich wieder auf ihr Bett und ließ sich rücklings auf die breite Matratze fallen. Indem sie ruhig atmete, vertiefte sie ihre Konzentration und lauschte auf ihre Instinkte. Sie fühlte sich in diesem Augenblick nicht bedroht oder wollte fliehen, aber wohl fühlte sie sich auch nicht. Vielleicht hatte sich nur jemand das Wohnheim angeschaut, oder … Nein. Es gab eine simple Erklärung dafür und fertig. Vermutlich hatte sich nur jemand verlaufen. Das kam vor und hatte absolut nichts mit ihr zu tun.

***

Das laute Klingeln ihres Handys riss sie aus dem Schlaf. Anscheinend war sie doch noch eingeschlafen.

Müde rieb sie sich die Augen und suchte ihr Telefon, das sie vorhin, intelligent wie sie war, auf dem Schreibtisch hatte liegen lassen. Andererseits war es auch gut so, weil sie jetzt dazu gezwungen war, wirklich aufzustehen. Unter anderen Umständen hätte sie sich sehr wahrscheinlich einfach wieder umgedreht und weitergeschlafen. Sie warf das Handy auf ihr Bett und verließ dann gähnend das Zimmer.

Auf dem Flur traf sie auf eine Freundin von Mildred, der sie zwar schon einige Male begegnet war, deren Namen sie sich aber einfach nicht merken konnte, obwohl er sehr simpel war. Zumindest glaubte sie, dass er einfach war. Überrascht blieb sie stehen. Sie hatte nicht mit Besuch gerechnet.

»Raven, du siehst müde aus«, sagte Mildreds Freundin. Ihre blonden Haare hatte sie unordentlich zu einem Zopf gebunden und ihre Figur war unter dem weiten Shirt kaum zu erahnen. Die schwarze und ausgeleierte Jeanshose half da nur sehr wenig.

»Ja, das bin ich auch. Ist Milli gerade im Bad?« Raven deutete auf die geschlossene Badezimmertür.

Das Mädchen nickte. »Sie braucht noch ein bisschen. Ich hoffe, es ist in Ordnung?«, fragte sie schüchtern. Als ob sie sich für Mildred rechtfertigen wollte. Vollkommen unnötig.

Raven zuckte mit den Schultern. Sie hatte noch genug Zeit, bevor Chris sie abholen würde. Vorsorglich hatte sie ihren Wecker so gestellt, dass sie keine Eile haben würde.

»Möchtest du Kaffee oder lieber Tee?«, fragte Raven und machte sich auf den Weg in die Küche.

Das Mädchen folgte ihr. »Ein Tee wäre nett, danke.«

Raven erhitzte Wasser in einem Teekessel und holte danach zwei Tassen aus dem Schrank. Eine für Mildreds Freundin, die sicherlich den gleichen schwarzen Tee trank wie Mildred, und eine für ihre eigene kleine Kaffeemaschine, die sie sich zum Einzug selbst geschenkt hatte. Auf ihrer Tasse verkündete ein Teddybär, dass er sie lieb hatte. Es war ein Geschenk von Chris.

Während Raven darauf wartete, dass das Wasser kochte, herrschte ein unangenehmes Schweigen zwischen den beiden Mädchen. Deshalb schreckte Raven hoch, als Mildreds Freundin plötzlich zu sprechen begann.

»Du hast doch Erfahrungen, also mit Jungen, meine ich«, sagte sie.

Maria! Ihr Name war Maria, fiel Raven wieder ein. Wirklich ein einfacher Name. Warum konnte sie ihn sich einfach nicht merken?

Sie setzte sich zu ihr an den runden Tisch, der die Mitte der großen Gemeinschaftsküche darstellte.

»Was genau meinst du damit?«, fragte sie vorsichtig, obwohl sie eine Ahnung hatte, in welche Richtung sich das Gespräch entwickeln würde. Und diese Richtung gefiel ihr nicht.

»Milli wollte dich nicht fragen. Es ist ihr unangenehm …«

»Ja, in der Tat, das ist es!«

Mildred war augenscheinlich fertig im Bad. Sie stand mit nassen Haaren und in einen rosa Bademantel gewickelt im Durchgang zur Küche. Ihr wütender Blick war auf Maria gerichtet, aber Raven fühlte sich trotzdem unbehaglich.

»Bevor ihr euch die Köpfe einschlagt, habe ich einen Vorschlag: Milli, möchtest du auch Tee? Und du redest weiter, Maria«, sagte sie und stand auf, ohne darauf zu achten, ob Mildred ihren Vorschlag tatsächlich annahm. Als sie sich aber einige Augenblicke später wieder mit dem frisch aufgebrühten Tee an den Tisch setzte, saß Milli neben Maria.

»Also Maria, was wolltest du sagen?«, fragte Raven, als wären sie nicht von Mildred unterbrochen worden.

»Wie schon gesagt, dieses ganze Datingding ist ein wenig neu für Mildred – und mich«, fügte sie hinzu, als ihre Freundin sie böse ansah.

»Wirklich?« Raven war zwar nicht wirklich überrascht, sie entschied sich aber, dass es Mildred nur verletzen würde, wenn sie das laut aussprach. Trotz ihres recht altmodischen Namens war Mildred nun wirklich kein Mauerblümchen. Gut, sie hatte sicherlich keine Modelmaße, aber sie war auch nicht dick. Ihre langen braunen Haare glänzten, aus ihren blauen Augen sprühte förmlich ihre Intelligenz. Vielleicht war ihre Mode nicht immer die neueste, aber das war Ravens auch nicht. Doch für Mildred war das Thema wirklich ernst, erkannte Raven, also nickte sie seufzend.

»Okay, also was ist das Problem? Er kommt hierher, nehme ich an?«

Milli nickte.

»Und dann? Wollt ihr zusammen weggehen?«

»Sie wollten heute ins Sunset. Eine Freundin von ihm feiert dort Geburtstag.« Erneut hatte Maria das Wort übernommen.

»Susan?«, fragte Raven nach. Sie kannte einige von Susans anderen Freunden und überlegte, wer von ihnen Mildreds Interesse geweckt haben könnte. Und erneut stellte sie sich die Frage, wo die beiden sich hätten kennenlernen können.

Mildred nickte zögerlich. »Ja, ich glaube, so hieß sie. Kennst du sie?«

»Susan ist eine Freundin von mir. Ich gehe nachher auch auf ihre Party. Hatte ich euch noch nicht vorgestellt? Na wie auch immer, es ist im Endeffekt ja auch egal. Wenn er heute Abend mit dir ins Sunset möchte, ist das eine gute Gelegenheit, ihn kennenzulernen. Das Sunset ist nicht so groß und Susan hat für ihre Gäste die Lounge reserviert, da ist es ein wenig ruhiger und du kannst ihn besser kennenlernen. Wie heißt er überhaupt? Kenne ich ihn?«

Maria stieß Milli unter dem Tisch an und war offenbar der Meinung, dass Raven es nicht mitbekam. Es war beinahe so, als wollte Maria nicht, dass Raven den Namen des jungen Mannes erfuhr. Merkwürdig.

»Ähm, das ist nicht so wichtig. Du kennst ihn bestimmt nicht.« Sie räusperte sich.

»Also du meinst wirklich, dass der Club eine gute Gelegenheit bietet?«, fragte Mildred zögerlich.

Maria stellte ihre Tasse mit mehr Schwung auf den Tisch, als nötig gewesen wäre. »Jetzt ist aber gut, Milli. Du hast da eine Expertin sitzen. Die muss es ja wohl wissen.«

Abwehrend hob Raven beide Hände. »Ganz langsam! Seit wann bin ich denn eine Expertin?«

Jetzt war es an Mildred und Maria, verwundert zu gucken.

»Die Jungs aus dieser einen Verbindung, wie hieß sie noch gleich? Ach ja, Delta. Die Jungs aus dieser Verbindung erzählen, dass du mit ihnen allen ziemlich offenen Umgang hattest, besonders aber mit diesem Matt.«

»Matt?«, fragte Raven verblüfft.

»Der Polospieler«, erklärte Mildred.

»Ja, ich weiß, wer er ist.«

Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme bitter klang. An Matt erinnerte sie sich nur zu gut.

Groß, wahnsinnig gut gebaut und helle braune Haare. Der perfekte Sunnyboy, wie man in Amerika so schön zu sagen pflegte. Sie hatte ihn während eines Seminars über englische Geschichte kennengelernt und seine Einladung nach anfänglichem Zögern angenommen. Leider hatten seine Einstellung und sein Charakter so gar nichts von seinem hübschen Aussehen gehabt. Er war ihr gegenüber zwar am Anfang des Abends noch sehr charmant und höflich gewesen, wurde dann aber schnell zudringlich und dreist. Während er an der Bar neue Getränke bestellt hatte, erklärte er mit vielen Worten, dass alle Verbindungsbrüder miteinander teilten – auch die Frauen. Da er erst vor Kurzem in die Verbindung aufgenommen worden war, meinte er, sie wäre perfekt, um sein Ansehen als Frischling zu erhöhen. Als sie ihm angewidert die Meinung sagen wollte, hatte sie bemerkt, dass er ihr etwas in den Drink gegeben hatte und sich beeilt von ihm wegzukommen.

Deswegen hatte sie beim Mittagessen auch nicht weiter auf das Thema Verbindungsbrüder eingehen wollen. Dabei hatte Chris sie noch gewarnt sich mit Matt einzulassen, aber sie hatte ja nicht auf ihn hören wollen. Wer hätte gedacht, dass es so viele Wochen später doch noch einmal zum Thema werden würde. Deshalb wurde sie also von einigen Kommilitonen so merkwürdig angesehen. Sie hatte schon den einen oder anderen anzüglichen Spruch hinnehmen müssen. In der Tat erklärte es einiges, wenn Matt und seine idiotischen Verbindungsbrüder solche Geschichten über sie erzählten.

»Nein. Ich will nichts weiter davon hören. Die Deltas haben keine Ahnung.«

»Ganz ruhig, Raven. Ich habe nicht gesagt, dass wir es geglaubt haben. Aber ich dachte, du weißt, was sie über dich sagen.«

Raven kämpfte mit den Tränen, wollte sich aber vor den beiden Mädchen nichts anmerken lassen. So weit würde es noch kommen, dass sie anderen gegenüber zeigte, was sie fühlte!

»Nein, ich hatte keine Ahnung«, dementierte sie leise und trank einen großen Schluck Kaffee. Dann räusperte sie sich und stand auf. »In Ordnung, lasst uns das Thema wechseln. Weißt du schon, was du anziehen willst, Milli?«, fragte sie und Mildred schüttelte den Kopf, während Maria nickte.

Raven grinste. »Na was denn nun?«

Die nächsten dreißig Minuten verbrachte Raven bei Mildred im Zimmer, um die Vorstellungen der beiden Mädchen auf ein harmonisches Gesamtbild zu bringen. Erst dann schaffte sie es, selber das Bad zu belegen.

Chris saß sichtlich entspannt auf Ravens Bett, als sie aus dem Bad kam. Mit seiner dunklen Hose und dem schwarzen Hemd, das im richtigen Licht rot schimmerte, war er das perfekte Gegenstück zu ihr. Seine Haare waren wie üblich wild zerzaust und er wirkte, als hätte er sich nicht viel Gedanken um sein Aussehen gemacht, aber sie wusste es besser. Es dauerte, bis die Haare so lagen, dass sie so aussahen, als hätte man sich keine Mühe mit ihnen gegeben.

»Was willst du noch anziehen?«, fragte er und betrachtete das schwarze Minikleid, das sie bereits rausgelegt hatte.

»Eigentlich hatte ich vor nichts weiter dazu anzuziehen. Du weißt schon, keine Unterwäsche und die schwarzen Lackstiefel …«

»Schwarze Lackstiefel? Hast du mir etwa was verheimlicht, Kleines?«

Raven lachte und setzte sich neben ihn. »Siehst du, ich kann dich doch noch überraschen.« Sie küsste ihn auf die Wange. »Und jetzt gib mir mein Kleid oder willst du das etwa nachher anziehen? Ich meine, nicht dass es mich stören würde, aber ich hätte da doch sicherlich noch etwas Passenderes für dich.«

Chris schubste sie lachend vom Bett. »Lackstiefel in Schwarz etwa?«

Während sie sich anzog, suchte er auf ihr Geheiß hin die schwarzen Pumps. »Die mit den schwarzen Perlen auf den Riemen, du weißt schon.«

Er gab ihr seufzend zu bedenken, dass er ein Mann war und deshalb nicht für ihre Schuhe verantwortlich wäre. Sie ignorierte ihn und richtete die seidenen Bänder des Kleides, die wirkungsvoll über ihre nackten Schultern drapiert waren. Durchsichtiger Chiffonstoff mit feinen Stickereien aus silbernen Fäden fiel locker von der Brust abwärts bis zum Saum und verlieh dem kurzen Satinkleid ein dramatisches Aussehen. Mit den perlenbesetzten Riemchensandalen war es das perfekte Ensemble. Es fiel auch nicht auf, dass sie eine helle Strumpfhose darunter trug, die sie aber sicher davor bewahren würde zu erfrieren.

An Abenden wie diesen war Chris ihre wandelnde Handtasche. Ausweis, Bargeld und Wohnungsschlüssel wanderten in seine Hosentasche, damit sie selber keine Tasche mitnehmen musste. Chris reichte ihr den Mantel und begleitete sie nach draußen.

Beide hatten gerade die Wohnung verlassen, als ihnen Dave auf der Treppe entgegenkam. Raven lächelte ihn aufbauend an. Sie hatten ein oder zwei Vorlesungen zusammen und obwohl er nicht wirklich viel redete, war er ein angenehmer Zeitgenosse. Wenn sie genauer darüber nachdachte, war es nicht weiter verwunderlich, dass Mildred und er miteinander ausgingen. Wahrscheinlich hatten sich beide in der Bibliothek kennengelernt, so wie beide auf ihre guten Noten achteten. Dave war ein durchschnittlicher Typ, aber er war intelligent und hatte genau wie Milli Großes im Leben vor. Er war einer dieser typischen guten Jungs, die man vollkommen bedenkenlos seinen Eltern vorstellen konnte.

»Bis nachher«, sagte sie und schob Chris aus der Haustür, der sicherlich noch mehr dazu sagen wollte.

»Dave?« Fragend hob Chris eine Augenbraue und deutete noch auf den Jungen, als beide bereits auf der Straße standen und sie ihren Mantel enger um sich zog. Sein Ton irritierte sie.

»Lass gut sein, Chris. Du wusstest, dass sie nicht ewig in dich verschossen bleiben konnte.«

Sie hatte es eigentlich nur im Spaß sagen wollen, aber als sie es ausgesprochen hatte, wusste sie, dass sie es ernst meinte. Milli war in Chris verliebt gewesen und Chris hatte es gefallen, mit dem Mädchen zu flirten. Raven war davon nie begeistert gewesen, aber ihr bester Freund machte sich gerne einen Spaß daraus.

Sie winkte ein Taxi heran, sobald sie an der Hauptstraße angekommen waren.

Er setzte sich seufzend neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern, während sie dem Fahrer die Adresse des Clubs nannte.

»Wahrscheinlich hast du recht. Aber sie hätte es mir trotzdem persönlich sagen können.« Wieder seufzte er. Dieses Mal so theatralisch, dass Raven ihn in die Seite boxte.

»Dramaqueen.«

4. Kapitel

Chris

Das Sunset war einer dieser typischen Szeneclubs mit Türstehern und strengen Dresscodes. Jeanshosen und Turnschuhe waren verboten. Ebenso wie Jogginganzüge oder ähnliche Peinlichkeiten.

Chris und Raven hatten bisher allerdings noch nie Probleme damit gehabt, an dem breitschultrigen Türsteher mit dem grimmigen Blick vorbeizukommen. Im Gegenteil. Wenn er sie sah, lächelte er sie sogar fast ein bisschen an. Heute nickte er nur, als Chris mit Raven an ihm vorbeiging.

Drinnen hallte das Echo ihrer Schritte auf dem polierten Steinboden, als sie sich auf den Weg zur Garderobe machten, um ihre Mäntel abzugeben.

Der Klang der Musik drang nur gedämpft zu ihnen, da sich die eigentliche Partylocation eine Etage über ihnen befand. Trotzdem tummelten sich bereits hier unten die ersten Betrunkenen und das, obwohl der Club noch nicht lange geöffnet hatte.

Rot, orange und gelb ausgeleuchtet erschien die Bar wie der Sonnenuntergang, nach dem der Club benannt war. Die Tanzfläche erstreckte sich über zwei Ebenen und war schon gut gefüllt.

Sobald Chris neben seiner Freundin die Party betreten hatte, fiel ihm die hitzige Stimmung im Raum auf. Der Großteil der Männer richtete seine Aufmerksamkeit auf Raven. Hunger und Gier zeichneten sich in ihren Mienen deutlich ab.

Chris hasste es, dass Raven diese Art von Aufmerksamkeit auf sich zog, auch wenn sie sich dessen offensichtlich gar nicht bewusst war. Er wollte sie lieber in der Sicherheit von einigen wenigen wissen, denen er vertraute, und nicht auf dieser Party, wo Frauen ihr Fleisch zur Schau stellten, als wären sie Vieh auf einer Preismesse. Und Raven mit ihrem kurzen sexy Kleid war mittendrin.

Ahnungslos und naiv steuerte sie jetzt auf Susan zu, die an der Bar stand und beiden aufgeregt zuwinkte.

Er achtete darauf, dass keiner der männlichen Besucher sich Raven näherte, jedenfalls nicht so, dass sie hätte bedrängt werden können. Oft reichte dafür nur ein Blick von ihm und die Kerle zogen sich zurück. Langsamer als gewohnt, aber immerhin.

Als er für Raven und sich einen Cocktail bestellte, veränderte sich kaum merklich die Temperatur im Club. Es wurde kälter und es roch nach Winter. Ein widerlicher Geruch. Er brauchte gar nicht erst zur Tür zu sehen, um zu wissen, wer ebenfalls im Sunset war. Egal wo Raven sich aufhielt, er war nicht weit weg. Ein wackeliger Frieden, den Chris mit ihm geschlossen hatte, nur um weiterhin in Ravens Nähe bleiben und seinen Job machen zu können.

Er hasste es, dass er darauf angewiesen war. Und dass ihn der Kerl so unter Druck setzte, verhagelte ihm seine Laune jedes Mal aufs Neue. Die dunkle Gestalt hatte sich in der Nähe der Treppe positioniert, die in den Eingangsbereich des Clubs führte. In seiner schwarzen Montur passte er sich der dunklen Umgebung an.

Seufzend wandte sich Chris Raven und seinem Getränk zu.

»Meine Güte, Chris. Man könnte meinen, du hast heute vergessen deine Pillen zu nehmen, so mies drauf wie du bist.«

Sie stupste ihn an. Ihr Lächeln erwärmte ihn und er gab sich Mühe, seine Gedanken vor ihr zu verheimlichen. Früher oder später müsste er ihr bestimmt die Wahrheit sagen, aber nicht heute Abend. Und wenn sie sich entschloss endlich mit George Kinsley zu reden, dann wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung getan. Sicher würde sie ihn dann nicht mehr so anlächeln und ihm übel nehmen, dass er sie so lange angelogen hatte. Aber an diesem Abend war er hier, um mit ihr und ein paar Freunden zu feiern, während er auf sie aufpasste. Hätte Chris gewusst, wie der Abend enden würde, hätte er keinen Tropfen Alkohol angerührt. Ach was, er wäre mit Raven gar nicht erst auf diese Party gegangen!

***

Es dauerte nicht lange, bis einige der Anwesenden, darunter auch Freunde von Raven, mehr hochprozentige Getränke zu sich genommen hatten, als gut für sie war.

Chris merkte, dass Raven sich zusehends unwohl fühlte. Sie hatte die Tanzfläche schon seit einer Weile nicht mehr besucht, obwohl sie ansonsten sehr gerne tanzte. Aber bereits mehrere Male hatte sie sich gegen aufdringliche Avancen und Flirtversuche verteidigen müssen, sodass sie sich in die private Lounge zurückgezogen hatten. Es war den Kerlen sogar egal, dass Raven sich in Begleitung eines anderen Mannes befand! Hätte seine Anwesenheit nicht eigentlich Grund genug sein müssen, dass Raven in Ruhe gelassen wurde?

»Hey, alles klar?«, fragte er und sah sie besorgt an. Sie rieb sich über die nackten Oberarme, als würde sie frieren. Da er nicht mit im Raum war, schob er es auf ihre Nervosität.

»Ich weiß nicht.« Unsicher sah sie sich um.

Ihren Cocktail hatte sie schon seit einer Weile nicht mehr angerührt. Er stellte sein fast leeres Glas mit der alkoholfreiesten Caipirinha, die er je getrunken hatte, auf der Theke ab und blickte durch den Raum. Er hatte die ganze Zeit die Lounge im Blick und war sich sicher, dass ihr hier keine Gefahr drohte. Und der andere überwachte den öffentlichen Bereich des Sunset.

»Lass uns gehen, ich bin müde.«

Nickend legte er eine Hand auf ihren Rücken und dirigierte sie aus dem reservierten Bereich in den volleren Clubraum.

»Ich möchte mich nur noch von Susan und den anderen verabschieden«, sagte sie, als sie bereits kurz vor dem Ausgang waren. Chris zögerte, lenkte dann aber ein.

»Susan war vorhin bei den Toiletten«, sagte er und nickte in Richtung des Ganges, der zu einer höhergelegenen Galerie führte, hinter der sich die Toiletten befanden.

»Ich warte hier auf dich.«

Es dauerte. Unruhig behielt er die Treppe im Blick, während er versuchte die Situation einzuschätzen. Etwas hatte sich in den letzten Minuten spürbar verändert. Es war wie ein Gedanke, den er einfach nicht zu fassen bekam. Ein Gefühl, das verschwand, sobald er sich darauf konzentrierte. Als er plötzlich knurrend neben ihm auftauchte, wusste er, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

Beide hetzten die Treppe hinauf, auf der ihnen kreischende Mädchen entgegengerannt kamen. Was auch immer sich dort oben abspielte, war nicht gut. Und Raven war nirgends zu sehen.

5. Kapitel

Raven

Sie hatte Susan in einer spärlich beleuchteten Ecke des Ganges entdeckt, der von den Waschräumen zum Lager führte. Hierher verirrte man sich nicht einfach so, es sei denn, man wollte allein sein. Aber Susan war nicht allein.

Ein blonder Mann hatte sie gegen die Wand gedrückt, eine Hand zwischen ihren Beinen. Ihre kurze Seidenhose war halb zerrissen und hing an den Knöcheln herab. Seine andere Hand schien sie zu würgen.

»Nein, bitte«, röchelte Susan flehend und versuchte verzweifelt sich zu wehren.

Auch auf die Entfernung erkannte Raven an dem glasigen Blick, dass ihre Freundin mehr als nur Alkohol im Blut hatte. Ihre Abwehrversuche scheiterten kraftlos an den behaarten Unterarmen des Mannes, der jetzt zwar die Hand aus Susans Schritt nahm, dafür aber seine eigene Hose aufknöpfte. Susan weinte. Sie versuchte den Kopf zu schütteln und Ravens Verstand setzte aus.

Sie handelte.

Raven rannte die wenigen Meter zu ihrer Freundin und sprang dem Mann auf den Rücken. Ihre Hände umklammerten seinen Hals und sie drückte zu. Ihre Fingernägel bohrten sich durch die Haut, die sofort anfing zu bluten.

Überrascht ließ er Susan los, die kraftlos an der Wand heruntersank und schluchzend liegen blieb. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, ihre zerrissene Kleidung zu ordnen.

Raven rutschte von seinem Rücken und stellte sich in Verteidigungsstellung vor ihre Freundin. Der Mann fasste sich an den Hals und betrachtete das Blut, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Raven richtete. Er holte mit seiner rechten Faust aus, aber sie entkam dem Schlag geschickt und landete dann einen gezielten Tritt zwischen seine Beine. Der Angreifer ging keuchend in die Knie. Er kam ihr vage bekannt vor. Aber darauf konnte sie sich jetzt nicht konzentrieren. Außer sich vor Wut schlug sie ihm ins Gesicht, als er sich wieder aufrecht hingestellt hatte und Anstalten machte, erneut anzugreifen. Raven hörte ein knackendes Geräusch und sah mit Befriedigung, dass sie ihm die Nase gebrochen hatte. Mit blutüberströmtem Gesicht kniete er sich auf den Boden und versuchte die Blutung zu stillen.

»Du Schlampe.« Seine Stimme klang so, als wäre er verschnupft.

Er taumelte ein wenig, als er sich wieder aufrichtete, hatte sich aber schnell wieder im Griff. Das musste man ihm lassen. Er war ein Stehaufmännchen.

»Das wirst du bereuen«, keuchte er.

Auf seinem Gesicht bildete sich so etwas wie ein Grinsen. Blut hatte sich in seinem Mund gesammelt und ließ seine Zähne rot glänzen. Er spuckte aus. »Heute gibt es zwei zum Preis von einer. Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich noch kriege.«

Raven erinnerte sich daran, dass der Typ aus der Delta-Verbindung, Matt, wirklich so etwas gesagt hatte. Jetzt wusste sie auch, warum er ihr so bekannt vorgekommen war.

»Du hast mich nicht bekommen und du wirst auch Susan nicht bekommen. Nur über meine Leiche«, zischte sie und ließ die Gelenke in ihren Fingern knacken. Matt zeigte keine Angst. Sein Fehler. Als er unbeholfen nach ihr greifen wollte, duckte sie sich weg. Dann ließ sie ihre Handkante in seinen Nacken sausen. Er fiel vornüber. Zu nah an Susan, registrierte sie und riss ihn zurück. Er prallte gegen die Wand, sein Hinterkopf schlug hart auf. Wie ein nasser Sack fiel er in sich zusammen.