Sicher in deinen starken Armen - Joanne Rock - E-Book

Sicher in deinen starken Armen E-Book

Joanne Rock

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Beschreibung

Auf der Flucht vor ihrem Ex-Freund versteckt sich Stuntfrau Emma auf Carson McNeills Ranch. Nach leidenschaftlichen Küssen unterm Sternenhimmel verbringt sie auch die Nächte sicher in den starken Armen ihres sexy Gastgebers. Bis eine Intrige jäh ihr Glück bedroht …

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Seitenzahl: 192

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IMPRESSUM

Sicher in deinen starken Armen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Joanne Rock Originaltitel: „Wild Wyoming Nights“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA COLLECTIONBand 405 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733717568

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Die Nerven gingen fast mit ihr durch, ganz im Gegensatz zu dem Stuntpferd, das relativ gelassen neben ihr stand. Emma Layton packte die Zügel fester. Dies war erst ihr zweiter Drehtag in Cheyenne, Wyoming.

Sie betete, dass es einen dritten geben würde.

Der graue Andalusier war speziell für das Trickreiten ausgebildet, eins von sechs Tieren, die für den Dreh des Films Winning the West zur Creek Spill Ranch geliefert worden waren. Das Pferd schüttelte seine lange Mähne und stampfte auf den Boden. Es wieherte ungeduldig und wartete darauf, dass die gemeinsame Arbeit begann. Die Stute war auf die Herausforderungen des Tages wesentlich besser vorbereitet als Emma.

Bei dem Bewerbungsgespräch – erst ihre fünfte bezahlte Rolle als Stuntfrau – war Emma so darauf fokussiert gewesen, den Job zu bekommen, dass sie nicht nachgedacht hatte, als sie nach ihren Reiterfahrungen befragt wurde. Zwar hatte sie als Teenager Reitstunden auf dem Anwesen der berühmten Ventura Familie genommen, für die ihre Mutter arbeitete, doch Emma wusste, dass sie den Job nur wegen ihrer Verbindung zu Antonio Ventura, dem Regisseur, bekommen hatte. Nicht, dass sie ihn bald sehen würde. Als Stuntfrau für eine der kleineren Rollen in dem Film war Emma Teil des zweiten Drehteams. Das bedeutete, sie war Zoe Bettle unterstellt – der Frau, die die Stunts koordinierte –, während Antonio die Gesamtleitung hatte.

Beide Teams würden während der nächsten zwei Wochen auf Creek Spill drehen, aber Emma hoffte und betete, dass sich die Dreharbeiten in die Länge zogen. Sie brauchte die Arbeit fast so sehr wie die räumliche Distanz zu Los Angeles. Weit, weit weg von ihrem Exfreund, der morgen aus dem Staatsgefängnis entlassen werden würde. Dieser Job war ein Geschenk des Himmels gewesen, ein Segen, der sie ihre begrenzten Reitfähigkeiten hatte übertreiben lassen.

Heute Morgen standen Emma und die ihr zugeordnete Stute zusammen mit fünf weiteren Doubeln und ihren Pferden vor den Creek Spill Stallungen. Alle warteten auf Zoes Anweisungen, die auch als Pferdewirtin für den Film diente. Zoe, eine versierte Reiterin Mitte vierzig mit dem Körper einer Athletin, diskutierte gerade erregt mit einem großen, unglaublich attraktiven Cowboy mit dunklem Stetson.

Zumindest sah er aus wie ein Cowboy.

Die breiten Schultern füllten das enge graue T-Shirt aus, das er in die verwaschenen Jeans gesteckt hatte. Die Lederstiefel wiesen diesen abgenutzten Look auf, den Kostümbildner mühsam mit Sandpapier und Aceton herstellten. Der Mann hatte den kantigen Kiefer, die hohen, ausgeprägten Wangenknochen und die vollen Lippen, die eine Kamera liebte. Offensichtlich war er einer der Hauptdarsteller – einer, der genug Einfluss hatte, um es mit Zoe aufzunehmen. Emma konnte an ihrer Schulterhaltung erkennen, dass sie mit dem, was auch immer der Mann zu sagen hatte, nicht einverstanden war.

Bereits jetzt mochte Emma den Mann nicht. Sie brauchte eine gut gelaunte Chefin, die sich nicht über die Fehler aufregte, die Emma sicherlich machen würde. Im Moment sah es so aus, als würde Zoe den ersten Stuntreiter feuern, der so dumm war, es zu vermasseln. Emma versuchte ihre Nerven zu beruhigen, indem sie Marianas weiches graues Maul streichelte.

„Schön.“ Zoe sprach das letzte Wort laut genug, dass es Emmas Ohren erreichte. Sie drehte sich zu den versammelten Stuntleuten um. „Planänderung, meine Damen und Herren.“ Sie kam näher, ihre hohen Reitstiefel wirbelten Staub auf. Obwohl sie kaum über einen Meter fünfzig groß war, entsprach ihre Haltung der einer olympischen Turnerin. Die Reithose und das leuchtend rote T-Shirt betonten die perfekte Haltung und die Muskulatur. „Unser Gastgeber, Mr. McNeill, ist skeptisch, was unser reiterliches Können betrifft.“ Ein Affront, den sie nicht so schnell verzeihen würde. „Ich habe ihm zugesichert, dass wir unser Trainingsprogramm drosseln, um die Sicherheitsstandards der Ranch zu erfüllen.“

Ihr Gastgeber? Emma blickte wieder zu dem Rancher, den sie für einen Schauspieler gehalten hatte, und sah ihn jetzt in einem anderen Licht. Wenn er für diese weitläufige Ranch mit den gepflegten Feldern und Stallungen verantwortlich war, dann leistete er ausgezeichnete Arbeit. Die Creek Spill Ranch ähnelte einer Ministadt mitten im Nirgendwo. Angefangen bei der Schlafbaracke für die Helfer auf der Ranch bis zu den Kochgelegenheiten vor Ort und dem eigenen Wasserturm.

„Miss Bettle, ich glaube, Sie haben mich missverstanden“, rief der Cowboy von seinem Platz an dem frisch gestrichenen Zaun, der die Wiesen von der Pferdekoppel trennte.

Zoe Bettle ignorierte ihn. Sie verschränkte die Arme und starrte die Darsteller an.

„Wir teilen uns in zwei Gruppen. Miss Layton und alle, die an der Rennszene beteiligt sind, bitte zeigen Sie Mr. McNeill, wie gut wir auf den Stunt vorbereitet sind.“ Zoes Blick bohrte sich in Emmas, warnte sie wortlos, es nicht zu vermasseln. „Der Rest kommt mit mir. Wir arbeiten auf einer entlegenen Wiese, um die hiesigen Pferde nicht zu stören, während sie sich ‚an unsere Anwesenheit gewöhnen‘.“

Emmas Chefin unterließ es, die Augen zu verdrehen, doch ihr Tonfall deutete an, wie gern sie es täte. Zwei der Stuntmen – beide bessere Reiter als sie – traten mit ihren Pferden vor und gingen auf den Rancher zu. Emma wollte ihnen gerade folgen, als Zoe zu ihr kam.

„Miss Layton. Carson McNeill hat eine Vereinbarung mit der Produktionsfirma unterzeichnet, die ihm das letzte Wort die hiesigen Sicherheitsbedingungen betreffend einräumt. Da Creek Spill ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen ist, können wir ihn während der Dreharbeiten leider nicht in einen zweiwöchigen Urlaub schicken. Wir müssen sicherstellen, dass er weiß, dass wir wissen, was wir tun. Ja?“

Emma nickte. „Verstehe.“

Carson McNeill zu beeindrucken hatte oberste Priorität, wenn sie diesen Job behalten wollte. Sie bekam feuchte Hände, als sie zu dem Cowboy blickte, der jetzt ihr Schicksal in der Hand hielt. Warum konnte sie keine Kampfszene filmen? Oder von einem Gebäude springen? Irgendetwas, nur nicht reiten. Zweifellos erkannte Zoe, dass Emma das schwache Glied in der Mannschaft war.

Sie war gewarnt worden.

Während Zoe und die übrigen Darsteller aufsaßen, um zu der entlegenen Weide zu reiten, drängte Emma ihr Pferd Mariana vorwärts. Die Morgensonne glitzerte auf dem Bach, der sich hinter dem Ranchbesitzer durch die Landschaft schlängelte. Als sie vor zwei Tagen auf der Creek Spill Ranch angekommen war, war Emma überwältigt gewesen von der Schönheit Wyomings mit dem endlos blauen Himmel, den schroffen Klippen und sanften Hügeln. Jetzt reduzierte sich der spektakuläre Blick auf Carson McNeill, der im Schatten einer riesigen Esche stand.

Er schien den beiden Männern in ihrer Gruppe Anweisungen zu geben, und die Männer ritten schon los, bevor Emma überhaupt bei ihm war. Ihr Puls raste, und sie wünschte, sie müsste nicht allein mit ihm sprechen. Sie hatte die Dämonen beinahe bezwungen, wenn es um Männer ging. Nachdem die Albtraumbeziehung mit ihrem Exfreund vor drei Jahren zu Ende gegangen war, hatte Emma begonnen, sich ergänzend zu ihrer Arbeit als Personaltrainerin auf diesen herausfordernden Beruf vorzubereiten. Die Arbeit einer Stuntfrau sprach ihr Bedürfnis nach mehr Selbstsicherheit an, und sie hatte vielen Menschen vorgegaukelt, sie hätte dieses Ziel bereits erreicht.

Im Moment aber fürchtete sie, Carson McNeill könnte sie wegen ihrer Hochstapelei in Bezug auf ihre Reitkünste zur Rede stellen. Ohne die Männer in ihrem Team, hinter denen sie sich verstecken konnte, würde sie es dem Rancher leichter machen, ihre Schwäche zu erkennen. Doch der Gedanke, schwach zu erscheinen, weckte ihren Kampfgeist und verpasste ihr den Schuss Tapferkeit, den sie brauchte, um die Herausforderung durchzuziehen.

„Ich reite in der Rennszene, Mr. McNeill.“ Sie hob ihr Kinn und straffte die Schultern. Es war ihre persönliche Ich-bin-bereit-Haltung. „Was möchten Sie von mir sehen?“

Sie besaß einen Abschluss in Sportwissenschaften. Sie hatte hart trainiert, um hier zu sein. Dieser Mann würde sie nicht wegschicken.

„Sagen Sie Carson zu mir.“ Er berührte flüchtig die Krempe seines Stetson.

„Emma Layton.“ Sie reichte ihm nicht die Hand, denn sie hielt Marianas Zügel mit der rechten, und sie war schweißnass vor Nervosität. In ihrer linken Hand hielt sie den Reithelm.

Carson McNeill wirkte aus der Nähe noch unwiderstehlicher. Er hatte hellblaue Augen. In seinem Nacken kräuselte sich dunkles Haar. Sein Blick huschte flüchtig über sie, und ihre Haut war wie elektrisiert, obwohl sie völlig bedeckt war mit Arbeitshemd, Reithosen und Reitstiefeln.

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Emma. Und ich versichere Ihnen, ich wollte Ihre Chefin nicht verärgern.“ Sein charmantes Lächeln wirkte antrainiert. Sie könnte wetten, dass er es bei anderen Frauen mit großem Erfolg einsetzte.

Emma konnte sich Interesse nicht leisten, trotz des Prickelns, das über ihre Haut jagte. Nicht sein automatisches Lächeln löste diese Sinnesempfindung aus, sondern die klugen blauen Augen. Dieser reiche Rancher hatte mehr zu bieten als ein attraktives Gesicht und einen tollen Körper.

„Zoe kennt sich wie keine andere mit Stunts und Pferden aus.“ Emma hatte auf dem Flug nach Cheyenne alles gelesen, was sie über diese Frau finden konnte, und sie war beeindruckt. „Sie ist vermutlich nicht daran gewöhnt, dass ihr Urteil infrage gestellt wird.“

„Ich stelle nicht ihre Reitkünste infrage, sondern die ihrer Crew.“ Sein Blick wanderte von Emma zu Mariana, und er streichelte dem Pferd über die Nüstern. „Vor allem ist mir gestern während des Trainings aufgefallen, dass Sie sich unwohl gefühlt haben.“

Ihr wurde flau im Magen. Sie hatte nicht gewusst, dass sie beobachtet wurde.

„Gestern sollten wir nur unsere Pferde kennenlernen.“ Ihr brach der Schweiß aus, obwohl es für August gar nicht so heiß war. Ein leichter Wind wehte durch die Mähne der Stute und ließ Emmas Haut klamm werden. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Ich habe nie mit einem Pferd gearbeitet, das auf so viele Spezialbefehle reagiert. Es ist bestens ausgebildet.“

„Im Gegensatz zu Ihnen.“ Er griff nach den Zügeln. „Darf ich?“

Seine Finger streiften ihre, der Kontakt war ungewollt elektrisierend, obwohl Carson sie gerade beleidigt hatte. Emma reichte ihm die Zügel und unterdrückte ihren Ärger. Sie wusste, dass sie sich mit ihm vertragen musste, sonst würde Zoe sie nach Hause schicken.

„Mr. McNeill …“

„Carson“, erinnerte er sie und ließ Marianas Zügel hängen. „Sie müssen sie nicht so straff halten. Deshalb wiegt sie den Kopf. Sie braucht Raum zum Atmen.“

„Carson.“ Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Als sie sah, wie Mariana ruhig wurde, konnte Emma kaum mit ihm streiten. „Stuntarbeit beinhaltet viele Fertigkeiten. Ich bin vielleicht nicht so eine erfahrene Reiterin wie Zoe, aber ich versichere Ihnen, dass ich qualifiziert bin, Höhen zu erklimmen, mich in die Tiefe zu stürzen oder ein brennendes Auto in ein Gebäude zu fahren.“

Er verschränkte die Arme. „Aber Sie arbeiten hier nicht mit einem Auto oder einem Gebäude. Sie arbeiten mit einem neunhundert Pfund schweren Tier, das seinen eigenen Willen hat. Und das birgt ganz andere Gefahren.“

„Deshalb stellt die Produktionsfirma Pferde wie Mariana zur Verfügung. Sie sind Dreharbeiten und die Arbeit mit unterschiedlichen Menschen gewöhnt.“

„Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Sie nach einem Samstag auf einer Touristenranch hier einen Stunt auf dem Pferderücken abziehen können.“

Zu schade, dass sie genau das tun musste.

„Dann sagen Sie mir, Carson, was ich tun muss, um Ihnen zu beweisen, dass ich hierhergehöre? Ich stelle mich jeder Herausforderung.“

Denn welche Gefahren Mariana und die Creek Spill Ranch für Emma bereithielten, sie waren nichts, verglichen mit dem, was ein wütender Exfreund ihr antun könnte, wenn sie jetzt nach Hause zurückkehrte.

Emma Layton entpuppte sich als eine verlockende, unerwartete Ablenkung.

Carson starrte in ihre dunkelbraunen Augen, ihr Blick standhaft, als sie auf die Anweisung wartete. Sie war ungeschminkt, das braune Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst und dann zu einem lockeren Knoten gesteckt. Alles an ihr drückte aus, dass sie zum Arbeiten hier war, angefangen bei dem entschlossenen Zug um ihren sinnlichen Mund bis hin zu den angespannten Schultern. Sie war einen halben Kopf kleiner als er und hatte den muskulösen Körper einer Tänzerin. Sie war kaum das, was er sich unter einer Stuntfrau vorstellte, aber er ahnte, dass sie Feuer spucken würde, wenn er diesen Gedanken laut aussprach. Mit ihrem langen, eleganten Hals und den zarten Gesichtszügen schien sie eher fürs Ballett geeignet als für waghalsige Stunts, aber jedem das Seine.

Dass er ihren Mut und ihre Entschlossenheit unglaublich anziehend fand, kam ausgesprochen ungelegen angesichts der Tatsache, dass er mit jedem Tag der Dreharbeiten auf seinem Land Ertragseinbußen erlitt. Carson verdankte seinem übervorsichtigen Zwillingsbruder all die zusätzlichen Klauseln in dem Vertrag mit der Filmgesellschaft, die besagten, dass die McNeill- Familie das letzte Wort in Bezug auf die Sicherheit während des Drehs hatte. Normalerweise war Carson der sorglose Zwilling und Cody eher ein harter Brocken. Aber Carson musste den Part seines Bruders übernehmen. Cody hatte viel um die Ohren, seine Freundin erwartete ein Baby.

Hinzu kam, dass die Stiefmutter von Cody und Carson, Paige, nach einem Sturz beim Wandern im Koma lag, was die ganze Familie in Angst und Sorge versetzte. Und nur einen Tag vor dem Unfall hatte Carsons jüngste Halbschwester, Scarlett, einen Erpresserbrief erhalten mit der Drohung, irgendein Geheimnis aus Paiges Vergangenheit zu enthüllen, das der Familie schaden würde.

Während um sie herum das Chaos ausbrach und alle abwechselnd bei Paige auf der Intensivstation in Idaho saßen, war Carson geblieben, um Creek Spill zu managen und sicherzustellen, dass auch der andere Familienbetrieb, die Black Creek Ranch, reibungslos lief. Glücklicherweise sollte Paige heute ins Krankenhaus in Cheyenne gebracht werden, da es so aussah, als würde sie aus dem Koma erwachen.

Dennoch, es war definitiv kein guter Zeitpunkt, Emma Laytons Sexappeal wahrzunehmen, zumal sie ihn anstarrte, als wünschte sie, er würde ein Fahrzeug in ein brennendes Gebäude fahren. Am besten mit voller Geschwindigkeit. Meistens fanden Frauen ihn charmant. Was für eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet die Frau, die ihm gerade den Kopf verdrehte, aussah, als wollte sie ihm den Kopf abreißen.

„Ich möchte, dass Sie sich auf dem Pferderücken wohler fühlen“, sagte er schließlich zu Emma. „Das verringert das Verletzungsrisiko erheblich.“

Sobald er sich ihrer Kompetenz sicher war, würde er zu seiner Arbeit zurückkehren. Sie war schließlich ein Profi, und sie hatte eine Chefin, die sie überwachte. Die Gesellschaft war versichert, und die Ranch haftete nicht.

Außer dass Carson ein Gewissen hatte, und, verdammt, es meldete sich jetzt lauter, weil sein sich für alles verantwortlich fühlender Zwillingsbruder nicht da war. Ihre eigene Mutter, eine erfahrene Rancherin, war an den Verletzungen gestorben, die sie sich bei dem Versuch zugezogen hatte, einen Bullen von der Herde zu trennen. Carson war damals vier Jahre alt gewesen. Ihr Tod hatte die Familie verfolgt und seinen Vater für immer verändert. Er wusste also nur allzu gut, dass Tiere unberechenbar waren.

Emma setzte ihren Reithelm auf. „Ich bin bereit.“

„Ich habe Ihre Kollegen in die Koppel geschickt, damit sie ihre Beinhaltung trainieren.“ Er deutete auf das Feld, auf dem sein jüngerer Bruder Brock mit den Quarterhorses trainierte, ein lukrativer Nebenerwerb auf Creek Spill. „Dahinter liegt ein Übungsbereich, neben einem Geräteschuppen. Wir bringen Ihr Pferd dorthin und beginnen mit der Arbeit an Ihren Händen.“

„Ihr Name ist Mariana“, sagte sie, als er mit der Stute loszog. „Und was ist mit meinen Händen?“

Er nahm den schattigen Weg hinter der Scheune. Das Gras auf dem Pfad war noch nicht runtergetrampelt worden. Er dachte, er wäre auf die erhöhte Betriebsamkeit bei einer Filmproduktion vorbereitet gewesen, doch er hatte unterschätzt, wie viel Ausrüstung und Leute nötig waren.

„Sie sind zu steif.“ Er hatte keine Reitstunden mehr gegeben, seit Scarlett ein Kind gewesen war. „Sie müssen die Zügel lockerer halten, damit sie keinen Extradruck auf das Gebiss verursachen. Mariana weiß nicht, was Sie wollen, wenn sie das Gefühl hat, Sie ziehen.“

„Ich lerne schnell.“ Emma warf einen Blick in seine Richtung. „Sagen Sie mir einfach, was Sie von mir sehen wollen, ich werde es Ihnen zeigen. Ich kann es mir nicht leisten, diesen Job zu verlieren.“

Hinter der Geschichte steckte mehr. Er hörte es in ihrer Stimme. Sah es an der Spur Verletzlichkeit in ihren dunkelbraunen Augen. Und er bedauerte, dass er ihr nicht die Zusicherung geben konnte, die sie ganz offensichtlich suchte.

Er öffnete das Gatter zum Trainingsbereich, wartete, bis Emma und Mariana hindurch waren, und schloss es dann wieder. „Und ich kann es mir nicht leisten, dass irgendjemand auf meinem Anwesen verletzt wird. Ich habe dem Produktionsleiter bei der Vertragsunterzeichnung sehr deutlich gemacht, dass eine Ranch ein gefährlicher Ort ist. Ich werde nicht zulassen, dass Sie weitermachen, wenn ich das Gefühl habe, für Sie besteht Gefahr.“

Sie atmete verärgert aus, stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn frustriert an.

„Alles, was wir in dem Geschäft tun, ist riskant. Bei meinem letzten Job musste ich einen Kampf mit dem Messer mehr als zwanzig Mal wiederholen, bis er richtig war. Der Take, der ihnen am besten gefallen hat, war der, bei dem ich an der rechten Wade verletzt wurde und in die Notaufnahme musste. So ist das in dem Beruf.“ Ihre Wangen waren gerötet.

Er hatte einen Nerv getroffen. Oder auch einfach ihren Stolz verletzt.

„Ich habe mehr Angst vor Kopfverletzungen. Wenn Ihr Pferd Sie abwirft …“

„Ich bin darauf trainiert, richtig zu fallen“, erinnerte sie ihn.

„Eine Frau, die ihren Job behalten will, sollte vielleicht mehr zuhören und weniger unterbrechen“, schlug er freundlich vor, obwohl sie ihn langsam nervte.

Sie schürzte nachdenklich die vollen Lippen. Dann senkte sie die Schultern etwas. „Sie haben recht. Ich bin nervös und defensiv, und das hilft nicht. Was soll ich zuerst tun?“

Er bewunderte, wie schnell sie umschaltete.

„Sitzen Sie auf, und ich zeige es Ihnen.“ Er beobachtete, wie sie den linken Fuß in den Steigbügel stellte und dann das rechte Bein über den Rücken des Pferdes schwang. Geschmeidig. Problemlos.

Er änderte seine frühere Einschätzung ihrer Fähigkeiten. Zu ihrer Biografie gehörte mehr als nur ein Wochenende auf einer Touristenranch.

Schnell ging er durch, was er von ihr sehen wollte, und begann mit der Erklärung, was ihre Hände dem Pferd sagten. Sie übte, die Zügel weiter auseinanderzuhalten, um die natürlichen Bewegungen des Pferdes zu spüren und somit im Einklang mit dem Pferd zu sein.

Während Mariana über das Übungsfeld trabte, ging Carson zu den beiden Reitern in der Arena. Sie machten einen besseren Eindruck, aber Carson entließ sie noch nicht. Er rief nach Nate – einem Rancharbeiter, der seit mehr als einem Jahr eng mit Brock und den Quarterhorses zusammenarbeitete – und übertrug ihm die Aufgabe, den Reitern noch ein paar Tipps zu geben.

„Ich? Ich bin kein Reitlehrer.“ Der junge Mann kratzte sich am Kopf. „Ich trainiere Pferde, aber keine Menschen.“

„Aber wenn du diesen Männern eine Handvoll Tipps geben müsstest, um sicherzustellen, dass sie die zwei Wochen auf dem Pferd überleben, was würdest du ihnen sagen?“

„Dass ich lieber mit der heißen Brünetten arbeiten würde.“ Carson folgte Nates Blick und bemerkte dessen anerkennendes Grinsen, als er Emma beobachtete.

Überraschenderweise meldete sich sofort sein Beschützerinstinkt.

„Das Alter hat seine Privilegien.“ Auch wenn Carson nicht plante, der Anziehungskraft weiter nachzugehen, die diese kratzbürstige Stuntfrau auf ihn ausübte, er musste die nächsten zwei Wochen für ihre Sicherheit sorgen.

Andererseits, er war auch noch nicht bereit wegzugehen.

„Sie sind der Boss.“ Nate richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Stuntmen, die in der Arena im Kreis ritten. „Der Kerl links reitet zu hoch im Sattel.“

Carson schlug Nate auf die Schultern. „Richtig. Gib ihm Ratschläge. Ende der Woche reiten sie ihre Stunts, und ich möchte, dass sie das ohne Blessuren überleben.“

Carson überließ es Nate, sich um die Männer zu kümmern. Er selbst kehrte zu Emma zurück. Der Gedanke, dass sie in ein paar Tagen in halsbrecherischer Geschwindigkeit über das Gelände galoppieren würde, machte ihn schon jetzt nervös. Er wollte Zoe nicht noch mehr verärgern, als es bereits getan hatte, und er musste sich wieder um die Ranch kümmern, sodass er keine Zeit hatte, sich in die Dreharbeiten einzumischen. Doch er war von dem Maß an Sicherheit, das er bisher am Set gesehen hatte, alles andere als überzeugt.

„Mache ich es falsch?“, rief Emma ihm zu, als er sich näherte. Ihr schlanker Körper schwankte im Sattel. „Sie machen so ein finsteres Gesicht.“

Kein Wunder. Er wollte sie vom Pferd ziehen und mit einem Kuss herausfinden, ob ihre vollen Lippen so weich waren, wie sie aussahen. Stattdessen musste er ihr beibringen, wie sie auf dem Pferd blieb, um sich nicht das Genick bei waghalsigen Stunts auf seinem Grund und Boden zu brechen. Der Gedanke, dass ihr etwas passieren könnte, ließ ihn noch finsterer blicken.

„Ihre Handhaltung ist in Ordnung, aber Ihr Sitz ist falsch.“

War es ein Fehler, mit ihr zu arbeiten? Sich einzumischen, wenn er eine mehrere Millionen schwere Ranch zu managen hatte?

Ihm wurde heiß, als er sie anstarrte. Ein amüsiertes Lächeln umspielte ihren Kussmund.

„Mein Sitz.“ Sie vergaß die Haltung ihrer Hände und ließ die Zügel locker hängen, als das Pferd neben ihm stehen blieb. „Ich wusste nicht, dass ich da etwas falsch machen kann.“

Er würde ihr lieber heiße Komplimente über ihren knackigen Po ins Ohr flüstern, aber das würde ihr nicht dabei helfen, bei einer Rennszene fest im Sattel sitzen zu bleiben.

„Sie müssen immer auf Ihre Körperhaltung achten. Im Moment senden Ihre Hände eine schlechte Botschaft.“ Er berührte ihre linke Hand und schob sie höher.

Ihre Augen weiteten sich bei der Berührung für einen Moment, dann konzentrierte sie sich wieder auf ihre Hände und hielt sie so, wie er es ihr vor zehn Minuten gezeigt hatte.

„Richtig. So.“ Mit geröteten Wangen starrte sie auf Marianas Kopf. „Was sonst noch?“

Er durfte sie keinesfalls wieder berühren. Nicht solange die Luft zwischen ihnen nach dem ersten Körperkontakt immer noch knisterte. Verdammt, er hatte sich heute nicht eingemischt, weil er sie anbaggern wollte, sondern weil er sie vor Schaden bewahren wollte.

„Sie sitzen zu weit hinten.“ Sein Blick fiel auf ihre Hüften, als sie, die Hand am Vorderzwiesel, nach vorn rutschte. Das Leder des Sattels knarrte.

Sie brachte ihn um den Verstand.

Seine Kehle war staubtrocken.

„Besser?“, fragte sie.

Er nickte und berührte die Rückseite ihres Oberschenkels, um ihr zu zeigen, wie sie es richtig machte.

„Ihre Beine müssen direkt unter Ihnen sein.“ Er ließ sofort wieder los und wich einen Schritt zurück.

Dennoch, sie zu spüren – ihre festen Muskeln unter den engen Reithosen – prägte sich in sein Gedächtnis ein. Später, in seinen Träumen, würde er noch viel mehr von ihr erkunden.