Sexy Dirty Touch - Carly Phillips - E-Book
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Sexy Dirty Touch E-Book

Carly Phillips

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Beschreibung

Sündig, süchtig machend und kompromisslos

Clay Kincaid weiß, dass er mehr Sünder als Heiliger ist. Besonders bei Frauen. Die Verletzungen aus seiner Vergangenheit haben ihn ausgelaugt, feste Beziehungen sind nicht sein Ding. Aber er mag Sex – je heißer und leidenschaftlicher, desto besser. Deshalb weigert er sich, jemanden so liebenswerten und unschuldigen wie Samantha Jamieson auch nur zu berühren. Bis er herausfindet, dass sie nicht nur das brave Mädchen aus besserem Hause ist ...

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DAS BUCH

Samantha holte tief Luft, um das plötzliche nervöse Schmetterlingsflattern in ihrem Bauch zu beruhigen, und öffnete die Schlafzimmertür, die direkt in ein kleines Wohnzimmer mit angeschlossener Küche führte. Die Wohnung war unglaublich klein und nur spärlich möbliert, sodass sie ihn direkt entdeckte. Er saß an einem kleinen Esstisch mit vier Stühlen und war kaum zu übersehen. Nicht wegen seiner Größe – obwohl er groß und gut gebaut war –, sondern wegen seiner eindrucksvollen Erscheinung, die ihr unter die Haut ging. Er beobachtete sie vom anderen Ende des Zimmers aus mit grüblerischem Blick. Seine Haarfarbe war ein sattes Schokoladenbraun, seine Augen waren genauso dunkel und intensiv. Und überdies klug und scharfsinnig. Selbst aus der Ferne ließ sein kritischer Blick sie erschauern. Ihre Haut prickelte, und Hitze durchflutete ihren Körper, raubte ihr den Atem. Sie holte tief Luft, brauchte unbedingt Sauerstoff …

DIE AUTORINNEN

Carly Phillips, eine New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin, hat über 50 zeitgenössische, sexy Liebesromane geschrieben, mit heißen Männern, starken Frauen und den emotional fesselnden Geschichten, die ihre Leser erwarten und lieben. Sie lebt mit ihrem Mann und den zwei Töchtern im Staat New York.

Erika Wilde lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Oregon und erkundet, wenn sie nicht schreibt, den wunderschönen pazifischen Nordwesten.

CARLY PHILLIPS ERIKA WILDE

SEXYDIRTY

TOUCH

Roman

Aus dem Amerikanischen von Ursula Pesch

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel Dirty Sexy Saint.
Ausgabe 11/2017 Copyright © 2016 by Karen Drogin and Janelle Denison Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81637 München Redaktion: Hanne Hammer Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur GmbH, München unter Verwendung von FinePic®, München Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-641-20836-3 V002
www.heyne.de

KAPITEL 1

»Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie meiner Tochter einen Heiratsantrag machen, Harrison.«

Samantha Jamieson wollte gerade an die Arbeitszimmertür ihres Vaters klopfen, als Conrad Jamiesons nüchterne Aufforderung ihr Herz wild in ihrer Brust hämmern ließ. Sie war jetzt seit acht Monaten mit Harrison Blackwell III zusammen, hatte jedoch in letzter Zeit eher darüber nachgedacht, die Beziehung zu beenden, als ihn zu heiraten. Offensichtlich hatte ihr Vater andere Vorstellungen, und Samantha erstarrte und blieb wie angewurzelt stehen.

»Ich weiß, dass es vielleicht so aussieht, als wolle ich die Dinge überstürzen«, fuhr Conrad in seiner tiefen, gebieterischen Stimme fort, »doch Sie haben sich als Topführungskraft erwiesen, und es ist an der Zeit, Sie zum CEO zu befördern. Durch eine Heirat mit Samantha wäre dieses Ziel erreicht und sichergestellt, dass das Unternehmen in der Familie bleibt.«

»Conrad, ich fühle mich geehrt, dass Sie mich so einschätzen«, erwiderte Harrison auf die für ihn typische emotionslose Art. »Ich hatte in der Tat gehofft, dass meine Zeit mit Samantha genau dazu führen würde.«

Ekel stieg ihr die Kehle hoch, als ihr klar wurde, dass es bei Harrisons entschlossenem Werben allein um die Firma ging und darum, seine Stellung innerhalb des Unternehmens zu sichern. Es hatte nichts mit Zuneigung zu ihr zu tun. Sie war für beide Männer lediglich ein Handelsobjekt, weiter nichts. Und obwohl sie inzwischen über eine Trennung nachdachte, hatte sie sich ursprünglich aus aufrichtigen Gründen auf diese Beziehung eingelassen. Er offenbar nicht.

Das Unternehmen ihres Vaters, Jamieson Global, war eine große Hedgefonds- und Investmentgesellschaft, gegründet von Samanthas Großvater, der vor über zehn Jahren einem Herzinfarkt erlegen war. Danach hatte ihr Vater das Zepter übernommen, und da Samantha ein Einzelkind war und dem Familienunternehmen keinerlei Interesse entgegenbrachte, hatte Conrad offensichtlich beschlossen, für sie eine Ehe mit einem Mann zu arrangieren, der aus einer ebenso wohlhabenden und mächtigen Familie stammte wie sie.

Das Arrangement zwischen ihrem Vater und Harrison hätte Samantha nicht überraschen sollen. Ihr Leben lang war ihr nur allzu bewusst gewesen, dass ihre Eltern sie auf diese Rolle vorbereiteten – sie hatten sie nicht nur auf eine exklusive Mädchenschule geschickt, sondern auch dafür gesorgt, dass sie lernte, sich in der High Society zu bewegen. Und im Großen und Ganzen war sie der Inbegriff des braven Mädchens gewesen – sie hatte in den vergangenen 26 Jahren ihres Lebens folgsam die Wünsche ihrer Eltern respektiert und jene Seite ihrer Persönlichkeit unterdrückt, die dagegen rebellieren wollte, zu einer perfekten, devoten Ehefrau geformt zu werden. Doch jetzt bahnte sich diese Seite mit aller Macht den Weg an die Oberfläche.

Samantha lehnte sich gegen die Wand und unterdrückte ein gequältes Lachen, als ihr Vater und Harrison weiter über sie sprachen, als sei sie eine Ware und nicht eine Frau mit Gefühlen, Bedürfnissen und Träumen, die darüber hinausgingen, eine wohlerzogene, fügsame Ehefrau und Gastgeberin zu sein, die von ihrem erfolgreichen Ehemann lediglich als Aktivposten betrachtet wurde. Genau das war die Rolle, die ihre Mutter Cassandra für Samanthas Vater spielte – die der wunderschönen, pflichtbewussten Ehefrau, die ihren gehobenen Status und all die Vorteile genoss, die es mit sich brachte, eine reiche und bekannte Jamieson zu sein.

»Cassandra hat bereits einen Verlobungsring gekauft, von dem sie weiß, dass er Samanthas Geschmack und Stil entspricht, was Ihnen diese lästige Aufgabe erspart«, fuhr ihr Vater in geschäftsmäßigem Ton fort. »Sie brauchen meiner Tochter den Ring nur noch an den Finger zu stecken, und Cassandra wird mit den Hochzeitsvorbereitungen beginnen.«

Samantha würde nichts zu melden haben – weder in Bezug auf den Bräutigam noch auf den Ring noch auf ihre Zukunft. Die Annahme, dass sie automatisch Ja sagen würde, veranlasste sie, in das Arbeitszimmer hineinzugehen und die Kontrolle über ihr Leben zu übernehmen.

Ohne anzuklopfen, stieß sie die Tür auf und betrat den Raum. Ihr plötzliches, unerwartetes Auftauchen ließ beide Männer zusammenfahren.

Sie blieb neben dem Ledersessel stehen, in dem Harrison saß, und begegnete seinem argwöhnischen Blick. »Ich werde dich nicht heiraten, Harrison, mach dir also keine Mühe, mich zu fragen.«

»Samantha.« Ihr Vater stieß ihren Namen wie einen Tadel hervor, in diesem unwirschen Ton, der sie normalerweise zur Räson brachte.

Nicht jedoch jetzt. Sie ließ sich nicht einschüchtern, weigerte sich nachzugeben oder einzulenken. Erkannte in diesem Moment, dass sie vor einer lebenswichtigen Entscheidung stand – ihren Eltern zu gehorchen, wie sie es immer getan hatte, oder endlich ihr eigenes Leben zu leben.

Harrisons Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. »Ich nehme an, du hast unsere Unterhaltung belauscht?«

Er hatte nicht einmal den Anstand, schuldbewusst dreinzuschauen, dass er sie dazu missbrauchen wollte, sich eine Beförderung bei Jamieson Global zu sichern. »Ich habe jedes Wort gehört. Ich bin kein Besitzgegenstand, den ihr benutzen könnt, um einen Handel abzuschließen.«

Keiner der Männer stritt ihre Behauptung ab, und ihre Frustration und Wut nahmen noch zu.

»Findest du nicht, dass du überreagierst?«, fragte Harrison in beschwichtigendem Ton, als er sich erhob und sie damit zwang, den Kopf in den Nacken zu legen und zu ihm aufzusehen.

Er war groß und schlank, und sie hasste es, wenn er seine Körpergröße nutzte, um seine Autorität ihr gegenüber geltend zu machen. In letzter Zeit war ihr aufgefallen, dass Harrison zu subtilen Einschüchterungstaktiken Zuflucht nahm, wenn er seinen Willen nicht bekam.

»Von Überreagieren kann wohl kaum die Rede sein.« Ihre Mutter hatte sie oft als widerspenstig bezeichnet, und Samantha zögerte jetzt nicht, diesem Urteil gerecht zu werden. »Ich liebe dich nicht und du liebst mich auch nicht.« In den acht Monaten, in denen sie zusammen waren, war das Wort Liebe nie gefallen. Ihrer Beziehung hatte es an Intimität, Leidenschaft und Respekt gemangelt – an alldem, was Menschen dazu brachte, sich zu verlieben –, und Samantha weigerte sich, so wie ihre Mutter ihr Leben um des Familienunternehmens willen in einer Ehe ohne Liebe zu fristen.

Harrison schob die Hände in die Hosentaschen. Ungeduld stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich habe dich gern, Samantha. Das reicht mir.«

Sie schüttelte den Kopf, während ihr Vater dastand und kein einziges Wort von sich gab. Er würde seine Meinung nicht ändern und für das eintreten, was sie wollte. Bei alldem ging es ohnehin nicht wirklich um sie.

»Aber mir reicht das nicht. Ich will mehr als jemanden, der mich gerne hat. Ich verdiene etwas Besseres, und ich werde dich nicht heiraten. Niemals.«

Conrad stieß einen zutiefst genervten Seufzer aus. »Sei nicht so pathetisch, Samantha. Es ist beschlossene Sache. Du und Harrison, ihr werdet heiraten.«

Ihr drehte sich der Magen um angesichts seines Befehls, denn sie wusste, dass sie Harrisons Frau werden würde, wenn sie in diesem Haus blieb. »Eine Hochzeit ohne Braut wird schwierig werden«, sagte sie, drehte sich um und steuerte auf die Tür zu.

»Wo willst du hin?«, verlangte ihr Vater zu wissen.

Seine dröhnende Stimme ließ ihr Herz stets vor Angst rasen, und normalerweise gehorchte sie ihm dann. Doch sie zeigte keine Anzeichen von Angst, als sie stehen blieb und sich zu ihrem Vater umdrehte. »Ich weiß nicht, wohin ich gehe, und es ist mir auch egal. Ich verlasse dieses Haus und werde sobald nicht zurückkommen. Nicht bevor du nicht akzeptierst, dass ich keinen Mann heiraten werde, den ich nicht liebe.«

Mit durchtriebenem Gesichtsausdruck kniff Conrad die Augen zusammen. »Wenn du heute Abend dieses Haus verlässt, gehst du mit nichts weiter als den Kleidungsstücken, die du am Leib trägst.«

Ihr Vater bluffte nicht. Diese Drohung war ernst gemeint, denn Conrad Jamieson würde alles tun, um sicherzustellen, dass er diesen Kampf gewann. Was sehr wohl möglich war, wenn man bedachte, dass sie in jeder Hinsicht von ihren Eltern abhängig war – eine Taktik, die sie bewusst gewählt hatten, und Samantha wusste nun auch warum. Doch sie war mehr als eine Schachfigur im Unternehmen ihres Vaters, und wenn sie es hasste, wie schwach und verletzlich sie sich wegen ihrer Abhängigkeit fühlte, dann wurde es Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Dass sie, wie ihr Vater ihr angedroht hatte, nicht länger in den Genuss der Annehmlichkeiten kommen würde, die sie immer als selbstverständlich betrachtet hatte, war eine beängstigende Aussicht. Doch nicht so beängstigend wie die Vorstellung, sich ihrem Vater unterzuordnen, Harrison zu heiraten und sich den Rest ihres Lebens elend zu fühlen.

Ihre Entscheidung war gefallen, und sie verließ den Raum.

»Machen Sie sich keine Sorgen, sie wird bald wieder hier sein«, hörte sie ihren Vater Harrison versichern. »Ohne finanzielle Mittel wird sie nicht weit kommen.«

Tränen der Wut schnürten Samantha die Kehle zu. Sie schluckte sie herunter. Dass ihr Vater glaubte, sie könne nicht für sich selbst sorgen, versetzte ihr einen Stich ins Herz und verstärkte nur ihr Bedürfnis, ihm das Gegenteil zu beweisen.

Sie eilte in den Flur und wäre beinahe mit ihrer Mutter zusammengestoßen, die direkt vor dem Arbeitszimmer stand, so schön und alterslos, dank Botox und plastischer Chirurgie. Ihrem entsetzten Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte auch sie heute Abend gelauscht.

»Samantha, du kannst nicht gehen«, sagte Cassandra mit Verzweiflung in der Stimme. »Warum lassen wir uns nicht von Maggie eine Tasse Tee zubereiten und reden darüber.«

Samantha liebte Maggie – die reizende, liebenswürdige ältere Frau, die seit zwanzig Jahren als Haushälterin mit im Haus lebte. Sie hatte Samantha nachts in den Schlaf gewiegt, wenn ihre Mutter keine Lust dazu gehabt hatte, und ihre Tränen getrocknet, wenn irgendein Junge ihre Gefühle verletzt hatte.

Samantha schluckte schwer und hielt an ihrer Entscheidung fest. »Es gibt nichts zu besprechen, Mutter. Ich liebe dich, aber ich lasse mich nicht zum Tauschobjekt bei einem Geschäft machen, und ich werde keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe.«

»Sei nicht albern, Samantha. Komm, wir setzen uns hin und reden. Du willst doch nicht wirklich all das hier hinter dir lassen.«

»Es muss im Leben mehr geben als das hier«, erwiderte Samantha mit einer ausgreifenden Handbewegung, die alles um sie herum umfasste – das prunkvolle, rund 3700 Quadratmeter große Anwesen, in dem sie wohnten, und den Reichtum und Überfluss, mit dem sie aufgewachsen war und der ihr von allem das Beste ermöglicht hatte.

»Dein Vater hat recht. Du wirst nicht weit kommen und schon bald erkennen, welch großen Fehler du gemacht hast«, sagte Cassandra in dem Versuch, sie umzustimmen.

Traurig lächelte sie ihre Mutter an. »Das ist ein Risiko, das ich eingehen muss.«

Sie eilte in die Eingangshalle, schnappte sich die Louis-Vuitton-Tasche, die sie vorhin auf dem Flurtisch gelassen hatte, und ging durch die massive Eingangstür hinaus. Die Autoschlüssel in der Hand bestieg sie den Maserati GranTurismo, den ihre Eltern ihr zu ihrem 25. Geburtstag geschenkt hatten. Aufgewühlt verließ sie das riesige Anwesen in River Forest und fuhr zum Stadtrand von Chicago.

Da sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihr Vater den Standort ihres Autos aufspürte, fuhr sie auf den Parkplatz eines rund um die Uhr geöffneten Lebensmittelladens. Sie parkte in einer Lücke in der vordersten Reihe, damit der diensthabende Wachmann ihr Auto ein paar Stunden lang im Auge behalten konnte. Denn sie war sich sicher, dass ihr Vater nicht lange brauchen würde, um ihren Maserati zu orten.

Sie hatte ein wenig Bargeld bei sich. Es ließ sich nicht absehen, wie lange sie noch ihre Kreditkarten nutzen konnte, bevor sie gesperrt wurden. Sie rief ein Taxiunternehmen an, stieg aus ihrem Auto, warf die Schlüssel und das Handy unter den Sitz – da ihr Vater auch das orten konnte – und verschloss die Tür manuell.

Kurz darauf traf das Taxi ein. Hinter dem Steuer saß eine freundliche junge Frau Anfang zwanzig, und Samantha verließ sich darauf, dass diese sie zu genau dem richtigen Ort bringen würde, an dem sie ihre erste Nacht in Freiheit feiern konnte. Einem Ort, an dem niemand sie kannte und niemand sie beurteilen oder von ihr erwarten würde, das brave Mädchen zu sein, das sie immer gewesen war.

»Ich heiße Angie.« Die junge Frau blickte mit einem freundlichen Lächeln über die Schulter zum Rücksitz. »Wo darf ich Sie heute Abend hinbringen?«

»Zu Ihrer Lieblingsbar in Chicago.«

Angie zog überrascht die Augenbrauen hoch, als sie Samanthas Designertasche und die teure Kleidung registrierte. »Sind Sie sich da sicher? Meine Lieblingsbar ist völlig anders als das Aviary.« Das Aviary war eine vornehme Lounge, in welche die Wohlhabenden gingen, um sich unter die Leute zu mischen und gesehen zu werden. »Die Bar, in der ich herumhänge, ist ein bisschen – na ja, unfein«, fuhr sie lachend fort.

Samantha grinste. »Das ist genau das, was ich mir vorgestellt habe.«

KAPITEL 2

Clay Kincaid warf einen Blick auf die Frau am anderen Ende der Bar und steckte sie sofort in die Schublade Cupcake – ein Begriff, den eine seiner Barkeeperinnen für Leute geprägt hatte, die nicht viel Alkohol vertrugen. Was bei dieser atemberaubenden blonden Schönheit, die eingehend das leere Shotglas vor sich betrachtete, der Fall zu sein schien.

Aber auch aus einem ganz anderen Grund hätte sie ein Cupcake sein können. Sie sah reich, süß und dekadent aus, wie die unwiderstehlichen Leckereien, die er als kleiner Junge sehnsüchtig durch das Fenster einer Bäckerei in der Stadt angestarrt hatte. Nie hatte er Gelegenheit gehabt, eine dieser Süßigkeiten zu kosten, doch selbst jetzt noch, mit 32, konnte er sich erinnern, wie ihm das Wasser im Mund zusammengelaufen war und sein stets leerer Magen geknurrt und geschmerzt hatte – bis die Ladenbesitzerin ihn weggejagt hatte, weil sie nicht wollte, dass Pack wie Clay Kincaid, das uneheliche Kind einer Cracknutte, ihre Kunden davon abhielt, ihre edle Bäckerei zu betreten.

Diese weibliche Version eines Cupcakes war genauso verlockend, und in Gedanken biss er genüsslich hinein, um zu sehen, ob sie so süß war, wie sie aussah, leckte ihre weiche, cremige Haut und besudelte diesen perfekten rosafarbenen Mund und den kurvenreichen Körper, der für Lust und Sünde wie gemacht zu sein schien.

Sein Schwanz zuckte angesichts der Bilder, die ihm durch den Kopf gingen, doch sie würden nichts weiter bleiben als eine schmutzige Fantasie. Die Frau war eindeutig nicht aus der Gegend. Mit diesem seidigen, glänzenden Haar, der makellosen Haut und den schimmernden Perlen um den Hals gehörte sie zweifelsfrei zur wohlhabenden Oberschicht. Auch der Rest ihres Aufzugs – die blassrosa Seidenbluse und die cremefarbene Hose – stand in direktem Gegensatz zu der lässigen Jeans-und-T-Shirt-Atmosphäre des Kincaid’s.

Er ging hinter die Bar, wo Tara, seine letzte Barkeeperin für diesen Abend, einen Drink mixte. Es war Sonntagabend, Viertel vor elf, und sie hatte gerade die Glocke für die letzte Bestellung geläutet, was Clay veranlasst hatte, aus seinem Büro aufzutauchen, damit Tara um elf Uhr gehen konnte. Da es der ruhigste Abend der Woche war und das Kincaid’s sich normalerweise kurz nach elf geleert hatte, machte es ihm nichts aus, die Bar selbst abzuschließen.

»Wer ist dieser Cupcake am Ende der Bar?«, fragte er Tara mit leiser Stimme.

»Keine Ahnung«, erwiderte sie achselzuckend, während sie Kahlúa in ein Shotglas goss. »Hab sie hier noch nie gesehen.«

Die hübsche Barkeeperin mit dem langen dunklen Haar, den exotischen Augen und dem diamantenen Piercing über der Oberlippe war eine faszinierende Mischung aus sanft und knallhart. Sanft mit einem großen Herzen, und doch hart genug, mit dem Bullshit eines jeden Mannes umzugehen. Und da einige der männlichen Stammgäste sich gelegentlich ziemlich ungebührlich verhielten, wenn sie betrunken waren, hatte er Tara vor allem auch eingestellt, weil sie gewieft war und den Leuten, wenn nötig, die Hölle heißmachen konnte. Sie war unerschrocken und zudem eine verdammt gute Barkeeperin.

Clay lehnte sich mit der Hüfte gegen den niedrigen Tresen und ließ den Blick wieder zu der Blonden schweifen, die das Kinn in die Hand gestützt hatte. Ihr ganzer Körper war entspannt, und selbst vom anderen Ende der Bar aus erkannte er den glasigen, benommenen Blick, der ihm verriet, dass sie bereits ziemlich angetrunken war.

»Ist sie mit jemandem gekommen?«, fragte er neugierig.

Tara goss noch die gleiche Menge Baileys in das Shotglas. »Nein. Sie ist allein gekommen.«

»Hat sie sich verirrt?« Das war für ihn das Einzige, was Sinn machte.

»Ich glaube nicht«, erwiderte Tara, deren Mund sich zu einem Grinsen verzog, während sie den Drink mit einer großzügigen Portion Schlagsahne krönte. »Sie hat sich auf den Barhocker gesetzt und mir gesagt, sie wolle den Drink von unserer Karte mit dem schmutzigsten Namen, also hab ich ihr einen Royal Fuck serviert. Sie hat ihn in einem Zug runtergekippt, noch zwei bestellt und mir dann gesagt, ich solle ihr noch andere bringen, je stärker und schmutziger, desto besser. Nach drei Royal Fucks hat sie einen Screaming Orgasm, einen Slow, Comfortable Screw und einen Blow Job gehabt. Und jetzt kriegt sie einen Deep Throat.« Tara hob den Drink mit dem eindeutig sexuellen Namen hoch, den sie gerade zubereitet hatte.

Clay konnte sich ein amüsiertes Lachen nicht verkneifen. Verdammt. Hinter der Fassade des Reichtums verbarg sich also irgendeine unartige Seite. Er musste zugeben, dass es ihn neugierig machte, was den Cupcake in diese rauere Gegend der Stadt geführt hatte, wo jemand wie sie doch in einer ungefährlichen, trendigen Lounge in der Nähe des Lakeshore Drive mit ihren Schickeriafreunden Cosmopolitans hätte süffeln sollen.

Tara brachte der Frau den Drink, ging dann in den Barraum, um die Tische abzuräumen und sich zu vergewissern, dass die wenigen noch verbliebenen Gäste nicht noch einen letzten Drink wollten, bevor die Bar schloss. Clay begann, Alkoholflaschen wegzustellen, während er heimlich die Blonde beobachtete, die ihre Zunge in den Sahneschaum tauchte, bevor sie das Shotglas an die Lippen führte, den Kopf in den Nacken legte und das Gebräu tief ihre Kehle hinabfließen ließ, genau so, wie der Name des Drinks es nahelegte.

Oh, hol mich doch …

Beim Schlucken entfuhr ihr ein leises Stöhnen. Als sie fertig war, leckte sie langsam die Reste der Sahne aus dem Mundwinkel, wobei sie die Augen halb schloss. All das wirkte so arglos und ungeübt, war gleichzeitig jedoch so sexy, dass es ihn antörnte – und daran erinnerte, dass der letzte Sex schon viel zu lange her war.

Eine kurze SMS an die Frau, mit der er ein Freunde-mit-gewissen-Vorzügen-Arrangement hatte, könnte dies leicht ändern, doch zuerst musste er dafür sorgen, dass dieser Cupcake wohlbehalten sein Etablissement verließ. Dann konnte er die Bar abschließen. Angesichts seiner Reaktion auf die Blonde, die eine Nummer zu groß für ihn war, musste er sich definitiv einen harten, heißen Fick gönnen.

Tara kehrte mit einem Tablett voller leerer Gläser zurück und stellte sie in die Spüle hinter der Bar. Die letzten Gäste verließen das Kincaid’s, und zwei seiner Stammgäste winkten ihm auf dem Weg zum Ausgang zu.

»Bis dann, Saint«, rief ihm einer der älteren Typen zu.

Clay war eher ein Sünder als ein Heiliger, doch seit sein Bruder Mason ihm vor vielen Jahren diesen Spitznamen verpasst hatte, um ihn zu ärgern – was auch geklappt hatte –, waren alle seinem Beispiel gefolgt. Und der Spitzname war an ihm hängen geblieben. Es war leichter gewesen, sich damit abzufinden, als dagegen anzukämpfen.

»Nacht, Ted. Charlie.« Er hob die Hand, um ihren Abschiedsgruß zu erwidern. »Kommt gut nach Hause.«

Tara schnappte sich einen feuchten Lappen und begann, ihm beim Saubermachen zu helfen.

»Ich mach das schon«, sagte Clay. »Ich weiß, dass du morgen eine Zwischenprüfung hast, also geh nach Hause, lern und schlaf gut, bevor du morgen zum Unterricht gehst.« Tara besuchte in Teilzeit ein College, um Diplomkauffrau zu werden, und Clay versuchte, sie zu unterstützen, wo immer er konnte.

Erleichtert lächelte sie ihn an. »Danke. Ich weiß das zu schätzen. Ich kassiere eben bei der Blonden ab und gehe dann.«

»Mach dir darum keine Gedanken.« Er stellte eine Flasche Grey-Goose-Wodka zurück ins Regal. »Sie ist der letzte Gast. Ich kümmere mich um sie.«

»Na sicher, Saint Clay«, sagte sie neckend. »Sie hat definitiv etwas von einer Jungfrau in Nöten, trotz ihrer teuren Kleidung und der Accessoires.«

Clay war dafür bekannt – oder hatte, besser gesagt, die schlechte Angewohnheit –, jene zu unterstützen und/oder zu retten, die in irgendeiner Weise vom Glück verlassen waren, einschließlich Tara, obwohl sie bei Weitem nicht mehr das kaputte, wütende Mädchen war, das er ursprünglich im Kincaid’s eingestellt hatte. Er hatte die meisten seiner Mitarbeiter engagiert, weil sie dringend einen Lohnscheck brauchten, aber auch, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Viele von ihnen kamen aus schwierigen Verhältnissen oder versuchten, sich von einer Vergangenheit zu erholen, die so höllisch und kaputt war wie Clays eigene.

Doch all dies traf auf die Blonde nicht zu, und er bezweifelte, dass sie gerettet werden musste – und schon gar nicht von ihm. Sie war lediglich eine hübsche Unannehmlichkeit, eine, die es erforderte, dass er seiner Pflicht nachkam, so wie er das bei allen Gästen tat, die ein paar Drinks zu viel intus hatten. Den Rücken der Blonden zugewandt, verschränkte er die Arme vor der Brust und sah Tara mit stechendem Blick an. »Ich werde mich um sie kümmern, wie ich es für jeden anderen beschwipsten Gast auch tun würde«, stellte er klar. »Sie wird ihre Rechnung bezahlen, und ich rufe ihr ein Taxi, das sie sicher nach Hause bringt, damit sie nicht alkoholisiert hinter dem Steuer sitzt. Dafür zu sorgen gehört zu meinen Verantwortlichkeiten als Besitzer dieser Bar. Das ist alles.«

Tara hob die Hand und tätschelte ihm die Wange. »Du kannst versuchen, dich zu rechtfertigen, so viel du willst, aber du bist ein guter Junge, Saint Clay.«

Trotz seines Spitznamens und dem Grund, der dahintersteckte, war er kein verdammter Heiliger. War es nie gewesen und würde es nie sein. Er hatte in seinem Leben jede Menge Illegales und Unmoralisches getan, auf das er nicht stolz war, und obwohl er sein Bestes versucht hatte, das alles wieder gutzumachen, herrschte in seinem Inneren nach wie vor eine Dunkelheit, die für immer bleiben würde.

»Gute Nacht, Tara.« Sein schroffer Ton machte deutlich, dass er die Unterhaltung als beendet betrachtete.

»Bis morgen Abend, Chef«, erwiderte sie mit einem kecken Grinsen.

Sie schnappte sich gerade ihre Tasche und ihre Jacke aus einem Schrank hinter der Bar, als der Tellerwäscher – ein Junge, den Clay vor wenigen Monaten dabei erwischt hatte, wie er den Müllcontainer hinter dem Haus nach Essensresten durchsuchte – aus dem hinteren Bereich kam, wo sich die kleine Küche befand. Er schob ein ramponiertes Fahrrad, sein Transportmittel, das er immer in der Abstellkammer unterbrachte, damit es nicht gestohlen wurde. Am Lenker hing eine Plastiktüte, und Clay wusste, dass sie einen Styroporbehälter mit den Appetithappen enthielt, die von der Happy Hour übrig geblieben waren. Clay hatte darauf bestanden, dass er abends etwas zu essen aus der Bar mit nach Hause nahm, weil er vermutete, dass dies die Hauptnahrungsquelle des Jungen war.

»Elijah, begleitest du Tara auf dem Weg nach draußen zu ihrem Auto?«, bat er den Jungen. Normalerweise brachte Clay seine weiblichen Angestellten am Ende des Abends selbst zum Parkplatz, doch aus Haftungsgründen wollte er die Blonde auch nicht einen Moment lang völlig alleine lassen.

»Ja, Sir«, sagte Elijah respektvoll. Die Streitlust, die er in den ersten Wochen seiner Anstellung an den Tag gelegt hatte, war inzwischen eine weit zurückliegende Erinnerung.

Clay wartete, bis die beiden weg waren, und er hörte, dass Tara die Eingangstür abschloss, bevor er sich der Blonden zuwandte. Er schlenderte zu ihrem Ende der Bar, wo sie mit einem Finger über den Rand des Shotglases fuhr, das Kinn in die Hand gestützt. Als er sich ihr näherte, sah sie ihn mit einem Schlafzimmerblick an und musterte ihn ungeniert von oben bis unten.

Als ihre strahlend blauen Augen den Weg zurück zu seinem Gesicht fanden, entfuhr ein leiser Seufzer ihren Lippen. »Du bist sooo verdammt heiß«, sagte sie, ihr ungefilterter Kommentar war ein deutliches Anzeichen dafür, dass sie völlig betrunken war. Dann blickte sie auf ihr leeres Glas und runzelte die Stirn. »Ich glaube, ich brauche noch einen Royal Fuck, oder vielleicht könntest du mir einen Screaming Orgasm geben.« Sie kicherte wie ein kleines unartiges Mädchen, so niedlich und schelmisch. »Ich habe noch nie einen Typen um einen Screaming Orgasm gebeten, doch der letzte war so gut, dass ich noch einen möchte.«

Sein Mundwinkel zuckte amüsiert. Verdammt, er wollte sie nicht mögen. Wollte in ihr nichts weiter sehen als die reiche, privilegierte Frau, die sie zu sein schien. Die Unannehmlichkeit, zu der er sie zuvor erklärt hatte. Dieser Gedanke veranlasste ihn, ihrem Abend ein Ende zu setzen.

Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es in die Spüle unter der Bar. »Ich glaube, du hast für heute genug Royal Fucks und Screaming Orgasms gehabt, Cupcake.«

»Cupcake?« Ihre hübschen Augen leuchteten auf, ihr Teint war gerötet vom Alkohol. »Ich mag Cupcakes. Ich mache sie gern und esse sie gern. Und wenn niemand hinsieht, lecke ich gern an der Glasur«, sagte sie mit einem leisen, geheimnisvollen Flüstern.

Verdammt, er wollte an ihrer Glasur lecken, angefangen bei den vollen Lippen bis hin zu den prallen Brüsten und den harten Nippeln, die zweifellos süßer als Zucker schmeckten. Diese schmutzigen Gedanken gingen ihm durch den Kopf, begleitet von einer plötzlichen Erregung, die ihn die Zähne zusammenbeißen ließ.

Die körperliche Anziehung, die sie auf ihn ausübte, unterschied sich von allem, was er je empfunden hatte, war roh und heiß und ungefiltert. Sie war nicht annähernd sein Typ, aber sie war ein solches Rätsel und die Art von Versuchung, die, wie er wusste, nichts als Ärger bringen würde. Er schüttelte den Kopf – vor allem, um wieder zur Vernunft zu kommen –, ging zur Kasse und druckte ihre Rechnung aus. Als er sich wieder umdrehte, weilte ihr Blick dort, wo sein Hintern gewesen war, und jetzt beäugte sie schamlos seinen Schritt.

Langsam leckte sie sich die Lippen und blickte mit glasigen Augen zu ihm auf. »Dieser Blow Job, den ich hatte, war auch nicht schlecht«, sagte sie heiser, eine Spur von Verruchtheit in der Stimme. »Ich glaube, ich nehme noch einen.«

Plötzlich hatte er dieses heiße, geile Bild vor Augen, wie ihre weichen, rosaroten Lippen sich um seinen Schwanz schlossen und ihm einen bliesen. Sein ungebärdiger Schwanz war völlig einverstanden mit dieser Vorstellung, und Clay unterdrückte ein Stöhnen.

Gott, sie brachte ihn um.

»Die Bar ist geschlossen, und es ist schon spät.« Er legte den Zettel vor sie hin. »Wenn du die Rechnung bezahlt hast, sorgen wir dafür, dass du nach Hause kommst.« Er war sich sicher, dass er sie nie wieder sehen würde – Gott sei Dank.

Wieder runzelte sie die Stirn und schaute leicht besorgt drein. Sie griff in ihre Tasche, tastete kurz darin herum und zog dann einen Geldbeutel hervor, der dasselbe Muster aufwies wie ihre Handtasche. Mit unbeholfenen Fingern versuchte sie, eine Kreditkarte herauszuziehen, und reichte sie ihm, als ihr das Kunststück schließlich gelungen war.

Clay starrte einen Moment lang auf die schwarze American Express Centurion Card. Er hatte von der Existenz dieser exklusiven Karte gehört, wusste, dass sie den obszön Reichen vorbehalten war, hatte jedoch noch nie eine gesehen. Seine Gäste gehörten ausnahmslos der Arbeiterschaft an und bezahlten bar oder mit einer der üblichen Kredit- oder Debitkarten. Während er zurück zur Kasse ging, warf er einen Blick auf den Namen, der auf der Plastikkarte prangte.

Samantha Jamieson.

Ja, sie sieht aus wie eine Samantha, dachte er, und steckte die Karte ins Lesegerät. Wenige Augenblicke später tauchte das Wort ABGELEHNT auf dem Display auf. Sicher, dass es sich um einen Irrtum handelte, führte er die Karte erneut ein – und wieder passierte das Gleiche.

Verdammte Scheiße. Hatte sie wirklich den Kreditrahmen ausgeschöpft, einen der höchsten, die es gab? Damit hatte er nicht gerechnet. Er kehrte zu Samantha zurück, doch bevor er etwas sagen konnte, schaute sie mit weit aufgerissenen, wissenden Augen zu ihm hoch.

»Sie hat nicht funktioniert, stimmt’s?«, fragte sie gequält.

»Äh, nein.« Er gab ihr die Karte zurück. »Hast du noch eine andere, die du benutzen kannst?« Er zweifelte nicht daran, dass sie ein halbes Dutzend zur Auswahl hatte.

Sie schluckte schwer und schüttelte den Kopf. »Nein. Keine, die funktionieren würde«, sagte sie leise. Fassungslosigkeit stand ihr in das schöne Gesicht geschrieben. »Er hat es wirklich getan. Mein Vater hat mir wirklich den Geldhahn zugedreht«, murmelte sie resigniert.

Bevor er diese interessante Aussage verarbeiten konnte, schwankte sie auf ihrem Stuhl, und Clay griff instinktiv nach ihren Armen, bevor sie herunterfiel und auf dem Hosenboden landete. Sie umklammerte seine Unterarme, während sie wieder zur Seite kippte.

»Der Raum dreht sich.« Stirnrunzelnd kniff sie die Augen zusammen, als sie versuchte, sich auf ihn zu konzentrieren. »Und du siehst … ein bisschen verschwommen aus.«

Oh ja, der Cupcake war betrunken. Die Rechnung war ihm inzwischen egal, aber er musste überlegen, was er mit ihr tun sollte. »Samantha, ich brauche dein Handy, damit ich jemanden anrufen kann, der dich abholt.«

»Hab ich weggeworfen«, murmelte sie und presste die Finger gegen die Schläfe. »Ich will nicht, dass mein Vater mich findet.«

Ihre Antworten wurden immer seltsamer, und er hatte keine Ahnung, ob ihre Worte der Wahrheit entsprachen oder dem Alkohol geschuldet waren. Wer warf schon sein Handy weg, weil er sich Sorgen machte, dass jemand ihn finden würde – es sei denn, er lief vor Problemen davon. Und nun war sie sein Problem. Na toll!

Er zog sie vorsichtig so weit nach vorn, dass ihre Arme ganz auf der Bar ruhten, damit sie nicht wieder zur Seite kippte. Dann ging er schnell um die Bar herum und drehte sie auf ihrem Stuhl zu sich herum. Sie blickte ihm ins Gesicht, sah so traurig, so verloren aus, dass er ein seltsames Engegefühl in der Brust verspürte.

Frustriert stieß er die Luft aus. »Es muss doch irgendjemanden geben, den ich anrufen kann. Oder wie wär’s, wenn ich auf deinem Führerschein nach deiner Adresse sehe und dich von einem Taxi nach Hause bringen lasse …«

Sie schüttelte heftig den Kopf und eine Wolke seidigen blonden Haars fiel ihr über die Schultern. »Ich kann nicht nach Hause. Zwing mich nicht, zurück nach Hause zu gehen.«

Er wollte wirklich ein kalter, grausamer Mistkerl sein und sie nach Hause schicken, damit sie nicht länger sein Problem war, doch angesichts ihrer Gemütsverfassung und des Alkohols in ihrem Blut war sie stark im Nachteil und nicht in der Lage, logisch mit dem umzugehen, wovor sie wegrannte, was immer das auch sein mochte.

Fuck, fuck, fuck!

Sie streckte die Hand aus und griff nach seinem T-Shirt. Ihre Augen schimmerten feucht. »Oh Gott, was habe ich getan? Ich habe … nichts. Ich habe kein Geld, kann nirgendwohin …« Als begreife sie schließlich, wie prekär ihre Situation war, warf sie sich an seine Brust und brach in Tränen aus.

Die Frau kannte keine Grenzen, denn sie klebte plötzlich an ihm, die Arme um seinen Nacken geschlungen und das Gesicht an seinem Hals vergraben – und er wurde irgendwie zu ihrem Rettungsanker. Clay war daran gewöhnt, mit widerwärtigen Betrunkenen und ungebärdigen Rüpeln umzugehen, die in seine Bar kamen, aber das hier … Er hatte keine Ahnung, was er mit einer anhänglichen, aufgelösten Frau tun sollte – und dazu noch einer, die so angenehm und so wunderbar weiblich roch.

Vorsichtig legte er einen Arm um ihre Taille, um sicherzustellen, dass ihre Beine nicht nachgaben. Dabei war ihm sehr wohl bewusst, wie ihre Brüste gegen seinen Brustkorb gepresst wurden und wie ihr kurvenreicher Körper genau an den richtigen Stellen zu seinem passte. Und ja, sein sich aufrichtender Schwanz bemerkte es auch und zögerte nicht, sein Interesse anzumelden.

Schließlich beruhigte sie sich und schniefte, und er hätte beinahe gelacht, als sie ihre laufende Nase an seinem T-Shirt rieb. Das war so undamenhaft, so unfein, dass sie es mit einem klaren Kopf bestimmt nie tun würde. Doch es ließ sie verletzlicher und realer erscheinen. Ganz und gar nicht wie die coole, unnahbare Schickeriatussi, für die er sie ursprünglich gehalten hatte.

Sie atmete leise und zittrig aus, und ihr feuchter Atem liebkoste seinen Hals. »Ich bin so müde, und ich weiß nicht, was ich tun soll, wohin ich gehen soll …« Ihr Flüstern verstummte, und sie schmiegte sich noch enger an ihn, vertraute ihm, einem Fremden, die Sorge um ihr Wohlergehen an.

Clay presste die Zähne zusammen und traf blitzschnell eine Entscheidung, die er, wie er hoffte, später nicht bereuen würde. Sie war nicht in der Lage, irgendwohin zu gehen, und er war nicht so ein Arschloch, dass er sie einfach wegschickte und sich allein durchschlagen ließ, wo sie doch eindeutig betrunken und ihr Urteilsvermögen verzerrt war.

Den Arm fest um ihre Taille gelegt, schnappte er sich ihre Tasche, führte sie zum hinteren Teil der Bar und schaltete das Licht aus. Sie war wackelig auf den Beinen, und sie fragte nicht einmal, wohin er sie brachte, ging einfach davon aus, dass er ein netter Typ war und für ihre Sicherheit sorgen würde. Was unglaublich dumm von ihr war. Er könnte ein Serienmörder sein, und dieser Gedanke bestärkte ihn nur noch in seiner Entscheidung, sie mit nach oben in seine Wohnung zu nehmen, wo sie ihren Rausch ausschlafen konnte. Und am Morgen – und er wettete, dass sie einen verdammten Kater haben würde – würde sie verschwinden und nicht länger sein Problem sein.

Sie die Treppe hochzuwuchten und auf den Füßen zu halten stellte seine Geduld auf die Probe. Sie kicherte jedes Mal, wenn sie stolperte, vergaß bereits den kleinen Zusammenbruch, den sie gerade in der Bar gehabt hatte, flirtete mit ihm und sagte ihm noch einmal, wie verdammt heiß er sei. Er wollte wirklich verärgert sein, und das wäre er auch gewesen, hätte sie sich als nervig erwiesen, aber sie war irgendwie hinreißend … bis er sie in seine Wohnung gebracht hatte und sie plötzlich ganz bleich wurde.

Sie presste eine Hand auf den Magen und leckte sich mit Panik im Blick die trockenen Lippen. »Mir ist so schwindlig, und ich fühle mich nicht gut.«

Oh, Mist. Clay wusste genau, was jetzt kam, und auch, dass das, was nun folgen würde, in Anbetracht der vielen unterschiedlichen Drinks, die sie intus hatte, sehr unschön werden würde. Er ließ ihre Tasche aufs Sofa fallen und brachte sie schnell in das einzige Badzimmer der kleinen Wohnung, das mit dem einzigen Schlafzimmer verbunden war.

Sie begann zu stöhnen, und er legte ihr die Finger um den Nacken und drückte sie, gerade als sie zu würgen begann, vor der Toilette auf die Knie. Er war nicht schnell genug. Sie übergab sich, bevor ihr Kopf über der Schüssel hing, und eine sehr farbenfrohe Mischung platschte auf ihre Seidenbluse und die teuer aussehende Hose. Doch selbst als er sie schließlich in die richtige Position gebracht hatte, fiel ihr beim Brechen das Haar ins Gesicht und Brocken des ekelhaften Zeugs verfingen sich in den blonden Strähnen.

Clay zog eine Grimasse, fluchte leise und tat sein Bestes, ihr Haar nach hinten zu halten, solange sie sich weiter übergab. Während er darauf wartete, dass sich ihr Magen ganz entleerte, dachte er an die vielen Male, die er seinem Bruder beigestanden hatte, wenn Mason während seiner wilden Teenagerjahre über der Toilette gehangen hatte. Verdammt, Mason war immer noch wild und aufsässig, doch Gott sei Dank war Clay nicht länger dafür verantwortlich, ihn auszunüchtern.