Search me - finde mich - L.A. Witt - E-Book

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L.A. Witt

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Beschreibung

Am Anfang entkamen Detective Andrew Carmichael und Sanitäter Nick Swain nur knapp Nicks wahnsinnigem Stalker. Jetzt, Monate später, sind die körperlichen Narben noch nicht ganz verheilt, von den emotionalen ganz zu schweigen. Schuldgefühle und Ärger drohen, ihre Beziehung zu zerreißen, aber Andrew ist nicht bereit, aufzugeben. Er hat Nick schon einmal fast verloren und will ihn auch dieses Mal nicht kampflos aufgeben. In einem letzten verzweifelten Versuch schlägt Andrew ein gemeinsames Wochenende vor – aber ist das genug Zeit, um einen Grund zu finden, ihre Beziehung am Leben zu erhalten? Oder ist es an der Zeit, Nick gehen zu lassen? Band 1: Cover me - in deiner Deckung Band 2: Trust me - reine Vertrauenssache Band 3: Search me - finde mich

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L. A. Witt

Search me – finde mich

Impressum:

© dead soft verlag, Mettingen 2023

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Search me

Übersetzung: Arvid Riesenbeck

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© theartofphoto – stock.adobe.com

© AVTG – stock.adobe.com

1. Band: Cover me – in deiner Deckung

2. Band: Trust me – reine Vertrauenssache

3. Band: Search me – finde mich

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-575-6

ISBN 978-3-96089-576-3 (ebook)

Inhalt:

Am Anfang entkamen Detective Andrew Carmichael und Sanitäter Nick Swain nur knapp Nicks wahnsinnigem Stalker. Jetzt, Monate später, sind die körperlichen Narben noch nicht ganz verheilt, von den emotionalen ganz zu schweigen. Schuldgefühle und Ärger drohen, ihre Beziehung zu zerreißen, aber Andrew ist nicht bereit, aufzugeben. Er hat Nick schon einmal fast verloren und will ihn auch dieses Mal nicht kampflos aufgeben.

In einem letzten verzweifelten Versuch schlägt Andrew ein gemeinsames Wochenende vor – aber ist das genug Zeit, um einen Grund zu finden, ihre Beziehung am Leben zu erhalten?

Oder ist es an der Zeit, Nick gehen zu lassen?

Kapitel 1

Mit der Waffe in beiden Händen schlich ich den Flur von Nicks Wohnung entlang. Die Haare in meinem Nacken standen mir zu Berge und meine Nervenenden kribbelten – meine Sinne waren in höchster Alarmbereitschaft, um keinen Hinweis zu übersehen, ob jemand hier war. Bis jetzt war die Wohnung leer. Nichts war passiert.

„Nick“, sagte ich mit gesenkter Stimme über meine Schulter, „hast du deine Schlafzimmertür offen oder geschlossen gelassen?“

„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich geschlossen.“

Ich presste meine Lippen zusammen. Die Tür vor mir war einen Spalt offen.

Nach einem weiteren Schritt blieb ich stehen. „Bleib an der Wand.“

Hinter mir raschelte es, also schaute ich nicht zurück, um mich zu vergewissern, dass er meiner Bitte nachgekommen war. Stattdessen ging ich weiter auf die Tür zu und lauschte auf jede Bewegung dahinter. Wenn Jesse hier war, könnte er sich in jedem Zustand befinden. Bei Verstand. Launisch. Auf Entzug. Mitten in einem Rausch. Der Junge war sowieso psychisch krank und dazu noch cracksüchtig. Nachdem er Nick in der letzten Nacht angegriffen, ihm die Nase gebrochen und ihn fast erwürgt hatte, war nicht abzusehen, was jetzt in seinem Kopf vorginge.

An der Tür hielt ich einen Moment lang inne und lauschte. Dann stieß ich die Tür mit meinem Fuß auf.

Alles geschah so schnell. So gottverdammt schnell. Er muss ganz still gewesen sein, ganz leise, und ich sah ihn erst, als er die Waffe hob. Bis das Mündungsfeuer mich aufschreckte und im selben Moment zurückstolpern ließ, während das Feuer meinen Arm zerfetzte und ein Schlag von der Kraft eines Eseltritts mich mitten in meine Brust traf.

Nick versuchte, mich zu halten, aber wir gingen beide zu Boden.

Während er sich aufrappelte, hielt ich mir den Oberarm. Es war eine kleine Wunde, ein Streifschuss. Meine Brust schmerzte an der Stelle, an der meine Weste die zweite Kugel aufgehalten hatte, und das Atmen fiel mir etwas schwerer, aber es war nichts Ernstes.

Und Jesse war noch da.

„Geht es dir gut?“ fragte Nick. Sorge und Angst zeichneten sich auf seinem zerschrammten und zerschnittenen Gesicht ab.

„Die Waffe.“ Ich hustete und sprach dann mit zusammengebissenen Zähnen. „Nimm meine Waffe.“

Die Pistole, die ich in den Händen gehalten hatte, war in den anderen Raum gefallen, also nahm Nick den Revolver aus meinem Knöchelholster.

Von der anderen Seite der Türöffnung kam eine hysterische, vertraute Stimme: „O Gott, o Gott, o Gott …“

„Jesse, nimm die Waffe runter“, rief ich. Ich ging auf die Knie. „Jesse …“

„Es tut mir leid, es tut mir leid! Das wollte ich nicht, es tut mir leid!“, kam die schrille, zittrige Antwort. „Das wollte ich nicht, Mark, ich wollte nicht …“

„Jesse, beruhige dich.“ Ich sprach mit leiser Stimme. Der Junge kannte mich nur unter meinem Undercover-Namen und wusste wahrscheinlich nicht, dass ich ein Polizist war. Er hatte bereits Wahnvorstellungen und war schon vor langer Zeit auf die Show hereingefallen, die mein Partner und ich seit Monaten veranstaltet hatten. Während ich überlegte, wie ich die Situation entschärfen könnte, bemerkte ich, dass Jesse seine Waffe fallen gelassen hatte. Das Geräusch und der Tritt müssen ihn zu Tode erschreckt haben. Oder er hatte gemerkt, dass er mich getroffen hatte – und nicht Nick, den er wahrscheinlich erschießen wollte – und sich erschrocken.

Ich senkte meine Stimme ein wenig und sagte: „Nick. Seine Waffe. Sie liegt auf dem Boden.“ Ich nickte in Richtung Schlafzimmer.

Nick sah sich um. Dann drehte er sich zu mir um und fragte: „Was soll ich tun?“

„Bleib einfach da.“ Ich deutete auf den Revolver in seiner Hand. „Richte die Waffe auf die Tür.“

Er legte den Kopf schief. „Richte die …?“

„Tu es einfach. Wenn er auch nur in die Nähe einer der beiden Waffen kommt, zögere nicht, zu schießen.“

Nick nickte und zog den Hahn zurück. Er schluckte schwer und sein Adamsapfel hüpfte zwischen den violetten und roten Striemen auf der Vorderseite seines Halses. Er erschauderte. Er musste zu Tode erschrocken sein, aber er tat, was ich ihm sagte, nahm die Schießhaltung ein, die ich ihm beigebracht hatte, und zielte mit seiner Waffe auf die Schlafzimmertür.

„Jesse, beweg dich, damit ich dich sehen kann“, befahl ich.

„Nein, nein, ich kann nicht, es ist …“

„Jesse, geh dahin, wo ich dich sehen kann. Jetzt!“

Zaghaft und für mich nicht sichtbar schlurfte etwas über den Teppich.

„Jesse, ich mache keine Witze.“ Ich holte tief Luft, als ich mich mühsam auf die Füße stellte, wobei ich mir immer noch den verletzten Arm hielt. „Stell dich mit erhobenen Händen vor die Tür und fass die Waffe nicht an. Komm schon, Jesse.“

Noch ein Schritt.

„Kannst du ihn sehen?“ fragte ich.

„Noch nicht“, sagte Nick.

„Komm schon, Jesse“, bellte ich. „Jetzt.“

„Bitte, erschieß mich nicht“, kam die schrille Stimme von der anderen Seite. Er weinte jetzt und hyperventilierte fast.

„Ich werde dich nicht erschießen. Es sei denn, du greifst nach einer Waffe“, sagte Nick. „Komm jetzt raus, oder ich komme rein.“

Jesse trat ins Blickfeld. Seine Augen waren wild vor Wut und wahrscheinlich nicht ohne chemischen Einfluss, aber auch rot vom Weinen. Seine Hände waren erhoben und sein Gesicht war fleckig, vertikale Streifen markierten die Stellen, an denen sich die Tränen durch den Schmutz auf seiner Haut gegraben hatten. Als er an Nick vorbeischaute und mich sah, weinte er noch heftiger.

„O Gott“, stöhnte er. „Es tut mir leid, Mark. Es tut mir leid …“ Er wimmerte und schüttelte sich und strich sich hektisch über die Arme, als ob unsichtbare Insekten auf ihm herumkrabbeln würden. Seine Beine zitterten unter ihm, während er sich hin und her wiegte. Mist. Wahrscheinlich war er gerade high, vielleicht sogar komplett betrunken, und wenn ein Cracksüchtiger jemals unberechenbar und gefährlich war, dann war er es in genau diesem Moment.

„Jesse, nimm die Hände wieder hoch“, sagte Nick ruhig.

Jesses Hysterie schlug in Wut um, als er Nick anfunkelte. „Fick dich! Ich wollte dich treffen, nicht …“ Er sah mich an und brach erneut in Tränen aus. „Mark, o Gott, es tut mir leid. Das wollte ich nicht! Ich bin so …“ Danach murmelte er etwas, schluchzte und hatte offenbar Mühe, zu sprechen. Er begann, auf den Boden zu sinken, viel zu nah an meiner Waffe, um sich zu beruhigen.

„Steh auf, Jesse“, sagte Nick schroff. „Steh auf und halte deine Hände so, dass ich sie sehen kann. Sofort.“

Jesse gehorchte, starrte Nick aber mit purer Wut in seinen Augen an. „Du hast Chelsea getötet.“ Seine Stimme brach und er blinzelte schnell. „Du hast sie umgebracht! Ich habe dich gesehen und ich habe versucht, sie zu retten …“

„Jesse, ich habe niemanden umgebracht.“ Nicks Stimme zitterte, aber die Waffe in seinen Händen blieb ruhig.

„Hör ihm zu, Jesse“, sagte ich. „Er hat niemanden umgebracht. Chelsea ist am Leben. Es geht ihr gut.“

„Nein, ist sie nicht“, sagte Jesse. „Ich bin nicht dumm, Mark. Ich habe sie gesehen. Ich habe sie verdammt noch mal gesehen.“

„Und du hättest mich fast umgebracht“, knurrte Nick.

Jesse brach in unverständliches Weinen und Nuscheln aus.

Ich bemühte mich, meine Stimme ruhig zu halten und sagte: „Chelsea ist nicht tot, Jesse.“

„Ihr lügt beide!“ Jesses Stimme steigerte sich zu noch größerer Hysterie. Er riss an den eigenen Haaren und schwankte auf zitternden Knien hin und her. „Sie ist tot. Ich habe sie gesehen, und sie haben alles aus ihrem Haus geholt und mitgenommen und –“

„Jesse, ich kann sie anrufen“, sagte Nick. „Wir lassen dich mit ihr reden. Sie lebt, ich verspreche es dir.“

Jesse fasste sich erneut in die Haare, schüttelte den Kopf und bewegte sich unruhig. „Du lügst. Du lügst. Ich bin nicht dumm, Mark. Ich bin nicht dumm und sie ist tot. Ich habe sie gesehen, ich habe gesehen, was er mit ihr gemacht hat. Ich habe es gesehen, du …“

„Sie ist nicht tot, Jesse“, sagte Nick.

„Du lügst!“ Plötzlich holte Jesse aus und Nick schoss. Das Geräusch und der Rückstoß müssen ihn unvorbereitet getroffen haben, vor allem wegen der Gehirnerschütterung, – er hielt sich am Türrahmen fest, um das Gleichgewicht zu halten.

Jesse fiel schreiend auf den Boden. Für ganze zwei Sekunden dachte ich, er wäre neutralisiert und die Sache könnte vorbei sein, aber dann griff er nach einer der Waffen.

„Nick! Die Waffe!“ Ohne nachzudenken, schob ich Nick aus dem Weg. Ein Schuss. Schmerz. Weitere Schüsse.

Ich fiel auf die Knie und hielt mir den Arm. Die Wunde war schlimmer als zuvor. Viel schlimmer. Nein, nein, das war sie nicht. Das war eine neue Wunde. Eine tiefere, blutigere, quer durch meinen Oberarm.

„Oh, verdammt …“

Eine Hand materialisierte sich auf meiner Schulter.

Nicks Stimme klang weit weg. „Bist du …?“

„Nimm die Waffe“, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen.

Nick wich von meiner Seite. Ich nahm vage Bewegungen wahr, Jesses Stöhnen neben mir, aber vor allem spürte ich das heiße Blut, das durch meine Finger und über meinen Handrücken rann. Mein Kopf drehte sich. Ich sackte nach vorne, meine Sicht wurde schwarz und wie aus dem Nichts war Nick wieder neben mir.

„Ganz ruhig“, sagte er. „Lehn dich zurück.“ Er legte mich auf den Rücken, wodurch sich das Drehen etwas verlangsamte. Dann war er wieder weg. In meiner Kehle stieg Panik auf, die sich abwechselnd auf die Wunde, mein schwindendes Bewusstsein und Nicks Abwesenheit richtete.

Seine Stimme und er kehrten zurück. „Hören Sie, ich bin Sanitäter und einer der Männer könnte verbluten.“ Mit wem sprach er? „Ich brauche beide Hände, um das zu tun. Schicken Sie einfach Hilfe und zwar sofort!“

Eine Sekunde später klapperte etwas neben mir. Eine Waffe? Ein Telefon? Wenn ich das nur wüsste. Der Schmerz in meinem Arm wurde immer schlimmer. Jemand bewegte meinen Arm. Drückte ihn.

„Halt ihn gut fest.“ Nick führte meine Hand zu einem Handtuch, das er um meinen Arm gewickelt hatte. „Halte es gegen deine Seite. Es wird höllisch wehtun, aber lass nicht los.“

Ich griff nach dem Handtuch, was dazu führte, dass ein stechender Schmerz durch die Wunde schoss. „Scheiße, das tut weh.“

„Das wird es auch. Aber lass nicht los.“

Ich holte tief Luft und ließ sie langsam wieder ausströmen. Ich sah mir das Blut und die Einschusslöcher im Raum an. „Sieht aus, als hättest du deine Kaution vergeigt“, murmelte ich.

Nick gluckste. „Und ich dachte, ich hätte einen dunklen Sinn für Humor.“ Er nickte zu meinem Arm. „Halt ihn weiter fest.“

Als er sich aufzurichten begann, ergriff ich panisch sein Handgelenk. „Warte, wo willst du hin?“

Nick zeigte auf Jesse. „Ich muss ihm helfen. Er blutet stark. Ich gehe nicht weit weg und Hilfe ist auf dem Weg.“

„Nick …“ Mein Herz pochte. Mein Kopf drehte sich schneller.

Lass mich nicht so zurück. Nick, geh nicht. Geh nicht, bitte.

Aber er stand auf. Während ich darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben und mit meiner schwindenden Sehkraft durch den Schmerz hindurchzusehen, stand er auf und ging weg.

Er ging weg.

Er ging weg.

Nick … Lass mich nicht so …

~ * ~

Meine Augen flogen auf und ich schnappte nach Luft.

Schon wieder dieser verdammte Traum.

Ich versuchte, mir zu sagen, dass er nicht real – dass es nur ein verdammter Traum war, aber ich wusste es besser. Seufzend rieb ich mir die Augen. Der dumpfe Schmerz in meinem anderen Arm erinnerte mich daran, dass kein noch so großes „Es ist nicht real“ die Tatsache ändern würde, dass der Traum eine Erinnerung war. Es war passiert. Vor fast einem Jahr, ja, aber egal, ob damals oder jetzt – es war alles andere als „nicht real“.

Ich bewegte mich und fluchte leise vor mich hin. Kein Wunder, dass mein Arm schmerzte: Er war zwischen der Rückenlehne der Couch und mir eingeklemmt. Ich bewegte mich gerade so weit, dass ich meinen Arm befreien konnte, dann hob ich ihn an und beugte und streckte meinen Ellbogen behutsam. Das Gleiche war schon letzte Nacht passiert. Eines Tages würde ich vielleicht lernen, wie ich auf der Couch schlafen kann, ohne mir den Arm zu verrenken. Zum Beispiel mit dem Gesicht in die andere Richtung oder so.

Andererseits wäre das alles überflüssig, wenn ich einfach aufstehen und im Schlafzimmer bleiben würde, aber das konnte ich nicht. Nicht jetzt.

Ich konnte nicht im Schlafzimmer schlafen – weil Nick weg war.

Ich war es gewohnt, die Nächte getrennt zu verbringen, aber das hier war anders. Es war nicht so, wie wenn er für seine drei Tagesschichten in der Feuerwache blieb. Während seiner Einsätze war er ein paar Nächte weg und kam dann morgens, kurz bevor ich zur Arbeit ging, mit verschlafenen Augen und erschöpft durch die Eingangstür.

Diesmal nicht.

Diesmal war er wirklich weg. Er war zwar noch nicht ausgezogen, aber mit einem geliehenen Pickup, ein paar Kartons und ein paar Stunden würde er das schnell hinter sich bringen.

Er hatte noch nicht entschieden, ob es für immer sein würde, aber für mich fühlte es sich nicht vorübergehend an. Das Klicken der Eingangstür vor zwei Nächten hatte zu endgültig geklungen. Er war nicht hinausgestürmt. Er hatte die Tür nicht zugeknallt. Er hatte nur leise gesagt, dass er an diesem Abend nicht mehr kämpfen könne, dass er gehen müsse, dass er gehen müsse – Nick, bitte, geh nicht – und dann war er mir durch die Finger geglitten.

Ich atmete aus, rieb mir die Stirn und schluckte den Kloß hinunter, der immer wieder versuchte, in meinem Hals aufzusteigen. Wir hatten schon seit einiger Zeit Probleme, aber ich war mir so sicher, dass alles gut werden würde. Selbst als wir uns gestritten hatten und einander nicht mehr sehen konnten, – selbst als wir tagelang nicht miteinander gesprochen hatten, wusste ich, dass wir es schaffen würden. Irgendwie würden wir es schaffen.

Das hatte ich jedenfalls geglaubt. Niemals hegte ich Zweifel, dass das, was wir hatten, stabil genug war, um fast alles zu überstehen.

Jetzt blieb nur die Tatsache, dass Nicks Seite des Bettes leer war.

Kapitel 2

„Du, mein Freund, siehst furchtbar aus.“ Detective Macy Lombardi, meine Partnerin, ließ sich auf ihren Stuhl am Schreibtisch vor mir fallen.

„Dir auch einen guten Morgen“, murmelte ich.

Besorgt zog sie die Augenbrauen zusammen. „Hast du immer noch Probleme mit Nick?“

„Oh, nur ein paar.“ Ich griff nach meiner Kaffeetasse, aber als ich einen Schluck nehmen wollte, war sie leer. Wie schon vor zwanzig Minuten, als mir klargeworden war, dass ich sie nachfüllen müsste.

Sie verschränkte ihre Arme auf der Schreibtischkante und legte den Kopf schief. „Habt ihr euch unterhalten?“

Ich schob meine leere Kaffeetasse zur Seite und schloss die Augen. Ich rieb mir mit zwei Fingern über die Stirn und versuchte, den Lärm auf dem Revier zu ignorieren – klingelnde Telefone, Stimmengewirr, Papierrascheln, kratzende und rollende Stühle, zuschlagende Türen –, aber selbst wenn es hier totenstill gewesen wäre, hätte mein Kopf gepocht. Schlafmangel, zu wenig Koffein, ein allgemeines Gefühl von …

„Andrew?“

Ich hob meinen Blick. „Wir haben nicht geredet. Nicht, seit er weg ist.“

Sie runzelte die Stirn. „Du gibst ihn doch nicht auf, oder?“

„Nein, das tue ich nicht.“ Ich rieb mir den Nacken und wich ihrem Blick aus. „Das kann man von ihm allerdings nicht behaupten.“

„Nun, du weißt, wie ich zu diesem Thema stehe. Ihr müsst entweder über diese Sache reden, bis hin zu all den unangenehmen Dingen, von denen ich weiß, dass ihr sie nicht besprochen habt, oder ihr werft das Handtuch, bevor der Stress euch beide umbringt.“

Ich seufzte und sagte nichts. Sie hatte schließlich recht. Hatte sie das nicht immer?

„Scheiße.“ Macy stand plötzlich auf, und ich sah auf. „Es ist fast neun. Wir sollten hier verschwinden, wenn wir uns pünktlich mit Haines treffen wollen.“

„Mist, schon so spät?“ Ich schaute auf meine Uhr. Tatsächlich hatten wir nicht mehr viel Zeit, also stand ich auf, schnappte mir meine Jacke und meine Schlüssel und wir machten uns auf den Weg zum Parkhaus.

Nach unseren jeweiligen Verletzungen während eines Undercover-Jobs, ganz zu schweigen davon, dass unsere Tarnung aufgeflogen war, waren Macy und ich in diesen Tagen meist nur noch für die Schreibtischarbeit eingeteilt. Unsere Gesichter waren in Masontown, dem zwielichtigen Viertel, das als Zentrum des florierenden Drogenhandels der Stadt diente, zu bekannt, als dass wir noch viel auf der Straße unterwegs sein konnten, aber wir trafen uns im Rahmen der laufenden Ermittlungen immer noch diskret mit Informanten in anderen Teilen der Stadt. Es war nicht dasselbe wie unsere intensivere Arbeit im Mittelpunkt des Geschehens, aber wir waren beide damit zufrieden, mit etwas weniger Aufregung zu arbeiten, nachdem wir beide eine ein wenig zu enge Bekanntschaft mit dem Sensenmann gemacht hatten.

An einem Tag wie diesem, an dem ich mich nur auf eine Sache konzentrieren wollte, begrüßte ich die Gelegenheit, aus dem Revier herauszukommen. Das beschäftigte mich, lenkte meine Gedanken auf meine Arbeit und ließ mich nicht an meinem Schreibtisch versauern. Auch wenn der Informant ein Arschloch war, der bald eine Kugel in die Eier bekommen würde, wenn er weiterhin Macy anglotzte und mir gegenüber klugscheißerte.

„Irgendwann werde ich dem Kerl den Arsch aufreißen“, knurrte ich in meinen Kaffee in einem Diner in der Nähe des Reviers.

Macy lachte. „Du bist so liebenswert beschützerisch, Andrew.“

Ich rollte mit den Augen. „Ach, was soll’s. Er ist ein Trottel.“

„Wir tun nicht mehr so, als wären wir verheiratet“, sagte sie grinsend. „Du kannst aufhören, den territorialen Ehemann zu spielen.“

Daraufhin lachte ich. „Macy, Schatz, wenn wir noch so tun würden, als wären wir verheiratet, würde ich ihm sagen, er soll es ruhig tun.“