Solar - Ian McEwan - E-Book + Hörbuch

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Ian McEwan

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Beschreibung

Michael Beard ist Physiker und Frauenheld. Er hat den Nobelpreis erhalten, doch ist er alles andere als nobel: Im Beruf ruht er sich auf seinen Lorbeeren aus, privat hält es ihn auf Dauer bei keiner Frau. Bis die geniale Idee eines Rivalen für Zündstoff in seinem Leben sorgt. In Solar geht es nicht nur um Sonnen-, sondern auch um kriminelle Energie.

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Seitenzahl: 437

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Ian McEwan

Solar

Roman Aus dem Englischen von

Titel der 2010 bei Jonathan Cape,

London, erschienenen Originalausgabe:

›Solar‹

Copyright © Ian McEwan 2010

Das Motto aus: John Updike, Bessere Verhältnisse,

deutsch von Barbara Henninges, Rowohlt Verlag,

Reinbek bei Hamburg 1983

Das Zitat von John Milton aus Das verlorene Paradies,

deutsch von Adolf Böttger, Philipp Reclam jun., Leipzig 1921

Das Zitat von John Tyndall aus Die Wärme betrachtet als eine Art

der Bewegung, hg. von H. Helmholtz und G. Wiedemann,

Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1867

Umschlagfoto: Copyright © Jochen Tack/

Alamy (Ausschnitt)

Für Polly Bide(1949–2003)

Alle deutschen Rechte vorbehalten

Copyright © 2011

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 06765 1 (2. Auflage)

ISBN E-Book 978 3 257 60029 2

Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.

[5] Es tut ihm gut, gibt ihm das Gefühl, reich zu sein, so über die Schwindsucht der Welt zu sinnieren, zu wissen, dass auch die Erde sterblich ist.

John Updike, Bessere Verhältnisse

[7] Teil eins 2000

[9] Er gehörte zu jener Sorte Mann – nicht wirklich attraktiv, meist kahl, klein, dick und klug –, die auf gewisse schöne Frauen erstaunlich anziehend wirkt. Jedenfalls wiegte er sich in dem Glauben, und der war bisher nicht erschüttert worden. Zugute kam ihm dabei, dass manche Frauen ihn für ein Genie hielten, das man retten musste. Im Moment allerdings war Michael Beard nicht in bester Verfassung, lustlos, verzweifelt, nur auf eins fixiert, denn gerade ging seine fünfte Ehe in die Brüche. Eigentlich hätte er wissen müssen, wie er sich zu verhalten hatte: langfristig denken und die Schuld auf sich nehmen. Waren Ehen, seine Ehen, nicht den Gezeiten ähnlich? Während die eine verebbte, rollte schon die nächste heran? Mit dieser war es irgendwie anders. Diesmal war er ratlos, wie er sich verhalten sollte, langfristiges Denken war ihm eine Qual, und weit und breit sah er keine Schuld, die er auf sich nehmen konnte. Diesmal war es seine Frau, die eine Affäre hatte, und zwar alles andere als heimlich, sie tat es aus Rache und ganz sicher ohne Gewissensbisse. Seine Gefühle waren ein einziges Chaos, doch immer wieder wurde er von Scham und Verlangen überwältigt. Patrice trieb es mit einem Bauhandwerker, dem Mann, der ihnen kürzlich die Mauern ausgebessert, die Küche eingebaut und ihr Bad neu gefliest hatte, demselben stämmigen Kerl, der Michael einmal [10] während einer Teepause ein Foto seines Hauses gezeigt hatte, von ihm selbst eigenhändig renoviert und auf Tudor getrimmt, dazu eine alte viktorianische Straßenlaterne an der betonierten Zufahrt – ja selbst für ein abgedecktes Boot auf einem Anhänger und eine ausrangierte rote Telefonzelle war noch Platz. Beard stellte verwundert fest, wie kompliziert es war, der Betrogene zu sein. Unglück war nichts Einfaches. Da sollte noch einer sagen, so spät im Leben sei man gegen neue Erfahrungen gefeit.

Es geschah ihm recht. Seine vier früheren Frauen, Maisie, Ruth, Eleanor, Karen, die alle noch von fern Anteil an seinem Leben nahmen, hätten frohlockt, und er konnte nur hoffen, dass niemand ihnen davon erzählte. Keine seiner Ehen hatte länger als sechs Jahre gehalten, aber wenigstens hatte er es geschafft, kinderlos zu bleiben. Seine Frauen kamen immer schnell dahinter, dass er nicht zum Vater taugte, und trafen entsprechende Vorkehrungen. Falls sie seinetwegen unglücklich gewesen waren, dann jedenfalls nie sehr lange, dachte er zufrieden, und es wollte doch auch etwas heißen, dass er mit allen seinen Exfrauen noch reden konnte.

Nur nicht mit seiner jetzigen Frau. In besseren Zeiten wäre er wie ein richtiger Mann zweigleisig gefahren, hätte sie wütend angeschnauzt oder nachts betrunken im Garten randaliert, vielleicht hätte er auch ihr Auto zu Schrott gefahren und gleichzeitig zielstrebig einer anderen, jüngeren Frau den Hof gemacht, um seine Ehe zum Einsturz zu bringen wie Samson den Tempel. Stattdessen lähmte ihn Scham, er fühlte sich unendlich gedemütigt. Schlimmer noch, zu seiner Verblüffung empfand er gerade jetzt eine [11] vollkommen unpassende Sehnsucht nach Patrice. Immer wieder übermannte ihn das Verlangen nach ihr wie ein Magenkrampf. Dann musste er sich irgendwohin zurückziehen und warten, bis es vorüber war. Immerhin gab es Ehemänner, die es erregend fanden, sich ihre Frau in den Armen eines anderen vorzustellen. Die sich gefesselt und geknebelt im Schlafzimmerschrank einsperren ließen, während ihre bessere Hälfte es drei Meter von ihnen entfernt mit einem anderen Mann trieb. War Beard womöglich zum Masochisten geworden? Noch nie hatte er seine Frau so begehrt wie jetzt, wo er sie nicht mehr haben konnte. Demonstrativ besuchte er eine alte Freundin in Lissabon – und kam nach drei freudlosen Nächten zurück. Er wollte seine Frau unbedingt wiederhaben und wagte es nicht, sie durch Gebrüll, Drohungen oder sonstige Ausfälle endgültig zu vertreiben. Zu betteln brachte er allerdings auch nicht über sich. Er war wie gelähmt, fühlte sich erbärmlich, er konnte an nichts anderes denken. War er etwa, als sie ihm das erste Mal einen Zettel hingelegt hatte – Übernachte bei R. Küsschen P. –, zu der tudorisierten, ehemals gemeindeeigenen Doppelhaushälfte, dem Rennboot mit dem Plastiküberzieher und dem Whirlpool im winzigen Garten gefahren, um dem Mann mit dessen Schraubenschlüssel eigenhändig den Schädel einzuschlagen? Nein, er hatte fünf Stunden lang im Mantel vor dem Fernseher gesessen, zwei Flaschen Wein getrunken und versucht, seine Gedanken abzuschalten. Vergeblich.

Die Gedanken waren alles, was ihm blieb. Seine anderen Frauen hatten auf seine Affären mit Wut reagiert, frostig oder tränenreich, und ihn zu nächtelangen Gesprächen [12] gezwungen, in denen sie ihm ihren Standpunkt zum Thema Vertrauensbruch und schließlich ihren Wunsch nach sofortiger Trennung darlegten. Als Patrice hingegen die E-Mails von Suzanne Reuben entdeckte, einer Mathematikerin an der Berliner Humboldt-Universität, war sie geradezu in Hochstimmung geraten. Noch am selben Nachmittag hatte sie ihre Kleider ins Gästezimmer geräumt. Als er den Schlafzimmerschrank aufmachte, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, traf es ihn wie ein Schock. Die Reihen von Seiden- und Baumwollkleidern, erkannte er jetzt, waren ebenso beruhigend wie abwechslungsreich gewesen – Patrice in den verschiedensten Erscheinungsformen, ein Aufgebot, allein um ihm zu gefallen. Damit war jetzt Schluss. Sogar die Bügel waren weg. Beim Abendessen erklärte sie ihm lächelnd, auch sie beabsichtige, »frei« zu sein, und binnen einer Woche hatte sie eine Affäre. Was sollte ein Mann da tun? Einmal bat er sie beim Frühstück um Vergebung, beteuerte, sein Fehltritt habe nichts zu bedeuten, versprach ihr hoch und heilig alles Mögliche und glaubte aufrichtig daran, es halten zu können. Es war das Äußerste, was er an Bitten zu leisten imstande war. Sie sagte, es sei ihr egal, was er mache. Nun sei sie an der Reihe– und dann verriet sie ihm, wer ihr Liebhaber war: der Bauhandwerker mit dem eigentümlichen Namen Rodney Tarpin, fast zwanzig Zentimeter größer und zwanzig Jahre jünger als der Betrogene, ein Mann, der einmal, als er für die Beards noch Fugen verspachtelte und Fliesen schnitt, damit geprahlt hatte, seine einzige Lektüre sei der Sportteil einer Boulevardzeitung.

Anfangs glaubte Beard, sein Leid habe ihn entstellt; aber [13] vielleicht war es auch umgekehrt, und es verstellte ihm nicht mehr den Blick. Endlich sah er sich selbst ins Gesicht. Er trat aus der Dusche, erblickte in dem beschlagenen großen Spiegel eine unförmige rosa Masse, wischte übers Glas und starrte sich an, fassungslos. Wie hatte er sich nur all die Jahre einbilden können, ein solcher Anblick sei verführerisch? Dieser alberne Haarkranz, der seinen kahlen Schädel umfing, die schlaffen Fettlappen an seinen Achselhöhlen, die jämmerlichen Wülste an Bauch und Rücken. Früher hatte er sein Aussehen im Spiegel verbessern können, indem er die Schultern straffte, sich aufrichtete und die Bauchmuskeln anspannte. Jetzt kam er damit nicht mehr gegen den Wabbelspeck an. Ausgeschlossen, dass er eine so schöne junge Frau wie sie für immer an sich binden konnte. Hatte er wirklich geglaubt, Status sei alles, sein Nobelpreis werde sie an sein Bett fesseln? Nackt war er eine Schande, ein Idiot, ein Schwächling. Er schaffte nicht mal acht Liegestütze. Tarpin dagegen sprang die Treppe zum Schlafzimmer der Beards mit einem 50-Kilo-Sack Zement unterm Arm hinauf. Fünfzig Kilo? Patrice wog auch nicht viel mehr.

Sie hielt ihn mit tödlicher Heiterkeit auf Abstand. Auch das kränkte ihn: ihr munteres Hallo, die Haushaltsfragen und der Bescheid, wo sie den Abend verbringen würde; aber das alles wäre bedeutungslos gewesen, wenn er es fertiggebracht hätte, sie wenigstens ein bisschen zu verachten und Pläne zu schmieden, wie er sie endgültig loswerden könnte. Dann hätten sie sich daranmachen können, ihre fünfjährige kinderlose Ehe kurz und schmerzlos zu beenden. Natürlich bestrafte sie ihn, doch als er das einmal [14] andeutete, bemerkte sie achselzuckend, ihr sei es mit ihm auch nicht viel besser ergangen. Sie habe nur auf diese Gelegenheit gewartet, sagte er, worauf sie lachend antwortete, dann müsse sie ihm wohl auch noch dankbar sein.

In seinem Wahn glaubte er die perfekte Frau genau in dem Moment gefunden zu haben, da er sie zu verlieren drohte. Es war der Sommer 2000, und sie trug einen neuen Look, lief in engen verwaschenen Jeans im Haus herum, in Flipflops, T-Shirt und einer abgetragenen rosa Strickjacke, die das blasse Blau ihrer jetzt leuchtenden Augen noch unterstrich, die blonden Haare kurz geschnitten. Sie war nicht groß, und in diesem Aufzug sah sie aus wie ein Teenager. Dem Seidenpapier und den leeren Hochglanztüten mit Kordelgriff nach, die sie auf dem Küchentisch herumliegen ließ, kaufte sie auch neue Unterwäsche, die Tarpin ihr ausziehen durfte. Sie war vierunddreißig und sah immer noch so frisch aus wie Erdbeeren mit Schlagsahne. Nicht dass sie ihn hänselte oder verspottete oder sonst auf irgendeine Weise reizte – das wäre ja immerhin eine Art von Kommunikation gewesen –, nein, sie ignorierte ihn mit ihrer munteren Gleichgültigkeit, als wäre er Luft.

Er musste aufhören, sie zu begehren, aber so lief das mit dem Begehren nicht. Er wollte sie. Als er sich an einem schwülen Abend nackt auf dem Bett in die Freiheit zu masturbieren versuchte, stellte er beunruhigt fest, dass er seine Genitalien nur sehen konnte, wenn er sich zwei Kissen unter den Kopf schob, und ständig funkte ihm Tarpin in seine Phantasien und trampelte wie ein trottliger Bühnenarbeiter mit Leiter und Eimer in den Kulissen herum. Ob irgendwo auf der Welt noch andere Männer gerade [15] versuchten, sich beim Gedanken an die eigene Frau, die keine zehn Meter entfernt im Nebenzimmer schlief, selbst zu befriedigen? Die Frage vertrieb alle Lust. Außerdem war es sowieso zu heiß.

Von Freunden bekam er oft zu hören, Patrice erinnere sie an Marilyn Monroe, zumindest aus bestimmten Blickwinkeln und unter bestimmten Lichtverhältnissen. Er hatte sich immer über diesen schmeichelhaften Vergleich gefreut, ihn aber nie nachvollziehen können. Jetzt schon. Sie hatte sich verändert. Ihre Unterlippe war voller, sie konnte gefährlich den Blick senken, und ihr kurzes Haar rollte sich reizend altmodisch in ihrem Nacken ein. Zweifellos war sie sogar noch schöner als die Monroe, wenn sie an den Wochenenden blond, rosa und hellblau durch Haus und Garten schwebte. Diese teeniehafte Farbkombination machte ihn einfach schwach, und das in seinem Alter!

Im Juli wurde er dreiundfünfzig, und natürlich »vergaß« sie seinen Geburtstag, nur um drei Tage später auf ihre muntere neue Art so zu tun, als sei er ihr nun doch noch eingefallen. Sie schenkte ihm einen grotesk breiten Schlips in Neongrün und bemerkte dazu, das komme jetzt wieder in Mode. Die Wochenenden aber waren das Schlimmste. Manchmal kam sie zu ihm ins Zimmer, wollte aber nicht reden, vielleicht nur gesehen werden, schaute sich wie verwundert um und verschwand wieder. Sie sah alles mit anderen Augen, nicht nur ihn. Manchmal beobachtete er sie, wie sie unter der Rosskastanie im Garten mit den Zeitungen im Gras lag und auf die Abenddämmerung wartete. Dann ging sie ins Gästezimmer, duschte, zog sich an, schminkte und parfümierte sich. Als könne sie seine Gedanken lesen, trug [16] sie knallroten Lippenstift. Vielleicht ermutigte Rodney Tarpin sie zu diesem Monroe-Look – den Beard sich jetzt auch mit ansehen musste.

Falls er noch da war, wenn sie ging (sooft er konnte, war er abends unterwegs), trieb seine quälende Sehnsucht ihn an eines der oberen Fenster; von dort beobachtete er, wie sie in die laue Luft von Belsize Park hinaustrat, den Gartenweg hinunterging – wie treulos von dem ungeölten Gartentor, immer noch zu quietschen wie in alten Zeiten – und am Bordstein in ihren schwarzen Peugeot stieg, einen kleinen Flitzer, der rasant beschleunigen konnte. Sie brauste so lustvoll los, dass sein Schmerz sich verdoppelte, weil er wusste, sie wusste, dass er sie beobachtete. Lange noch wirkte ihre Abwesenheit in der Sommerdämmerung nach, hing über ihm wie der Rauch eines Herbstfeuers, eine erotische Ladung unsichtbarer Partikel, die ihn wie benommen an Ort und Stelle verharren ließ. Wirklich wütend war er nicht, redete er sich ein, aber bitter war es schon.

Er staunte selbst, dass er an nichts anderes denken konnte. Wenn er ein Buch las oder einen Vortrag hielt, dachte er nur an sie, oder an sie und Tarpin. Es war nicht gut, zu Hause zu sein, während sie bei diesem Mann war, aber seit Lissabon hatte er keine Lust mehr auf Treffen mit alten Freundinnen. Also übernahm er eine abendliche Vortragsreihe über Quantenfeldtheorie in der Royal Geographical Society, beteiligte sich an Radio- und Fernsehdiskussionen und sprang gelegentlich für erkrankte Kollegen ein. Von ihm aus konnte die Wissenschaftsphilosophie sich weiter selbst betrügen und das Gegenteil behaupten, aber für ihn war die Physik frei von menschlichem Makel und [17] beschrieb eine Welt, die noch existieren würde, wenn Männer und Frauen und alle ihre Sorgen längst verschwunden wären. Darin war er sich mit Albert Einstein einig.

Aber auch wenn er abends lange mit Freunden ausging, war er gewöhnlich vor ihr zurück und musste, ob er wollte oder nicht, warten, bis sie nach Hause kam, nur dass dann auch nichts geschah. Sie ging direkt in ihr Zimmer, und er blieb in seinem, weil er ihr nicht in ihrer postkoitalen Verträumtheit auf der Treppe begegnen wollte. Da war es fast schon besser, wenn sie bei Tarpin übernachtete. Fast, von der schlaflosen Nacht einmal abgesehen.

Eines Nachts Ende Juli lag er im Morgenmantel auf seinem Bett und hörte Radio, und als sie gegen zwei nach Hause kam, hatte er plötzlich eine Idee, wie er sie verunsichern und eifersüchtig machen und dazu bringen konnte, zu ihm zurückzukehren. Im BBC World Service sprach eine Frau über Familienfehden auf dem Land unter türkischen Kurden, ein einlullender Singsang voller Grausamkeit, Ungerechtigkeit und Absurdität. Beard stellte den Ton leise und deklamierte, ohne den Regler loszulassen, eine Strophe aus einem Kinderreim. Er nahm an, dass sie in ihrem Zimmer zwar seine Stimme, aber nicht seine Worte hören konnte. Dann drehte er die Lautstärke wieder hoch und ließ kurz die Frau zu Wort kommen, unterbrach sie nach ein paar Sekunden mit einem Satz aus dem Vortrag, den er am Abend gehalten hatte, und ließ sie ausführlich darauf antworten. Fünf Minuten lang trieb er das so: seine Stimme, die Frauenstimme, mit gelegentlichen kunstvollen Überschneidungen. Das Haus war still, lauschte. Er ging ins Bad, ließ Wasser laufen, drückte die Spülung und lachte laut auf. [18] Patrice sollte wissen, dass seine Geliebte Witz und Verstand hatte. Dann stieß er einen gedämpften Juchzer aus. Patrice sollte wissen, dass er sich amüsierte.

In dieser Nacht schlief er nicht viel. Um vier, nach ausgedehntem Schweigen, das auf friedliche Intimität schließen lassen sollte, klinkte er nachdrücklich murmelnd die Tür seines Schlafzimmers auf und ging rückwärts die Treppe hinunter, wobei er sich vorbeugte und mit den Handflächen auf die Stufen tappte, um zusätzlich zu seinen eigenen Schritten die seiner Gefährtin erklingen zu lassen. Die Logik dieser Aktion entsprang dem Hirn eines Irren. Nachdem er seine Geliebte zur Haustür gebracht und sich mit lautlosen Küssen von ihr verabschiedet hatte, ließ er die Tür entschieden ins Schloss fallen. Er legte sich wieder hin und dämmerte nach sechs endlich ein, während er sich immer wieder vorsagte: »Der Zweck heiligt die Mittel.« Schon eine Stunde später war er wieder auf den Beinen, um Patrice noch über den Weg zu laufen, bevor sie zur Arbeit fuhr, und ihr vorzuführen, wie gut es ihm auf einmal ging.

Sie stand an der Haustür, die Autoschlüssel in der Hand; der Gurt ihrer mit Büchern vollgestopften Umhängetasche schnitt ihr durch die geblümte Bluse in die Schulter ein. Kein Zweifel, sie sah mitgenommen aus, erschöpft, auch wenn ihre Stimme so munter wie immer klang, als sie ihm erklärte, Rodney komme heute zum Abendessen, wahrscheinlich bleibe er über Nacht, und es wäre ihr lieb, wenn er, Michael, sich von der Küche fernhalten würde.

An diesem Tag musste er ins Institut nach Reading fahren. Völlig übermüdet setzte er sich in den Zug, und während in dem verschmierten Fenster die wunderliche [19] Kombination aus Chaos und Ödnis der Londoner Vorstädte an ihm vorüberzog, verfluchte er sich für seine verrückte Idee. War jetzt er an der Reihe, Stimmen hinter der Wand zu hören? Nichts da, er würde irgendwo auswärts schlafen. Aus seinem eigenen Haus vom Liebhaber der eigenen Frau vertrieben? Nichts da, er würde die Stellung halten und den Kerl zur Rede stellen. Eine Schlägerei mit Tarpin? Ausgeschlossen, der würde ihn ungespitzt ins Parkett rammen. Nein, er war einfach nicht in der Verfassung, Entscheidungen zu treffen oder vernünftige Pläne zu machen; er musste seine labile psychische Verfassung berücksichtigen und sich zurückhalten, fügsam und fair bleiben, er musste seine Grenzen respektieren, durfte nichts Unüberlegtes tun.

Monate später sollte er diesen Vorsätzen gründlich zuwiderhandeln; am Ende dieses Tages erübrigten sie sich, denn Patrice hatte nichts zum Essen mitgebracht (der Kühlschrank war leer), und Tarpin ließ sich nicht blicken. Beard sah sie an dem Abend nur einmal, auf dem Flur, mit einem Becher Tee in der Hand: Sie sah eingefallen und grau aus, kaum wie ein Filmstar, eher wie eine überarbeitete Grundschullehrerin, in deren Privatleben alles schiefging. Waren seine Selbstvorwürfe im Zug umsonst gewesen, hatte sein Trick tatsächlich funktioniert, und sie hatte die Verabredung gramgebeugt abgesagt?

Beim Nachdenken über die vergangene Nacht kam er zu der verblüffenden Erkenntnis, dass nach Jahrzehnten handfester außerehelicher Affären auch eine Nacht mit einer imaginären Freundin recht aufregend sein konnte. Zum ersten Mal seit Wochen war er fast heiter gestimmt, und so pfiff er eine Musicalmelodie vor sich hin, während er sein [20] Abendessen in die Mikrowelle schob; dann trat er vor den vergoldeten Louis-Quatorze-Spiegel unten in der Garderobe und betrachtete sein Gesicht: Er fand, es sei schmaler geworden, ein Anflug von Wangenknochen war sichtbar, er wirkte entschlossen, geradezu edel im Licht der 30-Watt-Birne, vielleicht half der süßliche, cholesterinsenkende Joghurtdrink ja doch etwas, den er sich jeden Morgen zu trinken zwang. Schließlich ging er zu Bett und wartete bei ausgeschaltetem Radio und gedimmtem Licht auf das reumütige leise Klopfen ihrer Fingernägel an seiner Tür.

Nichts rührte sich, aber das beunruhigte ihn nicht. Von ihm aus konnte sie eine schlaflose Nacht verbringen und über ihr Leben nachdenken, vielleicht kam sie so dahinter, was wirklich wichtig war: dieser Tarpin mit seinen schwieligen Griffeln und dem Boot mit Gummischutz – oder ein Mann von Geist, der weltberühmte Beard. Die folgenden fünf Nächte blieb sie zu Hause, soweit er das beurteilen konnte; wenn er – meist nach Mitternacht – von seinen abendlichen Vorträgen oder Versammlungen oder Geschäftsessen zurückkehrte, stapfte er selbstbewusst die Treppe hinauf und hoffte auf das dunkle Haus den Eindruck eines Mannes zu machen, der ein schönes Rendezvous gehabt hatte.

Am sechsten Abend hatte er keine Termine und blieb daheim, dafür verließ dann sie das Haus, nachdem sie mehr Zeit als gewöhnlich mit Duschen und Fönen verbracht hatte. Er stand in der kleinen Fensternische auf dem ersten Treppenabsatz und beobachtete, wie sie den Gartenweg entlangging und an den meterhohen zinnoberroten Stockrosen stehen blieb, zögernd, als wolle sie eigentlich gar [21] nicht gehen. Sie streckte eine Hand nach einer Blüte aus, pflückte sie, zerdrückte sie zwischen frischlackiertem Daumen und Zeigefinger, betrachtete sie kurz und ließ sie schließlich fallen. Das Sommerkleid, beige Seide, ärmellos, eine Kellerfalte am Rücken, war neu. Wie sollte er das nun wieder deuten? Sie ging weiter zum Gartentor, mit schleppenden Schritten, wie ihm schien, oder zumindest weniger dynamisch als sonst, stieg in den Peugeot und fuhr mit fast normaler Beschleunigung davon.

Während er in der Nacht auf sie wartete, war er schon nicht mehr so glücklich, zweifelte an seinem Urteil und fragte sich, ob die Idee mit dem Radio nicht doch alles ruiniert hatte. Um besser denken zu können, schenkte er sich einen Whisky ein und sah Fußball. Statt eines richtigen Abendessens vertilgte er einen Literbecher Erdbeereis und knackte ein Pfund Pistazien. Unruhig, umgetrieben von ziellosem Verlangen, kam er zu dem Schluss, dass er ebenso gut eine echte Affäre anfangen oder wiederaufnehmen könnte. Er blätterte in seinem Adressbuch herum, starrte lange das Telefon an, unternahm dann aber nichts.

Als die Flasche halb ausgetrunken war, schlief er bei Licht und in voller Montur noch vor elf auf dem Bett ein, und als ihn ein paar Stunden später eine Stimme von unten weckte, wusste er zunächst nicht, wo er war. Der Wecker zeigte halb drei. Es war Patrice, sie sprach mit Tarpin, und Beard, vom Whisky noch innerlich gestärkt, war in der Stimmung, ein Wörtchen mitzureden. Groggy stieg er vom Bett und stopfte sich leicht schwankend das Hemd in die Hose. Leise öffnete er die Tür. Im Haus waren alle Lampen an, und das war gut so; schon stieg er ohne Gedanken an [22] mögliche Folgen die Treppe hinunter. Patrice redete immer noch, ja während er durch den Flur auf die offene Wohnzimmertür zuging, glaubte er sie lachen oder singen zu hören und freute sich schon darauf, die kleine Feier zu sprengen.

Stattdessen saß sie zusammengekrümmt auf dem Sofa, allein, ihre Schuhe lagen auf dem langen gläsernen Couchtisch, und sie weinte. Dieses erstickte, lebhafte Schluchzen war ihm neu. Falls sie jemals so um ihn geweint haben sollte, dann nicht in seiner Gegenwart. Er blieb in der Tür stehen, ohne dass sie ihn bemerkte. Sie bot einen traurigen Anblick. In einer Hand hielt sie ein zerknülltes Taschentuch, ihre zierlichen Schultern bebten, und Beard empfand nichts als Mitleid. Er hatte das Gefühl, jetzt sei eine Aussöhnung möglich, es brauche nur eine zärtliche Berührung, freundliche Worte, keine Fragen, und schon werde sie sich an ihn schmiegen, und dann würde er sie nach oben bringen, auch wenn ihm selbst in seiner leidenschaftlichen Aufwallung bewusst war, dass er sie nicht würde tragen können, nicht einmal auf beiden Armen.

Als er das Zimmer betrat, knarrte eine Diele. Sie sah auf. Ihre Blicke trafen sich, aber nur kurz, denn sie schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich ab. Er sagte ihren Namen, sie schüttelte den Kopf. Mit dem Rücken zu ihm stand sie unbeholfen vom Sofa auf, trat beiseite und stolperte über das Eisbärenfell, das auf dem polierten Holzboden allzu leicht ins Rutschen geriet. Er selbst hatte sich einmal beinahe den Knöchel gebrochen und konnte den Läufer seitdem nicht ausstehen. Ja er hasste dieses weit aufgerissene Maul, diese hämisch gebleckten, gelb verfärbten [23] Zähne. Sie hatten nie etwas unternommen, das Ding irgendwie am Boden zu befestigen, und es einfach wegzuschmeißen kam nicht in Frage, weil es ein Hochzeitsgeschenk ihres Vaters gewesen war. Patrice fing sich gerade noch, griff nach ihren Schuhen, wobei sie mit der freien Hand ihre Augen bedeckte, hastete an ihm vorbei, doch als er die Hand ausstreckte, um ihren Arm zu berühren, wich sie zurück, brach wieder und noch heftiger in Tränen aus und stürmte die Treppe hinauf.

Er machte das Licht aus und legte sich aufs Sofa. Sinnlos, ihr nachzulaufen, wenn sie seine Nähe nicht wollte, es war auch gar nicht mehr nötig, er hatte es gesehen: Zu spät hatte sie mit der Hand den riesigen Bluterguss unter ihrem rechten Auge bedeckt, schwarz und an den Rändern flammend rot, von dem das Auge zugeschwollen war. Er stöhnte resigniert. Es ließ sich nicht vermeiden, es war seine Pflicht, er musste sich ins Auto setzen, jetzt, und nach Cricklewood fahren, Tarpin aus dem Bett klingeln, im Schein seiner Laterne über den verhassten Rivalen herfallen und diesem Kerl eine gründliche Lektion erteilen. Während ihm langsam die Augen zufielen, dachte er das Ganze noch einmal durch, zertrümmerte im Geiste genüsslich Tarpins Nasenbein, korrigierte die Szene noch ein wenig bei geschlossenen Augen und rührte sich erst wieder am nächsten Morgen, als Patrice zur Arbeit ging und die ins Schloss fallende Tür ihn weckte.

Er hatte eine Ehrenprofessur an der Universität Genf inne, lehrte dort aber nicht; er gab seinen Namen, seinen Titel – Professor Beard, Nobelpreisträger – für Briefköpfe und [24] Institute her, unterzeichnete internationale »Initiativen«, saß in einer Königlichen Kommission für Forschungsförderung, hielt populärwissenschaftliche Radiovorträge über Einstein, Photonen und Quantenmechanik, unterstützte Stipendienanträge, war Fachberater bei drei wissenschaftlichen Zeitschriften, schrieb Fachgutachten und Empfehlungen, interessierte sich für Klatsch und Tratsch, Wissenschaftspolitik, Stellenbesetzungen, Lobbyarbeit, den erschreckenden Nationalismus, half mit, bei ahnungslosen Ministern und Bürokraten unglaubliche Summen für einen weiteren Teilchenbeschleuniger oder für Messplätze auf neuen Satelliten lockerzumachen, trat vor gigantischen Versammlungen in den USA auf – elftausend Physiker auf einem Fleck! –, hörte sich an, was promovierte Nachwuchswissenschaftler über ihre Forschungen zu berichten hatten, hielt mit minimalen Variationen immer wieder dieselbe Vortragsreihe über die Beweisführung für das Beard-Einstein-Theorem, das ihm den Nobelpreis eingebracht hatte, verlieh selbst Preise und Auszeichnungen, nahm Ehrendoktortitel entgegen und hielt Tischreden und die eine oder andere Lobrede auf Kollegen, die in Pension gingen oder zur Einäscherung anstanden. Dank Stockholm war er in dieser spezialisierten Binnenwelt eine Berühmtheit und konnte sich, seiner selbst leicht überdrüssig und mangels anderer Alternativen, von Jahr zu Jahr treiben lassen. Alles Aufregende und Unvorhersehbare spielte sich in seinem Privatleben ab. Vielleicht war das ja auch genug, vielleicht hatte er in jenem einen genialen Sommer seiner Jugend schon alles erreicht, was er erreichen konnte. Eins stand jedenfalls fest: Es war zwei Jahrzehnte her, seit er das letzte [25] Mal stundenlang ungestört mit Block und Bleistift in der Hand dagesessen und nachgedacht hatte, um eine neue Hypothese bis zu Ende durchzuspielen und zum Leben zu erwecken. Es ergab sich einfach nicht mehr – nein, das war eine schwache Ausrede. Es fehlte ihm an Willenskraft, an Material, an der zündenden Idee. Ihm fiel nichts mehr ein.

Am Stadtrand von Reading, dicht am Getöse der nach London führenden Autobahn und im Schatten einer Bierbrauerei, gab es ein neues staatliches Forschungsinstitut. Es war dem National Renewable Energy Laboratory in Golden, Colorado, unweit von Denver, nachempfunden, verfolgte die gleichen Ziele, war aber kleiner und finanziell nicht so üppig ausgestattet. Michael Beard war der Direktor des neuen Instituts, die Knochenarbeit wurde von einem älteren Beamten namens Jock Braby verrichtet. Der Verwaltungstrakt, dessen Zwischenwände teilweise asbestbelastet waren, war ebenso wenig neu wie die Laborgebäude, in denen man ursprünglich Baumaterial auf schädliche Inhaltsstoffe getestet hatte. Neu war lediglich ein drei Meter hoher Stacheldrahtzaun, zwischen dessen Betonpfosten in regelmäßigen Abständen Warnschilder hingen. Der Zaun war ohne Beards oder Brabys Zustimmung um das Nationale Institut für Erneuerbare Energien errichtet worden und hatte, wie sie bald herausfanden, siebzehn Prozent des ersten Jahresetats verschlungen. Von einem Bauern aus der Gegend hatte man ein fünf Hektar großes Sumpfgelände hinzugekauft; erste Arbeiten für die Trockenlegung waren in der Planungsphase.

Beard persönlich trieb der Klimawandel gar nicht so sehr um. Für ihn war das Thema eines unter vielen auf einer [26] langen Liste von bedrohlichen Entwicklungen, die den Basso continuo der Nachrichten bildeten; er las darüber, fand es irgendwie beklagenswert und ging davon aus, dass die Regierungen sich schon darum kümmern würden. Natürlich wusste er, dass Kohlenwasserstoffmoleküle Energie im Infrarotspektrum absorbierten und dass die Menschheit beträchtliche Mengen dieser Moleküle in die Atmosphäre pustete. Aber er selbst hatte andere Sorgen. Was gingen ihn die wüsten Kommentare an, wonach die Welt in »Gefahr« sei und die Menschheit auf eine Katastrophe zutreibe: Küstenstädte, die von den Fluten verschlungen würden, Missernten, Hunderte Millionen Flüchtlinge, die von einem Land, von einem Kontinent zum anderen zogen, getrieben von Dürre, Überschwemmungen, Hungersnot, Unwettern und endlosen Kriegen um schwindende Rohstoffe. Die Warnungen hatten etwas Alttestamentarisches, etwas von Beulenpest und Froschregen; in seinen Augen deutete das nur darauf hin, dass der Mensch über die Jahrhunderte hinweg immer wieder zu dem Glauben neigte, er selbst lebe in einer Endzeit, wodurch der eigene Tod mit dem Ende der Welt zusammenfiel, was ihm einen höheren Sinn verlieh oder ihn zumindest etwas weniger unbedeutend erscheinen ließ. Das Ende der Welt wurde nie in die Gegenwart gelegt, wo es sich umgehend als Hirngespinst entlarven würde, sondern stets in die nahe Zukunft, und wenn es dann nicht eintrat, kam bald ein neues Szenario, ein neues Datum auf. Die alte Welt, geläutert in einer Feuersbrunst, reingewaschen durch das Blut der Unerlösten: So hatten es die christlichen Millenniumssekten gesehen – Tod den Ungläubigen! Und die Sowjetkommunisten – Tod den Kulaken! [27] Und die Nazis mit ihrem Wahn vom Tausendjährigen Reich – Tod den Juden! Schließlich das wahrhaft demokratische zeitgenössische Gegenstück, der totale Atomkrieg – Tod der ganzen Welt! Als dieser ausblieb, das sowjetische Imperium an seinen inneren Widersprüchen zugrunde ging und es außer der unspektakulären, unausrottbaren globalen Armut keine wirklich überwältigenden Nöte mehr gab, da hatte das Endzeitdenken die nächste biblische Plage aus dem Hut gezaubert.

Beard war immer auf der Suche nach gutbezahlten Ämtern und Pfründen. Ein paar waren vor kurzem weggefallen, und das Professorengehalt samt Honoraren für Vorträge und Medienauftritte reichte hinten und vorne nicht. Zum Glück wollte die Blair-Regierung am Ende des Jahrhunderts sich nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten im Kampf gegen den Klimawandel engagieren, oder wenigstens so tun als ob. Sie kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, für eine davon stand ihr Institut, an dem Grundlagenforschung betrieben werden sollte; fehlte nur noch ein Sterblicher an der Spitze, der ihm etwas Stockholmer Glanz verlieh. Auf politischer Ebene wurde ein neuer Minister ernannt, ein ehrgeiziger Populist aus Manchester, der stolz auf die industrielle Vergangenheit seiner Stadt war und auf einer Pressekonferenz erklärte, er wolle »den Erfindergeist« der Briten »anzapfen« und fordere sie daher auf, ihre Ideen und Konstruktionszeichnungen zur Gewinnung sauberer Energie einzureichen. Vor laufenden Kameras versprach er, man werde jede einzelne Zuschrift beantworten. Innerhalb von sechs Wochen erhielt Brabys Team – ein halbes Dutzend schlechtbezahlte promovierte [28] wissenschaftliche Mitarbeiter, die in vier Wohncontainern auf dem sumpfigen Acker untergebracht waren – Hunderte von Vorschlägen. Die meisten stammten von Eigenbrötlern, die in dunklen Schuppen arbeiteten, andere von Start-up-Firmen mit schmissigen Logos und angemeldeten Patenten.

Im Winter 1999 hatte Beard bei seinen wöchentlichen Besuchen auf der Baustelle gelegentlich einen Blick in die auf einem behelfsmäßigen Tisch vorsortierten Stapel geworfen. Aus dieser Lawine von Träumen kristallisierten sich einige Ideen heraus. Da gab es zum Beispiel die Vorschläge, die Wasser als Treibstoff für Autos benutzten und die Emissionen – den austretenden Wasserdampf – in den Motor zurückleiteten; ferner Varianten von Elektromotoren oder Generatoren, die mehr Energie erzeugten, als sie verbrauchten, und offenbar mit Vakuumenergie arbeiteten – einer Energieform, die vermeintlich im leeren Raum existierte –, und schließlich solche, die nach Beards Überzeugung gegen das Lenzsche Gesetz verstießen. Es handelte sich durchweg um Spielarten des Perpetuum mobile. Alle diese Freizeiterfinder schienen nichts von der langen Vorgeschichte ihrer Kreationen zu wissen oder davon, dass sie, wenn sie wirklich funktionierten, damit sämtliche Grundlagen der modernen Physik über den Haufen werfen würden. Die Erfinder der Nation rannten gegen den ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik an, als seien sie keine Wand aus Blei. Einer der Nachwuchswissenschaftler schlug vor, die Ideen nach den Hauptsätzen zu sortieren, gegen die sie verstießen, den ersten, den zweiten – oder alle beide.

Die Einsendungen hatten noch etwas anderes gemeinsam: Sie enthielten keine Zeichnungen, nur einen Brief, [29] manchmal eine halbe Seite lang, manchmal zehn. Darin erklärte der Verfasser, zu seinem Bedauern könne er – es war immer ein Er – keine detaillierten Pläne beifügen, denn die kostenlose Energie, die seine Maschine liefere, würde eine wichtige Steuereinnahmequelle zum Versiegen bringen und stelle insofern eine Bedrohung für die Regierung dar. Oder aber die Armee werde sich der Idee bemächtigen, sie für streng geheim erklären und dann für den eigenen Gebrauch weiterentwickeln. Oder die Produzenten konventioneller Energie würden ihm, dem Erfinder, einen Schlägertrupp auf den Hals hetzen, um sich ihre marktbeherrschende Stellung zu sichern. Oder jemand werde die Idee stehlen und damit ein Vermögen machen. So etwas sei bekanntlich alles schon vorgekommen, fügten manche Briefschreiber hinzu. Die Zeichnungen würden daher nur an einem noch zu bestimmenden Ort einem Vertreter des Instituts und nur unter Einschaltung von Mittelsmännern ausgehändigt.

Der Tisch in Container Nummer zwei, fünf Bauplanken auf zwei Böcken, bog sich unter sechzehnhundert Briefen und ausgedruckten E-Mails, nach Eingangsdatum sortiert. Alle mussten beantwortet werden, damit der Minister mit seinen Beziehungen zur Downing Street Nr. 10 nicht sein Gesicht verlor. Braby, ein gebeugter Mann mit breitem Kinn, war wütend über die Zeitverschwendung. Wütend, aber willfährig. Beard war dafür, den ganzen Berg zusammen mit einigen Musterantworten an das Ministerium in London weiterzuleiten. Aber Braby witterte eine Chance auf seine Erhebung in den Ritterstand, Mrs Braby konnte es schon gar nicht mehr erwarten, und wenn er den Minister jetzt verärgerte, platzte die Sache womöglich. Also wurden [30] die Nachwuchswissenschaftler eingespannt, und das erste Projekt des Instituts – ein Windgenerator für Stadtdächer – musste um Monate verschoben werden.

Umso ausführlicher konnte sich Beard, dem kläglichen Endspiel seiner fünften Ehe noch nicht ganz entronnen, den von den wissenschaftlichen Mitarbeitern so getauften »Genies« widmen. Ihn faszinierte die Besessenheit, die Paranoia, die Rastlosigkeit und vor allem das Pathos, das diese Zuschriften verströmten. Steckte in manchen dieser Briefe, so fragte er sich, nicht eine Variante seiner selbst, ein Parallel-Beard, dem Alkohol, Sex, Drogen oder bloßes Pech eine akademische Ausbildung in Physik und Mathematik verhagelt hatten? Und der dennoch unbedingt mitdenken, mitbasteln und einen Beitrag leisten wollte? Einige dieser Männer waren wirklich klug, und nur ihr überspannter Ehrgeiz war schuld daran, dass sie das Rad neu erfinden wollten oder hundertzwanzig Jahre nach Nikola Tesla den Induktionsmotor, oder dass sie sich laienhaft und allzu hoffnungsvoll in die Quantenfeldtheorie stürzten und ihren esoterischen Treibstoff plötzlich vor sich sahen, in den Lücken des freien Raums ihrer dunklen Schuppen oder stillen Kämmerlein – Nullpunktenergie.

Quantenmechanik. Fundgrube und Müllhalde des menschlichen Strebens, ein Grenzgebiet, wo mathematische Exaktheit über den gesunden Menschenverstand siegte und Vernunft und Phantasie sich irrational vermengten. Hier konnten mystisch Veranlagte alles finden, was sie brauchten, und sich doch stets auf die Wissenschaft berufen. Es mochte diesen Freizeitgenies geisterhaft und verlockend genug in den Ohren klingen – spektrale Asymmetrie, [31] Resonanzen, Quantenverschränkung, harmonischer Oszillator –, wie betörende alte Weisen und Sphärenharmonie, die Verwandlung von Blei in Gold, die Konstruktion einer Maschine, die praktisch mit nichts angetrieben wurde, mit virtuellen Partikeln, die keine Schadstoffe emittierte und die Idee des menschlichen Fortschritts beflügeln und bewahren würde. Die Sehnsucht dieser einsamen Männer rührte Beard. Aber wie kam er überhaupt darauf, dass sie einsam waren? Nicht Arroganz, jedenfalls nicht nur, brachte ihn auf diesen Gedanken. Sie wussten zwar nicht genug, aber sie wussten zu viel, als dass sie noch mit irgendjemandem darüber reden konnten. Kein Kumpel im Pub oder beim Veteranenverein, keine von Job, Kindern und Hausarbeit gestresste Ehefrau – niemand vermochte ihnen in die Wurmlöcher des Raum-Zeit-Kontinuums zu folgen, die den kürzesten Weg zur endgültigen Antwort auf das globale Energieproblem wiesen.

Beard formulierte eine vom US-Patentamt inspirierte Direktive, worin die Genies aufgefordert wurden, ihren Plänen für Perpetuum mobiles und Maschinen mit einem Wirkungsgrad von über 100 Prozent ein funktionierendes Modell beizufügen. Es kam allerdings kein einziges. Braby, der sein Ziel nicht aus den Augen ließ, sah den Nachwuchswissenschaftlern bei ihrer Arbeit genau auf die Finger. Jede Einsendung war individuell, ernsthaft und höflich zu beantworten. Doch auf dem Brettertisch fand sich nichts Neues, jedenfalls nichts Neues, das man brauchen konnte. Der epochemachende einsame Erfinder war ein Phantom der Popkultur – und des Ministers.

Lähmend schwerfällig nahm das Institut Gestalt an. [32] Laufplanken wurden über den Matsch gelegt – ein gewaltiger Fortschritt –, dann wurde der Matsch geglättet und Rasen eingesät, im Sommer schließlich waren Wiesen und Wege fertig, und das Ganze sah aus wie jedes andere langweilige Institut auf der Welt. Die Labore wurden neu eingerichtet, und endlich wurden auch die Wohncontainer abtransportiert. Der angrenzende Acker wurde entwässert, Fundamente wurden ausgehoben und ein Gebäude hochgezogen. Weitere Mitarbeiter wurden eingestellt – Pförtner, Büroreinigungskräfte, Verwaltungspersonal, Hausmeister, sogar Wissenschaftler und nicht zuletzt ein Team, das solche Leute anwerben sollte. Nach Erreichen der kritischen Masse wurde eine Kantine in Betrieb genommen. Ein schickes Backsteingebäude neben dem rotweiß gestreiften Schlagbaum beherbergte ein Dutzend Sicherheitsleute, die sich in ihren dunkelblauen Uniformen untereinander recht munter und fast allen anderen gegenüber recht finster verhielten und sich einzubilden schienen, der Laden gehöre im Grunde ihnen und die anderen seien bloß Eindringlinge.

Während dieser ganzen Zeit wechselte kein einziger der sechs Nachwuchswissenschaftler auf einen besser bezahlten Posten am Caltech oder MIT. Auf einem Gebiet, wo es vor Wunderkindern nur so wimmelte, hatten sie atemberaubende Lebensläufe vorzuweisen. Beard, der immer Mühe hatte, sich Gesichter zu merken, besonders die von Männern, konnte oder wollte sie lange Zeit nicht auseinanderhalten. Sie waren zwischen sechsundzwanzig und achtundzwanzig Jahre alt und alle über eins achtzig groß. Zwei trugen einen Pferdeschwanz, vier haargenau die gleichen randlosen Brillen, zwei hießen Mike, zwei sprachen mit [33] schottischem Akzent, drei hatten bunte Schnüre um die Handgelenke, alle trugen verblichene Jeans und Turnschuhe und Trainingsjacken. Am besten, man behandelte sie alle gleich, ein wenig distanziert, als wären sie ein und dieselbe Person. Am besten beleidigte man nicht den einen Mike, indem man ein Gespräch mit ihm fortsetzte, das man mit dem anderen angefangen hatte, und man ging am besten nicht davon aus, dass der Bursche mit Pferdeschwanz, Brille und schottischem Akzent, aber ohne bunte Schnur ums Handgelenk einzigartig war oder nicht Mike hieß. Selbst Jock Braby nannte alle sechs nur »die Pferdeschwänze«.

Keiner dieser jungen Männer trat dem Nobelpreisträger Michael Beard mit der Ehrfurcht entgegen, die er von ihnen hätte erwarten dürfen. Natürlich kannten sie seine Arbeit, bezogen sich auf Sitzungen aber nur beiläufig darauf, in geringschätzigem Tonfall, als sei sie längst überholt, dabei war das Beard-Einstein-Theorem ganz im Gegenteil in zahlreichen Experimenten bestätigt worden und nicht mehr aus den Lehrbüchern wegzudenken. Im Studium hatten die Pferdeschwänze mit Sicherheit eine Vorführung des »Feynman-Knotens« zur Erläuterung des topographischen Kerns von Beards Arbeit erlebt. Aber bei zwanglosen Treffen in der Kantine wurden diese Riesenbabys zu Frontkämpfern der theoretischen Physik und drucksten um das Theorem herum, diese geniale Verschmelzung von Beard und Einstein, als ginge es um die verstaubten Thesen Sir Humphrey Davys, sie machten rätselhafte Anspielungen auf BLG oder irgendwelche ausgereizten Fragen der M-Theorie oder Nambu-Lie 3-Algebra, als ob das eine irgendetwas mit dem [34] anderen zu tun hätte. Und das war das Problem. Er kam da kaum noch mit. Die Pferdeschwänze sprachen rasend schnell und schienen hinter jede ihrer Aussagen ein Fragezeichen zu setzen. Beard schnürte es die Kehle zu, wenn er das hörte. Sie drückten sich unklar aus, verfolgten keinen Gedanken zu Ende, zwischendurch brummte jemand Zustimmung, und schon sprangen sie zur nächsten Sprecheinheit – von Sätzen konnte keine Rede sein.

Ja das war noch nicht alles. Sie warfen mit physikalischen Theorien um sich, die er kaum dem Namen nach kannte. Und wenn er sie zu Hause nachschlug, geriet er über die Komplexität der Rechenmodelle in Rage. Er hielt sich für einen alten Hasen, dem die String-Theorie und ihre wichtigeren Varianten geläufig waren. Doch heutzutage gab es einfach zu viele Erweiterungen und Modifikationen. Als Beard zwölf war, hatte der Mathelehrer ihnen im Unterricht erklärt, wenn sie bei einer Prüfungsaufgabe elf Neunzehntel oder dreizehn Siebenundzwanzigstel herausbekämen, könnten sie davon ausgehen, dass sie sich verrechnet hätten. So krumme Zahlen könnten nicht stimmen. Stundenlang beschäftigte sich Beard, die Stirn so heftig in Falten gelegt, dass die rosa Linien noch am nächsten Morgen zu sehen waren, mit den neuesten Forschungsergebnissen zu Bagger, Lambert und Gustavsson – BLG! Das war es also – und ihrer Lagrangeschen Beschreibung von M2-Branes. Gott mochte würfeln oder nicht würfeln, aber ein solcher Klugscheißer oder Angeber war er garantiert nicht. So kompliziert konnte die erfahrbare Welt einfach nicht sein.

[35] Wohl aber die häusliche Welt. In Beards Katalog gescheiterter Ehen hatte sich keine – durch sein eigenes Zutun – so blödsinnig lange hingezogen, keine hatte ihn so geschwächt und derart lächerliche Tagträume und verstiegene Verrücktheiten und eine solche Gewichtszunahme mit sich gebracht wie diese seine fünfte und letzte. Nie war er in diesen endlosen Monaten ganz er selbst, ja bald verlor er sich vollkommen und verharrte in einer milden Psychose. Er hörte Stimmen, er sah plötzlich Dinge – ihre funkelnde Schönheit zum Beispiel –, die er später als inexistent abtat. Die körperlichen Auswirkungen waren wie aus dem Lehrbuch. Etliche kleinere Beschwerden überlisteten das Immunsystem, das ihn eigentlich schützen sollte. Krankheitserreger schwammen durch die Gräben seiner Verteidigungsanlagen und erklommen die Festungsmauern, bewaffnet mit Fieberbläschen, Mundschleimhautgeschwüren, Erschöpfungszuständen, Gelenkschmerzen, wässrigen Durchfällen, Nasenpickeln, Blepharitis – Letzteres war etwas Neues, eine unschöne Entzündung der Augenlider, auf die ganze Fudschijamas von Gerstenkörnern folgten, deren schneebedeckte Gipfel auf die Augäpfel drückten, so dass er nur noch verschwommen sah. Schlaflosigkeit und Zwangsvorstellungen verzerrten ebenfalls seine Sicht, und wenn er dann doch endlich einschlief, gemahnte ihn eine Stimme wie die eines Nachrichtensprechers an seinen erbärmlichen Zustand, wenn auch nicht in Worten, die er verstehen konnte. Darüber hinaus litt er unter der berechtigten Verzweiflung eines Betrogenen, dessen Frau sich trotz ihres inzwischen verblassenden Veilchens weiterhin mit triumphierender Miene und aufgesetzter Munterkeit durchs [36] Haus bewegte und sich jedes Mal entzog, wenn er ein ernsthaftes Gespräch anfangen wollte. Der Mund ist im Gehirn bekanntermaßen überrepräsentiert: Ein winziger Riss in der aufgesprungenen Unterlippe kam ihm vor wie eine grässliche Narbe, ein Brandmal. Wie konnte sie ihn jemals wieder küssen? Nie mehr würde sie sich ihm annähern, nie mehr sich von ihm herausfordern oder anklagen, nie mehr sich von ihm lieben lassen.

Ja, ja, er war ein verlogener Schürzenjäger, es geschah ihm recht – aber was sollte er sonst noch tun, außer seine Strafe hinnehmen? Welchen Gott sollte er denn um Vergebung bitten? Es stand ihm bis obenhin. Er hatte sich lange genug an schwachsinnige Hoffnungen geklammert, jetzt wollte er sich auf seine Briefe und E-Mails konzentrieren, vielleicht war doch einmal eine akzeptable Einladung dabei, die ihn aus Belsize Park herausholen und seinem kläglichen Dasein wieder etwas Selbständigkeit einhauchen würde. Jahrein, jahraus bekam er wöchentlich ungefähr ein halbes Dutzend, doch bis jetzt hatten ihn alle diese Verlockungen kaltgelassen, Vorträge an den noblen Gestaden norditalienischer Seen oder in wenig aufregenden deutschen Schlössern zu halten, Einladungen, das Theorem zum zigsten Mal in Sälen voller Kollegen in Neu-Delhi oder Los Angeles zu erörtern – er fühlte sich einfach zu schwach, zu angreifbar. Was genau er wollte, wusste er selber nicht, vertraute aber darauf, dass er schon zuschlagen würde, wenn sich die Gelegenheit bot.

Bis auf weiteres aber empfand er es – in der Regel – als Wohltat, einmal die Woche mit dem schmuddeligen Zug von Paddington nach Reading zu fahren, wo er am [37] zwischen Hochhäusern eingepferchten viktorianischen Bahnhof von einem der Pferdeschwänze mit dem institutseigenen Prius abgeholt und die letzten paar Meilen chauffiert wurde. Sein Haus verließ Beard wie eine straff gespannte Saite, deren monotone Schwingungen immer geringer wurden, je mehr Belsize Park in die Ferne rückte und der kostspielige Stacheldrahtzaun näher kam. Ganz endete das Vibrieren erst, wenn er mit lässig erhobenem Zeigefinger den freundlichen Gruß der Wachleute erwiderte – wie sie den Boss liebten! – und unter dem emporschwebenden rotweißen Schlagbaum hindurchbrauste. Meist kam Braby ihm entgegen und öffnete ihm mit einer Andeutung von Ironie diensteifrig den Wagenschlag, denn hier traf kein Betrogener ein, sondern ein erlauchter Gast, der Chef persönlich, auf den man angewiesen war, der sich in den Medien für das Institut einsetzte, bei den Energiekonzernen um Gelder warb und dem großmäuligen Minister die nächste Viertelmillion herausleierte.

Die beiden Männer begannen den Tag mit einem Kaffee. Man sprach über Fortschritte und Verzögerungen, Beard notierte sich, was von ihm erwartet wurde, und machte dann einen Rundgang. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hatte er einmal beiläufig bemerkt, zusätzliche Mittel wären leichter zu beschaffen, wenn das Institut sich auf ein einziges spektakuläres Projekt konzentrieren würde, mit dem Steuerzahler und Medien etwas anfangen könnten. Und so hatte man WUDU lanciert, eine Windturbine für Stadtdächer, ein Spielzeug, mit dem jeder Hausbesitzer seine eigene Energie erzeugen und damit die Stromrechnung beträchtlich senken konnte. Da der Wind in der Stadt nicht so [38] gleichmäßig aus einer Richtung wehte wie auf dem offenen Land, erhielten die Physiker und Ingenieure den Auftrag, eine für Windturbinenschaufeln unter turbulenten Bedingungen optimale Form zu entwickeln. Beard hatte einen alten Freund bei der Royal Aircraft in Farnborough aufgetrieben, der ihm Zugang zu einem Windkanal verschaffen konnte; zunächst aber waren einige verzwickte mathematische und aerodynamische Fragen zu lösen, wobei es um Teilgebiete der Chaostheorie ging, für die er selbst nur wenig Geduld aufbrachte. An Technik hatte er noch weniger Interesse als an Klimawissenschaft. Er hatte gedacht, der Entwurf erfordere lediglich ein paar Berechnungen; dann würden drei oder vier Prototypen gebaut und im Windkanal getestet. Aber es mussten weitere Spezialisten hinzugezogen werden, da sich ständig neue Probleme ergaben: Vibration, Lärm, Kosten, Höhe, Scherwinde, gyroskopische Präzession, Schwingbeanspruchung, Dachbelastbarkeit, Werkstoffe, Transmission, Wirkungsgrad, Phasenangleichung mit dem Versorgungsnetz, Zulassungsverfahren. Was wie eine Flause begonnen hatte, entwickelte sich zu einem Monster, das sämtliche Ressourcen des erst halbfertigen Instituts verschlang. Doch jetzt war es zu spät, einen anderen Weg einzuschlagen.

Die Rundgänge, auf denen er schuldbewusst die Folgen seines unbedachten Vorschlags inspizierte, machte Beard am liebsten allein. Seit dem Frühsommer 2000 hatten die Nachwuchswissenschaftler jeder ein eigenes kleines Zellenbüro. Die Aufspaltung der Gruppe hatte geholfen, ebenso die Namensschilder an den Türen, doch Beard schrieb es vor allem dem eigenen Genie zu, dass er die jungen Männer [39] nach sieben, acht Monaten auseinanderhalten konnte. Nach kaum einem halben Dutzend Fahrten vom Bahnhof Reading erkannte er – als er vom Manuskript für einen Vortrag aufblickte, den er am Abend in Oxford halten sollte –, dass es immer derselbe junge Mann war, der ihn abholte. Es war einer der beiden, die tatsächlich einen Pferdeschwanz trugen, ein langer Bursche mit schmalem Gesicht und einem Dauergrinsen, das seine dichtgedrängten, viel zu großen Zähne entblößte. Er kam aus der Gegend von Swaffham in Norfolk, wie Beard jetzt bei seinem ersten ernsthaften Gespräch mit ihm erfuhr, und hatte in London am Imperial College, dann in Cambridge und schließlich zwei Jahre am Caltech in Pasadena studiert, doch keiner dieser legendären Orte hatte es geschafft, seinen dialektalen Einschlag im Geringsten zu verwässern, den ländlichen Tonfall, die einfältigen Schlenker der ständig ansteigenden Satzmelodie, bei denen Beard immer an Hecken und Heuhaufen denken musste. Sein Name war Tom Aldous. Bei dieser ersten Unterhaltung erzählte er seinem Chef, er habe sich für den Posten am Institut beworben, weil er glaube, dass der Planet in Gefahr sei und dass er als Teilchenphysiker sich vielleicht nützlich machen könnte; als er gesehen habe, dass Beard, der Beard des Beard-Einstein-Theorems, an der Spitze des Teams stehen werde, sei er, Tom Aldous, begeistert davon ausgegangen, Forschungsschwerpunkt des Instituts werde Sonnenenergie sein, insbesondere künstliche Photosynthese und etwas, das er Nanosolartechnik nannte, ein Gebiet, das seiner Meinung nach…

»Sonnenenergie?«, unterbrach ihn Beard sachte. Er wusste ganz genau, was das bedeutete, aber für ihn hatte der [40] Ausdruck etwas Dubioses, etwas von New-Age-Druiden in langen Gewändern, die in der Mittsommerdämmerung um Stonehenge herumtanzten. Außerdem traute er keinem, der gewohnheitsmäßig den »Planeten« im Munde führte, um sein großformatiges Denken unter Beweis zu stellen.

»Ja!«, lächelte Aldous mit seinen vielen Zähnen in den Rückspiegel. Dass der Chef kein Experte auf diesem Gebiet sein könnte, kam ihm nicht in den Sinn. »Davon gibt es jede Menge, wir müssen sie uns nur zunutze machen, und wenn wir das erst einmal hinkriegen, werden wir selbst nicht mehr verstehen, warum wir jemals Kohle, Öl und derlei verbrannt haben.«

Beard war fasziniert von Aldous’ dialektgefärbter Aussprache. Für ihn nahm es dem, was der Mann sagte, jede Ernsthaftigkeit. Sie fuhren auf einer vierspurigen Umgehungsstraße, blühender Weißdorn auf dem Mittelstreifen verschwendete seinen Duft an die vorbeifahrenden Autos. Die Nacht zuvor hatte er, während Patrice mal wieder aushäusig war, schlaflos im Morgenmantel auf seinem Bett gelegen und bislang noch unveröffentlichte Briefe von Paul Dirac an verschiedene Kollegen gelesen. Dirac kannte nichts als seine Wissenschaft; Smalltalk und solches Zwischenmenschliches waren ihm fremd. Um Viertel vor sieben hatte Beard das Typoskript beiseitegelegt und sich im Badezimmer rasiert. Das Sonnenlicht drang bereits durch die Birke im Vorgarten und zeichnete ein Muster auf den Marmorboden unter seinen Füßen. Was für eine Vergeudung, was für eine Ressourcenverschwendung, die Sonne so früh am Tag so hoch stehen zu lassen. Während er mit dem Rasierer die neugesprossenen Haare zwischen seinen Augenbrauen [41] entfernte, um sich ein jüngeres Aussehen zu verleihen, dachte er mit Wehmut an die unzähligen taghellen Stunden, die er Jahr für Jahr jeden Sommer versäumt hatte. Aber was hätte er tun sollen, was gab es für einen jungen Mann, egal zu welcher Jahreszeit, um sieben Uhr morgens Besseres zu tun als schlafen oder zur Arbeit gehen? Jetzt litt er schon seit Wochen unter Schlaflosigkeit.

»Meinen Sie, wir werden«, fragte Beard und unterdrückte ein Gähnen, »jemals ohne Kohle, Öl und Gas auskommen?«

Aldous steuerte sie zügig durch einen riesigen Verkehrskreisel, auf dem es zuging wie auf einer Rennbahn, bog unter Ausnutzung der Zentrifugalkraft in einen abschüssigen Zubringer ein und gelangte auf die Autobahn, mitten hinein in den doppelt so großen Lärm voranpreschender Fahrzeuge, dazwischen Kolonnen von Lastwagen von der Größe fünf ausgewachsener Reihenhäuser, die jaulend nach Bristol rasten und natürlich von allen anderen überholt werden mussten. Wie lange konnte das noch so weitergehen? Beard, schwach und zermürbt vom Schlafmangel, kam sich vor wie ein Zwerg. Die M4 offenbarte einen Lebenshunger, bei dem er nicht mehr mitkam. Für ihn taugten nur noch Nebenstrecken, Feld- und Fußwege. Während er in seiner Harris-Tweed-Jacke immer mehr zusammenschrumpfte, hörte er Tom Aldous mit dem forschen Selbstbewusstsein eines Musterschülers reden, der genau zu wissen glaubt, was sein Lehrer hören will.

»Die Verbrennung von Kohle und später Öl hat uns zu dem gemacht, was wir sind, aber heute wissen wir, dass wir damit unsere Lebensgrundlage zerstören. Wir brauchen [42] einen anderen Brennstoff, sonst ist es aus mit uns. Wir brauchen eine neue industrielle Revolution. Da führt kein Weg dran vorbei, die Zukunft gehört der Elektrizität und dem Wasserstoff; andere Energieträger, die saubere Endenergie liefern, kennen wir nicht.«

»Also mehr Kernenergie.«

Der Junge wandte den Blick von der Straße und starrte Beard im Rückspiegel an – viel zu lange für den Älteren, der sich auf dem Rücksitz versteifte und woandershin sah, um die Aufmerksamkeit des Fahrers wieder auf die chaotischen Straßenverhältnisse zu lenken.

»Schmutzig, gefährlich und teuer. Bedenken Sie doch: Wir haben bereits ein extrem zuverlässiges Kraftwerk, das saubere Energie aus der Umwandlung von Wasserstoff in Helium erzeugt, preisgünstig und an guter Lage, nur dreiundneunzig Millionen Meilen von uns entfernt. Wissen Sie, was ich oft denke, Professor Beard? Wenn ein Außerirdischer die Erde besuchte und all dieses Sonnenlicht sähe und dann erfahren würde, dass wir ein Energieproblem zu haben glauben – der würde sich die Augen reiben! Photovoltaik! Ich habe Einstein dazu gelesen, ich habe Sie gelesen. Das Theorem, die Verschmelzung aus Ihnen beiden, ist genial. Für mich ist es Gottes größtes Geschenk an uns, dass ein Photon, das auf einen Halbleiter trifft, ein Elektron freisetzt. Wie wohltätig die Naturgesetze sind, wie großzügig. Stellen Sie sich vor: Da ist ein Mann im Wald, es regnet, und er ist am Verdursten. Mit seiner Axt beginnt er Bäume zu fällen, um den austretenden Saft zu trinken. Einen Schluck pro Baum. Um ihn herum ist alles wüst und leer, und er weiß, er ist schuld daran, dass der Wald so schnell [43] verschwindet. Warum macht er nicht einfach den Mund auf und trinkt den Regen? Weil er so gut im Bäumefällen ist, weil er es schon immer so gemacht hat, weil er die Leute, die das Regentrinken befürworten, für verrückt hält. Dieser Regen ist unser Sonnenlicht, Professor Beard. Er tränkt unseren Planeten, hält unser Klima und alles Leben in Gang. Ein freundlicher Photonenregen, wir brauchen unsere Tassen nur hinzuhalten! Irgendwo habe ich gelesen, mit dem Ertrag von weniger als einer Stunde Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche ließe sich der Energiebedarf der ganzen Welt ein Jahr lang decken.«

Beard erwiderte unbeeindruckt: »Und wie bemisst der Verfasser die Sonneneinstrahlung?«

»Er geht von einem Viertel der Solarkonstante aus.«

»Zu optimistisch. Das müsste man noch einmal halbieren.«

»Ich bleibe dabei, Professor Beard. Sonnenpaneele auf einem Bruchteil der Wüstenfläche würden uns alle Energie liefern, die wir brauchen.«

Aldous’ schleppendes Geleier, das so wenig zu dem passte, was er sagte, raubte Beard den letzten Nerv. Mürrisch sagte er: »Wenn man sie verteilen könnte.«

»Richtig. Neue Gleichstromleitungen! Nur eine Frage von Geld und Engagement. Als ob der Planet das nicht wert wäre! Unserer Zukunft zuliebe, Professor Beard!«

Beard raschelte mit den Blättern seines Vortrags, um anzudeuten, dass die Unterhaltung beendet sei. Einen Spinner erkannte man erstens daran, dass er glaubte, alle Probleme der Welt ließen sich auf eins zurückführen und lösen. Und zweitens daran, dass er unablässig darüber redete.

[44] Doch Tom Aldous gab immer noch keine Ruhe. Während sie am Institut eintrafen und der Schlagbaum hochging, fuhr er unbeirrt fort: »Und deshalb, bitte, nichts für ungut, aber deshalb finde ich, dass wir mit dieser Mikrowindgeschichte nur unsere Zeit verschwenden. Die Technologie ist ausgereift. Die Regierung braucht das den Leuten nur noch schmackhaft zu machen – ein Federstrich genügt, den Rest erledigt der Markt. Damit lässt sich jede Menge Geld machen. Aber Sonnenenergie – künstliche Photosynthese der Spitzenklasse –, dazu müsste nanotechnologische Grundlagenforschung betrieben werden. Wirklich, Professor Beard, das könnte unsere Chance sein!«

Aldous hielt ihm die Tür auf, Beard stieg müde aus und sagte: »Danke für Ihre Ausführungen. Aber Sie sollten wirklich lernen, die Augen auf der Straße zu lassen.« Damit wandte er sich ab und schüttelte Braby die Hand.

Seitdem hoffte er, auf seiner wöchentlichen Runde Aldous nicht allein zu begegnen; der junge Mann lag ihm ständig mit seiner Photovoltaik in den Ohren oder seiner quantentheoretischen Erklärung der Photovoltaik, überschüttete ihn mit seiner überbordenden Begeisterung, ohne zu merken, wie mürrisch Beard jedes Mal reagierte, wenn er wieder einmal dafür plädierte, die Arbeit an WUDU einzustellen. Natürlich wäre es besser, das Projekt zu beenden, es verschlang ja fast den gesamten Etat, und je mehr Komplikationen es gab, desto weniger interessant wurde das Ganze. Aber es war Beards Idee gewesen, aufgeben hätte er als persönliche Niederlage empfunden. Folglich konnte er den jungen Mann immer weniger leiden, seine grobknochige Visage mit den großen Nasenlöchern, seinen [45] Pferdeschwanz, sein speckiges, aus roten und grünen Schnüren geflochtenes Armband, seine pharisäerhaften Ernährungsgewohnheiten – nichts als Salat und Joghurt in der Kantine –, seine Angewohnheit, sich mit seinem Tablett ungefragt so nah wie möglich zu seinem Chef zu setzen, der sich wenig begeistert anhören musste, dass Aldous bei der Bezirksmeisterschaft im Boxen für Norfolk angetreten war, für sein College in Cambridge gerudert und beim Marathon in San Francisco den siebten Platz errungen hatte. Aldous empfahl Romane, die Beard lesen solle – Romane! –, und zeitgenössische Musik, die Beard sich nicht entgehen lassen dürfe, und höchst bemerkenswerte Filme, Dokumentationen über den Klimawandel, die Aldous selbst schon alle mindestens zweimal gesehen hatte, aber wenn der Chef nichts dagegen habe, wolle er sie sich gern mit ihm zusammen noch einmal ansehen. Aldous konnte offenbar nicht anders: Ständig musste er in seinem Norfolker Geleier Ratschläge erteilen, Empfehlungen geben, auf Veränderungen drängen oder von irgendwelchen Reisen, Urlauben, Büchern oder Vitaminen schwärmen – und selbst das klang wie ein Memento. Nichts verschliss Beards Wohlwollen so sehr, als zum wiederholten Mal zu hören, er müsse unbedingt mal einen Monat im Swat-Tal verbringen.

Er machte seine Runde durch die Büros in dem Gebäude, wo früher Ziegelstaub und Isoliermaterial aus Glasfasern auf gesundheitsschädliche Folgen getestet wurden, und sprach mit Ingenieuren, Konstruktionszeichnern und nebulösen Energieberatern, die ein weitschweifiges Dokument mit dem Titel »Auf dem Weg zu Mikrowind 4.2« verfasst hatten, bei dem er nicht über den ersten Absatz [46] hinausgekommen war. In diesem Sommer wurden von der Personalabteilung, die selbst gerade erst eingestellt worden war, so viele neue Leute angeheuert, dass er Woche für Woche einem halben Dutzend Fremden erklären musste, wer er war. Sie alle hatten irgendwie mit WUDU zu tun, und allmählich verließ Beard der Mut. Trotz der ganzen Schufterei war noch nichts für die Tests in Farnborough bereit, niemand hatte sich wirklich mit dem Turbulenzproblem beschäftigt, und weil es keine Möglichkeit zur billigen und effizienten Stromspeicherung gab, war auch das Problem, was bei Windstille zu tun wäre, immer noch ungelöst. Die Entwicklung einer leistungsstarken Batterie für die Versorgung von Wohnhäusern – das wäre ein revolutionäres Projekt gewesen, doch diesen Vorschlag konnte er jetzt nicht mehr machen, da fast alle bei WUDU eingespannt waren, ganz davon zu schweigen, dass ausgerechnet Tom Aldous ständig auf die Entwicklung neuer Batterien drängte. Immer noch besser, an der Kalksteinküste von Dorset einen kleinen Atomreaktor zu bauen, als Millionen Dächer durch Schubspannung und Vibration und die widerstreitenden Kräfte und Drehmomente einer nutzlosen Konstruktion kaputtzumachen, wo doch ohnehin selten ausreichend Wind für eine nennenswerte Stromproduktion zur Verfügung stand.

Während er verdrossen von einem Büro zum nächsten ging, fragte sich Beard mit leichtem Selbstbedauern, wie es möglich war, dass auf eine von ihm achtlos fallengelassene Bemerkung hin der ganze Verein nur noch mit diesem sinnlosen Projekt beschäftigt war. Die Antwort war einfach. Sein Vorschlag hatte eine Lawine von Aktenvermerken [47] ausgelöst, detaillierte, hundertsiebenundneunzig Seiten lange Ausarbeitungen, Etatentwürfe, Kostenaufstellungen und Tabellen, die er alle ungelesen abgezeichnet hatte. Und warum? Weil Patrice mit Tarpin eine Affäre hatte und er an nichts anderes mehr denken konnte.

Als er auf dem Weg zu einem Materialspezialisten an Brabys Büro vorbeikam, fing dieser ihn auf dem Korridor ab und winkte ihn aufgeregt zu sich hinein. Hinter ihm befestigte gerade einer der zwei Pferdeschwänze, die Mike hießen, eine Zeichnung an einer Tafel.

»Ich denke, wir haben da was«, sagte Braby und schloss hinter Beard die Tür. »Mike hat das eben gebracht.«

»Kommen Sie nicht auf falsche Gedanken, Professor Beard«, sagte Mike. »Das hier stammt nicht von mir. Ich habe es gefunden.«

Braby packte Beard am Ärmel und zog ihn vor die Tafel.