Schatten-Gestalt - J. N. Kühne - E-Book

Schatten-Gestalt E-Book

J. N. Kühne

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Beschreibung

Johnathan Caine, ein prominenter Schauspieler, kämpft mit allen Mitteln gegen die Aufklärung seiner wahren Identität. In ihm wohnt eine jahrtausendealte Seele, deren unstillbares Verlangen nach Lebensenergie ihn zum Serienkiller macht. Doch das FBI und ein geheimer christlichen Orden von „Monsterjägern“ haben seine Fährte aufgenommen …

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HYBRID VERLAG

Vollständige Taschenbuchausgabe

10/2023

 

Schatten-Gestalt

 

© by J. N. Kühne

© by Hybrid Verlag

Westring 1

66424 Homburg

 

Umschlaggestaltung: © 2023 by Mascha Foto n Design e.U

Lektorat: Julia Schoch-Daub, Matthias Schlicke

Korrektorat: Petra Schütze

Buchsatz: Nadine Engel

Autorenfoto: PicturePeople, Düsseldorf

 

Coverbild ›Das Haus der verwunschenen Kinder‹

© 2023 by Magical Cover Design, Giuseppa Lo Coco

Coverbild ›Regenerationsfaktor 361‹

© 2022 by Magical Cover Design, Giuseppa Lo Coco

 

 

ISBN978-3-96741-225-3

 

www.hybridverlag.de

www.hybridverlagshop.de

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

 

 

Printed in Germany

 

 

J. N. Kühne

 

Schatten-Gestalt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fantasy

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Widmung

 

Dieses Buch widme ich meinem Vater, der mich immer ermutigte, meinen eigenen Weg zu gehen und meinen Träumen nicht nur nachzuhängen, sondern deren Verwirklichung anzustreben.

 

 

 

 

 

 

»Der Schatten ist die Person, die Sie lieber nicht wären.«

(C. G. Jung)

 

PROLOG

 

 

Zannanza

1330 v. Chr.

Ägypten

Kurz vor Tamasqu

 

Dumpf klangen die Hufe seines Pferdes, das über die staubige Straße trottete. Die immer gleiche Bewegung, die eintönige Umgebung und der Mangel an Abwechslung hatten ihn dermaßen ermüdet, dass er mit gesenktem Kopf und halb geschlossenen Augen im Sattel dahindämmerte. Bis ihn der kurze Aufschrei Hattusa-zitis aufschreckte. Sein Kopf ruckte hoch und er sah gerade noch, wie der Kämmerer seines Vaters unsanft auf dem staubigen Wüstenboden landete. Anscheinend war er dem heran preschenden Pferd eines der beiden Späher aus dem Weg gesprungen. Die Tücher, die er als Schutz gegen die gleißende Sonne als Kopfbedeckung kunstvoll zusammengeknotet hatte, hingen ihm nun wirr ins Gesicht. Ein lächerlicher Anblick, der ihn kurz erheiterte. Bis ihm bewusst wurde, dass er nur einen der beiden Späher gesehen hatte. Verwundert drehte er sich im Sattel herum und verfolgte den Weg des Mannes durch den königlichen Tross weiter.

Der trieb sein zähes Pferd auf die kleine Schar Soldaten zu, die sich in der Mitte der königlichen Reisegesellschaft gesammelt hatten. Unter ihnen der gestählte, wenn auch in die Jahre gekommene General des Großkönigs. Wie üblich nahm Urawanni sein karges Mittagessen auf dem Rücken seines eindrucksvollen, schwarzen Hengstes ein und gab gleichzeitig Anweisungen an seine Ordonnanz.

Als der Späher den General erreichte, wechselte er nur wenige Worte mit ihm. Doch diese reichten bereits, dass er seine Schale in den Staub warf und all seine Offiziere zu sich rief. Ein mulmiges Gefühl machte sich in Zannanza breit. Einer der Offiziere galoppierte an die Spitze und schrie auf seinem Weg Befehle an die Soldaten entlang des Zuges. Zwei der anderen wendeten die Pferde, preschten an den wenigen Karren vorbei, die sie mitführten, und eilten ans Ende der Reisegesellschaft. Der General selbst ritt auf ihn zu. Sekunden später erkannte Zannanza die tiefen Sorgenfalten in dessen Gesicht.

»Eure …«

Zannanza ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Was ist geschehen, General?«Der General lächelte und legte den Kopf zur Seite. »Ich bin überrascht, mein Prinz. Denn ich wähnte euch beim Mittagsschlaf. So … entspannt, wie Ihr im Sattel sitzt. Was hat eure Aufmerksamkeit erregt?«

»Ahm … nun … eigentlich Hattusa-ziti.«

Urawanni drehte sich auf dem Hengst herum in Richtung des Kämmerers, der mittlerweile wieder stand und seine Kleider abklopfte. »Hat der alte Griesgram wieder lautstark seinen Unmut darüber kundgetan, dass unser Herr ihn nun schon das zweite Mal in dieses schreckliche Land schickt?«

Zannanza konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, denn der General ahmte das Gezeter des Kämmerers gekonnt nach. »Nicht nur.« Seine Augen wanderten kurz zum Späher, der in einiger Entfernung neben seinem Pferd stand und ihm die zitternden Nüstern streichelte.

Der Ältere nickte. »Ihr habt also gesehen, dass Taru allein zurückkehrte.«

Der junge Prinz nickte, begierig auf eine Antwort. Doch der General brummte nur, schlug die Augen nieder und ließ sich Zeit. Zu viel Zeit für seinen Geschmack.

Dann räusperte sich der alte Kämpfer. »Aufgrund unvorhersehbarer Umstände sehen wir uns leider gezwungen, die vorgesehene Route zu verlassen, eure Hoheit. Wir müssen von der Straße herunter. Es wird also eine längere Reise werden. Ich möchte mich dafür …«

Zannanza fiel ihm ungeduldig ins Wort: »Warum?«

Der General legte den Kopf schräg. »Warum was, Hoheit?«

»Warum ist Taru allein zurückgekehrt? Was ist mit seinem Zwillingsbruder? Mit Annari? Ist das der Grund dafür, dass wir die Straße verlassen?«

»So viele Fragen, mein Prinz.« Urawanni schüttelte den Kopf. »Also gut.« Er seufzte. Schien Zwiesprache mit sich zu halten. »Ungefähr einen halben Tagesritt entfernt, ganz in der Nähe des nächsten Dorfes, das auf unserem Weg liegt, kam es zu einem tragischen Zwischenfall. Nur er hat es geschafft zu entkommen.«

»Ist Annari …« Er stutzte, traute sich beinah nicht, das Wort laut auszusprechen, »… tot?«

Der General nickte.

»Oh nein. Wie schrecklich.« Er wusste, die beiden Zwillingsbrüder hatte nichts trennen können. Bis jetzt. Wie sich der Überlebende nun fühlen musste, konnte er nur erahnen. Eine Frage brannte sich trotzdem in ihm fest: »Man hat ihnen aufgelauert?«

»Es sieht so aus.«

»War es eine Falle? Was denkt Ihr, General? Vielleicht … Räuber?« Er fixierte den grauhaarigen Offizier. Ein leichter Unglaube schwang in seinen Worten mit.

Der General schüttelte den Kopf. Dabei klimperten leise die kleinen feinen Kettenglieder an der hinteren Seite seines Helms. Entgegen seiner Gewohnheit hing er nicht mehr am Sattel seines Pferdes.

»Also … Soldaten?«

»Möglich.«

»Aber … aber wenn unseren Spähern aufgelauert wurde, müssen sie von unserer Reiseroute gewusst oder aber sie zumindest geahnt haben. Richtig?«

»Das stimmt, Hoheit.« Der General hob eine Augenbraue und musterte ihn nun eindringlicher.

»Also wessen Soldaten kennen unsere Route und hätten Interesse daran, uns aufzuhalten und dabei unentdeckt zu bleiben?« Inmitten der Überlegungen schoss ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: »Kommt das von Taru? Wie kommt er darauf? Immerhin hätten sie sich auch nur wie Soldaten verkleidet haben können. Oder nicht?«

»In der Tat, mein Prinz. Es hätten auch einfallsreiche Räuber in Verkleidungen sein können. Aber nicht nach dem, was sich ereignet hat.«

»Was genau ist denn nun geschehen, General?«

Der Ältere blickte ihm geradewegs in die Augen. »Ich denke, es ist das Beste, wenn ihr euch selbst Tarus Bericht anhört, Hoheit.«

Urawanni drehte sich im Sattel herum, suchte den Überlebenden und winkte ihn zu sich heran. Wenige Sekunden später kniete ein junger Mann mit ernster Miene und gesenktem Haupt im Staub vor ihnen. Zannanza bemerkte, dass in dem braungebrannten, schmalen Gesicht nicht nur das Wetter seine Spuren hinterlassen hatte. Sondern auch die Trauer um seinen Bruder Annari.

»Taru.« Der Angesprochene blickte zum General auf. »Erzähl dem Prinzen von dem Vorfall.«

»Alles?«

»Ja, alles, Taru. Lass nichts aus.«

Der Späher nickte, wandte sich Zannanza zu und begann stockend mit seiner Erzählung: »Ich hatte mich etwas hinter meinem Bruder zurückfallen lassen und wollte gerade abseits der Straße den Hügel hinunter in ein kleines Dorf reiten, als ich zwischen den menschenleeren Hütten und vereinzelten Zelten etwas aufblitzen sah. Ich hielt mein Pferd an, stieg ab und bezog hinter einem Felsen Stellung. Um Annari zu warnen, war es jedoch zu spät. Er war bereits außer Rufweite. Kaum hatte er die ersten Hütten passiert, geschah es.«

Taru machte eine Pause. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er schloss für einen Moment die Augen. Diese Geste hinterließ auch bei Zannanza einen Kloß im Hals. Dann fuhr Taru mit seiner Erzählung fort. »Ein Pfeil traf ihn aus dem Hinterhalt und bohrte sich in seine Seite. Er schaffte es noch, das Pferd zu wenden und aus dem Dorf zu preschen. Ich wollte ihm zu Hilfe eilen und saß beinah schon im Sattel, als ich geschriene Befehle aus dem Dorf hörte. Plötzlich stürmten aus einigen Hütten Gestalten, die versuchten, meinen Bruder endgültig zu stoppen. Aber er zwang sein Pferd zu einem wilden Zickzackkurs den Hügel wieder hinauf. Pfeil um Pfeil verfehlte ihn. Fast hatte er die rettende Kuppe erreicht, als ihn ein Speer von hinten durchbohrte und aus dem Sattel hob. Ich wusste sofort, dass er tödlich getroffen war.« Erneut hielt Taru kurz inne, schloss die Augen und holte tief Luft. »Doch ich musste wissen, wer ihm das angetan hatte. So blieb ich in Deckung und verfolgte die weiteren Vorgänge unten im Dorf.«

Taru legte eine weitere Pause ein und blickte zum General. Dieser bedeutete ihm mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung des Kopfes, er solle fortfahren. Zannanza, der den Blickwechsel bemerkt hatte, fragte sich, welche Wendung die Geschichte wohl nun nehmen würde.

»Ich sah zwischen den Bogenschützen, die allesamt gekleidet waren wie normale Einheimische, eine Gestalt auf Annari zuschreiten, die nichts mit einem Räuber gemein hatte. Es war ein groß gewachsener Mann und jede seiner Bewegungen drückte Autorität aus. Die Autorität eines Befehlshabers auf dem Schlachtfeld. Und genau wie auf einem Schlachtfeld beendete er endgültig das Leben meines Bruders.«

Taru sah zu Boden. Seine Stimme hatte an Festigkeit eingebüßt. Sie zitterte, als er wieder aufsah und fortfuhr.

»Er benutzte dafür nicht ein simples Messer. Dafür nahm er sein reich verziertes Schwert und er … er schlug damit meinem Bruder den Kopf ab. Dabei rutschte sein Umhang zur Seite und enthüllte einen polierten und reich verzierten Schuppenpanzer.«

Der Prinz wurde hellhörig. »Einen Schuppenpanzer? Wahrlich nicht die übliche Ausrüstung eines Räubers. Und er war verziert, sagst du?«

Taru nickte.

»Womit war er verziert?«

Wieder wanderten die Augen des Spähers zum General. Und erneut gab der ihm stumm sein Einverständnis. Zannanza ahnte nichts Gutes.

»Der Panzer trug einen Falken-Kopf mit Doppelkrone.«

Fassungslos sah der junge Prinz den alten General an und schien sich ganz in den schrecklichen Bildern, die durch seinen Geist huschten, zu verlieren. Dass Urawanni den Späher mit einer Handbewegung entließ, registrierte er nur am Rande. Wenige Sekunden später hatte er sich wieder gefangen. »Mir … mir kommt es bekannt vor«, murmelte er. »Ein Falken-Kopf mit Doppelkrone … ein Horus-Kopf … Haremhab!«

»Haremhab?« Der ungewohnte Name kam Urawanni unüberhörbar schwer über die Lippen. »Der Oberbefehlshaber der ägyptischen Armee also.«

Zannanza nickte.

»Gut. Ihr habt euch offensichtlich mit eurer neuen Familie und den Wichtigsten bei Hofe vertraut gemacht. Auch wenn wir weniger darüber wissen, als mir lieb ist.« Der General schwieg für einen Moment. »Aber ganz recht, mein Prinz. Ich bin zu demselben Schluss gekommen.«

»Nur … woher weiß er, dass wir kommen? Ich dachte, dies alles hier sei eine geheime Absprache zwischen meinem Vater und der ägyptischen Daḫamunzu.«

»Bei diesem Volk bleibt nichts lange geheim. All diese Verflechtungen und Intrigen im Königshaus …«

»Ihr habt doch bestimmt auch dazu eine Theorie.«

»In der Tat.« Urawannis Stimme klang düster, als er sich im Sattel weiter nach vorn lehnte. »Es gibt da einen sehr einflussreichen Staatsbeamten, der schon zu Zeiten des verstorbenen Herrschers an der Seite der Regentin war und ein hohes Amt bei Hofe bekleidet. Sein Name ist Eje. Ich weiß, es steht mir eigentlich nicht zu, aber ich könnte mir vorstellen, er macht mit Haremhab gemeinsame Sache. Damit Ihr nicht in der Hauptstadt ankommt und nicht den Thron besteigen könnt.«

»Aber warum sollten sie entgegen dem Willen ihrer Herrscherin handeln?«

»Nun, vielleicht weil sie den Gedanken nicht ertragen können, euch, einen Hethiter, auf Ägyptens Thron zu sehen. Auch wenn es der Wunsch ihrer Daḫamunzu ist. Möglicherweise hat auch einer der beiden entsprechende Ambitionen. Wer weiß das schon genau.«

»Und was machen wir jetzt mit diesem Wissen?«

»Wir werden euch nach Memphis bringen und dem ägyptischen Volk einen ganz und gar königlichen und klugen Hethiter auf dem Thron bescheren. Was sonst, mein Prinz.«

»Und wie?«

Urawanni öffnete gerade den Mund für eine Erklärung, als einer der Offiziere sein Pferd direkt neben ihn lenkte. »Wir sind bereit, General.«

»Gut.« Der General entließ seinen Untergebenen mit einem kurzen Nicken. Dieser galoppierte auf eine kleine Gruppe Berittener zu, die sich abseits der Straße versammelt hatte.

Neugierig und eine Erklärung einfordernd ruhten seine Augen auf dem General.

»Meine Offiziere, der Großteil der Soldaten und Taru werden euch auf schnellstem Weg in die Hauptstadt bringen. Nur Pferde. Keine Karren oder Lasttiere. Zu langsam. Der Rest des Trupps und die Karren werden den ursprünglich geplanten Weg nehmen und so die ägyptischen Soldaten von euch ablenken.«

»Aber …«

»Keine Widerrede, mein Prinz!« Der General stieg von seinem nervös tänzelnden Hengst ab.

»Dieses Tier wird euch sicher bis nach Memphis bringen. Die Besten meiner Soldaten werden euch begleiten. Ihr habt nichts zu befürchten, Hoheit.«

»Aber … aber …«

»Prinz Zannanza, Ihr habt doch eure Redegewandtheit nicht wegen dieser kleinen Unannehmlichkeit eingebüßt, oder?«

»N… Nein, General. Natürlich nicht.« Etwas umständlich stieg er von seinem Pferd und auf den Rücken des Hengstes.

»Gut.« Der General strich über den Hals des Tieres und schwang sich dann selbst auf das andere Pferd. »Meine Soldaten haben bereits das Nötigste auf die Packpferde verladen. Ihr müsst sofort aufbrechen. Je größer euer Vorsprung, desto besser.«

Zannanza jedoch machte keine Anstalten, sich zu der kleinen Gruppe zu gesellen. Er starrte den alten Mann in der Lederrüstung nur fassungslos an. »Ihr kommt nicht mit?«

»Nein. Ich bleibe hier bei den anderen. Irgendjemand muss ja schließlich Haremhabs Soldaten lange genug täuschen, oder?«

Seine Besorgnis und Traurigkeit zeichneten sich offenbar auf dem Gesicht ab. Dem General hatte er noch nie etwas vormachen können.

»Macht euch keine Sorgen, Prinz Zannanza. Wir werden uns in Memphis wiedersehen. Wie könnte ich mir eure Krönung zum Pharao entgehen lassen?« Er lächelte und drückte seinem neuen Pferd die Hacken in die Flanken. Das Tier stob davon.

Es war das letzte Mal, dass der schwarze Hengst seinen Herrn sah.

 

Johnathan Caine

 

 

11. Februar

Suite eines Luxus Hotels

Chicago, Illinois

USA

 

Er wälzte sich im Dunkeln hin und her. Stöhnte immer wieder auf. Ängstlich und schmerzerfüllt. Arme und Beine ständig in Bewegung. Er setzte sich zur Wehr. Verteidigte sich angestrengt. Stirn und Rücken schweißnass. Die Augen halb geschlossen, halb offen und doch nicht sehend.

»Nein … nicht«, raunte er heiser. »Bitte … ich … lasst sie in Ruhe.«

Er schrie seine Verzweiflung hinaus ins Dunkle.

»NEIN! Ihr wollt … mich. Nicht SIE!«

Seine Hände bogen sich in die Luft, wehrten einen unsichtbaren Feind ab. Er musste sich aus dem eisernen Griff befreien.

»Lasst mich …«

Wie von Sinnen schlug er ziellos um sich. Versuchte, dem gestaltlosen Feind zu entkommen.

»Was wollt ihr nur? Warum tut ihr uns das an?«

Kraftvoll bäumte er sich auf.

Vergeblich.

Er sah ein unausweichliches Ende in einem dunklen Kerker und die grinsenden Gesichter der Peiniger, roch sowohl die feuchte Erde des Gefängnisses als auch den typischen Duft brennenden Holzes, hörte sich näherndes Feuer unheilvoll prasseln. Ein Ruck ging durch ihn, er streckte einen Arm aus, griff nach etwas. Und bekam nur dunkle Leere zu fassen.

»NEIN!«

Er spürte den Schmerz einer unbarmherzigen Hitze. In Panik riss er die Augen gänzlich auf.

»Meine Geliebte!«, schrie er. Sein Herz raste vor Angst.

Ein fahler, schmaler Lichtschein streifte ihn. Er sah an sich hinunter und zuckte zurück. Eine dünne Decke, die auf ihm gelegen hatte, war vom Oberkörper gerutscht und gab den Blick auf eine durchtrainierte, aber nicht zu muskulöse, glatt rasierte Brust frei. Doch so hatte er sie nicht in Erinnerung. Seine Augen huschten im Halbdunkel umher. Versuchten zu erfassen, wo er sich befand.

Noch im Kerker? Bei den Folterknechten?

Einer davon kam auf ihn zu. Er rutschte weg von dem Fremden. Seine linke Hand zur Abwehr erhoben.

Wo ist SIE?

Der Folterknecht blickte ihn an und hob die Hände. »Es ist alles gut, John. Nur ein Alptraum. Du bist in deinem Schlafzimmer. Nirgendwo anders.«

John?

Alptraum?

Die schrecklichen Bilder begannen bereits zu verblassen. Nur noch schemenhaft überlagerten sie die Wirklichkeit und gaben so nach und nach den Blick frei auf einen Mann, dessen Haut hell war. Er stand direkt neben ihm. Keine Waffe in der Hand und keine Fackel. Er trug eine blaue Hose und ein ungewöhnlich kurzes, schwarzes Gewand darüber. Seltsamerweise sprach er weiter beruhigend auf ihn ein. Machte dabei keine hektischen Bewegungen und lächelte ihn an.

»Du hattest nur wieder einen Alptraum. Du bist in Sicherheit. In einem Hotel hier im guten alten Chicago. John?«

Der Eindringling nannte ihn erneut bei diesem Namen, der ihm merkwürdig bekannt vorkam. Ein Gefühl der Vertrautheit machte sich plötzlich in ihm breit. Er spürte, dass von diesem Mann keine Gefahr ausging. Seine Augen wanderten umher und versuchten die Einzelheiten des Ortes aufzunehmen, an dem er sich befand. Trotz des diffusen Lichtstrahls sah er weder Kerkermauern noch roch er den widerlichen Gestank nach Exkrementen und Tod. Doch er bemerkte, dass er auf etwas Weichem lag. Nicht auf hartem, festgestampftem Lehmboden, sondern auf einem Bett, wie für Könige gemacht. Dafür hörte er einen leisen Fluch von dem Fremden und sah, dass dieser sich nach etwas bückte. Wenige Augenblicke später erleuchtete etwas Ähnliches wie eine kleine Lampe die Umgebung. Wie immer sie das auch schaffte, ohne eine sichtbare Flamme.

»Mann, du musst wirklich was gegen deine Alpträume tun. So oft geht in letzter Zeit irgendwas zu Bruch.« Dabei klang der Mann neben ihm eher besorgt als wirklich verärgert.

Langsam blickte er sich in dem Raum um. Das exquisite Bett, in dem er gewütet hatte, stand auf einer kleinen Empore. Der Boden schien hellgrau und freundlich. Ihm gegenüber befand sich eine Tür, die, nur angelehnt einen flüchtigen Blick auf ein weiteres Zimmer freigab.

Trotz der ihm nun langsam wieder bekannt erscheinenden Umgebung schweifte sein Geist erneut ab. Immer noch beeinflusst von den allzu lebhaften Bildern.

Während sich sein Blick erneut in der Zeit verlor, fügten sich allmählich seine Erinnerungen wieder zu einem einheitlichen Bild zusammen.

Stück für Stück.

Jahr für Jahr.

Der Mann, den er nun nicht mehr bewusst wahrnahm, der aber die kleine Lampe wieder an ihren Platz auf das Nachttischchen gestellt hatte, kniete nun neben dem Bett.

Er beobachtete ihn dabei, wie er langsam Scherben von etwas aufhob, das anscheinend auf dem Nachttisch neben der Lampe gestanden hatte. Dieser Mann besaß die kräftige Statur eines Gewichthebers, mehrere großflächige Tätowierungen zierten die helle Haut. Im Gegensatz zu seinem trainierten Körper verrieten jedoch Falten um die Augen sein wahres Alter. Er mochte Ende fünfzig sein.

Ein Name schwamm plötzlich an die Oberfläche seiner Erinnerungen: Rick Cummings. Sein Bodyguard.

Aber er war auch so viel mehr: sein Sekretär, sein Assistent, sein Freund, aber vor allem sein Vertrauter.

Der Einzige. Der erste und einzige Mensch, den er je ins Vertrauen gezogen hatte.

»John, du musst aufpassen, wenn du aus dem Bett steigst. Hier ist noch alles voller feiner Scherben. Ich versuche, einen Staubsauger zu organisieren.«

Er hörte etwas. Doch es schien so weit weg. Zu weit weg, als dass er antworten wollte. Zu bedeutungslos.

»John? Hörst du mich?«

»John?«

»JOHN!«

Plötzlich spürte er eine Ohrfeige. Der Schmerz ließ ihn zurückkehren und seine Augen wanderten zu seinem Vertrauten.

»Rick.« Seine eigene Stimme erschien ihm fremd. Sie klang noch wie in einem anderen Universum verhaftet. Doch mit jeder weiteren Sekunde gesellte sie sich wieder zu seinem Körper.

Sein Bodyguard setzte sich auf die Bettkante und beobachtete ihn, während das Grauen des schrecklichen Alptraums Stück für Stück von ihm wich. Die Wirklichkeit verdrängte es binnen einer Minute und er hatte sich wieder im Griff. Sein Kiefer entspannte sich, weil er die Zähne nicht mehr aufeinander presste. Das ungewöhnlich starke Aufwallen von Gefühlen war vorüber. Die bis vor Kurzem noch verzerrten Lippen zeigten nun wieder das kaum wahrnehmbare Lächeln, für das ihm seine zahlreichen Fans zu Füßen lagen. Trotzdem war es nur Teil einer Maske. Einer anstrengenden Maske.

John bemerkte, wie Ricks Blick zum Verband an seiner linken Seite in Höhe des Rippenbogens wanderte. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass die Wunde wieder aufgebrochen ist?«

John folgte seinem Blick und sah den größer werdenden roten Fleck auf dem weißen Verband. »Ist nicht so schlimm wie es aussieht. Ein paar Tage, ein oder zwei Dosen und ich bin wieder wie neu.«

»Ein oder zwei? Wir sind nicht zu Hause und ich …« Rick brach mitten im Satz ab. »Ich weiß nicht, wie du das einfach so abtun kannst. Wirklich nicht. Der Typ hat dich vor beinah einer Woche mit diesem Zahnstocher angegriffen. Aber was machst du? Du hast mir verboten, den Mistkerl zur Strecke zu bringen. Nicht mal eine Anzeige bei der Polizei wolltest du machen. Ich musste dich dazu drängen. Du bist verpflichtet, an deine Wirkung nach außen zu denken. Du bist John Caine. DER John Caine aus der Serie Blood Halo. Die eine … die gute Hälfte der Woodwards. Deine Fans setzen gewisse Erwartungen in dich. Niemand darf an dir zweifeln. Ich kann einfach …«

»Soll das jetzt eine Standpauke werden, Rick? Dafür bin ich schon etwas zu alt. Oder was meinst du, mh? Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen.«

»Ja, das habe ich gesehen!« Rick hob eine Augenbraue. »Vor einem halben Jahr hättest du den Angriff des Kerls ohne Schwierigkeiten selbst abgewehrt; hättest es wahrscheinlich schon rechtzeitig vorhergesehen, alles geschickt überspielt und nicht mal einen Kratzer davongetragen. Aber jetzt? Du warst unkonzentriert, wie schon oft in der letzten Zeit. Auch am Set. Ich kam nicht schnell genug durch die Menge, um dich zu schützen. Hätte nicht einer von der Hotel-Security beherzt eingegriffen, wären womöglich lebenswichtige Organe verletzt.«

»Sind aber nicht. Ende der Diskussion!« John stand auf, wobei er leicht wankte. Auf dem Weg zum Badezimmer versuchte er nicht mal den Scherben auszuweichen, die immer noch neben dem Bett lagen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass sein Weggefährte diese Unachtsamkeit mit einem Kopfschütteln quittierte. Gefolgt von mürrischem Gesichtsausdruck und Gemurmel.

»Und ich kann mir dann wieder eine möglichst unverfängliche Erklärung für das Hotel überlegen, für den Fall, dass blutige Fußspuren den teuren Teppich ruinieren.«

John erwiderte nichts, sondern ging weiter. Langsam, denn jeder Schritt verlangte Konzentration. Auf seinem Weg durch das geräumige Badezimmer musste er sich am Waschbecken festhalten. Sein Blick streifte das Spiegelbild: durchtrainiert, ziemlich groß, kein Gramm zu viel, nur ein Hauch Bräune — damit er nicht zu blass erschien —, dunkelblonde Haare und Augen, die sogar ihn selbst noch manchmal in den Bann zogen. Ein exotisches Zusammenspiel aus Gold und Jadegrün. Es dauerte einige Momente, bis er endlich am Ziel, der Dusche, ankam. Aus dem Schlafzimmer drang derweil geschäftiges Rascheln und Klirren.

»Kümmere dich lieber um den Nachschub«, rief er hinaus, bevor er das Wasser aufdrehte und seine unverletzte Seite unter die heißen Strahlen hielt. Sich in die Hoffnung ergebend, dadurch den Hunger und die Schwäche hinweg zu waschen und danach wieder einigermaßen klar denken zu können. Vielleicht konnte das Wasser sogar das Feuer, das in ihm wütete, im Zaum halten. Zumindest für einige Stunden. Bis Rick seine Aufgabe erledigt hatte.

Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, lehnte seine Stirn an die kühlen Fliesen und ließ das heiße Wasser seinen Rücken hinab laufen. Es tat ihm gut, denn es schwemmte die schlechten Erinnerungen hinweg und ließ ihn gereinigt zurück. Selbst die Verletzung konnte er für einige Minuten vergessen. Er ließ seinen Geist treiben, Pläne schmieden und Visionen vorantreiben. Ein wohliger Schauer durchlief ihn ein um das andere Mal. Bis seine Hände wieder zu zittern begannen, der quälende Hunger erneut an ihm nagte, ihn aushöhlte und an seiner Beherrschung kratzte. Hastig drehte er das Wasser ab, schlang sich ein Handtuch um die Hüften und steuerte auf die Tür zu.

Rick saß abwesend auf der Bettkante, als er am Türrahmen stoppte, um sich dort festzuhalten. »Rick, bitte. Ich kann nicht länger warten.«

Rick sah auf und sprang ihm sofort zur Seite.

»Mein Gott, John. Du zitterst ja am ganzen Körper.« Noch auf dem Weg zum Bett beruhigte er ihn.

»Ich besorge dir, was du brauchst.« Rick lächelte ihn an. »Ruh dich aus, leg dich hin. Das wird schon etwas helfen, bis ich zurück bin. Den Termin für heute Abend sage ich ab. Sind nur Reporter. Ist kein Problem.«

Dann verschwand Rick kurz ins Wohnzimmer der Suite und kam mit einem Whiskyglas zurück. »Hier.« Er hielt seinem Schützling den massiven Tumbler hin. »Das hilft, dich etwas zu entspannen.« John sah seinen Freund skeptisch an. »Es kann jedenfalls nicht schaden. Oder?«

Er nickte, wenn auch schwach, nahm das Glas entgegen, trank es in einem Zug aus und lehnte sich in die Kissen. So weich. So kühl. »Danke.« Dann schloss er die Augen. Er spürte, wie ihm Rick das Glas abnahm und flüsterte: »Bis später.«

Dann fiel die Tür der Suite ins Schloss und er war allein. Allein mit dem Feuersturm in seinem Inneren, der rationales Denken zu einer Kraftanstrengung machte. Allein mit dem Hunger, der das Denken verlangsamte und den Körper schwächte. Allein mit den Geistern der Vergangenheit, die ihn heimsuchten, an ihm kratzten, seine Fassade zum Bröckeln brachten, seine Hülle in Fetzen rissen, bis sein echtes Wesen durchschien. Schmerz übernahm seinen Körper, der sich krampfhaft zusammenzog und ihn gequält ächzen ließ. Bis er allmählich hinüber in das gnädige und dumpfe Vergessen des Schlafs abdriftete.

 

Quintili Vare, legiones redde!

 

 

9 n. Chr.

Waldgebiet in Germanien

 

Schmerzerfülltes Stöhnen übertönte das Prasseln eines Feuers. Sein schmerzerfülltes Stöhnen. Es zerrte an seinem Bewusstsein. Stetig und immer stärker, bis er schließlich erwachte. Wild huschten seine weit aufgerissenen Augen über die Szenerie, die sich ihm bot: Überall in der weiteren Umgebung lagen oder saßen Gestalten auf dem matschigen Boden, drängten sich um unzählige Feuerstellen. Ihre Uniformen waren ihm fremd. Die zuckenden Flammen erhellten rote Tuniken unter metallenen Panzern oder Kettenhemden, breite Schwerter und in den Boden gerammte Stangen, die verschiedene Tiere oder Medaillen auf ihrem roten Tuch zeigten und von Adlern gekrönt wurden. Noch nie war ihm so etwas oder auch nur Ähnliches begegnet.

Was ist geschehen? Wo bin ich? Das letzte, an das ich mich erinnere, ist, dass ich … auf der Suche nach … ihr war. Aber da war auch jemand anderes. Eine Gestalt. Ein Mann? Auf einer grauen Ebene. Wir … sprachen und dann … erwachte ich … hier. Doch WO ist hier?

Hilflos sah er sich um. Ein gänzlich fremdes Universum. »Wo bist du nur, mein Herz?«, flüsterte er. Dann schloss er die Augen und versuchte, in sich eine Erklärung zu finden.

Was sagte die Gestalt? Worüber haben wir gesprochen? Warum erinnere ich mich nur bruchstückhaft?

Seine Augen wanderten unter den geschlossenen Lidern unruhig hin und her. Suchend. Tastend. Doch er fand nur eine einzige Motivation: Finde sie!

Wo soll ich suchen? Wo soll ich beginnen?

Eine zweite, zuversichtlichere Stimme meldete sich in ihm: Beginne hier und jetzt. Denn irgendwo musst du anfangen. Warum dann nicht hier.

Nur WO ist hier?

In welchem fremden Land befinde ich mich?

Und warum hat mich, den offensichtlich Fremden, noch niemand bemerkt?

Misstrauisch öffnete er die Augen und blickte an sich herunter. Über einer roten Wolltunika trug er ein vollkommen verdrecktes Kettenhemd und seine Füße steckten in denselben robusten, ledernen Sandalen, die er bereits an dem jungen Mann neben sich gesehen hatte. Seine Hände waren größer, als er sie in Erinnerung hatte und auf seinem linken Unterarm prangte eine ihm unbekannte, lange Narbe. Die verbundene rechte Schulter schmerzte. An seiner linken Seite war eine leere Schwertscheide befestigt. Das Schwert, welches offenbar dort hinein gehörte, steckte neben ihm im nassen Boden. Breiter und kürzer als die, die er kannte und mit hellem Knauf und Griffstück.

Er zuckte zusammen. Eine warme Hand legte sich auf seine unverletzte Schulter. »Lucius, den Göttern sei Dank. Du lebst!«

Verwundert sah er in das blutverschmierte Gesicht eines älteren Mannes in einer ähnlichen Ausrüstung wie der seinen. Nur dass er über dem Kettenhemd einen verzierten und kaum beschädigten ledernen Brustpanzer und einen Helm in seiner Armbeuge trug. Er erinnerte ihn an einen guten Freund. Der Mann setzte sich neben ihn.

»Ich hatte schon befürchtet, ich müsste meiner Schwester beibringen, sie sei nun Witwe. Doch nun muss ich ihr nur sagen, dass sie bei der nächsten Ernte wohl Hilfe benötigen wird.« Er grinste ihn an. »Oder ist bei dir doch mehr beschädigt, als man sieht?«

»Ähm … nein. Ich denke, es ist nur die Schulter.« Seine Stimme krächzte ungewohnt und er vermied den direkten Augenkontakt mit dem Verwandten des Mannes, durch dessen Augen er offenbar blickte. Trotz allem hatte er immer noch Angst, als Fremder in diesem Körper erkannt und darüber hinaus auch der Lüge überführt zu werden. In diesem Moment überkam ihn ein heftiger Schmerz an seiner linken Seite, der ihn Lügen strafte. So gut er es vermochte, unterdrückte er die Pein. Je weniger Aufsehen, je weniger Nachfrage, desto besser. Das hatte er gelernt.

Aus der Dunkelheit hinter dem Lagerfeuer ertönte plötzlich eine Stimme und lenkte den Fremden ab.

»Centurio Gaius!«

Der Ältere blickte auf und nickte dem unsichtbaren Sprecher zu.

»Gut.« Er drückte kurz die unverletzte Schulter und stand wieder auf. »Ich muss nach meinen Männern sehen, Lucius.«

Dann beugte er sich erneut herunter und flüsterte ihm ins Ohr. »Varus lässt den gesamten Tross zurück. Morgen bei Tagesanbruch werden wir dieses Lager allein verlassen und versuchen, so schnell wie möglich offenes Gelände zu erreichen. Halte dich an mich. Dann wirst du das hier überleben und meiner Schwester viele Söhne schenken.«

Der Centurio nickte ihm noch einmal zu, dann verschwand er in die Dunkelheit des Lagers, aus der er gekommen war.

Eine neue Welle des Schmerzes durchfuhr ihn. Er ahnte, seine verletzte Schulter würde morgen früh sein geringstes Problem sein. Egal welchen Rang ich bekleide, wo ich mich befinde oder wer der Feind ist: Sollte ich mit den Männern des … Centurio nicht mithalten können, bin ich verloren.

Einer bösen Vorahnung folgend blickte er an seiner linken Seite hinab, dorthin, wo er die Ursache des Schmerzes vermutete: an den breiten, ledernen Gürtel, an dem die leere Schwertscheide hing. Im unruhigen und spärlichen Licht des Lagerfeuers zwängte er zitternd zwei Finger mühsam unter den eng sitzenden Gürtel und zuckte sofort zusammen. Direkt an dessen Rand fühlte er ein Loch im Kettenhemd. Etwas Schmales und sehr Spitzes musste es kurz unterhalb des Gürtels durchschlagen haben.

Ein Pfeil.

Er zog seine Hand wieder hervor und wunderte sich, dass nur sehr wenig Blut daran klebte.

Deshalb haben sie diese Verletzung auch nicht versorgt. Sie haben sie einfach nicht gesehen. Vermutlich brach der Pfeil ab, der Gürtel rutschte darüber und verdeckte sie so.

Nur dann musste der Rest des Pfeils noch in ihm stecken. Ein kalter Schauer durchlief ihn. Seine Finger tasteten erneut vorsichtig über die Wunde. Schmerzerfüllt sog er scharf Luft ein. Seine Fingerspitzen fühlten nur warmes, feuchtes Fleisch.

Keine Pfeilspitze?

Verwundert drückte er etwas kräftiger. Der Schmerz ließ ihn beinah das Bewusstsein verlieren. Aber jetzt war er immerhin sicher. Doch wie konnte das sein?

Vielleicht hatte ein anderer Soldat den Pfeil herausgezogen und dann nicht mehr die Möglichkeit gehabt, dieses Wissen weiterzugeben. Oder Lucius selbst hatte ihn entfernt. Bevor ich in dessen Körper erwachte. Was auch immer geschehen ist, den Gürtel zu lockern wäre fatal für mich. Der Druck, den er so auf die Wunde ausübt, hältdie Blutung minimal. Jedenfalls solange er an Ort und Stelle bleibt. Aber einen Gewaltmarsch, geschweige denn einen weiteren Kampf stehe ich so nicht durch.

Er schnaufte und blickte abwesend in die Flammen des Lagerfeuers.

Da bin ich nun auf wundersame Weise hier gelandet, habe Hoffnung geschöpft, SIE zu finden, nur um mitten in einer Schlacht in einem fremden Körper zu erwachen, der dem Tode geweiht ist. Welche Ironie des Schicksals.

»Was ist Bruder?«, hauchte eine Stimme von links.

Er sah, wie sich die Augen des bleichen Jungen neben ihm mitfühlend auf ihn richteten.

»Erzähl ruhig.« Die Stimme des Jungen war kaum mehr als ein Flüstern. »Dann geht es …« Ein Hustenanfall ließ ihn kurz stocken. »Dann geht es dir … bestimmt besser.«

Das halbe Kind in der zerfetzten Uniform, aus etlichen Wunden blutend und dem Tode näher als dem Leben, macht sich tatsächlich Sorgen um MICH. Einen Fremden. Er nimmt Anteil und hat dabei selbst allen Beistand nötiger als ich.

Er rückte vorsichtig näher an den Jüngeren heran.

»Mein Name ist Za…« Beinahe huschte ihm sein voller, wirklicher Name über die Lippen, bevor er sich an den entsann, mit dem ihn der ältere Soldat angesprochen hatte, »… Lucius.«

»Ich heiße Quintus«, presste der Jüngling hervor. »Zalucius, welch seltsamer Name. Woher kommt er?«

Er atmete auf. Quintus hegte keinen Argwohn. Die beiden waren allein am Lagerfeuer. Er fühlte sich sicher und begann leise, seine Geschichte zu erzählen. Alles, an das er sich erinnerte. In abgewandelter, wohlklingender Form zwar, aber wenn er sich erinnerte und es aussprach, war es real. War seine große Liebe in greifbarer Nähe. Und wem sollte es der Junge schon noch erzählen können? Stand er doch an der Schwelle des Todes.

»Ich wurde in … einem fernen Land geboren. In eine adelige, angesehene Familie.« Anfangs kamen die Worte schleppend über seine Lippen. Doch bereits nach kurzer Zeit wurden die Sätze flüssiger.

»Ich hatte alles, was man sich als Junge erträumt: Jagdausflüge, ich erhielt Reit- und Fechtunterricht, lernte Lesen und Schreiben. Ich lernte mannigfache Musikinstrumente zu spielen und verbrachte viele Stunden in einer riesigen Bibliothek. Dort hielt ich mich am liebsten auf.« Er machte eine kurze Pause. »Nein. Das stimmt so nicht. Am liebsten war ich bei meiner gütigen und wunderschönen Mutter. Ich habe sie über alles geliebt.«

Er hatte Quintus’ ungeteilte Aufmerksamkeit. Für diese kurze Zeit schien der Junge ebenso in seine Vergangenheit einzutauchen, darin den eigenen Schmerz und die erlebten Gräuel zu vergessen. Manchmal unterbrach Zannanza seine Geschichte. Dann, wenn Quintus einen Hustenanfall nicht mehr unterdrücken konnte und er dem Jungen etwas Wasser aus dem Schlauch gab, der zwischen ihnen lag. Sonst aber folgte der tödlich verletzte Junge den Worten mit weit aufgerissenen Augen.

»Alles war perfekt. Nun, bis auf meine Brüder, die mich oft plagten. Doch bei meiner Mutter fand ich immer Trost.« Seine Augen füllten sich mit Tränen, als er fortfuhr. Er schluckte sie hinunter. »Dann verbannte mein Vater sie. Da war ich gerade einmal neun Jahre alt. Ich erinnere mich, wie mein Vater ihr Flehen hartherzig ignorierte und sie nur mit einem kleinen Gefolge wegschickte. Kurz danach nahm eine andere Frau den Platz meiner Mutter ein. Mein Vater war schon zuvor ein … schwieriger Mensch und sehr streng gewesen. Seit diesem Vorfall war er aber unerträglich. Besonders für mich. Ich erinnerte ihn von all seinen Söhnen am stärksten an seine verbannte Frau. Nichts, was ich tat, war gut genug für ihn. Egal wie sehr ich mich auch anstrengte. Meine Brüder waren in allem besser.«

»Das … muss schlimm gewesen sein.«

»Das war es. In der Tat.« Seine Augen wanderten zum Feuer und beinah verlor er sich in den schmerzlichen Erinnerungen.

»Doch das Schlimmste stand mir noch bevor.«

»Was könnte denn … noch schlimmer sein, als … als ein liebloses Zuhause, mein Freund?«

»Nun, mein Vater verheiratete mich mit einer fremden Frau und schickte mich in ein fernes Land. Bis kurz vor dem Ziel war die Reise eintönig und langweilig gewesen. Unweit eines Dorfes drohte unserer Reisegesellschaft ein Angriff. Ich musste ohne meinen treusten Begleiter fliehen. Auf der Flucht vor den Verfolgern begegneten wir einem kleinen Tross der Bewohner eben jenes Dorfes. Sie waren bereits Tage zuvor geflohen. Unter ihnen war auch eine wunderschöne, junge Frau.« Er stockte, denn Bilder seiner Liebe stiegen in ihm auf. »Ebene, bronzefarbene Haut, langes, lockiges, umbrafarbenes Haar und goldene Augen, die blitzten wie die Sterne am Himmel. Sie war eine fleischgewordene Göttin. Herabgestiegen vom Himmel.«

Er blickte den Jungen an: der lächelte verträumt.

»Ich habe mich sofort in sie verliebt. Zu meinem Glück strebten beide Gruppen dem gleichen Ziel zu. So schlossen wir uns zusammen und legten den Weg gemeinsam zurück. Die ersten Tage waren ruhig und manchmal sogar ausgelassen. Ich verbrachte so viel Zeit wie möglich mit ihr. Vom ersten Augenblick an bestand eine besondere Verbindung zwischen uns. Jeden Satz, den ich begann, führte sie zu Ende. Sie wurde zu so viel mehr als nur zu einer Freundin: meine Vertraute, meine Geliebte, ja sogar meine Seelenverwandte.« Er seufzte auf. »Allerdings sehr zum Leidwesen ihrer Mutter, einer zornigen und verbitterten Frau, vor der sich die Dörfler fürchteten, denn sie schrieben ihr magische Kräfte zu. Damals hielt ich das für Aberglauben, die Gerüchte über sie für übertrieben und auf Unwissen zurückzuführen.« Er atmete tief durch. »Wie einfältig ich doch war.«

»Dann war … sie wirklich … eine Zauberin?«

»Und ob.« Innerlich erschauderte er — nicht nur wegen des erneut aufkommenden Schmerzes — und fuhr dann mit der unglaublichen Geschichte an der Stelle fort, als sie kurz vor dem Ziel ihr letztes Lager aufschlugen.

»Wir teilten schon seit Tagen das Lager miteinander, wie üblich schlief sie tief und fest auf meiner Brust. Alles im Lager schien ruhig. So glücklich hatte ich mich noch nie gefühlt, wie in ihrer Gegenwart. So geliebt und verstanden. Jede Berührung ihrer warmen Hände hinterließ einen wohligen Schauer. Ihre Augen glitzerten wie die Sterne des Himmels, die mein Leid überstrahlten. Ihr Geist war der wachste und klügste, dem ich je begegnete, und ihre Stimme legte sich immer sanft und mitfühlend über meine Wunden. Besonders, wenn sie mir ihre Liebe gestand. Ich werde ihre Worte nie vergessen: So wie Ägypten der Nil ist, bin ich Dein.«

»Wahrlich eine bezaubernde Liebeserklärung«, flüsterte der Junge.

Er nickte wehmütig. »In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass diese Nacht nie vergehen und ich auf ewig bei ihr sein dürfte. Doch dieser Traum …« Seine Augen sahen über das prasselnde Feuer hinweg in eine düstere Vergangenheit.

»Was geschah in jener Nacht, mein Freund?« Quintus’ Stimme war kaum mehr als ein Wispern, zog ihn aber dennoch zurück. Augenscheinlich streckte der Tod bereits seine Klauen nach dem Jungen aus, der ein schönes Ende der Geschichte verdient hatte. Auch wenn diese in Wirklichkeit vollkommen anders verlaufen war. Mit den nächsten Sätzen ließ Zannanza daher seiner Phantasie freien Lauf.

»Weit vor dem Morgengrauen, bevor alle anderen erwachten, packten wir das Nötigste zusammen, nahmen zwei Pferde und ritten davon. Ich konnte und wollte nicht mehr ohne sie leben. Niemand sollte mich je wieder von ihr trennen können.«

»Wo … hin?«

»Wir wollten nur weg von der Stadt und später in Richtung der Berge, von denen sie mir erzählt hatte. So visierten wir einfach den dritten Stern von rechts an, gruben unsere Hacken in die Flanken der Pferde und ritten bis zum Morgengrauen. Das Glück war uns in unserer kopflosen Flucht hold und wir erreichten noch vor der Mittagshitze eine kleine Oase. Dort tauschten wir die Pferde gegen Kamele und Schmuck gegen zusätzliches Wasser, Nahrung und eine Wegbeschreibung. Damit schafften wir es tatsächlich bis an den Rand der Berge. Wir schlugen uns durch unwegsames Gelände und hatten schon alle Hoffnung aufgegeben, doch noch ein sicheres Fleckchen zu finden, als uns ein paar Fremde fanden. Sie wiesen uns den Weg zu ihrem Dorf, welches gut versteckt zwischen den Felsen gebaut war, und hießen uns willkommen. Dort verbrachten wir unter ihnen viele glückliche Jahre.«

»Wie …« Quintus hustete. Blut lief aus seinem Mund und er wurde noch einen Deut blasser. »Wie … war … ihr … Name?«, quetschte er schließlich hervor.

»Yanara. Es bedeutet Licht, da wo ich herkomme. Weißt du. Und sie war in der Tat das Licht meines Lebens.«

Bitterkeit stieg in ihm auf und sein Blick schweifte erneut in die Vergangenheit, erinnerte er sich doch noch zu gut daran, was nach ihrer Flucht aus dem Lager vor den Toren Tamasqus wirklich geschehen war. Die Bilder ließen ihn selbst jetzt noch erschaudern. Er blickte den blassen jungen Soldaten an, dem er seine Lebensgeschichte erzählte. Seine Augen waren geschlossen, sein Brustkorb bewegte sich nur noch schwach. Aber sein Gesicht schien entspannt. Er lächelte sogar leicht. Er hatte den Sterbenden in eine heile Welt der Liebe und der Hoffnung entführt und ihn sein eigenes Schicksal vergessen lassen.

Lange ruhte sein Blick auf Quintus, der die Augen nicht mehr aufschlug. Irgendwann übermannte ihn selbst eine bleierne Müdigkeit, gegen die er nicht anzukämpfen vermochte. Die Lider schlossen sich ohne sein Zutun und der Kopf fiel auf die Brust.

Beißender, dicker Qualm weckte ihn. Er riss benebelt die Augen auf. Der Qualm kam von einem großen Feuer herüber geweht. Er hörte dessen Prasseln und vereinzeltes Wehklagen. In einiger Entfernung erkannte er mehrere brennende Karren und aufgehäufte Verpflegung. Zeternde Frauen und Männer hatten sich darum geschart und mussten von Soldaten daran gehindert werden, die Brände zu löschen.

Der Centurio hatte es gesagt. Sie würden den Tross zurücklassen und im Morgengrauen aufbrechen. Also verbrannten sie alles Hab und Gut und würden in wenigen Stunden die Zivilisten schutzlos zurücklassen.

Und Quintus?

Er sah zu dem Jungen. Reglos lag dieser neben ihm am Feuer. Ohne ein sichtbares Zeichen verbliebenen Lebens. Langsam beugte er sich zu ihm hinüber und tastete vorsichtig nach dem blutverschmierten Unterarm des Jungen. Seine Haut berührte kaum die des anderen, da spürte er ein seltsames Kribbeln an den Fingern. Es war warm und angenehm und lud zum Verweilen ein. Quintus stöhnte plötzlich auf, die Lider flatterten. Erschrocken zog er die Finger zurück, musterte seine Hand und horchte in sich hinein, fand aber keine Antwort. Erneut tastete seine Hand nach der blassen Haut. Behutsam, fast ängstlich strichen die Fingerspitzen darüber und übermittelten sofort wieder dieses wohlige Gefühl. Es breitete sich langsam aus, strömte durch seine Hand und bis hinein in den Arm und die Schulter. Es umhüllte ihn komplett mit angenehmer Wärme wie eine mollige Decke in eiskalter Nacht. Doch er fühlte, dass da noch mehr war. Er schloss die Augen und spürte ein leichtes Ziehen in der verwundeten Schulter, als sich die Wärme dort sammelte und verstärkte. Der dumpfe, allgegenwärtige Schmerz, der in der Schulter geherrscht hatte, war plötzlich verschwunden. Dann kroch das Wohlgefühl weiter nach unten, auf seine linke Seite zu. Auch dort begann sich um die Verletzung ein leichtes Ziehen zu verbreiten und den stechenden Schmerz allmählich zu verdrängen. Dieses neue, angenehme Gefühl ließ alles ringsum verblassen. Er schwebte in einer wattigen Welt des Vergessens.

Bis plötzlich ein Zittern seine Finger durchlief und die Wärme verebbte. Er riss die Augen auf und wurde Zeuge der letzten Zuckungen eines aufgebenden Körpers. Quintus’ Gesicht war kreidebleich, die Lippen blau und seine Wangen eingefallen. Der verletzte Junge seufzte ein letztes Mal, dann lag er still.

»Quintus?« Doch von dem reglosen Körper bekam er keine Antwort mehr. Er lehnte sich über ihn, hielt seine Hand über Mund und Nase. Doch kein Zeichen eines schwachen Atems wollte ihn beruhigen.

Der junge Soldat war tot. Seine Augen starrten weit aufgerissen in den Nachthimmel.

Er besah sich die Hand, die Quintus berührt hatte. Seine Hand. Die, die diese Wärme in ihm verbreitet hatte. Er wollte herausfinden, ob sich etwas geändert hatte. Doch an seinen Fingern schien nichts Besonderes zu sein.

Woher kam das? Was hat diese sonderbare Welle in mir bewirkt?

Wissbegierig fuhren die Finger zu seiner verletzten Schulter und übten leichten Druck darauf aus. Kein Schmerz mehr. Er erinnerte sich, dass die Wärme zum Schluss weiter nach unten gewandert war. Zur Pfeilwunde. Seine Hand drückte nun leicht auf die Stelle am Gürtel, wo das Geschoss ein Loch in den Bauch geschlagen hatte. Doch diesmal spürte er etwas: Schmerzen. Aber viel weniger als zuvor.

Ich muss nachsehen!

Er atmete schwer und nicht nur vor Aufregung, als er es nach einigen erfolglosen Versuchen schließlich bewerkstelligte, den Gürtel zu öffnen.

Langsam lockerte er den Druck auf die Wunde und war überrascht, dass der Schmerz nicht stärker wurde. Ein Blick auf das schmale Loch im Kettenhemd bestätigte seine Theorie, dass der Körper, in dem er sich befand, von einem Pfeil getroffen worden sein musste. Vorsichtig hob er das Kettenhemd und schob die Tunika darunter nach oben. Er wusste, wie durch Pfeile verursachte Wunden aussahen. Wie tief sie waren und wie zerstörerisch. Doch diese Wunde wirkte, als hätte sie bereits mehrere Tage Zeit gehabt zu verheilen. Das ins Fleisch gerissene Loch schien nicht mehr allzu tief in den Körper zu reichen. Selbst an den Wundrändern erschien bereits neue, rosa Haut. Eine erfolgreiche Flucht rückte damit in den Bereich des Möglichen.

Doch zu welchem Preis? Habe ich mit meiner Berührung Quintus’ Sterben beschleunigt?

Ihm wurde schlecht bei diesen Gedanken.

Gedanken, die an ihm zehrten und über die er am Feuer vollkommen erschöpft wieder einschlief.

 

Das Klirren von Waffen und erregtes Wiehern von Pferden schreckten ihn aus seinem traumlosen Schlaf hoch.

Im ersten Moment wusste er nicht, wo er sich befand. Panisch sah er sich um, erinnerte sich dann aber an die Nacht am Lagerfeuer. An den verletzten Jungen namens Quintus, dessen Leiche nun starr und steif neben dem erloschenen Feuer lag. Die Augen immer noch weit aufgerissen. Nun aber bereits trübe vom beginnenden Verfall.

Er erinnerte sich auch an den Centurio, der ihm geraten hatte, heute in seiner Nähe zu bleiben.

Der Centurio! Ich muss ihn unbedingt finden! Schnell!

Er stand auf und sah sich suchend um.

Dutzende Soldaten hetzten an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Dann entdeckte er in der Menge den Helmbusch des Centurio.

»Gaius!« Er winkte dem Mann mit dem grauen Bart.

Der Centurio blickte durch die treibende Menschenmenge und winkte ihn zu sich herüber. Lucius beeilte sich und hätte fast vergessen, den Gürtel und sein Schwert mitzunehmen. Ein letzter Blick auf den toten Quintus, ein kalter Schauer, dann drückte er sich durch das Getümmel. Einige Male wurde er beinah vom Strom mitgerissen, bevor er die kleine Gruppe um den Centurio schließlich erreichte.

»Lucius«, begrüßte ihn Gaius und musterte ihn kurz.

»Es scheint dir besser zu gehen. Gut, denn du wirst all deine Kraft für den Marsch brauchen. Und den Kampf.«

»Den Kampf?«

Der Centurio beugte sich zu ihm. »Denkst du, das waren nur einzelne versprengte Germanen, die uns angegriffen haben und dass sie mehr Glück als Verstand gehabt haben? Etwa so wie unser glorreicher Heerführer, der edle Varus, der Statthalter und …«

Einer seiner Getreuen bremste ihn. »Centurio, auch der Wald hat Ohren. Und manche davon …«

»Ich weiß, Decimus.« Gaius senkte daraufhin seine Stimme. »Dieser Angriff war wohl überlegt, taktisch perfekt geplant und trefflich ausgeführt. Ich erkannte sogar einige der Reiter, die uns angriffen. Es waren Arminius’ Männer. Er hat uns nicht nur verraten. Er hat das alles hier geplant. Da bin ich mir sicher. Und ich bin mir auch sicher, dass es noch lange nicht vorbei ist. Es wird noch einige Kämpfe geben auf dem Weg aus diesem verdammten Wald hinaus, in den wir nie hätten marschieren dürfen.«

Er starrte den Centurio und seine kampferprobten Männer an und ein Knoten bildete sich in seinem Magen. Er wusste zwar, wie man ein Schwert führte, aber er zweifelte, dass er in der Lage wäre, einen Angreifer auch zu töten. Das hatte ihn nie jemand gelehrt.

Gaius zog eine Augenbraue hoch und lächelte dann schief. »Das wird schon, Junge. Halte dich an uns und wir kommen alle heil hier raus und nach Hause.« Er klopfte ihm auf die nun nicht mehr verwundete Schulter. »Komm!«

Lucius schloss sich dem Centurio und seinen Männern auf dem Weg aus dem Lager an. Der Trupp passierte etliche Tote, schwer Verwundete und Zivilisten. Vielen von ihnen war die Angst vor den Germanen ins Gesicht geschrieben. Sie hatten Todesangst. Oft griffen Hände nach ihnen, sahen sie Männer wie Frauen beschwörend an. Aber sie konnten ihnen nicht helfen. Stumm schloss sich die kleine Gruppe um Gaius einer Centurie an.

Nach zwei vollen Tagesmärschen und einem Nachtmarsch, während dem heftiger Regen eingesetzt hatte, konnte nun das Ende des Waldes nicht fern sein. Sie alle hofften auf Licht und die Wärme der Sonne. Doch was sie erhielten, waren nur noch mehr bedrohliche Finsternis und stickige, schwere Luft. Enttäuschung machte sich unter ihnen breit, als sich auch hinter der nächsten Biegung des schmalen Pfades weder eine Lichtung noch das oft heraufbeschworene offene Feld erstreckte.

Gaius ließ seine Männer abrupt anhalten, während andere Soldaten an ihnen vorbeizogen. Lucius lief dabei fast auf seinen Vordermann auf. Gaius’ engster Vertrauter, der sich ihm tags zuvor als Titus vorgestellt hatte, kam näher. »Warum bleiben wir stehen, Centurio?«

»Hätten wir nicht schon längst diesen verdammten Wald verlassen müssen, mein Freund? Oder wenigstens den Waldrand erahnen können? Oder zumindest, dass die Bäume nicht mehr dicht an dicht stehen? Ist das nicht merkwürdig?«

»Du hast recht. Das ist es in der Tat.« Titus blickte sich um und trat dann noch näher an seinen Kampfgefährten heran. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, dass Lucius nur noch schwach vernahm. »Denkst du, was ich denke?«

Der Centurio nickte düster und schwieg.

»Und was wäre das?«, fragte Lucius, der sich auf die Heimlichtuerei der beiden keinen Reim machen konnte.

Beide Köpfe ruckten zu ihm herum. Doch Gaius antwortete ihm. Leise, sodass es niemand anders hören konnte. »Unsere Legion wird immer noch von denselben angeführt, die uns erst in diese missliche Lage brachten. Wie steht es dann wohl mit der Aussicht, dass wir den kürzesten Weg raus aus diesem Wald nehmen, mh?«

Er runzelte die Stirn. »Ich … verstehe nicht.«

»Na, entweder hat der Mann, der mit der Führung der Truppen betraut ist, keine Ahnung, wohin er uns führt. Oder …«

»… seine Pfadfinder arbeiten für die Germanen«, vervollständigte Titus den Satz, »und wir laufen in eine weitere Falle.«

Kalt lief es Lucius den Rücken hinunter. Wie sollten sie dann je einen Ausweg aus diesem Wald finden? Hoffnung keimte plötzlich in ihm auf. »Und wenn wir hier auf die Verstärkung warten?«

»Es wird keine Verstärkung kommen, Junge.«

»Aber … hieß es nicht, der Präfekt Nomonius wäre mit seiner Reiterei unterwegs, um Hilfe zu holen?«

»Der glorreiche Nomonius! Nein, Lucius. Er wollte nur seine eigene Haut retten. Wir sind auf uns gestellt.«

»Und was machen wir nun?«

Lucius beobachtete aus nächster Nähe die stille Konversation zwischen Gaius und Titus und folgte deren besorgten Blicken zum umgebenden Wald. Unzählige Soldaten zogen an der kleinen Gruppe vorbei. Manche beäugten sie misstrauisch. Die meisten jedoch schienen zu erschöpft, um auch nur den Kopf zu heben, denn die Wolltuniken waren immer noch vollgesogen und schwer vom nächtlichen Regen.

»Halte dich an meiner Seite, Junge«, flüsterte Gaius ihm zu und fixierte dabei weiterhin den düsteren Wald. »Wir lassen uns langsam ans Ende der Truppe zurückfallen. Versuchen ihnen etwas Deckung zu geben. Und vielleicht schaffen meine Späher, was die unseres Anführers nicht schaffen: einen Weg hier raus zu finden.« Gaius sah zu Titus, der sofort zustimmend nickte. Dann zu einem der anderen Soldaten, einem kleineren, aber drahtigen Mann. »Publius, du gehst mit ihm. Seid vor Sonnenuntergang wieder bei uns.«

»Wenn wir euch bis dahin nicht wiedergefunden haben, Centurio, dann finden wir euch in diesem verfluchten, dunklen Wald nur mit Hilfe der Götter wieder.«

Titus und Publius ließen sich unauffällig noch weiter zurückfallen. Nach kurzer Zeit konnte Lucius die beiden unter den anderen Soldaten, deren Reihen immer dünner wurden, kaum noch erkennen. Nur ab und an schimmerten ihre Köpfe hindurch. Doch bald waren auch diese verschwunden.

»Komm, Junge.« Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Wir müssen weiter. Aber … langsam.« Gaius’ Augen wanderten kurz an ihm vorbei, zu einem Punkt hinter ihm. »Immerhin bist du verletzt. Nicht, dass jemand denkt, wir würden desertieren.« Er verstand den Hinweis und hielt sich demonstrativ die Seite, als ein Reiter in prachtvoller Rüstung an ihnen vorbei preschte und sie skeptisch beäugte. Kaum war dieser verschwunden, richtete er sich wieder auf. »Und jetzt?«

»Jetzt beten wir zu den Göttern, dass die beiden bald mit guten Nachrichten zurückkehren.«

Gaius setzte sich mit Lucius an die Spitze des kleinen Trupps und gab so das Tempo vor. Sie schlängelten sich zusammen mit anderen erschöpften Fußsoldaten langsam durch den dichten Wald, bis sie das Ende der Truppe erreicht hatten und deren Schluss bildeten. Sie überwanden kleine Rinnsale und folgten dem schmalen Pfad, den die Füße vieler Soldaten mittlerweile weit vor ihnen in den Boden gestampft hatten. Die Sonne stieg überdies immer höher und ihre wenigen Strahlen, die den Boden erreichten, zerschnitten das dumpfe Grün, ließen Bienen und Pollen darin tanzen. Sie verwandelte aber auch die schon stickige Luft in einen kaum atembaren Brei. Schwere Gerüche, verströmt durch die Kräuter und Früchte des Waldes, kitzelten ihre Nasen.

Ganz allmählich, fast schleichend, veränderte sich jedoch die Umgebung. Die Bäume lichteten sich etwas und unter dem weichen Waldboden blitzte immer öfter Fels hervor. Hoffnung keimte in Lucius auf, dass sie vielleicht doch in die richtige Richtung gingen und dies der erste Vorbote des nahen Waldrandes war. Er sah zu Gaius, um seine Hoffnung dort bestätigt zu sehen. Doch der beäugte nur weiterhin wachsam die Umgebung. Kein Anflug von Erleichterung glättete seine Stirn.

Unbeirrt marschierten sie weiter. Allein. Keine anderen Soldaten mehr hinter ihnen und die vor ihnen waren schon lange außer Sichtweite. Außer ihren eigenen, schweren Schritten erfüllte nur noch das allgegenwärtige, geschäftige Summen einiger Waldbienen und anderen Kleingetiers die Luft.

Gaius verlangsamte seine Schritte, denn sie gelangten an den Eingang einer schmalen Schlucht. Kurz davor blieb er schließlich stehen. Die eine, noch niedrige Felswand in seinem Rücken, den Blick wachsam auf den Wald vor sich gerichtet, wartete er, bis alle zu ihm aufschlossen. Die Hand des Centurio wanderte langsam zum Schwertgriff.

»Was ist?«, wisperte Lucius.

Gaius antwortete nicht. Stattdessen winkte er einen Soldaten zu sich, der die Nachhut der kleinen Gruppe gebildet hatte. »Ist dir etwas aufgefallen, Antonius?«

Der grobschlächtige Mann mit den merkwürdigen Zeichen auf den Oberarmen, die kunstvollen Narben ähnelten, schüttelte den Kopf. »Nein, Centurio. Niemand verfolgt uns. Aber …«

»Aber was?«

»Etwas liegt in der Luft. Etwas … gefährliches.«

Gaius blickte ihn sorgenvoll an.

»Hört ihr es nicht?«, fragte Antonius.

In diesem Moment wurde auch Lucius der unnatürlichen Ruhe gewahr. Keine Bienen oder andere Kreaturen bevölkerten mehr die Umgebung. Selbst der träge Wind entlockte den Bäumen kein leises Rauschen oder bedächtiges Knarren mehr. Es herrschte wahrlich eine gespenstische Stille. Sie legte sich wie ein Leichentuch über die Männer und fror sie für einen kurzen Augenblick ein.

Bis das Knacken eines Astes sie alle aus der Starre zerrte. Gaius und Antonius nahmen als erste Kampfhaltung ein. Dann alle anderen. Lucius zückte als Letzter das Schwert. Niemand wagte zu atmen. Ein zweiter Ast brach. Ein großer. Zu groß für ein Tier. Aller Augen wanderten über das Waldstück, das seitlich hinter den Felsen der Schlucht verschwand.

Plötzlich gesellten sich schwere Atemzüge zu den Schritten und Titus brach zu ihrer Linken zwischen den Bäumen hervor. Blutüberströmt raste er auf Gaius zu.

»Flieht! Sie sind direkt hinter mir!«

Er packte den Centurio an der Schulter, zerrte ihn mit sich den Weg, den sie gekommen waren, wieder zurück. »Los! Die Schlucht ist eine Falle.«

Es bedurfte nur eines kurzen Nickens Gaius’ und seine Männer folgten ihnen. Lucius inklusive. Er hechtete den anderen Soldaten hinterher. Äste schlugen ihm ins Gesicht. Mehrere Male stolperte er und nur Antonius’ fester Griff rettete ihn vor einem Sturz. Die kleine Gruppe stürmte durch das dichte Grün und das ein oder andere Mal glaubte Lucius, eine Gestalt im Dickicht zu erkennen. Meinte er die Bäume selbst hinderten sie am Weiterkommen. Irgendwann wurde das Atmen zur Kraftanstrengung, lastete die leichte Rüstung schwer auf seinen Schultern und stolperte er mehr, als dass er rannte. Dann brachen sie aus der grünen Hölle heraus auf eine Lichtung.

»Phalanx!«, schrie der Centurio und wenige Augenblick später formten sich Schilder und Spieße zu einer lebenden Festungsmauer. Keinen Deut zu früh, denn kurz darauf sah Lucius durch die Schilde hindurch Germanen von einer Seite auf sie zustürmen. Schreiend, Schwert schwingend und blutverschmiert. Der erste ernsthafte Kampf begann.

Kurz war dieses Scharmützel, in dessen Verlauf die Männer des Centurio Lucius immer weiter in die Mitte drängten. Auch als der Ansturm vorüber war, den alle unverwundet überstanden hatten, bedeutete ihm Gaius mit einem Blick, genau dort zu bleiben. Das gab ihm die Möglichkeit durchzuatmen. Nach einer Weile gesellten sich Gaius und Titus zu ihm, während die anderen den Schutzwall aufrechterhielten.

»Was genau ist geschehen, Titus? Und habt ihr einen Ausweg aus diesem von allen Göttern verfluchten Wald gefunden?«

Titus nickte. Aber seine Stirn blieb in Falten gelegt und seine Augen blickten erst den Centurio und dann Lucius selbst traurig an.

»Haben wir, Gaius. Aber Publius hat dafür sein Leben gelassen.«

»Es tut mir leid. Ich weiß, euch beide verband eine lange und tiefe Freundschaft.« Gaius legte eine Hand auf Titus’ Schulter.

»Danke, mein Centurio«, flüsterte er und sah zu Boden.

»Aber was genau ist geschehen?«

Titus hob den Kopf und begann langsam und leise. »Publius suchte sich den höchsten Baum aus und stieg ihn empor. Als er nach einer Weile wieder neben mir stand, erzählte er mir, dass er glaube, das Ende des Waldes gesehen zu haben. Wir müssten wahrscheinlich nur einige tausend Schritte weiter in die Richtung, die wir bereits eingeschlagen hatten. Er wollte weiter und seine Theorie überprüfen. Wir machten uns also auf den Weg, kamen jedoch nicht weit. Zwei junge Germanen, dem Jünglingsalter kaum entwachsen, kreuzten unseren Weg. Es kam sofort zum Kampf. Wir siegten und wollten gerade weiter, als mehr Germanen in Sicht kamen. Dutzende Kämpfer. Während sie bei den zwei Toten anhielten, flohen wir.« Titus starrte ins Nichts, während er tonlos weiter erzählte. »Wir schlugen Haken und wähnten uns unter einem Felsvorsprung in Sicherheit, als Publius plötzlich von einem Speer durchbohrt wurde. Er … starb in meinen Armen.« Titus versagte die Stimme. Auch Lucius schnürte es die Kehle zu.

»Wo befindet sich also der Ausweg aus diesem Wald, Titus?«

Der schien Gaius jedoch nicht gehört zu haben. »Ich musste ihn dort liegen lassen. Dort im Matsch. Seinen Körper den wilden Tieren überlassen. Ich …«

»Wo müssen wir lang, Titus? WO?«

Nun blickte der Legionär den Centurio wieder direkt an. Aber sein Gesicht wirkte leer. Lucius wunderte sich. Er kannte doch den rettenden Weg in die Freiheit.

Ohne ein Wort zeigte Titus nach links.

»Das ist nicht dein Ernst, Titus.«

Gaius’ langjähriger Mitstreiter sah zuerst den Centurio an, dann Lucius. »Es tut mir leid, Junge.«

Er verstand nicht und richtete einen fragenden Blick an den Centurio.

»Damit will mein guter Freund hier sagen, dass der Weg in die Freiheit durch diese Horde Germanen führt.«

In Lucius krampfte sich alles zusammen.

»Aber auch das ist zu schaffen. Wir müssen nur ein wenig durchhalten. An unserer Testudo werden sie abprallen. Auch wenn sie nicht perfekt ist, wird sie ihnen genug Verluste bescheren, dass sie bald das Interesse an uns verlieren. Die Legion ist ihr vorrangiges Ziel. Wenn es so weit ist, machen wir uns auf den Weg. Und vielleicht lesen wir noch ein paar Kameraden auf dem Weg auf. Es wird also alles gut, Lucius.«

Er atmete auf. Erleichterung durchflutete ihn. Ein Blick in die Gesichter der Legionäre in der Nähe zeigte ihm, dass auch sie neue Hoffnung geschöpft hatten. Dann dröhnte eine Stimme vom Waldrand zu ihnen hinüber. Sie sprach Latein mit einem germanischen Akzent.

»Römer. Legionäre. Ergebt euch und euer Leiden wird kurz sein!«

Gaius schüttelte den Kopf und antwortete: »Wir sind Legionäre. Wir geben nicht auf. Wir siegen!«

Die Erwiderung ließ nicht lange auf sich warten.

»Ihr glaubt also tatsächlich, eure lächerliche Formation so lange halten zu können, bis ich das Interesse verliere? Nun dann. Versucht es. Aber ich verliere mein Interesse keinesfalls. Wie könnte ich auch? Die Mörder meines Sohnes müssen sterben. Ihr alle!«

Stille breitete sich hinter dem Schildwall aus. Gaius blickte seinen Freund fragend an.

»Oh nein. Einer der Jungen, die uns angriffen … muss sein Sohn gewesen sein«, flüsterte Titus heiser.

»Und … jetzt?« Lucius konnte die Angst in der Stimme nicht unterdrücken.