Sex - Veronika Schmidt - E-Book

Sex E-Book

Veronika Schmidt

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Beschreibung

Für aufgeklärte Teenager mit starker Identität Bei Teenagern tut sich viel: Körperliche Veränderungen sind genauso präsent wie Fragen nach der eigenen Identität. Dieses Buch begleitet Teenager auf dem Weg ins Erwachsenwerden, in direkter Ansprache, alters- und zeitgemäß. Immer mit dem Ziel, dass sich aus Mädchen und Jungs selbstbewusste, gefestigte junge Frauen und Männer entwickeln, die wissen, wer sie sind, und die sich ihrer gottgegebenen Sexualität nicht schämen.

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Seitenzahl: 248

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Veronika Schmidt

SEX

ALLES, WAS DICH INTERESSIERT

SCM ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7577-7 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-6119-0 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© 2022 SCM Verlag in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-verlag.de · E-Mail: [email protected]

Die Bibelverse sind folgender Ausgabe entnommen: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe

© 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.

Gesamtgestaltung und Illustrationen: Erik Pabst, www.erikpabst.de

Autorenfoto: © Sophia Langner

HIER GEHT’S UM DICH! ALSO LASS DIR DAS AUF KEINEN FALL ENTGEHEN.

INHALT

Über die Autorin

VORWORT   SEX, SEX, SEX …

Alle reden über Sex?!

1   PUBERTÄT – VON DER SUCHE NACH DIR UND DEM MUT, DU SELBST ZU SEIN

Kick-off für deine Pubertät

Die wichtigste Veränderung, die du je erleben wirst

Wie bist du geschaffen?

Auf der Suche nach dir selbst

2   WISSEN HILFT – ANATOMIE, BIOLOGIE, IDENTITÄT

Warum wir so sind und doch anders

Wir sind gleich

Sex und Identität – eine diverse Geschichte

Junge oder Mädchen – wie muss ich sein?

3   DEIN KÖRPER – ENTDECKE DEIN SEXUELLES ZUHAUSE

Wenn der Körper erwachsen wird

Körper und Hirn sind eine untrennbare Einheit

Der Jungs-Körper

Der Mädchen-Körper

Die hoffentlich beste Zeit deines Lebens

4   DER ZYKLUS DER FRUCHTBARKEIT – WIE BABYS ENTSTEHEN

Starte dein Zyklustagebuch

Period Positivity

Ohne Mens kein Mensch

Mens-Produkte – Alles für die roten Tage

Menstruationsbeschwerden & weniger coole Seiten des Frauseins

Bei der Gynäkologin oder beim Gynäkologen

Wie ein Kind entsteht

5   LUST – ANFASSEN ERLAUBT!

Warum Selbstliebe Freude oder Scham auslöst

Na, fühlst du dich gut an?

Klitoris- und Penis-Yoga – Der Beckenboden

6   DER ORGASMUS – SO GEHT’S ZUM HÖHEPUNKT

Orgasmus für Jungs

Orgasmus für Mädchen

7   IDENTITÄT – COOL GENUG, SCHÖN GENUG UND SELBSTSICHER

Wie du gesunden Selbstwert und ein gutes Selbstgefühl entwickelst

Jungs-Identität – Vom »Frauenland« ins »Männerland«

Lass dich täglich optimal frustrieren!

Schön genug

8   DEIN BEZIEHUNGSSTATUS – SEX VERÄNDERT ALLES

Entscheide selbstbewusst

Kein Sex vor der Ehe

Verliebt

Getrennt

Zusammen

Küssen

Nackte Haut

Petting

Das erste Mal

Liebe machen

Los geht’s!

9   VERANTWORTUNG – ENTSPANN DICH, DU HAST ZEIT ZU REIFEN

Sex und Bibel – ein gaaanz heißes Thema!

Regeln sind zum Brechen da – oder so …

Erst die Freiheit, etwas zu tun, gibt dir die Freiheit, es zu lassen!

Nein sagen

10   VERHÜTUNG – GUTER SCHUTZ UND GUTE GRENZEN TUN DIR GUT

Gib dem Leben eine Chance

Was guten Schutz ausmacht – und wie er wirkt

Barriere-Methoden

Hormonelle Methoden

Natürliche Methode

Die Spiralen

Unsichere Verhütungsmethoden und Praktiken

Notfallverhütung – kein Verhütungsmittel

11   NICHT ALLES EASY

Pornos sind nicht das reale Leben

Sexfalle Internet

Erfahrungen von sexualisierter Gewalt

RESPEKT!

HILFREICHE WEBSEITEN

ANMERKUNGEN

ÜBER DIE AUTORIN

Veronika Schmidtsagt: »100 Prozent tabufreie Zone!«, wenn es um Fragen rund um Sexualität geht. Sie berät als klinische Sexologin, systemische Beraterin und Diplom-Sozialpädagogin seit über 30 Jahren Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Sie ist außerdem als Referentin und Autorin tätig.

www.veronikaschmidt.ch

VORWORT SEX, SEX, SEX …

Wer bin ich? Wer will ich sein? Und wie ist das mit dem Sex? In diesem Buch hier geht es um dich! Um alles, was du schon immer wissen wolltest. Über Sex, über die Pubertät und übers Erwachsenwerden. Deshalb lass dir das nicht entgehen. Sprechen wir darüber!

Ich heiße Veronika. Inzwischen bin ich bereits glückliche Oma von fünf Enkelkindern! Und ganz ehrlich: Zwischen meiner Welt und deiner gibt es sehr große Unterschiede. Als ich das erste Mal Sex hatte, war es 1983. Heute ist eine andere Zeit – stimmt! Aber manches bleibt. Zum Beispiel, dass junge Menschen wie du neugierig sind, wie ihr Körper gemacht ist, wie es sich anfühlt, Lust zu haben und mit dem anderen Geschlecht auf Tuchfühlung zu gehen. Leider auch, dass Sex immer noch mit einer Menge Tabus, Mythen und Geheimnissen verbunden ist.

Also, warum solltest du dir von mir etwas zum Thema Sex sagen lassen? Ich bin Sexologin und Familientherapeutin. Zu mir kommen Menschen in die Beratung, die sich Hilfe dabei wünschen, über ihren Körper, ihre Beziehungen und ihre Sexualität zu sprechen. Es bewegt mich, wenn ich mitbekomme, wo es im Miteinander hakt. Viel zu oft erlebe ich, dass zu viele Menschen keinen Spaß an ihrem Körper und später an Sex haben. Da wünsche ich mir für dich etwas anderes. Deswegen habe ich dieses Buch geschrieben. Ich verspreche dir ausführliche Antworten und gute Erklärungen zu deinen Fragen.

Aber kein Stress, du musst nicht alles sofort wissen und nicht alles sofort erleben. Antworten findest du ein Leben lang, immer wieder. Wenn’s passt, wirst du größere Zusammenhänge verstehen und deine eigenen Ansichten finden. Solche Erkenntnisse helfen dir, sinnvolle Antworten auf die Fragen des Lebens zu finden. Eine davon ist: Was braucht der Mensch, um sich gut zu entwickeln? So, wie eine Pflanze Wasser benötigt, braucht jeder Mensch von Geburt an Zuwendung und Geborgenheit. Das ist nicht nur ein Bedürfnis, sondern lebensnotwendig, wie Nahrung und Luft.

Was vermittelt uns Zuwendung und Geborgenheit? Genau: Hautkontakt und Umarmungen und Liebe, und zwar so viel und so oft wie möglich. Für ein Kind ist die erste und wichtigste Liebesbeziehung die zu den Eltern. Im Lauf der Entwicklung wird diese erste Liebe bei vielen abgelöst durch eine erwachsene Liebe zu einem ausgewählten Lieblingsmenschen. Man löst sich von den Eltern und macht sich auf in ein eigenes Leben und in eine eigene Liebesbeziehung. Nun bekommt und gibt man in dieser neuen Beziehung Sicherheit und Wärme, Umarmungen und Berührungen.

SEX IST AUCH: VERLIEBT SEIN, FLIRTEN, ERREGT SEIN UND LUST EMPFINDEN, SICH SELBST ODER JEMAND ANDEREN EROTISCH BERÜHREN, STIMULIEREN, UND DANN NATÜRLICH AUCH MIT JEMANDEM SCHLAFEN, LIEBE MACHEN … NEUES LEBEN ZEUGEN.

Dazu kommt jetzt aber noch etwas ganz Neues, was es in der Eltern-Kind-Beziehung nicht gibt: sexuelle Lust und eine erotisch knisternde Form der Liebe, jemand anderen mit allen Sinnen, mit dem ganzen Körper nackt spüren und miteinander schlafen. Dadurch fühlt man sich dem anderen so nah wie möglich und kann dabei einen körperlichen und emotionalen Rauschzustand erleben. Das ist Sex. Das macht eine Paarbeziehung aus. »Sex« ist alles, was in weitestem Sinne mit sexuellen Gefühlen und Verhaltensweisen zusammenhängt. Also bei Weitem nicht nur Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung.

Doch bis es so weit ist, hat die Natur eine besondere Phase vorgesehen: deine Pubertät. Sie ist die Übergangszeit vom Kind zum Erwachsenen. Von jetzt an spielt deine eigene Sexualität in Beziehungen zu anderen Menschen immer eine Rolle. Nicht nur im Liebesleben. Plötzlich betrachtet man Mitschülerinnen, Kollegen, Freunde, Prominente, Lehrer durch die Brille der Sexualität. Und das tun alle anderen auch. Man fühlt sich körperlich zu anderen Menschen hingezogen. Sexuelle Bedürfnisse werden wach und rufen nach Befriedigung. Man möchte einem anderen Menschen gefühlsmäßig nahe und mit ihm vertraut sein. Dieser Mensch gefällt einem äußerlich, und sein oder ihr Charakter, Wesen und Ausstrahlung sind faszinierend.

Alle reden über Sex?!

Könnte man meinen! Sex ist zwar überall, aber darüber sprechen? Fehlanzeige. Warum reden die Eltern und andere Erwachsene nicht offener darüber und sagen, was Sache ist? Wahrscheinlich ist es ihnen ein bisschen peinlich oder sie fühlen sich unsicher dabei. Denn in der Generation der Eltern deiner Eltern war Sex noch ein totales Tabuthema, über das niemand geredet hat. Das ist heutzutage zum Glück anders. Darüber zu reden, heißt ja aber noch lange nicht, dass du auch direkt Sex haben willst oder gar musst.

Fest steht: Sex ist die natürlichste Sache der Welt. Also, Schluss mit rumdrucksen und roten Köpfen. Kommen wir zur Sache. Bist du neugierig? Willst du mehr darüber wissen? Willst du deinen Körper kennenlernen? Willst du erfahren, warum die Pubertät die wichtigste Veränderung ist, die du je erleben wirst? Dann herzlich willkommen in diesem Buch und auf unserer gemeinsamen Reise in die Welt der Sexualität!

1 PUBERTÄT – VON DER SUCHE NACH DIR UND DEM MUT, DU SELBST ZU SEIN

»Die oder der ist in der Pubertät« – Augenrollen. Ja, ja, so was hast du sicher auch schon zu hören bekommen. Hat dich sicher gekränkt, wenn du damit gemeint warst. Denn was kannst du denn dafür? Hat man da etwa eine Wahl? Eben! Pubertät, das hört sich schon so komisch an und kann auch richtig stressig werden. Wenigstens zeitweise. Dein Körper verändert sich und auch deine Gefühle. Von einem Tag auf den anderen machst du dir plötzlich Gedanken über dich selbst. Beginnst dich selbst zu beobachten. Kann ganz schön anstrengend sein.

In der Pubertät entwickelst du langsam eine Vorstellung davon, wie du sein könntest und sein möchtest. Du schätzt dich selbst ein – hoffentlich mit einem liebevollen Blick. Hoffentlich mit Selbstvertrauen. Du entwickelst deine ganz eigene Lebenseinstellung – die Art, wie du das Leben siehst. Du lernst, selbstbestimmter zu leben und dich in deiner Welt einzubringen und sie mitzugestalten. Man nennt das »Selbstverständnis«. Das Zusammensein mit deinen Freundinnen und Freunden wird dir wahrscheinlich immer wichtiger. Mit ihnen kannst du diskutieren, rumblödeln, lachen, schwärmen, einfach eine coole Zeit verbringen. Manchmal ist es nicht so einfach, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen, selbstbewusst zu sein und zu den eigenen Anschauungen zu stehen. Egal, ob du gern anführst, lieber für Stimmung sorgst oder eine zurückhaltende Person bist: Die Welt braucht dich, du bist wichtig! Lass dir nichts anderes einreden.

UND TSCHÜSS, KINDHEIT.

Das Leben mutet dir jetzt ziemlich viel zu. Dein Körper, aber auch dein Gehirn, dein Denken, deine Wahrnehmung – alles verändert sich. Fast könnte man sagen, du musst dich neu erfinden. Aber die guten News: Wenn die Körper- und Gehirnentwicklung abgeschlossen ist, wirst du dich definitiv erwachsener fühlen und dich zunehmend mit deinem veränderten Körper anfreunden. Wie deine Persönlichkeit sich ausprägt, das hängt auch davon ab, was dir deine Familie, die Gesellschaft, die Kultur und die Religion für Möglichkeiten aufzeigen und wie sie dich dabei unterstützen.

Sie können dich dabei unterstützen, indem sie dir helfen, eine eigene Meinung zu grundsätzlichen Lebens- und Glaubenserfahrungen zu finden. Indem sie dir zutrauen, eigene Urteile über wichtige und unwichtige, gefahrvolle und bedenkenlose, falsche und richtige Möglichkeiten zu fällen. Indem sie dir eine lebensbejahende Haltung vermitteln und dich ermutigen, deinen individuellen Weg im Leben zu suchen und deine Talente zu entfalten. Indem sie dir mit Achtung, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Sympathie begegnen. Indem sie liebevoll mit dir umgehen, aber doch auch Grenzen aufzeigen und dir Halt und Struktur geben.

Deine Eltern werden dich also vermutlich immer noch morgens aus dem Bett scheuchen, deinen Medienkonsum reglementieren, erwarten, dass du deine Hausaufgaben erledigst und dich an die Regeln und Gesetze der Gesellschaft hältst. Sie werden dir nicht nur Privilegien gewähren, sondern dir auch Pflichten auferlegen, und das mit Recht. Mit dem guten Ziel, dass du dich selbst organisieren lernst und selbstständig wirst.

Kick-off für deine Pubertät

Der »Motor« sind die Hormone, den Startschuss gibt das Gehirn. Es ist die winzige Hypophyse – die Hirnanhangdrüse –, die durch ihre Hormonproduktion das Signal zur Veränderung setzt. Diesen Auftrag, neue Hormone zu produzieren, erhält sie wiederum vom Hypothalamus, einer wichtigen Steuerzentrale im Zwischenhirn. Über Zwischenschritte informiert dieses die Hoden und Eierstöcke, dass nun die Zeit gekommen ist, den heranwachsenden Körper mit den Sexualhormonen Testosteron und Östrogen zu fluten. Die Hormone regen die Keimdrüsen und die Nebennierenrinde an, die körperliche Reife wird nun in Etappen vollzogen.

Das sind komplexe Zusammenhänge; vereinfacht gesagt melden die Hormone dem Körper, wie er sich verändern muss, damit du erwachsen wirst. Hormone fungieren wie chemische Botschaften oder Befehle. Diese Botschaften fließen mit dem Blut durch deinen Körper und sagen den Zellen und Organen, was gerade zu tun ist, damit dein Kinderkörper zu einem Erwachsenenkörper wird, dein Kinderhirn zu einem Erwachsenenhirn. Wie der Reifeprozess verläuft, ist ganz unterschiedlich. Einige Jugendliche entwickeln sich deutlich früher als andere.

WAS IST EIN HORMON?

Hormone sind Stoffe, die der Körper selbst bildet. Sie regeln alle wichtigen Abläufe: das Wachstum, die Verdauung, die Temperatur und sogar die Gefühle. Wenn du in die Pubertät kommst, fängt dein Körper an, vermehrt besondere Hormone, nämlich Geschlechtshormone (Sexualhormone) herzustellen. Sie sorgen dafür, dass der Körper insgesamt wächst und sich verändert. Die Knochen werden zum Wachstum angeregt. Die Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsorgane entwickeln sich. Mädchen kriegen einen Busen und ihre Tage, Jungen den ersten Samenerguss. Haare sprießen unter den Achseln, an der Vulva und rund um den Penis und an Armen und Beinen – und bei Jungs am Kinn. Die Kopfhaare werden durch die vermehrte Talgabsonderung schneller fettig. Die Schweißdrüsen werden aktiver. Die Haut verändert sich, bei manchen bilden sich Pickel. Manchmal spielen die Gefühle ganz schön verrückt. All das bewirken die Hormone.

in sexuelles Wesen bist du aber nicht erst, wenn du erwachsen bist, sondern schon von deiner Entstehung an. Sexualität hat erst mal noch gar nichts mit Geschlechtsverkehr zu tun, auch wenn man den oft »Sex« nennt. Der lateinische Begriff für Geschlecht ist »sexus«. Davon abgeleitet bedeutet »sexualitas« wörtlich übersetzt das »Geschlechtlich-Sein«. »Sexualität« heißt also einfach nur, dass du einem Geschlecht angehörst und ein geschlechtliches Wesen bist.

Selbst wenn du deine Sexualität nicht bewusst wahrnimmst – sie ist immer da. Doch spätestens mit der Pubertät drängt sie sich dann unausweichlich in den Vordergrund. Die Sexualität wird dein Leben ziemlich stark bestimmen. Je mehr du darüber Bescheid weißt, desto entspannter kannst du mit dir und deinem Körper sein. Je weniger du weißt, desto mehr verunsichert und hemmt dich diese Entwicklung. Wenn es ganz blöd läuft, beginnst du dich zu schämen, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt.

SEXUALITÄT HAT ERST MAL NOCH GAR NICHTS MIT GESCHLECHTSVERKEHR ZU TUN, AUCH WENN MAN DEN OFT »SEX« NENNT.

Sicher hast du als Baby deinen eigenen Körper erforscht und ertastet, denn so hast du ihn kennengelernt. Das ist wichtig und deshalb in der menschlichen Entwicklung so vorgesehen. Möglicherweise hast du dadurch angenehme Gefühle entdeckt, auch im Intimbereich. Das sind erste sexuelle Lernschritte. Ein Kind interessiert sich vor allem für die körperlichen Vorgänge, die es bei sich selbst wahrnimmt. Es ist auf sich selbst bezogen. Aber mit der Pubertät und den hormonellen Veränderungen werden plötzlich andere Menschen interessant, auch sexuell. Was bedeutet: Jetzt wird das andere Geschlecht spannend! Früher doof – jetzt aufregend! Du siehst dich jetzt mehr durch die Augen anderer: Werde ich bemerkt? Gefalle ich? Komme ich an? Bin ich beliebt? Findet man mich attraktiv? Mag ich mich überhaupt selbst?

Deinen Körper und die sexuellen Vorgänge zu kennen, ist wichtig, um verantwortungsvoll damit umzugehen und Freude am Sex zu genießen. Dieses Buch soll dir helfen, die hormonellen, körperlichen und emotionalen Veränderungen in der Pubertät zu verstehen.

Die wichtigste Veränderung, die du je erleben wirst

Willkommen in der Pubertät. Sie ist ein aufregender Türöffner in die Welt des Erwachsenenseins. Alles, was jetzt mit dir passiert, ist quasi ein mega Update deiner Person! Du bekommst lauter coole neue Features, mehr Speicherkapazität, eine bessere Auflösung und wirst einfach insgesamt du 2.0. Das ist doch einiges an Neustarts, Systemabstürzen und kleinen Hängern wert, oder?

Die Pubertät ist vielleicht nicht immer die angenehmste Zeit, aber eine sehr wichtige! Du wirst erwachsen und nabelst dich von deinen Eltern ab. Nie mehr im Leben wirst du neugieriger und experimentierfreudiger sein. Und die meisten Erwachsenen gestehen dir in dieser Zeit auch eine gewisse Narrenfreiheit zu, weil sie ja selbst schon durch die Pubertät gegangen sind und wissen, dass das alles nicht so einfach ist. Sie wissen, dass du dich selbst ausprobieren musst, auch wenn sie sich erst daran gewöhnen müssen. Auch wenn dich deine Bezugspersonen gerade manchmal nerven, bleiben sie doch wichtige Menschen und sind bis zu deiner Volljährigkeit für dich verantwortlich. Es ist euer gemeinsamer Job, immer wieder neu deine Wünsche und Bedürfnisse auszuhandeln und dabei geduldig und respektvoll zu bleiben. Sollten deine Eltern das manchmal vergessen, darfst du sie daran erinnern.

OHNE JUGENDZEIT KEINE MENSCHHEIT

»Ohne Jugend wären wir wahrscheinlich kurzlebig und dumm«, sagt der Biologe David Bainbridge.1 Er fordert mehr Wertschätzung der Jugendzeit, weil die Kreativität von Teenagern und ihr Drang nach Veränderung die Triebkräfte unserer Gesellschaft sind. Also du! Viele Innovationen sind der Entwicklung des Hirns in der Lebensphase zwischen 15 und 25 Jahren zu verdanken, denn in dieser Zeit sind Risikobereitschaft und Offenheit für Neues so stark ausgeprägt wie nie vorher oder nachher.

Viele Errungenschaften, die die Menschheit bereichert und weitergebracht haben, nahmen ihren Anfang in den Jugendjahren des Erfinders, Entwicklers, Künstlers: Mozart, Marie Curie, Einstein, Picasso, Stephen Hawking, Jesus … oder in der Jetztzeit die 16-jährige Teenagerin Cynthia Lam, die eine Maschine entwickelte, die nicht nur Trinkwasser von Verunreinigungen säubert, sondern gleichzeitig auch noch Elektrizität erzeugt. Viele junge zeitgenössische Erfinder wie die Amerikanerin Hannah Herbst oder der Italiener Mattia D’Angelo werden jährlich ausgezeichnet und mit Initiativen wie »Jugend forscht« ständig gefördert.

Besonders im Gehirn bewirkt dein »Update« echt große Umbaumaßnahmen – alles, was drin war, kommt raus und neu wieder rein. Vieles funktioniert plötzlich nicht mehr wie gewohnt, dafür wird Neues und Anderes möglich. Das Tempo deiner Denkprozesse wächst. Du denkst jetzt auch über Dinge nach, die dir vorher egal waren. Diese Umbaumaßnahmen im Gehirn nehmen meist sogar mehr Zeit in Anspruch als die Veränderung deines Körpers.

Die große Baustelle ist die sogenannte »graue Substanz« des Gehirns, verantwortlich für die denkenden und wahrnehmenden (beobachtenden) Aufgaben. In den Jahren vor der Pubertät bilden sich da Riesenmengen Nervenzellen und Kontaktstellen. Und dann, mit Beginn der Pubertät, sterben Milliarden davon wieder ab. Das Gehirn trennt sich von Störendem, um fit zu werden für die Herausforderungen des Erwachsenenlebens. Verknüpfungen, die häufig beansprucht werden, bleiben erhalten, ja, werden sogar verstärkt. Solche, über die kaum »gefunkt« wird, verkümmern und verschwinden wieder.

Das Gehirn bildet ganz neue Verschaltungen, mit deren Hilfe es Informationen verarbeiten und speichern kann. Was Ballast ist und was nicht, bestimmt dein Lebenswandel, sagt der Hirnforscher und US-Psychiater Jay Giedd: »Ihr entscheidet selbst über die permanenten Verschaltungen in eurem Gehirn. Wollt ihr es durch Sport zur Reifung bringen, durch das Spielen eines Musikinstruments oder durch das Lösen mathematischer Aufgaben? Oder indem ihr auf der Couch vor dem Fernseher liegt?«2

DIE HIRNREGIONEN REIFEN NICHT IM GLEICHTAKT

Die Baustellen in den Arealen für Bewegungssteuerung und Wahrnehmung schließen sich relativ bald wieder. Die Umbauten in den Feldern für Sprache und räumliche Orientierung hingegen dauern länger.

Am längsten braucht das Präfrontalhirn, das direkt hinter der Stirn angesiedelt ist. Ausgerechnet dieser Stirnlappen ist zuständig für Dinge wie Aufgaben planen, Prioritäten setzen, Konsequenzen abwägen und Impulse unterdrücken. Die emotionale Steuerung im Gehirn und der Umgang mit Gefühlen muss neu reguliert werden. Deshalb kann es gut sein, dass bei dir ab und zu mal verbal so richtig die Fetzen fliegen – oder dass du gar nichts mehr sagen willst.

Dein im Umbau befindliches Präfrontalhirn sieht und beurteilt die Welt und deren Signale anders, als es sich die meisten Erwachsenen wünschen würden. Du handelst impulsiver und unüberlegter und kannst Folgen einer Handlung schlechter abschätzen. Du experimentierst und provozierst mit Aussehen und Kleidung. Deine Eltern befürchten vielleicht, dass du nicht mehr für die Schule lernst, lange ausgehst, gefährliche Sachen ausprobierst, wie Drogen- und Alkoholkonsum, risikoreiches Sexualverhalten zeigst oder in Gewalt verwickelt wirst. Du kannst die Mimik deines Gegenübers nicht mehr so richtig einschätzen. Du siehst Ärger, wo gar keiner ist. Die Erwachsenen erscheinen dir nervig und launisch.

Deswegen fühlst du dich manchmal unverstanden und abgelehnt. Also mach dich auf einiges an Missverständnissen und Streit gefasst. Miteinander zu reden und Entscheidungen zu treffen, könnte schwieriger werden. Denk immer daran, dass das meiste davon mit den Renovierungsarbeiten in deinem Kopf zu tun hat und du es am besten nicht zu ernst nehmen solltest. Dann wird alles leichter – für dich und dein Umfeld.

Wie bist du geschaffen?

»So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er sie, männlich und weiblich schuf er sie (das heißt »geschlechtlich«).

1. Mose 1,27; EU

Gott hat am Anfang der Schöpfungsgeschichte die Menschen »männlich und weiblich« geschaffen, steht in der Bibel. Auch wenn in den meisten Bibelübersetzungen »Mann und Frau« steht.3 Und danach sagte er sich: »Gut gemacht!« Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen. Und Gott ist weder ein Mann noch eine Frau – aber männlich und weiblich gleichzeitig. Frank Crüsemann hat für die »Bibel in gerechter Sprache« deshalb versucht, diese Bibelstelle zu übersetzen, ohne Gott geschlechtlich festzulegen: »Da schuf Gott Adam, die Menschen, als göttliches Bild, als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich und weiblich hat er, hat sie, hat Gott sie geschaffen.«4

Männlich und weiblich sind Pole, so wie hell und dunkel, Himmel und Erde, das Meer und das Land. Es sind Dinge, die einander gegenübergestellt sind. Selbstverständlich sind auch alle Nuancen dazwischen mitgemeint. Zwischen Tag und Nacht gibt es die Dämmerung und auch Morgenrot und Abendrot. Zwischen Meer und Land ist die Lagune. Und so gibt es auch Variationen zwischen »typisch weiblich« und »typisch männlich«, also wie eine Frau oder ein Mann sind, aussehen und sich verhalten.

Die Geschlechtlichkeit ist die Grundlage des Menschseins. Ohne sie geht nichts. Unser »Geschlechtlich-Sein« und die Sexualhormone sind sozusagen das Energiezentrum, die Power-Bank unseres Selbst. Körper, Gesundheit, Psyche und Emotionen werden von ihr beeinflusst.

Eine gesunde geschlechtliche beziehungsweise sexuelle Identität zu haben, bedeutet, dass du dir bewusst bist, welchem Geschlecht du angehörst, und dich damit wohlfühlst. Dass du gern weiblich oder männlich bist. Gern geschlechtlich bist. Es bedeutet, dass du dich wohlfühlst in deinem Körper. Dass du dich wohlfühlst mit dem, was deine Sexualität in dir auslöst. Nicht alle sind sich der eigenen Sexualität direkt sicher. Zweifel, Ängste und Krisen gehören dazu. Hab Geduld mit dir und gib dir Zeit! Bis man da angekommen ist, kann es eine Weile dauern.

Zur Pubertät gehört auch, dass du dich mit deinen Werten und Normen auseinandersetzt. Und auch da wieder mit der Frage, welche Bedeutung Sexualität in deinem Leben einnehmen soll. Werte fragen danach: Was finde ich grundsätzlich gut? Was glaube ich? Was passt zu mir, was passt mir nicht? Wie will ich mit Menschen umgehen? Welche politische Haltung vertrete ich? Normen dagegen sind die (ungeschriebenen) Regeln in den Kreisen, in denen du dich bewegst und zu denen du dazugehören willst: Wie muss ich aussehen, sprechen, mich verhalten, um meinen Platz im Jugendtreff, in der Kirche, im Sportverein, in der Freundesclique zu finden? Zur Selbstfindung gehört es auch, solche Normen kritisch zu überdenken: Sind die überhaupt gut? Will ich das eigentlich? Und wenn nicht, was dann?

Auf der Suche nach dir selbst

Wissen hilft! Probleme entstehen oft, wenn du über etwas nicht Bescheid weißt. Oder mit niemandem darüber sprechen kannst. Aber dafür sind wir ja jetzt hier und reden über deinen Körper und deine Sexualität. Wir werden einiges dazu besprechen, wie sich Sexualität entwickelt und welche Einzelheiten dabei wichtig sind. Wie sich deine sexuelle Persönlichkeit formt. Es geht noch lange nicht um »Sex haben mit einem anderen Menschen«.

Zuallererst ist mal wichtig, dass du eine eigene sexuelle Persönlichkeit entwickelst. Stell sie dir vor wie einen Baum. Der Stamm ist das, was in deinem Körper angelegt ist, und die Äste, Zweige, Blätter und Früchte sind das, was du im Laufe der Kindheit und Jugendzeit an Körpererfahrungen drauf aufbaust.

Jeder Mensch besitzt bei seiner Geburt Sinne und Reflexe. Deren Aufgabe ist es, Lernprozesse in Gang zu setzen, damit du bestimmte Fähigkeiten entwickelst. Zum Beispiel Atmen, Saugen, Schlucken, Greifen, Laufen, Sprechen und vieles mehr. Im Genitalbereich gibt es den Erregungsreflex. Seine Aufgabe ist es, dich auf sexuelle Empfindungen aufmerksam zu machen, damit du sie entwickeln kannst. Sexualität will nämlich gelernt werden, wie alles andere in der Entwicklung auch. Kinder entdecken den Erregungsreflex, indem sie sich am Körper berühren und mit ihren Genitalien spielen. Und weil das schöne Empfindungen auslöst, experimentieren sie immer weiter herum, wie sie die angenehmen Gefühle in den Genitalien erneut wecken oder verstärken können.

DER ERREGUNGSREFLEX IST NICHT KONTROLLIERBAR

Also keine Bange, wenn du bei einem sinnlichen Impuls oder erotischen Reiz (Situation, Berührung, Gedanke, Film, Buch, Reden …) oder auch ganz ohne Anlass als Junge spontan eine Erektion bekommst oder als Mädchen feucht wirst und es in deinem Intimbereich angenehm kribbelt. Das heißt einfach nur: »Halleluja, es funktioniert!« Dein Körper trainiert Erregung, und das ist gut so. Lass den Reflex zu und feiere ihn. Denn ignorierst du ihn über Jahre oder sogar Jahrzehnte, kann er verkümmern. Dann »kappt« das Hirn die Verbindungen wegen »Nichtgebrauch«. Die Verbindung kann wieder aktiviert werden, klar. Denn unser Hirn ist dazu lebenslang in der Lage. Aber es braucht Aufwand und Übung.

Dein Erregungsreflex ist also eine richtig gute Sache, und er gehört zu dir. Durch ihn entdeckst du deine Sexualität und lernst deinen Körper besser kennen. Es ist also nicht nur okay, sondern sogar richtig gut für deine Entwicklung, dich selbst zu berühren, wenn dir danach ist. Du lernst, wie sich Erregung anfühlt, wie du die Erregung steigern und wie du sie in einem Orgasmus entladen kannst. Und wenn du das für dich selbst entdeckst, weißt du später besser, wie du das alles mit jemand anderem zusammen genießen kannst. Aber wenn du keine Lust auf sexuelle Berührungen hast, dann lässt du es einfach. Möglicherweise kommt die Lust darauf später. Alles hat seine Zeit.

SEXUELLE FÄHIGKEITEN

Gelbe Bestandteile sexueller Fähigkeiten: Je stärker und gesünder dein sexueller Baum entwickelt ist, desto schöner ist für dich die Solosexualität und später Paarsexualität. Ganz wichtig dafür sind deine eigenen Körpererfahrungen (Spiel mit der Erregung und dem Körper). Paarsexualität ist wie ein »Baumgarten« mit zwei Bäumen. Der einzelne Mensch bringt seinen eigenen »sexuellen Baum« mit in den Beziehungs-Garten hinein.Orange Bestandteile sexueller Fähigkeiten: Blüht dein Baum, klappt es mit deiner sexuellen Selbstsicherheit. Du kannst Lust genießen, dich selbst und dein Gegenüber erotisch finden, Sex wollen (begehren), sexuelle Fantasien haben, wissen, was dich sexuell anmacht und sexuell intensiv empfinden.Blaue Bestandteile sexueller Fähigkeiten: Positive Sexualität entsteht, wenn sie dir positiv vermittelt wird. Wenn dir Wissen und eine innere Haltung dazu mitgegeben werden, die dich beflügeln. Wenn du vielfältige und ermutigende Vorstellungen vom Frau- und Mannsein vorgelebt bekommst. Deine dir vermittelten Bilder von Sexualität entscheiden darüber, ob dein sexueller Baum aufblüht.

Genitalität Erregungsfunktion Erregungsreflex Sinnesempfindungen Erregungsmodi Gerne deinem Geschlecht angehören Glaube & Denkweisen Mythen Kenntnisse Ideologien & Ideale Werte & Normen Wissen & Unwissen Geschlechterrollen

2 WISSEN HILFT – ANATOMIE, BIOLOGIE, IDENTITÄT

Seit der Antike haben Philosophen, Ärzte und Wissenschaftler über das »Geschlechtlich-Sein« und die Fortpflanzung vom Menschen spekuliert und dazu geforscht. Die Religion hat dabei natürlich immer auch mitgemischt.

Wer trägt was zur Zeugung eines Menschen bei? Mit der Frage eröffnete Aristoteles im 4. vorchristlichen Jahrhundert eine Debatte, die bis heute geführt wird. Nämlich die über die Unterschiede der Geschlechter. Erst ab Ende des 17. Jahrhunderts unterschied die Medizin zwischen Samen und Ei. Antoni van Leeuwenhoek erblickte als Erster in seinem Ejakulat die herumschwimmenden Spermatozoen (Spermien). Er glaubte, er habe die Quelle des Lebens gefunden. Wir wissen heute sehr viel mehr als noch vor ein paar Hundert Jahren. Viel mehr als noch vor wenigen Jahrzehnten. Deshalb kann man heute mit Bestimmtheit sagen: Es ist komplizierter, als gedacht!

JE MEHR DU ALS JUNGER MENSCH ZU SEXUALITÄT WEISST, DESTO VERANTWORTUNGSVOLLER KANNST DU AUCH DAMIT UMGEHEN.

Warum wir so sind und doch anders

Welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt, hängt von ganz vielen Dingen ab, vor allem von diesen drei:

– das biologische Geschlecht: die Entwicklung der Geschlechtsorgane aufgrund der Biologie

– die Geschlechterrolle: wie du dich als Frau oder Mann verhältst

– die sexuelle Orientierung: zu welchem Geschlecht du dich hingezogen fühlst

All das spielt eine Rolle für deine Geschlechtsidentität. Also dafür, wie du dich als Frau oder Mann erlebst und verhältst und wen du liebst.

Die Hauptrolle in deiner geschlechtlichen Entwicklung spielen Hormone, Chromosomen und Gene. Sie entscheiden schon während der Schwangerschaft über die Biologie »männlich«, »weiblich« oder Zwischenformen davon. Sie prägen eine eher »männliche« oder »weibliche« Hirnstruktur. Die muss allerdings nicht zwingend eindeutig mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmen. Du wirst also Männer sehen, die eher »weiblich« denken und sich verhalten, und Frauen, die eher »männlich« denken und sich verhalten – und alle erdenklichen Variationen davon.

In manchem sind sich Frau und Mann biologisch verblüffend ähnlich, in anderem unterscheiden sie sich deutlich. Die biologische Zweiteilung »Mann-Frau« ist kompliziert. Es muss bei der Menschwerdung ziemlich viel zusammenspielen, damit am Ende »eindeutig Mann« oder »eindeutig Frau« herauskommt. Doch meistens klappt’s. Aber eben nicht immer. Und deshalb wird die Zweiteilung nicht allen Menschen gerecht. Daher gibt es auch die Kategorie »Divers«.

Obwohl weibliche und männliche Embryos Gemeinsamkeiten in der geschlechtlichen Anlage zeigen, entstehen danach Unterschiede in der Entwicklung. Ausschlaggebend dafür ist das Testosteron (Androgene) für die männliche Anatomie und die Östrogene für die weibliche. Doch sowohl Männer wie Frauen haben beide Hormone in sich, wenn auch in unterschiedlicher Mischung. Die Mischung von Östrogen und Testosteron ist außerdem individuell verschieden und ändert sich im Lauf des Lebens mehrfach.

Die Hormone sind auch verantwortlich für die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten. Zwischen Zeugung und Geburt öffnen sich dafür immer wieder Zeitfenster. Beispielsweise für räumliches Sehen, also für die dreidimensionale Vorstellung. Bekommt der Embryo in dem entsprechenden Entwicklungszeitraum männliche Hormone ab (Testosteron), egal ob genetisch männlich oder weiblich, wird im Aspekt »3-D-Vorstellung« das Hirn »männlich« gepolt. Bleiben hingegen während dieses Zeitraums die männlichen Hormone aus, egal ob der Embryo genetisch männlich oder weiblich ist, wird das Hirn in diesem Aspekt »weiblich« gepolt.

Es spielen also nicht nur die Faktoren Chromosomen, Gene und Hormone eine Rolle, sondern auch, was in welchem Zeitpunkt während der stufenweisen Entwicklung des Embryos passiert. Deshalb kann man sagen: Es ist ein Lotteriespiel, wie wir werden.

DAS SOZIALE GESCHLECHT

Etwa 75 Prozent der Menschen passen einigermaßen in das Weiblich-Männlich-Schema. Gemeint ist nicht die Biologie, sondern das soziale Geschlecht in Bezug auf die Gesellschaft. Die Mehrheit der Menschen entspricht also dem, was ihre Lebensumwelt sich vorstellt, wie ein Mann oder eine Frau normalerweise aussehen, wie sie sich verhalten und wie sie sprechen. Das sind bestimmte, meist willkürliche Kriterien, die nirgends geschrieben stehen. Doch die meisten wollen diesen Normen entsprechen. Denn dann gehört man dazu.