A Dragon's Soul (The Dragon Chronicles 2) - Solvig Schneeberg - E-Book
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Solvig Schneeberg

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Beschreibung

**Spüre die Macht des Drachen** Raven ist erschüttert. Nachdem die magische Akademie, ihr einstiger Zufluchtsort, bis auf die Grundmauern zerstört wurde, sucht sie Schutz in der Abgeschiedenheit der Highlands. Ihr Mentor Elion weicht nicht von ihrer Seite und treibt sie mit seiner unwiderstehlichen Art ein ums andere Mal an den Rand des Wahnsinns. Gemeinsam mit ihm und ihrem Bruder Zane versucht Raven ihre Drachengestalt endlich zu kontrollieren. Aber Raven unterschätzt das Feuer, das in Zane lodert. Angetrieben von Rache will er ihren gemeinsamen Feind stellen. Prickelnde Urban Fantasy für Drachenfans Solvig Schneeberg entführt ihre Leserinnen in der düster-romantischen Buchserie »The Dragon Chronicles« in die verborgene Welt der Drachen. Eine großartige Fantasy-Liebesgeschichte in vier Bänden voller magischer Wesen und atemberaubender Wendungen. //Dies ist der zweite Band der atmosphärischen Drachen-Fantasy bei Dark Diamonds. Alle Bände der Reihe: -- The Dragon Chronicles 1: A Dragon's Love -- The Dragon Chronicles 2: A Dragon's Soul -- The Dragon Chronicles 3: A Dragon's Fall -- The Dragon Chronicles 4: A Dragon's Home//

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Dark Diamonds

Jeder Roman ein Juwel.

Das digitale Imprint »Dark Diamonds« ist ein E-Book-Label des Carlsen Verlags und publiziert New Adult Fantasy.

Wer nach einer hochwertig geschliffenen Geschichte voller dunkler Romantik sucht, ist bei uns genau richtig. Im Mittelpunkt unserer Romane stehen starke weibliche Heldinnen, die ihre Teenagerjahre bereits hinter sich gelassen haben, aber noch nicht ganz in ihrer Zukunft angekommen sind. Mit viel Gefühl, einer Prise Gefahr und einem Hauch von Sinnlichkeit entführen sie uns in die grenzenlosen Weiten fantastischer Welten – genau dorthin, wo man die Realität vollkommen vergisst und sich selbst wiederfindet.

Das Dark-Diamonds-Programm wurde vom Lektorat des erfolgreichen Carlsen-Labels Impress handverlesen und enthält nur wahre Juwelen der romantischen Fantasyliteratur für junge Erwachsene.

Solvig Schneeberg

A Dragon’s Soul (The Dragon Chronicles 2)

**Spüre die Macht des Drachen**Raven ist erschüttert. Nachdem die magische Akademie, ihr einstiger Zufluchtsort, bis auf die Grundmauern zerstört wurde, sucht sie Schutz in der Abgeschiedenheit der Highlands. Ihr Mentor Elion weicht nicht von ihrer Seite und treibt sie mit seiner unwiderstehlichen Art ein ums andere Mal an den Rand des Wahnsinns. Gemeinsam mit ihm und ihrem Bruder Zane versucht Raven ihre Drachengestalt endlich zu kontrollieren. Aber Raven unterschätzt das Feuer, das in Zane lodert. Angetrieben von Rache will er ihren gemeinsamen Feind stellen.

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Vita

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© Foto Studio Carl

Solvig Schneeberg studierte Literaturwissenschaften in ihrer Heimatstadt Erfurt, bevor sie beschloss, sich einzig dem Schreiben zu widmen. Bereits in jungen Jahren entdeckte sie die Liebe zum geschriebenen Wort und fing bald an, ihre eigenen Geschichten aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Sie ist eine verträumte Romantikerin, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass ihr ganzer Fokus auf Fantasy- und Liebesromanen liegt. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten, einem Hund und vier Katzen lebt sie in der beschaulichen Altstadt von Erfurt.

Für die Liebe meines Lebens, Steffen:

Danke, dass du mich erträgst, wenn ich mal wieder in meiner eigenen Welt versinke.

Prolog

Vier Monate früher

Er wusste schon beim Aufstehen, dass es kein guter Tag werden würde.

Der Himmel vor seinem Fenster war wolkenverhangen und er spürte den Regen, bevor die ersten Tropfen gegen die Scheibe klatschten.

Eigentlich hatte er schon seit zwei Wochen keinen guten Tag mehr gehabt.

Genauer gesagt, seit Marco ihm gestanden hatte nicht sein leiblicher Vater zu sein. Seit George ihm verraten hatte, dass er in Wahrheit ein reinrassiger Drache war und sogar eine Zwillingsschwester hatte. Noch hatte er nicht entschieden, welcher Verrat tiefer schmerzte.

Nicht dass es ihn störte, mit Raven verwandt zu sein, im Gegenteil. Er kannte sie zwar erst seit ein paar Wochen, seit sie selber erfahren hatte, dass sie ein Wesen war, aber er hatte sie schnell ins Herz geschlossen und vertraute ihr vollkommen. Auch dass er nun in der Lage war, sich in einen Drachen verwandeln zu können, war eher Erleichterung; aber zu erfahren, dass sein wahrer Vater ein Mörder war, das war bei Weitem nicht so einfach zu verdauen.

Eine dumpfe Explosion riss ihn aus seinen Grübeleien, gerade als er auf dem Weg zum Labor seines Adoptivvaters war.

Alarmiert sah er sich um, entdeckte aber nirgends eine Gefahr, weshalb er seinen Weg rasch fortsetzte.

Er brauchte nicht zu klopfen, die Tür zu Marcos Unterrichtsraum stand wie üblich offen. Er blickte sofort auf, als er Zane in der Tür stehen sah.

Beide hatten in letzter Zeit kaum miteinander geredet und waren umeinander herumgeschlichen wie die Löwen um die Beute. Zane hatte genug davon.

Sein Vater wirkte dünner und blasser. Müde. Er wusste, dass er selber daran schuld war.

Marco sah ihn unsicher an. Mit einem leisen Seufzen schloss Zane die Tür hinter sich und ging zum Schreibtisch, im gleichen Moment erhob sich Marco. Es gab keine Tränen oder rührseligen Worte. Die feste Umarmung, in die der Magier seinen Sohn zog, sagte alles. Zane spürte, wie sein Vater ihm mehrmals auf den Rücken klopfte, aber er war noch nicht bereit ihn loszulassen.

»Ah, Zane, mein Junge, diese ganze Sache«, begann Marco leise, aber Zane unterbrach ihn.

»Ich will nicht mehr darüber reden.«

Und er meinte es auch so. Er hätte nicht gedacht, dass er Marco einfach verzeihen könnte, aber es fühlte sich ganz danach an.

Von draußen war erneut eine Explosion zu hören, die dieses Mal sogar die filigranen Phiolen in den Regalen erzittern ließ. Ein weiterer Knall folgte und panische Rufe erklangen.

Augenblicklich sprinteten beide in die große Halle, aus der bereits die ersten Schreie kamen.

»Was ist los?« Zane war sofort im Wächtermodus, obwohl er offiziell noch gar kein Wächter war. Chris und Martha kamen aus der Küche gerannt. Vor ihnen standen die beiden jugendlichen Werwölfe Kate und Tom.

Das Mädchen war in Tränen aufgelöst und ihr Freund wirkte ebenso geschockt wie sie.

»Kate? Sag mir, was passiert ist!«

»Evangeline ist da draußen …«

Zane hatte Mühe, sie zu verstehen. Ihre Stimme klang heiser. Erst jetzt fielen ihm die Rußflecken in ihrem und Toms Gesicht auf.

George erschien auf der breiten Treppe. Er war blass, aber an seiner Kompetenz gab es nicht den geringsten Zweifel.

»Ich habe Elion zurückbeordert. Die Akademie wird angegriffen«, erklärte er ruhig. Zane brauchte gar nicht erst zu fragen, von wem. Es gab nur einen, der so verrückt war, das heiligste aller Gesetze gleich zweimal zu brechen und eine Akademie anzugreifen:

Taranis. Sein leiblicher Vater.

Eine Schockwelle riss alle Anwesenden von den Füßen. Glas splitterte und schwarzer Rauch erfüllte augenblicklich die Halle. Die Hitze unsichtbarer Flammen tänzelte über Zanes Haut.

»Martha, du gehst runter zu Tiberius in den Schutzraum. Zane, du suchst die anderen Schüler und bringst sie ebenfalls in die Schutzräume. Marco, Chris, ihr kommt mit mir!«

George gab kurz und knapp seine Befehle und niemand zögerte.

Die Explosionen kamen nun in immer kürzer werdenden Abständen. Weitere Erschütterungen ließen die gesamte Umgebung erzittern. Bilder und Spiegel fielen scheppernd von den Wänden und zerbrachen.

Zane wollte seinen Vater nicht nach draußen gehen lassen, wusste aber, dass er keine andere Wahl hatte.

Mit den beiden Werwölfen begab er sich selbst hektisch auf die Suche nach den anderen Schülern.

Die drei Vampire hatten sich in einem der oberen Unterrichtsräume verbarrikadiert. Er war größtenteils unversehrt und es gelangte nur wenig Rauch hinein – im Gegensatz zu den Fluren, durch die sich der Nebel bedrohlich vorarbeitete. Zwei der drei Fenster waren zerbrochen, aber die Vampire hatten die Scherben beiseite gefegt, sodass sich niemand daran verletzen konnte.

Zane scheuchte die Werwölfe hinein und verschaffte sich einen Überblick.

Der Dhampir fehlte.

»Wo ist Jackson?«

Kate fing augenblicklich an zu weinen und Tom hatte Mühe, sie zu beruhigen.

»Kate, wo ist Jackson?«

»Er … Sie … Evangeline.«

Sie musste mehrmals Luft holen, aber mehr Informationen erhielt er dadurch trotzdem nicht.

»Evangeline und er haben draußen trainiert«, sagte Lucy dann leise. Sie war blass und zittrig. Die Sorge um ihren engsten Freund stand ihr ins Gesicht geschrieben.

Zane nickte schwach. Wenn Jackson draußen war, dann hatte er Unterstützung und fiel somit nicht in sein Aufgabengebiet. Als ältester Schüler war er dafür verantwortlich, die Jüngeren zu beschützen. Er verdrängte den Gedanken an Jackson und die Wächter.

Er hatte dringendere Sorgen.

In der großen Halle hatte sich das Feuer ausgebreitet und näherte sich ihnen bedrohlich. Es versperrte ihnen den Rückweg zum Fahrstuhl sowie dem verborgenen Treppenhaus und somit zu den Schutzräumen im Untergeschoss der Akademie.

Die Schüler in die untere Etage zu bringen war also nicht mehr möglich.

Zane schloss die Tür und wies die Mädchen an, in die Ecke des Raumes zurückzuweichen, aber am Boden zu bleiben. Dann riss er die Vorhänge aus ihren Verankerungen.

»Hilf mir, sie nass zu machen«, sagte er zu Tom, der seinen Plan aber bereits ohne Aufforderung verstanden hatte und sofort an seiner Seite war.

Gemeinsam befeuchteten sie den Stoff am Waschbecken und dichteten dann die Tür so gut es ging ab. Die Reste rissen sie in kleinere Fetzen, um sie sich vors Gesicht halten zu können. Die Hitze, die aus dem Flur und den angrenzenden Zimmern drang, machte ihm selbst nur sehr wenig aus; auch der beißende Rauch belastete ihn nicht. Dafür aber die Schüler. Er merkte es daran, wie sie vereinzelt husteten und sich aus dem Fenster lehnen wollten, obwohl Zane ihnen befahl unten zu bleiben.

Er hatte etwa sechs Drachen gezählt, die in kleinen Kreisen die Akademie umflogen und dabei unaufhörlich Feuer spien.

Sie hatten ihre kleine Gruppe noch nicht entdeckt, obwohl es sicherlich mit einem Blick durch die Fenster möglich gewesen wäre. Zane wollte, dass es so blieb.

Fieberhaft ging er seine Optionen durch, für den Fall, dass sie nicht länger hierbleiben konnten.

Aus dieser Höhe zu springen würde für keinen von ihnen tödlich enden, aber es würde definitiv Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie würden es aller Wahrscheinlichkeit auch nicht zu den schützenden Bäumen schaffen, bevor die Drachen sie sahen. Doch solange das Feuer direkt vor ihrer Tür wütete, war das die einzige Option.

Er hoffte, es würde nicht so weit kommen.

In der Zwischenzeit redete er den Schülern gut zu, hauptsächlich, um sie von den Schreien und dem schrecklichen Geschehen außerhalb der Mauern abzulenken.

Er wusste nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war. Irgendwann waren die Schreie verstummt; die Schatten vor den Fenstern verschwunden, die Flammen erloschen.

Und die Welt, wie er sie kannte, war nur noch ein Trümmerhaufen.

1. Kapitel

Sky

Sie hatte ihre langen braunen Haare vorsorglich zu einem strengen Zopf hochgesteckt, aber während des Kampfes vor einigen Minuten hatten sich ein paar Strähnen gelöst.

Die Kapuze ihrer schwarzen Montur hatte sie zurückgeschoben. Das dünne Tuch, das ihr Gesicht normalerweise bedeckte, hing locker an einer Seite herab. In ihrer rechten Hand hielt sie die Waffe; bereit abzudrücken. Mit der anderen Hand zog sie die verschlissene Plane vor dem Fenster ein Stück zur Seite, um nach draußen zu sehen.

Schneeflocken schwebten schwer zu Boden und verwandelten das alte Fabrikgelände in ein Winterwunderland. Es war das gleiche Szenario wie in ihrer letzten Vision.

Pah, Visionen. Wer brauchte denn schon so etwas? Sie konnte jedenfalls gut auf die albtraumartigen Bilder verzichten, die ihr öfter den Schlaf raubten. Aber leider stand das nicht zur Debatte. Mit ihrer magischen Kraft kamen eben auch die Visionen.

Hinter sich hörte sie das unterdrückte Stöhnen ihres Kameraden Cain. Er lag gegen ein paar alte Kisten gelehnt. Dunkles Blut floss aus einer hässlichen Stirnwunde in seine blonden Haare. In seiner Brust klaffte ein tiefer Riss, dessen Blutung er mit der Hand zu stoppen versuchte. Seine Atmung wurde kontinuierlich langsamer und schwerer. Wenn nicht bald ihre Verstärkung eintraf, würde er nicht überleben.

Sie fluchte lautlos. Das hier war ihre Schuld. Sie hatte sich geweigert ihren Auftrag zu erfüllen; hatte es nicht über sich gebracht, ihn zu erschießen. Sie hatte gezögert.

Mal wieder.

Jetzt lag Cain im Sterben und sein Mörder war auf direktem Weg zu ihnen. Sky wusste, sie würde ihn jetzt erschießen. Nicht weil das ihr Auftrag war, sondern weil sie es Cain schuldig war.

Leise zog sie sich vom Fenster zurück und stellte sich schützend vor ihren Kollegen. Denn obwohl ihr keine Spur im Schnee verriet, dass er in das Gebäude gelangt war, wusste sie plötzlich, dass er bei ihnen war. Sie hörte seine Schritte nicht, sie spürte nur seine Gegenwart.

Dann trat er aus dem dunklen Treppenhaus.

Sein Gang so lasziv und lässig, wie sie es von ihm kannte.

Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange, als sie ihren Finger auf den Abzug legte und auf ihn zielte.

»Keinen Schritt weiter«, flüsterte sie, um das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Sie schluckte weitere Tränen herunter und zwang sich ihre Schwäche nicht zu zeigen. Er würde es nur wieder schamlos ausnutzen.

In seinen stahlblauen Augen war keine Angst zu erkennen. So als wüsste er, dass sie nicht abdrücken könnte. Und als würde es ihn amüsieren.

Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Abwehrend hob er beide Hände, wie um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Aber sie wusste es besser. Ihr Bruder brauchte keine Waffe in seiner Hand, um zu töten.

»Meine kleine süße Scarlett. Du hast jetzt wie oft versucht mich zu töten?«

Er kam langsam näher, die Hände immer noch erhoben. Die richtige Antwort war vier.

Viermal hatte sie ihn gestellt und versucht zu töten und jedes Mal hatte sie ihn entkommen lassen.

Sie schüttelte den Kopf, ließ ihn aber nicht aus den Augen. Nur wenige Schritte trennten sie noch.

»Das spielt keine Rolle. Dieses Mal hast du es zu weit getrieben.« Sie vermied es, zu Cain zurückzublicken. Sie brauchte kein weiteres Beispiel dafür, wie grausam ihr Bruder geworden war. Keinen weiteren Beweis dafür, dass der Rat recht hatte, seine besten Assassinen zu schicken, um ihn seiner Strafe zuzuführen.

»Ich werde dich dieses Mal nicht gehen lassen, Samuel.«

»O doch, das wirst du, Scarlett. Weil du zu weich bist. Du liebst mich …«

Sie ließ ihn nicht ausreden.

Ein einzelner Schuss hallte in der leeren Halle wider. Laut und grausam dröhnte er bis tief in ihre Seele. Für einen Moment wirkte Samuel verwirrt, das Grinsen war aus seinem Gesicht gewischt. Überrascht blickte er auf seine Brust. Blut breitete sich auf dem weißen Hemd aus.

Sie hatte ihm direkt ins Herz geschossen. Mit einer Kugel, die extra für ihn angefertigt worden war. Die aus ihrer eigenen Magie bestand. Eine Magie, die sie mit ihrem Bruder verbunden hatte.

»Ja, ich liebe dich, Sam. Ich werde dich immer lieben.«

Ihre Stimme brach, als er rücklings umfiel.

Sie atmete zittrig aus und ließ ihre Waffe nur zögerlich sinken. Er bewegte sich nicht mehr.

Langsam überbrückte sie die Distanz zwischen ihnen und kniete sich hin, um seinen Puls zu fühlen.

Sie fühlte nichts, keinen Lebensfunken.

Bis ihre Verstärkung eintraf, hielt sie seine immer kälter werdende Hand. Sie registrierte kaum, wie sich ihre Kollegen um ihren verletzten Partner kümmerten oder wie sie von ihrem Bruder weggerissen wurde. Sie konnte nur noch eines denken:

Samuel war tot.

2. Kapitel

Sky

Die Flasche Wein stand geöffnet auf dem Tisch neben dem Sessel. Das Glas war nur noch zur Hälfte gefüllt. Der dunkle Lippenstift am Rand zeigte, dass sie bereits einen Schluck des Rosés genossen hatte, vielleicht auch mehr als einen.

Im Aschenbecher glühte einsam eine Zigarette. Sie hatte sich das Rauchen eigentlich schon vor Monaten abgewöhnt. Sie würde nicht an Krebs sterben oder an anderen Folgen des Rauchens erkranken; sie war schlichtweg unsterblich. Oder das, was Menschen als unsterblich bezeichneten. Sicher konnte ihre Art getötet werden, Samuel war ein gutes Beispiel, aber eines natürlichen Todes würde sie sehr, sehr lange nicht sterben.

Das Rauchen war einfach nur eine schlechte Angewohnheit.

Es war kurz nach Mitternacht.

Vor ihrem Fenster fielen dicke Schneeflocken auf den Boden; nicht bereit zu schmelzen, bevor die Temperaturen den Nullpunkt wieder überschritten haben würden. Nur die eisige Kälte in ihrer Brust würde mit den steigenden Temperaturen nicht wieder verschwinden.

Vermutlich würde sie das nie tun.

»Zu wissen, dass etwas getan werden muss, heißt nicht, dass es einem gefallen muss. Und nur, weil du weißt, dass es das Richtige ist, bedeutet es nicht, dass es leichter wird.«

Auf diese Erinnerung ihres alten Ausbilders vor ein paar Stunden hätte sie verzichten können.

Sie leerte das Glas in einem Zug und füllte sofort nach. Nein, zu wissen, dass sie stets und ständig das Richtige tat, half ihr nicht im Mindesten weiter.

Sie zog an ihrer Zigarette. Obwohl sie nicht wirklich schmeckte, beruhigte es sie, etwas zu tun zu haben. Und sei es nur die Zigarette in der einen und das Weinglas in der anderen Hand zu halten.

Das kräftige Klopfen an der Tür ignorierte sie. Um diese Uhrzeit wagte es ohnehin nur einer, sie zu stören. Und zwar Cain höchstpersönlich. Der scherte sich nicht sonderlich darum, ob sie ihn hereinbat oder nicht; er wollte sie mit dem Klopfen nur vorwarnen.

»Wusste ich doch, dass ich Rauch rieche. Wo um alles in der Welt hast du denn die Kippen her?«

Cain wedelte mit der Hand vor der Nase herum. Sein erster Weg führte zur Balkontür, um sie zu öffnen. Schnee wirbelte um seine Füße, aber er nahm es gar nicht wahr.

»Du weißt genau, dass hier irgendjemand immer Zigaretten hat«, erwiderte sie gelangweilt.

Er seufzte und fuhr sich durch seine militärisch kurzen Haare. Er hatte sich augenscheinlich noch nicht daran gewöhnt, dass sie jetzt so kurz waren. Seine marineblauen Augen blitzten sie wütend an.

Sie gab vor es nicht zu bemerken.

»Ich nehme an, du hast Phoenix um die Zigaretten gebeten?«

Phoenix war der Einzige, der sich ständig den Regeln des Tempels widersetzte und die Bewohner der Institution mit allem versorgte, was diese brauchten. Warum er immer noch Mitglied der Gilde war, versuchte Sky erst gar nicht zu verstehen. Besonders nicht, wenn ihr seine Regelverstöße zugutekamen.

»Bei den Göttern, Cain. Ich bin erwachsen, weißt du? Ich darf durchaus rauchen und«, sie hielt das Weinglas in die Höhe, »Alkohol trinken. Also wenn du mir eine Standpredigt wegen meiner Laster halten willst, dann kannst du gleich wieder gehen. Wenn du aber etwas anderes vorhast, dann bin ich ganz Ohr.«

Wieder seufzte Cain, dieses Mal klang er müde.

Sie hatte den Blick abgewandt und sah erst auf, als er sich auf den Sessel setzte, der ihrem gegenüber stand. Die obersten Knöpfe seines Hemds standen offen und gaben den Blick auf seinen muskulösen Oberkörper frei. Einmal mehr bewunderte sie, wie gelassen sie beim Anblick seiner nackten Brust bleiben konnte.

Andere weibliche Assassinen im Tempel flippten regelmäßig aus, wenn Cain ohne Hemd zu sehen war; besonders seit er diese erhabene weiße Narbe auf der Brust trug, die er ihrem Bruder zu verdanken hatte. Diese Narbe verlieh ihm eine gefährliche Aura, nicht dass er sie nötig hatte. Cain war immerhin ein ausgebildeter Killer, so wie sie selbst. Den Göttern sei Dank aber war sie nicht wie andere Assassinen. Sie lebte für ihren Beruf. Sie lebte, wenn andere starben. Viele ihrer Kollegen hatten mit der Zeit Probleme mit dem Morden und ließen sich in den Innendienst versetzen. So einfach war das. Sie und Cain waren Vollstrecker, wie der Rat der Wächter sie gerne nannte. Doch in Wahrheit waren sie einfach nur Auftragsmörder. Und Sky war eine der Besten, trotz ihrer jungen zweiundzwanzig Jahre. Was nicht zuletzt an ihrer besonderen Gabe lag; worüber aber nur Cain und der Leiter des Tempels Bescheid wussten.

Und ihr toter Bruder.

»Wir brechen morgen früh um acht auf. Sieh zu, dass du bis dahin nüchtern bist.«

Cain hatte wieder ihre Aufmerksamkeit.

»Und die Zigaretten bleiben hier«, sagte er, bevor er aufstand. Wohl doch keine Strafpredigt, zumindest für diesen Abend. Im Vorbeigehen strich er ihr einmal kurz über den Kopf. Dann verließ er ohne ein weiteres Wort ihr Zimmer.

Die blassrosa Flüssigkeit in ihrem Glas schwappte gefährlich, als sie sich schnell erhob, um die Balkontür zu schließen. Sie überlegte es sich aber anders, als sie den Rauch in ihrem Zimmer stehen sah. Also öffnete sie die Tür wieder vollständig und rauchte ihre Zigarette dort zu Ende.

Trotz der Minusgrade ließ sie die Tür auch weiterhin offen stehen und begab sich zu ihrem breiten Bett im hinteren Teil des Raumes.

Sie hatte ihre verschiedenen Waffen bereits ordentlich gesäubert, wie sie es jeden Abend tat, obwohl ihr letzter Einsatz ein paar Wochen zurücklag.

Unweigerlich fiel ihr Blick auf die zwei polierten Dolche, die eigens für jeden Assassinen angefertigt wurden. Nachdem sie ihre beiden Dolche im Kampf gegen Samuel verloren hatte, hatte sie erst letzte Woche Ersatz dafür bekommen. Wie auch ihre alten Dolche waren diese mit ihrem persönlichen Zeichen versehen; ein Baum aus Flammen. Sie liebte diese Dolche, bevorzugte aber trotzdem ihre Glock. Obwohl es die Waffe war, mit der sie ihren Bruder erschossen hatte.

Sie drehte sich vom Bett weg, um ihre Sachen zu packen. Dabei sah sie unweigerlich in den Spiegel, der an der Innenseite ihres Kleiderschranks angebracht war.

Mittlerweile erschreckte sie nicht mehr vor ihrem eigenen Spiegelbild. Es stimmte sie nur noch traurig. Die Augenringe verblassten nicht, egal wie viel sie schlief, und ihre Haut wirkte fahl und ungesund. Ihre Haare reichten ihr nur noch bis zum Kinn, weil sie sich an die Tradition ihrer Art gehalten hatte: Starb ein Familienmitglied, schnitt man sich die Haare ab. Obwohl sie deshalb nur noch mehr von den anderen Assassinen gemieden wurde, war sie der Tradition gefolgt. Für ihren Bruder, den Verräter. Und Cain hatte sich die Haare ebenfalls abrasiert; für sie – seine vereidigte Partnerin im Kampf und beste Freundin.

Seufzend wandte sie sich vom Spiegel ab.

Der große Seesack stand offen neben dem Schrank und wartete darauf, gefüllt zu werden. Wie lange sie wohl dieses Mal unterwegs sein würde?

Seufzend warf sie einige Kleidungsstücke in den Sack, hauptsächlich bequeme Hosen und Pullover, dazu die Uniform der Assassinen. Schwarzes Leder, verstärkt mit Zaubern. Obendrauf ihre Waffen.

Die Glock trug sie immer am Körper, es gab ihr ein Gefühl der Sicherheit.

Sie fühlte sich noch nicht bereit für einen neuen Auftrag, aber das hätte sie niemals zugegeben. Vielleicht würde ihr der Abstand zum Tempel ja ganz guttun. England war schließlich verdammt weit weg von New York und somit von dem Ort, an dem Samuel gestorben war.

***

Sie waren am Abend in London gelandet.

In der dort ansässigen Akademie hatten sie nur wenige Stunden verbracht, um die verbliebenen Schüler und Lehrer zu den Ereignissen zu befragen, bevor sie selbst nach Swansea aufgebrochen waren.

Die zerstörte Akademie lag mitten im Wald und war schwer zugänglich, aber davon hatten sich Cain und sie nicht abhalten lassen. Die Lichtung, auf der die Akademie stand oder eher gestanden hatte, war übersät mit Trümmern und Steinen. Das Gras war verbrannt, das erkannte sie auch durch die dünne Schneedecke. Sie vermieden es, die Ruine direkt zu betreten. Auch wenn das Anwesen nicht vollständig eingestürzt war, wollten sie kein Risiko eingehen.

Nachdem sie sich einen Überblick über die Verwüstung verschafft hatten, überließ sie es Cain, die paar Stunden zum Snowdonia Nationalpark zu fahren. Dort sollten sie ihren Auftraggeber treffen.

Hätten sie nicht die Koordinaten und entsprechende Zauber bei sich gehabt, die sie durch die magischen Barrieren leiteten, würden sie vermutlich immer noch in dem unebenen verschneiten Gelände herumirren. So aber gelangten sie mit dem Jeep relativ mühelos durch die dichten Wälder, bis sie auf einer großen Lichtung schließlich zum Stehen kamen.

Fassungslos stieg Sky aus. Cain folgte ihr.

»Das kann doch nicht dein Ernst sein. Sag mir, dass das ein Scherz ist!«

Ihre flehentliche Stimme ließ ihn nur grinsen.

Aber ihr war sämtlicher Humor schon vor einer Weile abhandengekommen. Und vor einem augenscheinlich heruntergekommenen Herrenhaus mitten in der Wildnis zu stehen, brachte ihn auch nicht wieder. Sie bezweifelte, dass es hier fließendes Wasser gab, von warmem Wasser ganz zu schweigen. Sicherlich wäre es zugig und unangenehm kalt.

Die Grundstruktur fügte sich nahtlos zwischen kantigen Felsen und dem Wald ein. Über vier Etagen erstreckte sich das burgähnliche Gebäude bis zum Gipfel des dahinterliegenden Berges, wo eine Art Dachterrasse Berg und Haus bündig verband.

Sie standen vor der steinernen Treppe, die zum Haupteingang führte und Sky betrachtete kurz die Umgebung, bevor ihr Blick zum Anwesen zurückkehrte. »Komm schon, hast du dir das Ding mal angesehen? Da kann doch keiner drin wohnen!«

»Ich kann dich gerne vom Gegenteil überzeugen. Es ist eigentlich nur ein Zauber, der Ahnungslose abschrecken soll, und anscheinend funktioniert er ganz gut.«

Eine tiefe Stimme ließ ihren Blick zum Eingang zurückschnellen.

Ein großer junger Mann lehnte lässig in der offenen Tür. Die blonden Haare lockten sich an den Spitzen und fielen bis auf seine breiten Schultern. Seine hellen Augen schienen jede ihrer Bewegungen zu verfolgen. Die Hose und das graue Shirt betonten seine wohlproportionierten Muskeln. Ein Handtuch hing um seinen Hals.

Die subtile Arroganz, mit der er sie angesprochen hatte, ließ sie eines mit Sicherheit wissen: Sie mochte ihn nicht. Egal wie sexy er aussah.

Aber eins musste sie ihm lassen; nachdem er den Zauber erwähnt hatte, konnte sie das Haus vor sich besser sehen. Es war wirklich nicht so heruntergekommen, wie sie angenommen hatte. Im Gegenteil machte es sogar einen ziemlich robusten Eindruck. Aber all das machte ihn in ihren Augen nicht sympathischer. Er erinnerte sie viel zu sehr an Samuel.

»Verzeih meiner Kollegin bitte, sie hat es nicht so gemeint.«

»Doch, habe ich!«

Klang sie in seinen Ohren auch wie ein bockiges Kind oder nur in ihren eigenen?

Der Typ am Eingang zuckte gelangweilt mit den Schultern, aber sie ließ sich durch seine lockere Haltung nicht irritieren. Er wirkte angespannt.

»Ich nehme an, ihr seid aus einem bestimmten Grund hier.«

War das eine Frage gewesen?

Cain antwortete trotzdem. »Wir wollen mit George Kinsley reden.«

»Der ist beschäftigt.«

»Zane? Was ist los?«

Eine junge Blondine trat hinter dem Mann in den Türrahmen. Sie musste sich richtiggehend an ihm vorbeidrängeln, um auf die Veranda zu gelangen.

Täuschte sich Sky oder versuchte der Kerl wirklich die Frau wieder zurück ins Haus zu schieben? Beschützerinstinkt oder Eifersucht; beides könnte auf Dauer anstrengend werden, dachte Sky und seufzte lautlos.

»Kann ich euch helfen?«

Die Blonde klang wesentlich freundlicher.

Sie trug eine kurze Sporthose, dazu ein schwarzes bauchfreies Top und wirkte ein wenig atemlos, als hätte sie gerade einen Dauerlauf hinter sich.

Sky blickte zurück zu dem Kerl, der jetzt den Oberarm der Frau gepackt hatte und versuchte sie zurück ins Haus zu drängen. Froren die zwei denn nicht? Immerhin lag Schnee!

»Geh wieder rein«, knurrte er leise. Doch sie riss sich von ihm los, nicht ohne ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen. Das machte die Frau doch gleich noch sympathischer für Sky.

»Wir wollen mit George Kinsley reden«, wiederholte sie Cains Forderung und sah die Blondine dabei an, weil sie das Gefühl hatte, mit ihr vernünftiger reden zu können.

»Ach wirklich?«

Augenblicklich änderten sich Haltung und Stimme der Blondine. Sie war eindeutig auf der Hut. So viel also zu Skys Theorie der angenehmeren Gesprächspartnerin.

»Was wollt ihr von ihm?«

»Bei den Göttern! Wir wären doch nicht hier, wenn er uns nicht erwarten würde!« Sky verlor allmählich ihre Geduld und stemmte wütend ihre Hände in die Hüften.

Die Blonde sah zurück zur Tür, nickte dem Mann kurz zu und sah dann wieder zurück zu ihr und Cain.

»Ich werde ihn holen. Wartet hier.«

3. Kapitel

Zane

Schockiert stand Zane auf der Terrasse und betrachtete die beiden Eindringlinge.

Sie hatten den Schutzzauber durchdrungen, den Zane um das Gelände der Burg gelegt hatte. Niemand hätte das schaffen sollen. Lag es vielleicht daran, dass seine Magie nicht so stark ausgeprägt war wie die seines Vaters? Marco hatte ihm dennoch genug beigebracht, dass er diesen Zauber zustande bringen konnte.

Zane betrachtete die zwei Gestalten genauer.

Der Hüne trug seine hellen Haare wahnsinnig kurz geschnitten. Im Licht des neuen Tages wirkten sie fast weiß. Er beobachtete die Umgebung aufmerksam. Aber sein Blick glitt immer wieder zu seiner Begleiterin zurück, als hätte er Angst, dass sie sich in Luft auflösen würde, wenn er nicht aufpasste.

Ihre braunen Haare reichten ihr gerade bis zum Kinn und verliehen ihrem eigentlich zarten Gesicht einen harten Ausdruck. Vielleicht lag es aber auch nur an dem Blick ihrer dunklen Augen. Sie wirkte müde und abgespannt.

Obwohl beide relativ lässig gekleidet waren, glaubte er nicht eine Sekunde, dass sie so harmlos waren, wie sie aussahen.

Die Fremden hatten ihn und Raven beim Sparring gestört und seine angestaute Energie brodelte jetzt in ihm.

Demonstrativ verschränkte er die Arme vor der Brust und ließ sie vor den Stufen stehen, die zur Veranda führten.

Er war nicht bereit auch nur einen Meter nachzugeben, bevor er nicht wusste, was sie hier wollten.

Er entspannte sich auch nicht, als Raven in Begleitung von Elion und George hinter ihn trat. George jedoch schob sich genauso unbeeindruckt an ihm vorbei wie seine Schwester vorhin. Zane vermied es, mit den Augen zu rollen.

»Ihr wolltet mich sprechen?«, sagte George.

»Wir kommen im Auftrag des Rates. Ich bin Cain und das ist meine Partnerin Sky.«

Der Hüne verbeugte sich andeutungsweise.

George erwiderte nichts. Der Große sah seine Begleiterin unsicher an.

»Wir sind vom Tempel der Assassinen«, verdeutlichte diese daher.

Elion schnaubte, während George und Zane den Kopf schüttelten. Nur Raven war verwirrt. Zane sah sie nicht, weil sie hinter ihm und somit ihrem Gefährten stand, aber er spürte es.

Ihre Verbindung war bereits in den Wochen vor dem Angriff auf die Akademie tiefer geworden. Seit sie wussten, dass sie Zwillinge waren, schienen sie intensiver verbunden zu sein.

»Ich hatte nicht erwartet, dass ihr so jung …« Jetzt wirkte George unsicher.

»Der Rat hätte uns nicht geschickt, wenn wir nicht die Besten wären.« Sky schien sich nicht darum zu kümmern, was andere über sie dachten. »Wenn ihr unsere Hilfe nicht braucht, können wir auch wieder gehen.«

»Nein, nein«, beeilte George sich zu versichern, was ihr ein wissendes Grinsen entlockte.

Natürlich hatte sie mit dieser Reaktion gerechnet.

»Kommt erst einmal herein, dann können wir in Ruhe reden.«

Er trat beiseite und bedeutete den Fremden einzutreten. Hätte Elion sich nicht automatisch vor Raven gestellt, dann hätte er es selber gemacht. So aber bildete der Wächter eine lebende Barriere zwischen den Killern und seiner Schwester.

George führte den kleinen Trupp durch die steinerne Eingangshalle, vorbei an dem kleinen Salon direkt in das gegenüberliegende Wohnzimmer.

Irgendeinem aberwitzigen Zauber war es zu verdanken, dass die kleine Burg kaum Renovierungsbedarf hatte. Höchstens was Modernität und Stil betraf. Aber dafür war Raven zuständig.

Im Wohnzimmer zum Beispiel hatte sie darauf bestanden, die dunkle Holztäfelung zu behalten. Jetzt bildete sie zusammen mit der dunkelroten Seidentapete den einzigen Kontrast zu den hellen Möbeln. Die Sofalandschaft war so ausgerichtet, dass eine Hälfte zum gemauerten Kamin zeigte, die andere zur breiten Fensterfront, die nach Westen ging.

Raven verschwand direkt durch das angrenzende Esszimmer in die Küche. Wahrscheinlich, um Tee und Kaffee zu kochen. Elion und er positionierten sich an den beiden Türen. Nur George setzte sich zu den Gästen auf die Couch.

Es gefiel Zane nicht, mit welchem Blick die beiden sich im Raum umsahen. Als versuchten sie jede mögliche Schwachstelle oder Gefahr abzuchecken. Dabei waren sie die einzigen Killer hier. Oder zumindest die Einzigen, die dafür bezahlt wurden.

Die Stille zerrte an seinen ohnehin blank liegenden Nerven, je länger sie anhielt. Es brauchte erst Raven, die mit ihrer offenen und unbeabsichtigt unwissenden Art das Eis brach.

»Ihr sagtet, ihr kommt vom Tempel der Assassinen? Was bedeutet das?«

Sie stellte das Tablett mit den Getränken auf den Tisch vor dem Sofa und bedeutete allen sich selbst zu nehmen. Ein Glück, dass sie nicht anfing die Fremden zu bedienen, er hätte es ohnehin nicht zugelassen.

Der Einzige, der in den Genuss ihrer Fürsorge kam, war ihr Seelengefährte Elion. Für ihn machte sie eine Tasse Tee fertig. Bevor sie sich aber um ihren eigenen Kaffee kümmern konnte, hatte Zane das bereits für sie erledigt.

Sie lächelte ihn dankbar an, aber er vermied ihren Blick. Wie so oft in letzter Zeit.

Augenblicklich schämte er sich dafür.

Dann ergriff Cain das Wort. »Du weißt nicht, was der Tempel der Assassinen ist?«

Cain wirkte ehrlich überrascht, aber der Blick seiner Partnerin war genauso herablassend wie der Blick der Jungvampire der alten Akademie.

Heiße Wut rauschte durch Zanes Adern und nur mit Mühe gelang es ihm, ruhig zu bleiben. Wahrscheinlich half es auch, dass Raven sich neben ihn stellte, anstatt sich zu George zu setzen. Behutsam legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und er zwang sich ihre Berührung nicht abzuweisen. Trotzdem merkte sie es und nahm langsam ihre Hand weg.

Dann sah sie Sky an.