Schattenklamm - Mia C. Brunner - E-Book

Schattenklamm E-Book

Mia C. Brunner

3,8

Beschreibung

Mitten im schönen Allgäu geschieht ein brutaler Mord. Jessica Grothe, eine Hamburger Hauptkommissarin, die gerade in die Gegend gezogen ist, gerät unfreiwillig in die Ermittlungen des Kemptener Hauptkommissars Florian Forster. Er vermutet eine Verbindung zu einem Verbrechen in der Hansestadt. Viel zu spät erkennt Jessica die lauernde Gefahr, in der sie und ihre Familie schweben. Als auch noch Hauptkommissar Forster spurlos verschwindet, beginnt für Jessica ein Wettlauf um Leben und Tod.

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Mia C. Brunner

Schattenklamm

Kriminalroman

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2016 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2016

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung: Julia Franze

E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © pathip – Fotolia.com

ISBN 978-3-8392-4960-4

Kapitel 1

»Nein danke, wirklich nicht.« Martin Hansen schüttelte nicht nur vehement den Kopf, sondern hob zusätzlich noch abwehrend die Hand.

»Ach, komm schon, Martin. Das wird doch lustig.« Die junge gut aussehende Frau mit der etwas ungewöhnlichen dunkelbraunen Lockenpracht legte herausfordernd ihren Kopf leicht schräg und lächelte, unterstrich ihre Geste noch mit einem ausgedehnten »Bitte«, und zog schließlich schulterzuckend ab, als Martin erneut dankend, doch dieses Mal etwas rüder, ablehnte.

»Es reicht mir schon, dass ich überhaupt hier sein muss, da will ich mich nicht auch noch bei dämlichen Partyspielen zum Affen machen«, zischte er seinem besten Freund und Kollegen Wolfgang zu, der neben ihm stand und zustimmend nickte. Diese Party hier war der reinste Kindergeburtstag.

Doch die jährliche Weihnachtsfeier im hiesigen Polizeirevier war eine Pflichtveranstaltung, vor der man sich nicht so leicht drücken konnte. Wie in jedem Jahr wurde die Kantine in einen Partyraum umgewandelt, winterlich geschmückt und mit allerlei stimmungsvollen Liedern beschallt. Die Kolleginnen und Kollegen der Davidwache im Hamburger Stadtteil St. Pauli feierten ausgelassen, sangen vergnügt und lauthals die abgedroschenen Weihnachtslieder mit, die von Schnee, Schlittenfahrten und klingenden Glöckchen handelten, und aßen und tranken viel zu viel. Von weißer Weihnacht waren die Reeperbahn und ganz Hamburg jedoch weit entfernt. Draußen fielen dicke Tropfen auf den Asphalt und die wenigen Menschen, die sich bei diesem Wetter überhaupt auf die Straße trauten, liefen tief gebückt, mit hochgestellten Mantelkrägen oder unter großen Schirmen vor Nässe geschützt, so schnell sie konnten zu dem Ziel ihrer Träume. Selbst die Nutten hatten sich heute in ihre Löcher verkrochen. Kundschaft gab es bei diesem Wetter höchstens in der Herbertstraße oder in den unzähligen schillernden Klubs, die an so einem verregneten Tag nicht nur Amüsement, sondern auch Wärme und Trockenheit boten. Es würde ein ruhiger Abend für die diensthabenden Polizisten werden und das war gut so, denn richtig feiern konnten die Beamten nur, wenn sie wussten, dass ihre arbeitenden Kollegen nichts auszustehen hatten.

Polizeiobermeister Wolfgang Reuter lehnte mit dem Rücken an der Wand neben der Tür, die linke Hand in der Hosentasche, die rechte hielt ein Glas Bier. Er zog es genau wie Martin vor, den ganzen Trubel aus der Ferne zu beobachten.

»Hallo, ihr beiden!« Eine kleine rothaarige, etwas untersetzte Frau baute sich vor ihnen auf. »Warum probiert ihr nicht den Punsch? Zu Weihnachten trinkt man doch kein Bier«, sagte sie und versuchte dabei, recht streng und ermahnend zu schauen. Da sie aber aufgrund ihrer gerade mal einsfünfundfünfzig weit zu den beiden Männern hochschauen musste und da noch dazu ihre Augen strahlten, sei es nun, weil sie sich so sehr amüsierte oder weil sie selbst schon ein paar Gläser Punsch intus hatte, verlor die gespielte Strenge ihre Wirkung und alle drei prusteten wie auf Kommando los.

»Nee, Irene, vielen Dank.« Martin schüttelte heftig den Kopf. »Ich verarbeite immer noch den Alkohol von der letzten Weihnachtsfeier. Das Zeug war die Hölle.« Wolfgang stimmte lachend in das Kopfwackeln ein, nur dass er im Gegensatz zu seinem Freund heftig nickte.

»Genau«, brummte er. »Ich war drei Tage tot nach diesem Teufelszeug. Das will ich nicht noch einmal riskieren. Morgen ist ein Ausflug mit den Kindern geplant«, erklärte er, hob sein Glas und prostete ihr lächelnd zu. Irene war sozusagen die gute Seele der Wache. Als Schreibkraft erledigte sie unliebsame Tipparbeiten genauso wie die Vorsortierung der Post. Außerdem kochte sie den besten Kaffee von ganz Hamburg und hatte ein offenes Ohr für die Probleme der Kollegen und immer einen kessen Spruch auf den Lippen. Wolfgang mochte sie sehr und wusste, dass es nicht nur ihm so ging.

»Gestorben ist noch keiner an dem Punsch«, kicherte Irene nun und schlug ihr Glas klirrend an das Bierglas von Wolfgang. »Du gibst allerdings eine prima Zielscheibe ab«, flüsterte sie augenzwinkernd und tippte Wolfgang mit dem Zeigefinger auf die Brust. Genau über seinem Herzen leuchtete ein blutroter, kreisrunder Fleck. »Ketchup?«, fragte sie, grinste breit und ließ die beiden Männer einfach stehen.

»Scheiße, so ein Mist.« Fluchend rieb Wolfgang mit dem Hemdärmel über seine Brust. Natürlich hatte diese Aktion nur zur Folge, dass der Fleck größer wurde und der Ärmel ebenfalls rote Farbe annahm. »Warum hast du denn nichts gesagt?« Vorwurfsvoll schaute er seinen Freund an, der nur entschuldigend die Schultern hob, reichte ihm schließlich sein Bierglas mit den Worten: »Sofort die Luft rauslassen. Bin gleich wieder da« und verließ die Kantine in Richtung Umkleideräume.

Wolfgang Reuter war Streifenpolizist mit Herz und Seele. Er liebte seinen Job, mochte sein Revier und war gleichermaßen beliebt bei Arbeitskollegen und den Menschen auf der Straße. Natürlich nicht bei denen, die Dummheiten machten, die meinten, das Gesetz könnte hier und da etwas gebeugt werden zu ihren Gunsten. In diesen Dingen verstand Wolfgang überhaupt keinen Spaß. Und ebenso wenig mochte er Unordnung und Dreck. Er war einer der wenigen Polizisten, dessen Schreibtisch immer aufgeräumt, dessen Kleidung immer sauber und dessen Ausdrucksweise immer korrekt war. Ein kleiner Fehler, eine kleine Unachtsamkeit hatte große Folgen, also lebte er mit dem Vorsatz, allen Unwägbarkeiten schon im Vorfeld vorzubeugen.

Gerade als er ein frisches Hemd aus seinem Spind zog, klingelte sein Handy.

Nach einem kurzen verwunderten Blick auf das Display lächelte er zufrieden.

»Hallo Schatz«, begrüßte er seine Frau und knöpfte sein Hemd auf. »Alles in Ordnung?«

»Ja, mein Mausebär. Ich wollte nur deine Stimme hören«, kam ihr klingender Sopran durch das Telefon. Wolfgang liebte ihre glockenhelle Stimme. Seine Frau sang die Worte mehr, als dass sie sie sprach, und das gefiel Wolfgang sehr. Sie verbreitete so immer Freude und gute Laune. Er war gesegnet, eine solche Frau gefunden zu haben, und oft wunderte er sich, wie er dieses Glück verdient hatte.

Lächelnd machte er sich auf den Weg ins angrenzende Badezimmer, legte das saubere Hemd vorsichtig auf eines der Waschbecken und zog sich das schmutzige aus.

»Ich vermisse dich auch«, hauchte er mit tiefer, brummender Stimme, weil er wusste, wie sehr seine Frau das liebte. »Was hältst du davon, wenn ich hier die Zelte abbreche und gleich nach Hause komme?« Doch dann fiel ihm ein, dass auch seine Frau heute auf einer Weihnachtsfeier war und seine Kinder den Abend mit ihrer Tante verbrachten. »Bist du noch mit Jutta und Sylvia unterwegs?«

»Ja, wir sind im Apollo! Doch ich habe mich auf die Toilette verzogen, um mal kurz mit dir zu sprechen. Himmel, die spielen hier heute nur so doofe Weihnachtsmusik. Ist nicht zum Aushalten. Es ist ja nicht so, dass man in den Geschäften schon seit Wochen mit diesem Mist vollgedröhnt wird«, jammerte sie und ihre Stimme hallte vom Echo des gefliesten Raumes, in dem sie gerade stand. »Wenigstens hier hat man seine Ruhe.«

Wolfgang lachte. »Ja, ich bin auch gerade im Bad«, erklärte er. »Weihnachtsmusik ist echt ätzend.«

Eine kurze Pause entstand, dann seufzte seine Frau plötzlich und er hörte sie sagen: »Ich haue hier auch ab. Ich werde meinen Mädels einfach vorlügen, mir wäre nicht gut, und dann komme ich nach Hause. Treffen wir uns dort in einer halben Stunde?«, flüsterte sie verführerisch, wartete seine Antwort aber nicht ab und legte einfach auf.

Das war typisch für seine Frau, dachte Wolfgang lächelnd. Und genau diese Art von Spannung, diese unterschwellige Erotik, die immer wieder aufflammte, hielt ihre Beziehung spannend und aufregend. Ja, dieser Abend versprach nett zu werden. Zufrieden warf er das mit Ketchup befleckte Hemd auf ein weiteres freies Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf. Erstens wollte er die noch feuchten Ketchupflecken auswaschen und zweitens sich selbst kurz frisch machen. Warum sollte er kostbare Zeit zu Hause mit Duschen verschwenden, wenn er doch gleich mit den wichtigen Dingen beginnen konnte und noch dazu angenehm riechen würde! Er drückte mit dem Ellenbogen auf den Seifenspender und ein Schwall giftgrüner Seife ergoss sich über seine Hand. Achseln, Hals und Brust wurden kräftig eingeseift und mit klarem Wasser abgespült. Zum Abtrocknen gab es leider nur diese kleinen Papierhandtücher, doch im Umkleideraum würde er sicher noch ein Handtuch finden. Als er den Waschraum verlassen wollte, schwang plötzlich die Tür weit auf und er sprang erschrocken einen Schritt zurück, um einer gebrochenen Nase oder einer Beule auf der Stirn vorzubeugen.

Verwundert starrte er den Eindringling an. Schließlich gewann er seine Fassung wieder.

»Du? Was machst du denn hier?«, fragte er, entspannte sich aber schließlich merklich und lächelte.

Sein Gegenüber schaute ihn ernst an. Keine Spur von einem Lachen, doch jede Menge Hass und Wut im Blick.

Wolfgang Reuter war verunsichert und vergaß in diesem Augenblick sogar sämtliche in seiner Ausbildung gelernten und immer wieder erfolgreich angewendeten Redetaktiken, wenn er Verbrechern gegenüberstand. Verbrechern? So ein Quatsch. Das hier war schließlich kein Verbrecher, das hier war …

Scheiße!

Eine Pistole blitzte vor ihm auf und zielte genau auf seine Brust, genau auf den Punkt, den der Ketchupfleck vor Kurzem noch so blutrot markiert hatte. Es war eine SIG Sauer, eine gängige Dienstwaffe, die zur Ausrüstung jedes Polizisten gehörte. Langsam wurde er panisch.

»Hallo, Wolfgang«, tönte die Stimme seines Gegenübers beinahe dröhnend an sein Ohr. Ein Strom von Adrenalin donnerte durch seine Venen und er hatte das dringende Bedürfnis zu fliehen, doch er rührte sich nicht. Ihm wurde heiß und er spürte sein Herz heftig und hämmernd in seinem Hals schlagen. Schweiß brach ihm auf der Stirn aus und er trat langsam einen Schritt zurück. »Lange nicht gesehen!«

»Was soll das? Das willst du doch nicht wirklich tun«, brachte der Polizist in ihm schließlich hervor und der einfache Mann in ihm fragte verzweifelt: »Warum?« Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Angst und er begann fast hemmungslos zu zittern. Langsam und um Fassung bemüht schüttelte er den Kopf, doch von dem Eindringling, der Person, die nicht in dieses Badezimmer gehörte, kam nicht der Hauch einer Reaktion. Dann lächelte sie überlegen und arrogant.

»Das hättest du nicht tun dürfen, Wolfgang«, sagte sein Gegenüber und Aggressivität und Hass schwang in seiner Stimme mit. Doch nicht diese Art von Hass, die wütend und unkontrolliert war, dieser Hass, der Menschen Fehler machen ließ, weil sie bei ihren Reaktionen nicht auf den Ausgang ihrer Handlungen achteten, die Art von unkontrollierter Wut, die nur noch zu Reaktionen fähig war und keinen klaren Gedanken mehr zuließ. Hier sah und spürte Wolfgang eiskalten und absolut berechnenden Hass. Diese Aktion hier im Badezimmer war bis ins Detail durchdacht, geplant und würde gerade deshalb auch garantiert ausgeführt werden.

»Bitte«, flehte er schließlich, als sich der bösartige Gesichtsausdruck seines zukünftigen Mörders nicht änderte. Aus starken eiskalten Augen wurde er angestarrt und so weiter an die harte hellblau geflieste Wand getrieben. Sein nackter Rücken presste sich gegen die kühlen Fliesen, doch er nahm die Kälte nicht wahr, sondern konzentrierte sich darauf, seinen Herzschlag wieder ruhig zu bekommen und seine Stimme wiederzufinden. Er musste reden. Solange er redete, würde sein Gegner nicht schießen.

»Warum? Was bringt dich dazu …«, stöhnte er dieses Mal. Jedes Wort, das seine Lippen verließ, war schwer wie Blei und es kostete ihn große Mühe, es überhaupt hinauszubekommen. Angst und Panik schnürten ihm die Kehle zu und seine Gedanken überschlugen sich. Er fand keine Erklärung, keinen noch so kleinen Grund für seine ausweglose Lage. Er fühlte sich zu Unrecht bedroht. Das hier war einfach nicht richtig.

»Was mich dazu bringt?« Er hörte hämisches Lachen und erkannte diese Stimme nicht wieder. Die dreckige Verachtung und die lodernd heiße Wut vergifteten die Raumluft und ließen ihn schwer nach Atem ringen. Sein Blick trübte sich, das Bild der Waschbecken und Toilettentüren verschwamm vor seinen Augen und erst jetzt begriff er, dass er weinte. Wieder schüttelte er den Kopf, als könnte er seinen Gegner so beruhigen, doch dieses Verhalten beruhigte nicht einmal ihn. Instinktiv griff er nach seinem Handy, das neben dem sauberen Hemd auf dem Waschbeckenrand lag. Kurz überlegte er, ob er damit werfen sollte, ob diese Aktion seinen Angreifer ablenken würde, ob er so seinen Gegner überwältigen könnte, doch er dachte diesen Gedanken nicht zu Ende. Nicht, weil es vielleicht keine gute Idee gewesen wäre, sondern weil ganz andere Gedanken sein Gehirn blockierten und den Wunsch nach Flucht komplett verdrängten.

Er atmete schwer. Warum hatte er nach dem Telefon gegriffen? Wen sollte er anrufen? Und vor allem, wieso sollte sein Mörder zulassen, dass er überhaupt um Hilfe rief?

Er könnte schreien!

Würde ihn jemand hören? Würde er jemanden in eine tödliche Falle locken, wenn er sich bemerkbar machte? Würde er … würde er seine Kinder jemals wiedersehen?

Die Gewissheit traf ihn hart, doch sie ließ ihn schlagartig ganz ruhig werden. Er würde sterben, er würde diesen Raum nicht lebend verlassen. Er würde seine beiden Kinder niemals wiedersehen.

»Okay«, schloss er verbittert, aber seelenruhig sein Leben ab. »Dann drück ab!«

Er hörte den Schuss nicht, fühlte nur die Wucht der Explosion in seiner Brust, spürte keinen Schmerz, aber auch keine Angst mehr. Das Gefühl für seinen Körper verließ ihn gänzlich. Seine Beine gaben nach, widersetzten sich jeglichem Versuch der Kontrolle und sackten einfach in sich zusammen. Langsam rutschte er an der glatten Wand hinunter, bis sein Hintern den Boden berührte und sein Oberkörper zur Seite kippte und schwer auf dem Boden aufschlug. Er hatte vergessen zu atmen und sog mühsam die trübe Luft durch seinen Mund, füllte seine Lungen mit Sauerstoff und schmeckte verbrannten Atem und Eisen auf seiner Zunge.

Schlagartig setzte der Schmerz ein und ließ ihn stöhnen. Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde.

War Hilfe gekommen?

Gab es Rettung?

Gut, dass sein beflecktes Hemd jetzt nicht auch noch Blut durchtränkt war. Blut war schwer wieder rauszubekommen, hatte er einmal gehört. Seine Hand fuhr instinktiv an das klaffende blutende Loch in seiner nackten Brust und er presste mit aller Kraft seine Finger dagegen, um den Blutfluss zu stoppen, um den Tod aufzuhalten, um den Schmerz unter Kontrolle zu bekommen. Doch als er mühsam an sich hinuntersah, bemerkte er, dass nichts – keine Hand, keine Finger – sein Blut aufhielt, weiter ungehindert seinen Körper zu verlassen. Sein Arm lag reglos hinter seinem Rücken, unwirklich verschränkt und ebenso nutzlos wie der Rest seiner Gliedmaßen.

Ergeben schloss er die Augen, rief sich das Bild seiner beiden Kinder ins Gedächtnis, atmete ein letztes Mal aus und ging für immer.

Kapitel 2

Wieder und wieder stieß die kleine Handschaufel in die kalte, schwarze Erde und grub kleine Löcher von etwa 15 Zentimeter Tiefe. Eins neben dem anderen.

Jessica Grothe kniete im viel zu hohen Gras vor dem noch recht kargen Beet am Grundstücksrand, hob die Hand, in der sie die Schaufel hielt, und wischte sich mit dem Ärmel ihrer Jacke den Schweiß von der Stirn. Dunkler Sand rieselte auf ihre Jeans.

Es war Oktober, ein sonniger Tag, doch der kalte Wind ließ einen frösteln, wenn man sich nicht einhüllte in warme Klamotten oder sich ausreichend bewegte. Wenn man beides tat, dann kam man ganz schön ins Schwitzen.

»Tante Jessi?« Das kleine, blonde Mädchen neben ihr sah sie fragend an. »Warum pflanzen wir die Blumen jetzt, wo doch schon bald der Winter kommt? Blumen mögen doch den Winter nicht, oder?« Auf allen vieren kroch die Kleine näher zu Jessica und setzte sich neben sie ins Gras, dann zog sie den Korb mit den Tulpenzwiebeln zu sich heran, griff hinein und versenkte eine der Zwiebeln in einem der noch freien Löcher.

»Das stimmt, Svenja«, gab ihre Tante zu. »Doch die Tulpen bleiben im Winter unter der Erde und sobald es im Frühjahr warm wird, kommen sie heraus und blühen in den schönsten Farben. Tulpen und Krokusse sind die ersten bunten Blumen zu Beginn der warmen Jahreszeit«, erklärte sie, nahm dann ebenfalls eine Tulpenzwiebel aus dem Korb und hielt sie ihrer Nichte vors Gesicht. »Hast du daran gedacht, dass du die Zwiebeln immer mit dem Popo nach unten in die Erde legst?«

Svenja kicherte: »Klar, sonst wachsen sie ja in die falsche Richtung und kommen in Australien heraus.« Dann nahm sie Jessica die Zwiebel aus der Hand und stopfte sie in ein Erdloch. »Gute Nacht, kleine Blume«, sagte sie und füllte das Loch mit Erde auf. »Bis zum Frühling, dann sehen wir uns wieder.«

Jessica schmunzelte. Die Tochter ihrer Schwester Susanne war ein so fröhliches, liebreizendes Mädchen, überhaupt nicht schüchtern, doch höflich und stets darauf bedacht, anderen zu helfen. Und dabei war sie gerade erst sechs Jahre alt. Vor ein paar Wochen wurde sie eingeschult und ging seit diesem Tag jeden Morgen stolz und erhobenen Hauptes in die nahe liegende Grundschule, erledigte sorgfältig die Hausaufgaben und war dann stets mit Kindern aus der Nachbarschaft oder aus ihrer Klasse zum Spielen verabredet. Susanne konnte wirklich stolz auf sie sein. Auf ihre beiden Kinder, denn auch ihr kleiner Sohn Tobias entwickelte sich prächtig. Tobias war noch nicht ganz drei Jahre alt und besuchte einen Kindergarten am Stadtrand. Trotz anfänglicher Befürchtungen, er würde nicht dort bleiben wollen, hatte auch bei ihm alles wunderbar geklappt und er hatte sich ohne Probleme gut in die neue Gruppe integriert.

»Meinst du, Oma und Opa kommen nicht doch schon heute?« Svenja drückte die letzte kleine Blumenzwiebel in die Erde und rieb dann ihre schwarzen Hände an ihrer Cordhose ab. »Wenn der Zug ganz schnell fährt, dann kommen sie vielleicht früher«, sagte sie hoffnungsvoll.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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