Selbstversorgung: Was im eigenen Garten wirklich möglich ist - Ralf Roesberger - E-Book
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Selbstversorgung: Was im eigenen Garten wirklich möglich ist E-Book

Ralf Roesberger

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Beschreibung

 In Selbstversorgung - Was wirklich im eigenen Garten möglich ist teilt Ralf Roesberger sein Selbstversorgerwissen, welches er sich angeeignet hat, indem er Dinge einfach mal ausprobierte. Scheitern und neu anfangen ist dabei ein notwendiger Schritt, um zu sehen, was im eigenen Garten wie funktionieren kann. Er nimmt alle an die Hand, die sich gerne mit Obst und Gemüse und vielleicht ein paar Hühnern selbstversorgen wollen, aber nicht wissen, wo sie beginnen sollen. Hierfür teilt er seine Erfahrungen, berichtet von erfolgreichen und gescheiterten Projekten. Die Einstiegshürde ist dabei niedrig, denn improvisieren kann man immer. Getreu seinem Motto: "So mach' ich das zumindest, und wenn es bei mir klappt, dann klappt das auch bei anderen." 

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Seitenzahl: 295

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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2021

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2021

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Fabian Barthel, Anita Zellner

Lektorat: Jens van Rooij

Korrektorat: Andrea Lazarovici

Bildredaktion: Hannah Crawford, Natascha Klebl (Cover)

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Isabell Rid

ISBN 978-3-8338-7918-0

1. Auflage 2021

Bildnachweis

Coverabbildung: Patrice Kunte

Illustrationen: Bella Illenberger

Fotos: AdobeStock; Alamy; Biosphoto; FloraPress; Friedrich Strauss; GAP Photos; Getty Images; Istock; Patrice Kunte; Ralf Roesberger; Shutterstock

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-7918 02_2021_02

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München

Vorwort

Schön, dass Sie mein Buch aufschlagen! Falls Sie jetzt aber den ultimativen Ratgeber erwarten, der Ihnen erklärt, wie man jedes nur erdenkliche Gemüse im Garten kultiviert, muss ich Sie enttäuschen. Dann greifen Sie lieber zum Titel nebenan. Ich kann Ihnen in den folgenden vierundzwanzig Kapiteln jedenfalls weder mit Geheimwissen noch mit Patentrezepten dienen. Und ich werde Ihnen auch nicht Schritt für Schritt erklären, wie Sie mit maximalem Erfolg Melonen, Tomaten oder Porree anbauen. Stattdessen erzähle ich Ihnen von meinen eigenen, ganz persönlichen Erfahrungen als Selbstversorger. Meine Geschichten, Erlebnisse und Tipps für Sie erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und es ist gut möglich, dass andere Autoren genau das Gegenteil behaupten.

Dafür sind meine Worte aber keine graue Theorie, sondern basieren auf echten Erfahrungen, die ich über viele Jahre hinweg in meinem Garten gesammelt habe. Was ich Ihnen berichte, ist sozusagen ein »Best-of« meiner Erfolge als Selbstversorger, vor allem aber auch meiner Misserfolge und gescheiterten Experimente, aus denen ich gelernt habe und die ich Ihnen nicht verheimlichen möchte. Denn ohne mein häufiges Scheitern wäre ich nicht zu dem geworden, was ich heute bin: Auf meine Art und mit meinen Methoden produziere ich jedes Jahr eine Kalorienmenge, mit der ich theoretisch meine vierköpfige Familie ernähren kann. Theoretisch? Damit meine ich, dass ich unsere Selbstversorgung so weit in die Tat umgesetzt habe, wie das im 21. Jahrhundert eben möglich und zudem sinnvoll ist. Denn das moderne Leben hat mehr zu bieten als nur drei warme Mahlzeiten am Tag. Und auf viele Dinge, die es früher nicht gab, will ich auch als Selbstversorger nicht verzichten. Sie etwa? Sehen Sie, dann liegen Sie mit diesem Buch sogar goldrichtig.

KAPITEL 1

VON NULL AUF GARTEN

Welcher Gartentyp sind Sie?

Schwuppdiwupp, schon sprießt das Gemüse im Garten? Wäre ja schön. Doch ganz so einfach ist das leider nicht. Und jeder hat ja auch so seine persönlichen Ansprüche und Vorstellungen. Der eine möchte sich unbedingt vegan ernähren, der andere will nie wieder einen Fuß in einen Supermarkt setzen, arbeitet aber in Vollzeit und leidet zudem unter einer Schneckenphobie. Wir sehen uns mal an, was für ein Gartentyp Sie sind – und was Ihre Träume sonst noch beflügeln oder vielleicht auch eintrüben könnte.

Das muss ich Ihnen noch vorab erzählen

Ob auch ich zum Einkaufen gehe? Aber klar doch, zumindest manchmal. Im Einkaufskorb landet aber nur das, was ich nicht selbst erzeugen kann, also vornehmlich Milch- und Getreideprodukte. Im Winter kaufen wir auch mal eine Gurke oder ein paar Tomaten und manchmal ein wenig Obst aus fernen Ländern. Schweinefleisch besorgen wir uns nur in Maßen, denn auch dafür habe ich eine Alternative gefunden, und natürlich Speck – ein Grundnahrungsmittel hier bei uns in der Gegend. Alles andere kann ich heute problemlos im eigenen Garten anbauen und produzieren.

Ohne Kinder würde ich in Sachen Selbstversorgung übrigens noch viel weitergehen. Ich selbst bin nicht wählerisch mit dem, was ich esse. Ich kann auch wochenlang von Kartoffeln leben. Da die Kinder, so sind sie nun mal, gerne auch Nudeln oder Reis essen, mache ich natürlich Zugeständnisse.

Schnell, schnell geht leider nicht

Wie verwandelt man ein neu angelegtes Grundstück schnell in einen guten und vor allem ertragreichen Garten? Solche Fragen erreichen mich oft. Meine Antwort lautet immer: Kompost, Gründüngung und vor allem Zeit. Das ist wie mit dem englischen Rasen, den ein arabischer Scheich anlegen wollte. Kennen Sie den Witz? Der Scheich hatte alle Ratschläge seines englischen Schlossgärtners berücksichtigt, doch es will ihm nicht gelingen: Sein Rasen ist nicht einmal annähernd so ansehnlich wie der vor Schloss Windsor. In seiner Verzweiflung fragt er nochmals bei seinem Gärtner nach und der antwortet: »Aber sicher funktionieren meine Ratschläge. Sie müssen sie nur für die nächsten hundert Jahre befolgen!«

So verhält es sich auch mit einem Gemüsegarten. Regelmäßige Pflege und Zeit führen zum Erfolg. Ausschließlich. Da helfen auch nicht noch so ausgeklügelte Pülverchen und Mittelchen aus den Laboren der Industrie, und da helfen auch keine Stoßgebete. Sie brauchen vielleicht keine hundert Jahre, aber mit zehn müssen Sie schon rechnen.

»BLAUE UND ROTE KARTOFFELN GIBT ES WIRKLICH!«

Manche halten sie aber für genmanipulierten Zauber, weil sie diese Sorten nie kennenlernen durften – und Kartoffeln im Supermarkt in der Regel ja auch immer gleich aussehen.

WELCHER GÄRTNERTYP SIND SIE?

Menschen, die Hobbygärtner oder sogar Selbstversorger werden wollen, könnten kaum unterschiedlicher sein. Der eine legt Wert auf vegane Ernährung, der andere versinkt in Depressionen, wenn mittags kein Stück Fleisch auf dem Teller liegt. Dem einen reichen die gängigen Gemüsesorten wie Tomaten, Paprika, Kartoffeln, Weißkohl und vielleicht noch ein paar Kräuter. Der andere ist neugierig und versucht sich an Kulturen, die in Vergessenheit geraten sind, etwa Pastinaken, Steckrüben, Linsen oder auch Erdnüsse. Für mich macht gerade diese Neugier, das Unbekannte, den Reiz des Gärtnerns aus. Ein Garten kann jedem das bieten, was ihn glücklich macht.

Während der eine aus seiner Kindheit noch einige Grundkenntnisse mitbringt, vielleicht weil Eltern oder Großeltern selbst noch einen Garten hatten, ist gärtnerisches Grundwissen beim anderen Fehlanzeige. Ich selbst erlebe es immer wieder, dass Menschen mit einer Roten Bete nichts anzufangen wissen, weil sie dieses Gemüse einfach nie kennengelernt haben. Der eine hat die Möglichkeit, bei Nachbarn, Oma, Opa oder Onkel Jürgen nachzufragen, wenn Probleme auftauchen, der andere hat diese Option eben nicht und muss auf andere Quellen zurückgreifen.

Die Natur gibt den Takt vor

Bei der Herangehensweise spielt aber auch eine Rolle, wo man lebt und wie sich die Natur verändert: Ich kann mich an Jahre erinnern, in denen mein Garten kaum abgetrocknet ist, so viel hat es hier im Rheinland geschüttet – nur Matsch, Schlamm und dicke Lehmklumpen an den Stiefeln. An vernünftige Gartenarbeit war nicht zu denken. Dementsprechend bescheiden waren damals meine Erfolge. In den letzten Jahren hingegen hat sich das Klima radikal verändert. Die Sommermonate waren gnadenlos trocken, sodass ich mit dem Gießen kaum hinterherkam.

Aber des einen Freud ist ja oft des anderen Leid. In den niederschlagsreichen Jahren konnte zwar meine Gießkanne im Schuppen bleiben, dafür haben die Schnecken rauschende Feste auf meinen Salatpflanzen gefeiert. Neuerdings bräuchte ich vier Arme (mindestens!), um ein Dutzend Gießkannen zu schleppen, dafür hat sich die Armee der Schnecken zurückgezogen und fast vollständig in Luft aufgelöst. Doch plötzlich fühlen sich die Wühlmäuse bei mir pudelwohl und sind zu einer mindestens ebenso schlimmen Plage geworden. Wer kann schon sagen, ob wir nicht wieder mal einen vollkommen verregneten Sommer bekommen? Selbstversorgung ist eine stete Anpassung an Umwelt und Klima, ein ewiger Wettlauf.

Es gilt, auf die Rahmenbedingungen, die die Natur vorgibt, zu reagieren anstatt zu versuchen, ihr mit Gewalt den eigenen Willen aufzuzwingen. Das mag banal und logisch klingen, trotzdem erwähne ich es, weil ich oft genug sehe, wie mit allen nur erdenklichen Methoden versucht wird, den eigenen Garten an persönliche, teilweise kuriose Bedürfnisse anzupassen.

Sie träumen von eigenem Obst? Dann brauchen Sie schon ein wenig Platz im Garten.

Fulltime oder nur nach Feierabend?

Und trotzdem spielen die persönlichen Lebensumstände natürlich eine wichtige Rolle. Der eine tourt den ganzen Tag im LKW umher oder schiebt an der Supermarktkasse Tetrapaks über den Scanner, um sein Einkommen zu sichern. Andere wiederum haben auch unter der Woche gut Zeit, können sich regelmäßig um ihren Garten kümmern und so jedem Unkraut – vielleicht sollte ich zeitgemäß lieber Beikraut sagen – rechtzeitig den Garaus machen, bevor es mal wieder komplett alle Radieschen und Karotten überwuchert. Wer Wert darauf legt, in den Sommerferien vier Wochen nach Mallorca oder Griechenland zu jetten, wird es schwerer haben als jemand, der erkannt hat, dass eben genau dies die Zeit ist, in der rund um den Garten die allermeiste Arbeit anfällt.

Den perfekten Standort gibt es nicht

Auch Schädlinge sind übrigens nicht in allen Regionen Deutschlands gleichermaßen verbreitet. Ich kenne Gegenden, in denen sich Gärtner vermutlich wie im Paradies fühlen: In den höher gelegenen und damit kühleren Regionen gibt es so gut wie keine Schnecken. In anderen Ecken des Landes sind, welch ein Segen, Wühlmäuse eine Seltenheit. Wieder andere Landstriche werden nicht von Kirschfruchtfliegen heimgesucht, während ich in meinem Garten kaum eine Kirsche ohne Made ernte. Den idealen Standort gibt es einfach nicht. Der eine ekelt sich, wenn er beim Waschen seines Salates einen winzigen Regenwurm findet, der andere hat kein Problem damit, wenn sich auch mal ein paar tierische Proteine auf den Teller verirren. Gestorben ist davon übrigens noch niemand.

Grau ist alle Theorie

Ebenso wichtig ist es, dass angehende Selbstversorger berücksichtigen, wie viele Jahre sie schon auf dem Buckel haben. Arbeiten, die mit Anfang dreißig noch locker-flockig von der Hand gehen, sind mit Mitte fünfzig schon gar nicht mehr so lustig. Glauben Sie mir, das kann ich Ihnen aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen. Noch vor wenigen Jahren war es für mich kein Problem, stundenlang kniend oder in der Hocke Unkraut zu jäten. Mittlerweile melden sich aber nach einiger Zeit allerlei Knochen, Bänder und Muskeln, die wieder an ihren gewohnten Platz zurückwollen. Sie sind noch jung? Ich versichere Ihnen, Sie werden es noch erleben!

ODER NEHMEN WIR DAS BEISPIEL KINDER: BEI DER GEBURT DES DRITTEN KINDES FÜHLEN SICH ELTERN IM IDEALFALL AUCH NICHT MEHR KOMPLETT ÜBERFORDERT. ALLES SCHON DAGEWESEN, ALLES SCHON MAL ERLEBT. DA REAGIERT MAN INTUITIV MEIST RICHTIG.

Letztendlich spielt auch die Erfahrung beim Gärtnern eine wichtige Rolle, wenn nicht sogar die wichtigste! Das ist also nicht anders als im normalen Leben auch. Ein Autofahrer, der seit 30 Jahren regelmäßig am Steuer sitzt, wird souveräner fahren als ein Anfänger, der gerade seinen Führerschein gemacht hat. Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Sie können so viele schlaue Bücher lesen, wie Sie möchten. Sie können so viele Gartenratgeber im Netz ansurfen, bis Ihr Router qualmt. Und Sie können sich so viele YouTube-Videos ansehen (auch meine), bis Sie eckige Augen bekommen. Es hilft nichts: Erfahrung ist das A und O im Garten. Und die können Sie sich nicht anlesen, ansehen oder kaufen. Die müssen Sie selbst machen.

Ein Ratgeber ohne Patentrezepte

Ich habe ja bereits im Vorwort angesprochen, dass Sie in diesem Buch keine echten Anleitungen finden werden. Das hört sich vielleicht merkwürdig an, aber lassen Sie mich kurz erklären, wie ich das meine: Letztendlich bin ich ja zum Garten wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Ich habe also weder Gartenbau studiert noch bin ich gelernter Gärtner. Und vor allem bin ich fest davon überzeugt, dass das Gärtnern keine reine Naturwissenschaft mit glasklaren Regeln und Vorgehensweisen ist. Es gibt zwar allgemeingültige Anhaltspunkte, an denen Sie sich – wie ich es auch tue – orientieren sollten. Aber so klar wie »zwei plus zwei ist vier« geht die Rechnung im eigenen Garten und bei der Selbstversorgung eben nur selten auf. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen und zu unterschiedlich die Ansprüche. Und all das dann noch in Einklang mit der Natur und ihren Widrigkeiten zu bringen ist eine Herausforderung der ganz besonderen Art.

»OHNE EXPERIMENTE KEIN LERNEFFEKT.«

Und ich liebe Experimente! Was ich so alles anpacke und ausprobiere, klappt natürlich nicht immer, Scheitern gehört einfach dazu.

WEIL JEDER GARTEN ANDERS IST

Der eine lebt in der Norddeutschen Tiefebene und lässt sich jeden Tag die frische Meeresluft um die Ohren wehen, der andere wohnt an der Mosel im milden Weinbauklima mit idealen Bedingungen, um sogar Sorten anzubauen, die aus Süditalien stammen. Der eine muss mit sandigem Boden zurechtkommen, der kein Wasser hält und schnell austrocknet. Andere wiederum gärtnern auf schwerem Lehmboden, der die Feuchtigkeit zwar lange speichert, dafür aber nur mit großer Kraftanstrengung oder Maschinenhilfe zu bearbeiten ist. Der eine Garten liegt eher im Schatten großer Bäume, der andere wird den ganzen Tag mit Sonnenschein verwöhnt.

Wichtig ist auch, wie lange der geplante Garten bereits bewirtschaftet wird. Eine Fläche, die schon jahrzehntelang mit Kompost versorgt wurde, weil hier Generationen zuvor Gemüse angebaut haben, ist anders als ein Garten, der erst auf einem Stück Brachland oder einer Wiese neu angelegt werden muss. Letzteres, diesen Weg bin ja auch ich gegangen, erfordert eine ganz andere Vorgehensweise. Hier heißt es vor allem, sich in Geduld zu üben.

All das macht also einen enormen Unterschied. Für alle angehenden Selbstversorger in den verschiedenen Regionen der Republik die passenden Ratschläge parat zu haben übersteigt einfach meine Möglichkeiten, das kann nicht gut gehen und würde nur zu Enttäuschungen führen.

So mache ich das eben

Also keine Anleitungen, keine Patentrezepte, was denn dann? Keine Sorge, natürlich werde ich Ihnen in den nachfolgenden Kapiteln einige Tipps und Tricks verraten. Aber dabei handelt es sich immer um meine Herangehensweise – so mache ich das, und so mancher Profi würde vielleicht den Kopf schütteln. Bei dieser Gelegenheit muss ich gleich einschieben, dass ich Experimente liebe! Denn wer experimentiert, lernt dazu, kann aber immer auch scheitern. Lassen Sie uns daher lieber von Anregungen, Einblicken und Erfahrungsberichten sprechen, die ich mit Ihnen in diesem Buch, so wie ich das auch auf meinem YouTube-Kanal mache, teilen möchte. Sie können sich ja dann herauspicken, was Ihnen gefällt und für Sie infrage kommt. Und natürlich werde ich Ihnen auch nicht verschweigen, wenn ich mit meinen kleinen und größeren Gartenabenteuern mal keinen Erfolg hatte.

Schauen Sie mal: Zwiebeln aus eigenem Anbau! Die müssen sich vor Supermarktware nicht verstecken, oder?

Der Weg ist das Ziel

Habe ich Ihnen jetzt den Spaß verdorben? Ich hoffe nicht. Legen Sie mein Buch also nicht zur Seite. Denn am Ende werden Sie schlauer sein. Viel schlauer. Nicht etwa, weil Sie nun genau wissen, wie viel und welchen Dünger eine Tomatenpflanze benötigt und welchen exakten ph-Wert der Boden Ihres Kartoffelackers aufweisen sollte. Auch nicht, weil Sie erfahren haben, wie man Wühlmäuse davon überzeugt, die eigenen Möhren doch bitte am Leben zu lassen oder wie man Obstbäume nach allen akademischen Regeln der Kunst mit der Baumschere trimmt. Und auch nicht, weil ich Ihnen die besten Sorten mit der üppigsten Ernte oder sonstige gärtnerische Geheimnisse verraten habe, die man sonst in keinem anderen Ratgeber nachlesen kann.

Nein, ganz einfach deswegen, weil Sie erkannt haben, so hoffe ich jedenfalls, dass der Weg das Ziel ist und nicht umgekehrt. Eine abgedroschene Phrase, sicherlich, aber deswegen keinen Deut weniger wahr. Sie werden gelassener an die Sache herangehen, nicht verbissen und erfolgsorientiert, sondern mit Neugier, Experimentierfreude und Genugtuung. Denn genau das möchte ich Ihnen vermitteln: Die Befriedigung, die Sie spüren werden, wenn Sie Ihre erste eigene Möhre aus der Erde gezogen haben, das unglaublich sinnliche Erlebnis, wenn Sie Ihre erste eigene Tomate pflücken, kurz daran schnuppern und dann hineinbeißen.

Am Ende des Buches werden Sie, da bin ich mir sicher, ein glücklicherer Gärtner oder sogar Selbstversorger sein und gelernt haben, nicht gleich bei jedem Misserfolg das Handtuch zu werfen – sondern lieber erneut zum Spaten zu greifen. Wenn ich dieses Ziel erreiche, dann bin ich, und hoffentlich auch Sie, zufrieden.

KAPITEL 2

SAG DEM SUPERMARKT ADE?

Das ist für mich Selbstversorgung

Wir hätten also geklärt, was mein Buch ist und was nicht. Kommen wir nun zu einer weiteren, ebenso wichtigen wie spannenden Frage: Was bedeutet überhaupt der Begriff »Selbstversorgung«? Sich mit Nahrungsmitteln aus dem eigenen Garten zu versorgen ist ohne Zweifel eine wirklich feine Sache. Aber wie weit kommt man eigentlich damit – und kann das wirklich jeder?

Aus dem Garten auf den Tisch

Ist doch eigentlich ganz simpel. Selbstversorgung bedeutet: keine Chemie, keine Gentechnik, keine Monokulturen, keine Transporte um die halbe Welt, keine industriell hoch verarbeiteten Lebensmittel, keine Verpackungen und kein lästiges Warten an der Supermarktkasse. Auf Tisch und Teller kommt nur einwandfreie Kost, mit Liebe erarbeitet, lecker, gesund und reichlich. Auf dem Speiseplan stehen dabei natürlich auch längst vergessene Gemüsesorten, die man im Handel gar nicht mehr bekommt. Der Gaumen wird wieder für das Wesentliche sensibilisiert, für den puren, unverfälschten Geschmack – ganz ohne Zusatzstoffe.

Reisen wir also zurück in die Zeit, als Sie noch bei Großmutter am Mittagstisch saßen und sich die Finger nach dem Essen leckten. Vielleicht haben Sie sich ja als Dessert einen reifen roten Apfel aus Nachbars Garten stibitzt? Oder sind heimlich auf Omas Kirschbaum geklettert, um ganz oben in der Krone die süßesten Früchte zu pflücken? Ganz nebenbei haben Sie übrigens auch noch etwas für Ihre Gesundheit getan: Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, da weiß man, was drinsteckt.

Hört sich super an, oder?

Selbstversorgung ist zu einem Modewort geworden. Die Bücherregale sind voll davon, das Internet sowieso. Jedenfalls wollen sich immer weniger Menschen in Sachen Ernährung auf die Versprechen der Supermärkte, Landwirte und der Industrie verlassen. Schließlich vergeht kaum ein Monat, in dem nicht ein neuer Lebensmittelskandal ans Licht kommt. Mal sind es Mineralölreste in Futtermitteln aus der Ukraine, mal ist es gestreckter Honig aus China, eklige Listerien in der Wurst oder Glycerin im Wein. Bäh.

Aber auch was legal ist, kann einem ganz schön den Appetit verderben. Die Zutatenliste einer Fertigpizza liest sich wie ein Absatz aus einem Lehrbuch für Chemie. Man braucht fast schon einen Doktortitel, um überhaupt eine Ahnung davon zu haben, was da so alles zusammengeknetet wurde.

Ganze Industriezweige befassen sich ausschließlich damit, Zusatzstoffe herzustellen, die Brot länger haltbar machen, Wurst eine appetitlichere Farbe verleihen, Äpfel zum Glänzen bringen und auch das letzte Fitzelchen Aroma durch Geschmacksverstärker hervorheben. Viele Menschen haben sich mittlerweile so daran gewöhnt, dass ihre Geschmacksnerven Künstliches nicht mehr von Natürlichem unterscheiden können – und manche glauben sogar, das alles sei gesund.

Ohne Zusatzstoffe schmeckt’s noch besser

Und die Politik? Hat offenkundig kaum Interesse daran, Verbraucher aufzuklären. Ein generelles Verbot von genmanipulierten oder daraus hergestellten Lebensmitteln ist nicht gewollt und ein Ruck in Richtung Biolandwirtschaft ist auch nicht wirklich zu erwarten. Qualzucht und Massentierhaltung sind immer noch nicht verbannt und über die Produktionsbedingungen der Landwirtschaft im Ausland diskutiert man zwar gerne vollmundig, auf Worte folgen aber bislang keine Taten. So schuften weiterhin Kinder auf Kakaoplantagen, Glyphosat hält Brasiliens Landwirtschaft am Laufen und Reste von Pestiziden, die in Europa längst verboten sind, landen über Umwege aus dem Ausland dann doch immer wieder auf unseren Tellern.

Wie gesagt, all das fördert nicht gerade das Vertrauen in die Lebensmittel, die wir so täglich im Supermarkt kaufen. Ich möchte hier allerdings nicht übertreiben. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der nach dem Verzehr einer spanischen Gewächshaus-Paprika oder eines argentinischen Rindersteaks auf der Intensivstation gelandet wäre. Und ich glaube schon gar nicht, dass Lebensmittel aus Deutschland ein Gesundheitsrisiko darstellen. Ich bin mir sogar sicher, dass man das, was uns im Supermarkt anlacht, in der Regel bedenkenlos essen kann. Und doch, ein gewisses Unbehagen bleibt. Hat es doch Zeiten gegeben, als wir all die Tricksereien nicht kannten und brauchten. Also einfach alles selbst erzeugen? Was versteht man überhaupt unter Selbstversorgung? Wie weit kommt man damit – und wie unterscheidet sie sich von einem hübschen kleinen Gemüsegarten?

»DAMALS SAHEN OBST UND GEMÜSE VIELLEICHT NICHT PERFEKT AUS.«

Der Dotter im Ei war vielleicht nicht sonnengelb und das Brötchen vom Vortag hart wie Stein. Und trotzdem haben die Menschen überlebt.

ALLES EINE FRAGE DER DEFINITION

Ich will Ihnen zunächst erklären, was Selbstversorgung für mich bedeutet. Schließlich habe ich mich nun schon mehr als 15 Jahre mit diesem Thema befasst. Ich denke also, ich kann mir ein Urteil erlauben. Fest steht, dass der Begriff sehr subjektiv ausgelegt wird. Das verdeutlichen alleine schon die vielen unterschiedlichen Rückmeldungen, die tagtäglich in den Kommentarspalten meines Blogs und meines YouTube-Kanals eintrudeln.

Für die einen beginnt Selbstversorgung mit einem Topf Kresse auf der Fensterbank, für andere muss es schon etwas mehr sein. Ein überschaubarer Garten hinterm Haus, das sei Selbstversorgung – genug Frischgemüse im Sommer und für den Winter wird ein Teil der Ernte eingefroren. Wieder andere vermissen in dieser Definition die Tierhaltung. Ein paar Hühner oder Schafe gehören doch auch dazu? Ambitionierte Vertreter wollen oft auch ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen, etwa mit einem Stück Wald, um dort Brennholz zu schlagen. Und natürlich gibt es auch noch extremere Zeitgenossen. Für sie bedeutet Selbstversorgung, am Abend das Spinnrad anzuwerfen und es mit frisch geschorener Schafwolle zu füttern – im schummerigen Schein ihrer selbst gezogenen Bienenwachskerzen.

Rund um mein Haus gibt es mehrere Schuppen. Dort bringe ich auch Maschinen und Geräte unter.

Wie weit geht echte Selbstversorgung?

Ein Topf Kresse auf dem Fensterbrett ist natürlich keine Selbstversorgung. Und auch ein paar Quadratmeter Anbaufläche hinterm Haus reichen dafür nicht aus. Um genügend Gemüse anzubauen, muss es schon eine Nummer größer sein. Kommen noch Nutztiere hinzu, ist ein Reihenhausgärtchen schnell überfordert. Für Tiere braucht man schon ein ordentliches Stück Land, das die wenigsten von uns jemals besitzen werden. Je weiter man die Selbstversorgung also treibt, desto mehr ähnelt sie also dem Leben auf einem Bauernhof. Eben so wie früher. Heute werden sich Ihre Nachbarn aber bedanken, wenn jeden Tag zu nachtschlafender Zeit ein Hahn kräht, als würde man ihm an die Gurgel gehen. Selbst hier in meinem Dorf gibt es immer wieder Zwist zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen.

ZEIT IST GELD – UND UMGEKEHRT

Sei’s drum, das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Das moderne Leben ist zwar komfortabler aber eben auch komplizierter, hektischer und teurer geworden. Wer hat schon das nötige Kleingeld, um einen alten Bauernhof zu kaufen und ihn in Schuss zu bringen? Und wer hat dann auch noch das Wissen, das Geschick und vor allem die Zeit, so einen Hof in Stand zu halten und zu bewirtschaften? Ich wage zu behaupten, die wenigsten von uns. Überhaupt spielt der Faktor Zeit eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn Zeit ist bekanntlich Geld. Versicherungen, Strom, Kleidung, Reparaturen und vieles mehr müssen bezahlt werden. Es reicht eben nicht mehr, einfach nur seine Nahrungsmittel selbst anzubauen. Denn sogar der hartgesottenste Selbstversorger trinkt seinen Löwenzahnkaffee im Winter lieber in einem beheizten Zimmer. Und wenn er sich mit der Axt versehentlich eine klaffende Wunde ins Bein schlägt, freut auch er sich über einen Termin beim Arzt oder Chirurgen – vorausgesetzt die Beiträge für die Krankenversicherung wurden bezahlt. Um dieses Geld zu beschaffen, muss viel Zeit investiert werden – und die fehlt dann eben bei der Selbstversorgung.

ACH JA, WENN SIE SPÄTER MAL ALT UND BUCKELIG SIND, KÖNNEN AUCH EIN PAAR EURO RENTE AUF DEM KONTO SEHR HILFREICH SEIN. DIE MUSS MAN ABER ERST MAL ERARBEITEN.

Krumm wie eine Banane, ist aber ein Zucchino. Bei mir darf das Gemüse wachsen, wie es lustig ist.

Darf’s auch mal eine Banane sein?

Jetzt kommen Sie mir bloß nicht damit, man könne ja auf die allermeisten Errungenschaften des 21. Jahrhunderts gut und gerne verzichten. Ich bin sicher, kaum jemand von uns wäre bereit, ein Leben zu leben, wie es unsere Vorfahren gelebt haben. Und ich habe auch noch niemanden kennengelernt, der nie das Bedürfnis hatte, mal einen Hering oder eine Banane zu essen. Sie verstehen was ich meine? In der Theorie ist alles denkbar, in der Praxis aber kaum umsetzbar. Mir jedenfalls ist vollkommen klar, dass diese idealisierte Vorstellung von Selbstversorgung in der heutigen Zeit keinen Platz mehr hat.

Wenn ich von Selbstversorgung spreche, dann gehe ich von meinen persönlichen Lebensumständen aus, im Hier und Jetzt: Mama, Papa, zwei Kinder und viel Alltag mit all seinen Verpflichtungen. Mit Beruf und Haushalt, mit Samstagen auf dem Fußballplatz, auf dem der eine Sohn kickt, und Gitarrenkonzerten, auf denen der andere in die Saiten greift. Mit Weihnachtsbasaren und Elternabenden, mit einem Auto, das regelmäßig in die Werkstatt muss, und einer immer mal wieder kaputten Waschmaschine. Mit einem gemeinsamen Urlaub pro Jahr und begrenztem Zeitkontingent. Wir besitzen zwar keinen Bauernhof, aber auch kein winziges Reihenhaus. Wir kaufen unsere Brötchen beim Bäcker und unsere Milch beim Bauern, sind weder reich noch arm, nicht überfordert, aber angespannt. Eben eine ganz normale Familie.

»ICH REITE NICHT AUF EINEM PFERD ZUM ELTERNABEND.«

Ich hole mein Wasser auch nicht mit dem Eimer aus dem nächstgelegenen Bach. Auf etliche Annehmlichkeiten der modernen Gesellschaft will und kann ich nicht mehr verzichten.

Ein kleines Gedankenexperiment

Übrigens umfasst mein Verständnis von Selbstversorgung ausschließlich Lebensmittel. Gleichzeitig versuche ich nicht krampfhaft alles, was wir für unser Leben und Überleben brauchen, selbst zu erzeugen. Und doch denke ich, dass wir Selbstversorger sind. Wie das, fragen Sie?

Wir sind nicht mit riesigen Ländereien gesegnet, es reicht aber für einen weitläufigen Garten, der wesentlich mehr Gemüse abwirft, als wir verbrauchen können. Hier größere Tiere zu halten wird aber schon knifflig. Daher haben wir weder Schafe noch Ziegen – und schon gar keine Kuh. Auf unserem Grundstück tummelt sich allerdings eine Menge Kleingetier: eine große Hühnerschar, ein paar Enten und Gänse und vor allem Bienen. Die Hühner legen so viele Eier, die können wir gar nicht alle verarbeiten. Meine Enten und Gänse haben so viel Nachwuchs, dass wir sie längst nicht alle schlachten, braten und verspeisen könnten. Und vor allem die Bienen produzieren so viel leckeren Honig – wir wären Stammgäste beim Diabetologen, würden wir den komplett selbst konsumieren.

NUR GEMÜSE MACHT NICHT SATT

Jetzt bitte ich Sie, einmal zu träumen. Stellen Sie sich eine Gesellschaft vor, in der Sie einen Sack Kartoffeln zum Bäcker oder Metzger tragen, um ihn dort gegen Brot oder Fleisch zu tauschen. Weltfremd, werden Sie sagen. Sehe ich auch so. Aber der Grundgedanke ist richtig! Ich erzeuge in meinem Garten nicht nur einen Überschuss an Gemüse, sondern auch an Eiern, Suppenhühnern und vor allem Honig. Was wir nicht selbst verbrauchen, wird entweder verkauft, verschenkt oder notfalls an die Tiere verfüttert. Würde ich aber meine Gesamtproduktion inklusive Überschüsse in Kalorien umrechnen, wäre das genug, um davon vier Personen zu ernähren.

Fakt ist aber auch, dass unser Wirtschaftssystem schon seit Langem nicht mehr auf Tauschhandel fußt. Warum dann der ganze Aufwand, wenn sich diese Idee nicht in die Tat umsetzen lässt? Ganz einfach: Ein Garten ist eine feine Sache und jede Karotte, jede Gurke und jede Knoblauchknolle, die nicht aus fernen Ländern herbeigeschafft werden muss, ist ein Gewinn für uns alle. Ein Garten ist zudem ein Ruhepol für gestresste Menschen.

Ein Gemüsegarten produziert aber eben nur Gemüse, mit Fleiß und Schweiß sogar in recht ordentlichen Mengen. Wir sprechen hier jedoch von Selbstversorgung und dafür braucht es etwas mehr. Haben Sie schon einmal recherchiert, wie viele Kalorien eine Karotte enthält? Sie werden erstaunt sein, wie viele Sie essen müssten, um nicht zu verhungern. Somit reicht reiner Gemüseanbau im Garten niemals aus, um davon als Selbstversorger leben zu können. Es gibt einfach etliche Nahrungsmittel, die man im Garten nicht selbst kultivieren bzw. nur mit extrem viel Aufwand in einen verzehrfertigen Zustand bringen kann, die aber sehr viele, wenn nicht sogar den Löwenanteil der Kalorien liefern, die Menschen und Selbstversorger so zum Leben brauchen: Getreide, Ölpflanzen wie Raps oder Sonnenblumen – oder auch das Futter, um damit größere Tiere zu versorgen.

KLAR, IN KLEINEN MENGEN KANN MAN GETREIDE ANBAUEN. DAS IST DANN ABER EINE LIEBHABEREI. HABEN SIE SCHON MAL PROBIERT, MIT EINEM DRESCHFLEGEL WEIZEN AUS DEN ÄHREN ZU KLOPFEN? AUS EIGENER ERFAHRUNG KANN ICH IHNEN SAGEN: ES IST EINFACHER, SEINE BRÖTCHEN BEIM BÄCKER ZU HOLEN.

Mein mathematischer Kunstgriff

Um nun die Lücke zwischen dem, was nötig wäre, und dem, was ein Garten liefern kann, auszugleichen, rechne ich einfach unsere Überschüsse gegen die Nahrungsmittel auf, die wir leider nicht selbst produzieren können. Das ist ganz simple Algebra. Uns fehlt der Platz für Schafe und damit deren Milch und deren Fleisch? Kein Problem, wir kompensieren die fehlenden Kalorien durch Unmengen an Honig. Unser Brot kaufen wir beim Bäcker? Kein Problem, denn unsere Hühner legen Eier im Akkord. Soll heißen: Betrachtet man den physiologischen Brennwert, erzeuge ich in Summe genügend Lebensmittel, um damit (theoretisch) mich und meine Familie zu versorgen. In der Praxis nur eben leider nicht in der optimalen Zusammenstellung, die für eine ausgewogene Ernährung notwendig wäre.

Das Ergebnis ist aber dennoch eindeutig. Im Gegensatz zu jedem Gemüsegärtner schaffe ich es, mit meiner Hände Arbeit genügend Kalorien für vier Personen zu produzieren. Mag sein, dass Ihnen diese Gleichung wie ein merkwürdiger Kunstgriff vorkommt. Aber hat nicht jeder so seinen Spleen? Der eine lebt für seinen Sportwagen, der andere für sein Rennrad – und wieder andere klettern auf himmelhohe Berge. Ich habe eben diese Marotte mit den Kalorien. Damit müssen Sie leben.

KAPITEL 3

BLUTIGER ANFÄNGER

Wie ich zum Gärtner wurde

Vor einigen Jahren hätte ich eine Futterrübe nicht von einer Zuckerrübe unterscheiden können. Dass Kartoffeln und Tomaten tunlichst nicht nebeneinander im gleichen Beet wachsen sollten, hätte ich genauso ins Reich der Fabeln verwiesen wie die Tatsache, dass in einem Löffel Gartenerde mehr Mikroorganismen herumwuseln, als es Menschen auf unserem Planeten gibt. Wen interessiert das schon? Doch dann änderte sich mein Leben. Wie genau und warum? Bleiben Sie mal dran, dann erzähle ich Ihnen das.

Meine Verwandlung zum Landei

Einen Mispelbaum hätte ich damals nicht erkannt, selbst wenn ich mit der Nase dagegen gelaufen wäre. Und Phytophthora? Hätte ich wohl für eine ausgestorbene Dinosaurierart gehalten. Mein Leben spielte sich auf anderen Schauplätzen ab. Verschiedene Berufe, viele Reisen auf alle Kontinente der Erde, zehn Jahre Selbstständigkeit. Wozu musste ich dafür wissen, was Mulchen bedeutet oder warum es in Deutschland kaum noch wilde Bienenvölker gibt? Die Sommer hatten für mich sonnig und warm zu sein, Regen war eher unwillkommen. Größere Erwartungen an die Natur hatte ich eigentlich nicht.

Die Vorstellung, dass ich irgendwann einmal an lauen Sommerabenden freudig-staunend in meinem Garten sitzen würde, um meinen Pflanzen sprichwörtlich beim Wachsen zuzusehen, wäre so abstrakt gewesen – ich hätte mich vermutlich krummgelacht.

Meine ersten Gehversuche im Garten

Doch dann kam Nachwuchs in unser Leben. Wir wohnten damals in recht beengten Verhältnissen. Eine 35 Quadratmeter große Wohnung, als Selbstständiger war ich im Dauerstress, hatte keine ruhige Minute. Das war kein Umfeld für Kinder. Schließlich hatte meine Frau die zündende Idee, einen Schrebergarten anzumieten und so wenigstens von Zeit zu Zeit ein bisschen Natur zu genießen. Es dauerte nicht lange, da hatte sie auch schon eine schmucke, noch völlig unerschlossene Parzelle in einer Kleingartenkolonie gefunden: keine Beete, keine Laube, einfach nur eine Wiese, auf der zu unserer Überraschung ein einsamer Esel weidete.

Nun gut, der Esel musste weichen. Und da ich damals ziemlich unter Strom stand und zudem kein Mensch bin, der sich gerne faul im Liegestuhl räkelt, krempelte ich sofort die Ärmel hoch und begann zu wuseln und zu wurschteln. Ich benutze ganz bewusst diese Begriffe, denn der Ausdruck »Gartenarbeit« wäre bei meinem damaligen Wissen maßlos übertrieben gewesen.

Doch wo und wie anfangen, noch dazu, wenn man völlig planlos ist? Als Erstes baute ich ein kleines Holzhaus auf die Wiese. Dann begann ich, meine ersten Gemüsebeete anzulegen. Es war schon Anfang Juli und ich hatte wirklich keinen blassen Schimmer vom Gärtnern. Also fuhr ich kurzerhand ins örtliche Gartencenter, schnappte mir einen Verkäufer und fragte, was man denn in diesem Jahr noch so anbauen könnte. Zurück kam ich dann mit jeder Menge Radieschensamen. Ich hatte mir gleich mehrere Tütchen mit unterschiedlichen Sorten herausgepickt. Die wuchsen auch prima, wie es Radieschen eben so tun. Aber es waren einfach unglaublich viele, in Summe bestimmt eine Pflanzenreihe von dreißig Meter Länge! Ein herrlicher Anblick. Dumm nur, dass nach ein paar Wochen alle Radieschen gleichzeitig reif wurden. Die gesamte Ernte zu essen war trotz aller Bemühungen unmöglich. Schon hatte ich also meine erste Lektion in Sachen Gärtnern gelernt: Erst nachdenken, dann säen!

»ERST DENKEN, DANN SÄEN! EIN WENIG PLANEN MUSS MAN SCHON.«

Es dauert ein Weilchen und man muss wohl erst das eine oder andere Mal auf die Nase fallen, bevor man diese Gärtnerweisheit verinnerlicht.

VOM LESEN, LERNEN UND VERZWEIFELN

Im Laufe der Jahre folgten natürlich viele weitere kleine und große Aha-Erlebnisse. Aber jede Lektion, die ich manchmal zähneknirschend ertragen musste, hatte auch ihre positiven Seiten. Denn einen einmal gemachten Fehler wiederholt man so schnell nicht wieder. Ich begann, mir Gartenbücher zu besorgen und sie zu verschlingen. Schon bald stapelten sich Ratgeber und Fachliteratur meterhoch auf meinem Schreibtisch: Bücher, die mir verrieten, wie man im Hochbeet gärtnert, wie man ein Gewächshaus selbst baut oder sein eigenes Saatgut vermehrt. Bücher über Hühner, Bienenhaltung und Gründüngung. Bücher über biologischen Pflanzenschutz, über den Anbau exotischer Kulturen. Und, wie könnte es anders sein, natürlich auch etliche Bücher rund um das Thema Selbstversorgung.

Einfach mal machen!