Silvia-Gold 19 - Sabine Stephan - E-Book

Silvia-Gold 19 E-Book

Sabine Stephan

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Beschreibung

Schrecklich! So findet Judith Gregorius die mehr oder weniger offensichtlichen Versuche ihrer Freundinnen, sie wieder "an den Mann" zu bringen. Sie hat doch nicht mehr als zwanzig unglückliche Ehejahre abgestreift, nur um in die nächste Abhängigkeit zu stolpern.

Nein, nicht mit ihr! Es muss eine Lösung geben, um dieses Problem ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Und beschwingt von ihrer Fantasie, "erfindet" Judith einen Supermann, den es eigentlich gar nicht geben kann, so vollkommen ist er. Seltsam daran ist nur, dass er Patrick, ihrem Nachbarn, verteufelt ähnlich sieht ...

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Seitenzahl: 98

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Inhalt

Cover

Impressum

Die verschlungenen Wege des Glücks

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: iStockphoto / Sqaredpixels

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-4118-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die verschlungenen Wege des Glücks

Charmant erzählter Roman über einen mutigen Neunanfang

Von Sabine Stephan

Schrecklich! So findet Judith Gregorius die mehr oder weniger offensichtlichen Versuche ihrer Freundinnen, sie wieder »an den Mann« zu bringen. Sie hat doch nicht mehr als zwanzig unglückliche Ehejahre abgestreift, nur um in die nächste Abhängigkeit zu stolpern.

Nein, nicht mit ihr! Es muss eine Lösung geben, um dieses Problem ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Und beschwingt von ihrer Fantasie, »erfindet« Judith einen Supermann, den es eigentlich gar nicht geben kann, so vollkommen ist er. Seltsam daran ist nur, dass er Patrick, ihrem Nachbarn, verteufelt ähnlich sieht …

Das Telefon klingelte kurz vor sechs Uhr. Seufzend nahm Judith den Hörer ab. Sicher war es wieder eine ihrer Freundinnen, die ihr an diesem düsteren Regentag das Herz ausschütten wollte.

»Gregorius«, meldete sie sich.

»Ich bin’s«, sagte die immer ein wenig mürrische, gehetzt klingende Stimme ihres Mannes. »Du, ich bringe ein paar Leute zum Essen mit.«

Der Hörer wurde am anderen Ende der Leitung aufgelegt, bevor sie überhaupt Zeit fand, einmal zu atmen, erst recht, eine Frage zu formulieren.

Einen Augenblick starrte Judith das Telefon an, überlegte, ob sie zurückrufen sollte.

Also, hör mal, Bernhard, würde da wohl jede andere Frau sagen, darf ich vielleicht mal erfahren, wie viele Gäste wir haben, wann ihr kommt und ob ich auch noch einen Mitternachtsimbiss vorbereiten soll?

Ja, jede andere Frau würde das fragen – nur sie nicht.

Noch einmal seufzte Judith, nicht aus Zorn über die ständigen Erwartungen ihres Mannes – o nein. Mehr darüber, dass sie sich fügte, schweigend wie eine Hausangestellte.

Der Dielenspiegel gab ihr Bild wider, das Bild einer immer noch schlanken, wohlproportionierten Frau mit halblangen, dunkelblonden Haaren, ein wenig melancholischen blauen Augen und einem Mund, der beim Lachen tausend Grübchen hervorzauberte: auf den Wangen und sogar am Kinn.

Wann hatte sie eigentlich zuletzt gelacht?

Hör auf, dich zu bemitleiden!, verlangte die Stimme in ihr, die sie ständig zur Disziplin, oft auch zur Opferbereitschaft rief. Bernhard forderte das. Er war der geborene Pascha, und sicher bedauerte er es, nicht in einem Land zu leben, in dem sich Männer seines Einkommens einen Harem leisten durften.

Dass er seinen Erfolg ihrer Mitgift verdankte, zählte da natürlich nicht …

Ein Blick auf die Uhr. Schon nach achtzehn Uhr. Großer Gott, und nun? Was sollte sie ihren Gästen auftischen? Im Gefrierschrank gab es noch eine Minestrone, zu der sie dann nur noch die Nudeln hinzufügen brauchte. Den Salat konnte sie schnell aus dem Gemüsebeet rupfen. So weit, so gut! Und danach? Die eingefrorenen Lammkoteletts reichten nur, wenn Bernhard höchstens vier Besucher mitbrachte.

Ein kleines Teufelchen tanzte wohl in ihr, denn sie lächelte plötzlich und holte mehrere Beutel Bologneser Soße aus dem Gefrierschrank. Ja, sie würde den Tisch rustikal in rot-weiß decken, Landwein servieren und sonst nichts anderes als ihre unvergleichlichen Spaghetti. Der Ehekrach danach war also vorprogrammiert. Bernhard hasste einfache Küche, wie er es nannte.

Wieder schrillte das Telefon.

»Hallo, Mutsch!«

Die Stimme am anderen Ende sprühte vor Tatkraft und Lebendigkeit. Tanja, gerade neunzehn, ein bildschönes Mädchen mit langen, blonden Haaren, wohnte seit wenigen Wochen mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Oliver in einer winzigen Studentenbude, direkt an der Uni.

»Hallo, du Wilde!«

Zärtlichkeit durchflutete Judiths Herz. Sofort schwanden die ein wenig bitteren Gedanken.

»Wir wollten mal schnell vorbeischauen, okay? Er ist doch wohl nicht da?«

Er – auf diese Bezeichnung hatten sie sich stillschweigend für Bernhard geeinigt. Ob es viele Kinder gab, die ihren Vater derart distanziert betrachteten? Judith wusste es nicht.

»Wir haben Gäste, leider«, gab sie zurück.

»Ojemine!« Tanja machte sofort einen Rückzieher. »Und nun darfst du wieder mal für zehn Leute à la Witzigmann kochen? Du Ärmste! Also, dann ein andermal.«

Judith deckte den Tisch im Esszimmer und wählte als Hintergrundmusik italienische Balladen. Das würde Bernhards Zorn besänftigen. Er hatte es gern, wenn Speisen und Hintergrundmusik eine Einheit bildeten.

Speisen? Jetzt schmunzelte sie schon wieder, wählte im Handumdrehen ein Kleid aus, das wunderbar zur Tischdekoration passte. Naturweißes Kaschmir, schmal und schlicht, dazu das Collier ihrer Urgroßmutter: drei Reihen bildschöner Türkise, in Gold gefasst.

Der Bauernsalat war fertig, die Flaschen entkorkt. Sprudelnd kochte das Wasser für die Spaghetti. Ja, sie konnten kommen.

Als es viermal kurz und heftig klingelte, öffnete sie lächelnd die Tür.

»Liebste!«

Bernhard, gerade ein Meter siebzig und an die hundert Kilo schwer, stürmte herein, gab ihr einen zärtlichen Kuss … und hinter ihm kamen die Gäste zögernd näher. Japaner waren es diesmal. Sie verneigten sich ehrerbietig vor der Hausherrin und kamen herein.

Judith erwiderte den Kuss ihres Mannes. Sie musste es, weil ja Zeugen da waren. Bernhard spielte allen eine glückliche Ehe vor …

Namen wurden ausgetauscht, die unteren Räume des Hauses besichtigt. Millionäre waren die Geschäftsleute aus dem Land Nippons wohl, doch ihre Augen glitzerten anerkennend. Diese Villa im Grünen mit dem riesigen, prachtvollen Garten, den Fitnessräumen im Souterrain war ein Stück Kultur des Westens. Kein Wunder, Bernhards Architekturbüro lief fantastisch.

»Was gibt’s?«, knurrte er, als seine Gäste noch die hochmoderne Multimedia-Anlage bewunderten, des Gastgebers liebstes Vorzeigestück.

»Spaghetti und Salat«, antwortete Judith.

»Wie bitte? Ich habe wohl nicht richtig gehört?« Wenn er wütend war, lief sein Gesicht rot an. Jetzt lief es rot an. »Bist du wahnsinnig? Das essen Japaner nie!«

Judith lächelte unschuldig.

***

Gegen elf verabschiedeten sich die Söhne Nippons. Der Spaghettivorrat war aufgebraucht, das stattliche Repertoire an italienischen Balladen auch.

Nicht mehr ganz nüchtern, aber umso mehr entzückt von der fremden Kultur hatten die Männer aus dem Land der aufgehenden Sonne Verträge unterzeichnet, die Bernhard noch reicher machen würden.

»Leben Sie wohl!«, rief er ihnen nach, als die Taxis längst vorgefahren waren … und drehte sich dann ohne die Spur eines Lächelns zu seiner Frau um.

»Mach mir einen Espresso«, knurrte er.

Er ließ sich in einen breiten Ledersessel fallen und sah mit gerunzelter Stirn zu, wie Judith den Tisch abräumte.

»Dein Glück, dass sie italienische Kost mochten«, sagte er. »Sonst …«

Sonst – was?, fragte sie sich. »Dein Kaffee, bitte sehr!«

Kein Dankeschön, natürlich nicht. Vielleicht hätte Bernhard es auch gern gesehen, wenn sie ein gestärktes, weißes Häubchen trug und sich vor dem Servieren verneigte …

»Liebst du mich eigentlich?«, fragte sie unvermittelt.

Er sah von seinem Börsenblatt hoch.

»Wie bitte? Was soll die dämliche Frage?«

Er gähnte, ließ die brennende Zigarre im Aschenbecher weiterglimmen, stand auf und ging schlafen. Kein »Gute Nacht«, nicht einmal die Frage »Kommst du auch gleich?«

Judith spülte das Geschirr vor, stellte es in die Maschine, deckte schon den Frühstückstisch und fegte den Küchenboden. Sie tat es mechanisch, ohne Freude, aber auch ohne Grollen.

Der Espresso hatte sie wieder munter gemacht, und der Gedanke, jetzt zu ihrem Mann zu gehen, auf Zehenspitzen natürlich, damit der Herr des Hauses nicht erwachte, behagte ihr gar nicht. Eigentlich seltsam, dass Bernhard auf einem gemeinsamen Schlafzimmer bestand, obwohl er doch kaum mit ihr schlief.

Er liebt mich nicht, dachte sie, und die Erkenntnis, die ihr trotz unzähliger Beweise erst jetzt, erst nach einundzwanzig Ehejahren, kam, tat ihr fast nicht weh. Vielleicht hat er mich nie geliebt.

Ja, damals, als sie sich kennenlernten, da schien es so. Doch der junge Mann aus kleinem Haus war wohl nur geblendet von der Bildung, dem Wohlstand ihres Elternhauses, vielleicht auch von Judiths Fähigkeiten, ihrem Charme, ihrer Fröhlichkeit. Sie eignete sich halt gut als … Repräsentationsobjekt für einen mittellosen Architekten, der nach ganz oben wollte.

Ich bin für ihn nur eine gut funktionierende Maschine, überlegte sie halblaut, immer einsatzbereit für überraschende Gäste, zur Mithilfe im Büro.

Hatte er jemals gefragt, wie sie es in den ersten Jahren seines Aufstiegs schaffte, Job und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen? Nein, nie! Olivers Wiege, später sein Laufgitter, der Babyhopser hatten im Hinterzimmer des Büros gestanden, in Reichweite ihres Schreibtisches. Und als dann Tanja geboren worden war, hatte sie oft Mühe gehabt, zwischen Plüschtieren und Bauklötzen die Ablage zu machen und sogar zu stillen.

Ja, es waren harte Jahre gewesen, obwohl ihr Vater oft genug Geld zuschusterte, damit die junge Familie die Durststrecke zwischen zwei Aufträgen überstand. Er hatte es für Judith und seine heiß geliebten Enkelkinder getan, keineswegs für Bernhard. Ihre Eltern hatten ihn nicht gemocht.

Aber dann waren sie kurz nacheinander gestorben. Judith erbte ein Vermögen oder vielmehr, sie hätte es geerbt.

»Wie bitte?« Ihr Mann war damals blass vor Erregung geworden. »Du hast … was vor?«

»Vater hat in den letzten Monaten oft davon gesprochen, dass er die Firma seinen Angestellten und Arbeitern übergeben möchte«, hatte sie gesagt. »Sein plötzlicher Tod hat diesen Plan vereitelt. Als seine Tochter muss ich doch seinen Letzten Willen erfüllen.«

Sie tat es wirklich, behielt nach der Beerdigung ihrer Mutter nur das Haus. Nur? Die alte Villa mitten in der Stadt war wertvoll, das Mobiliar auch.

»Verkauf den Plunder!«, hatte Bernhard verlangt. »Wir können eine Finanzspritze gebrauchen.«

Vom Plunder behielt sie nur Erinnerungsstücke an ihre Kindheit – schönes, altes Geschirr, Gläser, die schon seit fast zwei Jahrhunderten im Familienbesitz waren und ein paar Aktien, die sie in einen Banksafe legte und fast vergaß. Alles andere schluckte Bernhards Firma, und bei einer Scheidung wäre es wohl schwierig, zu beweisen, dass auch Judith ihren Beitrag am geschäftlichen Erfolg ihres Mannes hatte.

Bei einer Scheidung?

Sie erschrak so heftig, dass ihre Hände zu zittern begannen. Wie kam sie nur auf … Scheidung?

»Weil er dich nicht liebt«, begann die Stimme in ihr von Neuem. »Weil du für ihn, wenn es hochkommt, allenfalls ein noch immer akzeptiertes Statussymbol bist. Weil er überhaupt keines Gefühls fähig ist, und weil du genau das nicht erträgst …«

Aber hatte sie nicht einst gelobt: … in guten, wie in bösen Tagen …? Hieß das nicht, sie musste aushalten?

»Glaubst du, du kannst Gott etwas vormachen?«, fuhr die Stimme weiter fort. »Deine Ehe ist allenfalls ein … Arrangement zweier Erwachsener, kein von Liebe geprägtes Bündnis.«

Ein Uhr. Draußen nieselte es. Weit öffnete Judith die Terrassentüren und schaltete die Gartenbeleuchtung ein. Wie schön es hier war, wie friedlich und still …!

»Friedlich?«, legte die Stimme in ihr plötzlich los. »Da täuschst du dich. Und wie lange willst du so weitermachen, dich selbst belügen? Deine Kinder sind doch auch aus diesem Haus geflohen, weil sie es leid waren, von ihrem Vater missachtet und nur auf wichtigen Partys mit stolzgeschwellter Brust vorgeführt zu werden.«

Zwei Uhr. Der Wind fuhr durch die zartgrünen Äste der Trauerweide am Teich. Frühlingserwachen lag in der Luft. Die Krokusse blühten längst. Nicht mehr lange, und der Wilde Wein rund um den Wintergarten würde sprießen und den Glasanbau in eine lauschige Laube verwandeln.

Frühlingserwachen? Judith wurde plötzlich bang zumute, wie immer, wenn die Erde aufbrach und sich ein neues, zartgrünes Kleid zulegte. Alles änderte sich in der Natur … und nichts bei ihr.

Drei Uhr. Hellwach lag Judith neben ihrem schnarchenden Mann. Er murmelte etwas im Schlaf. Es klang wie Monika. Ja, er betrog sie wohl. Vielleicht hatte er all die Jahre wechselnde Geliebte gehabt. Sicher glaubte er, dass ihm das zustand.

»Ich werde mit meinen Freundinnen darüber sprechen«, nahm sie sich vor.

Am nächsten Morgen um sechs walkte Judith den Teig für Croissants auf, presste Orangen, schnitt Früchte in mundgerechte Stücke und servierte alles ihrem Mann, mit der Morgenzeitung natürlich.

»Hm«, knurrte er, was wohl danke bedeuten sollte. Und: »Es wird heute spät.«

Wie spät, würde er nie andeuten, auch nicht, ob er ein Abendessen wünschte, ob sie seine Tennistasche packen oder gegen Mitternacht seinen Sportsfreunden eine köstliche Suppe servieren dürfte. Bernhard erwartete, dass sie seine Gedanken lesen konnte, allerdings nicht alle, wohlgemerkt …