Shinto und Buddha - Detlef B. Fischer - E-Book

Shinto und Buddha E-Book

Detlef B. Fischer

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Beschreibung

Das religiöse Leben Japans fußt im Wesentlichen auf zwei Säulen: dem Shintoismus und dem Buddhismus. Der Shintoismus ist Japans angestammte Religion. Sie ist im Lande entstanden und hat sich bis in die Gegenwart als prägende Kraft erhalten. Der Buddhismus ist aus China und Korea ins Land gekommen. Beide Religionen sind aufs Engste mit der Geschichte und Kultur des Inselreiches verbunden. Einflüsse des Shintoismus auf den Buddhismus hat es ebenso gegeben wie umgekehrt. Aber zu einer völligen Verschmelzung der beiden Lehren ist es nie gekommen.

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Detlef B. Fischer

Shinto undBuddha

Shinto und Buddha

Religionen Japans

Detlef B. Fischer

© 2022 Detlef B. Fischer

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

ISBN Softcover: 978-3-347-72565-2

ISBN Hardcover: 978-3-347-72569-0

ISBN E-Book: 978-3-347-72570-6

ISBN Großschrift: 978-3-347-72571-3

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Heilige Schriften des Shintoismus

Die Götterwelt des Shintoismus

Ahnenverehrung

Kaiserverehrung

Tempel, Priester, Kult und Feste

Die Sittlichkeit des Shintoismus

Der Buddhismus

Ausbreitung des Buddhismus in Japan bis 1868 n. Chr.

Innere Entwicklung des Buddhismus von 552 bis 1868

Schulen für Gebildete und Samurai

Schulen für Bürger und Bauern

Die religiöse Praxis des Buddhismus

Die religiöse Entwicklung in Japan seit 1868

Zeittafel japanischer Geschichte

Literatur:

Einleitung

Verglichen mit der chinesischen Kultur ist die japanische sehr jung. In den Zeitepochen, in denen die chinesische Kultur bereits fertig ausgestaltet war, war das kulturelle Leben Japans noch in das dämmrige Dunkel von Mythologie und Sage gehüllt. Vor dem Beginn unserer Zeitrechnung kann von japanischer Geschichte im Grunde nicht geredet werden und als das japanische Inselreich um etwa 200. n. Chr. mit China in Berührung kam, war es in seinem ganzen Wesen noch auf Legenden, Mythen und die Vorgänge in der Natur fixiert. Seine eigene Religion, der Shintoismus, war eine reine Naturreligion und ist das im Wesentlichen bis in die heutige Zeit auch geblieben. Der Shintoismus hat im Laufe seiner langen Geschichte keine religiösen Leitfiguren hervorgebracht, die diese Religion auf die Stufe einer ethisch fundierten Geistesreligion erhoben hätten.

Seit der Zeit um 200 n. Chr. wurde in Japan der Einfluss Chinas deutlich und seit 553 n. Chr. breitete sich der Buddhismus im Lande aus. Der traditionelle japanische Shintoismus und der sich rasch ausbreitende Buddhismus haben zur Herausbildung einer Kultur geführt, die der chinesischen sehr ähnlich wurde. Zwar wurde der Shintoismus durch den Buddhismus sehr bereichert, aber im Laufe von Jahrhunderten hat das japanische Wesen seine eigene Natur bewahren können. Das religiöse Leben Japans ist durch eine gewisse Zwiespältigkeit gekennzeichnet. Die geistig führende Religion war und ist in Japan der Buddhismus. An ihn wenden sich die Menschen bei allen ernsten, bedrückenden und brennenden Lebensfragen. Nur ganz wenige Bereiche des religiösen Lebens haben ihren rein shintoistischen Charakter bewahrt. Ungeachtet dessen aber halten die Japaner an der alten Volksreligion auch heute noch fest. Sie ist mit tausend Fäden mit der Geschichte, sowie mit Staat und Familie eng verbunden und ist der eigentliche Ausdruck des spezifisch japanischen Empfindens und Denkens. Das japanische Land, sein Kaiserhaus und seine Bevölkerung sind ja direkt der Welt der Götter des Shintoismus entsprossen, die mit lebendiger Macht sein Leben schützen.

Durch den Einfluss aus Ländern wie China und Indien ist auch Japan zu einer Kulturnation geworden. Als die Chinesen mit ihrer seinerzeit überlegenen Kultur das japanische Leben beeinflussten, gelang es ihnen jedoch nicht, in die Tiefen der japanischen Seele vorzudringen und sie grundlegend zu verändern. Das stark mit der Natur verbundene Wesen der Japaner blieb vielmehr, nur unwesentlich modifiziert, erhalten, und ist noch heute im Shintoismus lebendig. Der Shintoismus bringt damit nicht nur Japans religiöses Leben im metaphysischen und ethischen Sinne zum Ausdruck, sondern auch seine sozialen und staatlichen Ideale und Grundideen haben in ihm ihre Wurzeln. Diese Religion ist seit dem Beginn der Umgestaltung Japans in der Meiji-Ära nicht abgestorben, sondern lebte weiter und findet in der Bevölkerung auch heute noch regen Anklang.

Das wäre undenkbar, wenn in dieser Religion nicht gewisse Elemente enthalten wären, die zu den grundlegenden Eigenheiten des japanischen Wesens gehören. In der Kultur Japans existieren sehr stark divergierende Lebenshaltungen ungebrochen nebeneinander. Im Grunde gibt es zwei, das japanische Wesen kennzeichnende Strömungen, die nebeneinander im Shintoismus als herrschende Ideen wirksam sind: da ist zum einen die religiöse Verehrung von Mut, Tapferkeit und nationaler Gesinnung und zum anderen die religiöse Verehrung der Natur.

Während man in China das Ideal des friedlichen Wohlergehens der ganzen Menschheit unter der hohepriesterlichen Leitung des chinesischen Kaisers anstrebte, huldigte Japan seit alters her dem nationalen Ideal eines starken japanischen Staates, der, wenn möglich, auch andere Völker beherrschen soll. Während in China der Soldatenstand nie sehr hoch angesehen war, sondern das Kriegshandwerk als ein notwendiges Übel galt, bildeten in Japan die Ritter (Samurai) den höchsten Stand. Die Samurai, die im Dienst der Daymios (Fürsten) standen, waren die Wächter der Landesehre und der staatlichen Macht. Sie standen über dem einfachen Volk und waren letztlich nur dem Kaiser, dem göttlichen Oberhaupt Japans, zu blindem Gehorsam verpflichtet. Diese Grundstruktur von Macht, Pflicht und Unterwerfung beruht auf den Dogmen des Shintoismus, der in seiner Lehre und Grundstimmung das nationale Leben Japans für göttlich erklärt und die Hingabe eines jeden Japaners für den Kaiser als oberste Pflicht lehrt. Für einen traditionell orientierten Japaner ist Japan „meines Kaisers Land“, gehört sein Leben „meinem Kaiser“ und nicht ihm selbst. Japan, nur Japan, das ist seine heilige Welt, sein Götterland.

Das zweite Moment, die religiöse Verehrung und Liebe zur Natur, ist mehr stimmungsmäßig vorhanden, darum aber nicht minder wichtig und bedeutsam. Gilt schon von den Chinesen, dass sie sich nie als Herrscher über die Natur, sondern stets als Glieder der Natur fühlen, gebannt in ihre Gesetze, und mit ihr wesenhaft eins, so gilt das noch viel stärker von den Japanern. Bei den Chinesen ist das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit mit der Natur vor allem zur ethischen Seite hin sehr ausgeprägt, bei den Japanern hingegen mehr zur ästhetischen. Für einen Chinesen sind die Gesetze der Natur identisch mit den Moralgesetzen und die Naturgesetze bestimmen die Normen seines Handelns. Der Japaner fühlt eher, dass er Teil der Natur ist und dass in und mit ihr sein Glück steht und fällt. Die wunderbare Schönheit des japanischen Landes hat im japanischen Volk einen tiefen Sinn für das Schöne in der Natur genährt. Trotz aller Katastrophen, wie Vulkanausbrüche, Erdbeben oder Springfluten, die Japan immer wieder heimsuchen, liegt für die Japaner aller Nachdruck auf dem Sonnigen, Frohen und Schönen. Dabei ist es mehr das Schlichte, Zarte an den Schönheiten der Natur, nicht so sehr das Außergewöhnliche oder Gigantische, was das Entzücken der Japaner hervorruft. Vielleicht sind die zahlreichen tragischen Naturkatastrophen der Grund dafür, dass diese Naturfreude nie zum Übermut wird, sondern bei aller Innigkeit und Unbekümmertheit eher etwas Gedämpftes behält, das hier und da auch ins Sentimentale umschlagen kann. Dieses gefühlsmäßige Bewusstsein der Einheit mit der schönen Natur geht so weit, dass es hin und wieder vorkommt, dass sich junge Leute an den brausenden, grandiosen Wasserfällen, völlig berauscht von der Herrlichkeit der Naturkräfte, plötzlich in die Tiefe stürzen. Sie gehen nicht aus Lebensüberdruss, sondern mit dem übermächtigen Verlangen in den Tod, im Schoße der Natur, dieser wundervollen Mutter aller Dinge, aufzugehen. Der Tod bedeutet ihnen kein Scheiden aus dem Leben, sondern das Eingehen in die Einheit mit dem Ursprung aller Dinge.

Die Götter, der Kaiser, das Land, das Volk, die Familie und der einzelne Mensch, sie alle bilden eine große Einheit, und diese Einheit ist das allein Wichtige, nicht das einzelne Ich. In ihr erst ist das Ich etwas, was Wert hat. So fühlt sich der einzelne Japaner, mehr noch als der einzelne Chinese, ganz eins auch mit den Organisationsformen des Lebens, mit der Familie, der Firma und dem Staat. Wenn man einem Japaner des 19. Jahrhunderts die Frage gestellt hätte: „Wie lange wohnen sie schon hier?“, so hätte man als Antwort bekommen können: „Zweihundertachtzig Jahre“. So lange ist seine Familie hier sesshaft; das ist für ihn das allein Bedeutsame, nicht das eigene Ich und seine eigene kurze Existenz. Leben ist für einen Japaner nicht notwendig Ich-Leben oder Hier-Leben auf der Erde, so schön es hier auch ist. Alles Sein, selbst das der Toten, ist geborgen in der Gemeinschaft der Götter und Geister.

Diese beiden Strömungen, die religiöse Verehrung des Nationalen und die religiöse Verehrung der Natur, haben es bewirkt, dass nach dem Eindringen des Konfuzianismus und des Buddhismus, diese beiden Religionen nicht nur aktiv das japanische Leben geformt haben, sondern auch von diesen geformt worden sind. Aus der konfuzianischen Sittenlehre entwickelte sich in Japan der Moralkodex der Samurai, das Bushido (Bushi=Ritter, Do=Weg) und bekam dadurch eine stark aktivistische und militärische Note. Der Buddhismus aber erfuhr diese Einwirkung in dreifacher Hinsicht. Das Lebensfrohe und Lebensbejahende des japanischen Wesens brachte hier eine Form des Buddhismus zur Blüte, die statt eines weltabgewandten Negativismus ein positives, erfülltes Leben als letztes Ziel darbietet. In Gestalt der Jodo- und Jodo-Shin Schulen des Buddhismus wurde aus der weltabgewandten Mönchslehre eine lebensoffene, für das praktische Dasein brauchbare Laienreligion. Zugleich aber hat wohl in keinem Lande der Buddhismus, die Religion der Weltüberwindung, so tief alle Schönheiten der Natur und der Kunst in seinen Dienst gestellt wie in Japan. Seine zahlreichen Klöster und Tempel sind in die Landschaft und Natur mit feinster Einfühlung eingebettet. Und was diese Religion auch sonst an Schönem in Japan hervorgebracht hat, man denke an die Teezeremonie, die Gartenkunst, die Keramik oder an Ikebana, das Blumenstecken, das erregt bis heute die Begeisterung der Kunstliebhaber aus aller Welt.

Der eigenartigste Einfluss des japanischen Wesens auf den Buddhismus aber war gewiss der, dass der religiös gefärbte Nationalismus Japans es fertigbrachte, sogar dem Buddhismus eine kriegerische Note zu verleihen. Der Buddhismus stand in seinen Anfängen in Japan nicht in Konkurrenz zu einem anderen hochstehenden Religionssystem und unter dessen Aufsicht wie in China; er wurde in Japan vielmehr willkommen geheißen und konnte sich ungehemmt, durch die Regierung gefördert, schnell entfalten. Aber vielleicht war es gerade dieser leichte, konfliktlose Verlauf der Entwicklung der ihm keine starke innere Festigkeit verlieh. Der japanische Buddhismus verweltlichte sehr rasch und buddhistische Würdenträger entwickelten politische Ambitionen. Als das Kaiserhaus von den Daimyos (Landesfürsten) entmachtet wurde, da wurden auch die Äbte der buddhistischen Klöster zu politischen Akteuren. Sie bildeten ihre Mönche zu kampffähigen Soldaten aus und mischten sich mit ihren Mönchsheeren in die blutigen Schlachten der japanischen Bürgerkriege ein. Die Shogune, in deren Händen nun, nachdem der Kaiser entmachtet war, die tatsächliche Macht im Lande lag, hatten oft keine so gefürchteten politischen und militärischen Widersacher wie diese kampfbereiten Mönche. Die Epoche des militärisch aktiven Buddhismus wurde von den Shogunen schließlich blutig beendet und der Buddhismus, die Religion der Kontemplation und der Weltentsagung, wurde in ihre angestammte Sphäre zurückgedrängt. Aber stärker als in China blieb der japanische Buddhismus eine Religion, die sich an die Grundtugenden des japanischen religiösen Nationalismus anpasste. Nach der Abschaffung des Shogunats und der Restauration des Kaisertums im Jahre 1868 trat eine Entfremdung zwischen Kaiserhaus und Buddhismus ein, da der junge Staat nun den Shintoismus, den er als die eigentliche japanische Religion betrachtete, bevorzugte und förderte. Die Buddhisten versuchten nun, diese Herabsetzung zu überwinden, indem sie sich der Regierung in den sozialen und politischen Wirrnissen der frühen Meiji-Zeit als loyale Stütze des Thrones anboten.