Sieh dich vor, Eliza - Julia K. Hilgenberg - E-Book

Sieh dich vor, Eliza E-Book

Julia K. Hilgenberg

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Beschreibung

Drehen wir den Spieß der gesellschaftlichen Begebenheiten aus Jane Austens Klassiker »Stolz und Vorurteil« doch einmal um: Elizabeth Bennet und ihre Schwestern sind Töchter einer der reichsten und angesehensten Familien des Landes und fristen ein sorgloses Dasein auf Netherfield Park. Der mittellose William Darcy hingegen lebt gemeinsam mit dem Gaukler Charles Bingley und dessen Schwester Caroline in einer Hütte im Pächterviertel Pemberley. Was geschieht, wenn diese beiden Welten unverhofft aufeinandertreffen und dabei mehr als nur eine nicht standesgemäße Liebe entbrennt? Eine Novelle, frei nach den Motiven von Jane Austen, bittersüß und schwer, voller Sehnsucht und verbotener Gefühle.

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Inhalt

Vorwort

Sommer

Kapitel 1 Juni

Kapitel 2 Juli

Kapitel 3 August

Herbst

Kapitel 4 September

Kapitel 5 Oktober

Kapitel 6 November

Winter

Kapitel 7 Dezember

Kapitel 8 Januar

Kapitel 9 Februar

Frühjahr

Kapitel 10 März

Kapitel 11 April

Kapitel 12 Mai

In tiefer Dunkelheit

Kapitel 13 Den Sommer im Herzen

Vorwort

Drehen wir den Spieß der gesellschaftlichen Begebenheiten aus Jane Austens Klassiker »Stolz und Vorurteil« doch einmal um:

Elizabeth Bennet und ihre Schwestern sind Töchter einer der reichsten und angesehensten Familien des Landes und fristen ein sorgloses Dasein auf Netherfield Park.

Der mittellose William Darcy hingegen lebt gemeinsam mit dem Gaukler Charles Bingley und dessen Schwester Caroline in einer Hütte im Pächterviertel Pemberley.

Was geschieht, wenn diese beiden Welten unverhofft aufeinandertreffen und dabei mehr als nur eine nicht standesgemäße Liebe entbrennt?

Eine Erzählung, frei nach den Motiven von Jane Austen, bittersüß und schwer, voller Sehnsucht und verbotener Gefühle.

Sommer

Kapitel 1 Juni

»Mylady?«

Ein Paar blauer Augen zwinkerte sie an, fröhlich, schalkhaft, und doch mit einer ungeahnten Tiefe. Jane erschrak, jedoch nicht so sehr, dass ihr der Funke der Aufrichtigkeit hinter dem Lachen entging. Mit einem Lächeln nahm sie den blütenbesetzten Zweig entgegen. Der Duft von Sommerjasmin stieg ihr in die Nase.

Der Gaukler deutete eine Verbeugung an, dann zauberte er mit einer schnellen Bewegung einen weiteren Zweig hervor und begann, ihn auf der Nase zu balancieren.

Die älteste Tochter aus dem Hause Bennet warf einen schnellen Blick zu ihrer Schwester Elizabeth, die neben ihr stand und das Schauspiel amüsiert verfolgte.

Als der Zweig aus dem Gleichgewicht geriet, ließ der Gaukler ihn fallen, fing ihn kurz über dem Boden elegant auf und reichte ihn abermals Jane. Ein paar Umstehende applaudierten, und der Gaukler verbeugte sich in alle Richtungen. Jane griff in ihren Lederbeutel und nahm eine Münze heraus, um die Darbietung zu belohnen. Der Gaukler zögerte. Sein Blick ruhte auf dem Geldstück, jedoch machte er keine Anstalten, es anzunehmen, und über sein eben noch so fröhliches Gesicht legte sich ein Schatten.

»Bitte«, sagte Jane mit einem aufmunternden Lächeln, und als dieses endlich die blauen Augen erreichte, verflog der Schatten ebenso schnell, wie er gekommen war.

Urplötzlich zerriss ein heller Aufschrei die Luft, und als Jane sich umwandte, sah sie gerade noch, wie eine hochgewachsene Gestalt durch die Menschenmenge hastete und hinter einem Marktstand verschwand.

»Er hat mein Geld!« Elizabeth drängte sich vehement durch die Zuschauer.

Hinter dem Marktstand ertönte ein dumpfer Schlag, gefolgt von einem Schmerzenslaut.

»Liza, warte!«

Als Jane den Stand endlich erreichte, blieb sie respektvoll einen Schritt hinter ihrer Schwester stehen. Vor ihnen auf dem Boden kniete ein Mann. Er hustete und hielt sich die Seite. In seiner Hand hatte er Elizabeths Lederbeutel.

»Das gehört mir«, sagte Elizabeth mit lauter Stimme.

Der Mann nickte, ohne aufzusehen, und erhob sich langsam.

Jane betrachtete ihn aufmerksam. Sein Leinenhemd war verdreckt, die Hose an den Knien zerrissen, und sein Gesicht war von einem üblen Kratzer gezeichnet.

Elizabeth blickte ihm direkt in die Augen. Sie wirkte furchtlos, obgleich sie gut einen Kopf kleiner war als er, und sie streckte forsch die Hand aus. Der Mann reichte ihr den Geldbeutel widerstandslos.

»Sie müssen vorsichtig sein auf diesem Jahrmarkt«, sagte er leise.

»Ich lasse mir von einem Dieb nicht drohen.«

»Ich bin kein Dieb.« Der Mann klopfte sich energisch den Staub von der Hose.

»Sie haben mein Geld gestohlen«, beharrte Elizabeth.

»Das habe ich nicht.«

»Sie hätten mich wenigstens um etwas bitten können, so wie andere auch …«

»Ich bin kein Bettler!«, fuhr der Mann sie an, und seine dunklen Augen schienen zu glühen.

»Dann sind Sie ein Dieb!«

Jane machte einen Schritt nach vorn und ergriff Elizabeths Hand. Sie wusste um die Courage ihrer Schwester, doch sie wusste auch, dass in diesem Moment die Wut überwog.

Mit einem Mal knackte es vernehmlich im Gebüsch am nahen Wegesrand.

Die Schwestern fuhren herum, doch der Mann schien nur darauf gewartet zu haben.

»Komm raus!«, forderte er grimmig.

Es knackte abermals, und dann trat aus dem Unterholz eine Gestalt hervor. Es war ein junges Mädchen, kaum vierzehn Jahre alt, in einem strahlend blauen Leinenkleid, so blau wie Vergissmeinnicht.

Diesmal teilte der Mann die Überraschung der Schwestern.

»Er war es nicht.« Das Mädchen sprach leise, doch mit klarer Stimme. »Ich habe es gesehen, er war es nicht.«

Bevor Elizabeth reagieren konnte, trat der Gaukler von hinten an sie heran.

»Sie hat recht. Er war es nicht.«

Jane spürte die Skepsis, mit der ihre Schwester den Gaukler musterte, aber sie selbst sah in seinen blauen Augen wieder die Aufrichtigkeit, die sie schon zuvor bei seiner Darbietung bemerkt hatte. Sie glaubte ihm.

»Wer war es dann?« Elizabeth wandte sich direkt an das Mädchen. »Hast du den Dieb gesehen?«

»Nur kurz.« Sie senkte den Blick.

»Er war es nicht, mein Wort darauf. Ich kenne ihn, schon lange.«

Elizabeth sah zurück zu dem Gaukler, und dieser hielt ihr die Münze entgegen, die er zuvor von Jane bekommen hatte.

»Wenn Ihr ihm nicht glauben wollt, glaubt es mir. Er war es nicht.«

»Ich glaube Ihnen.« Jane schob die Hand mit der Münze sachte zurück.

Der Gaukler schenkte ihr einen Blick, kurz, doch voller Dankbarkeit, dann richtete er das Wort noch einmal an Elizabeth.

»Es mag sein, dass wir nicht viel besitzen, aber das bedeutet nicht, dass wir uns des Besitzes anderer bemächtigen. Ich würde so etwas niemals tun, und William hier auch nicht.«

Elizabeth atmete tief. »Nun gut. Belassen wir es dabei.«

Kaum hatten diese Worte ihren Mund verlassen, raschelte es wieder im Unterholz.

Jane drehte rasch ihren Kopf, doch es war schon zu spät: Das Mädchen in dem vergissmeinnichtblauen Kleid war verschwunden.

Als die Schwestern sich endlich auf den Heimweg machten, stand die Sonne schon tief. Sie wussten, ihre Mutter würde das ausgedehnte Fernbleiben nicht gutheißen, und noch viel weniger den Ort, an dem sie sich aufgehalten hatten. Doch Elizabeth und Jane würden den Jahrmarkt in New Hertfortshire in jedem Sommer besuchen, mochte Lady Bennet zu bedenken geben, was immer sie wollte. Ihre beiden ältesten Töchter führten damit fort, was ihr Vater vor langer Zeit begonnen hatte, und sie bewahrten diese Tradition ebenso sorgsam wie die Erinnerung an Sir Bennet in ihren Herzen.

Jane drehte nachdenklich den Zweig in ihrer Hand.

»Das Kleid … es hatte beinahe die gleiche Farbe wie seine Augen.«

»Des Gauklers Augen, sie trafen tief!«, neckte Elizabeth.

»Es waren ehrliche Augen.«

»Oh Jane, du bist wahrhaftig zu gut für diese Welt.«

»Und auch die Augen von William … nicht unbedingt freundlich, doch ehrlich.«

Elizabeth ließ ihren Blick über den feurigen Horizont schweifen.

»Möglich. Auch wenn mir schleierhaft ist, wer der Dieb gewesen sein sollte, wenn nicht Mademoiselle Vergissmeinnicht.«

»Du glaubst, sie war es?«

»Nein. Aber sie konnte mich nicht ansehen, als ich sie gefragt habe, was sie gesehen hat. Sie hat etwas verschwiegen, und ich frage mich, weshalb.«

»Oh Liza, du liest zu viele Bücher von Papa …«

»Aus gutem Grund!« Elizabeth lachte. »Es macht das Leben so viel spannender.«

»Nun, der heutige Tag war wohl spannend genug?«

»Durchaus. Man wird nicht alle Tage ausgeraubt. Und anschließend von einem Gaukler zu Tisch gebeten.«