Schmunzelstories 2 - Miriam Hinders - E-Book

Schmunzelstories 2 E-Book

Miriam Hinders

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Beschreibung

Wer es lustig haben möchte, der muss es sich lustig machen. Am besten auf eigene Kosten! Meistens muss man dafür gar nicht besonders viel tun. Das Leben hält so viele kostbare und lustige Momente bereit, die zum Schmunzeln anregen. Ich sehe gerne genau hin, und so entdecke ich diese Momente. Für mich ist das Schmunzeln ein wichtiger Baustein für ein fröhliches Leben. Meine Geschichten berichten von alltäglichen Erlebnissen, beleuchten meine kleine Gedankenwelt und beschäftigen sich mit allem, was das Zeug hat, Fröhlichkeit zu verbreiten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 243

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Miriam Hinders

Schmunzelstories 2

07/2021 – 06/2022

© 2022 Miriam Hinders

Covergrafik von Brigitte Ordowski

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

ISBN Softcover: 978-3-347-74102-7

ISBN Hardcover: 978-3-347-74103-4

ISBN E-Book: 978-3-347-74104-1

ISBN Großschrift: 978-3-347-74105-8

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Kryptokeks

Shopping-Bad

Auf dass es klar wird

Komma gucken

Geheimnis Marktpreis

Web-Geburtstag

Heckenfrisur

Zustand stell Dich ein

Smarter Sprachkurs

Frisch aus Nachbars Garten

Zucchini-Rolle

Lean und dann

Sommerschlusstraum

Kleckereigeschrei

Innerer Rotstift

Das Kellerhotel

Kochunfall

Sprich fix und modisch

Saharastaub

Knochenwochen

Beim Namen nennen

Der Atem bringt Dich weiter

Ein aufgeregtes Leben

Mehr Meer

Mein roter Faden

Zeit empfinden

Ohne Angst und Vorsatz

Wenn Daten reisen

Delegieren an die Delegation

Wein und Weisheit

Elektronische Helferlein

Fein ausgerechnet

Der Hamsterkauf

Pokerface und Blume

Winke-Winke

Gittis Pfanntasie

Schlau faul sein

Gedanken zum Pausieren

Mal wieder Ankreuzen

Ausflug zum See

Zusammengereimt

Goldener Schnitt

Spiele am Abend

Das besondere C

Vor der Silbe entschieden

Vorauseilend gezittert

Schlankheitskuren

Wider den Stand

Feiner Staub im Hirn

Lang mutig

Im Kreis herum

Vom laufenden Schuh

Feiner frischer Fisch

Danke

Für Gitti

Mein Schmunzelstory-Jahr geht jeweils von Juli bis Juni. Inzwischen ist sogar schon der Herbst eingezogen und gefühlt rennt das Kalenderjahr dem Jahresende entgegen. Höchste Zeit also, die Geschichten für diesen zweiten Band meiner kleinen Reihe zusammenzustellen!

Dieses Buch enthält die Texte, die ich zwischen Juli 2021 und Juni 2022 verfasst habe.

In diesem Zeitraum konnte ich mein Schmunzeln wieder vielfach teilen und es auch auf die Gesichter anderer Menschen zaubern. Es hat Spaß gemacht, für meine lieben Leserinnen und Leser in meiner Erlebnis-Kiste zu wühlen, dabei aber auch immer wieder frei erfundene Teile einzustreuen und mich dem hinzugeben, was daraus entsteht.

Nun wünsche ich viel Vergnügen beim Lesen!

Miriam Hinders

Kryptokeks

Geheim und im Verborgenen soll es laufen, aber damit es laufen kann, müssen leider verschiedene Leute an verschiedenen Orten Bescheid wissen.

In den Jugendbüchern meiner Jugendzeit ließ sich das mit einer Parole lösen. Wer die nennen konnte, dem gewährte man durch eine geheime Tür Zutritt zu geheimnisvollen Räumen, in denen entweder geheimnisvolle Dinge lagerten oder zumindest geheime Treffen abgehalten wurden. Hauptsache geheim. Die Parole kannte natürlich nur, wer wirklich vertrauenswürdig und total verschwiegen war. Und wem man zutraute, dass er dichthalten kann, dass er also nicht gleich alles ausplaudert, sobald man ihm Prügel oder Stubenarrest androht.

Drücke ich mich kryptisch aus? Also geheimnisvoll und vor allem unklar? Ist das Absicht oder weiß ich selbst nicht, was meine Worte bedeuten sollen? Woher soll ich wissen, was ich meine, wenn ich nicht weiß, was ich da sage? Tja, ich kann jetzt auch nur noch vermuten, was ich damit meine! Prima, denn jetzt weiß schon nicht mal mehr ich selbst Bescheid, und so kann ich auch niemanden mehr verraten! Selbstverschlüsselung aktiviert – checked!!

Jetzt kann ich mein heutiges Geheimnis locker bewahren, und das hat mit ihm zu tun:

Gottfried Wilhelm Leibniz war einer der berühmten Vordenker der Aufklärung. Er hat sich intensiv mit Philosophie, aber auch mit Religion, Politik, Mathematik und vielen anderen Themen beschäftigt. Schon früh widmete er sich der Kombinatorik, hantierte mit vielen Nullen und Einsen, entwarf eine Rechenmaschine und entwickelte das duale Zahlensystem weiter. Leibniz muss ein sehr umtriebiger Universalgelehrter gewesen sein, echt ein spannender Typ. Ich muss unbedingt mehr über ihn lesen, aber heute habe ich etwas anderes vor.

Auf meinem Tisch liegt eine Packung mit Butterkeksen. Die echten, mit 52 Zähnen. Lecker! Davon habe ich ja schon ewig keine mehr gegessen! Ich könnte jetzt sofort über die Packung herfallen, aber ich reiße mich leise sabbernd zusammen.

Ich werde jetzt für Gitti eine verschlüsselte Nachricht basteln. Dazu brauche ich die Butterkekse und unsere Grätenzange, mit der wir sonst nur vor der Zubereitung frischer Fischfilets die Gräten herausziehen, damit wir später sorglos und unbekümmert das Essen genießen können. Auf Basis der Dualzahlen entwerfe ich einen Kryptokeks. Die Nachricht beginnt oben in der linken Ecke. Wo oben ist, kann man leicht erkennen, denn „LEIBNIZ BUTTERKEKS“ steht ja schon auf dem Keks drauf. Sie muss ihn später also nur so hinlegen, dass sie den Schriftzug von links nach rechts lesen kann und anschließend die Zähne zählen, ein bisschen rechnen und das Ergebnis dem Alphabet zuordnen. Ein herausgebrochener Zahn ist eine Null, ein noch existierender Zahn repräsentiert die Eins. A ist eins, Z ist 26.

Ich brauche Päckchen mit 5 Stellen, um alle 26 Zahlen bzw. Buchstaben darstellen zu können. Das beginnt also mit 00001=0+0+0+0+20=l=A und geht bis 11010=24+23+0+2+0=26=Z. Meine Botschaft besteht aus zwei Wörtern, jedes davon hat 5 Buchstaben. Mit der Grätenzange breche ich vorsichtig alle Zähne aus dem Keks, die den Wert Null erhalten. Hinter dem ersten Wort breche ich als Abstandhalter einen halben Zahn heraus. Es ist eine tierische Krümelei, und ich muss leider auch einige verunglückte Kekse aufessen. Natürlich nur, um nicht durcheinanderzukommen.

Endlich ist mein Kryptokeks fertig. Stolz lege ich ihn auf einen kleinen Teller. Anstelle einer vollständigen Anleitung will ich Gitti nur mit dem kleinen Hinweis: „Das ist was mit Dualzahlen, extra für Dich!“ auf den Keks loslassen. Da kommt sie bestimmt schnell drauf. Meine Vorfreude steigt. Meinen Präsentteller in der Hand und die Packung mit den restlichen Keksen unterm Arm mache ich mich auf, Gitti zu suchen. Sie sitzt am Schreibtisch. „Ich hab‘ da was für Dich!“, setze ich an und überreiche ihr feierlich den Teller. Gitti freut sich. „Butterkekse, wie schön!!“, ruft sie.

Und noch bevor ich überhaupt Luft holen kann – beißt sie rein! Nicht doch!!!

p.S.: Für alle, die den Code selbst knacken möchten, folgt hier meine Kryptokeks-Botschaft:

01000 – 00001 – 01100 – 01100 – 01111 – 00111 – 01001 – 10100 – 10100 – 01001

 

Shopping-Bad

Die Geschäfte sind geöffnet und wir dürfen ohne Gedingst-Papiere hinein! Also ohne einen Nachweis, dass wir geimpft, getestet oder genesen sind. Wir brauchen auch keinen Termin, wir dürfen einfach so hinein. Endlich!!

Gitti und ich gönnen uns also ein Shopping-Bad in der Stadt. Das öffentliche Verkehrsmittel setzt uns im Zentrum ab, an diesem Werktag sind nur wenige Menschen in der Stadt. Wir haben freie Bahn.

Als erstes steuern wir ein großes Kaufhaus an. Heute Morgen habe ich zu Hause schon den dramatisch abgesunkenen Pegelstand in meinem Parfumfläschchen beäugt, und auch Gitti meldet Duftbedarf an. Wir finden eine Verkäuferin, die uns mit kleinen Augen aber durchaus freudig bedient. Gestern ist ein heftiges Unwetter über die Stadt gezogen. Das Kupferdach des ehrwürdigen Opernhauses ist vom Wind zum Teil abgedeckt worden, und der starke Regen hat zu Überflutungen geführt. Auch hier im Kaufhaus. Im Untergeschoss, so erzählt uns die nette Verkäuferin, sind sie gestern bis in die Nacht hinein knietief durchs Wasser gewatet und haben versucht, Waren zu retten. Das erklärt auch die kunstvoll überschminkten Ringe unter ihren müden Augen, die sie kaum noch offenhalten kann. Die Feuerwehr hat tausende Liter Wasser aus den Aufzugsschächten abgepumpt. Welch eine Aufregung!

Zu allem Überfluss hat vor kurzem die Sanierung des gesamten Rolltreppen-Komplexes begonnen. Und jetzt müssen alle Kunden die Aufzüge oder das schlichte Treppenhaus nutzen, um in die verschiedenen Etagen zu gelangen. Heute sind ja nicht so viele Menschen hier, also klappt das auch einigermaßen gut. Gitti und ich lassen uns nicht abhalten und ziehen unsere Runden. Wir nehmen gefühlt ein richtiges Bad zwischen all den Regalen, Kleiderständern und Verkaufstischen und erstehen ein paar Hosen.

Jetzt ist uns warm, frische Luft schnappen wäre schön, außerdem verspüren wir Appetit, und so ziehen wir weiter. Das Wetter ist immer noch unentschlossen, ob die Stadt nicht doch noch ein bisschen Wasser vertragen könnte. Gitti und ich ziehen uns bald in ein Brauhaus zurück und tauschen uns bei Bier und Flammkuchen entzückt über unser Shopping-Bad aus. Sowas haben wir ja schon seit Monaten nicht mehr gemacht! Ach, wie schön!!

Frisch gestärkt gucken wir uns noch im Stadtpark um, staunen über die großen Teile des Kupferdaches, die regelrecht vom Wind verknüllt am Boden vor dem Opernhaus liegen und über die vielen entwurzelten Bäume. Bei uns zu Hause hat es gestern zwar auch ein Gewitter mit Starkregen gegeben, aber wir haben keinerlei Schäden zu beklagen. Ich klopfe mir kräftig an den Kopf, als Ersatz für‘s „Auf-Holz-Klopfen“. Das halte ich für angebracht, weil wir solch ein Glück hatten. Aua! Was muss ich auch immer so übertreiben, die nur angedeutete Klopfbewegung hätte doch sicher auch gereicht. Angesichts der Bilder, die wir hier sehen, erstaunt mich die Mail unserer Vermieterin nicht mehr. Sie hat sich danach erkundigt, ob bei uns alles in Ordnung ist.

Als Kinder, fällt mir ein, haben wir bei Gewitter immer die Sekunden zwischen Blitz und Donner gezählt. Dann haben wir die Anzahl der Sekunden durch drei geteilt, um zu errechnen, wie viele Kilometer das Gewitter von uns entfernt ist. Unsere Eltern haben uns damit beschäftigt und nebenbei erfolgreich vom Angsthaben abgelenkt. Wer im Kopf rechnen muss, der hat keine Zeit für Angst, so ihr Kalkül. Außerdem haben sie sich darauf verlassen, dass wir alles, was mehr als einen Kilometer von uns entfernt stattfindet, nicht als unmittelbar bedrohlich wahrnehmen. In den meisten Fällen mussten wir auf mehr als nur drei zählen und danach eben rechnen. Je heller und beeindruckender der Blitz, desto schwieriger war es für mich, die für den gewünschten Abstand zum Gewitter erforderlichen Sekunden nicht einfach schneller zu zählen. Wir haben immer brav in den Himmel gestarrt, gezählt und gerechnet. Und unsere Eltern haben immer so gegrinst …

 

Auf dass es klar wird

Nachdem Gitti vorletzte Woche meinen liebevoll gestalteten Kryptokeks einfach aufgegessen hat, widme ich mich nochmal dem werten Herrn Leibniz, der mich so fasziniert hat, also diesem Vordenker der Aufklärung.

Zuerst folge ich meiner Intuition und statte der Webseite eines in Hannover ansässigen Keksherstellers einen Besuch ab. Dort finde ich Unglaubliches: Der Keks wurde tatsächlich nach dem berühmten Herrn Leibniz benannt! Das wusste ich bis eben gar nicht. Ich bin entzückt. Ende des 19. Jahrhunderts, so erfahre ich dort, war es durchaus üblich, Nahrungsmittel nach bekannten Persönlichkeiten zu benennen – und so haben sie es auch mit ihrem Erfolgskeks gemacht.

Jetzt aber schnell zurück zum Namensgeber! Nein! Stopp, Vollbremsung! Ohne ein paar Begleitkekse, mit denen ich meinen Schreibtisch vollkrümeln kann, geht es einfach nicht weiter!!

So. Mit vollen Backen lässt es sich viel besser schreiben, vor allem viel besser, als deutlich sprechen … ‘tschuldigung …

Ich stöbere noch ein wenig in meinen verstaubten Erinnerungen und Büchern, aber natürlich auch im Internet herum. Der Herr Leibniz wuchs mit unzähligen Büchern auf und war gerade eben noch ein Teenager, als er sein erstes eigenes Buch veröffentlicht hat, das von der Kunst der Kombinatorik erzählt. Er hat sich für alle möglichen Themen interessiert, und so wurde aus ihm ein international anerkannter Universalgelehrter. Neben seiner Arbeit als Bibliothekar beim Herzog in Hannover beschäftigte sich Leibniz beispielsweise auch mit technischen Lösungen für den Bergbau, fertigte juristische Gutachten an und entwickelte seine Monadentheorie, mit der er versuchte, die Welt zu erklären. Leibniz hat auf so vielen verschiedenen Gebieten deutliche Spuren hinterlassen, dass ich mir gar nicht alles merken kann. Ich werde ihm hier auf keinen Fall gerecht, dazu gibt es einfach viel zu viel, was sich über ihn zu erzählen lohnte.

Beim Stöbern fällt mir besonders auf, dass Leibniz die Wissenschaft als Einheit betrachtet hat. Er trennte die Wissenschaft nicht von der Philosophie. Ganz entschieden hat er auf die Vernunft gesetzt und sich sogar gewünscht, die Vernunft in Zahlen ausdrücken zu können. Dann wäre belegbar, was vernünftig und wahr ist. Darauf noch einen Keks!

Zu der Zeit, als Leibniz über die Welt, die Menschen und auch den Glauben nachdachte, war es noch ungeheuerlich, die Vernunft in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen. Überhaupt, jedem Menschen die Fähigkeit zuzusprechen, sein Leben vernünftig zu führen, war zu der Zeit echt eine steile These. Es ging um die Idee, durch rationales Denken neues Wissen zu erlangen, und zwar ohne sich von Ideologien, Traditionen und Vorurteilen bremsen zu lassen. Die Vernunft sollte die einzige Instanz sein, auf deren Basis ein Urteil zu fällen war. Ich stelle mir vor, dass hohe Kirchenvertreter und andere Obrigkeiten so ihre liebe Not damit hatten. Diese Art des Denkens stellte schließlich den blinden Gehorsam der Menschen infrage. Sie fürchteten vermutlich, dass die gesamte Welt auseinanderzufallen droht. Mit diesen Gedanken im Kopf schiebe ich mir noch einen Keks rein und finde das ausgesprochen vernünftig!

Leibniz korrespondierte mit unglaublich vielen Menschen und die UNESCO hat diese zahlreichen Briefwechsel mittlerweile als Bestandteil des Weltgedächtnisses anerkannt und sie in das Weltdokumentenerbe aufgenommen. Briefe verschicken war zu der Zeit echt eine langwierige Angelegenheit. Lief das Leben damals insgesamt langsamer? Wenn ich heute etwas mitteilen möchte, kann ich zwischen schnellen, schnelleren und noch viel schnelleren Möglichkeiten wählen. Ich werfe noch einen Keks ein. Kauend überlege ich, ob die Verbindlichkeit meiner Nachricht sinkt, wenn ich sie quasi in Echtzeit schon wieder korrigieren, ergänzen oder gar zurücknehmen kann. Wenn ich von Hand einen Brief schreibe und ihn dann ganz analog auf den Weg bringe, so sollte sein Inhalt noch gelten, wenn er endlich ankommt, oder?

Mitten im Kauen friert all meine Bewegung ein. Zu oft schon habe ich Nachrichten bekommen, wie diese: „Vergiss den Quatsch von eben!“ Und dann folgt neuer Quatsch. Zu oft schon habe ich dann meinen Entwurf einer passenden Antwort wieder weggeworfen. Wann lohnt es sich also, den neuen Text zu lesen? Ab wann lohnt es sich, über eine Antwort überhaupt nachzudenken? Mühe und Sorgfalt schaffen Verlässlichkeit, aber das ist irgendwie out und auf die Schnelle viel zu langsam. Deshalb gibt es auch immer mehr Nachrichten, die eigentlich gar nichts aussagen, außer vielleicht, dass man den „Quatsch von eben“ bekommen hat, sich damit irgendwann beschäftigen wird und pfeilschnell beteuert, alles im Blick zu haben. Bei WhatsApp erledigen das die blauen Häkchen und manchmal eine schnelle Antwort per Emoji. Aber so richtig schnell ist das alles in Summe nicht, oder?!?

Was würde Leibniz wohl von der Welt halten, wie sie sich gerade jetzt zeigt? Wie sähe sein WhatsApp-Verlauf aus? Vor meinem geistigen Auge sitzt er da, die Perücke mit den vielen Locken hängt vor lauter Stress schon ein wenig schief auf seinem Kopf. Er schreibt an Newton, an Sophie von der Pfalz und an ganz viele andere Leute. Und er kämpft mit der Autokorrektur, die aus seinen Monaden immer Nomaden macht. Ständig ploppen neue Nachrichten aus aller Welt auf, wer kann sich da noch ordentlich konzentrieren? Ich versuche, ein Gespür für die Situation zu entwickeln. Mein Gespür folgt allerdings seinen ganz eigenen Regeln, und es meldet: Mein Ranzen spannt. Da waren wohl doch ein paar Kekse dabei, die ich im Unverstand eingeworfen habe.

Ich lasse das Spekulieren lieber sein. Spekulieren? Spekulatius! Nein, Hilfe, nicht noch mehr Kekse, bitte!!!

Und gerade jetzt meldet Gitti sich. Sie hat Hunger! Ja, jetzt. Und sie hat auch schon etwas Leckeres zubereitet. Mir entfährt ein „Pfffff“. Aber ich darf es nicht verschmähen, sondern möchte die Mühe würdigen, die sie sich gemacht hat. Vielleicht können wir danach ja noch ein paar Schritte aus dem Haus gehen?!?

Geheimnis Marktpreis

Gitti kommt auf mich zu, sie jongliert zwei Schalen mit frischen Erdbeeren um die Menschen herum, die noch zwischen uns stehen und hat ein listiges Grinsen auf dem Gesicht. „Ah, Erdbeeren, lecker! Gleich zwei Schalen, das ist super!“, rufe ich ihr zu und greife begeistert nach der ersten Schale, um sie sicher im Einkaufskorb unterzubringen. „Nein!“, entgegnet Gitti entschieden, reckt den Zeigefinger der jetzt freien Hand in die Luft und fährt fort: „Das sind zweimal eine Schale!“

Mein verblüffter und zugleich fragender Gesichtsausdruck bereitet ihr große Freude. Gitti lässt mich wissen, dass zwei Schalen viel zu teuer gewesen wären, da hätte sie gar nicht erst mitgemacht. Aha. Wie geht jetzt das? Den Arm mit der einen Schale, die sie noch in Händen hält, streckt sie aus, wirbelt zum Stand herum, verlangsamt ihre Bewegung und weist auf einen sehr jungen Verkäufer, der mit roten Wangen sein Bestes gibt. Sie vollendet die 360°-Drehung und schwankt ein klein wenig im noch unsicheren Stand nach. Hoppla, das war jetzt vielleicht doch eine kleine Spur zu schnell gedreht.

Das listige Grinsen kehrt zurück, und endlich werde ich aufgeklärt. Der junge Mann hat ihr die Erdbeeren angepriesen, ihren Geschmack in höchsten Tönen gelobt und dann ganz exklusiv zwei Schalen für nur 7,40 € angeboten, und eine Schale für 3,60 €. „Da kaufe ich lieber zweimal eine Schale!“, hat Gitti ihm zugerufen, und seine Mutter, die offensichtlich hinterm Stand neben ihm stand, hat sich kichernd weggedreht. Der arme Kerl! Gitti hat gleich passend gezahlt, damit das mit dem Rückgeld gar nicht erst schief gehen kann. Unter dem Druck der kichernden Mutter verstummte der arme Tropf beim Kassieren, und jetzt wirkt es so, als ob die Finger, die er gerade in seine Hosentaschen vergraben hat, verzweifelt versuchten, das Rechenproblem durch Abzählen zu lösen. Ich ziehe Gitti lieber vom Stand weg, wer weiß, was sie da sonst noch für komplizierte Einkäufe tätigt.

Es treibt uns schräg gegenüber zu einem anderen Gemüsestand. Gitti bestellt drei rote Spitzpaprika und die Verkäuferin kontert: „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Was ist denn heute bloß los?!?

Ich schaue zurück zu dem Stand mit dem rotwangigen Jungen. Wie alt mag er wohl sein? Na ja, so jung ist er jetzt auch wieder nicht. Das Leben ist schon eine harte Schule.

Im Supermarkt habe ich mich schon an recht fantasievolle Preisgestaltungen gewöhnt, da unterstelle ich auch gern mal die Absicht, Kunden verschaukeln zu wollen. Der Marktpreis folgt dort einem ausgeklügelten System. Die Anbieter und wahrscheinlich schon deren Anbieter, die ja die unverbindlichen Preisempfehlungen geben, denken sich scheinbar täglich neue Möglichkeiten aus.

Seitdem die Ware so ausgezeichnet werden muss, dass man einen leicht zu vergleichenden Bezugspreis lesen kann, wird es immer doller. Na ja, lesen kann man den auch nur, wenn man jung ist, Adleraugen hat oder mit der Nase am Schild klebt. Also Auge in Auge mit dem kalten Rahmen des Regals, auf dem die Ware feilgeboten wird. Geschenkt!

Da fällt mir ein, neulich habe in einem Supermarkt an den Einkaufswagen fest eingebaute Lupen entdeckt. Schon ein wenig blind, also im Sinne von verkratzt, dennoch funktionstüchtig. Man konnte damit zwar nicht die Schilder lesen, die an die Regale gesteckt waren, aber für ein gemütliches Studium der Liste mit Ingredienzien hätte es noch gereicht. Ich will meistens lieber gar nicht so genau wissen, was da alles drin ist. Aber natürlich habe ich ein wenig damit gespielt, also, bis Gitti gefragt hat, wo ich eigentlich abgeblieben bin. Die Idee mit den Lupen fand ich nett. Leider waren diese Einkaufswagen so schmal, dass man sich leicht in den Rädern verheddern konnte, sobald auch nur eines der Hinterräder nicht mehr ganz geradeaus zeigte. Welch eine Stolperei! Gitti kennt Schimpfwörter, die ich noch nie zuvor gehört habe.

Großpackungen heißen ja gerne mal Familienpackung, und ihr Inhalt ist nicht mehr verlässlich günstiger als der von Singlepackungen. Vermutlich kann sich die Familienpackung auch nur noch leisten, wer sich auch eine Familie leisten kann. Eine Tafel Schokolade wiegt nicht mehr immer 100g. Eine großformatige Packung hat mitunter weniger Inhalt als eine mit kleineren Außenabmessungen. Der Job des Preisgestalters muss spannender geworden sein.

Die Strategien, mich oder andere Menschen zum Kauf zu animieren, werden zunehmend komplexer. Etwas altertümlich mutet noch der Versuch an, mir beim Kauf ab einem Warenwert von 150,-€ ein winzig kleines Fläschchen Anti-Mückenspray zu schenken. Das Prinzip gibt es noch, dieses Angebot kam erst gestern per Post rein. Daneben existieren Verwirrungstaktiken in Gestalt einer nicht mehr nachzuvollziehenden Tariflandschaft, scheinbar abgefedert durch Vergleichsportale aller Art. Und der Klinkenputzer ist wohlklingend aufgewertet worden, für den habe ich erst letzte Woche ein Stellenangebot gefunden. Deshalb weiß ich jetzt auch: Der Klinkenputzer ist verantwortlich für die Neukundenakquise im Privatkundensektor Door-to-Door. In dem Inserat heißt er natürlich nicht Klinkenputzer, sondern Manager. Ich bin schwer beeindruckt. Die Leute im Callcenter betreiben dann wahrscheinlich Neukundenakquise im Privatkundensektor Ear-to-Ear. Oder Voice-to-Ear? Oder Phone-to-Ner-venzusammenbruch? Ruft mich bitte nie wieder an!!!

Und dann müssen die Unternehmen noch etwas dagegen tun, dass die Menschen per Tarifhopping mit ihren Verträgen ständig zu anderen Unternehmen wechseln. Beachte die Richtung! Tarifhopping zu mir hin ist schön, von mir weg ist nicht schön. Und wer ständig wechselt, den will ich lieber auch nicht mit einem Dumpingpreis als Kunden anlocken, denn der hüpft ja sicher bald weiter zur Konkurrenz. Also versuchen einige Unternehmen im ersten Schritt, die ihnen zur Verfügung stehenden Daten auszuwerten. Weil das ganz schön viele Daten sind, nutzen sie dazu auch künstliche Intelligenz.

Eine ausländische Telefongesellschaft hat mal folgende Überlegung angestellt: Aus den Verbindungsdaten können wir ermitteln, wie das Netzwerk unserer Kunden aussieht. Wer telefoniert mit wem, vielleicht sogar, wie oft? Daraus lässt sich ein Soziogramm erstellen. Es gibt Leute, die stellen quasi einen dicken Kontaktknotenpunkt dar. Wenn einer kündigt und viele Kontakte pflegt, die auch bei uns unter Vertrag stehen, dann besteht die Gefahr, dass eben auch seine Kontakte bald kündigen. Zum Beispiel, weil er ihnen am Telefon davon erzählt. Und dann auch noch sagt, wohin er wechselt! Mist!! Gegen die erste Kündigung können wir wenig tun. Wir können aber denen, die wahrscheinlich bald kündigen werden, ein tolles Angebot machen! Einfach so, scheinbar ohne Anlass. Na? Geschäftsidee? Ich weiß nicht, ob sie es umgesetzt haben. Ich weiß auch nicht, ob so etwas hier erlaubt wäre. Natürlich hätte ich Skrupel, und ich möchte selbst lieber nicht so analysiert werden!

So, und jetzt rufe ich meinen Manager für Altkundenbetreuung im Privatkundensektor Gas-Wasser-Scheiße an und bitte um ein Angebot für einen Serviceeinsatz in unserem Hause.

Web-Geburtstag

Das Web hatte Geburtstag, jetzt darf es endlich auf jede Ü30-Party. Prost!

Die erste Website wurde am 06.08.1991 online gestellt. Tim Berners-Lee heißt der Mann, dessen Name fest damit verbunden ist, und seine Seite, die allererste also, die es gab, kann man heute noch aufrufen.

Besonders sexy kommt das Ding natürlich nicht daher, aber so ist das ja ganz häufig mit den ersten Ausführungen toller Dinge. Sie musste auch nicht sexy sein. Hier wurde ein Projekt vorgestellt, aber ohne großes Tamtam. Das Ziel bestand einfach darin, die gemeinsame Arbeit von Forschern zu erleichtern. Tim Berners-Lee und seine Kollegen wollten auf schnellstem Weg Informationen über Landesgrenzen und damit auch über unterschiedliche Netz-Infra-strukturen hinweg austauschen. Auf dieser Website findet man Hinweise zum Konzept des World Wide Web, erfährt also etwas darüber, was das alles soll, außerdem gibt es einen Haufen Links, über die man zu weiteren Erklärungen, einer Historie und auch zur Liste der Personen kommt, die an diesem Projekt beteiligt waren. Bemerkenswert ist, dass Tim Berners-Lee seine Ideen frei verfügbar machte. Danke!! Sonst wäre das wohl nie was für alle geworden!

Der Bitkom e.V. ist der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien. Er wurde 1999 gegründet und verfolgt unter anderem auch das Ziel, eine breite gesellschaftliche Teilhabe an den digitalen Entwicklungen zu erreichen. Vorrangig geht es natürlich darum, Deutschland und seine Firmen digital ganz nach vorne zu bringen. Auf der Website von Bitkom habe ich viele spannende Artikel gefunden. Und zum Ehrentag des www hat natürlich auch jemand bei Bitkom Fakten zusammengetragen und veröffentlicht. Zwei der Zahlen, die dabei erwähnt wurden, beschäftigen mich immer noch. Dort heißt es nämlich, dass es jetzt schon mehr als 1,8 Milliarden Websites gibt und dass jedes Jahr im Durchschnitt etwa 60 Millionen Seiten zusätzlich online gestellt werden.

Das muss ich erstmal sacken lassen.