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Seit Jahrzehnten beschäftigt die Frage nach dem intelligenten Leben jenseits unseres Planeten die Menschheit. Nun sind wir der Antwort so nah wie noch nie. Der Journalist Robert Fleischer präsentiert in diesem Buch die Ergebnisse seiner 16-jährigen Recherchen: UFOs sind nicht nur real, sondern stellen weltweit eine Herausforderung für Militärs und Geheimdienste dar. Vieles deutet darauf hin, dass eine nicht-menschliche Intelligenz dahintersteckt, die sich offenbar gezielt für ganz bestimmte Standorte auf der Erde interessiert und ein spezielles Motiv verfolgt. Dabei ist völlig unbekannt, ob es sich um Außerirdische handelt. Die Wahrheit könnte weitaus komplexer sein und unsere Vorstellung von Realität auf den Kopf stellen.
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Seitenzahl: 646
Veröffentlichungsjahr: 2024
Ebook Edition
Robert Fleischer
Sie sind hier! Was jetzt?
Warum wir UFOs ernst nehmen sollten
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ISBN: 978-3-910972-01-8
1. Auflage 2024
© Verlag TigerPress, Frankfurt am Main
Umschlaggestaltung: Johannes Bröckers
Satz: Publikations Atelier, Weiterstadt
Titel
Vorwort
UFOs und was wir darüber wissen
Das weiße Flugobjekt und der Abschussbefehl des Präsidenten
Was, wenn die Aliens kämen?
Das Signal-Szenario
Das Artefakt-Szenario
Das Begegnungsszenario
Das UFO-Szenario
Unidentifizierte Anomale Phänomene
Der unsichere Luftraum
Universelle Geheimhaltung
UFOS im Himmel, im Wasser und in der Luft
Ungeklärte Phänomene im Visier der US-Regierung
Fliegende Kugeln, Zylinder und Dreiecke
UFOs und ein aufschlussreicher Vortrag in Rom
Beinahe-Zusammenstöße im Luftraum
UFOs auf der ganzen Welt
Radarspuren, die es nicht geben dürfte
UFOS über Belgien
UFOs verursachen Wechselwirkungen
Ein UFO landet in Trans-en-Provence
Wenn die Bordelektronik verrückt spielt
UFO-Jagd über Teheran
Geheime Daten und gefährliche Begegnungen
UFO-Jagd im englischen Wald: fliegende Untertassen im Rendlesham Forest
Die erste Nacht: bunte Lichter und geheimnisvolle Symbole
Die zweite Nacht: eine verstörte Soldatin und ein zerdrücktes Autodach
Die dritte Nacht: Verhöre und Drohungen
Was geschah wirklich im Rendlesham Forest?
Für die Verteidigung nicht von Interesse?
Eine fremde Intelligenz
Die USS Nimitz und das geheimnisvolle Flugobjekt
Verschwundene Beweise
Intelligente Fluggeräte über der Grande Nation
Eine UFO-Nacht in Brasilien
Atomkraft und Atomraketen
UFOs bei Atomanlagen: Sorge im US-Kongress
Wenn das UFO über der Bombe schwebt
Glühende Kugel über der Malmstrom Air Force Base
UFOs bei Atomwaffensilos: Das Militär tritt vor die Presse
Blinkende Lichter und deaktivierte Raketen
Eine Entführung auf der Ellsworth Air Force Base
UFO-Sichtungen am atomaren Verteidigungswall
Drama am Big Sur: UFO beschießt Atomrakete im Flug
UFOs hinter dem Eisernen Vorhang
Kapustin Yar: UFO schießt Strahl in Atomwaffendepot
Bjelokorowitsche: UFO aktiviert Atomraketen-Startsequenz
Moskau: UFOs über russischen Atomanlagen
Die »ufologische Bedrohung« Russlands
Die französische »Drohnenwelle«
Gesundheitsschäden durch UFOs
Der UFO-Rentner
Der blutsaugende »Chupa-Chupa«
Die »Lichter des Todes«
Goldene Mütter und tödliche Kugeln
1994 – Pedro de Toledo
UFO-Landung in der Provence
Geheime Forschung
Alien-Mode in Spanien
Der britische Militärgeheimdienst auf der Spur von UFOs
Geheime UFO-Forschung in Amerika
Die Enthüllung
Die Mission
Die Ausschreibung
Technologie aus dem Jahr 2050
Der Geheimbericht
Skinwalkers beim Pentagon
Die Mega-UFO-Datenbank »CAPELLA«
Neuer Player: die Enigma Labs
Paranormale Phänoneme auf der Skinwalker Ranch
Die Ankunft von Bob Bigelow
Das Pentagon zeigt Interesse
Das ovale Dunkle
Blaue Orbs sind nicht nett
Autoimmunerkrankungen
Der »Hitchhiker-Effect«
Das Ende von AAWSAP
Die To The Stars Academy
Die UFO-Trümmer der Sternenakademie
»Art’s Part«
Das ADAM-Forschungsprojekt
Das US-Militär und die Alien-Technologie
Das streng geheime UFO-Bergungsprogramm
Das »UFO-Whistleblower-Gesetz«
David Grusch und seine Mission für die Wahrheit
Wurden mindestens zwölf UFOs geborgen?
Ein Dementi der Regierung
Wie stichhaltig sind Gruschs Behauptungen?
Machtkampf zwischen US-Kongress und Regierung
Ein Gesetz, um UFO-Informationen zu enthüllen
Unter Eid: die Kongressanhörung von David Grusch
Der Duce und die abgestürzte Untertasse
Kleine Grüne Männchen in Roswell, New Mexico
Die Albert-Einstein-Story
Die Colonel-Philip-Corso-Story
Die Bob-Lazar-Story
UFO-Trümmerteile in Arabien
Der Span von Ubatuba
Geborgene UFOs, geheime Treffen
Das Wilson-Memo
Die Programme zum Nachbau von UFO-Technik?
Five Eyes und viele UFOs
UFO-Auswirkungen auf das Gehirn
Die CIA erforscht Gehirnschäden durch UFOs
Aliens und Menschen mit paranormaler Hirnanomalie
Unsere Männer in Havanna
Eine Parallele zwischen Havanna-Syndrom und UFOs
Außerirdische Mikrowellen
Desinformation
Wie die USA den UFO-Hahn abdrehten
»UFOs: Freund, Feind oder Fantasie?«
Propaganda und Desinformation
Die Rolle der Nachrichtenagenturen
Die Rolle der Geheimdienste
UFOs im SPIEGEL
Großbritannien öffnet UFO-Archiv
Ufologen – vom Aussterben bedroht?
Reduzierende und expandierende Desinformation
Reduzierende Desinformation der dpa?
Expandierende Desinformation: die Paul-Bennewitz-Affäre
UFO-Pressekonferenz komplett ausgeblendet
Kampf um die Meinungshoheit
UFOs und das Universum jenseits der Wirklichkeit
UFOs – der Status Quo
Außerirdische vor Gericht
Das Geschäft mit der nationalen Unsicherheit
Wissenschaftliche Unsicherheit
Fliegende Untertassen in der Geschichte
Das »Sonnenwunder« von Fatima
Religiöse Erscheinungen
Das Licht von Mafasca
Der Lichtball und Uri Geller
Paranormale Werbung aus dem All
Der Riss in der Matrix
Blick über den Rand der Untertasse
Was wir jetzt tun müssen
Danksagung
Anhang 1
Exklusiv-Interview von Valerii Uvarov
Anhang 2
Übersicht über UFO-Beobachtungen, Archive und Richtlinien weltweit, nach Ländern geordnet
Anmerkungen
Titel
Inhaltsverzeichnis
In memoriam Illobrand von Ludwiger
Es war ein ungewöhnlich heißer April 2009, als ich nach Washington, D.C., reiste, um über die »X-Conference« zu berichten. Das ist eine Konferenz über Unidentifizierte Fliegende Objekte, Fliegende Untertassen, bei der sich hochrangige, meist ehemalige Militärs, Wissenschaftler und diesmal sogar ein Astronaut über UFO-Phänomene austauschten. Ich war dort, weil ich erst zwei Jahre zuvor die Bürgerinitiative Exopolitik Deutschland gegründet hatte, um mit verlässlichen Fakten über UFOs zu informieren. Denn das Credo der deutschen Leitmedien lautet: UFOs gibt es nicht; es handelt es sich fast immer um falsch wahrgenommene Naturphänomene oder falsch identifizierte Flugzeuge, und wenn wir mehr Daten hätten, dann könnten wir den verschwindend geringen Teil der unklaren Sichtungen ebenfalls erklären. Die Presse stellte jeden, der sich dafür interessierte, als Verschwörungstheoretiker dar.
Umso erstaunter war ich, in Washington festzustellen, mit welcher Ernsthaftigkeit UFOs in Amerika behandelt werden. Zum Abschluss hatten die Organisatoren eine Pressekonferenz im ehrwürdigen National Press Club anberaumt, nur Schritte vom Weißen Haus entfernt, die vom Fernsehsender CNN live im Internet übertragen wurde. Milton Torres, ein ehemaliger U.S. Air Force Kampfjetpilot, berichtete über einen Abschussbefehl, den er im Mai 1957 erhalten hatte, um ein UFO im britischen Luftraum vom Himmel zu holen.
In der Gegend um Ipswich herrschte dichter Nebel, als der junge Pilot ein riesiges Objekt auf seinem Radar entdeckte. »Das war kein Blip, sondern ein richter Blop, etwa so groß wie bei einem Flugzeugträger in der Nordsee, wenn man ihn anpeilt.« Kurz bevor Torres die Raketen zünden konnte, sah er, wie sich das riesige Objekt mit unfassbarer Geschwindigkeit entfernte. Nach nur zwei Radarumläufen war es von seinem Schirm verschwunden. Torres war sicher: »Das war niemals von Menschen gemacht, das war etwas völlig anderes.« Doch nach der Landung wurde er zur Geheimhaltung verpflichtet und durfte mit niemandem über seine Mission sprechen – fünfzig Jahre lang nagte das unglaubliche Erlebnis an ihm. »Ich durfte nicht einmal meiner Frau davon erzählen«, sagte Torres und brach dabei, zu meinem Erstaunen, vor laufenden Kameras in Tränen aus. Erst nachdem Großbritannien im Jahr 2008 die Militärakten zu dem Zwischenfall freigegeben hatte, wagte sich der pensionierte Pilot an die Öffentlichkeit. Die Erleichterung konnte ich ihm deutlich anmerken.
Nachdenklich flog ich nach Deutschland zurück. Ich fragte mich, wie viele solcher Vorfälle es wohl im Lauf der Jahrzehnte gegeben haben könnte, ohne dass die Öffentlichkeit jemals davon erfuhr. Wenn es diese hochentwickelten Fluggeräte wirklich gibt, dachte ich mir, dann ist das von höchster Bedeutung für die Menschheit. Doch wer steuert sie? Und was wollen sie? Um dies herauszufinden, beschloss ich, dies so offen und unvoreingenommen wie möglich zu recherchieren. In den vergangenen sechzehn Jahren habe ich Militärakten aus vielen Ländern gewälzt, Piloten, Soldaten, Wissenschaftler und Geheimdienstler interviewt und mit Experten auf der ganzen Welt gesprochen. Dadurch hat sich meine Sicht auf das Phänomen stark verändert:
UFOs sind eine physikalische Realität. Sie hinterlassen messbare Spuren. Sie sind offenbar intelligent gesteuert und behalten Atomwaffen der Militärs im Auge. Wenn man ihnen zu nahe kommt, kann das schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen. All diesen Aktionen der UFOs stehen die Regierungen der Welt machtlos gegenüber und die politischen Strukturen machen es ihnen unmöglich, die Existenz des Phänomens öffentlich einzuräumen. Darum bleibt ihnen nichts anderes übrig, als die Bevölkerung darüber in die Irre zu führen. Hinter den Kulissen erforschen sie das Phänomen jedoch intensiv und versuchen, die den UFOS zugrunde liegende Technologie nachzuentwickeln, um sich einen strategischen Vorteil zu verschaffen. Da Geheimdienste und das Militär jegliche Sensordaten über das Phänomen unter Verschluss halten, steckt die öffentliche, wissenschaftliche UFO-Forschung dagegen noch in den Kinderschuhen. Doch es deutet sich bereits an, dass das Phänomen weit über die bloße Erscheinung von fliegenden Untertassen hinausgeht und dass es bereits seit Langem auf unserem Planeten operiert. Dabei hat es in zahlreichen Kulturen und Religionen seine Spuren hinterlassen. Letztlich – und das ist für mich die größte Erkenntnis – macht uns das UFO-Phänomen darauf aufmerksam, dass mit unserer Vorstellung über das, was »Realität« überhaupt ist, irgendwas nicht stimmt.
Das Wissen um UFOs bringt die Grundpfeiler unserer Wirklichkeit ins Wanken. Wer sie gesehen hat, für den ist die Welt nie mehr so wie zuvor. Aber fast alle schweigen aus Angst, ausgegrenzt zu werden. Aber wenn sie doch reden, stellen sie oft fest, dass viele andere Menschen Ähnliches erfahren haben. Und schließlich finden sie zusammen und beginnen, die Gesellschaft, die Religionen und die Wirklichkeit zu hinterfragen – und zu verändern. Vielleicht ist genau das die Absicht der UFOs – vielleicht auch nicht.
Ich habe lange darüber nachgedacht, warum es bisher nicht möglich war, eine befriedigende Antwort auf UFOs zu finden, wie auf jeden anderen Untersuchungsgegenstand auch. Mittlerweile glaube ich, dass es an der Art liegt, wie wir uns selbst begreifen. Wir denken, dass wir schlau sind, dass wir dieses Phänomen in seine Bestandteile zerpflücken können, um es zu verstehen. So wie ein Bakterium, das wir unter dem Mikroskop platzieren, um die Einzelheiten genauer zu erkennen. Oder wie einen Fisch, den wir aus dem Aquarium holen, um ihn zu sezieren.
Doch inzwischen glaube ich, dass es genau umgekehrt ist. Nicht wir beobachten ein Bakterium, sondern wir sind selbst die Mikrobe auf der Trägerplatte. Und nicht wir holen einen Fisch aus dem Goldfischglas, sondern wir sind selbst die Fische, die sich ahnungslos darin tummeln, ihre Münder an der Plastikdekoration reiben, bis es das nächste Futter gibt, und sich dabei keine Gedanken darüber machen, ob es da draußen noch etwas Größeres und Wichtigeres geben könnte als sie selbst.
Diese Sichtweise hat für mich etwas Befreiendes: Ich als Zierfisch muss kein allumfassendes Verständnis über das große Ganze jenseits des Aquariums haben. Sosehr ich mich auch um Objektivität oder Wissenschaftlichkeit bemühe, muss ich doch anerkennen, dass mein kleines Fischgehirn einfach nicht groß genug ist, um das Phänomen in seiner Gesamtheit zu begreifen. Was auch immer ich mir darüber zusammenreime, kann nur ein Schattenbild von dem sein, was es wirklich ist. Doch ich hoffe, mein demütiger Versuch wird mir hoch angerechnet, wenn man mich aus dem Goldfischglas holt.
Teil eins
»UFOs sind so real wie die Flugzeuge, die über unsere Köpfe fliegen.«
– Paul Hellyer, der frühere Verteidigungsminister von Kanada, 20051
Tagelang war die ominöse weiße Kugel bereits unterwegs gewesen. Angeblich war sie aus China gekommen, hatte den Pazifik und die Beringsee überquert, war bei Alaska in den Luftraum der USA eingedrungen und kurz darauf in den kanadischen Luftraum. Der sechzig Meter breite Ballon trug eine riesige Nutzlast: Solarpaneele und anderes, fast eine Tonne schwer. Nun stand er auf einmal im Zentrum der US-Berichterstattung.
Ein Lokalreporter aus Montana war der Erste, der das weiße Ding am 1. Februar 2023 bemerkte und fotografierte. Der geheimnisvolle Ballon machte in den sozialen Medien die Runde. Einen Tag später äußerte sich das Pentagon: Man habe einen »Überwachungsballon in großer Höhe« entdeckt und verfolge ihn. »Derzeit befindet er sich über dem Festland der Vereinigten Staaten«, so Brigadier General Pat Ryder. Die US-Regierung, einschließlich NORAD – das North American Aerospace Defense Command – überwache ihn weiterhin genau.2
Nun war die Show eröffnet. Sender in ganz Amerika berichteten live, wo sich der »Chinese Spy Balloon« gerade befand. Wetterfeen in den Lokalnachrichten überschlugen sich mit immer neuen Vorhersagen, wohin das Luftschiff gerade fliege und ob es eine Chance gebe, einen Blick darauf zu erhaschen. Am 3. Februar räumte Peking ein, dass es ein chinesischer Ballon sei. Doch der sei lediglich »ziviler Natur« und werde etwa nicht zur Spionage, sondern nur für »meteorologische und andere wissenschaftliche Forschungen« eingesetzt. China bedauere, »dass das Luftschiff aufgrund höherer Gewalt in die Vereinigten Staaten fehlgeleitet wurde«.3
Nun war aus dem allseits sichtbaren weißen Ding auch noch eine Zielscheibe für empörte US-Patrioten geworden. »Versuchen Sie nicht, darauf zu schießen«, warnte ein Sheriff in South Carolina die Bevölkerung am 4. Februar 20234, »Ihre Patronen können den Ballon NICHT erreichen. Seien Sie verantwortungsbewusst.«
Am selben Tag griff die Luftwaffe den Ballon an.5 Der Pentagon-Pressesprecher trat erneut vor die Kameras. Das Eindringen des Ballons in den US-Luftraum sei eine »inakzeptable Verletzung unserer Souveränität«, sagte er.6
Nun vergiftete das chinesische Luftschiff auch noch die ohnehin schon angespannte Stimmung zwischen Washington und Peking. Ein Sprecher der Volksrepublik verurteilte den Abschuss als »Überreaktion« und kündigte Gegenmaßnahmen an. US-Außenminister Antony J. Blinken sagte eine geplante Reise nach China ab.7
Am Donnerstag, dem 9. Februar 2023, entdeckte NORAD ein weiteres unidentifiziertes Flugobjekt auf dem Bodenradar und ließ Kampfjets aufsteigen, um es zu untersuchen. Das Objekt hatte etwa die Größe eines Kleinwagens und war in der üblichen Flughöhe von zivilen Maschinen unterwegs. Da es somit eine Bedrohung für die Luftraumsicherheit darstellte, beschloss NORAD, das Objekt abzuschießen. Am Freitagmorgen um 1:45 Uhr näherte sich ein F-22 Jet dem Objekt, das sich vor der Küste Alaskas in amerikanischem Hoheitsgebiet aufhielt, und feuerte eine AIM-9X Sidewinder Rakete darauf ab.
»Das U.S. Northern Command beginnt nun mit den Bergungsarbeiten«, verkündete Brigadier General Pat Ryder kurze Zeit später bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz im Pentagon. »Zu diesem Zeitpunkt liegen uns keine weiteren Details über das Objekt vor, weder über seine Fähigkeiten, seinen Zwecks oder seine Herkunft.«8 Nun explodierte die UFO-Story weltweit in den Nachrichtentickern. So mancher deutsche Medienkonsument mag sich verwundert die Augen gerieben haben, als er bei der ARD-Tagesschau erfuhr: »Das US-Militär hat nach Angaben des Weißen Hauses ein unbekanntes Objekt im US-Luftraum abgeschossen.«9
Es war das erste Mal überhaupt, dass es der gemeinsamen Luftverteidigung von USA und Kanada gelungen war, ein unbekanntes Objekt über ihrem Territorium herunterzuholen. CNN befeuerte die Debatte mit Insider-Informationen einer »mit der Angelegenheit vertrauten Quelle«. So hätten einige Piloten gesagt, das Objekt über Alaska habe die Sensoren ihrer Flugzeuge »gestört«. Zudem hätten sie keinen erkennbaren Antrieb des Objekts gesehen und konnten sich nicht erklären, wie es in der Luft blieb, obwohl es in einer Höhe von etwa 12 000 Metern unterwegs war. Es gebe widersprüchliche Informationen darüber, was die Piloten sahen, meldete CNN.10 Ein dem Militär nahestehender Twitter-Account verriet, das abgeschossene Fluggerät sei »zylindrisch und silbrig-grau« gewesen. Laut »Quellen aus der Verteidigung« habe es geschwebt und sich in anormaler Weise bewegt.11
Am Samstag, dem 11. Februar, meldete sich der kanadische Premierminister Justin Trudeau zu Wort: Auch er habe den Abschuss eines »unidentifizierten Objekts« befohlen, das in kanadischen Luftraum eingedrungen sei.12 Nach Angaben seiner Verteidigungsministerin sei es nachts gegen 3:40 Uhr etwa 160 Kilometer von der kanadisch-amerikanischen Grenze über Yukon vom Himmel geholt worden. Es sei ein »zylindrisches Objekt« gewesen, kleiner als der chinesische Ballon.13
Warum tauchten plötzlich mehrere UFOs über Nordamerika auf? Die Washington Post lieferte die Antwort. Einem Angestellten der Regierung zufolge, der »aufgrund der Sensibilität des Themas anonym bleiben wollte«, würden Sensordaten nun anders interpretiert: »Wir haben im Grunde die Filter geöffnet«, sagte er.14
Nun schwappte die UFO-Welle offenbar auch auf andere Länder über. Aufgrund von Meldungen über »blinkende Lichter am Himmel« sei der Einsatz der staatlichen UFO-Behörde von Uruguay angeordnet worden, twitterte die Luftwaffe des Landes am selben Tag.15 Und die chinesische Meeresbehörde meldete, es sei ein »unidentifiziertes fliegendes Objekt« nahe der Küstenstadt Rizhao entdeckt worden und die Armee bereite seinen Abschuss vor.16
Doch der Spuk war noch nicht vorbei. Am Sonntagnachmittag schoss NORAD erneut einen ominösen Eindringling ab – diesmal über einem der großen Seen Nordamerikas, dem Huronsee. »Das Objekt flog in einer Höhe von 6 000 Metern über der oberen Halbinsel von Michigan«, sagte ein hochrangiger Regierungsangestellter gegenüber CNN. Es sei »achteckig« gewesen, »mit herabhängenden Schnüren und ohne erkennbare Nutzlast«.17 Seltsamerweise gelang es einem Amateurfunker, den normalerweise verschlüsselten Funkverkehr der Abfangjäger aufzuzeichnen, und stach ihn an die Medien durch. Doch die Funksprüche boten kaum eine Erklärung: »Ich würde es nicht wirklich als Ballon bezeichnen … Ich weiß nicht, was … Ich kann es draußen mit meinen Augen sehen«, sagte einer der Piloten. »Es sieht aus wie etwas … eine Art Objekt, das aufgebläht ist … es ist schwer zu erkennen, es ist ziemlich klein.«18
Was zum Teufel ging da vor sich? An diesem Abend verfolgte die ganze Nation gebannt ein Pressebriefing des NORAD-Kommandanten Glen Vanherck. »Ich würde sie nicht als Ballons einordnen«, sagte der General, »Wir bezeichnen sie aus einem bestimmten Grund als Objekte.« Er könne nicht sagen, wie die Objekte in der Luft bleiben konnten. Ob er Außerirdische ausschließe, fragte eine Reporterin der New York Times. »Das herauszufinden überlasse ich den Geheimdiensten und der Spionageabwehr«, so Vanherck, »Im Moment kann ich gar nichts ausschließen.«19 Tags darauf ruderte das Weiße Haus zurück: »Was die Abschüsse angeht, gibt es keinerlei Hinweis auf Aliens oder außerirdische Aktivitäten«, versicherte Pressesprecherin Karine Jean-Pierre der verunsicherten Bevölkerung.20
Unterdessen hatte das Repräsentantenhaus der USA eine Resolution verabschiedet, in der die Verletzung der US-Souveränität durch den chinesischen Spionageballon verurteilt wurde.21 Die Biden-Regierung setzte zudem sechs chinesische Luftfahrt- und Technologieunternehmen auf die schwarze Liste. Das US-Handelsministerium erklärte, die fünf Unternehmen und ein Forschungsinstitut unterstützten »Chinas militärische Modernisierungsbemühungen, insbesondere die Luft- und Raumfahrtprogramme der Volksbefreiungsarmee, einschließlich Luftschiffe und Ballons«. Man werde vor weiteren Beschränkungen nicht zurückschrecken, »um die nationale Sicherheit und Souveränität der USA zu schützen«, sagte der stellvertretende Handelsminister.22
Drei Abschüsse unbekannter Flugobjekte über Nordamerika in nur drei Tagen, zum ersten Mal seit Gründung des gemeinsamen nordamerikanischen Luftverteidigungskommandos NORAD vor 65 Jahren! US-Kongressabgeordnete forderten Antworten. Am Morgen des 14. Februar 2023 lud das Pentagon ausgewählte Senatsabgeordnete zum geheimen Briefing. Doch die Abgeordneten verließen die Sitzung mit mehr Fragen als Antworten. Der republikanische Senator John Kennedy aus Louisiana sagte: »Dies geschieht schon seit langer Zeit. Einige Objekte kennen wir, andere haben wir wahrscheinlich verpasst. Und wir wissen nicht, was die meisten von ihnen sind.« Doch nun, da »die Kuh aus dem Stall« sei, solle die Regierung endlich aufklären. »Der US-Präsident muss der Öffentlichkeit erklären, was diese Dinger sind, wer sie dort hochgeschickt hat und ob sie eine Bedrohung darstellen«, erklärte Kennedy. »Wenn Sie verwirrt sind, dann verstehen Sie die Situation perfekt.«23 Marco Rubio, republikanischer Senator für Florida, pflichtete ihm bei. Am meisten störe ihn, dass so getan werde, als ob diese Dinger zum ersten Mal gesehen worden seien. Doch das stimme nicht, meinte Rubio: »Wir haben Hunderte von Fällen, die von Militärangehörigen gemeldet wurden, wir sprechen seit Jahren darüber.«24
Am 16. Februar beugte sich Joe Biden schließlich dem öffentlichen Druck und trat vor die Presse. Die Geheimdienste seien noch dabei, alle drei Vorfälle zu bewerten. Trümmerteile seien noch nicht geborgen, aber die Suche dauere an. Er werde den Kongress informieren, sobald etwas feststehe. Es deute derzeit nichts darauf hin, dass die drei Objekte mit dem chinesischen Spionageballon in Verbindung stünden oder dass es sich um Überwachungsdrohnen eines anderen Landes handle. Man gehe eher von Ballons privater Unternehmen oder Forschungsinstituten aus. »Täuschen Sie sich nicht«, sagte der Präsident, »wenn ein Objekt eine Bedrohung für die Sicherheit des amerikanischen Volkes darstellt, werde ich es abschießen lassen.« Um der Lage Herr zu werden, kündigte Biden eine Reihe geheimer »politischer Parameter« an, die er dem Kongress zu gegebener Zeit mitteilen werde. »Bis dahin werden sie geheim bleiben, damit wir unseren Feinden keine Landkarte an die Hand geben, mit der sie unsere Verteidigung umgehen können.« Zudem wies der US-Präsident seinen Außenminister an, eine »gemeinsame globale Norm« für diesen »weitgehend unregulierten Bereich« zu schaffen.25
Dann ebbte die »UFO-Welle« über Nordamerika genauso rasch ab, wie sie gekommen war. Nur einen Tag später stellte das U.S. Northern Command die Suche nach den Trümmerteilen ein. Trotz ausgiebiger Suche mithilfe von Luftaufnahmen, Bodensensoren und Inspektionen vor Ort gebe es von den drei Objekten keinerlei Spur.26 Damit schrumpfte die Chance beträchtlich, dass die Öffentlichkeit je darüber aufgeklärt würde. Und sie zerplatzte vollends, als die Luftwaffe bekannt gab, dass sämtliche Foto- und Videoaufnahmen von den Objekten als geheim eingestuft wurden.27
Dennoch markieren die »UFO-Abschüsse« vom Februar 2023 einen Wendepunkt. Zum ersten Mal hatte die Regierung unbekannte Flugobjekte über Amerika abgeschossen und die Öffentlichkeit darüber informiert. Der Vorfall sensibilisierte das US-Militär und die gesamte Welt, sorgte für diplomatische Spannungen und sogar Wirtschaftssanktionen gegen China. Die UFOs erreichten das Weiße Haus: Präsident Biden höchstselbst sah sich gezwungen zu erklären, warum er den Abschussbefehl erteilt hatte und was er nun zu unternehmen gedenke. UFOs waren auf einmal ein reales und deutlich sichtbares Problem geworden. Und was, wenn tatsächlich eine fremde Intelligenz dahintersteckte?
»Manchmal frage ich mich, wie schnell unsere weltweiten Streitigkeiten verschwinden würden, wenn wir es mit einer außerirdischen Bedrohung zu tun bekämen, die nicht von dieser Welt stammt.«
– US-Präsident Ronald Reagan bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen, 19871
Wie die Menschheit auf einen Kontakt mit Außerirdischen reagieren würde, ist sicherlich keine der drängendsten Fragen, die uns in unserem Alltag umtreiben. Weder morgens an der Bushaltestelle noch abends beim Einkaufen kreuzen Aliens unseren Weg. Und in den Abendnachrichten schon gar nicht. Doch was würde passieren, wenn? Würde die Menschheit im Angesicht der Fremden erkennen, dass sie eins ist? Würden sie sich verbünden, um die Aliens gemeinsam in die Flucht zu schlagen – wie in dem Film Independence Day? Würden Kriege, Pandemien und Klimawandel bedeutungslos, würde eine neue, leuchtende Epoche der Menschheitsgeschichte heranbrechen?
Dr. Michael Schetsche und Dr. Andreas Anton gehören zu den wenigen Wissenschaftlern, die sich mit solchen Fragen beschäftigen. Die Soziologen vom Freiburger Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene halten die Frage, was beim Alien-Kontakt mit der Menschheit passiert, für so wichtig, dass sie die Politik nachdrücklich auffordern, sich auf diesen Fall vorzubereiten.2
Denn allein in den letzten Jahren wurden Tausende Exoplaneten entdeckt – also Planeten, die unserer Erde ähneln und von denen einige sogar in einem vergleichbaren Abstand um ihren Stern kreisen, sodass Leben sich entwickeln kann. Die Auswertungen der Daten des Kepler-Teleskops, das jahrelang im Erdorbit zirkulierte, zeigten, dass allein in unserer Milchstraße 1,5 bis 2,4 Milliarden Planeten Leben beherbergen könnten. Ellen Stofan, die ehemalige Chefwissenschaftlerin der NASA, ist der Ansicht, dass »definitive Beweise« für »Leben außerhalb der Erde« binnen der nächsten zwei Jahrzehnte gefunden werden könnten.3 Wie würden diese Beweise aussehen? Wären es Radiosignale, außerirdische Artefakte oder tatsächlich eine leibhaftige Begegnung mit Aliens? Und wie würde die Menschheit damit umgehen?
Das sind Fragen, denen sich die Exosoziologie widmet. Es handelt sich um eine Idee, die bereits 1969 von dem russischen Radioastronomen Samuil Aronovich Kaplan aufgeworfen und nun von Schetsche und Anton wieder aufgegriffen wurde. Sie beschäftigt sich im Wesentlichen mit drei Fragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass intelligentes außerirdisches Leben tatsächlich existiert? Wie können wir mit diesem in Kontakt treten? Und: Welche Folgen hätte ein wie auch immer gearteter Erstkontakt mit einer außerirdischen Zivilisation für die Menschheit?
In ihrem 2019 erschienenen Buch Die Gesellschaft der Außerirdischen – Einführung in die Exosoziologie4 entwickeln die Forscher drei Szenarien, wie ein solcher Erstkontakt ablaufen könnte. Sie versuchen, die jeweiligen Folgen abzuschätzen: das Signal-Szenario, das Artefakt-Szenario und das Begegnungs-Szenario. Grob gesagt: Je näher uns diese Intelligenz kommt, desto gravierender wäre das für uns.
Das Signal-Szenario entspricht im Großen und Ganzen den Idealvorstellungen von Forschern des SETI Projekts – SETI ist die wissenschaftliche Suche nach außerirdischer Intelligenz. Dabei würden unsere Radioteleskope Signale aus dem Weltall auffangen, die künstlichen Ursprungs sind. Aus den technischen Parametern der Sendung könnten wir auf die ungefähre Entfernung und die technischen Möglichkeiten des Absenders schließen. Möglicherweise enthielte das Signal auch eine Botschaft, doch ob wir sie entschlüsseln könnten, wäre fraglich.
Sollte das Signal aus einer großen Entfernung von, sagen wir, fünftausend Lichtjahren stammen, so würde diese Entdeckung der Außerirdischen auf der Erde kaum eine Katze hinter dem Ofen hervorlocken. Für das Alltagsbewusstsein und das Leben der Menschen wäre das irrelevant. Generell lautet die Einschätzung Schetsches und Antons zu diesem Szenario: »Je weiter der Sender des empfangenen Signals entfernt ist und je länger die Entschlüsselungsversuche andauern, desto rascher würde das öffentliche Interesse erlahmen und desto geringer wären die kulturellen Auswirkungen auf der Erde. Davon ausgenommen wären lediglich wissenschaftliche Disziplinen, die unmittelbar mit der Entschlüsselung möglicher Inhalte und der Suche nach weiteren Signalen beschäftigt sind.« Nur wenn es entgegen aller Wahrscheinlichkeit gelänge, das Signal zu entschlüsseln, hätte dies technologische und ökonomische Auswirkungen.
Anders verhält es sich beim Artefakt-Szenario: Hier würden im Sonnensystem oder sogar auf der Erde materielle Hinterlassenschaften von Außerirdischen gefunden. Dabei sind Objekte vorstellbar, die so fremdartig sind, dass wir Probleme haben könnten, sie in die Kategorien »künstlich« oder »natürlich« einzuordnen. Ein Beispiel dafür ist »Oumuamua«, ein im Oktober 2017 entdecktes interstellares Objekt, das von Astronomen beobachtet wurde, wie es ungewöhnlich schnell unser Sonnensystem passierte und dabei sogar noch beschleunigte.5 Ein weiteres mögliches außerirdisches Artefakt könnte der sogenannte Phobos-Monolith sein – eine haushohe Erhebung auf der Oberfläche des Marsmondes Phobos.6
Wie sich so eine Entdeckung auf die Menschheit auswirkt, wäre Schetsche und Anton zufolge von zwei Faktoren abhängig: Handelt es sich um ein sehr altes Artefakt, würde uns das weniger tangieren, als wenn es noch relativ jung wäre. Und je näher das gefundene Objekt an der Erde wäre, desto größer dürfte das Interesse sein.
In ihrem Aufsatz zur Exosoziologie bei der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung weisen beide darauf hin, dass ein außerirdisches Objekt schnell wirtschaftliche und politische Begehrlichkeiten wecken könnte: Lassen sich die davon gewonnenen Erkenntnisse verwerten? Würde es jener Nation, die das Artefakt geborgen hat, einen technologischen und militärischen Vorteil gegenüber anderen Staaten verschaffen?
Wie die Autoren bemerken, enthält das internationale Weltraumrecht keine Regelungen darüber, wer die Rechte an einem solchen Artefakt hätte. Doch selbst wenn es solche Vorschriften gäbe, scheint es Schetsche und Anton fraglich, »ob multinationale Konzerne oder mächtige Nationalstaaten sich an solche Bestimmungen internationalen Rechts halten würden«.7 Die immense Zahl der »unzweifelhaft völkerrechtswidrigen Interventionen« überall auf der Erde spräche einfach dagegen.
Natürlich, so die Soziologen, hätten Nationen, die auf ein solches Objekt stoßen, ein großes Interesse daran, es zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, »dass der Fund eines Artefakts, das von unterschiedlichen Parteien für technologisch potenziell wertvoll gehalten wird, zu risikoreichen internationalen Konflikten führen könnte. Konflikte, die durchaus militärische Optionen einschließen könnten.«8
Zudem stellt sich eine weitere Frage: Wird jene überlegene außerirdische Spezies, die ein Artefakt in unserem Sonnensystem hinterlassen hat, eines Tages zurückkehren? Allein die Tatsache, dass sie früher bereits hier waren, dürfte nach Ansicht der Forscher »die weltpolitische Agenda mittel- und langfristig stark beeinflussen«. Die bisherige Machtverteilung auf dem Planeten könnte ins Wanken geraten. Im schlimmsten Fall, so Schetsche und Anton, »könnte der neue Akteur aufgrund seiner überlegenen Technologie ein Machtmonopol beanspruchen, dem die irdischen Nationalstaaten nichts entgegenzusetzen hätten. Konstituierende Elemente des politischen Weltsystems der Erde wie die nationalstaatliche Souveränität stünden dann zur Disposition.«9
Im Begegnungsszenario erfassen irdische Sensoren im erdnahen Weltraum ein außerirdisches Raumschiff, das aufgrund seiner Flugmanöver oder anderer Aktionen darauf schließen lässt, dass es von einer biologischen oder künstlichen Intelligenz gesteuert wird. Dies wäre der Supergau: Je näher das Objekt der Erde käme, desto größer wären die psychosozialen und kulturellen Implikationen und desto bedrohlicher würde es wahrgenommen. Soziologisch betrachtet stellt das Begegnungsszenario eine »radikale Form eines asymmetrischen Kulturkontakts« dar. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass eine höher entwickelte Zivilisation auf eine weniger entwickelte trifft, wobei ein erhebliches Machtgefälle zwischen beiden Zivilisationen besteht.
Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, was dann passieren kann. Bereits im November 1960 warnte das Brookings Forschungsinstitut in Washington, D.C., die NASA vor potenziell verheerenden Folgen. Der Brookings-Bericht trägt den Titel »Vorgeschlagene Studien über die Auswirkungen friedlicher Weltraumaktivitäten auf menschliche Angelegenheiten« und beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines Kontaktes mit außerirdischem Leben. Darin heißt es: »Anthropologische Akten enthalten viele Beispiele von Gesellschaften, die sich ihres Platzes im Universum sicher waren und die sich auflösten, als sie sich mit zuvor unbekannten Gesellschaften mit anderen Ideen und Lebensweisen zusammentun mussten. Andere, die eine solche Erfahrung überlebten, mussten in der Regel veränderte Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen hinnehmen.«10
Das wohl bekannteste Beispiel eines solchen »asymmetrischen Kulturkontakts« stellt die Entdeckung Amerikas im Jahr 1492 durch Christopher Kolumbus dar. Sie markierte den Beginn der Kolonisierung Südamerikas durch die Spanier. Es folgte das »Zeitalter der Entdeckungen« vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, in dem auch andere europäische Staaten begannen, weite Regionen der Welt unter sich aufzuteilen. Die »Entdecker« begnügten sich nicht damit, tropische Früchte zu sammeln und die exotische Natur zu genießen. Sie begannen, ganze Völker zu ermorden, Menschen zu rauben und die fernen Länder in nie da gewesenem Ausmaß auszuplündern. Bis 1866 deportierten die Europäer, vornehmlich die Briten, Franzosen, Holländer, Spanier und Portugiesen mehr als zwölf Millionen Afrikaner als Sklaven in ihre Kolonien jenseits des Atlantik.
Allein die Briten raubten den Indern – entweder durch extrem hohe Steuern, Gewinne unrechtmäßiger Monopole oder schlicht durch Diebstahl – die unvorstellbare Summe von 45 Billionen US-Dollar. Noch heute haben die früheren Kolonialstaaten mit den Auswirkungen in Form von instabilen Regierungen, wirtschaftlicher Schwäche und ethnischen Konflikten zu kämpfen. Doch selbst wenn die Konquistadoren sich friedlich verhalten hätten, wären die Folgen deutlich spürbar gewesen. Neueste Forschungen gingen laut GEO davon aus, dass durch eingeschleppte Krankheiten der Europäer 56 Millionen Ureinwohner in Nord- und Südamerika gestorben sind – das entspricht rund 90 Prozent der indigenen Bevölkerung.11
Obwohl wir also aus unserer Geschichte genau wissen, wie verheerend sich der Kontakt zu einer höher entwickelten Zivilisation auf uns auswirken könnte, hält es bislang kaum jemand für nötig, sich für diesen Fall der Fälle zu wappnen. »Wir sind im Prinzip überhaupt nicht vorbereitet«, warnte Dr. Andreas Anton in einem Interview in meinem Fernsehstudio ExoMagazin.TV. Zwar gäbe es im Rahmen der SETI-Forschung Leitlinien, wie man mit dem Empfang eines intelligenten außerirdischen Signals umgehen solle – doch was dann passiert, sei völlig offen. »Das ist aus unserer Sicht ein Fehler«, fuhr Anton fort, »wir sollten uns schleunigst Gedanken darüber machen, welche Handlungsoptionen auf dem Tisch lägen.«12
Dabei hatten die Exosoziologen noch gar nicht über den Elefanten im Raum gesprochen: die UFOs. »Der bisherige Erkenntnisstand in Bezug auf das UFO-Phänomen rechtfertigt aus unserer Sicht in keiner Weise die teilweise als missionarisch zu bezeichnenden Aktivitäten einiger UFO-Enthusiasten, die den ›Beweis‹ für außerirdische Besucher schon längst für erbracht sehen«, schrieben sie in ihrem Buch. »Ebensowenig aber auch die pauschale Kritik und Diskreditierung einer wissenschaftlichen Erforschung des UFO-Phänomens.«13
Fakt ist: Bislang blieb das Thema UFOs fast vollständig aus dem wissenschaftlichen Diskurs ausgeklammert. Denn kaum ein Wissenschaftler wagte es, ein derartiges Forschungsprojekt anzustoßen und dafür Fördergelder zu beantragen. Glücklicherweise ist in den letzten Jahren mehr Offenheit zu beobachten. Zwar entziehen sich UFOs als ein sporadisches, flüchtiges Phänomen einigen Anforderungen an wissenschaftliche Methodik wie Reproduzierbarkeit und kontrollierte Bedingungen. Aber es ist möglich, das Phänomen empirisch zu dokumentieren. Genau das geschieht bereits seit Jahrzehnten, allerdings kaum durch Wissenschaftler, sondern eher durch Militärs und Geheimdienste. Freigegebene Regierungsakten und militärische Augenzeugenberichte sprechen eine klare Sprache: UFOs sind real. Darum habe ich mir erlaubt, ein viertes Szenario zu eröffnen:
Die exosoziologischen Erstkontaktszenarien 1, 2 oder 3 sind bereits eingetreten. Die Militärs in einem oder in mehreren Ländern haben Fluggeräte registriert, hinter denen sie aufgrund ihrer Flugmanöver und Aktionen eine Intelligenz vermuten. Das Phänomen greift auf teils schwerwiegende Weise in militärisch sensible Operationen und Anlagen ein, manche Regierungen besitzen bereits UFO-Trümmerteile und untersuchen diese im Geheimen, weil sie sich davon revolutionäre technologische Durchbrüche versprechen. Ihr Wissen darüber halten sie geheim, um ihren möglichen Vorteil gegenüber anderen Staaten nicht zu verspielen, um Chaos zu verhindern und um eigene Interessen zu schützen. Um die Geheimhaltung aufrechtzuerhalten, ist eine Strategie zur Desensibilisierung der Öffentlichkeit notwendig, etwa durch Desinformation und Steuerung der öffentlichen Meinung.
Sollte dieses Szenario zutreffen, dann wären die Auswirkungen auf die Menschheit, wenn sie davon erführe, umso gewaltiger. Die »kollektive Evidenz«, wonach neben der Menschheit noch andere nicht-menschliche Intelligenzen existieren, ergäbe sich nicht durch eine erste Entdeckung, sondern durch das Aufdecken einer jahrzehntelang betriebenen Geheimhaltung durch eine Regierung. Das Vertrauen der Menschen in Staat, Politik und Medien wäre nachhaltig erschüttert. Wenn sich zudem noch herausstellen würde, dass das UFO-Phänomen nichts Außerirdisches ist, sondern mit uns auf diesem Planeten koexistiert, könnten selbst die pessimistischsten Kontaktszenarien der Exosoziologie noch übertroffen werden. Und dafür spricht einiges: Einerseits wurden in der Menschheitsgeschichte unzählige Himmelserscheinungen berichtet. Andererseits hat die US-Regierung den Begriff »UFO« (Unidentifiziertes Flugobjekt) im Lauf weniger Jahre mehrere Male umgedeutet, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich dieses Phänomen nicht nur in der Luft zeigt, sondern auch im Weltraum, im Wasser und beim mühelosen Hin- und Herwechseln zwischen diesen drei Domänen. Die neueste Bezeichnung lautet nun »UAP«, was für »Unidentified Anomalous Phenomenon« (Unidentifiziertes Anomales Phänomen) steht.
Kurz gesagt: Wenn bereits durch die bloße Entdeckung eines außerirdischen Artefaktes die »konstituierenden Elemente des politischen Weltsystems« auf dem Spiel stünden, dürften die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Folgen eines Szenarios, bei dem UFOs auftauchen, erst recht welterschütternd sein.
Teil zwei
»UAP stellen eindeutig ein Problem für die Flugsicherheit dar und gefährden möglicherweise die nationale Sicherheit der USA.«
– Bericht des Direktors der Nationalen Geheimdienste der USA, Juni 2021
Im Laufe der Jahre bin ich immer wieder gefragt worden, warum ich mich für UFOs interessiere. Die würden doch nur selten gesichtet und meist handelte es sich ohnehin um Fehldeutungen: Astronomische Erscheinungen, Disco-Beleuchtung oder auch Vögel oder Insekten, die an der Linse vorbeischwirren. Das stimmt.
Die 1974 gegründete und als gemeinnützig anerkannte Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens e. V. (kurz: GEP) ist dafür bekannt, dass sie die ihr gemeldeten UFO-Sichtungen auf nüchterne und nachvollziehbare Art und Weise aufklärt. Dies hat der GEP über die Jahre auch den Respekt von offizieller Seite eingebracht. So leitet etwa die deutsche Flugsicherung UFO-Meldungen an den privaten Forschungsverein weiter. Inzwischen ist die GEP auch assoziiertes Mitglied des Interdisziplinären Forschungszentrums für Extraterrestrik an der Universität Würzburg, wo Professor Hakan Kayal offiziell nach UFOs Ausschau halten darf.1 Die Aufklärungsrate ist sehr hoch, doch die Fallermittler kommen kaum hinterher. Von den bis zum Jahr 2019 gemeldeten 4358 Fällen waren nur ungefähr 56 Prozent abschließend bearbeitet.
Drei Viertel der Meldungen betreffen nächtliche Lichter am Himmel; in 21 Prozent der Fälle wurden Objekte bei Tageslicht beobachtet oder auch fotografiert. Ich verfolge immer wieder gespannt auf der E-Mail-Liste, wie der langjährige GEP-Leiter Hans-Werner Peiniger mit detektivischem Gespür Erscheinungen logisch und nachvollziehbar aufklärt, sogar welche, die absurd wirken. Meist handelt es sich um fehlgedeutete Satelliten, losgerissene Folienballons, Flugzeuge mit Landescheinwerfern oder um Insekten, die beim Auslösen der Kamera gerade dicht vor dem Objektiv vorbeiflogen. Auch optische Phänomene spielen eine Rolle – beispielsweise, wenn sich das helle Licht einer Straßenlaterne, bedingt durch die Form der Linse, scheinbar am Nachthimmel spiegelt. Es kommt auch vor, dass Zeugen scheibenförmige Lichter am Himmel fotografieren, doch es stellt sich dann heraus, dass sie das Foto durch eine Fensterscheibe gemacht und dabei übersehen haben, dass ihre Deckenlampe sich darin spiegelte.
Ja, die Menge an »UFO-Stimuli«, wodurch ein nicht-identifiziertes zum identifizierten Objekt wird, ist beinahe so unendlich wie das Weltall selbst. Für rund neunzig Prozent der untersuchten Meldungen konnten die UFO-Forscher der GEP eine zumindest naheliegende Erklärung finden. Diese Quote deckt sich mehr oder weniger mit denen anderer Forschungsorganisationen. So hat die französische staatliche UFO-Forschungsorganisation GEIPAN von über 3 000 Fällen sogar knapp 97 Prozent der Meldungen aufklären können (Stand: August 2023).2
Doch die verbleibenden drei Prozent bergen Sprengstoff für die Sicherheit des Luftverkehrs und die nationale Sicherheit. Doch vor allem stellen sie eine große Herausforderung für Wissenschaftler und Militärs dar. Und glaubt man Politikern und Geheimdienstmitarbeitern, ist deren Anteil deutlich höher, als der Bevölkerung bislang glauben gemacht wurde.
Am 18. Mai 2021 war der frühere US-Präsident Barack Obama in The Late Late Show bei James Corden zu Gast.3 Auf UFOs und Außerirdische angesprochen, sagte er: »Nun, wenn es um Aliens geht, gibt es einige Dinge, die ich Ihnen nicht im Fernsehen sagen kann (…). Aber was stimmt, ist, und ich meine das hier wirklich ernst: Es gibt Aufnahmen und Aufzeichnungen von Objekten am Himmel, von denen wir nicht genau wissen, was sie sind. Wir können nicht erklären, wie sie sich bewegten. Ihre Flugbahn hatte kein leicht erklärbares Muster.«4
Noch deutlicher äußerte sich ein früherer Direktor der Nationalen Geheimdienste am 19. März 2021 bei Fox News. »Offen gesagt gibt es weit mehr Sichtungen, als bislang öffentlich gemacht wurde«, sagte John Ratcliffe. Es gäbe Fälle, bei denen »wir keine brauchbaren Erklärungen für die Dinge haben, die gesehen wurden«, fuhr er fort. »Wir sprechen von Objekten, die von Navy- oder Air-Force-Piloten gesehen oder von Satellitenbildern aufgenommen wurden, die Aktionen ausführen, die schwer zu erklären sind – Bewegungen, die schwer zu replizieren sind, für die wir nicht die Technologie haben oder die sich mit Geschwindigkeiten bewegen, die die Schallmauer ohne den Schallknall überschreiten.« Er fügte hinzu: »Tatsächlich wurden diese Dinge schon überall auf der Welt gesichtet. Dabei möchte ich unterstreichen, dass wir nicht nur von einem einzelnen Piloten, einem Satelliten oder einem Regierungsangestellten sprechen, die mal etwas Merkwürdiges gesehen haben. In der Regel wurden diese Dinge von mehrere Sensoren geortet.«5
Doch wo sind all die Satellitenbilder und Sensordaten, welche die ungewöhnlichen Flugeigenschaften von UFOs beweisen? Warum hören wir immer nur starke Aussagen von Geheimdienstlern und Militärs? Wo sind die Beweise?
Viele Menschen, darunter auch die meisten Deutschen, messen dem Phänomen kaum Bedeutung bei. Falls doch bei jemandem das Interesse erwacht, so durchforstet er das Internet nach immer neuen, spektakulären UFO-Fotos. Davon gibt es bekanntlich eine ganze Menge, viele davon sind gefälscht. Und da es heutzutage nichts mehr gibt, was man nicht fälschen kann, bewegt sich die öffentliche Debatte über UFOs gewöhnlich auf dem Niveau einer Stammtischdiskussion, wo die Befürworter immer neue Fotos aus dem Hut zaubern und Skeptiker entgegnen: »Bring doch mal Butter bei die Fische!«, womit sie recht haben: Ein UFO-Foto ist eben kein Beweis.
Doch der Mangel an zuverlässigen Messdaten hat System. Denn die US-Regierung hält alle handfesten Informationen über UFOs geheim. Das ist keine Verschwörungstheorie. Das ist Fakt, wie wir ausführlich in dem Kapitel » Wie die USA den UFOs den Hahn abdrehten« behandeln. Eine Anfrage nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz von John Greenewald, der die Webseite The Black Vault betreibt, förderte einen »Leitfaden zur Sicherheitseinstufung« der US-Marine von April 2020 zu Tage.1 Er enthält Richtlinien für die Freigabe von Informationen, die sich auf UAP beziehen, Unidentifiziertes Anomales Phänomen, wie UFOs heute auch genannt werden. Wir erfahren daraus natürlich nicht, was als geheim eingestuft ist (dieser Abschnitt ist vollständig geschwärzt und viel länger), sondern lediglich das, was nicht geheim ist: nämlich die Tatsache, dass es UAP gibt; dass die Marine sie in den letzten Jahren häufiger gesehen hat und dass eine Task Force versucht herauszufinden, worum es sich dabei handelt und ob sie eine Bedrohung der Nationalen Sicherheit darstellen.
Was geheim bleiben muss, erklärte Ronald S. Moultrie, Unterstaatssekretär der Verteidigung für Nachrichtendienste und Sicherheit, am 17. Mai 2022 bei einer UFO-Anhörung im US-Kongress: »Was wir im Moment wirklich schützen müssen, ist die Art und Weise, wie wir bestimmte Dinge erfahren (…) Viele dieser Erkenntnisse stammen aus unseren hochsensiblen Quellen und Methoden, die wir nicht nur für diesen Einsatz nutzen, sondern auch, um uns vor Gegnern und anderen zu schützen, die uns schaden wollen.«2
Anders gesagt: Die Beweise stammen von hochentwickelten militärischen Sensoren und weder die USA noch andere Länder werden ihren Gegnern verraten, welche Stärken und Schwächen ihre Spionagetechnik hat. Das ist ein wichtiger Punkt: Könnte es sein, dass UFOs uns nur deshalb nebensächlich vorkommen, weil wir uns über das gesamte Ausmaß und die Brisanz der Zwischenfälle nicht im Klaren sind? Welcher zivile UFO-Forscher hat schon ein militärisches Hochleistungsradar auf seinem Dach installiert?
Die massive, jahrzehntelange Geheimhaltung hat dafür gesorgt, dass kaum belastbare Informationen ans Licht kommen. Für die Öffentlichkeit wirkt es daher so, als seien UFOs kein reales Phänomen, da der Staat sich nicht dafür zu interessieren scheint. Und Wissenschaftler fassen das Thema nicht an, weil sie keinen Zugang zu den Daten bekommen, die sie bräuchten, um es zu erforschen. Für Journalisten ist es darum nicht einfach, das gesamte Ausmaß des UFO-Themas zu erfassen – schon gar nicht in einer oberflächlichen, tagesaktuellen Recherche, die einen Großteil der Berichterstattung prägt. Doch im Laufe der Jahrzehnte sind einige früher geheim gehaltene Militärakten an die Öffentlichkeit gelangt und zahlreiche Militärzeugen haben sich zu Wort gemeldet. Sie berichten unter anderem von UFO-Landungen neben einer Militärbasis, UFOs bei Militärübungen oder von einer Entführung beim Bewachen von Atomraketen. Der frühere hochrangige Geheimdienstbeamte David Grusch und andere Insider behaupten sogar, dass seit Jahrzehnten ein groß angelegtes, internationales Programm zur Bergung und Nachkonstruktion von UFOs existiere.
Was an diesen Behauptungen dran ist, wird sich noch zeigen. Doch wenn auch nur einer der dramatischen Fälle in diesem Buch wahr ist, dürften UFOs für Militär und Geheimdienst immens wichtig sein.
Immerhin nehmen amerikanische Behörden das Thema so ernst, dass sie die Bezeichnung »UFO« binnen weniger Jahre mehrmals umgetauft haben. Die »Unidentifizierten Flugobjekte« wurden zunächst zu »Unidentified Aerial Phenomena« (Unidentifizierte Phänomene im Luftraum). Dem Geheimdienstausschuss des US-Senats ging diese Definition aber nicht weit genug. Die Senatoren forderten im Juli 2022 in einem Gesetzesentwurf, dass künftig die Abkürzung »UAP« verwendet werden sollte, die für »Unidentified Aerospace-Undersea-Phenomena« steht, also für unidentifizierte Phänomene im Luft- und Weltraum sowie unter Wasser. Damit machten sie klar, dass die seltsamen Objekte nicht nur in der Atmosphäre und im erdnahen Orbit beobachtet werden, wie allgemein angenommen, sondern auch unter Wasser. Mehr noch: Das Gesetz, das die Aufgaben des neuen UFO-Forschungsbüros AARO im Pentagon bestimmt, enthält eine Passage über »Transmedium-Objekte oder Geräte«:
»50 U.S.C. 3373(l)
(4) Der Begriff »Transmedium-Objekte oder -Geräte« bezeichnet Objekte oder Geräte, bei denen ein Übergang zwischen dem Weltraum und der Atmosphäre oder zwischen der Atmosphäre und Gewässern beobachtet wird und die nicht unmittelbar identifizierbar sind.
(5) Der Begriff »unidentifizierte Luftphänomene« bedeutet
(A) Objekte in der Luft, die nicht unmittelbar identifizierbar sind;
(B) Transmedium-Objekte oder -Geräte; und
(C) untergetauchte Objekte oder Geräte, die nicht unmittelbar identifizierbar sind und die Verhaltens- oder Leistungsmerkmale aufweisen, die darauf hindeuten, dass die Objekte oder Geräte mit den in Unterabsatz (A) oder (B) beschriebenen Objekten oder Geräten verwandt sein könnten.«1
Hat der Geheimdienstausschuss etwa Kenntnis von solchen Objekten, die zwischen Weltraum, Atmosphäre und Wasser mühelos hin- und herwechseln und dabei erstaunliche Leistungen an den Tag legen?
Von dieser Definition des Phänomens wich der US-Kongress jedenfalls auch im darauf folgenden Geheimdienstgenehmigungsgesetz NDAA nicht ab. Lediglich der Begriff »Unidentified Aerospace-Undersea-Phenomena« wurde vereinfacht und lautet nun »Unidentified Anomalous Phenomena«2 (UAP).3
Seit der Einstellung des staatlichen US-Forschungsprojekts Blue Book im Jahr 1969 hatte die US-Regierung immer behauptet, dass keiner der untersuchten UFO-Berichte jemals auf eine Bedrohung der nationalen Sicherheit, neue technologische Entwicklungen oder auf außerirdische Fahrzeuge hingewiesen habe. Ihr demonstratives Desinteresse an UFOs konnte die US-Regierung nur bis Dezember 2017 aufrechterhalten. Dann ging Luis Elizondo, der ehemalige Leiter des geheimen Forschungsprogramms AATIP, mit Insider-Informationen an die Öffentlichkeit. Aufgrund dieser Enthüllungen und öffentlichen Drucks sah sich die US-Regierung im August 2020 veranlasst, eine »UAP Task Force« einzusetzen. Ihre Aufgabe bestand darin, Daten aus Militär- und Geheimdienstbehörden zu sichten und dem Kongress und der Öffentlichkeit darüber Bericht zu erstatten.1
Im Juni 2021 veröffentlichte das »Office of the Director of National Intelligence« (deutsch: Büro des Direktors der Nationalen Geheimdienste) zum ersten Mal nach 50 Jahren ein offizielles Regierungsstatement über UFOs.2 Der Bericht »Vorläufige Bewertung: Unidentifizierte Luftphänomene« umfasst zwar lediglich einige oberflächlich umrissene Eckpunkte. Doch die haben es in sich:
Aus dem Zeitraum November 2004 bis März 2021 wurden 144 Berichte aus Quellen der US-Regierung herangezogen. Davon wurden 80 Fälle mit mehreren Sensoren gleichzeitig erfasst. In elf Fällen berichteten Piloten über Beinahe-Zusammenstöße mit UAP. Nur ein Fall konnte mit Sicherheit identifiziert werden. »Soziokulturelle Stigmata« sowie Sensorbeschränkungen seien nach wie vor Hindernisse für die Erfassung von UAP-Daten. So sei nur eine begrenzte Anzahl qualitativ hochwertiger Berichte über UAP verfügbar, wodurch »eindeutige Schlussfolgerungen« über die Art und Absicht von UAP nur schwer zu ziehen seien, hieß es vom ODNI.
Bei 18 UAP-Vorfällen hätten Beobachter ungewöhnliche UAP-Bewegungsmuster oder Flugeigenschaften gemeldet: »Einige UAP schienen stationär in der Luft zu bleiben, sich gegen den Wind zu bewegen, abrupt zu manövrieren oder sich mit beträchtlicher Geschwindigkeit zu bewegen, aber ohne erkennbare Antriebsmittel. In einer kleinen Anzahl von Fällen verarbeiteten militärische Flugzeugsysteme Funkfrequenzenergie, die mit UAP-Sichtungen in Verbindung gebracht wurden.«
Es zeichneten sich auch einige potenzielle Muster ab. So seien UAP-Sichtungen häufig in der Nähe von US-Trainings- und Testgeländen erfolgt, doch dies könne auch daran liegen, dass dort besonders viele Sensoren und Sicherheitsmaßnahmen existieren.
Der Bericht machte klar: »UAP stellen eindeutig ein Problem für die Flugsicherheit dar und gefährden möglicherweise die nationale Sicherheit der USA.«
In seiner für die Öffentlichkeit bestimmten Version enthielt der Bericht gerade einmal neun Seiten – Deckblatt und Anhang mit eingeschlossen. Dem US-Forscher John Greenewald, Betreiber der Webseite The Black Vault, gelang es im März 2022, sich die vertrauliche Version für US-Kongressabgeordnete zu besorgen.3 Diese Version enthielt 16 Seiten, allerdings hatte die Regierung viele der zusätzlichen Informationen geschwärzt. Vergleicht man die Kongress-Version mit der, die veröffentlicht wurde, erkennt man interessante Anhaltspunkte, was die US-Regierung der Öffentlichkeit NICHT über UFOs mitteilen will.
Dazu zählen Einzelheiten über die eingesetzten militärischen Sensoren, die Flughöhe von UAP, aber vor allem Details zu technologischen Eigenschaften. Unter dem Titel »Und einige UAP scheinen hochentwickelte Technologie zu zeigen« ist in der vertraulichen Version wesentlich mehr Text enthalten. So erfahren wir nun, dass es »Aufnahmen von Radarbildschirmen« gibt, und es werden drei UFO-Zwischenfälle im Zusammenhang mit hochentwickelter Technologie genannt, darunter einen »2004 UAP event«, was auf einen Zwischenfall bei dem US-Flugzeugträger USS Nimitz von 2004 hinweisen könnte. Leider sind auch diese größtenteils geschwärzt.
Dass der genaue Zweck von Sensoren geheim gehalten wird, ist ja noch verständlich, aber wie sieht es mit der Flughöhe von UAPs aus? Und warum dürfen wir nicht einmal erfahren, wie die Dinger aussehen? »Beobachter beschrieben Unidentifizierte Luftraumphänomene häufig als (GESCHWÄRZT) so wie ein (GESCHWÄRZT)«, verrät dazu der Bericht. Es folgt eine Tabelle mit der Überschrift: »Gewöhnliche Formen« – doch sie ist vollständig geschwärzt – genau wie die darauffolgende Tabelle mit dem Titel »Weniger häufige/unregelmäßige Formen«.
Im Juli 2022 verkündete das Pentagon, dass eine zentrale UAP-Untersuchungsabteilung gegründet worden sei, die die Aufgaben der im Jahr zuvor gegründeten »UAP Task Force« übernehmen und deutlich ausweiten solle. Das »All-Domain Anomaly Resolution Office« AARO (deutsch: Büro zur Aufklärung von Anomalien aus allen Bereichen) diene von nun an als zentraler Anlaufpunkt für sämtliche UAP-Bemühungen des Militärs.4
Mit einiger Verspätung lieferte der Direktor der Nationalen Geheimdienste im Januar 2023 auch den zweiten gesetzlich geforderten UFO-Bericht ab.5 Dessen für die Öffentlichkeit bestimmte Version fiel noch dünner aus als der erste Bericht und behielt fast alles für sich, was das Gesetz gefordert hatte, etwa die Anzahl erfasster UAPs in geschütztem Luftraum und insbesondere in der Nähe von Atomanlagen, dazu Vorfälle und Muster, die auf revolutionäre Luftfahrtentwicklungen von Gegnern hindeuten, aktuelle Bemühungen, entdeckte UAPs zu fangen oder auszunutzen, und außerdem gesundheitliche Effekte von UAP auf Menschen.6
Stattdessen erfuhr die Öffentlichkeit, dass von den 510 gemeldeten UAPs immerhin 195 als »unauffällig« eingestuft wurden. In 26 Fällen seien es unbemannte Flugsysteme wie Drohnen gewesen, 163 wurden als Ballons oder »Ballon-ähnlich« eingeordnet, sechs Erscheinungen seien »Clutter« (deutsch: Unordnung) gewesen, also Vögel, Wetterereignisse oder fliegender Müll wie Plastiktüten. Allerdings hatte sich die Anzahl der unerklärten UFO-Fälle mehr als verdoppelt: von 143 im Juni 2021 auf insgesamt 314 im August 2022. Dies sind, wohlgemerkt, nur die wirklich mysteriösen Fälle, die »ungewöhnliche Flugeigenschaften oder Leistungsfähigkeiten« zeigten und eine »weitere Analyse« erfordern. Leider erfahren wir nicht, wie viele davon sich im Weltraum oder unter Wasser abgespielt haben oder vielleicht sogar in der Nähe von Atomanlagen.
Seit der Veröffentlichung des zweiten UAP-Berichts der US-Regierung im Januar 2023 hat sich im Pentagon einiges getan. So erhielt AARO durch das US-Bundesgesetz über den Verteidigungshaushalt 2023 deutlich erweiterte Kompetenzen und Aufgaben. Die UFO-Untersuchungsabteilung, deren Aktivitäten bislang dem Büro des Under Secretary of Defense for Intelligence and Security unterstand, soll von nun an direkt dem stellvertretenden Verteidigungsminister und dem Hauptstellvertreter des Direktors der Nationalen Geheimdienste berichten.1
Am 19. April 2023 lud ein Unterausschuss des Streitkräfteausschusses im US-Senat den Direktor von AARO zu einer Anhörung vor. Dr. Sean Kirkpatrick berichtete über die bisherige Zusammenarbeit von AARO mit anderen Behörden sowie die gesammelten Erkenntnisse seiner UFO-Forschungsbehörde und gab dabei erstmals konkretere Beschreibungen der beobachteten Phänomene bekannt.2 So untersuche AARO zu diesem Zeitpunkt circa 650 Fälle. Zwar habe der zweite UAP-Bericht vom Januar 2023 besagt, dass etwa 150 der berichteten Objekte ballonartig gewesen seien, doch dies, so Kirkpatrick, bedeute nicht, dass die Fälle aufgeklärt sind, sondern nur, dass die anomaleren Erscheinungen bei der Untersuchung bevorzugt würden.
Dann präsentierte Kirkpatrick eine PowerPoint-Folie mit »UAP Berichts-Trends« von 1996 bis 2023. Mehr als die Hälfte der gemeldeten Objekte sei als rund oder kugelförmig beschrieben worden, aber auch zahlreiche andere Formen seien bekannt, wie Vielecke, Quadrate, Rechtecke, Dreiecke, Scheiben, Zylinder oder auch Lichter. Die Objekte hätten in der Regel eine Größe von einem bis vier Meter und seien weiß, silbern oder durchsichtig erschienen. Gewöhnlich flögen sie im Bereich von 3 000 bis 10 000 Metern, also der üblichen Flughöhe von Verkehrsflugzeugen. Ihre Geschwindigkeit betrage »stationär bis Mach 2«, also das Zweifache der Schallgeschwindigkeit. Vom Antriebssystem der UAPs habe man keinerlei Hitzesignaturen erfassen können. Auf dem Radar hätte das US-Militär hingegen Mikrowellen im Bereich von acht bis zwölf Gigahertz festgestellt, ebenso im Funkbereich von ein bis drei Gigahertz sowie von acht bis zwölf Gigahertz. »Wir erhalten intermittierende Radarrückmeldungen, wir erhalten intermittierende Funkrückmeldungen und wir erhalten intermittierende thermische Signaturen«, erklärte der AARO-Direktor. Die Hitzesignaturen der Objekte zeigten sich im Kurzwellen- sowie im mittelwelligen Infrarotbereich.3
»Ich möchte auch klarstellen, dass AARO bei seinen Nachforschungen bisher keine glaubwürdigen Beweise für außerirdische Aktivitäten, außerirdische Technologie oder Objekte gefunden hat, die den bekannten Gesetzen der Physik widersprechen«, gab Kirkpatrick bei der Anhörung zu Protokoll. Doch wenn diese Fluggeräte, die auf der Stelle schweben, Geschwindigkeiten von bis zu 2 400 Stundenkilometern erreichen können und dabei gepulste Mikrowellenstrahlung abgeben, nicht außerirdisch sind – was könnten sie dann sein? Handelt es sich womöglich um ein Phänomen, das seinen Ursprung auf der Erde hat?
Es war Ende Oktober 2018, als ich einem Vortrag von Luis Elizondo in Rom lauschte, der sehr informativ war.1 Elizondo war lange Leiter des geheimen UFO-Forschungsprojekts AATIP im Pentagon gewesen, das er von der fünften Etage im C-Ring des Pentagons aus geleitet hatte, und er stellte einige Erkenntnisse daraus vor. Erst im Dezember 2017 hatte er beim Pentagon gekündigt – aus Protest, weil seine alarmierenden Berichte selten seine Vorgesetzten erreichten. Danach hatte er sich mit dem Punkrock-Star Tom DeLonge und dessen To The Stars Academy zusammengetan – einem interessanten Gebilde aus Geheimdienst und Entertainment, auf das ich in einem weiteren Kapitel gesondert eingehen werde.
Der frühere AATIP-Chef gab einen ausführlichen historischen Abriss über die Entwicklung des UFO-Phänomens seit Beginn der 1940er-Jahre. Piloten, sagte er, hätten während des Zweiten Weltkriegs immer wieder Lichter neben ihren Flugzeugen gesehen, die sogenannten »Foo Fighters«. Als das Radar aufkam, wurden sie auch davon erfasst. Über den berühmtesten UFO-Crash der Welt in Roswell, New Mexico, im Jahr 1947 verlor Elizondo aber nur wenige Sätze: »Ich möchte jetzt nicht darüber spekulieren, was in Roswell abgestürzt ist, aber diejenigen von Ihnen, die sich mit Geheimdiensten auskennen, wissen, dass die Antwort des Militärs normalerweise dem jeweiligen Vorfall angemessen ist. Der Absturz eines Wetterballons erfordert eigentlich nicht die Beteiligung eines Obersts, mehrerer militärischer Tieflader und den Einsatz einer Streitmacht. Nächste Folie bitte.«2
Auch UFO-Sichtungen 1952 über Washington, D.C., seien sehr bedeutsam gewesen und man habe »erstmals ein Interesse der UAP« an Atomstandorten festgestellt. Da der Kalte Krieg tobte, mussten die USA herausfinden, ob es sich um eine Technologie der Sowjetunion handelte. Ende der 1960er-Jahre machte die Atomtechnologie einen entscheidenden Sprung nach vorne, gleichzeitig stiegen auch die UAP-Sichtungen um Atomanlagen herum sprungbar an. »Diese UAP wiesen Eigenschaften auf, die weit über alles hinausgingen, was wir je gesehen hatten«, erklärte Elizondo. »Und sie zeigten zum ersten Mal die Fähigkeit, unsere nukleare Schlagkraft zu beeinträchtigen.«3 Just zu diesem Zeitpunkt wurde das offizielle UFO-Forschungsprojekt Blue Book eingestellt.
In den Siebzigerjahren begann die CIA, »unkonventionelle Methoden« zur Informationsgewinnung zu nutzen, so Elizondo. Sie gründete eine Abteilung für seltsame Fälle, entwickelte psychotrone, also parapsychologische Waffen und setzte medial begabte Menschen zur Gewinnung militärisch relevanter Informationen ein. Ende der 1980er-Jahre sorgte ein stetiger Zustrom von sowjetischen Überläufern für neue Einblicke in das dortige UFO-Forschungsprogramm. Zudem erregte die belgische UFO-Welle »besonderes Interesse« beim Militär, sagte Elizondo. »Behalten Sie im Hinterkopf, dass das US-Militär zur damaligen Zeit überall präsent war. Auf diese Weise konnten wir Informationen sammeln, 24 Stunden am Tag auf der ganzen Welt.«4
In den Neunzigerjahren, berichtet der frühere Pentagon-Mitarbeiter weiter, hatten sich die Aufklärungsfähigkeiten der USA weiter verbessert, womit UAP häufiger und auch genauer erfasst werden konnten – nicht nur in der Atmosphäre, sondern auch im unteren Erdorbit. Auch teilten Space-Shuttle-Missionen »fortlaufend interessante Sichtungen« mit. Zudem hatten die USA weitere Akten der früheren Sowjetunion erhalten und verstanden, »dass das, was wir bei uns beobachteten, auch dort geschah«.5
Nun begann Elizondo, über seine Arbeit bei AATIP zu sprechen. Das Programm wurde 2007 gegründet, ein Jahr später wurde der Geheimdienst beauftragt, es zu organisieren. 2010 trat der ursprüngliche Leiter zurück und Elizondo übernahm seinen Posten. Damals wurde beschlossen, das Projekt direkt dem Verteidigungsminister zu unterstellen. Doch vor einem Jahr hing Elizondo seinen Job an den Nagel, aus Frust über die Bürokratie: »Gespräche mit hochrangigen Führungspersonen erwiesen sich als quasi unmöglich, das Stigma war einfach zu groß«, sagte er.6 Doch das Programm besteht fort, versicherte Elizondo, denn das Phänomen ist von militärischer Bedeutung. UFOs weisen fünf verschiedene »Observablen«, also beobachtete Eigenschaften, auf, die er erklärte:
Erstens: augenblickliche Beschleunigung. Wenn ein Flugzeug seine Richtung ändert, wirken ringsherum »g-Kräfte« – das sind Belastungen, die bei starker Änderung von Größe oder Richtung der Geschwindigkeit auf Menschen oder Fahrzeuge einwirken. Der menschliche Körper kann für kurze Zeit eine Beschleunigung von 9g überstehen, wenn er einen speziellen, flüssigkeitsgefüllten Anti-g-Anzug trägt. Flugzeuge könnten bis zu 20g aushalten, bevor sie auseinanderfallen. »Aber die Objekte, mit denen wir es zu tun haben, zeigen Beschleunigungen von weit über 200g«, meint Elizondo. »Da können wir uns natürlich vorstellen, dass die Technologie für eine derartige Beschleunigung für jedes Land sehr wichtig wäre, wenn man die Manövrierfähigkeit verbessern will.«7
Zweitens: Hyperschallgeschwindigkeit. Je schneller ein Flugzeug in der Atmosphäre fliegt, desto mehr kommt es zu Reibung an der Flugzeugspitze und den Tragflächen und die Motoren erhitzen sich – all das ist charakteristisch für Hyperschallflüge und es kann mit Sensoren erfasst werden. »In einigen Fällen wurden Objekte beobachtet, die mit mehr als 13 000 Stundenkilometern geflogen sind«, erklärte Elizondo.
Drittens: geringe Beobachtbarkeit. Sowohl mit bloßem Auge als auch elektro-optisch sind die Objekte kaum zu erfassen. Das militärische Interesse daran ist klar: Solche Technologie ist geeignet, Tarnkappen-Fähigkeiten zu verbessern.
Die vierte Observable bezeichnete Elizondo als »multimedium travel«. Dazu nahm er einen Stift zur Hand. »Stellen Sie sich vor, das ist ein Flugzeug. Wir bauen die Dinge so, dass sie in bestimmten Umgebungen funktionieren. Bei einem Flugzeug kann man erwarten, dass es eine Spitze hat, ein Heck, Flügel und so weiter. Eine Rakete hingegen ist für die Fortbewegung im Vakuum gebaut und braucht keine Flügel. Sie hat auch kein Turbinentriebwerk, sondern Schubdüsen. Man verwendet eine chemische Explosion, um sie in die Erdumlaufbahn zu befördern«. Dann senkte Elizondo den Stift etwas tiefer: »Nehmen wir nun an, dass das ein U-Boot ist. Ein U-Boot sieht weder aus wie ein Flugzeug noch wie eine Rakete. Es hat einen Propeller.«
Es war klar, worauf er hinauswollte: Jedes menschengemachte Fortbewegungsmittel hat Merkmale, die sich danach richten, in welchem Medium sie funktionieren sollen: im luftleeren Raum, in der Luft oder unter Wasser. »Doch was wir beobachten, sind Objekte, die sich in der Atmosphäre genauso frei bewegen können wie im Vakuum oder unter Wasser, ohne dass sie dafür ihre äußerlichen Merkmale verändern«, fuhr Elizondo fort und fügte hinzu: »Aus militärischer Perspektive kann man sich vorstellen, wie vorteilhaft es wäre, so etwas zu haben.«8
Die fünfte Observable sei »positiver Auftrieb«. Um ein Flugzeug in der Luft zu halten, braucht es einen Antrieb sowie eine kontinuierliche Bewegung nach vorn, um den Auftrieb beizubehalten. »Doch was wir sehen, sind Fluggeräte, die sich wie ein Flugzeug verhalten können oder wie ein Hubschrauber oder, offen gesagt, wie Fluggeräte, die wir ganz einfach nicht verstehen«, sagte Elizondo. Aus militärischer Sicht wären auch solche Technologien von großem strategischen Vorteil: »Wenn ein Land auch nur eine dieser Fähigkeiten hätte, dann wäre das ein absoluter Game-Changer in der Art und Weise, wie wir nationale Sicherheit und Verteidigung betreiben«, sagte er. Es gibt Objekte, die alle fünf Fähigkeiten gleichzeitig aufweisen. Doch bloß wegen der Tatsache, »dass sie keine Flagge am Heck tragen, keine erkennbare Hecknummer oder, wie in diesem Fall, noch nicht mal ein Heck hatten, wollte in meinem Land niemand darüber reden«, erklärte Elizondo. »In den USA haben wir Menschen zum Tode verurteilt, weil Gerichtsurteile sich auf die Aussagen zweier Augenzeugen stützten.« Elizondo hielt kurz inne und fuhr dann fort. »Doch hier haben wir hochqualifizierte Fachleute mit Top-Secret-Sicherheitsfreigabe, geschulte Beobachter, denen der Transport von Millionen Dollar teuren Waffensystemen anvertraut wird, und niemand will ihnen zuhören.« Zudem sind deren Beobachtungen durch Infrarot-Bordkameras, Radar und andere elektro-optische Daten gestützt. »Wenn es in meinem Land ein Gerichtsverfahren darüber geben würde«, so Elizondo, »wären wir weit über jeden vernünftigen Zweifel hinaus.«9
Nachdenklich verließ ich den Konferenzsaal. Einerseits war Elizondo ein früherer Geheimdienstmitarbeiter. Im Laufe der Jahre hatte ich mir angewöhnt, den Aussagen solcher Leute mit Skepsis zu begegnen. Andererseits deckten sich seine Informationen über die Eigenschaften von UFOs mit dem, was ich aus zahlreichen freigegebenen Militärakten erfahren hatte und was militärische Augenzeugen mir selbst berichtet hatten: Diese Dinger können komische Sachen, die wir nicht können – und wir haben keine Ahnung, wie sie das anstellen.
Wie sieht es konkret mit den Problemen für die Flugsicherheit aus, die die US-Regierung in ihrem Bericht erwähnt hat? Die USA behalten diesbezüglich ihre Beobachtungen für sich, aber in Fachkreisen ist das Problem seit Langem bekannt. Das National Aviation Reporting Center On Anomalous Phenomena ging 2012 in einer Vorabstudie der Frage nach, wie oft Piloten von UFO-Zwischenfällen berichten. An der Studie wirkten Experten der französischen staatlichen UFO-Forschungsbehörde GEIPAN mit. Sie untersuchten 600 Fälle aus einem Zeitraum von 64 Jahren, in denen zivile und militärische Piloten über UFOs während des Flugs berichtet haben.
In 443 Fällen (74 Prozent) wurden sie als »Objekte« beschrieben und nicht nur als Lichter. In 162 Fällen (27 Prozent) konnte die visuelle Beobachtung durch ein Boden- beziehungsweise Bordradar bestätigt werden. In knapp der Hälfte der Zwischenfälle (48 Prozent) lag eine tatsächliche oder mögliche Gefährdung des Luftverkehrs vor. 78 Mal kam es vor, dass sich ein UFO auf Kollisionskurs mit dem Flugzeug befand, in 59 Fällen wurden die Maschinen von UFOs umkreist. Immerhin gibt es auch 81 Fälle, in denen Piloten davon berichteten, dass das UFO elektromagnetische Auswirkungen auf die Bordelektronik hatte. 31 Mal mussten Piloten ausweichen, um einen Zusammenstoß zu verhindern.1
In 27 Prozent der Fälle (162 insgesamt) konnte die visuelle Beobachtung vom Bord- bzw. Bodenradar bestätigt werden. Meist beobachteten die Piloten scheibenförmige (42 Prozent) oder kugelförmige Objekte (28 Prozent). Auch ovale, zigarrenförmige, dreieckige, raketenförmige zylindrische und exotischere Objekte wurden beobachtet. In einem Fall änderte ein UFO während der Beobachtung seine Form. Wie die NARCAP-Studie enthüllt, sorgt das Phänomen auch für andere gefährliche Eingriffe in den Flugverkehr.