Schwarz in Schwarz - Philipp Schmidt - E-Book

Schwarz in Schwarz E-Book

Philipp Schmidt

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Beschreibung

Ein illustrierter Tübinger Regionalkrimi Richard Wolf ist ein heruntergekommener Privatdetektiv, der zu viel trinkt und der Vergangenheit nachhängt. Erst vor kurzem ist er nach Tübingen gezogen, und nicht wenig überrascht, als ihn eine geheimnisvolle Frau um Hilfe bittet. Er soll ihren Mann, den sie des Fremdgehens verdächtigt, beschatten. Dabei geschieht etwas Unerwartetes, und bald schon findet Richard sich inmitten einer Verschwörung in den Schatten der schwäbischen Universitätsstadt.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XXVIII

Kapitel XXIX

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Kapitel XXXIII

Kapitel XXXIV

Kapitel XXXV

Kapitel XXXVI

Kapitel XXXVII

Kapitel XXXVIII

Kapitel XXXIX

Kapitel XL

Kapitel XLI

Kapitel XLII

Kapitel XLIII

Kapitel XLIV

Kapitel XLV

Kapitel XLVI

Kapitel XLVII

Kapitel XLVIII

Kapitel XLIX

Kapitel L

Kapitel LI

Kapitel LII

I

Es war einer dieser Tage. Formal war an ihm nichts auszusetzen. Nach einem viel zu langen Winter schien die Sonne endlich wieder kraftvoll, es war warm, die Stadt voller Leben, Straßenmusiker spielten und die Tauben pickten zufrieden gurrend nach Gebäckkrümeln. Aber aus irgendeinem Grund kam Richard Wolf die Welt heute farblos vor. Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als er mit einem Rest Kaffee in einem Pappbecher in sein Büro zurückkehrte. Der kleine Raum, welcher zuvor ein Liebhaber-Antiquariat beherbergt hatte, lag in einer spärlich frequentierten Gasse, aber zumindest in der Innenstadt. Den größeren, hinteren Raum benutzte Richard vorerst noch als Kartonlager. Dort lag auch eine Matratze, auf der er gegen das ausdrückliche Verbot der Vermieterin schlief, bis er genug Bares zusammenhatte, um sich eine Wohnung leisten zu können. Er setzte sich auf den Chefsessel, streifte die Schuhe ab und legte die Füße auf den Schreibtisch. Er bemerkte das Loch in seinem linken Socken, durch das der große Zeh herauslugte, seufzte, faltete die Hände auf dem Bauch und lehnte sich zurück. Hätte ihn jemand gefragt, was er gerade tue, hätte er geantwortet, er warte auf Klienten. Aber es fragte ihn niemand. Und so hing er wieder einmal dem Gedanken nach, ob es eine gute Idee gewesen war, in die Stadt seiner Kindheit zurückzukehren, um sich als Privatdetektiv selbstständig zu machen. Seine Augen wurden schwer, und er nickte ein. Auch seine Träume, die ihn nachdrücklich daran erinnerten, dass er mit seiner Miete im Rückstand war, spielten sich in schwarz-weiß ab.

Lautes Donnergrollen ließ Richard hochschrecken. Draußen war es bereits dunkel, und ein ausgewachsener Sturm tobte über der schwäbischen Universitätsstadt. Starke Windböen ließen Regen gegen das Schaufenster prasseln, Läden klapperten, und wann immer ein Blitz zuckte, war die Welt für einen Augenblick tatsächlich schwarz-weiß.

Richard betrachtete das Naturspektakel gleichmütig. Er hatte nichts gegen ein heftiges nächtliches Gewitter, auch wenn es bedeutete, dass ihn heute mit Sicherheit wieder einmal kein Klient um seine Dienste bitten würde. Aber darin täuschte er sich. Eben hatte er beschlossen, seinen leeren, knurrenden Magen mit einem tiefen Schluck aus der Rumflasche zum Schweigen zu bringen, als er auf einen Schemen draußen im Regen aufmerksam wurde. Er zog die Hand, die sich bereits selbstständig auf den Weg zur Flasche gemacht hatte, zurück. Tatsächlich, die in einen langen Mantel gehüllte Gestalt kam direkt auf die Bürotür zu. Trotz des üblen Wetters klopfte eine behandschuhte Hand formell an die Glasscheibe.

Richard nahm die Beine vom Tisch, räusperte sich und rief gegen Wind und klappernde Läden an: „Herein!“

Die Tür öffnete sich gerade weit genug, dass die Person rasch durch den Spalt schlüpfen konnte. Richard schaltete die Tischlampe ein – und schluckte.

„Richard Wolf, Privatdetektiv?“, fragte die hochgewachsene, äußerst attraktive Frau zögerlich, während Tropfen von ihrem Pelz auf den Boden perlten.

II

„Der bin ich“, antwortete Richard leicht verlegen. „Nehmen Sie doch bitte Platz.“

Er wartete, bis sich die Frau auf den freien Stuhl ihm gegenüber niedergelassen hatte. Trotz des kostbaren Mantels, der ihren schlanken Körper einhüllte, bemerkte er, wie anmutig und fließend sie sich bewegte. Ihre Haltung und Körperspannung ließen die Vermutung zu, dass sie eine Tanz- oder Akrobatikausbildung genossen hatte. Aufgrund des Pelzes tippte Richard eher auf glattes Ballettparkett als auf eine Go-Go-Stange. Sie faltete die langgliedrigen Hände so, dass die Rechte den goldenen Ring am Ringfinger der Linken verdeckte, hob das Kinn und sah ihn aus ihren großen grünen Augen an. Stolz, Traurigkeit und Verletzlichkeit lag in diesem unverwandten Blick.

Richard beugte sich nach vorne, zupfte an seinem Kinnbart und fragte: „Sie sind klar im Vorteil. Sie wissen, wer ich bin, aber ich habe keinen Schimmer, wer Sie sind.“ Ein lahmer Auftakt. Die Frau verunsicherte ihn.

„Sie dürfen mich Sandra nennen“, erwiderte die Frau knapp und ohne die geringste Regung. Sie blinzelte nicht einmal.

„Also, Sandra, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte Richard ernst, in dem Versuch, seine Stimme professionell klingen zu lassen.

Es war ihm wohl einigermaßen gelungen, denn die Frau, die sich als Sandra vorgestellt hatte, nickte und sagte: „Es geht um meinen Mann, Viktor. Ich habe den Verdacht, dass er …“

Richard seufzte innerlich. Diese Art Fall also. „Sie glauben, er betrügt Sie“, half er aus.

Sandra zuckte leicht zusammen. Ein erstes Bröckeln an der kühlen, selbstbeherrschten Fassade. „Ja“, gestand sie leise. Ihre schmale Hand verschwand im Mantel, und als sie wieder hervorkam, hielt sie mit spitzen Fingern ein ausgedrucktes Foto. Sie legte es auf den Tisch und schob es zu ihm herüber.

Richard betrachtete das Gesicht auf der Portraitaufnahme. Ohne Zweifel handelte es sich um Viktor, Sandras Mann. Er war Richard auf Anhieb unsympathisch. Sein breites Lächeln hatte etwas Derbes, Grobschlächtiges, als amüsierte er sich gerade über einen selbstgemachten schlechten Scherz. Er hatte tiefliegende Schweinsäuglein, einen kantigen Schädel und eine hohe, leicht gewölbte Stirn. Alles in allem wollte er so gar nicht an die Seite der reizenden Schönheit passen, die Richard aufmerksam musterte. Richard erwiderte den wachen Blick und hielt ihm stand. Er war nicht bereit, ihr alles aus der Nase zu ziehen, sie musste schon selbst ein wenig aktiver werden.

Offenbar verstand Sandra die unausgesprochene Botschaft. Sie holte tief Luft, sodass ihre Brust anschwoll, und dann sagte sie: „Seit unsere Tochter ein Internat besucht, reden wir kaum noch miteinander. Zuerst dachte ich, er wäre in einer Art Midlife-Crisis, aber mittlerweile kommt er immer später nach Hause, manchmal sogar gar nicht. Wenn ich ihn frage, wo er war, weicht er mir aus; sagt, er hätte lange arbeiten müssen, oder im Büro geschlafen.“

„Haben Sie eine Vermutung, mit wem er die Zeit tatsächlich verbringt?“, hakte Richard nach.

„Mit seiner Sekretärin“, antwortete Sandra wie aus der Pistole geschossen.

Richard verkniff sich ein Schmunzeln. Das Ganze war doch zu klischeehaft.

III

Richard fuhr in die Höhe. Er brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Er befand sich im Hinterzimmer seines Büros, die leere Flasche neben ihm erklärte den Schmerz hinter seinen Schläfen. Etwas musste ihn im Traum erschreckt haben. Langsam ließ er sich zurück auf die Matratze sinken. An den Alptraum, der ihn hatte aufwachen lassen, konnte er sich nicht erinnern, nur an ein Gewitter und eine sonderbare Frau, die ihn aufgesucht und ihm seinen ersten Auftrag erteilt hatte. – Aber halt, das war kein Traum gewesen. Eine schwache Note des betörenden Parfüms von Sandra hing noch immer in der Luft. Er sollte ihren Mann Viktor der Untreue überführen, Beweise liefern. Wahrscheinlich gab es einen Ehevertrag. Herrgott, er hätte nicht so viel trinken sollen. Über der zweiten Hälfte des Gesprächs mit seiner Klientin lag ein dichter Nebel, den er nicht zu durchdringen vermochte. Er rieb sich die Augen und massierte mit den Daumen die pochenden Schläfen. Es nutzte nichts, irgendwann musste er aufstehen, und heute lag immerhin ein guter Grund dafür vor.

Der Sturm war einem leichten Nieselregen gewichen. Die Tropfen rollten träge die Schaufensterscheibe herab, während Richard am Schreibtisch saß und seine Arbeit aufnahm. Es war reine Routine. Durch seine langjährige Erfahrung beim BKA in Berlin hatte er nach zwei Telefonaten und ein wenig Internetrecherche herausgefunden, dass seine Auftragsgeberin sich ihm mit ihrem Zweitnamen vorgestellt hatte, eigentlich hieß sie Aurelia. Aurelia Sandra Petrow. Wohl ein kleines Spiel, um seine Kompetenz zu testen. Mit gerade einmal 19 Jahren hatte sie Viktor Petrow geheiratet. Aus der Ehe war Martha, 16 Jahre alt, entstanden. Der Russlanddeutsche Viktor hatte sich früh einen Namen in der Immobilienbranche gemacht. Geldsorgen hatte die Familie offenkundig nicht, ganz im Gegensatz zu Richard. Trotz des Nebels, der noch immer über Teilen seines Gedächtnisses lag, erinnerte er sich an die Verhandlung über seine Bezahlung. Eine echte Verhandlung war es eigentlich nicht gewesen. Vielmehr hatte Aurelia Sandra eine Summe genannt, und er hatte sich Mühe gegeben, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Die Anzahlung, die sie ihm in einem Umschlag überreicht hatte, war schon mehr als großzügig, das Honorar im Erfolgsfall würde ihm locker die Miete für das nächste halbe Jahr sichern. Er klappte den Laptop zu, schlüpfte in seine an den Ärmeln abgewetzte Lederjacke und hängte das „Geschlossen“-Schild mit seiner Handynummer darauf von innen an die Klinke.

Mit hochgestelltem Kragen und den Händen in den Hosentaschen überquerte Richard den Holzmarkt, über dem die massive Stiftskirche aufragte. An warmen, sonnigen Tagen, erinnerte er sich, tummelten sich auf den Treppen Studenten. Heute war der kopfsteingepflasterte Platz menschenleer.

Während er sich ein üppiges Frühstück in einem Café in einer Seitenstraße gönnte, fasste er einen Plan. Ja, so würde er vorgehen, und mit etwas Glück würde er bereits morgen früh Aurelia Sandra die gewünschten Beweise vorlegen können.

IV

Da sich in Richards Büro kein Badezimmer mit Dusche befand, war er einmal mehr ins Hallenbad gegangen. Er war einige Bahnen geschwommen und hatte sich danach ausgiebig geduscht. Als er aus dem Schwimmbad herauskam, war der Himmel aufgeklart. In der Nachmittagssonne war er zu Fuß in die Weststadt gegangen, um bei einem Autoverleih einen Wagen zu mieten. Mit dem silbernen VW Golf 7 war er zu Viktor Petrows Arbeitsstelle gefahren. Ein gläsernes Immobilienbüro, im Stadtteil Derendingen. Ein karger und hässlicher Stadtteil, wie Richard befand.

Hier lag er tief in den Sitz eingesunken seit einer geschlagenen Stunde auf der Lauer. Das geliehene Auto quälte ihn mit dem sterilen Geruch eines Neuwagens. Er kurbelte das Fenster herunter und wünschte sich, er hätte das Rauchen nicht aufgegeben. Untätiges Warten war nicht seine Sache. Nicht weil er ein ungeduldiger Mensch gewesen wäre, es war nur so, dass die nüchterne Stille alte Dämonen anlockte. Mit der gesamten mentalen Kraft, die er aufbringen konnte, drängte er sie zurück.

Endlich öffnete sich die Glastür und ein Mann mit einem Smartphone am Ohr trat auf den Parkplatz. Richard verglich ihn mit dem Foto, das er gesehen hatte. Kein Zweifel, es war Viktor. Er stieg in einen in der Abendsonne glänzenden schwarzen Mercedes und parkte, immer noch telefonierend, rückwärts aus. Richard ließ ihm einen angemessenen Vorsprung und heftete sich an seine Fersen.

Bald hatten sie den lieblos angelegten Stadtteil hinter sich gelassen. Weite Felder säumten die Landstraße zu beiden Seiten. Richard hielt einen unauffälligen Abstand ein, gerade nah genug, um zu erkennen, dass der schwarze Mercedes an einer Gabelung rechts abbog. Sie kamen an einem Einkaufszentrum vorbei, dann fuhr der ahnungslos Verfolgte an einer Ampel links ab. Wieder Felder und zur Rechten Wald, der sich an einen Berghang schmiegte. Unerwartet bremste der Mercedes scharf ab. Für einen Moment lang waren sie sich ganz nah. Sie befanden sich nun in einem dem Dorfkern vorgelagerten Industrieviertel von Hirschau, ein Stadtteil, den Richard lediglich dem Namen nach kannte. Ohne zu blinken bog der Mercedes linkerhand auf eine lange Straße ein. Richard fluchte stumm. Wo zur Hölle wollte Viktor hin? Hier gab es kaum Wohnhäuser. Eine Postfiliale, ein Steinmetz, dann Äcker auf beiden Seiten. Der Mercedes parkte auf einem Parkplatz vor einer Schranke. Richard lenkte seinen Golf in eine Hofeinfahrt und schaltete die Scheinwerfer aus. Er konnte nur hoffen, dass Viktor keinen Verdacht geschöpft hatte.

Richard beobachtete, wie Viktor ausstieg, die Tür schloss und in Richtung der Schranke ging. Nachdem die Dunkelheit ihn verschluckt hatte, wartete Richard noch einige Herzschläge, dann fuhr er ohne Licht aus der Hofeinfahrt und parkte am Gehweg. Er überprüfte sein Handy. Der Akku war noch zur Hälfte geladen. Das würde ausreichen, um ein paar schmutzige Bilder zu schießen. Die Blitzfunktion schaltete er vorsorglich aus, dann machte er sich auf den Weg und folgte der Zielperson in die mondbeschienene Natur. Die Kronen der Bäume, unter denen er hindurchschlich, formten ein Dach über ihm, und Richard überkam das Gefühl, das Tor in eine andere Welt zu durchschreiten.

V

Der Kies knirschte sanft unter Richards Sohlen, als er in gebückter Haltung durch die Nacht pirschte. Links von ihm floss ein kleiner Kanal, zu seiner Rechten erstreckte sich ein stiller See, auf dessen glatter Oberfläche sich im Mondlicht der Sternhimmel spiegelte. Richard verließ den Kiesweg, und das Knirschen wich einem leiseren Schmatzen. Der Boden war feucht und schlammig vom starken Regen der letzten Nacht. Richards Empfinden nach war es etwas kühl für ein Stelldichein unter freiem Himmel, aber Geschmäcker waren nun einmal verschieden.

Dass Viktor eine Geliebte hatte, daran zweifelte Richard nicht. Er war genau der Typ dafür. Welcher Mann eigentlich nicht?, fragte er sich, während er weiter den Baggersee umrundete. Endlich hörte er eine Stimme rechts von sich. So leise wie möglich folgte er einem von Büschen umwucherten Trampelpfad. Da waren sie! Zwei Gestalten auf einer von kurzem Gras bewachsenen, mondbeschienenen Bucht. Richard nahm sein Handy aus der Tasche und ließ sich vorsichtig in die Hocke nieder. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, aber sie hatten ihn nicht bemerkt.

Auf dem Gras lag ein großer Sack. Wahrscheinlich befand sich darin eine Decke. Richard beschloss abzuwarten, bis sie es sich gemütlich gemacht hatten, dann würde er sich noch etwas näher herantasten müssen, um ein gutes Foto schießen zu können. Plötzlich stiegen Zweifel in ihm auf. Es lag nicht daran, dass er sich wegen seiner Arbeit schlecht fühlte. Er tat es allein für das Geld, darin machte er sich nichts vor, trotzdem diente er einem guten Zweck. Er würde einen vermutlich notorischen Fremdgeher entlarven. Aber das war es nicht, was ihn beunruhigte.

Sein Zweifel gründete in etwas anderem. War Viktor schwul? Die zweite, etwas kleinere Gestalt war doch eindeutig nicht weiblich. Trotz des Mondscheins konnte er die Gesichter nicht erkennen, und ärgerlicherweise sprachen die beiden Männer zu leise miteinander, als dass er die Worte, die sie wechselten, hätte verstehen können. Völlig unerwartet zuckte ein kleiner blauer Blitz auf. Ein Elektroschocker! Noch einmal blitzte es, und Viktor sackte in sich zusammen. Der andere Mann ging zu dem Sack und entnahm ihm verschiedene Gegenstände.

Richard brach kalter Schweiß aus. Wie gelähmt beobachtete er den fremden Mann dabei, wie er, ein Lied pfeifend, Viktor in aller Seelenruhe entkleidete. Als der Wehrlose nackt war, wickelte sein Peiniger ein seltsam langes Tuch um ihn. Atemlos sah Richard dabei zu, wie der Fremde an dem liegenden Viktor herumzupfte. Jetzt machte er einige Schritte rückwärts und hob einen Gegenstand hoch. Ein Fotoapparat!, begriff Richard.