Schwindende Welt - Sayaka Murata - E-Book

Schwindende Welt E-Book

Sayaka Murata

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Beschreibung

Japans Superstar Sayaka Murata ist zurück!

Amane stellt mit Entsetzen fest, dass ihre Eltern »kopuliert« haben, um sie zu zeugen, anstatt wie alle anderen die Vorteile künstlicher Befruchtung zu nutzen. Auch wenn ihre Mutter an der alten Welt festhält und das Konzept Liebe verzweifelt verteidigt, will Amane dazugehören in einer Gesellschaft, in der Sex und Romantik fast ganz verschwunden sind. Mit ihrem Mann Saku zieht Amane in die experimentelle Stadt in Chiba, wo auch Männer Kinder in künstlichen Gebärmüttern austragen und sich alle Menschen gleichermaßen um alle Kinder kümmern. Ist das die schöne neue Welt, nach der Amane sich gesehnt hat? 

Ein überraschender Roman über sexuelle Begierde, künstliche Befruchtung und ein Leben außerhalb sozialer Normen.

»Heiter, schräg und on point.« Sally Rooney.


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Seitenzahl: 243

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über das Buch

Amane stellt mit Entsetzen fest, dass ihre Eltern »kopuliert« haben, um sie zu zeugen, anstatt wie alle anderen die Vorteile künstlicher Befruchtung zu nutzen. Auch wenn ihre Mutter an der alten Welt festhält und das Konzept Liebe verzweifelt verteidigt, will Amane dazugehören in einer Gesellschaft, in der Sex und Romantik fast ganz verschwunden sind. Doch ihr sexueller Appetit lässt sie immer wieder zweifeln. Schließlich zieht sie mit ihrem Mann Saku in die experimentelle Stadt in Chiba, wo auch Männer Kinder in künstlichen Gebärmüttern austragen und sich alle Menschen gleichermaßen um alle Kinder kümmern.

Ausnahmeautorin Sayaka Murata erweist sich erneut als fesselnde Chronistin der zunehmenden Entfremdung unserer Welt und durchleuchtet sie mit beunruhigender Wirkung. Diese alptraumhafte Fabel hebt Muratas Universum auf eine kühne neue Ebene.

Über Sayaka Murata

Sayaka Murata wurde 1979 in der Präfektur Chiba, Japan, geboren. Für ihre literarische Arbeit erhielt sie mehrere Auszeichnungen und gilt nicht nur als interessanteste Stimme ihrer Generation, sondern auch als Wegbereiterin und Schlüsselfigur für asiatische Literatur im Westen. Ihr Roman »Die Ladenhüterin« gewann 2016 mit dem Akutagawa-Preis den renommiertesten Literaturpreis Japans und war international ein großer Erfolg. Bei Aufbau liegen außerdem »Das Seidenraupenzimmer« sowie »Zeremonie des Lebens« von ihr vor.

Ursula Gräfe hat Japanologie, Anglistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main studiert. Seit 1989 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Japanischen und Englischen und hat neben zahlreichen Werken Haruki Murakamis auch Asako Yuzuki und Yukiko Motoya ins Deutsche übertragen.

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Sayaka Murata

Schwindende Welt

Roman

Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

Teil I

Teil II

Teil III

Impressum

»Glaubst du, wir sind das Gegenteil von Adam und Eva?«, hat mich vor langer Zeit einmal ein Freund gefragt.

Ich war zwanzig und hatte ihn mit zu mir genommen, als niemand zu Hause war.

Als seine seltsame Frage durch das Rauschen des Regens leise zu mir drang, öffnete ich, in den von unseren Körpern durchwärmten Laken schlummernd, die Augen.

»Wie meinst du – das Gegenteil?«

»Adam und Eva wurden doch aus dem Paradies vertrieben, weil sie von der verbotenen Frucht gegessen haben? Sie waren der erste Mann und die erste Frau, die Sex hatten. Wenn also die Menschheit ins Paradies zurückkehren würde und es einen letzten Mann und eine letzte Frau gäbe, die Sex hätten, wären sie dann nicht das Gegenteil von Adam und Eva?«

»Ach so«, antwortete ich schläfrig. »Aber musste Adam nicht, nachdem er von der Frucht der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatte, im Schweiße seines Angesichts sein Brot verdienen und Eva unter Schmerzen ihre Kinder gebären? Oder so ähnlich?«

»Echt?« Mein Freund steckte sich unbekümmert eine Zigarette an. »Aber Lust und Scham kennen wir doch nur, weil sie von der Frucht gegessen haben? Und du, Amane, verkörperst für mich die letzte Eva. Das letzte menschliche Wesen, das Sex hat, während alle anderen ins Paradies zurückkehren.«

»Was soll das? Du machst mir Angst. Das klingt ja wie ein Fluch.«

»Aber so kommt es mir vor.«

Mein Freund strich mir übers Haar.

»Ist das jetzt dein Ernst?«

Ich lachte, dennoch drangen mir seine Worte wie ein Fluch unter die Haut und setzten sich dort fest.

Wie am Tag meiner Geburt dämmerte unter dem lauten Rauschen des Regens der Morgen.

Teil I

Bis ich in die Grundschule kam, lebte ich völlig in einer von meiner Mutter geschaffenen Welt.

Ich ging zwar in den Kindergarten, aber erinnere mich kaum daran. Meine einzige Erinnerung an diese Zeit ist das kleine Holzhaus, in dem meine Mutter und ich damals wohnten. Meine Eltern waren geschieden, und mein Vater war ausgezogen. Doch überall im Haus standen Bilder von ihm, auf dem Fernseher, auf dem Schminktisch meiner Mutter und an vielen anderen Stellen. »Dein Vater hat dich sehr liebgehabt, Amane-chan«, bekam ich jedes Mal zu hören, wenn meine Mutter das Album mit den vielen Fotos aufschlug, auf denen mein Vater mich meist auf dem Arm trug.

Das alte Holzhaus hatte uns meine Großmutter hinterlassen. Von außen war es ein typisch japanisches Haus, doch innen war es westlich eingerichtet und mit einem leicht nachgedunkelten roten Teppichboden ausgelegt.

Rot war die Lieblingsfarbe meiner Mutter. Im Wohnzimmer stand ein kleines rotes Sofa, die Vorhänge waren mit roten Blumen gemustert, und abends sandten die gläsernen Lampenschirme ein rötliches Licht aus.

Die alten Shoji passten nicht zu dem roten Sofa, und die ganze Einrichtung wirkte seltsam geschmacklos, aber meine Mutter bestand darauf, dass Rot die Farbe der Liebe sei, weshalb es keine schönere für sie gebe.

In dem kleinen japanischen Zimmer im Obergeschoss stand ein Bett, in dem sie schlief und neben dem ein Futon für mich ausgebreitet wurde. Sie erzählte mir mit Vorliebe, wie sie und mein Vater sich kennengelernt hatten, und zwar in einem Ton, als würde sie mir ein Märchen vorlesen.

»Dein Vater und deine Mutter liebten sich sehr. Sie verliebten sich, heirateten, und aus ihrer glücklichen Liebe wurdest du, Amane, geboren.«

»Ja«, sagte ich und nickte brav.

Das Album, das meine Mutter mit mir wie ein Bilderbuch durchblätterte, zeigte einen hochgewachsenen, schüchtern wirkenden jungen Mann mit ernstem Gesicht, mein Vater, wie sie sagte. Ich fühlte keinerlei Verbindung zu ihm, aber in unserem Haus galt allein das Wort meiner Mutter.

»Wir sind damals quasi durchgebrannt, weißt du. Wir liebten einander wirklich so sehr.«

»Ja.«

»Wenn du groß bist, Amane, wirst auch du einen Mann heiraten, den du liebst. Und ein Kind der Liebe zur Welt bringen. Ein wunderhübsches Kind der Liebe.«

Neben dem Fotoalbum hatten wir eine Menge zerfledderter Bilderbücher im Haus, die alle von Prinzen und Prinzessinnen handelten, die einander liebten, heirateten und glücklich bis an ihr Ende lebten. Ich wünschte mir neue, moderne Bilderbücher, wie es sie im Kindergarten gab, aber meine Bitten wurden stets kategorisch abgelehnt.

»Auch du, Amane, wirst dich irgendwann verlieben, heiraten und ein Kind zur Welt bringen. Wie dein Vater und deine Mutter. Und es liebevoll großziehen. Ja?«

»Ja.«

Wenn ich brav zuhörte, hatte meine Mutter gute Laune. Da ich nicht gerne in den Kindergarten ging, war das, was sie mir erzählte und zeigte, alles für mich, und ich wuchs auf, indem ich die Welt, die für meine Mutter die einzig »richtige« war, auch zu meiner Welt machte, all das sickerte vollständig in mich ein.

An die warmen weichen Brüste meiner Mutter geschmiegt, wurde ich immer schläfriger, bis ihr leiser Singsang sich entfernte und allmählich verklang. Hinter meinen geschlossenen Lidern schimmerte das Licht der roten Lampe, die sie neben uns auf den Boden gestellt hatte, und wie aufgesogen von ihrem roten Schein, schlief ich ein.

Ich ging noch in den Kindergarten, als ich mich das erste Mal verliebte. In einen Jungen aus dem Fernsehen.

Bei jeder Liebe gibt es unweigerlich den einen Moment, in dem es passiert. Bis dahin hatte ich nur jede Woche den Fernseher eingeschaltet, weil die meisten anderen Kinder von der Zeichentrickserie so begeistert waren. Sie war unglaublich beliebt, und auch ich saß jeden Donnerstagabend wie gebannt vor dem Bildschirm. Die Geschichte handelte von einem siebentausend Jahre alten unsterblichen Jungen, der der Welt ihre Farben zurückgibt, nachdem sie ihrer beraubt worden war.

Als ich die Serie zum ersten Mal einschaltete, blieb der Bildschirm zu meiner Verwunderung dunkel, und nur Stimmen waren zu hören.

Irgendwann, als Lapis, so hieß der Held, das »Weiß« zurückgewann, wurde der Bildschirm schwarz-weiß, und ich sah zum ersten Mal sein Gesicht. Er war ein etwa vierzehnjähriger Junge mit katzenhaften Augen und einem harten Blick.

Im Laufe der Serie gab Lapis der Welt eine Farbe nach der anderen zurück. Gelb, Lila, Grün. Als er das Rot zurückeroberte, schoss zu meinem Schrecken rotes Blut aus seinem Körper.

Ungefähr nach der Hälfte der Geschichte kehrte das Blau zurück, und Himmel und Meer erhielten wieder ihre ursprüngliche Farbe. Und als Lapis’ Augen endlich wieder blau leuchteten, konnte ich nicht aufhören zu weinen.

Als dem unsterblichen Jungen Arme und Beine abgehackt wurden und er trotzdem weiter um die mädchenhafte Heldin kämpfte, als sein Gesicht zerschnitten wurde und er nur noch mit einem Finger kämpfen konnte, während sein Blut sich unter den Schreien der Heldin über den Bildschirm ergoss, stahl der Junge mein Herz. Ich verspürte ein unerklärliches Prickeln und einen nie gekannten Schmerz, als stieße mir jemand eine heiße Nadel ins Herz. Der Schmerz raubte mir den Schlaf, und ich hatte die ganze Zeit nur noch den Jungen vor Augen.

Nachdem Lapis der Welt alle Farben zurückgegeben hatte, wurde sein zerstückelter Leib in ein Labor gebracht, wo ihn ein alter Wissenschaftler durch eine Operation wieder zusammensetzte und zum Leben erweckte. Obwohl ich wusste, dass der Junge unsterblich war, konnte ich tagelang nicht schlafen.

Und als Lapis nach erfolgreicher Genesung endlich wieder auf dem Bildschirm erschien, konnte ich ihm nicht mehr in die blauen Augen schauen.

Meine ganze Haut brannte und juckte wie von innen gereizt. Mein Herz schmerzte so sehr, dass ich fürchtete, schwer erkrankt zu sein. Ich wunderte mich über meine starke körperliche Reaktion, wo ich doch nur ferngesehen hatte. Doch alles in mir schrie nach Lapis.

»Mama, ich muss mit ihm zusammen sein«, klagte ich meiner Mutter mein Leid.

»Das geht nicht, denn es gibt ihn nicht«, antwortete sie barsch und lachte verächtlich, während sie weiter die Wäsche zusammenlegte.

Offensichtlich machte sie sich über mich lustig, um mich zu entmutigen. Aber ihre Worte schürten das Feuer in mir nur noch mehr.

Ich wusste es sofort. Wusste, dass er es war, der Einzige, auch wenn ich ihm nie begegnen konnte. Und doch war ich rasend in diesen Jungen verliebt.

Die unerklärlichen Schmerzen und das heftige Rauschen meines Blutes hielten an. Ich wusste, dass es Liebe war, die das Prickeln und die Pein in meinem Körper verursachte. Und ich erkannte, dass meine erste Liebe eine Person war, die in einer Geschichte lebte.

Dass ich durch eine abnorme Art der Befruchtung entstanden war, erfuhr ich in der vierten Klasse im Sexualkundeunterricht.

Am Tag zuvor hatte meine Mutter mir ein altes, vergilbtes Buch gezeigt und mir anhand der Bilder erklärt, wie sie und mein Vater mich gezeugt hatten. Die Geschichte war mir nicht geheuer, aber ich hörte brav zu. Denn ich würde etwas lernen, sagte meine Mutter.

Tags darauf im Sexualkundeunterricht wurde mir jedoch etwas ganz anderes beigebracht. Man zeigte uns endlose DVDs, auf denen uns die künstliche Befruchtung und die Geheimnisse des Lebens erklärt wurden, die zur Geburt eines Kindes führten.

Zuerst dachte ich, meine Mutter hätte mich angelogen. Unsere Lehrerin würde uns bestimmt nichts Falsches erzählen. Am Ende der Stunde forderte sie uns freundlich auf, zu ihr zu kommen, wenn wir etwas nicht verstanden hätten. Also ging ich nach der Schule heimlich zu ihr.

Sie wirkte verstört, nachdem sie sich meine Fragen angehört hatte.

»Äh … ja, früher kamen viele Schwangerschaften auf diese Weise zustande. Ich nehme an, deine Mutter wollte dir etwas über die Geschichte des wissenschaftlichen Fortschritts beibringen.«

»Nein, sie hat gesagt, ich sei auf diese Weise zur Welt gekommen.«

»Nun also … äh.«

»Ist meine Mutter irgendwie komisch? Hat sie gelogen?«

»Ich werde demnächst bei euch zu Hause vorbeischauen und mit ihr sprechen. Sie ist bestimmt nur sehr auf deine Bildung bedacht und findet, du solltest über alles Bescheid wissen.«

Aber als meine Lehrerin zu uns nach Hause kam, erzählte meine Mutter ihr ohne Umschweife, dass sie durch Geschlechtsverkehr schwanger geworden war, was die Lehrerin so schockierte, dass sie es im ganzen Kollegium weiterverbreitete und damit für großen Aufruhr im Lehrerzimmer sorgte.

Im Nu wusste auch der Elternbeirat Bescheid, und ich wurde von den Jungs in der Schule gehänselt und mit Schimpfwörtern bedacht.

»Dein Vater und deine Mutter haben es getrieben wie Tiere. So was nennt man Inzest. Voll ekelhaft.«

Sie taten, als müssten sie kotzen, und natürlich hatte ich dem nichts entgegenzusetzen. Denn mir war noch mehr zum Kotzen zumute als allen anderen.

Hochrot ließ ich den Kopf hängen, woraufhin meine Klassenlehrerin einschritt.

»Was fällt euch ein, so zu reden! Früher haben das alle so gemacht«, wies sie die Übeltäter zurecht. Aber da sie selbst die Geschichte in ihrer ganzen Ungeheuerlichkeit verbreitet hatte, fehlte es ihren Worten an Überzeugungskraft.

Damals hatte ich nicht die geringste Ahnung, wann dieses »Früher« gewesen war. Aber ich erkannte, dass das rote Haus, in dem ich lebte, eine Zeitkapsel war, in der die Geheimnisse der Vergangenheit eingefroren waren.

Von da an ging ich jeden Tag in die Bibliothek, um etwas über die »richtige« Sexualität zu lernen.

Der Mensch ist das einzige Tier, das sich durch künstliche Befruchtung fortpflanzt.

Die Krise, die durch die Wehrpflicht im Zweiten Weltkrieg und den damit verbundenen starken Geburtenrückgang entstand, führte zu dramatischen Fortschritten auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung. Die Männer, die in den Krieg zogen, hinterließen Sperma, das Schwangerschaften ermöglichte, sodass in der Heimat viele Frauen ihre Kinder mittels künstlicher Befruchtung bekamen.

In der Nachkriegszeit wurde die Forschung auf diesem Gebiet weiter vorangetrieben. Die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis ist bei einer künstlichen Befruchtung wesentlich höher als beim Geschlechtsverkehr, sodass sich diese Technik von den Industrieländern auf die übrige Welt ausbreitete und sich heute nur noch wenige Menschen durch natürliche Paarung fortpflanzen.

Obwohl der Koitus für die Fortpflanzung nicht mehr notwendig ist, verlieben sich Menschen ab einem gewissen Alter weiterhin, ein Überbleibsel der alten Paarungstradition. Manchmal verlieben sie sich in Charaktere aus Zeichentrickfilmen, Manga oder Büchern, manchmal in Menschen, doch sind die Symptome im Grunde die gleichen.

Mit zunehmender Verliebtheit tritt sexuelle Erregung ein, die durch Masturbation kompensiert werden kann. Einige reiben ihre Genitalien aneinander, eine Praxis, die an das alte Paarungsritual (sog. Sex) erinnert.

Schwangerschaft und Geburt erfolgen, losgelöst von den Bedingungen der romantischen Liebe, mittels wissenschaftlicher Methoden. Besteht ein Kinderwunsch, wird ein Partner gefunden, und die Frau wird in einem Krankenhaus künstlich befruchtet, um zu gebären. Da Männer nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht schwanger werden können, gibt es derzeit keine andere Möglichkeit der Fortpflanzung als die der Geburt durch eine Frau. Doch in jüngster Zeit hat die Forschung auf dem Gebiet der künstlichen Gebärmutter große Fortschritte gemacht, und die Hoffnung wächst, dass eines Tages auch Männer und ältere Frauen nach der Menopause in der Lage sein werden, Kinder zu empfangen und zu gebären.

Jedoch verstärkten all meine Recherchen in unzähligen Büchern und mein daraus resultierendes immer umfassenderes Wissen meine Unsicherheit nur noch. Warum hatte meine Mutter es auf sich genommen, die vorgeschriebene Verhütungsmaßnahme rückgängig zu machen, um sich mit meinem Vater zu paaren, statt sich künstlich befruchten zu lassen? Allein bei dem Gedanken wurde mir übel.

Also sprach ich kaum noch mit ihr. Und auch sie hatte wohl eine Ahnung, denn sie bestand nicht mehr so hartnäckig darauf, mit mir über die primitive Paarung zu sprechen.

An einem Wintertag im dritten Schuljahr, als meine Mutter mir die Zöpfe flocht, konnte ich nicht mehr an mich halten.

»Warum?«

»Warum was, Amane?«

»Warum bist du auf diese perverse Weise mit mir schwanger geworden?«

Meine Mutter sog die Luft ein und hörte auf zu flechten. »Habe ich es doch geahnt«, flüsterte sie.

Ich wusste nicht, ob das ihre Antwort war oder ob sie mit sich selbst sprach.

»Schau, Amane, heute regnet es, so wie an dem Tag, an dem du geboren wurdest. Es regnete in Strömen und duftete nach Sommer«, sagte meine Mutter nun unbekümmert und ließ meinen Zopf los. »Ich bekomme das nicht richtig hin. Der rechte ist dicker als der linke. Du bist jetzt alt genug, um dir die Zöpfe selbst zu flechten.«

Verärgert, weil ich sie schließlich nicht darum gebeten hatte, steckte ich mir die Haare hoch und machte mich auf den Weg zur Schule.

»Du siehst heute so erwachsen aus, Amane«, lobten mich meine Freundinnen, als ich ankam. Da meine Mutter meine Haare sonst immer zu mädchenhaften Zöpfen geflochten hatte, war das wohl etwas Neues für sie.

»Ja, und von jetzt an werde ich diese kindischen Zöpfe nie wieder tragen – nie wieder!«, erklärte ich stolz. Und verließ den ummauerten Miniaturgarten, den meine Mutter für mich angelegt hatte. Vage spürte ich, dass ich eine neue Welt betrat.

Endlich wusste ich, was richtiger Sex war, und es erleichterte mich, dass ich mich in Lapis verliebt hatte. Nicht auszudenken, wenn ich das Gerede meiner Mutter ernst genommen und mich in einen realen Menschen verliebt hätte.

Als ich in die fünfte Klasse kam, waren fast alle meine Mitschülerinnen und Mitschüler in Anime- und Manga-Charaktere verliebt. Es galt als cool, sich hübsche Etuis oder Mäppchen zu kaufen, in denen man die Sammelbilder oder Zeitschriftenausschnitte seines Idols aufbewahrte und sie nur seinen besten Freundinnen zeigte. Waren zwei in dieselbe Figur verliebt, stärkte das ihre Freundschaft.

Ich liebte Lapis noch immer, sah ihn aber nicht mehr, weil die Serie nicht mehr ausgestrahlt wurde und kaum noch jemand Bilder von ihm hatte. Deshalb war ich überglücklich, als meine beste Freundin Yumi mir nach der Schule auf dem Balkon unseres leeren Klassenzimmers ein Bild von ihm zeigte, das sie irgendwo ausgeschnitten hatte. Wir hielten uns an den Händen und sprachen über die Schönheit seiner Augen und den Zauber seiner sanften, jungenhaften Stimme.

Yumi und ich konnten uns nicht trennen, bis es fünf Uhr schlug, und als ich endlich nach Hause kam, schimpfte meine Mutter mich aus.

Es machte mich glücklich, dass noch jemand Lapis verfallen war. Auch das fand ich durch meine Liebe heraus.

Auf meinem Schreibtisch stand ordentlich in der richtigen Reihenfolge die limitierte hellblau verpackte DVD-Erstausgabe, in der Lapis lebte. Ich schaute sie mir in meinem Zimmer auf dem Kindercomputer an. Das Surren der sich darin drehenden Scheibe klang für mich wie seine sich nähernden Schritte.

Der Feuerball, der sich bei Lapis’ Anblick durch meine Adern wälzte, hinterließ, auch nachdem ich den Bildschirm ausgeschaltet hatte und unter der Decke lag, ein Gefühl der Hitze in mir. Es war ein unerklärlicher süßer Schmerz, der in mir hauste wie ein Parasit und durch meinen Körper wanderte. Ich spürte ihn in der Brust, im Rücken, im Nacken, unterhalb des Bauchnabels und bis in die Zehenspitzen. Es fühlte sich an, als würde Lapis sich durch mein Inneres nagen, es war lustvoll und schmerzhaft zugleich, sodass ich ganz natürlich lernte, mich von diesem süßen, mit zunehmendem Alter immer heftiger werdenden Schmerz zu befreien.

Es war kurz vor den Sommerferien. Ich war zu Hause und sah mir eine Folge der Serie auf meinem Computer an.

Der süße Schmerz war so stark geworden, dass ich mich richtig krank fühlte. Unter meiner Haut brannte und kribbelte es, aber ich konnte meinen Blick nicht von Lapis abwenden. Ihn ansehen, das war alles, was ich tun konnte. Ich beobachtete ihn, bis ich jede Einzelheit an ihm auswendig kannte, jeden seiner Wimpernschläge, das Wehen seiner Haare im Wind und die Bewegungen seiner schlanken Finger.

Vielleicht würde es den Schmerz lindern, wenn ich mich enger in meine Bettdecke wickelte.

Die Kopfhörer waren über ein langes Kabel mit dem Computer verbunden, und ich lauschte, in meinen Futon gekuschelt, seiner Stimme. In dem Wunsch, ihn zu berühren, schlang ich meine Beine um die Decke.

In meinem Körper pochte ein Organ, das ich noch nie benutzt hatte.

Seinem Ruf gehorchend streckte ich meine in die Decke gewickelten Beine aus. Die Stelle unter meinem Nabel schmerzte.

Als ich die angespannten Beine bewegte, durchlief mich ein Kribbeln, als hätte ich Kohlensäure im Blut, und plötzlich schien alle Kraft aus mir zu weichen.

Was früher Sex war, wusste ich nur aus alten Büchern, aber ich nahm an, dass ich gerade Sex mit Lapis gehabt hatte.

Nachdem die Lust verflogen war, stand ich, noch immer träge, auf und suchte im Bücherregal nach der Broschüre, die wir in Gesundheitskunde bekommen hatten. Ich blätterte, bis ich auf eine Seite stieß, auf der unter der Überschrift Der weibliche Körper die Zeichnung eines rätselhaften Organs abgebildet war, das Ähnlichkeit mit einem Insektengesicht hatte.

Bevor ich die Broschüre gelesen hatte, war mir nicht klar, dass sich Gebärmutter, Eierstöcke, Vagina usw. innerhalb meines Körpers befanden. Ich hatte die ganze Zeit gedacht, sie wären irgendwo anders, so wie ich auch nicht gewusst hatte, dass Leber oder Bauchspeicheldrüse in mir waren.

Ich fuhr mit dem Finger die schwarzen Linien der Zeichnung nach. Als ich sie mit meinem Körper verglich, erkannte ich, dass der Teil meines Unterleibs, der sich so fiebrig angefühlt hatte, in der Mitte des Insektengesichts lag. Darunter stand Gebärmutter.

Lapis, mein Geliebter aus der Märchenwelt, hatte meinen Uterus umklammert und geschüttelt. Sein für mich unberührbarer Körper hatte sich mit meinem verbunden.

Zum ersten Mal wurde mir also bewusst, dass das geheimnisvolle, komplizierte Organ auf dem Bild sich in meinem Unterleib befand. Es hatte mir seine Existenz bewiesen, indem es meine Zellen von innen heraus in Aufruhr versetzt hatte. So wie mein Herz, wenn ich rannte, oder meine Blase, wenn ich auf die Toilette musste.

Das schmerzhafte Ziehen in meiner Gebärmutter war ein Gefühl, das ich im Gegensatz zu meinem hämmernden Herzschlag oder dem Druck auf meiner Blase noch nie erlebt hatte. Ich war froh, dass ich mit Lapis auch auf eine andere Weise in Kontakt treten konnte als nur durch Ansehen.

Meine Gebärmutter kribbelte noch ein wenig, fühlte sich träge und warm an. Was ich als Beweis für meine körperliche Vereinigung mit Lapis wertete. Sie war das Organ, das ihn mit mir verband. Bei diesem Gedanken strich ich mir sacht über den Bauch.

Mein sonderbares Erlebnis hatte mich erschöpft, und ich schlief ein, sodass ich meine Hausaufgaben vergaß und am nächsten Tag von meiner Lehrerin gerügt wurde.

»Was war denn los? Du vergisst doch sonst nie deine Hausaufgaben, Amane«, fragte mich Yumi, aber ich konnte nicht von letzter Nacht erzählen. Dass ich zu beschäftigt gewesen war, weil ich Sex mit einem Jungen aus einer Geschichte gehabt hatte, konnte ich wohl schlecht jemandem anvertrauen.

»Amane, du hast da einen Fleck auf deinem Rock«, flüsterte mir Yumi zu.

Als ich auf die Toilette eilte, stellte ich erschrocken fest, dass meine Unterhose und meine Oberschenkel blutverschmiert waren.

Ich hatte angenommen, meine erste Menstruation läge noch in weiter Ferne, weil ich körperlich noch nicht so weit entwickelt war. Vielleicht war ich durch die Vereinigung mit Lapis am Tag zuvor, plötzlich erwachsen geworden. Auf einmal erschien mir das Blut an meinen Oberschenkeln sehr kostbar.

Auf der Krankenstation holte ich mir einen Monatsslip und Binden und verbrachte den Rest des Tages in Trainingshosen. Zu Hause erzählte ich meiner Mutter sofort, dass ich meine erste Periode bekommen hatte, und wir gingen gemeinsam ins Krankenhaus, um die vorgeschriebene empfängnisverhütende Maßnahme durchführen zu lassen. Es tat ein bisschen weh, aber ich freute mich, als der Arzt mir zulächelte und erklärte, ich sei nun eine Frau.

Meine Mutter sagte die ganze Zeit über kein Wort. Sie war eigentlich gegen die Maßnahme, hatte mich aber, wenn auch widerwillig, begleitet, weil sie dazu verpflichtet war.

Der Schmerz nach dem Eingriff klang rasch ab, und ich war stolz, nun erwachsen zu sein.

In der Mittelstufe waren alle Mädchen in Jungen aus ihren Lieblingsserien verliebt. Einige fertigten Zeichnungen an, um ihr Idol berühren zu können, andere verkleideten sich, um ihm nah zu sein, indem sie sich in die Figur verwandelten. Auch die Jungen verliebten sich in Mädchen aus Geschichten. Unsere Sexualität entwickelte sich in einem sterilen Raum.

Fünf oder sechs aus meiner Klasse waren in lebendige Menschen verliebt und blieben gern unter sich. Aber die meisten von uns bevorzugten die reine Liebe zu Märchenfiguren.

Ich war die ganze Zeit über in Lapis verliebt und wusste, dass ich ihn immer lieben würde. Meine Sexualität war zu rein und anspruchsvoll, als dass ich mich in einen lebendigen Menschen hätte verlieben können. Ich war überzeugt, dass mir das nie passieren würde. Und eines Tages würde ich mittels künstlicher Befruchtung Kinder bekommen und mit meiner Familie zusammenleben, während ich mich weiterhin in fiktive Wesen verliebte. Es gab keinen Grund für meine Überzeugung, aber ich zweifelte nie daran.

An meiner Schule bestand die Pflicht, an einer AG teilzunehmen. Die Kunst-AG war ein Sammelbecken für die, die eigentlich keine Lust auf AGs hatten, und der Kunstsaal daher meist fast leer, bis auf einige wenige, die dort malten. Malen war auch nicht mein Interesse, also hielt ich mich kaum dort auf.

Als ich eines Tages zufällig den Kunstsaal betrat, um eine Aufgabe abzugeben, saß mein Klassenkamerad Mizuuchi in dem leeren Raum und malte. Obwohl er mich hätte hören müssen, arbeitete Mizuuchi weiter, ohne mich zu bemerken, so vertieft war er. Ich wollte ihn nicht stören, aber als ich aus Neugier näher herantrat, stockte mir vor Überraschung der Atem.

Mizuuchi malte ein Bild von Lapis!

Als ich versehentlich gegen sein Pult stieß, blickte Mizuuchi erschrocken auf und drehte das Bild hastig um.

»Oh, entschuldige!«, rief ich.

»Hast du es gesehen?«, fragte Mizuuchi leise.

»Ja, tut mir leid … Ist das Lapis?«

Mizuuchi, rot bis über beide Ohren, senkte den Kopf. »Ja, aber bitte sag niemandem etwas«, flüsterte er heiser.

»Mach ich nicht. Aber du hast ihn echt super hinbekommen! Ich mag ihn auch sehr. Hier guck mal.«

Mizuuchi bekam große Augen, als ich ihm das Bild zeigte, das ich immer in meinem Mäppchen bei mir trug.

»Wirklich?«

»Ja, ich bin schon seit dem Kindergarten in ihn verliebt. Er ist meine erste Liebe.«

»Deine erste Liebe …« Mizuuchi schien perplex. »Genau wie bei mir«, murmelte er dann.

Ich freute mich. Es war wunderbar, wenn jemand in dieselbe Figur verliebt war wie man selbst. Ich hatte jemanden gefunden, der meine Neigung teilte, und war glücklich, dass Lapis noch von anderen geliebt wurde. Mizuuchi wirkte aber gar nicht froh und hielt den Blick gesenkt.

»Du darfst niemandem davon erzählen. Ich sage nämlich immer, dass ich noch nie verliebt war.«

»Wieso denn das?«

Ich verstand den Grund nicht. Ich wusste, dass manche Mädchen ihre Liebe zu einem Menschen verheimlichten, aber ich verstand nicht, warum er seine Liebe zu Lapis verbergen musste.

»Weil es unnormal ist. Wenn ich ein Mädchen lieben würde, so wie die anderen Jungs, wäre es in Ordnung, aber bei mir war es schon immer Lapis. Obwohl ich ein Mann bin. Ist doch komisch.«

»Finde ich überhaupt nicht. Manche Freundinnen von mir sind auch in Mädchen verliebt.«

»Kann ja sein.«

»Manche verlieben sich in Menschen und andere eben in Figuren aus Geschichten. Ich dachte immer, das Geschlecht spielt keine Rolle.«

»Alle reden die ganze Zeit darüber, in wen sie verknallt sind. Ich kann das nicht. Rumlaufen und allen davon erzählen, geht gar nicht.«

Ich war überrascht und schämte mich sogar.

»Du bist so erwachsen, Mizuuchi. Ich erzähle den Leuten dauernd von Lapis. Ich muss meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Er ist die Liebe meines Lebens, und das kann ruhig jeder wissen.«

»Nein, ich bin eher wie ein Kind. Ich kann nicht so einfach darüber reden.«

»Du versteckst ihn, weil er dir so wichtig ist. Seine große Liebe möchte nicht jeder preisgeben, oder? Du liebst Lapis wirklich sehr, stimmt’s?«

Mizuuchi nickte schwach.

»Ich auch, und ich frage mich, wie die anderen immer von Figuren sprechen können. Ich kann das nicht.«

»Mir geht es genauso. Lapis ist Lapis. Ich möchte nicht über ihn sprechen, als wäre er ein Spielzeug. Insgeheim ist er für mich jemand aus der anderen Welt.«

»Aus der anderen Welt?«

»Ich kann die Welt, in der Lapis lebt, nicht betreten und an seiner Seite kämpfen. Aber ich habe immer das Gefühl, dass seine Welt mir ganz nah ist.«

»Sie ist nah und fern zugleich. Wie der dunkle Wald.«

»Was ist der dunkle Wald?«

»Er kommt in einem alten Lied vor. Als ich klein war, hat meine Mutter es mir immer auf CD vorgespielt.«

»So ähnlich fühlt sich die andere Welt für mich an. Wie ein dunkler Wald, in dem Lapis wohnt. Es gibt ihn, er ist lebendig und kämpft. Deshalb sage ich, Lapis und seine Freunde leben in der anderen Welt. Und wir in unserer Welt spüren das, deshalb sehnen wir uns nach Lapis.«

»Aha, dann werde ich ab jetzt auch von der anderen Welt sprechen. Darf ich dir das nachmachen?«

»Ich habe den Begriff ja nicht erfunden«, sagte Mizuuchi verlegen.

Von da an sprachen Mizuuchi und ich, sooft wir allein im Kunstsaal waren, über Lapis und zeigten uns unsere Schätze. Manchmal tauschte ich ausgeschnittene Bilder in Klarsichthüllen gegen Zeichnungen von ihm.

»Im Ernst?! Du willst deine tollen Bilder gegen meine Zeichnungen tauschen?«, fragte Mizuuchi ungläubig und wurde rot, aber ich mochte seine Zeichnungen wirklich sehr.

Er arbeitete mit Druckbleistift, und auf seinen mit vielen feinen Linien und Schattierungen gezeichneten Bildern blickte Lapis dem Betrachter stets in die Augen.

»Du zeichnest ihn immer so gestochen scharf und cool. Wie schaffst du das nur? Du kannst das so gut.«

Mizuuchi wirkte verlegen. »Eigentlich berühre ich ihn nur in Gedanken mit der Bleistiftspitze, und er erscheint vor mir auf dem Papier. Wenn ich ihn berühren möchte, mache ich eine Zeichnung.«

Ich war richtig neidisch. Mizuuchi konnte Lapis berühren, wann immer er wollte, und das auf seine ganz eigene Weise. Ich versuchte es ihm gleichzutun, aber es gelang mir nicht.