Silvia-Gold 173 - Sandra Heyden - E-Book

Silvia-Gold 173 E-Book

Sandra Heyden

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Beschreibung

Alles, was Rang und Namen hat sich auf dem Wohltätigkeitsball des schwerreichen Industriellen Richard Gaden versammelt. Als plötzlich in ihrer Mitte Dominik von Bendorf auftaucht, traut die feine Gesellschaft ihren Augen nicht. Vor fünfzehn Jahren verließ der Mann nach einem handfesten Skandal den Ort, und die Menschen hier haben nichts vergessen.
Und schon gibt es den nächsten Skandal. Denn kaum hat der Gastgeber Dominik seine bildhübsche Tochter vorgestellt, da liegt sie in seinen Armen, und die beiden küssen sich leidenschaftlich. Noch am gleichen Abend geben Louisa und Dominik ihre Verlobung bekannt und planen ein rauschendes Hochzeitsfest. Doch ehe dieses stattfindet, gibt es einen neuen Skandal: Die beiden sind plötzlich spurlos verschwunden ...


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Inhalt

Cover

Die Skandalehe

Vorschau

Impressum

Die Skandalehe

Was ist dran an den Gerüchtenüber ihren Mann?

Von Sandra Heyden

Alles, was Rang und Namen hat, hat sich auf dem Wohltätigkeitsball des schwerreichen Industriellen Richard Gaden versammelt. Als plötzlich in ihrer Mitte Dominik von Bendorf auftaucht, traut die feine Gesellschaft ihren Augen nicht. Vor fünfzehn Jahren verließ der Mann nach einem handfesten Skandal den Ort, und die Menschen hier haben nichts vergessen.

Und schon gibt es den nächsten Skandal. Denn kaum hat der Gastgeber Dominik seine bildhübsche Tochter vorgestellt, da liegt sie auch schon in seinen Armen, und die beiden küssen sich leidenschaftlich. Noch am gleichen Abend geben Louisa und Dominik ihre Verlobung bekannt und planen ein rauschendes Hochzeitsfest. Doch ehe dieses stattfindet, gibt es einen neuen Skandal: Die beiden sind plötzlich spurlos verschwunden ...

Da lag sie, seine Heimatstadt!

Still und unschuldig schmiegte sie sich an das jenseitige Ufer des Sees. Scheinbar unverändert, trotz all der Jahre, die inzwischen vergangen waren. Wie eh und je erhob sich die zwiebelförmige Kuppel des Kirchturmes über das Gewirr der Dächer und Gassen, die schmal und verwinkelt den alten Marktplatz wie Krakenarme umschlangen. Der Wetterhahn grüßte golden weithin ins Land.

Ein seltsames Gefühl, wieder zu Hause zu sein!

Dominiks Blick suchte den Berg, der schroff und steil das kleine Tal beherrschte und der immer noch von der alten baufälligen Burg der Grafen von Lehby gekrönt wurde.

Natürlich!

Was hatte er eigentlich erwartet? Dass die Burg sich inzwischen in Luft aufgelöst haben könnte und ihre Bewohner gleich mit? Dass ihm erspart blieb, Roland gegenüberzutreten?

Keine Chance!

Die Fahne mit dem Wappen der Lehbys wehte weithin sichtbar auf dem Turm und verkündete die Anwesenheit des Hausherrn: Roland Graf von Lehby.

Dominik wurde nachdenklich. Sie waren einmal Freunde gewesen, Roland und er. Bis zu dieser unseligen Geschichte mit Helena, Rolands verführerisch schöner Frau. Und es war ausgerechnet Helena von Lehby, die nun der Grund für seine Rückkehr nach so langen Jahren war.

Langsam wandte Dominik von Bendorf sich ab, ging zu seinem schicken Sportwagen zurück, der am Straßenrand parkte, und setzte sich ins Gras.

Helena von Lehby, dachte er voller Bitterkeit. Sie war der größte Fehler seines Lebens gewesen und der Grund, weshalb er seinem besten Freund nicht mehr in die Augen sehen konnte. Ihretwegen lebte er seit nunmehr fünfzehn Jahren in Paris. Ihretwegen hatte er alles aufgegeben, und ihretwegen war sein Leben völlig anders verlaufen als geplant.

Doch sie war das alles nicht wert gewesen. Sie hatte sich als kaltes, egoistisches Wesen entpuppt und ihn ebenso wie Roland betrogen. Diese Erkenntnis hatte ihn damals fast um den Verstand gebracht, aber wenigstens hatte er die Konsequenzen gezogen. Was Helena ihm nie verziehen hatte!

Dominiks Gedanken kehrten aus der Vergangenheit zurück, und er erinnerte sich an den Grund seiner Rückkehr: Helena von Lehby und Viktor Gillbert, sein alter Feind und Gegenspieler!

Welch ein Glück, dass er im »Maxim's« zufällig am Nebentisch gesessen und die Unterhaltung der beiden mit angehört hatte. Jedenfalls zum Teil. Und so hatte er von Viktors schmutzigem Plan erfahren, sich eine reiche Erbin zu angeln. Ausgerechnet hier, in dieser Stadt. Viktor und Helena glaubten, leichtes Spiel zu haben, und waren sich sicher, dass er ihnen gewiss nicht in die Quere kommen würde. Helena war nämlich davon überzeugt, dass er, Dominik, es nicht wagen würde, jemals hierher zurückzukehren.

Doch sie irrten sich gewaltig. Er würde ihnen die Suppe schon versalzen, dachte er grimmig und ließ sich rücklings ins Gras sinken. Die Mittagssonne schien ihm ins Gesicht, und er spürte plötzlich, wie Müdigkeit ihn übermannte. Die langen Stunden hinter dem Steuer seines Wagens machten sich bemerkbar.

Wer immer sie auch sein mochte, diese Erbin, er würde sie finden und vor Viktor Gillberts Machenschaften bewahren. Das war sein letzter Gedanke, bevor ihm langsam die Augen zufielen.

♥♥♥

Mit einem ärgerlichen Laut warf Louise Gaden den prachtvollen Rosenstrauß samt anbiedernd schmeichelnder Karte in den Papierkorb neben ihrem Schminktisch.

»Oje, diese herrlichen Rosen! Wie kannst du nur, Louisa?«, rief ihre Tante Martha aus, die hinter ihr stand. »Willst du denn gar nicht wissen, von wem sie sind?«

Louisa warf ihre rotblonde Lockenpracht mit wild blitzenden grünen Augen zurück und verzog angewidert die schönen roten Lippen.

»Tante Martha, es ist mir ziemlich gleich, von wem die Rosen sind. Es ist der dritte Strauß heute, und es sind alles die gleichen Typen, die sie mir schicken. Glaub mir, von Mitgiftjägern hab ich nach dem Fiasko mit Frank ein für alle Mal die Nase voll.«

Martha legte ihre zarten Hände auf Louisas schmale Schultern.

»Wie kannst du nur glauben, dass alle Männer hinter deinem Geld her sind?«

»Sind sie's etwa nicht?«, gab Louisa spöttisch zurück.

»Aber Louisa, warum lehnst du jeden deiner Verehrer von vornherein ab? Auch wenn deine Ehe mit Frank Bechler in einer Katastrophe endete, muss es doch ein zweites Mal nicht ebenso kommen. Du bist doch schließlich eine sehr schöne Frau.«

»Vor allem bin ich eine reiche Frau! Vielen Dank, Tante Martha, aber auf diese Lackaffen, die ständig unser Haus belagern, kann ich sehr gut verzichten! Wenn es hier einen halbwegs annehmbaren Mann gäbe, würde ich ihn auf der Stelle heiraten, glaub mir – schon, um die übrigen Mitgiftjäger endlich loszuwerden.«

Louisa erhob sich mit einem Ruck.

»Da dies aber nicht der Fall ist, lassen wir das Thema besser, Tante Martha. Im Übrigen bin ich auf einen Ehemann nicht unbedingt angewiesen. Mein Vergnügen kann ich auch ohne Ehe finden.«

»Aber Louisa!« Tante Martha mit ihrer altjüngferlichen Moral war empört, doch Louisa lachte nur und umarmte die alte Dame kurz.

»Ist Papa fertig?«, wollte sie dann wissen.

»Aber ja, er wartet schon auf dich.«

»Wunderbar.«

Louisa verließ ihr Zimmer und sprang munter die Treppe hinunter, an deren Fuß ihr Vater bereits auf sie wartete. Er war ein sehr distinguiert wirkender Herr mittleren Alters, der missbilligend die Stirn runzelte, als seine Tochter nun den Rest der Treppe auf dem geschwungenen Geländer rutschend zurücklegte.

»Du benimmst dich wie ein Teenager, Louisa. Man sollte nicht meinen, dass du eine erwachsene Frau von siebenundzwanzig Jahren bist!«, tadelte er sie.

»Nicht wahr, Papa?« Louisa gab ihm lachend einen Kuss auf die Wange. »Können wir?«

»Ich bitte darum. In einer halben Stunde erwartet mich der gesamte Vorstand.«

»Herrlich«, meinte seine Tochter und warf ihm einen spitzbübischen Blick zu. »Dann müssen wir uns ja beeilen. Am besten, wir nehmen meinen Wagen.« Sie wusste genau, dass ihr Vater den schnellen Sportwagen und den rasanten Fahrstil seiner Tochter nicht mochte.

Heute jedoch machte er notgedrungen gute Miene zu ihrem provozierenden Spiel. Doch während der ganzen Fahrt zum ausgedehnten Gelände der »Gaden-Elektronik-AG« saß er stocksteif neben ihr im Wagen, sprach kein Wort und hielt seine Aktentasche fest an sich gepresst.

Als Louisa mit quietschenden Reifen vor dem mehrstöckigen Verwaltungsgebäude aus Glas und Beton hielt, in dem Richard Gaden über ein Heer von Mitarbeitern sein gut gehendes Unternehmen regierte, atmete er erleichtert auf und stieg aus.

»Du brauchst mich nicht abzuholen, Louisa.«

»Das dachte ich mir, Papa! Mehr als einmal pro Tag erträgst du meinen Fahrstil ja nicht. Dann mach's gut. Bis heute Abend!«

Ihr Vater nickte nur und war schon in dem modernen Verwaltungsgebäude verschwunden, als sie wieder anfuhr.

Der Gaden-Konzern lag bereits weiter hinter ihr, als endlich der See auftauchte, an dessen Ufer sich das kleine idyllische Städtchen schmiegte, das Louisas Ziel war. Sie liebte diese schattige Allee, die auf der einen Seite von waldigen Berghängen und auf der anderen Seite vom See flankiert wurde und einen wunderbaren Ausblick bot – auf die Stadt und auf Burg Lehby.

Überrascht und zugleich voller Neugier bemerkte Louisa den knallroten Sportwagen, der in Gegenrichtung am Straßenrand parkte.

Ein Traum von einem Auto, mit dem Louisa schon seit Langem liebäugelte. Sie hatte das elegante und nicht gerade billige Gefährt schon fast erreicht, als sie erschrocken auf die Bremse trat.

Ein Stück weiter lag reglos ein Mann im Gras. Der Fahrer – wie Louisa sofort vermutete. Er schien bewusstlos zu sein. Vielleicht sogar ernsthaft verletzt!

Ohne lange zu überlegen, fuhr Louisa an die Seite, hielt und lief zu der Gestalt im Gras, bei der es sich, wie sie auf den ersten Blick feststellte, um ein besonders gut aussehendes Exemplar der männlichen Gattung handelte: etwa Ende dreißig, ziemlich groß, sportlich und schlank. Er besaß ein schmales, sehr männlich und attraktiv wirkendes Gesicht und volles, dichtes Haar in der satten Farbe reifer Haselnüsse.

Aber sosehr Louisa sich sonst auch für gut aussehende Männer erwärmen konnte, verschwendete sie in diesem Augenblick keinen Gedanken an ihn als Mann. Sie sah nur den Bewusstlosen, der ihre Hilfe brauchte, kniete sich neben ihm hin und ergriff sein Handgelenk. Zu ihrer Erleichterung schlug sein Puls ruhig und kräftig, auch waren keine äußeren Wunden erkennbar. Aber vielleicht hatte er innere Verletzungen davongetragen?

Sofort begann Louisa mit einer äußerst erfolgreichen Mund-zu-Mund-Beatmung. Denn kaum berührte sie seine Lippen, da schlug der vermeintlich Hilflose seine Augen auf – sehr blaue und sehr überraschte Augen!

Dominik von Bendorf fand sich mit der Situation mühelos ab. Mehr noch, er fand die junge Dame, die ihm da selbstlos das Leben retten wollte, ungeheuer attraktiv – dieses Meer von rotblonden Locken, der Duft ihres dezenten Parfüms, die seidig schimmernde Haut ...

Er war zu sehr Mann, um nicht Gefallen an dieser ungewöhnlichen Situation zu finden. Instinktiv, fast reflexartig umschlangen seine Arme die schlanke Gestalt, und aus der Erste-Hilfe-Maßnahme wurde ein leidenschaftlicher Kuss.

Dominik spürte ihre plötzliche Überraschung, ein wenig Empörung, doch dann erwiderte sie den Kuss mit solch berauschender Hingabe, dass es wiederum Dominik in Erstaunen versetzte.

Schließlich lösten sich ihre Lippen voneinander. Jetzt blickte Dominik verblüfft in ihre mutwillig blitzenden grünen Augen und betrachtete das Lächeln ihrer hübsch geschwungenen roten Lippen, die zum Küssen geradezu geschaffen waren, wie Dominik fand.

»Sie hätten wenigstens ein Schild aufstellen können«, sagte Louisa. »Achtung! Bin nicht verletzt. Schlafe nur!«

Dominik lachte und kam endlich hoch.

»Niemals«, entgegnete er mit gespielter Entrüstung. »Was wäre uns beiden da entgangen, meine Liebe!«

»Das Argument ist bestechend«, gab sie mit leisem Lachen zu.

»Nicht wahr.« Dominik klopfte sich Grashalme von Jeans und Pullover und reichte der Unbekannten die Hand, um ihr aufzuhelfen. Wobei ihm nicht entging, dass sie nicht nur groß und schlank, sondern auch ausgesprochen gut proportioniert war. Das berauschend schöne Wesen unterzog ihn einer ebenso eingehenden Musterung und schien durchaus zufrieden zu sein.

»Küssen Sie öfter fremde Frauen, die Ihnen helfen wollen?«, wollte sie wissen.

»Lassen Sie sich immer von fremden Männern küssen?«, stellte er die Gegenfrage.

Sie lachte ein perlendes Lachen, das sein Blut rascher durch die Adern fließen ließ.

»Dreimal täglich«, bekannte sie. »Sie ahnen es vermutlich nicht, dass Sie an einen männermordenden Vamp geraten sind, wie? Aber glauben Sie mir, jede Frau, die in dieser Stadt etwas auf sich hält, sorgt dafür, dass ich ihrem Mann nicht zu nahe treten kann.«

»Tatsächlich!« Er fiel in ihr Lachen ein. »Offenbar ist heute mein Glückstag. Haben Sie nur keine Hemmungen, wenn Sie mir zu nahe treten wollen, meine Liebe!«

Ihre Blicke kreuzten sich, und Dominik las etwas in Louisas Augen, das ihm für einen Augenblick den Atem raubte. Da war der gleiche Übermut, den er empfand. Und nicht nur das. Da war eine Seelenverwandtschaft, die er nie zuvor erlebt hatte.

»Ich werde Ihr Angebot wohlwollend in Erwägung ziehen«, meinte sie und ging mit sehr anmutigen Schritten zu seinem Wagen. Die Natürlichkeit und Unbefangenheit ihrer Bewegungen, die durch ihr hautenges, kurzes Kleid noch betont wurden, verursachten bei Dominik fast einen Herzstillstand. Erstaunlich, wie diese Frau auf ihn wirkte!

Louisa klopfte gegen den Kotflügel.

»Ein Prachtstück. Fahren Sie den Wagen schon lange?«

»Ein paar Jahre«, erwiderte er und warf einen Blick auf ihr kleines spritziges Cabriolet. »Sie lieben schnelle Autos, wie?«

»Sehr. Und Ihrer hier war schon immer mein Traum. Leider ein ziemlich kostspieliger Traum.«

»Zugegeben.« Dominik schmunzelte. »Wie wäre es mit einer Probefahrt? Als Dank für Ihre selbstlose Rettung meiner Wenigkeit sozusagen.«

»Es war mir ein Vergnügen, Sie zu retten, mein Herr, aber leider muss ich Ihr verlockendes Angebot ablehnen. Ich bin mit meiner Schneiderin verabredet, und die gute Dame hasst Unpünktlichkeit.«

»Ich kann natürlich nicht verantworten, dass es zu einem Bruch zwischen Ihnen und der Dame kommt. Was wäre eine schöne Frau ohne eine gute Schneiderin«, spottete er.

»Sie sagen es. Also, mein Herr, es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.«

Dominik begleitete sie zu ihrem Wagen und öffnete ihr galant den Schlag.

»Das Vergnügen war ganz und gar auf meiner Seite«, gab er lächelnd zurück und zog ihre Hand an die Lippen.

Louisa stieg ein, gab Gas und war schon um die nächste Kurve verschwunden.

Dominik starrte ihr nach. Fasziniert und ein wenig beunruhigt. Diese Frau – großer Gott, er kannte nicht einmal ihren Namen – würde er bestimmt nicht so schnell vergessen. Er musste sie unbedingt wiedersehen. Nie zuvor in seinem Leben war ein Mensch ihm von der ersten Sekunde an derart vertraut gewesen. Und zudem war sie eine verdammt schöne Frau, deren Augenaufschlag bereits genügte, um sein Blut zum Sieden zu bringen. Auch das war ihm zum ersten Mal in seinem Leben passiert.

♥♥♥

Die Begegnung mit der unbekannten Schönen ließ Dominik nicht los. Er brachte es nicht fertig, nach diesem herrlichen Erlebnis auf direktem Weg nach Hause zu fahren zu seiner Schwester. Als er auf dem Weg zur Stadt zu der schmalen Abzweigung kam, die zum ehemaligen Sommerpalais der Bendorfs führte, überlegte er deshalb nicht lange und bog dorthin ab.

Das Palais lag an einer kleinen Bucht des Sees, mitten in einer großen, einstmals sorgsam gepflegten Parklandschaft und tauchte recht unvermittelt vor ihm auf.

Eigentlich kaum mehr als eine große Villa, wirkte es mit seinen rosafarbenen Mauern, den weißen Stuckaturen, dem geschwungenen grauen Schieferdach und den vielen ornamentreichen Reliefs an Giebeln und Fensterumrandungen eher wie das Werk eines talentierten Zuckerbäckers. Zweifellos ein altes Haus, in dem sich die verschiedensten Stilrichtungen auf das Schönste mischten.

Dominik liebte dieses kleine Palais.

Eine Liebe, die seine Familie nie richtig verstanden hatte. Besonders Viola nicht, seine nüchtern und praktisch denkende ältere Schwester, die in dem Palais nur einen störenden Kostenfaktor sah, es am liebsten verkauft hätte und deshalb keinerlei Widerstand geleistet hatte, als es nach dem Tod ihrer Eltern an ihn, Dominik, gefallen war.

Vor dem verschlossenen schmiedeeisernen Tor hielt Dominik an und ging zu Fuß weiter. Überall begegnete ihm offenkundiger Verfall. Viola hatte sich, trotz seiner eindringlichen Bitte, nicht sehr um das Anwesen gekümmert, und das ärgerte ihn.

Überall wucherte Unkraut. Efeu rankte sich an manchen Stellen die Mauern hinauf bis aufs Dach. Auf der von zwei Liebesgöttinnen flankierten Freitreppe wuchs Moos, und auf den verschlossenen, einstmals weißen Fensterläden war kaum noch Farbe vorhanden.

Mit wachsendem Zorn umrundete Dominik das Palais. Auf der Seeseite lag die große Terrasse, von der ein steinerner Bootsanleger in den See hinausragte. Ein Ruderboot dümpelte dort in den seichten Wellen.

Wie vom Donner gerührt blieb Dominik stehen, als er um die Ecke bog und die Terrasse betrat. Alles und jeden hatte er hier erwartet, aber gewiss nicht – SIE!

Sie lehnte an der steinernen Brüstung, die die Terrasse umgab. Bestürzung und zugleich Freude traten in ihre Augen, als sie ihn bemerkte.

»Was tun Sie hier?«, entfuhr es ihr überrascht.

»Überlegen, ob es sich lohnt, einen Maler kommen zu lassen«, erwiderte Dominik über alle Maßen erfreut und ging zu ihr, um die seeseitige Fassade des Palais in Augenschein zu nehmen.

»Es wird mehr als ein Maler nötig sein«, sagte seine schöne Unbekannte traurig. »Aber warum wollen Sie ...?« Zu seiner Erheiterung blitzten ihre grünen Augen plötzlich voller Zorn. Heftig stieß sie sich von der Brüstung ab.

»Nein!«, fuhr sie erregt auf. »Das kann sie nicht getan haben. Das ist nicht fair!«

»Was?«, wollte er verblüfft wissen.

»Sie kann nicht einfach an einen Fremden verkauft haben«, empörte sie sich. »Was glauben Sie, wie oft ich versucht habe, das Palais zu kaufen? Aber nein, Viola von Bendorf war stur wie ein Maulesel. Dabei waren es wirklich gute Angebote. Sie kann keinen Familienbesitz verkaufen, sagt sie – und nun ...«

Dominiks amüsiertes Lachen ließ sie abrupt verstummen.

»Das kann sie auch nicht«, hörte sie ihn lachend sagen. »Jedenfalls würde ich es ihr nicht raten.«

»Ach? Und warum nicht?«

»Weil es nicht ihr gehört. Sie besitzt nur ein gewisses Nutzungsrecht, aber keine Verfügungsgewalt«, erklärte er ihr.