Seelenfreunde - Katrin Ehrlich - E-Book

Seelenfreunde E-Book

Katrin Ehrlich

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Beschreibung

Nachsichtig, geduldig, feinfühlig – Pferde sind Geschöpfe mit einer Urkraft und einer ganz feinen Energie Treten Sie also ein in die Welt des Seelenfreundes Pferd und lernen Sie von ihnen um mit geschärftem Blick auf das zu schauen, was unser Leben ausmacht. Und was Mensch und Pferd, gemeinsam in Verantwortung füreinander und für unsere Welt erfahren und verbessern können. Sie bedeuten für den Menschen die Sehnsucht nach Freiheit, Schönheit und Nähe. Ihre Kompetenzen sind Überlebensmuster aus der Natur. Ohne die Fähigkeit, klar zu kommunizieren und bedingungslos zusammen zu halten, wäre eine Herde in der freien Natur schutzlos seinen Feinden ausgeliefert. Deshalb passen sich Pferde an, wenn sie nur Sicherheit und Stabilität in ihrem Gegenüber finden. Aus dem Inhalt: • Das Pferd im Wandel unserer Zeit • Beziehungsprobleme erkennen und lösen • Die Sehnsucht nach der Verbindung zweier Seelen • Die Sprache der Pferde • Krankheit als Weg zur Befreiung • Gemeinsam neue Wege finden Ein Wegweiser, um dem dem Partner Pferd ein Stück näher zu kommen

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Erscheint fünfmalim Jahr und kostetim Abonnement40, – €(Europa 50, – €)

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Seelenfreunde

Was Pferde uns lehren können

KATRIN EHRLICH

Seelenfreunde

Was Pferde uns lehren können

Haftungsausschluss

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Copyright © 2016 by Crystal Verlag, Wentorf Gestaltung und Satz: Johanna Böhm, DassendorfTitelfoto: Bettina Niedermayr, www.bilderbettina.comFotos im Innenteil: Katrin Ehrlich, Patrick Heil, Stefanie Köhler, Carmen Krebs,Wilhelm Lutzenberger, Conny Schönewald, Christiane SlawikLektorat: Martina KissDruck: Westermann Druck Zwickau GmbH, Zwickau

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-EinheitsaufnahmeDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.Alle Rechte vorbehalten.Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

ISBN: 978-3-95847-015-6

Inhalt

TEIL 1Pferde und Menschen in einer modernen Welt

Mein Leben mit Pferden

Leidenschaft erlebten wir nur in der Freiheit unserer Gefühle

Leidenschaft kennt keine Grenzen

Echte Leidenschaft lässt alles andere vergessen

Die Kehrseite der Medaille

Das Pferd im Wandel unserer Zeit

Sie dienen bis zum Umfallen

Wir formen unsere Tiere nach unseren Wünschen

Die bunte Welt der Rassen

Über Fast Food und Führmaschinen

Von Hochleistungsdenken zur Partnerschaft

Leistungsdruck in unserer Wegwerf-Gesellschaft – Oder: Wohin wollen wir tatsächlich?

Stress macht krank – Erkenntnis ohne Folgen?

Pferde unter Druck – im Menschensystem funktionieren

Burn-out beim Pferd? - Körperliche Schmerzen als Auslöser für Arbeitsverweigerung

Der letzte Ausweg?

Druck erzeugt immer Gegendruck

Pferde zeigen uns den Weg

Erfolg und Leistung durch Wohlgefühl

Reiten lehrt uns feinste Kommunikation

TEIL 2Von der Pferdesprache zu Pferdepersönlichkeiten

Die Sprache der Pferde

Verlässlichkeit

Viele Köche verderben den Brei

Feinste Wahrnehmung von Gefühlen

Rasdani – Sprich deutlich!

Krümel – Schaffe Wohlgefühl!

Farredah – Vermittle Sicherheit!

Santiago – Setze kleine Ziele!

Carlson – Denke schneller als Dein Pferd!

Brego – Verändere das Umfeld zum Besten!

Dancer – Sorge für Beschäftigung!

Carpi – Vermeide Überforderungen!

Espadon – Führe mit Charme!

Shaila – Bleibe stark und gerecht!

Geronimo – Lasse los!

TEIL 3Sehnsucht nach Verbundenheit

Horseship – Partnersuche heute

Partnerschaft ist entwicklung

Beziehungsprobleme erkennen und lösen

Die Verbindung zweier Seelen

TEIL 4Am Ende steht immer ein Anfang

Mut zu Veränderungen

Der Mensch ist der Schlüssel

Verantwortung

Danke

Wir können erst dann Leidenschaft spüren, wenn wir uns erlauben, ganz und gar auf unser Herz zu hören. Wie wir unsere Tiere behandeln, so sind wir zu uns selbst, zu unseren Kindern und zur ganzen Welt.

(Foto: Christiane Slawik)

Pferde und Menschen in einer modernen Welt

Mein Leben mit Pferden

B is heute wächst diese große Liebe, und ich glaube allmählich zu verstehen, was sie uns zu sagen haben. Ein Leben reicht manchmal nicht aus, um die Lebensaufgabe zu finden. Ich bin dankbar, meinen Weg endlich deutlich zu erkennen, ihn zu akzeptieren und mit ganzem Herzen dieser zentralen Leidenschaft meines Lebens zu folgen. Nicht immer wurde mir das leicht gemacht.

Es begann früh. Nicht wirklich anerkannt von meiner Familie, setzte ich meinen einzigen Berufswunsch mit 16 Jahren in die Realität um. Ich packte meine Koffer und begann etwa 200 Kilometer entfernt von meiner Heimat eine Ausbildung als Pferdewirtin.

Pferde faszinieren durch ihre unbändige Leidenschaft für Freiheit.

Schon viele Jahre vorher sah und fühlte ich, neben der schönen Seite des Pferdesports, das große Leid, das diesen wunderbaren Tieren tagtäglich zugefügt wurde. Mit zehn Jahren stand ich weinend in der Reithalle, weil ich es absolut nicht verstand, warum mein Lieblingspferd Furo wieder einmal heftig mit der Gerte geschlagen wurde. Sein Kopf war mit einem kurzen Stoßzügel festgebunden, wenn er an einem Samstag seine vierte Reitstunde hintereinander absolvieren musste. Dieses scheinbar „normale Leben“, das viele Reitschulpferde erdulden müssen, konnte ich schon damals nicht mitansehen.

Heimlich brachte ich Furo so manches Mal auf eine Koppel, damit er seine Freiheit für wenige Minuten genießen konnte. Dort tanzte er los, seinen Schweif hielt er stolz in die Höhe, reckte den Hals und drehte voller Glück seine Runden in einem Tempo, das ich ihm nie zugetraut hätte. Voller Respekt beobachtete ich den im Reitschuleinerlei langsamen, müden Gaul, wie er seine Freiheit auf der Koppel genoss. Wie er sich in wenigen Augenblicken in das Tier verwandelte, als das er eigentlich geschaffen war. Kraftvoll, edel, freiheitsliebend und empfindsam. Temperamentvoll, wenn er nicht in Zwängen steckte, die er still erduldete. Er gehörte zu jenen sanften Charakteren, die sich eher zurückziehen, als dass sie sich wehren. Auf der Koppel durfte ich sein wildes Pferdeherz spüren, diese ungebremste Leidenschaft erkennen, die das Pferd ausmachen – wenn wir sie zulassen. Wenn wir ihnen Freiheit und Raum geben, um sich zu entfalten. Ich fühlte mich Furo damals so nah wie nie einem Lebewesen zuvor. Heute weiß ich, warum.

(Foto: Carmen Krebs)

Leidenschaft erlebten wir nur in der Freiheit unserer Gefühle

Wenn ich ihn dann in seinen Ständer zurückbrachte, in dem er angebunden bis zur nächsten Reitstunde warten musste, brach es mir regelmäßig das Herz.

Auch Furo wurde irgendwann „entsorgt“. Schon mit 14 Jahren wurde er als nicht mehr leistungsfähig zum Schlachter gefahren, nach jahrelangem treuen Dienen. Ich selbst war 15 Jahre jung, als ich nach über fünf Jahren Freundschaft von seinem Ende erfuhr. Diesen Tag vergesse ich nie, hätte ich doch damals mein Leben für ihn gegeben.

Furo hat mich geprägt. Er hat meine nicht einfache Jugend begleitet und schöner gemacht. Er war da mit seiner Sanftheit, ließ mich auf seinem Rücken reiten. Auch wenn ich manche schwer verdiente Reitstunde einfach von der 10er-Karte abstreichen ließ, damit er eine Stunde grasen oder frei laufen durfte. Er hat mir so viel Liebe und Vertrauen gezeigt, dass mein eigenes Leben dadurch um vieles leichter wurde. Seine Gefangenschaft einerseits und im Gegenzug seine Leidenschaft in Freiheit ließen mich meine eigenen Gefühle besser verstehen.

Es liegt an jedem selbst, welchen Weg er für sich wählt.

Sehr viele Pferdegeschichten folgten. Oft geriet ich auf Irrwege, die zum Weiterkommen dazugehören. Als Berufsreiterin, in den verschiedensten Ausbildungsstätten unterwegs, lernte ich viele Menschen und Pferde kennen. Das war wertvoll. Auf meinem weiteren Lebensweg als Tierheilpraktikerin und im Tierschutz lernte ich, immer genauer hinzuschauen, immer feiner wahrzunehmen und sorgsam zu hinterfragen; diese Erfahrungen bestimmten meinen Weg.

Pferde sind Seelenfreunde, die uns zu besseren Menschen machen.

Heute weiß ich, dass ich von den Pferden unendlich viel lernen durfte. Einige der ganz besonderen Persönlichkeiten werde ich Ihnen in diesem Buch vorstellen. Sie formten mich zu dem Menschen, der ich heute bin, wie ich fühle und lebe. Dafür bin ich sehr dankbar. An all dem möchte ich Sie teilhaben lassen, möchte Ihnen Bilder zeigen und Ihnen vermitteln, wie diese wunderbare Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd uns auch das Leben als Menschen miteinander erleichtert. Pferde spiegeln so genau unsere Seele, unser ganzes Sein mit seinen verborgenen Seiten, dass es ein faszinierendes Abenteuer ist, sich selbst im Zusammensein mit ihnen zu erkunden. Ich freue mich deshalb, Sie einzuladen, mich auf einer überaus erfüllenden Reise ins Land der Pferde zu begleiten. Sie werden dadurch Ihre eigenen Pferd-Mensch-Begegnungen plötzlich mit anderen Augen betrachten können, um unendlich viel daraus zu lernen. Unsere Pferde sind die besten Lehrer, die wir haben können; wir dürfen uns glücklich schätzen, dass sie zu unserem Leben gehören und dass sie sich immer wieder auf uns einlassen. Folgen Sie Ihrem Herzen! Gemeinsam können wir die Welt ein kleines Stückchen zum Guten verändern!

Leidenschaft kennt keine Grenzen

Die Jungs in meiner Klasse nannten mich als pubertierendes Mädchen „Das Pferd“. Heute bin ich stolz darauf. Damals war ich einfach anders als die anderen. Eher komisch.

(Foto: Christiane Slawik)

Endlich ist diese verfluchte Schule aus. Nie fühlte ich mich dort wohl. Verstanden erst recht nicht. Doch es ist Mittwoch, einer der goldenen Tage in der Woche, an denen ich zu meinen Pferden darf. Zu Hause angekommen, esse ich eine Kleinigkeit, die meine Mutter für mich zum Aufwärmen bereitgestellt hat. Während des minimalistischen Pflichtprogramms an Hausaufgaben war ich in Gedanken schon lange im Stall, schaute zwischendurch verträumt auf die Bilder um mich herum und malte mir die schönsten Dinge in meinen Träumen aus. Dann kam endlich meine Zeit – rein in die geliebten Reithosen und Stiefel, auf ging es in meine kleine eigene Wohlfühlwelt. Schnell holte ich aus dem unteren Stockwerk des Hauses mein blaues Fahrrad, was sich sofort in mein Reitpferd verwandelte. Immer begrüßte ich es mit einem Streicheln. Dann schaffte ich es liebevoll über die vielen Treppen nach draußen. Es war windig und regnete. Rasch – ich bat es zu warten – lief ich in die Wohnung zurück, um meine Regenjacke zu holen. Mit einem Dankeschön fürs Warten setzte ich mich auf mein Drahtross und spornte es an. Wir genossen den Galopp bergab.

Doch der Weg war weit für eine Elfjährige. Den Weg abwärts durch das Dorf nahmen wir schnell, den Weg bergauf schafften wir dieses Mal nicht ganz bis zur kleinen Kirche. Dort musste ich immer absteigen und den restlichen Hang schieben. Mein Pferd und ich kämpften uns bergauf gegen den Regen. Gemeinsam schafften wir es, bis ich wieder auf ihm sitzen durfte. Im langsamen Trab schwitzte ich, musste viel treiben, bis wir aus dem Dorf hinaus waren. Es blitzte und donnerte, als ich endlich an der Kreuzung bei den Aussiedlerhöfen ankam. Ich verlor an Kraft, der Sturm tobte, ich musste absteigen. Ganz fest hielt ich dieses liebe blaue Fahrrad, wir mussten es gemeinsam schaffen. Doch es ging nicht weiter. Die Angst hielt mich fest. Der Sturm tobte, und ich wünschte mir nur, dass er mich nicht wegbläst. Ob es das gibt, über die Felder zu fliegen? Wo würde ich dann landen? Nein, ich klammerte mich, geschüttelt von Kälte und Angst, an mein Blechross und versuchte zu atmen. Ich lebte. Mein Ziel lag nicht weit entfernt. Ich werde nicht weggeblasen! Zwischen zwei Böen schob ich weiter, immer weiter, Meter für Meter. Der Weg war noch nie so lang. Irgendwann, nach gefühlten Stunden, erreichte ich meine ersehnte Heimat. Ein bekannter Geruch stieg auf, und ich rettete mich in den Stall. Alles war gut. Angekommen.

Echte Leidenschaft lässt alles andere vergessen

Viele Jahre lang konnten mich kein Schnee, kein Regen, keine Hitze davon abbringen, in mein eigentliches Zuhause zu fliehen. Den Stall, wo meine wirklichen Freunde wohnten. Oftmals glich der Weg einem kleinen Lebenskampf. Doch ich wurde immer belohnt von den weichen Augen meines Lieblingspferdes, von der Wärme seiner Haut und dem Geruch nach Heu und warmem Mist. Alle Sorgen waren vergessen. Hier ging es nicht um Noten, nicht um Familienstreit, sondern nur um eins: die Pferde.

So entwickelte sich eine tiefe Leidenschaft. Und ich durfte sie schon in ganz jungen Jahren fühlen. Heute lebe ich sie immer noch, und dafür bin ich dankbar. Meine Kinder leben in einer anderen Zeit, werden bei jedem Regen mit dem Auto gefahren und müssen für manches vielleicht weniger kämpfen. Ich lernte, unter schwierigen Bedingungen für meine Ziele alles zu geben; diese unerschöpfliche Leidenschaft trieb mich an, denn bei den Pferden fand ich Zuwendung, Vertrauen, Verlässlichkeit. Niemals ging und geht es hier um Geld oder Erfolg. Sondern einfach nur um Liebe.

Die Kehrseite der Medaille

Pferde dienen bis zum Umfallen – früher in Schlachten, im Krieg, heute durch Hochleistungen für Sport und Spaß der Menschen.

Im Lauf der Jahre lernte ich die andere Seite der Pferdeszene kennen. Die der Ungerechtigkeit diesen treu Dienenden gegenüber. Die Seite des Schmerzes, der Freiheitsberaubung, der Qualen und des fehlenden Verständnisses der Pferdebesitzer. Immer wieder setzte ich mich für den Pferdeschutz ein und bewahrte viele Pferde vor dem Gang ins Schlachthaus oder auch vor dem frühzeitigen Verkauf. Es ist eine Lebensaufgabe. Das Kämpfen dafür lernte ich bereits in jungen Jahren.

(Foto: Christiane Slawik)

Nun möchte ich die Menschen, die es nicht besser wissen, niemals nur verurteilen, sondern auffordern, hinzuschauen und etwas zu verändern. Jeder, wie er kann. Dann wäre schon viel gewonnen. Und es gäbe viel mehr gesunde und glückliche Menschen und Pferde, denn wir brauchen sie und sie brauchen uns. Früher, und heute umso mehr, denn Pferde sind Fenster zur Natur und somit zu unseren Wurzeln, die uns in dieser Welt noch bleiben.

Das Pferd im Wandel unserer Zeit

Sie dienen bis zum Umfallen

Seit Menschengedenken spielt das Pferd eine sehr wichtige Rolle im Dasein der Menschen. Es half im täglichen Leben, arbeitete in vielen Einsatzgebieten und diente zur Fortbewegung – auch unter schlimmsten Bedingungen. Als Beispiel schauen wir auf das Kriegsende im Winter 1945: die Flucht der Ostpreußen in den Westen. Unglaublich viele Pferde mussten dabei ihr Leben lassen, um Menschen zu retten. Egal, ob tragende Stuten oder Jungtiere, alles wurde genommen, um zu fliehen. Viele der edlen Trakehner Pferde brachen auf dem Eis vor der Kutsche sterbend zusammen, die wenigsten überlebten diesen langen Weg in schlimmster Kälte und unter härtesten Bedingungen.

Mehrere Millionen Pferde starben im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Sie dienten in früheren Zeiten in Schlachten, im Krieg, als Arbeitspferde und gingen bis in den Tod – aus Vertrauen zu ihrem Herrn. Nach dem Krieg lebten in Deutschland nur noch um die 30 000 Pferde. Innerhalb von 50 Jahren stieg ihre Zahl in Deutschland wieder auf über eine Million.

Heute übernehmen Pferde jedoch nicht nur als Partner der Menschen die unterschiedlichsten Aufgaben. Geschätzte 70 000 Stuten werden in Farmen Amerikas zeitlebens angebunden und trächtig gehalten, um ein Wechseljahrhormon für die Menschen zu produzieren. Die Pferde wurden damals wie heute gebraucht und gezüchtet für den jeweiligen Anspruch des Menschen. Neue Aufgaben veränderten ihre weitere Entwicklung enorm.

Wir formen unsere Tiere nach unseren Wünschen

Unsere Tiere bekommen unsere Krankheiten, weil sie durch uns und mit uns leben.

In den letzten 50 Jahren veränderte sich vieles. Die Reiterei erfuhr in Deutschland einen Einbruch in der Nachkriegszeit, doch in den1970er-Jahren erlebte sie diesen unglaublichen Aufschwung. Das Pferd wurde zum beliebten Freizeitpartner, der Pferdesport blühte wieder auf. Pferde wurden für die neuen Ansprüche an eine moderne Pferdegeneration gezüchtet. Sportpferde wurden um 10 bis 20 Zentimeter größer gezüchtet, Mischungen aus den unterschiedlichsten Rassen lassen jeden Reitertraum wahr werden. Ex- und Importe aus allen Ländern der Erde wurden durch leichtere Transportwege selbstverständlich.

Nichts ist unmöglich geworden. Neue Pferderassen entstehen, das Pony aus dem Norden wird gekreuzt mit dem Vollblüter aus der Wüste. Evolutionstechnisch wäre niemals passiert, was heute für den Menschen ein leichtes Spiel ist. Künstliche Besamungen wurden in den letzten Jahren zur üblichen Methode, Nachwuchs zu zeugen. Dabei spielt die Sympathie und die damit verbundene instinktive Auswahl für das passende Gegenstück zum Rasseerhalt schon lange keine Rolle mehr. Durch die von Menschenhand immer unterschiedlicher vermischten Tiere entstanden neue Erkrankungen. Degenerationserscheinungen im Bewegungsapparat schon in jungen Jahren, Fehlstellungen der Beine sind Antworten auf moderne Zuchtgeschichte und die dazugehörende Umwelt.

(Foto: Christiane Slawik)

Vergleichen wir die Pferderassen mit den Menschen ihres Landes, wo sie sich seit Jahrhunderten formten zu dem, was sie heute sind, werden wir große Ähnlichkeiten entdecken.

Die bunte Welt der Rassen

Zu beobachten ist auch, dass extreme Mischungen, wie zum Beispiel Kreuzungen zwischen Vollblütern mit Ponyrassen, in manchen Fällen charakterlich im Ungleichgewicht scheinen. Wen wundert es, wenn über Jahrhunderte entstandene Arten, die sich mit ihren Menschen langsam entwickelten, sich plötzlich miteinander verpaaren? Es ist interessant, aber nicht immer ohne Überraschung, in welche Richtung der Nachwuchs schlägt.

So entsteht – inmitten der Vielzahl an Menschen – eine bunte Rassevielfalt in den Reitställen, insbesondere bei Freizeitreitern. Man sieht Friesen neben Spaniern, Haflinger, Westernpferde neben Warmblütern, Arabern, Ponys, auch die buntesten Mischungen aus allem.

Multikulturell erscheint das Leben in den Reitställen, schaut man die Herkunft der Pferde an. Selbst wenn sie alle eine Sprache sprechen, so sind die Pferde dennoch durch ihre Rasseeigenschaften verschieden – nicht nur im Aussehen, sondern eben auch in ihren Charaktereigenschaften.

Über Fast Food und Führmaschinen

Wenn wir wahrnehmen, was wirklich fehlt, erst dann fangen wir an, neue Wege zu suchen.

Wo früher die Pferde tagaus und tagein durch ihre Arbeiten in der Landwirtschaft, beim Militär oder als wertvolles Transportmittel beschäftigt wurden, war ein Bewegungsmangel durch die damals eher engen Stallungen kein Problem. Heute sieht das anders aus. Die Aufgaben der Pferde entwickeln sich mit unseren Ansprüchen und Lebensformen zeitgleich mit. Pferde sind der Lebensmittelpunkt vieler Menschen und bekommen somit deren Probleme ab. Von ihrem natürlichen Leben entfernt sich das immer weiter.

Vergleichen Sie sie wieder mit uns Menschen, werden Sie Parallelen feststellen. Unsere heutige Zeit fordert ihren Tribut in allen Lebensbereichen.

Die Freizeit der Menschen, mit den vielen Möglichkeiten und voller Aktivitäten, ist – unter ständigem Termindruck – heutzutage begrenzt. Zeit ist Mangelware.

Darunter leiden unsere Pferde, die hauptsächlich als Freizeitpartner dienen. Lebensraum ist nicht nur für Menschen teuer, auch in der Pferdehaltung zählt jeder Quadratmeter. Oft leben die Pferde in Ställen, wo der Lebensraum mit einem Huhn in einer Legebatterie durchaus zu vergleichen ist, weit weg von seinen frei lebenden Artgenossen im natürlichen Lebensraum. Es fehlt vor allem an der für das Pferd lebenswichtigen Bewegung. Die Spirale dreht sich weiter. Um die mit Bewegungsmangel verbundenen Erkrankungen zu therapieren oder das Pferd in dieser künstlichen Welt gesund zu erhalten, erschließen sich neue (mehr oder weniger sinnvolle) Alternativen und neue Berufszweige. Mancher Terminkalender eines Pferdes ähnelt dem seines Besitzers. Training auf dem Laufband oder in der Führmaschine, Phy- siotherapeuten-Termine, Zahnbehandlungen und Solariumsbesuche gehören zum Alltag vieler der wertvollen Rösser.

Unterforderung, ob in der Bewegung oder in sozialer Beschäftigung, verbunden mit Überforderung durch Aufgaben der modernen Welt, machen Mensch wie Tier krank.

Dabei benötigt unser großer Freund vor allem gutes Raufutter und ausgesuchte Gräser, Kräuter. Aber auch Laub und Zweige stehen auf dem natürlichen Speiseplan unserer Pferde. Während sie Nahrung zu sich nehmen, sind sie in Bewegung und ständig untereinander im Austausch. Sie fressen in ihrem natürlichen Lebensraum bis zu 18 Stunden am Tag und zwischendurch gehen sie immer ein Stück. Diese regelmäßige Bewegung in Freiheit unter Artgenossen ist für Kopf und Körper mindestens genauso wichtig wie eine gute Ernährung. Pferde sind dafür gebaut, miteinander ständig beschäftigt zu sein. Alles andere macht sie krank – psychisch und physisch.

(Foto: Christiane Slawik)

Die Umstellung der Haltung, etwa durch die Einrichtung von Offenställen und durch artgerechte Bedingungen, geht nur langsam voran. Es fehlt an Platz für die vielen Pferde, die, nicht ausgelastet, in zu engen Ställen ihr Dasein fristen, bis ihr Besitzer einmal Zeit hat, ihnen Bewegungsmöglichkeiten zu schaffen. Leider bedeutet das in unserer vielfach künstlichen Welt nicht immer, dass die Pferde sich nach eigenem Bedürfnis austoben und freudig mit Artgenossen zusammen sein können. Wieder sollen sie nur die Erwartungen des Menschen erfüllen.

Bewusst leben heißt Verantwortung übernehmen – für sich selbst und für die neben uns.

Das Pferd wird sich immer den Haltungsumständen anpassen. Kann es das nicht mehr, fangen Schwierigkeiten an, die sich leider nicht durch ein Spe-zialfutter für gute Nerven wegzaubern lassen.

Unserem Pferd stabilen Kontakt zu Artgenossen, ausreichende Bewegung und Platz sowie eine möglichst natürliche Ernährung zu ermöglichen, liegt in unserer Verantwortung.

Von Hochleistungsdenken zur Partnerschaft

Leistungsdruck in unserer Wegwerfgesellschaft – Oder: Wohin wollen wir tatsächlich?

Wir Menschen sind klug, denn wir planen. Ohne Ziele, die uns anspornen, wäre das Leben langweilig. Viele Aufgaben, die wir uns selbst stellen, geben Energie und Kraft. Doch wir müssen aufpassen, wenn die Ansprüche zu groß werden. Wir verlieren dann aus den Augen, was uns guttut, und funktionieren nur unter Druck. Ein zentrales Thema dieser Zeit, die mit wachsendem Lebensstandard immer schnelllebiger wird.

Wir Menschen bewegen uns in einer Hochleistungsgesellschaft, sind diszipliniert und bekommen von klein auf beigebracht, in diesem System zu funktionieren. Doch das hat seinen Preis, wenn der Stress zu groß wird. Burn-out und Depressionen sind die Folgen, sowohl für uns Menschen als auch für unsere Pferde. Leistungsdruck zerstört vieles, was wir suchen, wonach wir uns tief im Innern sehnen: Ruhe und Zeit, Verständnis für- und miteinander.

Unsere – selbst und von außen – gesetzten Anforderungen übersteigen oft das, was wir tatsächlich zu leisten vermögen. Die Wohnung, das Auto, der Job, aber vor allem die Familie, unsere Kinder und unser Pferd benötigen Zeit. Dabei gerät schnell alles aus den Fugen, wenn das System, das wir um uns herum aufgebaut haben, Lücken bekommt, Pläne nicht mehr aufgehen, wir unter Stress nicht mehr hinhören, nicht mehr mitempfinden können und uns gegenseitig nicht mehr verstehen.